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Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/06
Die Behandlung zerstörter Gewebe- und Organstrukturen nach akuten Verletzungen oder chronischen Krankheitsverläufen hat sich zu einer enormen Belastung für das heutige Gesundheitswesen entwickelt. Neue Konzepte der Geweberekonstruktion durch Tissue Engineering führten in den letzten Jahren zu einer erheblichen Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten. Die vorliegende Arbeit beschreibt die Entwicklung und Charakterisierung einer genaktivierten Fibrinmatrix zur lokalen Expression des Wachstumsfaktors epidermal growth factor (EGF). Das Konzept beinhaltet die gemeinsame Applikation autologer Keratinozyten und nicht-viraler Genvektoren mit PEI in Form einer injizierbaren Fibrinkleberzubereitung. Durch Variationen von PEI-Struktur, N/P-Ratio und dem Zusatz des abschirmenden Hüllpolymers P6YE5C wurde das Transfektionsverhalten unterschiedlicher Genvektorformulierungen in der Fibrinmatrix untersucht. Durch den Einsatz von fluoreszenzmarkierten Genvektoren wurde der Transfektionsverlauf innerhalb der Matrix visualisiert und dokumentiert. Größere Mengen ungeschützter Genvektoren führten in Fibrin trotz ihres toxischen Potentials zu hohen Genexpressionen. Ein protektiver Effekt durch den Zusatz des schützenden Hüllpolymers P6YE5C schien in Fibrin als nicht zwingend notwendig. Daraufhin wurde ein möglicher Einfluss der Fibrinmatrix auf Genvektorformulierungen untersucht. Erste Vorversuche in Zellkultur zeigten eine Steigerung des Transfektionspotentials nicht-viraler Genvektoren mit PEI nach Vorinkubation mit einer Fibrinogen-Lösung. Aus der Perspektive einer kommerziellen Anwendung heraus wurde ein lagerungsfähiges Lyophilisat aus genaktiviertem Fibrinogen entwickelt, das zum Versuchszeitpunkt als Fibrinklebervorstufe mit Wasser rehydratisiert und gemeinsam mit Thrombin zur Herstellung der genaktivierten Fibrinmatrix eingesetzt werden konnte. Der Einsatz des schützenden Hüllpolymers P6YE5C hatte dabei einen entscheidenden Einfluss auf die unmittelbare Verfügbarkeit der eingesetzten Genvektoren. Für die Regeneration von Knochenbrüchen bleibt dagegen der Einsatz medizinischer Implantate von entscheidender Bedeutung. In der vorliegenden Arbeit wird in einem weiteren Ansatz die Entwicklung und Charakterisierung genaktivierter Polymerfilme aus PDLLA und PLGA zur Beschichtung medizinischer Implantate beschrieben. Die neue Grenzfläche zwischen Implantat und Knochenstruktur soll zur lokalen Transfektion und Expression therapeutischer Gene dienen. Dafür wurden nicht-virale Genvektoren lyophilisiert und als Dispersion in organischen Lösungen der Polymere PDLLA und PLGA auf resistente Oberflächen aufgetragen und getrocknet. Die Besiedelung der verbliebenen Polymerfilme mit Zellen führte über den direkten Kontakt mit genaktivierten Polymerstrukturen zur Expression des eingesetzten Gens. Durch Variation von Polymer- und Genvektormenge wurde anhand der gemessenen Genexpressionen sowie der metabolischen Aktivität transfizierter Zellen das System optimiert. Die Bestimmung der Transfektionseffizienz sowie des Freisetzungsverhaltens formulierter Genvektoren diente zur Charakterisierung der genaktivierten Polymeroberflächen aus PDLLA und PLGA. Trotz struktureller Ähnlichkeiten der eingesetzten Filmbildner zeigte sich das Freisetzungsverhalten aus PDLLA gegenüber PLGA abhängig der eingesetzten Polymer- und Genvektormengen. Das Beschichtungsprinzip konnte ebenfalls für die Aktivierung von Folien aus Aluminiumlegierung eingesetzt werden und führte zur Expression des therapeutischen Gens bone morphogenic protein-2 (BMP-2). Die Verwendung von Poly-[Tyrosincarbonaten] als strukturelle Alternative zu PDLLA bzw. PLGA führte zu keiner Genexpression. Hohe medizinische Anforderungen und individuelle Interaktionen einzelner Matrixkomponenten machen genaktivierter Biomaterialien zu komplexen Applikationsformen der regenerativen Medizin. Kleinste Veränderungen im komplexen Verbund aus Matrixstrukturen, Genvektoren und Zielzellen können drastische Effekte im Gesamtsystem verursachen. Abhängig von Indikation und Materialeigenschaften müssen die Formulierungen individuell angepasst und optimiert werden. Wird dieser Arbeitsaufwand investiert, bietet der Einsatz genaktivierter Biomaterialien gegenüber herkömmlichen Behandlungsformen großes therapeutisches Potential.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 04/19
In der Medizin und insbesondere in der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde finden Lasersysteme derzeit ein breites Anwendungsspektrum und gewinnen neben anderen Operations-Methoden immer mehr an Bedeutung. In der klinischen Routine werden Lasersysteme bereits als alternative Operationsverfahren für unterschiedliche Indikationen eingesetzt. Da die quantitativen Ergebnisse des einzelnen Lasersystems in der Literatur selten angegeben werden, war das Ziel dieser Studie, die häufig eingesetzten Lasersysteme an einem standardisierten In-vitro-Modell vergleichend zu untersuchen und die entstandenen Gewebewechselwirkungen quantitativ zu analysieren. Als Experimentiermaterial diente frische und gekochte Putenmuskulatur sowie Rinderleber. Auf einem verstellbaren Stativ wurden die Lichtwellenleiter bzw. die Spiegelarmoptiken an einen Schrittmotor befestigt, der sich mit definierter Geschwindigkeit unter Kontakt über das Gewebe bewegte. Variierbare Parameter waren Leistung, Durchzugsgeschwindigkeit sowie der Winkel zwischen Laserstrahl und Behandlungsobjekt. Gemessen wurden die Ablations- und Koagulationseigenschaften sowie der Volumenabtrag vom Gewebe. Zusätzlich erfolgte die Beschreibung der Läsionsformen und Bestimmung des Karbonisationsgrades. Neben den untersuchten Lasersystemen (CO2-, Er:YAG-, Ho:YAG-, Nd:YAG- und Diodenlaser) wurde auch die Koagulationseigenschaft des Argon-Plasma-Beamers genauer betrachtet. Das CO2-Laserlicht mit einem sehr hohen Wasserabsorptionskoeffizienten wies den effektvollsten Gewebeabtrag auf. Bei einer Maximalleistung von 20 Watt bewirkte die Behandlung mit CO2-Laserlicht Gewebekrater von bis zu 5,2 mm Tiefe. Dabei wurde ein relativ enger und tiefer, V-förmiger Kraterquerschnitt erzielt. Seine „Schneideeigenschaft“ für Weichgewebe ist damit unter allen untersuchten Lasersystemen am stärksten ausgeprägt. Das Ausmaß der Abtragung lässt sich optisch kontrollieren, da sich nur ein schmaler Koagulationssaum anschließt. Eine auftretende Blutung führt zur Abschwächung der Laserwirkung. Desweiteren treten Schwierigkeiten bei der Blutstillung auf, da nur gering ausgeprägte Koagulationseigenschaften bestehen. Der CO2- und Er:YAG-Laser können nur mit einer technisch aufwendigen Spiegelarmoptik betrieben werden, da eine Weiterleitung mittels einer nicht-toxischen flexiblen Faser derzeit nicht möglich ist. Der Wasseranteil in herkömmlichem Fasermaterial ist zu hoch, sodass es zu einer starken Absorption des Laserlichts kommt. Durch Veränderung des Spotdurchmessers oder durch Scanner-Techniken ist mit der CO2-Laserbestrahlung eine oberflächliche Gewebeabtragung möglich. Das Er:YAG-Laserlicht wies durch eine starke Wasserabsorption gute Ablationseigenschaften auf. Diese starke Absorption ist Voraussetzung für die Abtragung mit geringer thermischer Randzone. Der dabei entstandene Krater zeigte im Querschnitt eine dreieckige Form und die Ränder wiesen bei allen gewählten Parametern keine nennenswerte Karbonisation auf. Sind im Laserlichtareal Blutgefässe vorhanden, kann es zu Blutungen kommen. Ursache dafür ist die geringe Koagulationswirkung bei dieser Wellenlänge. Auch andere weiche sowie harte Gewebsstrukturen können in der Tiefe verletzt werden. Das gepulste Ho:YAG-Laserlicht wies unter den quarzglasfasergeleiteten Lasersystemen den größten Abtrag auf. Dieses Lasersystem zeigte die effektivste Koagulation mit geringer Karbonisation. Die Koagulationseigenschaft ist auch im Kontaktverfahren im Vergleich zu den untersuchten Lasersystemen erhöht, so dass sich diese Strahlung für Gewebskoagulationen eignet. Die Option, gleichzeitig Ablation und Koagulation zu induzieren, ermöglicht es insbesondere im endonasalen Bereich präzise, mit minimaler Karbonisation und guter Hämostase zu arbeiten. Das Nd:YAG-Laserlicht wies den geringsten Gewebeabtrag und auch nur eine geringe Koagulationszonen auf. Gemäß der Literatur wird eine effektive Gewebeabtragung, was durch eine geringe Laserlichtabsorption bedingt ist, erst bei höheren Leistungen (ab 50 Watt) mit speziellen Fokussierhandstücken oder mit Fasern geringeren Durchmessers erreicht. Die guten Koagulationseigenschaften werden im Non-Kontakt-Verfahren und bei größeren Faserdurchmessern sowie Leistungen erreicht. Die beiden Diodenlaser (DL-940 und DL-830) unterschieden sich in den koagulierenden und auch schneidenden Eigenschaften nicht wesentlich voneinander. Das Diodenlaserlicht wirkt aufgrund der geringeren optischen Eindringtiefe effizienter als die Nd:YAG-Laserbestrahlung und erzeugt einen breiteren Koagulationsbereich. In dieser Studie wurde ein hohes Potenzial an Karbonisation für die Diodenlaser festgestellt, was in der klinischen Applikation zu vermeiden ist. Die Koagulation mittels Argon-Plasma-Beamer wurde in dieser Arbeit als Vergleich zu den Lasersystemen verwendet. Dieses Elektrokoagulationsgerät erzeugt eine ausreichende Koagulation mit nur geringem Auftreten von Gewebeverkohlung. Im Vergleich mit den Lasersystemen zeigte der Argon-Plasma-Beamer keine ablativen Effekte. Aufgrund der Bestrahlungsfläche und der divergenten Stromverteilung innerhalb des Gewebes entsteht die thermische Schädigung nur in den oberflächlichen Gewebeschichten. Tiefere Gewebeschichten werden nicht behandelt. Aufgrund dessen wird der Argon-Plasma-Beamer insbesondere oberflächlich bei Stillung großflächiger Blutungen oder z.B. zur Devitalisierung pathologischer Gewebe eingesetzt. Techniken zur Gewebsablation und Gewebskoagulation sind noch relativ jung und wurden in vergleichenden Studien bisher nur wenig beschrieben. Umfassende Studien unter identischen Bedingungen und vergleichbaren Geräte-Parametern liegen zu diesem Themenkomplex bisher nicht vor. Dies trifft insbesondere auf experimentelle nicht-klinische Arbeiten zu. Die gefundenen Literaturangaben beziehen sich häufig auf rein klinische Arbeiten. Bei vielen Ergebnissen fehlen dabei die Angaben über die Applikationsart, Spotdurchmesser, Läsionsbreiten- und tiefen oder Leistungseinstellung, so dass schwer nachzuvollziehen ist, ob diese vergleichenden Studien überhaupt unter reproduzierbaren Bedingungen durchgeführt worden sind. Zusammenfassend zeigt die vorliegende Untersuchung, dass durch verschiedene Laserlichtwellenlängen und Applikationsformen unterschiedliche Ablations-, Koagulations- und Karbonisationseigenschaften zu beobachten sind. Der Effekt der Wechselwirkung des Laserlichtes mit Gewebe ändert sich dramatisch, wenn von einer Nicht-Kontakt- in eine Kontakt-Applikation übergegangen wird. Sowohl die Kenntnisse der Wechselwirkung des Lichtes mit Gewebe für unterschiedliche Laserwellenlängen als auch bei deren spezifischen Betriebsmodi sind von dem geschulten Arzt zu beachten, um den Einsatz des Instrumentes Laser optimal für die klinische Indikation zu wählen. Zusätzlich kommt die Erfahrung und die ständige Fortbildung auf diesem Gebiet für die erfolgreiche Nutzung lasergestützter Intervention für den Benefiz des Patienten in der klinischen Routine eine zentrale Bedeutung zu.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/19
Da die Prognose für Patienten mit Kopf-Hals-Karzinomen trotz Verbesserung der chirurgischen und strahlen- bzw. chemotherapeutischen Strategien unverändert schlecht ist, werden vermehrt immunologische Therapieansätze erforscht, die eine systemisch wirksame und gleichzeitig tumorspezifische Behandlung ermöglichen sollen. Dadurch soll die Häufigkeit von Lokalrezidiven und Metastasen gesenkt werden. Bispezifische Antikörper werden in diesem Zusammenhang als vielversprechende Therapieoption angesehen. Sie erkennen einerseits Tumorzellen und redirigieren andererseits Immunzellen an den Ort des Tumors. So soll eine immunologische Auseinandersetzung mit dem Tumor angestoßen werden. Komplette bispezifische Antikörper können darüber hinaus akzessorische Zellen binden. Diese Zellen besitzen die Fähigkeit zur Phagozytose und Präsentation phagozytierter Proteine. Hiervon verspricht man sich die Induktion eines langfristigen humoralen Gedächtnisses gegen den Tumor. In der vorliegenden Arbeit wurde der komplette bispezifische Antikörper BiUII (aEpCAM/aCD3) untersucht. Es wurde postuliert, dass dieses Molekül in der Lage sei, sogenannte Tri-Zell-Komplexe aus Tumorzellen, T-Zellen und akzessorischen Zellen zu vermitteln. Die Eingangsexperimente sollten daher die grundlegende Frage klären, welche Zellkontakte durch BiUII herbeigeführt werden können, und ob in vitro Tri-Zell-Komplexe darstellbar sind. Anschließend wurde die antitumorale Wirksamkeit des Antikörpers an Einzelzellen und an dreidimensionalen Tumorzell-Sphäroiden getestet. Mit immunzytochemischen Färbungen an Einzelzell-Präparaten konnte erstmals die Bildung von Tri-Zell-Komplexen nachgewiesen werden. Die durch BiUII angestoßene Immunreaktion führte innerhalb von wenigen Stunden zu einer effizienten Tumorzellelimination. Neben unspezifischen Mechanismen konnte die Phagozytose von Tumorzellen als ein Weg der BiUII-vermittelten Tumorzellzerstörung beobachtet werden. Wir konnten darüber hinaus zeigen, dass BiUII auch in Tumorzell-Sphäroiden, einem dreidimensionalen Modell für Mikrometastasen, zu einer vollständigen Elimination vitaler Tumorzellen führte, ohne dass hierfür die exogene Zufuhr immunstimulatorischer Substanzen erforderlich war. Die beschriebenen in vitro-Ergebnisse zeigen also zum einen, dass der bispezifische Antikörper BiUII diejenigen Anforderungen erfüllt, die aufgrund seiner Konstruktion gefordert wurden und zum anderen, dass das Molekül in vitro ein sehr hohes antitumorales Potential aufweist. Weiterführende Experimente werden unternommen, die die Mechanismen der Tumorzellzerstörung detaillierter beschreiben sollen. Darüber hinaus ist es Ziel der kommenden Untersuchungen, mögliche Komedikationen sowie andere Applikationsformen (z.B. intratumoral) zu testen, um die bei systemischer Gabe beobachteten Nebenwirkungen einzuschränken.