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Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 06/07
Die Marek’sche Erkrankung (MD) ist weltweit eines der bedeutendsten Probleme in der Geflügelindustrie und verantwortlich für erhebliche wirtschaftliche Schäden. Die MD wird durch ein lymphotropes und strikt zell-assoziiertes α-Herpesvirus (MDV) verursacht, das immunsuppressiv wirkt und regelmäßig T Zelltumore induziert. B- und T-Zellen sind die primären Zielzellen des MDV in vivo. In B-Zellen kommt es zu einer lytischen Infektion und zum massiven Untergang der infizierten Zellen. Dagegen wird eine latente Infektion primär in CD4+ αβTCR+ T-Zellen beobachtet, welche nach Reaktivierung des Virus auch transformieren und Lymphome bilden können. Bis heute basieren alle Untersuchungen zur MD Pathogenese entweder auf in vivo Versuchen oder aber auf Zellkultursystemen, die mit Fibroblasten oder Nierenzellen arbeiten. Ein in vitro Infektionssystem für B- und T-Zellen, den primären Zielzellen des Virus, konnte bis heute nicht etabliert werden. Ursächlich hierfür war das Fehlen geeigneter Zellkultursysteme für diese Zellen, die ex vivo nur eine sehr kurze Überlebenszeit und einen schnellen apoptotischen Zelltod zeigen. Fortschritte in der aviären Immunologie haben zur Charakterisierung zahlreicher Zytokinen und Wachstumsfaktoren geführt, die B- und T-Zellen in vitro aktivieren, zur Proliferation anregen und erhöhte Überlebensraten induzieren. Diese Zytokine wurden in der vorliegenden Arbeit genutzt, um neue Kultursysteme für Hühner-Lymphozyten zu etablieren, mit deren Hilfe in vitro MDV Infektionsmodelle für B- und T Zellen aufgebaut werden konnten. Die erfolgreiche Infektion der Zellen wurde mit Hilfe genetisch modifizierten MDV-Reporterviren (MDV RB-1B UL47GFP und RB-1B MeqGFP-UL47RFP) nachgewiesen. Die aus der Milz, dem Blut und der Bursa Fabricii isolierten B-Zellen wurden mit löslichem chCD40L stimuliert und mit MDV RB-1B UL47GFP infizierten Fibroblasten co-kultiviert. Zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Infektion konnten infizierte B-Zellen durch die Expression von UL47GFP durchflusszytometrisch identifiziert werden. Die Infektion wurde zusätzlich durch die zytoplasmatische Färbung der MDV-Proteine ICP4 und gB bestätigt. Der Anteil infizierter Bursa-B-Lymphozyten stieg von 2,5% am ersten Tag nach der Infektion (p.i.) bis auf ca. 15% an Tag 4 p.i. Vergleichbare Werte wurden auch für B-Zellkulturen aus der Milz und dem Blut gefunden. Die durchflusszytometrische Charakterisierung der infizierten Zellpopulation erfolgte mit Hilfe zahlreicher Hühner-spezifischer monoklonaler Antikörper. Infizierte B-Zellen sind chBu1+ und zeigen einen distinkten Phänotyp sowie eine intermediäre Zellgröße. Für die weitere Charakterisierung wurden infizierte und nicht infizierte Bursa-B-Zellen durchflusszytometrisch sortiert (> 95% Reinheit) und Mikroarray basierten Genexpressionsanalysen unterzogen. Auch T-Zellen aus der Milz, dem Blut und dem Thymus konnten nach αVβ1-TCR (TCR-2) Stimulation auf dieselbe Weise mit RB-1B MeqGFP-UL47RFP infiziert werden. Der Hauptteil der infizierten T-Zellen zeigte einen CD4+ αVβ1-TCR+ Phänotyp, allerdings fanden sich auch einige infizierte CD8+ T-Zellen. Durch die alleinige Expression von MeqGFP oder die gleichzeitige Expression von UL47RFP und MeqGFP konnten die infizierten Thymozyten in eine latent und eine zytolytisch infizierte Population unterteilt werden. Während die zytolytisch infizierte Population primär aus B-Zellen und CD8+ T-Zellen bestand, waren die latent infizierten T-Zellen zum Großteil CD4+ T Zellen. Erstmals gelang es in dieser Arbeit die Übertragung des Virus von der B-Zelle auf die T Zellen durch Co-Kultivierung mit durchflusszytometrisch sortierten infizierten B Zellen direkt nachzuweisen. Darüber hinaus konnten aus Langzeitkulturen infizierter Thymozyten vier lymphoblastoide Zelllinien (JS1 –JS4) isoliert werden. Alle vier Linien zeigten ein homogenes, lymphoblastoides Erscheinungsbild und waren CD4+, αVβ1-TCR+, MHC I+ und MHC II+. Dieser Phänotyp entspricht exakt dem von in vivo transformierten T Zelllymphomen. Das in dieser Arbeit etablierte Infektionssystem ist das erste Kultursystem, mit dem eine reproduzierbare und effiziente MDV Infektion von Lymphozyten in vitro erreicht wird. Es spiegelt die verschiedenen Phasen des natürlichen Infektionszyklus wider. Damit eröffnet sich erstmals ein Weg, die Interaktion von B-Zellen und Virus, bzw. T-Zellen und Virus detailliert und zu definierten Zeitpunkten zu analysieren. Hervorzuheben ist, dass die hier beschriebenen Methoden nicht nur verbesserte Untersuchungsmöglichkeiten bieten, sondern auch dazu beitragen können, die Zahl der bisher notwendigen Tierversuche in der MDV-Forschung deutlich zu reduzieren.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/07
Die B-Zellentwicklung der Vögel zeigt im Vergleich zu Maus und Mensch grundsätzliche Unterschiede. Davon ausgehend konnte in neuerer Zeit auch für die meisten Haustierspezies gezeigt werden, dass sie für die Reifung ihrer B-Zellen darmassoziiertes lymphatisches Gewebe (GALT) verwenden. Da Hühner-B-Zellen in einem einzigartigen GALT-Organ, der Bursa fabricii reifen, stellt das Huhn ein exzellentes Modell dar, um die zugrunde liegenden Mechanismen der B-Zellreifung zu studieren. Zahlreiche Mausmodelle zeigen, dass TNF-TNF-R- Familienmitglieder wichtige Regulatoren der B-Zellreifung und –funktion darstellen. Um die Struktur und die Funktion des CD40-CD40L-Systems im Huhn zu untersuchen, wurde zuerst das CD40-Expressionsmuster auf hämatopoetischen Zellen und verschiedenen Zellinien mittels durchflusszytometrischer Untersuchungen unter Verwendung des monoklonalen Antikörpers AV79 analysiert. Alle B-Zellen aus Blut, Milz, Zäkaltonsillen und der Bursa exprimierten das CD40-Antigen. Im Gegensatz dazu konnte CD40 nur auf einer Subpopulation der T-Zellen gefunden werden. Bei der Analyse von Zellinien konnten sowohl eine B-Zellinie als auch eine T-Zellinie sowie embryonale Fibroblasten als CD40+ Zellen identifiziert werden. Um die funktionelle Rolle von CD40 im B-Zellsystem zu studieren, wurden B-Zellen aus Bursa, Milz und Zäkaltonsillen mit einem rekombinanten CD40L-Konstrukt stimuliert. Die Zugabe von rChCD40L verlängerte die Lebensspanne von B-Zellen signifikant und induzierte sowohl eine Proliferation der B-Zellen als auch einen Klassenwechsel der Immunglobuline. Die Aktivierung der B-Zellen durch rChCD40L führt zu einer verstärkten Expression von MHCII-Molekülen sowie zur Sekretion von IL-6. Zusätzlich konnten durch rChCD40L erstmals Langzeitkulturen primärer Hühner-B-Zellen etabliert werden. In diesen Langzeitkulturen war rChCD40L in der Lage, die antigenspezifischen Antikörpertiter in in vitro-Kulturen von Milz-B-Zellen immunisierter Tiere signifikant zu erhöhen. Ausgehend von diesen Daten kann auf eine essentielle Rolle des CD40-CD40L-Systems in der Entwicklung und der Funktion der B-Zellen in einem nicht zu den Säugetieren gehörenden Wirbeltier geschlossen werden. Somit stellt das CD40-CD40L-System ein phylogenetisch konserviertes System dar. Darüber hinaus bietet die Etablierung von Langzeitkulturen primärer Hühner-B-Zellen ein neues Werkzeug für Studien zur Wirt-Pathogen-Interaktion.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/06
Das Epstein-Barr Virus (EBV) infiziert ruhende primäre humane B-Zellen und indu-ziert deren unbegrenzte Proliferation. Dieser Prozess der Wachstumstransformation stellt ein Modellsystem dar, das die pathogenen Mechanismen in der Tumorentsteh-ung widerspiegelt. Die Epstein-Barr Virus nukleären Antigene 3A und 3C (EBNA-3A und EBNA-3C) werden in Publikationen aus dem Zeitraum von 1993 bis 1996 als essentiell für den Prozess der B-Zellimmortalisierung eingestuft. In dieser Arbeit wurde mit einer neuen Technologie, der Maxi-EBV Methode, die Rolle der EBNA-3A und -3C Proteine erneut untersucht. Sowohl mit EBNA-3A negativen als auch mit EBNA-3C negativen Viren konnten erstmals Kulturen von infizierten B-Zellen etabliert werden. Während sich aus EBNA-3A negativen B-Zellkulturen Langzeitkulturen etablieren ließen, starben EBNA-3C negative B-Zellkulturen in der Regel nach 40-70 Tagen ab. Die Effizienz der B-Zellimmortalisierung von EBNA-3A negativen Viren war im Vergleich zur Wildtyp infizierten B-Zellen 24-fach, die der EBNA-3C negativen Viren 140-fach erniedrigt. Sowohl EBNA-3A negative, als auch EBNA-3C negative LCLs sind in ihrer Viabilität eingeschränkt, weisen jedoch unveränderte Zellteilungsraten auf. Die weitere Charakterisierung der EBNA-3A negativen LCLs ergab, dass diese eine Variante des viralen LMP1-Proteins exprimieren. Offen blieb, ob diese Variante das Auswachsen der EBNA-3A negativen B-Zellkulturen begünstigt hat. In der Folge wurden die EBNA-3A negativen LCLs zur Identifizierung von EBNA-3A-Zielgenen eingesetzt und zahlreiche aktivierte und reprimierte Kandidatengene identifiziert. Eines dieser Kandidatengene, Matrix-Metalloproteinase 7 (MMP-7), das durch EBNA-3A induziert wird, wurde im Rahmen dieser Arbeit validiert. Auch mit EBNA-3C negative Viren konnten wider Erwarten LCLs erzeugt werden, die für einen begrenzten Zeitraum in Kultur gehalten werden können. Aus dem Material eines Spenders war es auch möglich, EBNA-3C negative Langzeitkulturen zu etablieren. Die Mehrzahl der EBNA-3C negativen infizierten B-Zellkulturen durchlaufen jedoch zwischen Tag 40 und 70 eine Krise und sterben. Mit der Generierung eines konditionalen EBNA-3C Systems, durch Transfektion eines Tetrazyklin-regulierbaren EBNA-3C Expressionsvektors in frisch isolierte primäre B-Zellen und anschließender Infektion mit EBNA-3C negativen Viren, wurde ein neuer Weg geschaffen, um EBNA-3C-Funktionen zu untersuchen. Dieses 2-Schrittsystem kann nun im Prinzip für jede Virusmutante eingesetzt werden.