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Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 11/19
Die allogene Knochenmarks- bzw. Stammzelltransplantation wird seit den späten 70er Jahren als kurativer Behandlungsansatz bei myeloproliferativen Syndromen wie Leukämien und Lymphomen etabliert. Eine schwere und häufige (25-45%) Komplikation dieser Transplantation ist die Wirt-gegen-Spender-Erkrankung bzw. Graft-versus-Host Disease (GvHD). Die Erkrankung ist mit einer hohen Letalität von etwa 30% unter moderner Therapie verbunden und manifestiert sich häufig zunächst an der Haut. Eine zuverlässige und rasche Diagnosesicherung ist für die Früherkennung und adäquate Therapie der GvHD entscheidend. Leider ist die akute, das heißt binnen 100 Tagen nach Transplantation auftretende GvHD (aGvHD) von akuten Arzneimittelreaktionen (AR) klinisch und histologisch schwer zu unterscheiden. Etablierte Kriterien für diese Differentialdiagnostik existieren nicht. Die Feststellung des histologischen Schweregrads der aGvHD ist bislang eher untersucherabhängig, die des klinischen Schweregrads ist dermatologisch sehr grob und zur Verlaufskontrolle eher ungeeignet. Diese Punkte zu optimieren und einen Beitrag zur Aufklärung der Immunpathologie der aGvHD zu leisten waren die Hauptziele der vorliegenden Dissertation. Zwanzig Patienten mit klinisch gesicherter aGvHD nach allogener Knochenmarks- oder Blutstammzelltransplantation und dreizehn Patienten mit klinisch verifizierter AR wurden in die Studie aufgenommen. Die klinischen Befunde wurden nach dem etablierten Glucksberg-Score sowie dem neu entwickelten klinischen GvHD-Schweregrad-Score (GvHSco) klassifiziert. Zusätzlich wurden Hautproben entnommen und histopathologisch sowie immunhistochemisch (Expression von CD1a, CD2, CD11c, CD20, CD25, CD34, CD68, CD197, CD206, CD207, CD 208, CD209, CD303 und S100) analysiert. Klinische und histologische Ergebnisse wurden einzeln analysiert und miteinander korreliert. Zur besseren Beschreibung des klinischen Schweregrades der kutanen GvHD wurde der klinische GvHSco a priori entwickelt. Er bietet durch die Standardisierung und die hundertteilige Skala im Vergleich zum Glucksberg Score Vorteile bezüglich der individuellen Verlaufskontrolle. Als histologische Schweregradkriterien korrelierten epidermotrope lymphozytäre Infiltration und Kontinuitätsverluste der Basalmembran (Epidermolyse) am deutlichsten mit dem klinischen Schweregrad. Aufgrund dieser Ergebnisse wurde auf der Basis des histologischen Scores nach Lerner durch Ergänzung des Kriteriums Epidermolyse und durch besondere Gewichtung des Kriteriums Lymphozyteninfiltration der Modifizierte Histologische Score zur Abschätzung des Schweregrads akuter GvHD (GvHiScore) entwickelt. Die Vorteile dieser modifizierten Klassifikation sind die genaue, Untersucher-unabhängige Definition und die feinere Stratifizierung der Schweregrade. So wird eine bessere inter- und intraindividuelle Differenzierbarkeit erreicht. Als differentialdiagnostische Parameter sprachen hohe Zahlen reifer T-Zellen (CD2+, CD45RA+) und Makrophagen (CD68+), Epidermolyse, Basalzellballonierung, junktionales lymphozytäres Infiltrat differentialdiagnostisch für aGvHD, eosinophiles Infiltrat jedoch gegen eine aGvHD. Basierend auf diesen neuen Erkenntnissen wurde der differentialdiagnostische Test DSHIG („Differentialdiagnostischer Score mittels Histopathologie und Immunhistochemie für akute Graft versus Host Disease“) entwickelt. Der Test errechnet sich aus der Addition sieben dichotomer Kriterien. Die retrospektive Analyse des DSHIG ergibt eine Testspezifität und -sensitivität von 95% für die Differentialdiagnose „Akute GvHD“ versus „Akutes Arzneiexanthem“. Der differentialdiagnostisch vielversprechende DSHIG sollte prospektiv validiert werden. Bei der Lupusband-positiven akuten GvHD zeigte sich ein histologisch besonders schweres Bild mit ausgeprägter Epidermolyse. Ein Einfluss quoad vitam oder auf den klinischen Schweregrad ließ sich nicht zeigen. Die Lupusband-positiven Fälle traten bevorzugt in der späteren Phase von aGvHD auf. Für den klinischen Schweregrad und das Ein-Jahres-Überleben bei aGvHD günstig waren hohe Zellzahlen von IDEC (CD206+/CD11c+), plasmazytoiden Dendritischen Zellen (BDCA-2+) und Mastzellen. Diese Zusammenhänge wurden bislang nicht an Hautbiopsien gezeigt und könnten klinisch bedeutsam sein. Die in dieser Arbeit an Hand einer kleineren Fallzahl retrospektiv erstellten Scores sollten in zukünftigen Untersuchungen mit höherer Patientenzahl unabhängig prospektiv validiert werden. Die Dynamik der kutanen GvHD könnte darüber hinaus mit weitern Methoden wie durchflußzytometrischer Analyse und Gewinnung von sequentiellen Hautproben im zeitlichen Verlauf analysiert werden.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 04/19
Zusammenfassung: Die Auswirkungen von Gewalt- und Missbrauchserfahrungen in der Kindheit auf eine spätere Drogenabhängigkeit werden in der Literatur unterschiedlich diskutiert. In dieser Studie sollte bei drogenabhängigen Patienten der mögliche Einfluss einer Missbrauchserfahrung in der Kindheit – diffe-renziert nach Art und Schweregrad – auf den späte-ren Krankheitsverlauf, insbesondere spezifischer psychischer Symptome sowie der Schwere der Dro-generkrankung, untersucht werden. Methode: Mittels einer Traumsfragebogens wurden 100 drogenabhängige Patienten zu einer potenziellen sexuellen Missbrauchserfahrung, körperlichen Miss-handlung, Vernachlässigung, familiären Gewalt und emotionalen Misshandlung in der Kindheit befragt. Psychische und suchtrelevante Beeinträchtigungen wurden mit Hilfe des EuropASI und der SCL-90 er-faßt. Ergebnisse: Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die untersuchte Studienpopulation einer Vielzahl von belastenden Faktoren in der Kindheit ausgesetzt war. Mittels SCL 90-R konnte für jede der Missbrauchs-gruppen die Art und Schwere der psychischen Sym-ptombelastung, mittels EuropASI die Art und Schwe-re der Belastung in den Lebensbereichen gemessen werden. Hier war zu erkennen, dass vor allem bei den komorbiden psychischen Erkrankungen eine signifikant höhere Symptombelastung bei den Patien-tengruppen mit einer Missbrauchsvorgeschichte zu finden war. Eine Differenzierung der Missbrauchsop-fer nach ihrem Geschlecht erbrachte bei zwei Kate-gorien (Unsicherheit im Sozialkontakt, Phobische Angst) eine signifikant stärkere Belastung der Frau-en, während für die anderen Belastungswerte Män-ner und Frauen keine wesentlichen Unterschiede aufzeigten. Außerdem wurde der Einfluss des Schweregrads des jeweiligen Missbrauchs auf den Krankheitsverlauf untersucht. Hier war vor allem bei den Patienten mit einer sexuellen Missbrauchsvorge-schichte und bei familiärer Gewalt in der Kindheit eine signifikant stärkere psychische Symptombelas-tung in Korrelation mit einem schweren Missbrauch nachzuweisen.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/19
Trotz des kleinen Läsionsvolumens lakunärer Schlaganfälle ist die Progression neurologischer Defizite bei diesem durch Mikroangiopathie verursachten Schlaganfall-Subtyp ein häufiges Problem in der klinischen Praxis. Ziel dieser prospektiven klinischen Studie war, die Häufigkeit, den zeitlichen Verlauf, mögliche zugrunde liegende Pathomechanismen sowie die Prognose der klinisch-neurologischen Verschlechterung bei lakunären Schlaganfällen zu untersuchen. Es wurden 46 Patienten mit akutem lakunärem Syndrom innerhalb von 12 Stunden nach Beginn der Schlaganfallsymptome in die Studie eingeschlossen. Die Beurteilung des Schweregrads der neurologischen Ausfälle erfolgte anhand der National Institutes of Health Stroke Skala (NIHSS) täglich an den ersten drei Tagen nach Beginn der Symptomatik sowie bei Entlassung. Für die Evaluation der Prognose wurde der Barthel Index bei Entlassung und telefonisch nach 90 Tagen erhoben. Die Progression der neurologischen Symptomatik wurde als Verschlechterung um ≥ 1 Punkt im NIHSS im Bereich der motorischen Funktionen definiert. Die Patienten mit progredienten und nicht-progredienten lakunären Schlaganfällen wurden hinsichtlich demographischer Daten, Vorerkrankungen, Vormedikation, der Häufigkeit der lakunären Syndrome, der Lokalisation der lakunären Läsionen, des zeitlichen Verlaufs der klinischen Progression, des NIHSS und Barthel Index sowie hinsichtlich Entzündungsparametern (Leukozyten, Körpertemperatur, C-reaktives Protein, Fibrinogen), Gerinnungsparametern (D-Dimer, von Willebrand Faktor, PTT), der Glutamatplasmakonzentration, des Blutzuckers und Blutdrucks miteinander verglichen. Diese prospektive klinische Studie zeigte, dass ungefähr ein Viertel (23,9%) der Patienten mit lakunärem Schlaganfall eine frühe klinische Verschlechterung innerhalb der ersten 72 Stunden, 81,8% davon sogar innerhalb der ersten 24 Stunden nach Beginn der Symptomatik erfahren. Bei Aufnahme bestand kein signifikanter Unterschied im Schweregrad der neurologischen Ausfälle –quantitativ erfasst durch den NIHSS- zwischen den Patienten mit progredientem und nicht-progredientem Verlauf. 24 Stunden nach Beginn des Schlaganfalls bis hin zur Entlassung war der NIHSS-Score bei den Patienten mit progredienten lakunären Schlaganfällen signifikant höher als bei den Patienten mit stabilem Verlauf. Die Patienten mit progredientem Verlauf hatten eine deutlich schlechtere Langzeitprognose als die Patienten, die sich in der Frühphase stabilisierten oder sogar verbesserten. Lakunäre Schlaganfälle mit progredientem Verlauf waren signifikant häufiger im Bereich der Capsula interna lokalisiert. Die frühe Progression war signifikant mit einer höheren Leukozytenzahl, einer höheren Körpertemperatur und einer höheren Fibrinogenplasmakonzentration bei Aufnahme assoziiert. Diese Ergebnisse sprechen für eine Rolle der Akuten-Phase-Reaktion bei der Progression des lakunären Schlaganfalls. Die Parameter der Akuten-Phase-Reaktion, die reaktiv auf die cerebrale Ischämie erhöht sind, können über komplexe Pathomechanismen den ischämischen Schaden verstärken und somit zur klinischen Progression führen. Die Ergebnisse lassen die Leukozytenzahl, die Körpertemperatur und die Fibrinogenplasmakonzentration bei Aufnahme als Prädiktoren für eine frühe klinische Verschlechterung beim lakunären Schlaganfall vermuten. Für den Blutzucker fanden sich erst am Tag 3 nach Beginn des Schlaganfalls signifikant höhere Werte bei den Patienten mit progredientem Verlauf im Vergleich zu den Patienten mit nicht-progredienten lakunären Schlaganfällen, so dass dies eher als Folge der klinischen Verschlechterung zu interpretieren ist. Bezüglich der demographischen Faktoren, der Häufigkeit der lakunären Syndrome, der Gerinnungsparameter (D-Dimer, vWF, PTT), der Glutamatplasmakonzentration und des Blutdrucks wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen Patienten mit progredienten und nicht-progredienten lakunären Schlaganfällen gefunden. Die Aussagekraft dieser Analyse ist durch die kleine Fallzahl mit 46 Patienten eingeschränkt. Weiterführende statistische Berechnungen des positiv prädiktiven Werts der signifikanten Faktoren, insbesondere eine Regressionsanalyse konnten daher nicht durchgeführt werden. Die Ergebnisse sind somit zur Hypothesengenerierung geeignet, um weitere klinische Studien mit größeren Patientenzahlen anzustoßen, die die Rolle der Akuten-Phase-Reaktion bei der Progression des lakunären Schlaganfalls bestätigen und zur Entwicklung therapeutischer, z.B. antiinflammatorischer Strategien zur Verhinderung der frühen Progression beim lakunären Schlaganfall beitragen sollen.