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Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/06
Friedel-Crafts-Alkylierungen und mechanistisch verwandte Reaktionen wie tert-Alkylierungen von Silylenolethern oder Alkoxyalkylierungen von Allylsilanen und Enolethern werden üblicherweise von Lewis-Säuren in inerten Lösungsmitteln induziert. Führt man solche Reaktionen in wässrigen oder alkoholischen Lösungen durch, verwendet man Brönsted- oder nicht hydrolysierbare Lewis-Säuren, um kleine Gleichgewichtskonzentrationen von Carbokationen zu erzeugen. Basische oder auch neutrale wässrige oder alkoholische Lösungen wurden für solche Umsetzungen bislang als ungeeignet angesehen, da Wasser und Alkohole intuitiv als starke Nukleophile eingeschätzt werden, die die Intermediate von SN1-Reaktionen sofort abfangen und pi-Nukleophilen keine Möglichkeit lassen, mit den kurzlebigen Carbokationen zu reagieren. Auf der Basis von Reaktivitätsskalen (Lineare-Freie-Energie-Beziehung lg k (20°C) = s(E + N); Mayr, Patz 1994) wurde in dieser Dissertation eine neue Variante zur Durchführung von Friedel-Crafts-Alkylierungen, Hoaglin-Hirsch-, Hosomi-Sakurai- oder Mukaiyama-Reaktionen mit SN1-aktiven Alkylierungsmitteln ohne Lewis- oder Protonensäurekatalyse entwickelt, die gegenüber den etablierten Verfahren prägnante ökologische und ökonomische Vorteile bietet. Eine große Bandbreite von Benzolderivaten, Heteroarenen und (Silyl-)Enolethern konnte durch Benzhydryl-, Benzyl- sowie Allyl-Kationen alkyliert werden, die solvolytisch in wässrigen oder alkoholischen Lösungsmitteln unter milden Reaktionbedingungen (neutraler bis schwach basischer pH, Raumtemperatur) generiert wurden.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
Im Rahmen der Dissertation „Funktionalisierte Grignard-Reagenzien und ihre Anwendung in Aminierungsreaktionen wurden insbesondere nitrofunktionalisierte Aromaten und Ihre Reaktionen mit Magnesiumorganylen untersucht. Im ersten Teil der Dissertation wurde die Kompatibilität der Nitrofunktionalität mit Grignard-Reagenzien untersucht, und es gelang die erstmalige Synthese von nitrofunktionalisierten Arylmagnesiumhalogeniden durch eine Iod/Magnesium Austauschreaktion. Die anfängliche Limitierung auf ortho-Iodnitroaromaten konnte durch Wahl geeigneter komplexierender Gruppen überwunden werden und ermöglichte die Synthese von meta- und para-funktionalisierten Nitroarylmagnesiumhalogeniden. Des weiteren konnten diese neuen Grignard-Reagenzien auch in übergangsmetallkatalysierten Kreuz-Kupplungs-Reaktion erfolgreich eingesetzt werden. Im zweiten Teil der Dissertation wurden neue Aminierungsreaktionen untersucht, die ausgehend von elektrophilen Stickstoffverbindungen zu Diarylaminen führen sollten. Es gelang die Synthese von funktionalisierten Diarylaminen durch die Reaktion von Nitroaromaten und aromatischen Grignard-Reagenzien. Diese Methode stellt eine hervorragende Alternative zu den übergangsmetallkatalysierten Aminierungsreaktionen dar, und ist auf Grund der Kompatibilität mit Halogenen (Cl, Br, I) und Triflaten als komplementärer Zugang äußerst interessant. Diese neue Aminierungsmethode wurde ausgiebig beforscht, und es gelang die Anwendungsbreite in der selektiven Monoaminierung von Dinitroaromaten, sowie in der Synthese mehrerer heterozyklischer Arylamine zu demonstrieren. Es konnte auch gezeigt werden, dass eine Ausweitung dieser Methodik auf Nitrosoaromaten möglich ist. Basierend auf diesen Ergebnissen wurde eine weitere Aminierungsreaktion entwickelt. Ausgehend von Arylazosulfonen ist es nun möglich, Nukleophile jeder Art zu addieren und nach anschließender reduktiver Spaltung des Hydrazin-Derivates die entsprechenden Amine zu isolieren. Diese Methode zeichnet sich durch ein erheblich erweitertes Anwendungspotential aus und ist nicht nur auf aromatische Magnesium-Organyle beschränkt. Bemerkenswerterweise zeigt diese Methode bisher keinerlei Einschränkungen gegenüber sterischer Hinderung. Auch hier konnten exzellente Selektivitäten erzielt werden bei einer enormen Bandbreite an funktionellen Gruppen. Abschliessend wurden 1,2-Dehydroaromaten und Ihre Anwendung in Aminierungsreaktionen untersucht.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
Die Pyrrol-Imidazol-Alkaloide bilden eine Familie von etwa 90 Naturstoffen, die ausschliesslich aus Meeresschwämmen isoliert worden sind. Eine wichtige Untergruppe bilden die cyclischen Monomeren des Oroidins (14). Zu diesen gehört das in Phakellia mauritiana gefundene, cytotoxische Dibromphakellstatin (20), welches eine grosse Herausforderung an den Synthetiker repräsentiert. Die Struktur weist ein gespanntes tetracyclisches System mit benachbarten tertiären und quaternären stereogenen Zentren auf, an die jeweils zwei Stickstoff-Atome gebunden sind. Besondere Bedeutung gewinnt das ABCD-System als Teilstruktur des immunsuppressiven Naturstoffs Palau'amin (29), dessen absolute Stereochemie vor den Resultaten dieser Dissertation noch immer unbekannt war und dessen Synthese z. B. von Overman et al. erforscht wird. · Stufenarmer Zugang zum Grundgerüst von Dibromphakellstatin (20) Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein neuartiger, unabhängiger Zugang zu an einem Stickstoffatom noch geschütztem Dibromphakellstatin (20) entwickelt. Ausgehend von L-Prolinol (63) wurde als einziges Diastereomer das dibromierte N,O-Halbacetal 87, welches das tricyclische Grundgerüst von Dibromphakellstatin (20) aufweist, in zwei Stufen synthetisiert. Nach Eliminierung von Wasser wurde das unsymmetrische Dipyrrolopyrazinon 62 erhalten, dessen Reaktivität gegenüber Elektrophilen systematisch erforscht wurde. Als Schlüsselschritt der Synthese erwies sich die neuartige Umsetzung des Dipyrrolopyrazinons 62 mit N-Tosyloxyethylcarbamat (189) in Gegenwart von heterogener Base zum tetracyclischen Grundgerüst von Dibromphakellstatin (20). Reduktion mit Red-Al lieferte das N-monogeschützte Monobromphakellstatin 224. Das N,O-Halbacetal 87 lieferte das bisher erste Beispiel diastereomerer MTPA-("Mosher")-Ester, deren Konformation im Kristall für beide Fälle erfaßt werden konnte. Nur der (R)-MTPA-Ester 92 nimmt die allgemein angenommene Vorzugskonformation ein, die in vielen Fällen der Aufklärung der absoluten Stereochemie sekundärer Alkohole zugrunde liegt. · Umsetzungen des Dipyrrolopyrazinons 62 mit Stickstoff-Elektrophilen In mehreren der gefundenen Reaktionen der Acyl-Enamid-Teilstruktur wird zunächst deren Nukleophile der b-Position (C-10) und nachfolgend die resultierende Elektrophilie eines Acyliminiumions (C-10a) genutzt. Es wurde z. B. beobachtet, dass direkt das Vinylcarbamat 190 erhalten werden kann, welches sich im Mikrowellen-Reaktor leicht in den chiralen Vinylharnstoff 210 überführen ließ. Aufgrund der viel größeren Spannung des ABCD-Ringsystems ließ sich 210 allerdings unter keinerlei Bedingungen cyclisieren. Ähnlich reagierte das Atkinson-Reagenz 159, wobei allerdings der Eintritt eines externen Nukleophils in die Position C-10a folgte. Interessanterweise konnte ausgehend vom Hydrazin 165 unter basischen Bedingungen und Eliminierung von Essigsäure eine Ringverengung zum Dipyrroloimidazolinon 176 erreicht werden, welches einem bisher nicht beobachteten Modus der Cyclisierung von "Prä-Oroidin" (18), einer mutmaßlichen Biosynthese-Vorstufe von Oroidin, entspräche. Die Strukturaufklärung von 176 gelang mit Hilfe von 1H,15N-HMBC-Experimenten. · Oxygenierte Synthese-Intermediate Es lag nahe, auch die Oxygenierung des Dipyrrolopyrazinons 62 zu untersuchen. Reaktion mit m-CPBA lieferte, abhängig von der Anwesenheit von Wasser, das Diol 137 oder aber das a,b-ungesättigte Diketopiperazin 140. Die relative Stereochemie von 137 stimmt wahrscheinlich mit der der durch Röntgenstrukturanalyse bestimmten, 10a-O-methylierten Verbindung 138 überein. Austin et al. schlugen 2003 ein ähnliches Diol im Rahmen ihrer Retrosynthese von Palau'amin (29) vor, für welches 137 die erste Präzedenz liefert. Analoge, oxybromierte Produkte wurden durch Behandlung mit NBS in Anwesenheit von Alkoholen erhalten, erwiesen sich aber als nicht stabil. Das Allyltrifluoracetat entstand bei Behandlung von 170 mit Trifluoressigsäure. Als Vorstufen Ring-C-oxygenierter Dipyrrolopyrazinone wurden auch die von 4-Hydroxyprolinol zugänglichen AC-Systeme erhalten. · Chiroptische Eigenschaften bi- und tricyclischer Pyrrolopyrazinone Der Zugang zu in verschiedener Weise funktionalisierten, partiell hydrierten Dipyrrolopyrazinonen eröffnete erstmals die Möglichkeit, CD-Spektren dieses Verbindungstyps systematisch zu analysieren. Dies ist von besonderer Bedeutung für die Erforschung der Pyrrol-Imidazol-Alkaloide vom Phakellin-Typ, zu denen auch das immunsuppressive Palau'amin (29) mit unbekannter absoluter Stereochemie gehört. Modellbetrachtungen zeigten zunächst, dass die Helizität der Pyrrolopyrazinon-Teilstruktur nur durch die Konfiguration an C-5a bestimmt ist. Es gelang, den überlagernden Einfluß der Konfiguration am benachbarten, in Benzylstellung zum Pyrrolring befindlichen stereogenen Zentrums C-5 auf das experimentelle CD-Spektrum vorherzusagen. Stehen die Substituenten des tricyclischen Ringsystems auf derselben Seite von Ring B, so ergibt sich ein Maximum bei 252 nm (dibromierte Verbindungen, abgeleitet von L-Prolin (35)) mit einer benachbarten Schulter bei 285 nm. Bei Anordnung auf entgegengesetzten Seiten ist der Cotton-Effekt bei 285 nm am intensivsten. Wie genau die Vorhersage des CD-Spektrums des Naturstoffs (-)-Dibromphakellin (20) auf Basis der Modellverbindungen oberhalb von etwa 240 nm ist, zeigt Abbildung 67. Debromierung des Pyrrolrings führt lediglich zu einer hypsochromen Verschiebung der CD-Banden. Das CD-Spektrum ist oberhalb von 240 nm nahezu unabhängig von der Natur der Heterosubstituenten an C-5, selbst wenn mit chiralen Mosher-Acylresten funktionalisiert wird. · Absolute Stereochemie von (-)-Palau'amin (29). Das hexacyclische Pyrrol-Imidazol-Alkaloid Palau'amin (29) weist im Unterschied zur verwandten Struktur von (-)- Dibromphakellin (20) einen zusätzlichen, an Ring C annelierten Fünfring auf. Dadurch verschwindet die Helizität des Pyrrolopyrazinon-Systems nahezu vollständig. Da beide diastereomeren, nicht bromierten ABC-Tricyclen 228 und 227 synthetisch zugänglich waren, konnte durch Substraktion der CD-Spektren der Anteil der Helizität rechnerisch eliminiert werden. Man erhielt ein CD-Spektrum welches nur noch den Anteil des stereogenen Zentrums in der zum Pyrrol benzylischen Position wiedergeben sollte und, oberhalb von 240 nm, sehr genau mit dem experimentellen CD-Spektrum des Naturstoffs (-)-Palau'amin (29) übereinstimmt. Es kann der Schluß gezogen werden, dass das Aminal-Kohlenstoffatom von Palau'amin (29) (R)-Konfiguration besitzt. Damit wurde ein seit 1993 bestehendes Problem gelöst. Zu Beginn dieser Dissertation existierte lediglich die biomimetische Synthese von rac-Dibromphakellin (19) von Foley und Büchi. Der im Rahmen dieser Arbeit gefundene, kurze Zugang zum Tetracyclus von Dibromphakellstatin (20) erweitert das methodische Repertoire auf dem Gebiet der Synthese der Pyrrol-Imidazol-Alkaloide. Die Annelierung des Imidazolidinon-Systems an den ABC-Tricyclus ist mit einer deutlichen Verstärkung der Spannung des Ringsystems verbunden, war nicht zu erwarten und wurde erstmals gefunden. Sollte es gelingen, eine enantioselektive Variante dieser Reaktion auszuarbeiten, wäre die Synthese deutlich kürzer als die 2003 von Romo et al. publizierte, 19-stufige Sequenz zum bisher nicht als Naturstoff gefundenen (+)-Dibromphakellstatin (20).