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Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 05/06
Verschiedene Neuropeptidhormone, welche einerseits sehr klein sind oder als intrinsisch unstrukturiert vorhergesagt werden, werden als größere Vorläufer-Proteine synthetisiert. Diese enthalten neben der N-terminalen Signalsequenz eine Prodomäne, welche später im sekretorischen Biosyntheseweg abgespalten wird und nicht Teil des aktiven Hormons ist. Im Rahmen dieser Doktorarbeit wurde die Rolle der Prodomänen in der Biogenese der intrinsisch unstrukturiert vorhergesagten Neuropeptidhormone Thyrotropin-Releasing Hormon (TRH), Somatostatin (Som) und Gonadotropin-Releasing Hormon (GnRH) untersucht. Die hier dargelegten Ergebnisse zeigen erstmals, dass die Prodomänen dieser Proteine für eine effiziente Translokation der intrinsisch unstrukturierten Hormondomänen in das ER-Lumen verantwortlich sind. Bisher wurde eine Funktion der Prodomäne von Peptidhormonen erst nach der Translokation bei der Proteinfaltung, Prozessierung und Sortierung der Proteine im ER-Golgi-Kompartment beschrieben. Zudem deuten die durchgeführten Domänen-Austausch-Experimente daraufhin, dass für die beschriebene translokationsfördernde Aktivität der Prodomäne ihre alpha-helikale Struktur entscheidend ist. Durch die in vitro durchgeführten Zielsteuerungsexperimente konnte gezeigt werden, dass ein Fehlen der Prodomäne bzw. von alpha-helikalen Domänen im Allgemeinen die Translokation in das ER-Lumen und nicht die kotranslationale Zielsteuerung der naszierenden Polypeptidkette an die ER-Membran negativ beeinflusst. Durch die Analyse des weiteren Schicksals der nicht-translozierten, intrinsisch unstrukturierten Proteine konnte ein neuartiger, dualer Zielsteuerungsmechanismus charakterisiert werden, wobei die ER-Signalsequenzen von Somatostatin (Som), Shadoo (Sho) und APP (Amyloid-Vorläuferprotein) eine Weiterleitung der Proteine zum Mitochondrium vermitteln. Es zeigte sich, dass die Zielsteuerungsrichtung der genannten bivalenten Signalsequenzen von der Sekundärstruktur der Polypeptidkette abhängt, wobei intrinsisch unstrukturierte Domänen eine mitochondriale Lokalisation und α-helikale Domänen präferentiell eine ER-Translokation vermittelten. Die Erkenntnisse dieser Arbeit bekräftigen eine Regulation der ER-Translokation durch die Sekundärstruktur der maturen Domäne des Proteins. Die hier gewonnenen Daten zeigen zudem, dass eine duale Zielsteuerung von Proteinen zwischen ER und Mitochondrium durch die Sekundärstruktur der maturen Domäne koordiniert werden kann. Diese Erkenntnisse können möglicherweise in Zukunft zu einem tieferen Verständnis von einigen Erkrankungen beitragen, welche auf einer Mislokalisation von sekretorischen Proteinen beruhen.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
Die TIM22-Translokase in der mitochondrialen Innenmembran vermittelt die Insertion von polytopen Innenmembranproteinen mit internen Signalsequenzen wie der mitochondrialen Metabolit-Carrier. Dabei unterstützt eine Gruppe von strukturell verwandten Proteinen mit charakteristischem Metallbindungsmotiv (Cys4-Motiv) die Passage der hydrophoben Vorstufenproteine über den Intermembranraum. Dies sind in der Hefe Tim9, Tim10 und Tim12 sowie Tim8 und Tim13. Die Familie dieser kleinen Tim-Proteine ist evolutionär konserviert. Im Menschen wurden sechs Mitglieder dieser Proteinfamilie identifiziert: Tim9, Tim10a und Tim10b sowie DDP1, DDP2 und Tim13. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Komponenten der TIM22-Translokase der Säugetiere strukturell und funktionell charakterisiert. Bei ihnen handelt es sich ebenfalls um mitochondriale Intermembranraumproteine. Sie sind in der Lage, mittels der vier konservierten Cysteinreste ein Zn2+-Ion zu binden und damit vermutlich eine Zinkfinger-Struktur auszubilden. Mutationen, die zu einem Verlust des DDP1 Proteins führen, sind die Ursache für das Mohr-Tranebjaerg Syndrom, einer neurodegenerativen Erkrankung, die sich im Wesentlichen durch Taubheit und Dystonie auszeichnet. Eine Punktmutation im DDP1-Gen, die zu einem Austausch eines der konservierten Cysteine führt (DDP1C66W), verursacht den Verlust der Zinkbindungskapazität und resultiert in einem fehlgefalteten, instabilen Protein. Es wurde gezeigt, dass das mutierte DDP1 nicht mehr in der Lage ist, mit seinem Partnerprotein Tim13 zu interagieren und keinen funktionellen DDP1-Tim13 Komplex ausbilden kann. Die menschlichen Proteine der Tim9 und Tim10-Gruppen, Tim9, Tim10a und Tim10b sind wie ihre homologen Hefeproteine in zwei hetero-oligomeren Komplexen organisiert, einem 70 kDa-Komplex bestehend aus Tim9 und Tim10a sowie einem 450 kDa Tim9-10a-10b-Komplex. Beide Komplexe sind fest mit der Innenmembran assoziiert. Tim10b zeigt eine geringere Sequenzhomologie zu Hefe-Tim10 als Tim10a. Es liegt genauso wie Tim12 nur in dem hochmolekularen Komplex vor und weist die stärkste Membranassoziation auf. Es zeigt damit strukturelle Ähnlichkeit zu Tim12. Aufgrund der Membranassoziation der kleinen TIM-Komplexe entfällt aber wahrscheinlich die Funktion des Tim12 als Vermittler zwischen dem löslichen Komplex und der Membran. Tim9, Tim10a und Tim10b sind wie die Hefe-Proteine am Import von mitochondrialen Carriern beteiligt. Die Bindung an Translokationsintermediate von Carrier-Vorstufenproteinen erfolgt in Abhängigkeit von zweiwertigen Kationen wie Zn2+. Die Struktur des TIM22-Komplexes weist signifikante Unterschiede zu der aus der Hefe bekannten Organisation auf. Humanes Tim22 ist im Vergleich zu Hefe-Tim22 wenig konserviert. Es liegt kein stabiler Komplex vor, der Tim22 und die kleinen Tim-Proteine enthält. Sie befinden sich vermutlich in dynamischer Interaktion mit Tim22, die wahrscheinlich nur während der Translokation eines Vorstufenproteins auftritt. Bisher ist kein Komplexpartner des humanen Tim22 bekannt. Homologe zu Tim54 und Tim18, den membranintegralen Komplexpartnern des Tim22, wurden in menschlichen Datenbanken nicht identifiziert. Aufgrund der veränderten strukturellen Organisation ist das menschliche Tim22 nicht in der Lage, mit den Proteinen aus der Hefe funktionell zu kooperieren. Es hat vermutlich eine Anpassung an veränderte Substratspezifizitäten stattgefunden, die auch die Beteiligung weiterer bisher unidentifizierter Komponenten der TIM22-Translokase einschließen könnte. Ein neues Intermembranraumprotein menschlicher Mitochondrien, Cmi1, ist an der Biogenese der kleinen Tim-Proteine beteiligt. Eine Überexpression im Hefesystem führt zur signifikanten Erhöhung der Proteinmengen von kleinen Tim-Proteinen im mitochondrialen Intermembranraum. Cmi1 unterstützt vermutlich die rasche stabile Faltung der neu importierten kleinen Tim-Proteine. Da Cmi1 in der Lage ist, Metall-Ionen zu binden vermittelt es möglicherweise den Transfer von Zink-Ionen.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
Das nicht polymorphe HLA-Klasse-I-Antigen HLA-G wird hauptsächlich in der Plazenta exprimiert, wo es vermutlich den semiallogenen Fötus vor Angriff des mütterlichen Immunsystems schützt. Eine Besonderheit von HLA-G ist das Auftreten von mehreren verkürzten Isoformen, die von alternativ gespleißten Transkripten translatiert werden. Neben dem kompletten membranständigen HLA-G1 mit den extrazellulären Domänen a1, a2 und a3 existieren die verkürzten Isoformen HLA-G2 (∆a2), HLA-G3 (∆a2, ∆a3) und HLA-G4 (∆a3). Außerdem wurden die löslichen Isoformen HLA-G5 (HLA-G1s), HLA-G6 (HLA-G2s, ∆a2) und HLA-G7 (HLA-G3s, ∆a2, ∆a3) beschrieben. Um die Expression und Funktion einzelner Isoformen getrennt voneinander und ohne Beeinflussung durch andere MHC-Klasse-I-Moleküle untersuchen zu können, wurden Transfektanten für die Isoformen HLA-G1, HLA-G2, HLA-G4 und HLA-G5 in der HLA-Klasse-I-negativen humanen Zellinie K-562 generiert. HLA-G kann mit inhibitorischen und aktivierenden Rezeptoren auf NK- und T-Zellen in Wechselwirkung treten und so Effektorfunktionen beeinflussen. Die Expression von HLA-G kann außerdem indirekt über HLA-E auf die Zytotoxizität von NK-Zellen und T-Zellen einwirken. Die HLA-E-Expression ist abhängig von Peptiden aus den Signalsequenzen von HLA-Klasse-I-schweren Ketten. Zum Ausschluß der Koexpression des HLA-Klasse-I-Antigens HLA-E auf der Zelloberfläche wurden HLA-G1mut- und HLA-G4mut-cDNA-Vektoren eingesetzt, deren Exon 1 so verändert ist, daß kein Ligand für HLA-E zur Verfügung gestellt wird. Während in der Zellinie K-562 HLA-G1 und HLA-G5 auf der Zelloberfläche exprimiert bzw. sezerniert werden, waren die verkürzten Isoformen HLA-G2 und HLA-G4 mittels FACS-Analyse mit einer Reihe HLA-Klasse-I- und HLA-G-spezifischer Ak nicht auf der Zelloberfläche nachweisbar. Diese Ergebnisse korrelieren mit der Sensitivität dieser verkürzten Isoformen gegenüber Endo H. Aus der fehlenden Resistenz der HLA-G2- und HLA-G4-Polypeptide gegenüber Endo H ergibt sich kein Hinweis auf ihren Transport zur Zelloberfläche. Diese fehlende Oberflächenexpression von HLA-G2 und HLA-G4 könnte auf einer gestörten Assoziation mit b2m oder Bestandteilen der MHC-Klasse-I-Prozessierungsmaschinerie beruhen. Kopräzipitationsexperimente ergaben, daß nur die HLA-G1-schwere Kette mit b2m und TAP assoziiert ist. HLA-G2 ließ sich zwar mit TAP, jedoch nicht mit b2m kopräzipitieren und HLA-G4 ließ sich weder in Assoziation mit b2m noch mit TAP nachweisen, so daß diesen Isoformen ein wichtiger Bestandteil der vollständigen HLA-I-Komplexe fehlt und bei HLA-G4 außerdem die Beladung mit Peptiden gestört ist. Diese Daten sprechen gegen eine Zelloberflächenexpression der verkürzten HLA-G-Isoformen. Im Unterschied zu HLA-G1 war HLA-G5 nicht in Kopräzipitaten mit TAP zu finden. Daher scheint für diese Isoform eine stabile Assoziation mit TAP für die Peptidbeladung nicht essentiell zu sein. Zum funktionellen Nachweis von HLA-G wurden Zytotoxizitätstests mit der Zellinie NKL sowie mit PBL, NK-Zellen und LAK-Zellen aus dem peripheren Blut mehrerer Donoren durchgeführt. Dabei zeigte sich, daß die Expression der verkürzten Isoformen HLA-G2 und HLA-G4 die Zytotoxizität der verschiedenen Effektorzellen nicht beeinflußte. HLA-G1 inhibierte die Lyse von K-562 in Abhängigkeit von der HLA-G1-Expressionsstärke und wirkte sich weniger deutlich als eine entsprechende HLA-E-Expression auf die Zytotoxizität aus. Neben der Plazenta wird HLA-G auch in zahlreichen anderen Geweben exprimiert und kann in Tumoren induziert oder hochreguliert werden. Da bei verschiedenen Tumoren die MHC-Klasse-I-Expression aufgrund von Mutationen im b2m-Gen gestört ist, wurden HLA-G1-Transfektanten in der b2m-negativen humanen Zellinie Daudi etabliert. Daudi HLA-G1-Transfektanten weisen gegenüber K-562 HLA-G1-Transfektanten eine reduzierte HLA-G-Proteinmenge auf. In Abwesenheit von b2m ist HLA-G1 außerdem nicht resistent gegenüber Endo H und kann auch nach Inkubation der Zellen bei niedrigen Temperaturen und Zugabe von b2m oder Ligand nicht auf der Zelloberfläche nachgewiesen werden. Da von HLA-B27 bekannt war, daß b2m-freie Homodimere auf der Zelloberfläche exprimiert werden können und eine Dimerisierung von HLA-G über ungepaarte Cysteinreste möglich ist, wurden die Daudi HLA-G1-Transfektanten auf Anwesenheit von HLA-G1-Dimeren untersucht. In Abwesenheit von b2m waren jedoch keine Dimere nachweisbar. Auch in funktionellen Experimenten mit LAK oder gd T-Zellen hatte die HLA-G-Expression in Daudi HLA?G1-Transfektanten keine Auswirkung auf die Zytotoxizität oder Proliferation der Effektorzellen. Die HLA-G1-Expression in b2m-negativen Tumoren trägt daher nicht zur Tumorprogression bei. Eine Analyse der Unterschiede in der Expression und der Auswirkungen der HLA-G-Isoformen in verschiedenen Zellinien könnte Hinweise auf die Regulation und die Funktion der HLA-G-Expression liefern.