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Der Physiker Wolfgang Ketterle gehörte 1995 zu den ersten, denen die Erzeugung eines Bose-Einstein-Kondensats gelang. Gemeinsam mit Eric A. Cornell und Carl E. Wieman wurde er für seine Leistungen 2001 mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet. ➣ geboren 1957 in Heidelberg/Deutschland ➣ Studium der Physik an der Universität Heidelberg ➣ Promotion Ludwig-Maximilians-Universität München (1986) ➣ Assistant Professor am MIT (1993) ➣ John D. MacArthur Professor für Physik (1998) ➣ Benjamin Franklin Medaille (2000) ➣ Nobelpreis für Physik (2001) ➣ Ehrendoktorate St. Peter (2005), Connecticut (2007) und Ohio (2007) olaf reimer Warum kühlen Physiker Materie zu extrem niedrigen Temperaturen? Warum ist es wichtig, Temperaturen zu erreichen, die mehr als eine Milliarde mal kälter sind als der interstellare Raum? In seinem öffentlichen Vortrag am 28. Oktober 2010 an der Universität Innsbruck berichtete Wolfgang Ketterle über neue Formen der Materie, die nur bei extrem tiefen Temperaturen existieren. Tiefe Temperaturen öffnen ein Fenster in die Quantenwelt, in der Teilchen sich wie Wellen verhalten und "im Gleichschritt marschieren" können. Im Jahr 1925 sagte Einstein eine solche neue Form der Materie voraus, aber sie konnte erst 1995 in Labors in Boulder und am MIT verwirklicht werden. Weiterhin haben wir superfluide Atompaare untersucht, die sich ähnlich wie Elektronen in supraleitenden Metallen verhalten. Kalte Atome machen es möglich, Phänomene der Festkörperphysik zu untersuchen mit einer enormen räumlichen Vergrößerung dank atomaren Dichten, die eine Milliarde mal geringer sind als die normaler Materialien.
Fakultät für Physik - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/05
In der vorliegenden Arbeit wird die erstmalige Erzeugung eines Bose-Einstein-Kondensats in einer Mikrochip-Falle beschrieben; dies ist eine Magnetfalle für Neutralatome, die mithilfe stromführender Leiterbahnen auf einem Chipsubstrat gebildet wird. Die Eigenschaften dieser Chipfallen, speziell die hohen Magnetfeldgradienten und -krümmungen, haben es ermöglicht, die Bose-Einstein-Kondensation in weniger als einer Sekunde Verdampfungskühlzeit zu erreichen, was rund eine Größenordnung schneller als in bisher verwendeten Magnetfallen ist und ein Faktor drei schneller als auf dem bisher schnellsten Weg in einer optischen Dipolfalle. Damit verbunden sind die Ansprüche an den experimentellen Aufbau, insbesondere das Vakuumsystem und den Laseraufbau, deutlich gesunken. Weiterhin wird der zerstörungsfreie Transport des Bose-Einstein-Kondensats entlang der Chipoberfläche über makroskopische Distanzen demonstriert wie auch erstmalig die Aufspaltung eines Kondensates in zwei getrennte Kondensate mit rein magnetischen Mitteln. Diese Resultate, nämlich kohärente Materie in einem integrierten atomoptischen System manipulieren zu können, lassen hoffen, daß in naher Zukunft Anwendungen wie Atominterferometrie, Untersuchungen zu niederdimensionalen Quantengasen und Quanteninformationsverarbeitung "on-chip" verwirklicht werden können.
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Die vorliegende Arbeit berichtet ueber die ersten atomoptischen Experimente mit Atomlaserstrahlen. Die Atomlaserstrahlen werden aus Bose-Einstein-Kondensaten, die aus 87Rb- Atomen bestehen, extrahiert und propagieren ballistisch im Gravitationsfeld. Mit Hilfe von Hyperfein-Ramanuebergaengen in einem externen inhomogenen Magnetfeld wird ein Spiegel, ein Strahlteiler und ein Resonator fuer den Atomlaser realisiert. Die Oberflaeche des Spiegels ist durch eine Resonanzbedingung definiert, die von der Differenz der Frequenzen der Ramanlaser und der lokalen Magnetfeldstaerke abh¨angt. Die Reflektion findet an Flaechen konstanten Magnetfeldes statt und somit kann eine extrem glatte Spiegelflaeche realisiert werden. Die Impulsverbreiterung des Atomlaserstrahls bei der Reflektion betraegt weniger als 1/30 eines Photonenr¨uckstoßes und die Reflektivitaet des Materiewellenspiegels liegt bei ¨uber 98%. Mit dem neuen Materiewellenspiegel wird die zeitliche Kohaerenz von Atomlaserstrahlen untersucht. Durch die Retroreflektion des Atomlaserstrahls an dem Spiegel erzielt man eine Ueberlagerung des einlaufenden und des reflektierten Anteils der Welle. Die Verz¨ogerungszeit zwischen den interferierenden Anteilen haengt von der Entfernung des Beobachtungsortes zur Spiegeloberflaeche ab. Das resultierende Interferenzmuster dieser stehenden Materiewelle wird mit einem neuartigen Magnetresonanzverfahren detektiert, das eine raeumlichen Aufl¨osung von 65 nm ermoeglicht. Der gemessene Kontrast ist ein Maß fuer die Kohaerenzzeit bzw. die Energiebreite des Atomlaserstrahls. Die Messung zeigt, daß die Energiebreite des Atomlaserstrahls mit zunehmender zeitlicher Dauer der Auskopplung abnimmt und Fourier-begrenzt durch die Auskopplungsdauer ist. Außerdem setzt die Messung eine Untergrenze fuer die Phasendiffusionszeit des Bose-Einstein-Kondensats. Waehrend des Auskopplungsprozesses des Atomlaserstrahls aus dem Bose-Einstein- Kondensat streuen die Atome an dem repulsiven Potential des in der Falle verbleibenden Bose-Einstein-Kondensats. Dieser Streuvorgang wird sowohl theoretisch als auch experimentell untersucht. Um die resultierenden transversalen Strukturen im Atomlaserstrahl sichtbar zu machen, wird ein neues Verfahren zur Impulsvergroeßerung eingesetzt: der Materiewellenspiegel wird in einer Hohlspiegelkonfiguration verwendet, die den Strahl aufweitet und eine Impulsaufl¨osung von 1/100 eines Photonenr¨ucktoßes ermoeglicht. Damit tritt die theoretisch erwartete Aufspaltung des Strahls deutlich hervor. Neben den Eigenschaften der Atomlaserstrahlen wird auch die Kinetik des Wachstumsprozesses von Bose-Einstein-Kondensaten beim Durchqueren des Phasenuebergangs untersucht. DasWachstum von Bose-Einstein-Kondensaten besitzt in Bezug auf den Atomlaser die gleiche Bedeutung wie das Pumpen des Verstaerkungsmediums im optischen Laser. Fuer eine quantitative Untersuchung wird eine thermische Atomwolke oberhalb der kritischen Temperatur pr¨apariert und dann kontrolliert in das quantenentartete Regime gekuehlt. Das Wachstum des Kondensats startet nach dem Beginn des Kuehlens erst mit Verz¨ogerung, und diese Verz¨ogerungszeit wird erstmals gemessen. Fuer schwaches Kuehlen durch den Phasenuebergang beobachtet man einen zweistufigenWachstumsprozeß der Kondensatatomzahl, was moeglicherweise auf Phasenfluktuationen im Entstehungsprozeß hindeutet.
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Thema der vorliegenden Arbeit ist die Bose-Einstein-Kondensation stark verdünnter atomarer Gase. Nach einer Einführung in die Theorie solcher schwach wechselwirkender Quantengase und einer Zusammenfassung wesentlicher experimenteller Ergebnisse aus dem Gebiet der Bose-Einstein-Kondensation wird zunächst die Physik ultrakalter, in Atomfallen gefangener Fermigase diskutiert. Dieses Gebiet hat sich in den letzten Jahren parallel zu dem der kondensierten Bosegase stark entwickelt und bietet vielversprechende Möglichkeiten, Modelle wie die BCS-Theorie erstmals in fast idealen Fermigasen zu untersuchen. Es werden Ergebnisse zu den thermodynamischen Eigenschaften solcher Gase vorgestellt, die vor allem für mesoskopische Teilchenzahlen (unter 1000) relevant sind. Dabei wird insbesondere auf Schaleneffekte bei der Dichteverteilung in einer Atomfalle und bei der Wärmekapazität eingegangen. Im zweiten Teil der Arbeit wird die Physik von Atomlasern diskutiert. Als "Atomlaser" bezeichnet man Systeme, die in der Lage sind, kohärente Materiewellen aus Atomen zu erzeugen. Die einem Bose-Einstein-Kondensat inhärente Kohärenz wird in Experimenten genutzt, um mittels eines kohärent arbeitenden Auskoppelmechanismus solche Atomstrahlen herzustellen. Die zugehörige Physik wird durch die so genannte Gross-Pitaevskii-Gleichung beschrieben, einer Art nichtlinearen Schrödingergleichung für die Wellenfunktionen der beteiligten Hyperfeinzustände des Bose-Einstein-Kondensats aus 87Rb-Atomen. In der vorliegenden Arbeit wurden unter anderem die Auskoppelstärke mittels analytischer und vor allem numerischer Methoden untersucht. Darüber hinaus konnten Aussagen über das zeitliche Verhalten von Atomlasern gewonnen, die mit zwei Radiofrequenzen betrieben werden. In diesem Fall wird der Atomstrahl aus zwei interferierenden Materiewellen verschiedener Energie gebildet, sodass kohärente, atomare Pulse mit makroskopischen Dimensionen auftreten. Im letzten Abschnitt wird mit der Spurafluidität ein weiterer, sehr interessanter Aspekt von kondensierten Bosegasen behandelt. Nach einer Einführung in die Bestimmung quantenstatistischer Eigenschaften von Vielteilchensystemem mithilfe von Pfadintegral-Monte-Carlo-Verfahren wird der suprafluide Anteil eines kondensierten Bosegases mit verschiedenen Approximationen berechnet. Dazu wird neben den Pfadintegralen eine auf so genannten Permutationszykeln beruhende Methode eingesetzt, mit der man die Zustandssumme von Bosonen im kanonischen Ensemble und damit auch viele andere Größen ausrechnen kann. Auf diese Weise konnte der suprafluide Anteil eines idealen Bosegases im kanonischen Ensemble erstmals vollständig quantenmechanisch exakt ermittelt werden.