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Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 08/19
Bei der Tumorangiogenese ist die Balance zwischen den pro- und antiangiogenen Faktoren zu Gunsten der proangiogenen Faktoren hin verschoben. Therapeutisch lässt sich die Tumorangiogenese durch eine Hemmung proangiogener Faktoren wie VEGF auch im klinischen Setting wirksam beeinflussen. In präklinischen Modellen ließ sich zeigen, dass auch durch Gabe von physiologisch vorkommenden antiangiogenen Faktoren wie Endostatin und Angiostatin das Wachstum experimenteller Tumoren signifikant gehemmt werden konnte. Angiostatin besteht aus den ersten Kringel-Domänen des Plasminogens und wird bei einer Reihe von physiologischen Prozessen im Körper durch proteolytische Spaltung freigesetzt. Es inhibiert primäres und metastatisches Tumorwachstum durch Hemmung der Tumorneoangiogenese. Da diese löslichen Faktoren eine sehr kurze Halbwertszeit aufweisen, ist eine Gabe als Protein wenig erfolgversprechend und erste klinische Daten zur Applikation von Endostatin als Protein in klinischen Studien waren enttäuschend. Ein effizienter alternativer Applikationsweg für diese Faktoren stellt zweifellos eine gentherapeutisch vermittelte systemische Überexpression dar, wie sie beispielsweise bei Gerinnungsfaktoren bereits in ersten klinischen Studien angewendet worden ist. Sowohl die Leber als auch die Muskulatur können dabei als Orte der Überexpression nach Gentransfer genutzt werden. Der Wahl und Optimierung des Vektorsystems kommt bei einer solchen Strategie ein zentraler Stellenwert zu. In der hier vorgelegten Arbeit wurde ein Vektorsystem basierend auf Adeno-assoziierten Viren (AAV) für die antiangiogene Gentherapie entwickelt und optimiert. Konventionelle AAV-Vektoren basieren auf einem einzelsträngigen DNA Genom, welches von infizierten Zellen zuerst in ein doppelsträngiges Genom umgewandelt werden muss, um eine Genexpression zu ermöglichen. Dieser Schritt ist limitierend auf dem Weg zur Transgenexpression. In dieser Arbeit wurde ein sogennanter „self compementary“ AAV-Vektor (scAAV) hergestellt und charakterisiert, der in der Zielzelle primär eine doppelsträngige DNA zur Verfügung stellt. Die Strategie beruhte dabei auf Daten der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. J. Samulski, Capel Hill, USA. Es wurde auf dieser Basis ein AAV-Konstrukt zur Expression des Green-Fluorescent Protein (GFP) als Markergen und ein weiteres Konstrukt zur Expression von Angiostatin kloniert und in einem AAV-Serotyp 2 verpackt. Das scAAV-Vektorsystem zeigte in vitro eine um eine log-Stufe stärkere Genexpression (GFP) als konventionelle AAV-Vektoren. Damit wurden die Daten der amerikanischen Arbeitsgruppe bestätigt. In funktionellen in-vitro-Experimenten zeigten sich die scAAV/Angiostatin-Vektoren den konventionellen AAV/Angiostatin-Vektoren signifikant überlegen bei der Hemmung der Proliferation von Endothelzellen. In der Zusammenfassung konnte im Rahmen dieser Arbeit der Grundstein gelegt werden für die Anwendung von scAAV zur Expression von Angiostatin im Rahmen der Gentherapie von Tumoren.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 06/19
Gentherapie ist ein vielversprechender neuer Ansatz für die Tumortherapie. Daher ist die Entwicklung eines effizienten Vektorsystems von großer Bedeutung. Bisher wurden unterschiedliche Serotypen des Adeno-assoziierten Virus (AAV) beschrieben, welche einen erheblichen Unterschied im Tropismus für bestimmte Gewebearten und Zelltypen aufweisen. Daraufhin haben wir systematisch den effizientesten Serotyp unter den AAV Serotypen 1 bis 5 bezüglich der Effektivität des Gentransfers in humanen Tumorzellen untereinander verglichen. Um alle Einflüsse außer denen, die auf das Kapsid zurückzuführen sind, auszuschließen, enthalten alle fünf Serotypen die gleiche Transgen-Kassette, einheitlich flankiert von der ITR (Invertierte terminale Wiederholung = inverted terminal repeat) des AAV-Serotyp 2. AAV2 war der effizienteste Serotyp in einer Reihe klinisch relevanter Tumorzelllinien mit einer Transduktionseffizienz von über 99,5±0,2 % bei nur 1000 genomische Partikeln / Zelle. Transduktionseffizienzen um die 70 % konnte durch den Serotyp 1 in Prostata- und Zervixkarzinom und durch den Serotyp 3 in Prostata-, Mamma-, Kolon- und Zervixkarzinom beim Einsatz von 1000 genomischen Partikeln pro Zelle erzielt werden. AAV4 und AAV5 haben durchgehend schlecht transduziert. Die höchste Transduktionseffizienz unter den humanen Tumorzelllinien betrug für AAV4, 40,6±3,1 % und 25,4±2,2 % für AAV5 beim Zervixkarzinom. Die jüngsten Fortschritte in der AAV-Vektor-Technologie weisen darauf hin, dass AAV- basierte Vektoren für die Tumorgentherapie eingesetzt werden können. Unsere Vergleichsanalysen zeigen, dass AAV2 zwar der am vielversprechenste Kandidat für eine solche Anwendung ist, aber AAV1 und AAV3 auch als gute Alternativen verwendet werden können. Dies ist besonders dann von Bedeutung, wenn eine Anwendung mit AAV2 durch neutralisierende Antikörper verhindert wird. Gao et al. konnten zeigen, dass diese Serotypen trotz des Vorhandensein neutralisierender Antikörper gegen AAV2 zum effizienten Gentransfer befähigt sind. Die Transduktionseffizienz von AAV4 und AAV5 ist generell zu niedrig, was eine effiziente Anwendung in der Tumorgentherapie derzeit unmöglich macht. Bei Untersuchungen einiger muriner Zelllinien stellten wir fest, dass sie sich am besten von AAV1 transduzieren lassen. Um nachzuweisen, ob AAV1 generell murine Zellen besser transduziert als AAV2, müssten weitere Untesuchungen durchgeführt werden. Dies ist für die zukünftige AAV-Forschung von Bedeutung, da eine Bestätigung unserer Beobachtung bedeuten würde, dass die Ergebnisse aus den zahlreichen in-vivo-Experimenten mit Mäusen nicht auf den Menschen übertragbar wären.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/19
Die chronische lymphatische Leukämie ist die häufigste Leukämie im Erwachsenenalter in den westlichen Ländern. Erkenntnisse der letzten Jahre haben das Spektrum verfügbarer Therapien deutlich erweitert, kurativ ist bisher nur die allogene Knochenmarkstransplantation. Im Blut der betroffenen Patienten treten die Zellen des malignen Klons in Kontakt mit autologen Immuneffektorzellen. Gentherapeutische Strategien basierend auf dem Transfer immunstimulatorischer Moleküle eröffnen deshalb neue Perspektiven für die Therapie der B-CLL. In der vorliegenden Arbeit wird erstmals die Eignung eines Helfervirus-freien EBV-Genvektorsystems für den Gentransfer in primäre B-CLL-Zellen beschrieben. Durch Optimierung der Vektorverpackung für ein eGFP kodierendes Plasmid konnte gezeigt werden, dass sich mit Hilfe einer Helfervirus-freien Verpackungszelline infektiöse Titer bis zu 2 x 106 infektiöse Partikel/ml generieren lassen. Das untersuchte Vektorsystem eignet sich für einen effizienten Gentransfer in primäre B-CLL-Zellen. Auf eine CD40L-Stimulation, wie sie zur Verbesserung der Transfereffizienz von Adenoviren zur Anwendung kommt, kann dabei verzichtet werden. Der Gentransfer lässt sich mit Hilfe eines monokonalen Antikörpers gegen CD21 weitgehend neutralisieren. In Kontrollexperimenten mit Überständen aus der Verpackung TR-deletierter Genvektorplasmide sinkt die Gentransferrate auf Werte nahe der Nachweisgrenze. Nach Verpackung des therapeutischen Moleküls CD40L sinkt die Transfereffizienz gegenüber dem eGFP kodierenden Genvektor und vermehrt unspezifische Effekte werden beobachtet. Zu den charakteristischen Eigenschaften EBV abgeleiteter Genvektoren zählen ein Tropismus für B-Lymphozyten und eine grosse Verpackungskapazität, die den Transfer von Gensequenzen bis zu einer Grösse von 160 kb erlaubt. Als essentielle EBV-Elemente enthalten die Genvektoren nur die Verpackungssignale TR und den lytischen Replikationsorigin oriLyt. Zukünfte Entwicklungen des Vektorsystems haben zum Ziel das Risiko von Rekombinationsereignissen zu reduzieren, die zur Freisetzung replikationsfähiger Virusmutanten oder potentiell onkogener viraler Gene führen könnten.