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Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 05/06
Das Einkomponentensystem CadC in Escherichia coli zählt zur Gruppe der ToxR-ähnlichen Transkriptionsregulatoren und aktiviert bei niedrigem pH-Wert die Expression des cadBA-Operons, einem Säure-induzierbaren Lysin-Decarboxylase-System. Transkriptionsregulatoren der ToxR-Familie zeichnen sich durch einen gemeinsamen modularen Aufbau aus und bestehen aus einer periplasmatischen Sensordomäne, einer Transmembranhelix und einer zytoplasmatischen Effektordomäne. Die Signalwahrnehmung, -weiterleitung und -verarbeitung erfolgt bei den ToxR-ähnlichen Transkriptionsregulatoren innerhalb eines einzelnen Proteins. Die molekularen Mechanismen der Reizwahrnehmung durch CadC sind bekannt, die Signalweiterleitung und -verarbeitung im Zytoplasma sind hingegen weitgehend ungeklärt. In CadC ist ein zytoplasmatischer Linker (51 Aminosäuren) essentiell für die Signaltransduktion von der sensorischen Domäne zur DNA-Bindedomäne. Im ersten Teil dieser Arbeit wurde der Mechanismus der Signalweiterleitung von der sensorischen Domäne zur DNA-Bindedomäne untersucht. Mit Hilfe der Kernspinresonanzspektroskopie konnte gezeigt werden, dass die Linkerregion unstrukturiert vorliegt. Im Rahmen einer umfangreichen Mutagenesestudie wurde beobachtet, dass sowohl eine Vielzahl an Aminosäuresubstitutionen (Veränderungen der Ladung, der Rigidität oder der Wahrscheinlichkeit zur Bildung einer α-Helix) als auch die Verlängerung des CadC-Linkers zu keiner funktionellen Beeinträchtigung führte. Jedoch wurde die Signalverarbeitung im Zytoplasma durch Verkürzung des Linkers modifiziert und verursachte ein invertiertes Expressionsprofil des Zieloperons cadBA oder die Entkopplung der Expression vom externen pH. Der Linkerregion in CadC konnte keine Rolle in der Oligomerisierung zugeordnet werden. Unabhängig vom Linker wurde in einer in vivo Interaktionsstudie eine pH-abhängige Interaktion (pH < 6,8) zwischen CadC-Monomeren gezeigt. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde die Röntgenkristallstruktur (2,0 Ångström) und in einem parallelen Ansatz die NMR-Struktur (0,46 backbone RMSD) der zytoplasmatischen Effektordomäne in CadC als erste dreidimensionale Struktur der DNA-Bindedomäne eines ToxR-ähnlichen Regulators aufgeklärt. In der Struktur von CadC1-107 wurde ein „winged Helix-Turn-Helix“-Motiv aus der Familie der OmpR-ähnlichen Transkriptionsregulatoren beobachtet. Im Gegensatz zu der Topologie bereits gelöster OmpR-ähnlichen Regulatoren enthält CadC am Übergang von DNA-Bindedomäne und Linkerregion einen zusätzlichen β-Strang (β-Strang 7), welcher sich stabilisierend auf die DNA-Bindung auswirken könnte. Im dritten Teil dieser Arbeit wurde der DNA-Bindemechanismus von CadC an den cadBA-Promotor untersucht. In in vitro Versuchen zur Bindung von löslichen CadC-Varianten an DNA konnte eine sehr geringe Dissoziationsrate beobachtet werden. Somit ist nicht die Affinität zur DNA sondern die Stimulus-abhängige Interaktion von CadC mit der α-Untereinheit der RNA-Polymerase essentiell für die Aktivierung des cadBA-Operons. Außerdem wurden, basierend auf der Kristallstruktur der DNA-Bindedomäne von CadC Aminosäuresubstitutionen durchgeführt. Die Aminosäure His66 in der Erkennungshelix α3 ist an der Interaktion mit der großen Furche der DNA beteiligt, während die Aminosäuren Lys95 und Arg96 die Interaktion mit der kleinen Furche der DNA vermitteln. Die Ergebnisse dieser Arbeit postulieren ein Modell zur Signalverarbeitung in CadC, in welchem die Signalwahrnehmung im Periplasma zu konformationellen Veränderungen des unstrukturierten CadC-Linkers führt und somit die räumliche Positionierung der DNA-Bindedomänen im CadC-Dimer ermöglicht wird.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/06
Das Cad-System von E. coli gehört zu den Säure-induzierbaren Aminosäure-Decarboxylase-Systemen und spielt eine wichtige Rolle bei der Säureschutzantwort. In diesem System erfolgt die Reizwahr-nehmung, Signaltranslokation über die Membran und Transkriptionsregulation durch ein einziges Protein, nämlich CadC. In Gegenwart von induzierenden Bedingungen (niedriger pH-Wert und Lysin) aktiviert CadC die Expression des cadBA-Operons, dadurch kommt es zur Decarboxylierung von Lysin zu Cadaverin und CO2 durch die Lysin-Decarboxylase CadA und zum Export von Cadaverin durch den Lysin/ Cadaverin-Antiporter CadB. Dabei werden Protonen aus dem Cytoplasma entfernt und der extrazelluläre pH-Wert durch das basische Cadaverin erhöht. Das Lysin-Transportprotein LysP inhibiert die cadBA-Expression bei nicht-induzierenden Bedingungen, das bei der Decarboxylierung gebildete Cadaverin übt einen negativen Rückkopplungseffekt auf die Expression von cadBA aus. Im Rahmen der vorgelegten Arbeit wurden die Regulation des Cad-Systems durch CadC und die Lysin-spezifische Permease LysP, die Reizwahrnehmung durch CadC und die Struktur von CadC untersucht. Mittels Transkriptions- und Translationsanalysen wurde das Cad- System u. a. in E. coli MG1655 (Wildtyp) und E. coli MG1655-lysP211 (lysP-negativ) untersucht. Die cadBA- Expression war in E. coli MG1655-lysP211 deutlich höher als im Wildtyp, als Folge dessen war auch die relative Menge an CadA und die Konzentration an extrazellulärem Cadaverin erhöht. Des Weiteren war in dieser Mutante durch den Wegfall des Repressors LysP der Bedarf an extrazellulärem Lysin als Induktor der cadBA-Expression vollständig eliminiert. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Theoretische Physik der Universität zu Köln wurde anhand der für E. coli MG1655 (Wildtyp) gemessenen Daten ein mathematisches Modell erstellt und mit Hilfe dieser Daten die Dynamik des Cad-Systems in E. coli MG1655-lysP211 berechnet. Die in vivo bestimmten Ergebnisse wurden durch die in silico erhaltenen Daten sehr gut wiedergegeben. In der vorliegenden Arbeit konnte auch gezeigt werden, dass CadC kein Sensor für Lysin ist. In vitro Experimente (ITC-Messungen, Tryptophanfluoreszenz-Messungen) ergaben, dass CadC nur eine extrem niedrige Affinität für Lysin aufweist, in vivo war ein bestimmter Schwellenwert für die Induktion der cadBA-Expression nötig, ansonsten hatte die Lysin- Konzentration keinen Einfluss. Da Lysin somit nicht durch CadC wahrgenommen wird und deshalb die Interaktion zwischen CadC und dem Transportprotein LysP nicht über die Konkurrenz beider Proteine um das Substrat Lysin erfolgt, beruht die Lysin-Abhängigkeit der cadBA-Expression vermutlich auf einer direkten Interaktion zwischen CadC und LysP. In vitro konnten CadC und LysP in Proteoliposomen quervernetzt werden, dies indizierte eine Affinität beider Proteine zueinander. Das Vorhandensein von Lysin löst die Interaktion zwischen CadC und LysP auf und ist somit ein wichtiger Schritt für die Aktivierung von CadC. Durch Messungen der intrinsischen Tryptophanfluoreszenz mit der periplasmatischen Domäne von CadC (CadC188-512) konnte gezeigt werden, dass diese eine Affinität für den Inhibitor Cadaverin aufweist, der KD-Wert hierfür betrug 96 µM. In vivo Experimente bestätigten, dass das Vorhandensein der periplasmatischen Domäne für die Hemmung der cadBA-Expression durch Cadaverin essentiell ist. Somit scheint die Inhibierung der cadBA-Expression durch Cadaverin über eine direkte Interaktion mit der periplasmatischen Domäne von CadC zu erfolgen In Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Biologische Chemie der Technischen Universität München wurden Strukturuntersuchungen zu CadC188-512 und CadC mittels 3D-Kristallisation durchgeführt. CadC188-512 konnte sehr gut überproduziert und gereinigt werden, und es entstanden bereits Kristalle, von denen einer am Synchrotron vermessen werden konnte. Die Auflösung (2,5 Å) war jedoch für eine Strukturaufklärung noch zu gering. In der periplasmatischen Domäne von CadC befinden sich zwei Cysteinreste. Mit Hilfe von in vitro Experimenten konnte die Ausbildung einer Disulfidbrücke in CadC188-512 bestätigt werden. Durch die Reduktion der Disulfidbrücke war die Affinität für den Ligand Cadaverin geringfügig vermindert. Das Auflösen der Disulfidbrücke könnte ein wichtiger Mechanismus für die Aktivierung von CadC darstellen. Wurde die Ausbildung einer Disulfidbrücke durch die Substitution der Cysteinreste durch Alanin verhindert, so wurde die cadBA-Expression in vivo Lysin-unabhängig aktiviert. Möglicherweise repräsentieren diese CadC-Derivate ein „semi-aktives“ CadC, das für eine volle Aktivierung nur noch einen Reiz benötigt.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/06
Das Cad-System von Escherichia coli gehört zu den pH-induzierbaren Aminosäure-Decarboxylase- Systemen. Der Aktivator des Cad-Systems ist der membrangebundene Transkriptionsregulator CadC. CadC ist gleichzeitig Sensor für die Umweltreize pH und Lysin, und Effektorprotein, das die Expression des cadBA-Operons induziert. Im Rahmen dieser Arbeit wurden der molekulare Mechanismus der transkriptionellen Aktivierung des cadBA-Operons durch CadC und verschiedene Modelle für die Aktivierung eines membranintegrierten Transkriptionsaktivators untersucht. Im Rahmen dieser Arbeit konnten durch Footprint-Analysen innerhalb der regulatorischen Region des cadBA-Operons die zwei CadC-Bindestellen Cad1 (erstreckt sich von bp -150 bis -112, relativ zum Transkriptionsstart des cadBA-Operons) und Cad2 (bp -89 bis -59) identifiziert werden. DNA-Bindeexperimente in vitro zeigten, dass CadC mit einer höheren Affinität an Cad1 als an Cad2 bindet. Die Affinität von CadC zu Cad1 und Cad2 wurde durch unterschiedliche pH-Werte oder durch Lysin und Cadaverin nicht signifikant beeinflusst. Die Analyse der Bindestellen Cad1 und Cad2 in vivo ergab, dass das Vorhandensein beider Bindestellen für die Induktion der cadBA-Expression durch Lysin und einen niedrigen externen pH-Wert essentiell ist. Desweiteren wurde die Repression des cadBA-Operons unter nicht-induzierenden Bedingungen durch den globalen Repressor H-NS untersucht. Deletionsanalysen der regulatorischen Region des cadBA-Operons indizierten zwei H-NS-Bindestellen stromaufwärts der CadC-Bindestellen. Rechner-gestützte Sequenzanalysen legten die Existenz von zwei weiteren H-NS-Bindestellen nahe, die mit den CadC-Bindestellen und der -35/-10-Region von PCad überlappen. In hns- Deletionsstämmen war die cadBA-Expression sowohl unter induzierenden als auch unter nicht-induzierenden Bedingungen signifikant erhöht. Für die Aktivierung des cadBA-Operons war CadC essentiell. Biochemische und molekularbiologische Untersuchungen zum Oligomerisationszustand von CadC indizierten, dass CadC Tetramere ausbildet. Die periplasmatische Domäne war für die Oligomerisierung von CadC essentiell. Die Tetramere traten sowohl unter induzierenden als auch unter nicht-induzierenden Bedingungen auf. Daher scheint eine Aktivierung von CadC durch eine Oligomerisierung von CadC-Monomeren, die durch Umgebungsbedingungen wie den pH-Wert und die Lysin-Konzentration moduliert wird, unwahrscheinlich. Basierend auf den oben angeführten Daten wurde ein Modell für die transkriptionelle Aktivierung des cadBA-Operons entwickelt. Demzufolge bildet H-NS unter nicht-induzierenden Bedingungen innerhalb der regulatorischen Region des cadBA-Operons einen Repressionskomplex. Unter induzierenden Bedingungen bindet CadC als Tetramer zunächst an die Bindestelle Cad1, wodurch die anschließende Bindung an Cad2 erleichtert und stabilisiert wird. Durch die Bindung von CadC wird der H-NS vermittelte Repressionskomplex aufgelöst, wodurch eine Interaktion der RNA-Polymerase mit der -35/-10-Region von PCad und die cadBA-Transkription ermöglicht werden. Verschiedene membranintegrierte Transkriptionsfaktoren in eukaryontischen Zellen werden durch eine Regulierte Proteolyse (RP) aktiviert. Biochemische und molekularbiologische Untersuchungen zum molekularen Mechanismus des membran-integrierten Transkriptionsaktivators CadC ergaben bisher keine Hinweise darauf, dass CadC unter induzierenden Bedingungen durch einen Mechanismus ähnlich den der Regulierten Proteolyse aktiviert wird. Um die Funktion der Transmembrandomäne und der periplasmatischen Domäne für die Aktivierung von CadC genauer zu analysieren, wurden verschiedene C-terminal verkürzte CadC-Derivate hinsichtlich ihrer Funktionalität untersucht. Dabei zeigte sich, dass eine Membranassoziation oder -integration von CadC für die Induktion der cadBA-Expression notwendig war. Desweiteren war die periplasmatische Domäne für die CadC-Aktivierung essentiell. In Zusammenarbeit mit dem Department für Physik der LMU München wurde ein in silico Modell für die Regulation der cadBA-Expression erstellt. Zur Überprüfung des Modells wurde die Expression des Cad-Systems während einer simulierten Magen-Passage in vivo analysiert. Die experimentellen Daten stimmten mit dem Modell sehr gut überein. Das Modell ist also in der Lage, die in vivo-Daten zu abzubilden. Ein weiterer Aspekt dieser Arbeit war die Untersuchung der genauen physiologischen Funktion des Cad-Systems. Es konnte nachgewiesen werden, dass das Cad-System eine wichtige Funktion für die Säureresistenz von E. coli bei extremen Säurestress bei pH-Werten