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Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 17/19
Für die erfolgreiche Befruchtung einer Eizelle ist die Calcium-regulierte Akrosomreaktion des Spermiums eine essentielle Voraussetzung. Sie bewirkt nicht nur die seit langem bekannte Freisetzung hydrolytischer Enzyme aus dem akrosomalen Vesikel zur Penetration der Eihülle (Zona pellucida), sondern legt auch das für die Spermien-Oozyten-Erkennung notwendige Izumo-Protein auf der Spermienoberfläche frei. Erst durch die nach Eizellkontakt induzierte großflächige Verschmelzung von äußerer akrosomaler Membran und der darüber liegenden Plasmamembran an hunderten von Fusionsstellen wird genügend Izumo-Protein auf der inneren akrosomalen Membran exponiert, um eine stabile Verbindung mit dem kürzlich auf der Eizelloberfläche identifizierten Interaktionspartner Juno zu gewährleisten. Welche Regulationsmechanismen der Koordination dieser multiplen Einzelfusionsereignisse bei der Akrosomreaktion zugrunde liegen, ist bislang jedoch weitgehend ungeklärt. In Neuronen wird die Präzision der Calcium-regulierten Neurotransmitter-Exozytose durch die cytomatrix of the active zone (CAZ), einem Netzwerk aus SNARE-regulierenden Gerüstproteinen, koordiniert. Aufgrund der funktionellen Parallelen zwischen den Exozytoseprozessen in Neuronen und Spermien sollte in der vorliegenden Arbeit geprüft werden, ob in Spermien ein analoges, CAZ-ähnliches Proteinnetzwerk die sich Reißverschluss-artig ausbreitende, multiple Fusionsporenbildung der Akrosomreaktion kontrolliert. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass das RIM2α-Protein die Hauptisoform der RIM-Proteinfamilie in Säugerspermien darstellt, deren Vertreter seit einiger Zeit als molekulare Knotenpunkte des CAZ-Proteinnetzwerkes an der Präsynapse gelten. Neben RIM2 wurde auch für ubMunc13-2, das in dieser Arbeit als prädominanter Subtyp der Munc13-CAZ-Proteinfamilie in Spermien identifiziert wurde, sowie für die beiden riesigen Gerüstproteine Piccolo/Aczonin und Bassoon eine distinkte Lokalisation in der akrosomalen Region von Nagerspermien nachgewiesen. Des Weiteren konnte belegt werden, dass RIM2 und ubMunc13-2 an Detergens-resistente Membranmikrodomänen in Spermien assoziiert sind, die seit einiger Zeit für die Rekrutierung der SNARE-Fusionsmaschinerie in Spermien bekannt sind. Eine potentielle Netzwerk-bildende Funktion von RIM2 wurde in in vitro Bindungsstudien, die u. a. mit massenspektrometrischen Analysen kombiniert wurden, bestätigt. Dabei zeigte sich, dass RIM2α sowohl testikuläres ubMunc13-2 als auch die CAZ-Proteine RIM-BP3 und das erstmals in Reproduktionsgewebe nachgewiesene ELKS/ERC2 sowie einige Zytoskelett-assoziierte Proteine bindet. Die funktionelle Bedeutung eines CAZ-ähnlichen Netzwerkes für die Akrosomreaktion wurde in quantitativen Exozytose-Analysen an epididymalen Spermien verifiziert. Eine selektive Blockierung einzelner Domänen von RIM2, aber auch von ubMunc13-2 und Piccolo/Aczonin reduzierte die Calcium-induzierte akrosomale Exozytoserate um mindestens 45 %. Die Funktion der α Isoform des RIM2-Proteins konnte durch funktionelle Exozytosestudien an RIM2α-defizienten Spermien einer entsprechenden Gen-defizienten Mauslinie verifiziert werden. Interessanterweise führte eine Erhöhung der intrazellulären Calcium-Konzentration durch das Calcium-Ionophor A23187 zu keinem signifikanten Unterschied der Akrosomreaktion von RIM2α-defizienten im Vergleich zu Wildtyp-Spermien. Dieser Befund könnte möglicherweise auf eine kompensatorische Wirkung anderer, ebenfalls in Spermien exprimierter RIM1- und RIM2-Isoformen zurückzuführen sein. Allerdings wurde für die Akrosomreaktion nach Stimulation mit isolierter und solublisierter Zona pellucida in RIM2α-defizienten im Vergleich zu Wildtyp-Spermien eine signifikante Reduzierung der akrosomalen Exozytose-Induktion festgestellt. Da die Applikation eines Calcium-Ionophors die Signalkaskade umgeht, die unter physiologischen Bedingungen zum Calcium-Influx und damit zur Membranfusion führt, scheint das RIM2α-Protein Komponenten der Signalkaskade und/oder die Calcium-Kanäle für die Akrosomreaktion zu rekrutieren. Somit könnte es dazu beitragen die gerichtete, großflächige Fusionsporenbildung nach Zona pellucida-Stimulation zu gewährleisten. Im Rahmen dieser Dissertation durchgeführte Untersuchungen deuten außerdem an, dass RIM2α eine Interaktion mit dem Multi-PDZ-Domänen Protein 1 (MUPP1) eingehen könnte. MUPP1 ist im Komplex mit der Calcium/Calmodulin abhängigen Kinase II daran beteiligt, eine spontane, durch die sekundäre Reifung der Spermien im weiblichen Genitaltrakt begünstigte Akrosomreaktion zu verhindern. Als molekularer Knotenpunkt könnte RIM2 demnach sowohl eine spontane Exozytose verhindern als auch durch die Rekrutierung weiterer CAZ-Proteine und des Zytoskeletts die großflächige, multiple Fusionsporenbildung zur Freilegung von ausreichend Izumo-Molekülen auf der Spermienoberfläche sicherstellen. Eine Lokalisation in Detergens-resistenten Membranplattformen, wie sie auch für MUPP1 und die SNARE-Proteine in Spermien gezeigt wurde, könnte diese integrierende Funktion von RIM2 für die akrosomale Exozytose unterstützen.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/06
Die evolutionär stark konservierte AAA-ATPase Cdc48 aus Hefe (p97 in Säugern) ist an einer Vielzahl zellulärer Prozesse beteiligt, unter anderem an homotypischer Membranfusion und Ubiquitin-vermitteltem Proteinabbau. Verschiedene Adaptoren rekrutieren das hexamere Cdc48 an diverse, meist ubiquitinierte Substrate, die unter ATP-Verbrauch aus Proteinkomplexen oder Membranstrukturen herausgezogen werden. Als bekannte Adaptoren wirken das Heterodimer Ufd1-Npl4 und Shp1, deren Bindung an Cdc48 sich wechselseitig ausschließt. Shp1 gehört zur Familie der UBX (“Ubiquitin regulatory X”)-Domänen-Proteine, deren Vertreter bislang weitgehend uncharakterisiert sind. Ziel dieser Arbeit war es, sowohl allgemeine Eigenschaften als auch spezifische zelluläre Funktionen von UBX-Domänen-Proteinen aufzuklären. Für alle sieben UBX-Proteine aus Saccharomyces cerevisiae (Shp1 und Ubx2 bis Ubx7) konnte eine Interaktion mit Cdc48 nachgewiesen werden. Dabei wurde die UBX-Domäne als allgemeines Cdc48-Bindemodul identifiziert. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass UBX-Proteine, die eine “Ubiquitin-associated” (UBA)-Domäne enthalten, mit ubiquitinierten Proteinen interagieren. Für die UBA/UBX-Proteine Shp1 und Ubx2 wurde außerdem ein Einfluss auf die Degradation eines Modellsubstrats des Ubiquitin/Proteasom-Systems festgestellt. Darüber hinaus wurde Ubx2 als neue Komponente des ER-assoziierten Proteinabbauweges (ERAD) identifiziert, über den falsch gefaltete Proteine des Endoplasmatischen Retikulums (ER) abgebaut werden. Bevor ERAD-Substrate ubiquitiniert und durch das Proteasom degradiert werden können, müssen sie aus dem ER ins Zytosol retrotransloziert werden. An diesem Prozess ist der Cdc48-Ufd1-Npl4 Komplex entscheidend beteiligt. Das integrale ER-Membranprotein Ubx2 kann gleichzeitig mit Ufd1-Npl4 an Cdc48 binden und rekrutiert Cdc48-Ufd1-Npl4 an ERAD-Substrate und Komponenten der ERAD-Maschinerie, so dass verschiedene für ERAD benötigte Aktivitäten stabil miteinander verbunden werden. Ubx2 wirkt somit als Koadaptor für Cdc48-Ufd1-Npl4 in ERAD und unterstreicht damit die Bedeutung der UBX-Proteine als neue Familie von Kofaktoren im Cdc48-System.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
In meiner Arbeit sollte untersucht werden, ob eine Veränderung des Zelltropismus von Epstein-Barr Virus mit genetischen Methoden möglich ist. Ziel war es, durch Verwendung hybrider Glykoproteine oder Glykoproteine anderer Viren die Bindung bzw. die Fusion von EBV Partikeln zu vermitteln und dadurch eine sogenannte Pseudotypisierung zu erreichen. Zu diesem Zweck wurden im ersten Teil EBV Glykoproteinmutanten des viralen Liganden gp350 und des für die Membranfusion wichtigen gp85 Proteins hergestellt. Die Charakterisierung der gp350-negativen EBV Mutante zeigte im Gegensatz zu früheren Beobachtungen, daß gp350 sowohl für die Immortalisierung und Infektion von primären B-Lymphozyten als auch für die Infektion von Burkitt-Lymphom Zellinien wie Raji Zellen nicht absolut notwendig ist. Die Infektionseffizienz war jedoch reduziert. HLA-Klasse-II-negative Raji 2.2.5 Zellen konnten ebenfalls, wenn auch mit einer noch niedrigeren Infektionsrate, infiziert werden. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, daß gp350 zwar der Hauptligand für die Infektion von B-Zellen sein dürfte, daß es aber einen gp350-unabhängigen Infektionsmechanismus gibt, der durch einen zusätzlichen viralen Liganden vermittelt wird. Die Identität eines solchen Liganden konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht untersucht werden. Die Charakterisierung der gp85-negativen Mutante sowie der Doppel-KO-Mutante bestätigte, daß das gp85 Glykoprotein für die Infektion der Zielzellen von EBV essentiell ist. Durch die Infektion verschiedener, z. T. CD21-positiver Epithelzellinien mit der gp350-negativen Mutante konnte gezeigt werden, daß auch im Fall von Epithelzellen ein weiterer Ligand existieren muß, der die Funktion von gp350 bis zu einem gewissen Grad ersetzen kann. Die Analyse der CD21 Expression von 293 Zellen zeigte, daß diese Zellen geringe Mengen dieses EBV Rezeptors exprimieren und die Infektion durch Wildtyp-EBV in diesem Fall durch die Interaktion zwischen gp350 und CD21 vermittelt wird. Zusätzlich deuten die Ergebnisse darauf hin, daß der Viruseintritt der gp350-negativen Mutante in Epithelzellen über einen anderen Rezeptor als CD21 erfolgt. Dies scheint auch auf die Infektion von B-Zellen zuzutreffen. Im zweiten Teil meiner Arbeit konnte zunächst mit Hilfe von Fusionsproteinen zwischen GFP und gp350 gezeigt werden, daß große N-terminale Bereiche des gp350 Proteins deletiert werden können, ohne dadurch die Expression sowie den Transport dieser Chimären zur Plasmamembran zu beeinträchtigen. Darauf aufbauend wurde ein gp350 Fusionsprotein mit dem humanen Stammzellfaktor konstruiert. Es wurde gezeigt, daß dieses hybride Glykoprotein in die Virushülle von EBV eingebaut wird. Die mit dem Fusionsprotein pseudotypisierten Viren waren in der Lage, c-kit exprimierende Zellen wie TF-1 Zellen und CD34-positive, hämatopoetische Vorläuferzellen, wenn auch mit einer relativ niedrigen Infektionsrate, zu infizieren. Entsprechende Blockierungsexperimente bestätigten, daß die beobachtete Infektion durch die spezifische Interaktion des hSCF Anteils mit dem c-kit Rezeptor erfolgt. Die Retargetierungsversuche mit der nicht infektiösen gp350/gp85-negativen EBV Mutante mit Hilfe des Glykoproteins des "Lymphocytic Choriomeningitis Virus" zeigten, daß ein einziges heterologes, virales Glykoprotein sowohl die Bindung an die Zelloberfläche wie auch den Viruseintritt in HeLa Zellen vermitteln kann.