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Der 11. Februar ist der "Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft". Zu diesem Anlass wollen wir euch in einem Sonderformat Frauen vorstellen, die in der Genetik einen wichtigen Beitrag geleistet haben. Im zweiten Teil dieser Doppelfolge stellen wir Henrietta Lacks vor. Sie war keine Forscherin, ihre Zellen haben aber trotzdem den Grundstein für Impfungen, Zellkultur, Chemotherapie, Künstliche Befruchtung und Medikamente für Krebs, sowie Parkinson gelegt und ihre Geschichte hat dazu beigetragen, dass Patient*Innen heute besser über Behandlungen und Forschungsprojekte aufgeklärt werden.
Die USA haben die ersten zwei Hähnchen-Produkte zugelassen, die im Labor aus Zellkultur entstanden sind. Kultiviertes Fleisch wirbt mit Vorteilen bei Tierwohl und Umwelt. Für die Umwelt sind diese allerdings noch nicht belegt.Wildermuth, Volkartwww.deutschlandfunk.de, Forschung aktuellDirekter Link zur Audiodatei
In dieser Episode steht eine der bemerkenswertesten Geschichten der modernen Medizin im Mittelpunkt: die Geschichte von Henrietta Lacks und ihren Krebszellen. In den 1950er Jahren wurde Henrietta Lacks eine Biopsie entnommen, aus der später die weltbekannten HeLa-Zellen gezüchtet wurden. Seitdem haben diese Zellen die moderne Medizinforschung revolutioniert und sind für zahlreiche Durchbrüche in der Impfstoff- und Krebsforschung entscheidend. Darüber hinaus beleuchten wir, wie die HeLa-Zellen das Weltgeschehen im Kalten Krieg beeinflusst haben und warum gerade in der Zellbiologie sauberes Arbeiten wichtig ist.
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft derzeit zwei neue Impfstoffe. Das Besondere an den Präparaten der US-Firma Novavax und des französischen Konzerns Valneva: Es handelt sich um Vakzine, die auf konventionelle Weise hergestellt werden. Nicht-Wissenschaftler bezeichnen die Präparate auch als "Totimpfstoffe" und sehen sie als Mittel, um bisher Unentschlossene zur Impfung zu bewegen. Im CoronaCast bei Sächsische.de erklärt der Dresdner Virologe Alexander Dalpke die Unterschiede zwischen den beiden neuen Impfstoffen und was sie von den bisher zugelassenen Präparaten abgrenzt. Außerdem blickt der Virologe voraus und ordnet die von der Omikron-Variante ausgehenden Gefahren ein. Eins ist Dalpke, der an der TU Dresden das Institut für Medizinische Mikrobiologie und Virologie leitet, immer wichtig: die Dinge wissenschaftlich korrekt einzuordnen. "Und da fängt es beim Begriff an", sagt er. Das Wort "Totimpfstoff" könne man tatsächlich nur in Anführungszeichen verwenden, um die beiden neuen von Novavax und Valneva von den bisher zugelassenen mRNA-Impfstoffen zu unterscheiden. "Formal sind das alles tote Impfstoffe, weil darin jeweils vermehrungsfähige Viren fehlen." Bei Valneva und Novavax, das noch im Dezember zugelassen werden könnte, handele es sich fachlich richtig ausgedrückt demnach um "proteinbasierte Impfstoffe". Doch diese beiden haben untereinander auch Verschiedenheiten. Hier eine Kurzfassung der Erläuterungen des Virologen: Valneva: Bei diesem Impfstoff wird im Labor das Virus künstlich angezüchtet und in einem chemischen Verfahren deaktiviert. Anschließend wird es einem Wirkverstärker, einem sogenannten Adjuvant, versehen und verimpft. Klinische Studien zur Wirksamkeit fehlen noch. Allerdings sei beobachtet worden, dass über 95 Prozent der Probanden nach einer Impfung Antikörper bildeten. "Das ist per se erst mal eine gute Aussage." Novavax: "Dieser Impfstoff funktioniert etwas anders", erklärt Dalpke. Dabei werde das Spike-Protein - also das Protein, das verantwortlich für das Eindringen des Coronavirus in den menschlichen Körper ist - gezielt in einer Zellkultur nachgebildet. "In einem speziellen Verfahren wird das gewonnene Protein gereinigt und anschließend ebenfalls mit einem Impfstoffverstärker gespritzt". Im Gegensatz zu dem Präparat von Valneva gebe es für diesen Impfstoff klinische Daten. "Es gibt eine Studie aus Großbritannien, die zeigt eine Wirksamkeit von 89,7 Prozent gegen symptomatische Infektionen und von fast 100 Prozent gegen schwere Verläufe." Und sollten bisher Unentschlossene nun tatsächlich warten, bis einer der beiden neuen Impfstoffe in Europa zugelassen wird? "Eigentlich lohnt es sich nicht. Viel wichtiger wäre jetzt, sich impfen zu lassen", sagt Dalpke und verweist auf die nach wie vor rollende Delta-Wella und die schon millionenfach verimpften wie erprobten bisher zugelassenen Präparate. "Aber", schränkt er ein, "wenn trotz wissenschaftlicher Einordnungen weiterhin bei Menschen größere Ängste entgegenstehen, dann ist es natürlich immer noch besser, sich später mit einem der jetzt in Zulassung befindlichen Impfstoffe impfen zu lassen, als es gar nicht zu tun." Wie viele Impfungen nötig sein werden, um einen ausreichend hohen Impfschutz zu erlangen, sei noch nicht klar. "Nach meinem Kenntnisstand werden auch zumeist zwei Impfdosen notwendig sein." Dalpke geht aber davon aus, dass auch bei den neuen Impfstoffen eine dritte Dosis zum Erreichen einer vollständigen Schutzwirkung erforderlich sein könnte. Genaueres müssten nun Studien zeigen. Außerdem Inhalte des Gesprächs: Warum Omikron ansteckender aber offenbar nicht gefährlicher sein könnte Die Inzidenz ist rückläufig: Sehen wir ein Abebben der Welle? Diskussion zur vierten Impfung läuft: Müssen wir uns bald wirklich ständig impfen?
MS-Perspektive - der Multiple Sklerose Podcast mit Nele Handwerker
Willkommen zu Folge 110 vom MS-Perspektive-Podcast. Ich habe heute Dr. Katja Akgün zu Gast und wir unterhalten uns über die Neuroimmunologie und ihre Bedeutung für die Behandlung von Menschen mit Multipler Sklerose. Vorstellung Dr. Akgün ist Fachärztin für Neurologie, Leiterin des Infusionszentrums am Zentrum für klinische Neurowissenschaften und Leiterin des neuroimmunologischen Labors am Universitätsklinikum Dresden. Sie arbeitet eng mit dem MS-Zentrum Dresden zusammen, da das Infusionszentrum ein Teil davon ist. Einmal hat sie bei mir vertretungsweise das Arztgespräch gemacht. Dabei habe ich sie gleich angesprochen, ob sie als Interviewgast vorbeikommen will und sie hat direkt zugestimmt. Heute gibt uns Dr. Akgün einen kleinen Einblick in das Thema Neuroimmunologie. Denn die Neuroimmunologie spielt eine wesentliche Rolle bei Multipler Sklerose. Zur Neuroimmunologie hatte ich auch schon Professor Harms zu Gast, der erklärt hat, welche Forschungsfelder die Berliner Charité genauer untersucht. Höre gerne in die Folge rein, wenn es dich interessiert. Worum geht es in der Folge? Mit Dr. Akgün spreche ich darüber: Woran in Dresden geforscht wird? Was das für MS-Patienten bedeutet? Welche Studien im Gange sind? Und welche Verbesserungen sich daraus für Menschen mit MS ergeben? Es wird eine ganz spannende Folge, bei der ich dir viel Spaß wünsche. Transkript des Interviews mit Dr. med. Katja Akgün Nele: Hallo Frau Dr. Akgün, schön, dass Sie da sind, ich freue mich riesig. Erstmal ein ganz liebes „hallo“ nach Dresden. Dr. med. Katja Akgün (Dr. Akgün): Ja, hallo, vielen Dank, liebe Grüße zurück. Schön, dass das heute klappt. Nele: Sie sind viel beschäftigt, insofern ganz großes Dankeschön, das sie sich die Zeit genommen haben. Bevor wir beginnen, sagen sie bitte nochmal ganz kurz etwas was zu sich, wer sie sind, damit die Hörerinnen und Hörer eine gkleine Idee haben, wen ich heute interviewe. Vorstellung und berufliche Stationen Dr. Akgün: Ich bin Katja Akgün, gehöre zum Dresdner Team von Professor Tjalf Ziemssen. Wir arbeiten beide eng zusammen. Ich bin groß geworden in dem Team und habe dort den Bereich kennengelernt und die Liebe zum wissenschaftlichen Aspekt bezüglich der Multiplen Sklerose gefunden. Ich habe hier in Dresden studiert, komme zwar nicht direkt hier aus der Region, sondern ein bisschen mehr nördlich aus der Oberlausitz. Aber ich bin sozusagen gar nicht weit weggezogen, sondern in Dresden gelandet. Habe hier studiert und damals meine Doktorarbeit bei Professor Tjalf Ziemssen gemacht. So bin ich in das Team gekommen. Initial , wollte ich gar nicht Neurologie machen, es hat mich aber so gefangen und bis heute nicht mehr losgelassen. Deshalb habe ich recht schnell meinen Schwerpunkt in der MS und in der Neuroimmunologie gefunden. Ich lebe hier mit meinem Mann und meiner Tochter. Mein Mann kommt eigentlich aus Gießen, das ist eine „Ost-West-Liebe“ bei uns, aber sind hier fest verankert und das passt alles ganz gut. Persönliche Motivation für den Beruf Nele: War das spannende Thema bei Professor Ziemssen der ausschlaggebende Punkt oder was war Ihre Motivation, dass sie letztendlich doch in die Neurologie reingerutscht sind? Gab es einen ganz speziellen Auslöser? Dr. Akgün: Naja, es war initial so, ich hatte damals im Studium immer ganz kurze Berührungspunkte mit den Fächern. Die Neurologie kommt im Medizinstudium relativ spät dran. Ich wollte damals eine Doktorarbeit machen und wissenschaftlich arbeiten, also richtig im Labor. Das wusste ich. Ich habe gesagt „wenn ich schon eine Doktorarbeit mache, dann richtig. Da will ich eine Pipette in der Hand halten und mit Zellkultur arbeiten und alles, was das Herz begehrt in der experimentellen Wissenschaft“. Einstieg ins Team vom MS-Zentrum Dresden Dann habe ich erstmal querbeet geschaut und Herr Ziemssen war damals noch ein junger Assistenzarzt, der gerade nach Dresden gekommen war und sein Labor aufgebaut hat. Er hat Leute gesucht, die das mit ihm machen wollen und so bin ich in das Team gerutscht und habe auch erstmal primär immunologisch gearbeitet und das ging dann letztendlich immer weiter. Das waren interessante Projekte. Begonnen hat es mit meiner Doktorarbeit, dabei habe ich bereits gemerkt „mit einer Doktorarbeit ist das Feld bei Weitem nicht abgedeckt“ und dann führte letztlich eins zum anderen. Ich habe mich zwar schon immer sehr für die Immunologie interessiert, also auch andere Autoimmunerkrankungen wie Rheumatologie, Dermatologie. Solche Fächer kamen prinzipiell auch in Frage, aber mir hat mal jemand gesagt „mach das, wo dein Herz hängt und wo du glaubst, dass dich das dein Leben lang begeistern kann. Immerhin musst du es dein Leben lang machen als Job“, und da habe ich gesagt „wenn ich ehrlich bin, ist es die Neurologie mit der Neuroimmunologie“. Herr Ziemssen hat mir zudem eine super Option in seinem Team angeboten. Da wäre ich schön dumm gewesen, wenn ich eine Kehrtwende gemacht hätte. Nele: Sehr gut, begeisterte Leute, das brauchen wir. Dann macht das Forschen ihnen mehr Spaß und sie finden auch mehr heraus. Womit beschäftigt sich die Neuroimmunologie im Allgemeinen und spezifisch auf die MS bezogen? Dr. Akgün: Neuroimmunologie ist ja eigentlich ein sehr großes Thema. Letztendlich geht es ja um autoimmune Phänomene bei neurologischen Erkrankungen. Die Multiple Sklerose ist da einfach so sehr im Fokus, weil sie die Erkrankung ist, wo wir den größten Patientenstamm haben. Es gibt aber viele neuroimmunologische Erkrankungen, beispielsweise das Guillain-Barré-Syndrom. Auch die Myasthenie ist letztendlich eine autoimmun vermittelte neurologische Erkrankung. Wir bei uns im Zentrum im Dresden fokussieren uns viel auf die chronisch-entzündlich Erkrankungen des zentralen Nervensystems und da ist die Multiple Sklerose eine der größten Vertreter. Die Neuroimmunologie beschäftigt sich dann natürlich mit ganz unterschiedlichen Facetten dieser Krankheitsbilder, hinterfragt also „was ist die Pathogenese? Wie entsteht diese Erkrankung? Wie wirken Medikamente? Wie müssen vielleicht Medikamente wirken, um gezielter diese Erkrankungen therapieren zu können?“. Aber eben auch Thema Biomarker-Monitoring, das in den letzten Jahren sehr in den Fokus geraten ist. Das sind Felder, die vom neuroimmunologischen Bereich abgedeckt werden und eigentlich das klinische Setting unterstützen sollen. Was haben sie in den letzten Jahren Neues über die Entstehung der Multiplen Sklerose herausgefunden? Dr. Akgün: Man muss klar sagen, dass wir das nicht alleine machen. Das ist Teamarbeit und da geht der Trend in den letzten Jahren deutlich hin. Ich bin jetzt ungefähr zehn Jahre in der Klinik. In der Zeit gab es schon einen immensen Wandel, dass man nicht mehr alleine in seinem Labor steht, sondern ein Team vor Ort hat, aber auch kooperiert mit anderen Laboren, weil jeder seine Expertise hat und wir heute schon feststellen, dass das so komplex ist und es auf so viele neue Messtechniken ankommt, dass wir zusammenarbeiten müssen. Den Wirkmechanismen der MS auf der Spur Es ist ja bekannt und oft diskutiert, dass die MS eine T-Zellen-mediierte Erkrankung ist, also die T-Zellen eine ganz wichtige Rolle spielen. Auch die B-Zellen sind gerade in den letzten Jahren sehr in den Fokus gerückt. Man hat das früher hinten angestellt und diese Erkenntnis, dass die T- und B-Zellen da sehr viel mehr interagieren miteinander und beide Funktionen und Schlüsselfunktionen haben, das sind Erkenntnisse aus den letzten Jahren. Andere Faktoren aber auch und das ist ein Schwerpunkt gewesen, den wir bei uns im Labor maßgeblich mit begleitet haben, ist der Aspekt, dass gerade T- und B-Zellen erstmal einen Auftrag kriegen müssen, bevor sie überhaupt aktiv werden und z. B. eine autoimmune Reaktion generieren können, also eine Reaktion gegen den eigenen Körper. Das machen nämlich sogenannte antigenpräsentierende Zellen oder dendritische Zellen und man weiß heute, dass wenn man die z. B. gezielt programmiert oder auch programmieren kann, man folglich eine T-Zell-Antwort verändert. Man vermutet zum einen, dass diese antigenpräsentierenden Zellen eine maßgebliche Rolle in der Entstehung der MS spielen und das konnten wir in unserem Labor mit verschiedenen Projekten und Messungen und Gewebeuntersuchungen nachweisen. Neue Behandlungsansätze Und es gibt jetzt – diese Ansätze kommen primär aus der Onkologie – schon die Idee, dass man die vorgeschalteten Zellen gezielt programmiert und verändert, um dann T- und B-Zellen – man sagt auch antigenspezifisch – also wirklich ganz selektiv positiv beeinflussen zu können. Der Vorteil dabei ist, dass man andere Funktionen des Immunsystems unbeeinflusst lässt und damit komplett erhält. Somit bleibt die Immunkompetenz weiterhin erhalten, was bisher manchmal ein Problem von immunsupprimierenden Therapien ist. Nele: Und sicherlich dadurch auch weniger Nebenwirkungen erzeugt, oder? Je spezifischer man wird, desto weniger Nebenwirkungen treten auf. Dr. Akgün: Exakt. Genau das ist das Ziel. Nele: Okay und da schauen sie, wie sie die Zellen sozusagen umprogrammieren. Die sind falsch programmiert und sie schauen, wie sie denen charmant vermitteln können, sich für die Person mit MS günstiger zu verhalten. Dr. Akgün: Sie haben es ganz schön gesagt, dieses charmante Vermitteln ist ja das, was bedeutet, dass es weniger Kollateralschäden gibt im Organismus und das wiederum bedeutet weniger Nebenwirkungen. Daher ist der charmante Weg das, was wir uns wünschen. Nele: Sehr gut. Jetzt haben sie auch gesagt, sie führen z. B. Studien zur Wirksamkeit von Therapien bei MS durch und dass sie dafür Biomarker nutzen. Ich glaube nicht jeder weiß genau, was Biomarker sind. Könnten sie das bitte einmal kurz und simpel erklären. Was sind Biomarker? Dr. Akgün: Auch das ist wieder ein sehr großer Begriff. Ich glaube was viele sich nicht immer so vor Augen führen, ist, dass ja alles, was sie als Patient an Untersuchungen erfahren in der Routinevorstellung beim Neurologen, Biomarker sind, die erhoben werden. Ein Biomarker ist eigentlich nur ein Messwert, der uns einen Zustand gibt über eine Erkrankung. Im besten Fall ist dieser Messwert sehr spezifisch, also selektiv für die Erkrankung und ich kann ihn bei wiederholten Messungen immer wieder gleich detektieren. Biomarker können ein Abbild sein für Reaktion, ein Ansprechen z. B. auf eine Therapie oder ein Indiz für eine Verschlechterung oder Verbesserung einer Erkrankung und somit ist es ein sehr großes Feld. Es gibt viele klinische Biomarker, da wären z. B. die neurologische Untersuchung – der EDSS. Dann haben wir das MRT, auch das ist ein Biomarker, wenn man es so will, aber das Feld wird aktuell in den Studien sehr erweitert, weil diese Laborbiomarker, also die kleinste Funktion in dem großen Ganzen in den Fokus rücken und diese klinischen Marker immens unterstützen können. Wie viele interessante Biomarker aus dem Bereich der Neuroimmunologie haben Sie gefunden und wie gut geben diese Aufschluss darüber, ob eine Therapie wirkt oder vielleicht sogar in welcher Sensitivität? Dr. Akgün: Man muss sagen, wenn man sich traut in die Literatur der Neuroimmunologie und Biomarker zu gehen, wird man immens viele Sachen finden. Die Grundlagenwissenschaft spuckt immer wieder total spannende Parameter aus und das ist totaler Wahnsinn, was man da messen kann. Das ist auch ein bisschen die Intention, die wir haben mit unseren Studien. Sinnvoll ist es immer dann, wenn es am Ende beim Patienten landet. Wenn es hochrangig in einem Journal publiziert ist und dann steht es da auf weißem Papier, ist dem Patienten noch nicht geholfen. Deshalb wollen wir die Parameter heraus selektieren und die Techniken so gut zu verfeinern, dass es einfach messbar wird, effizient und kostengünstig ist und einen direkten Bezug zur Erkrankung hat. Wenn man das mal herunterbricht, bleibt aktuell gar nicht mehr so viel übrig. Etablierte Biomarker der Neuroimmunologie bei MS Was wir schon relativ regelmäßig nutzen, wenn MS-Patienten eine Immuntherapie bekommen, ist der Immunstatus. Man kann z. B. ein Blutbild machen, auch das wäre schon ein Biomarker. Aber man kann an dem Punkt noch sehr viel weiter in die kleinen Gruppen der Immunzellen gehen und diese Differenzierung zeigt uns bei verschiedenen Erkrankungen sehr gut auf, ob eine Therapie genommen wird oder nicht und auch wie intensiv der Effekt letztendlich in dem Immunsystem ist. Das funktioniert zum Beispiel für Natalizumab oder beim Fingolimod. Diese Typen von Biomarkern, setzen sich relativ gut durch und gehen in die Routine über. An der Schwelle zur Routine Demgegenüber gibt es aber andere Parameter wie bspw. Zytokinmessungen oder besonders aktuell die Neurofilamente, die an der Schwelle stehen zur Routine. Da wissen wir, das macht sehr viel Sinn. Die Krankenkassen interessieren sich dafür noch nicht wirklich, weil es natürlich immer Geld kostet, aber viele Patienten sind in immunologischen Studien oder man kann es auch auf Igelleistungen oder individuelle Abstimmungen machen und da wird es auch schon herangezogen. Nele: Jetzt muss ich nochmal ganz kurz rückfragen. Das klang gerade so, als ob sie bei manchen Medikamenten sehen können, ob der Patient, der die Therapie nehmen soll, diese überhaupt nimmt, oder? Denn „Therapietreue“ ist ja ein wichtiger Punkt. Ich habe das Thema zwar noch nicht individuell im Podcast angesprochen, will aber noch eine Folge dazu machen. Denn natürlich ist es hilfreich, zu wissen, ob der Patient sein Medikament nimmt oder nicht. Ansonsten denkt man „der Wirkstoff wirkt nicht, aber es liegt nicht am Wirkstoff, sondern daran, dass der Patient das Medikament nicht nimmt“. Ist das korrekt zusammengefasst? Dr. Akgün: Genau. Es gibt solche Möglichkeiten das zu monitoren. Nicht für alle Therapien so einfach, aber für bestimmte Präparate schon. Nele: Das ist ja gut für die allgemeine Aussage zur Wirksamkeit von Medikamenten. Dr. Akgün: Genau, was sie gerade angesprochen haben. Gerade wenn eben doch eine Krankheitsaktivität da ist. Da sollte im Arzt-Patienten-Vertrauen, unter vier Augen, ehrlich zugegeben werden, ob man das Medikament nimmt oder nicht, weil am Ende macht der Patient die Therapie nicht für mich als Arzt, sondern für sich und da muss man die Karten auf den Tisch legen. Aber prinzipiell kann man so etwas durch solche Biomarker differenzieren. Wie bestimmen sie die Biomarker und was verraten ihnen die Ergebnisse? Dr. Akgün: Das ist sehr vielfältig. Der Klassiker ist das Blut, obwohl man sagen muss, das ist eine relativ einfach zu erhebende Substanz. Sie ist in gewissen Mengen verfügbar und es macht keine zusätzlichen Umstände „ein Röhrchen mehr abzunehmen“, wenn die Patienten ein Routinemonitoring kriegen wo Leberwerte, Nierenwerte, etc. überprüft werden. Das gehört ja häufig zum Standardsetting mit dazu. Und die neuen Biomarker ergänzen dabei die Diagnostik. Es ist einfach ein sehr gutes Spiel, denn im Blut ist es ein Kompartment, was auch ein Immunkompartment ist, insofern dort zirkulierende Immunzellen abgebildet werden, die ja auf Wanderschaft sind und im besten Fall schon zeigen, was im restlichen Organismus ist, also ein Spiegel ist. Alternativen zum Liquor? Was natürlich trotzdem noch intensiv verwendet wird, ist der Liquor, also das Nervenwasser. Gerade bei der Multiplen Sklerose spielt das in der Erstdiagnostik eine sehr, sehr wichtige Rolle und man würde sicherlich noch häufiger Liquor entnehmen. Es ist eine exzellente Substanz, um eine sehr gute Aussage zu treffen, was zerebral, also im Zentralnervensystem, vor sich geht. Aber das ist natürlich eine Maßnahme, die man sich jetzt nicht alle drei Monate gönnen möchte und daher muss man andere Möglichkeiten finden und diskutieren, wie man möglicherweise schon eine Aussage treffen kann, wie die Konstellation im Nervenwasser ist, aber weniger invasiv und weniger kompliziert zu entnehmen ist. Das Potenzial von Bioproben wie Urin und Stuhl Andere Parameter sind momentan auch viel in Diskussion oder andere Substanzen oder Bioproben. Urin ist relativ einfach zu gewinnen und hat viele Analyten, die eine gute Aussagekraft haben. Das ist auch sehr im Fokus im Moment, wie man das weiter nutzen und verwenden kann. Stuhlproben, das klingt jetzt etwas eigenartig, aber das ist ja auch hier schon im Podcast in Diskussion gewesen. Da Ernährung und Immunsystem eng zusammenhängen, wird sich vielleicht auch in Zukunft einiges tun, und man wird herausfinden, ob man darüber eine Aussage treffen kann hinsichtlich Biomarkern in solchen Proben. Das sind ein bisschen die Klassiker. Alles andere ist schon sehr speziell. Man kann natürlich auch Hirnbiopsien machen und solche Aspekte. Das ist aber sehr individuell. Da muss man sehr komplizierte Fragestellungen haben. Das gehört nicht zu unserem Routinegeschäft. Nele: Ja, das klingt auch nicht so schön. Ich gebe, glaube ich lieber Urin und Blut ab. Und Lumbalpunktion ist etwas, worum sich die meisten MS-Patienten nicht so reißen. Dr. Akgün: Richtig. Nele: Jetzt haben sie bereits angesprochen, dass es verschiedene experimentelle Verfahren und Methoden gibt, die sie nutzen. Wenn es dich, liebe Lesering, lieber Leser interessiert, schau gern auf der Webseite nach, dort sind alle gelistet. Man findet dort unter anderem Zellkultur, verschiedene Analysen und Zellsortierung. Wie komplex sind die Untersuchungsverfahren und -methoden? Braucht man spezielle Geräte dafür? Eine hohe Rechenleistung? Gut ausgebildete Fachkräfte? Viel Zeit oder alles in Kombination? Dr. Akgün: Alles in Kombination trifft es ganz gut. Wir haben verschiedene Projekte oder auch Analysestufen im Labor, die zu unserem Forschungsauftrag gehören. Grundlagenforschung Manchmal sind die Analysetechniken noch sehr basal. Alles wird mit der Hand zusammenpipettiert, Zellen unter dem Mikroskop einzeln ausgezählt. Das ist die Essay-Entwicklung, die ersten Schritte. In dem Stadium wird viel probiert. „Wie muss ich die Konzentration zusammenstellen?“, etc. Da wird z. B. auch viel über Zellkultur gemacht. Das ist aber eine gute Möglichkeit, um sich an Biomarkermessungen heranzutasten. Vollautomatisierte Verfahren Dann gibt es bei uns auch im Labor vollautomatisierte Geräte. Dafür nehme ich die Probe des Patienten. Die wird auf das Gerät gestellt und nach vier Stunden gehe ich wieder ans Gerät und habe einen Messwert, eine Ausgabe mit einem Referenzbereich und das sind schon die Analyten, die sehr an diesem Routinesetting sind. Analysen im Zwischenstadium Außerdem haben wir viele Projekte, die sich genau in der Mitte befinden. Meist läuft das über eine unserer vielen Kooperationen. Ich denke da gerade an die Zellmechanik. Das ist eine Messtechnik, die zellmechanische Eigenschaften von Immunzellen beurteilen kann und die wir in Kooperation versuchen zu hinterfragen „wie nützt uns diese Messtechnik speziell bei unseren MS-Patienten, als Diagnosemöglichkeit oder als Therapiemonitoring?“ Da haben wir schon viel Erfahrung und das sind auch Prozedere, die automatisierter werden. Deshalb muss man ein bisschen differenzieren, was wir für ein Labor sind, weil es ja viele Arten von Laboren gibt. Diese Routinelabore, wo ich meine Serumprobe hinschicke und meine Leberenzyme und Nierenenzyme erhalte, sind vollautomatisiert. Das ist hoch qualitätsmangementgeprüft. So etwas sind wir nicht primär, sondern wir die Stufe davor, die an der Entwicklung beteiligt ist, um irgendwann Essays genau in dieses Routinesetting zu führen, und das ist notwendig, damit es irgendwann kosteneffektiv wird. Wenn Sie jemanden haben, der gut ausgebildet ist, dann aufwändige Geräte, die komplex auch in der Bedienung sind, das braucht Zeit, das braucht Equipment. Das ist teuer und für den Durchsatz, der ja heute auch Medizin bedeutet, eben noch nicht geeignet, aber wo die Reise hingeht für solche Biomarker. Zusammenfassung Biomarker Entwicklung Nele: Okay, also sie übersetzen quasi Forschung, schauen sich das ganz von Beginn an und skalieren es größer „inwieweit ist das machbar?“. Auf dem Weg fliegen ein paar Kandidaten raus, aber die übriggebliebenen werden irgendwann zur Routineuntersuchung. Uns diese finalen Biomarker kann ich dann bei einem normalen niedergelassenen Arzt erheben, der nicht an der Uniklinik sein muss. Dieser Arzt schickt meine Bioproben in ein Labor, wo sie analysiert werden und erhält eine gute Aussagekraft über meine Krankheit oder Aktivität der MS, oder? Dr. Akgün: Korrekt, ganz genau. Nele: Super. Jetzt würde mich noch das Thema Neurofilament-Leichtketten-Analyse interessieren, weil ich gelesen habe, dass es eine schöne Möglichkeit wäre, dass man irgendwann in Zukunft dann keine Lumbalpunktion mehr braucht. Erklären sie bitte die Neurofilament-Leichtketten Analyse genauer? Wo nehmen sie die Proben dafür? Dr. Akgün: Also wir n unserem Labor, aber auch in Dresden an sich, und diese Meinung teilen viele andere Kollegen weltweit, die sich mit diesem Parameter beschäftigen, sind der Meinung, dass das ein sehr sinnvolles Add-on ist im Monitoring der Patienten. Neurofilamente gehören zum Zytoskelett von Neuronen, die wir im Gehirn und im Rückenmark finden. Wenn diese Neuronen zerstört werden, werden die zytoskelettalen Produkte, also Neurofilamente, freigesetzt. Den Prozess kennt man schon viele Jahre. Man kann das z. B. im Liquor sehr gut messen, weil Patienten eben mit einer neuronalen Zerstörung sehr hohe Werte an diesen freigesetzten Neurofilamenten im Liquor haben. Das weiß man, das hat man auch oft schon diagnostisch gewählt, aber wie sie eben richtig gesagt haben, ist das ein Marker, der sich nicht dafür eignet, regelmäßig erhoben zu werden. Die Entnahme von Nervenwasser ist eine schwierige Konstellation. Neurofilamente zeigen an, wie aktiv die MS ist Bei der MS spielt es deshalb so eine interessante Rolle, weil wir heute wissen, dass dieser Schaden, der über die Neurofilamente angezeigt wird, ein Indiz dafür ist, wie aktiv die Erkrankung gerade ist. Wir können ja die Schübe mit dem Patienten differenzieren, diskutieren, ob da ein klinischer Schub da ist. Wir machen das MRT als Unterstützung, ob neue Läsionen aufgetreten sind, aber wir wissen, dass das seine Detektionsgrenze hat. Und wenn eben noch ein Minischaden da ist, den der Patient nicht einmal merkt, den das MRT auch nicht misst, dann können uns sehr wahrscheinlich die Neurofilamente an dem Punkt unterstützen und anzeigen z. B. „funktioniert die Therapie gut oder sogar richtig gut?“ Und das wollen wir ja eigentlich wissen. Was ist der ELISA? Wie funktioniert er? Die Neurofilamente sind deshalb jetzt wieder in den Fokus gerückt, weil es neue Techniken gibt, die minimalste Mengen an diesen Neurofilamenten messen können und das hat dazu geführt, dass man festgestellt hat „die Dinger sind ja auch im Blut vorhanden“. Die Konzentration ist zwar sehr, sehr viel geringer als im Nervenwasser, aber das korreliert eng. Ich muss sie halt dort nur messen können. Dafür hat man eine Technik genommen, den ELISA, den man auch im Nervenwasser anwendet. Man hat sozusagen Beats verwendet. Beats sind kleine Kügelchen, ähnlich Magnetkugeln – die haben an der Oberfläche einen Antikörper und dieser Antikörper kann das Neurofilament binden. Man kann dann dieses gebundene Neurofilament über Gegenfärbung und Fluoreszenzsignale sichtbar machen, das ist der ELISA. Das Problem beim ELISA ist aber oft, dass das Signal zu schwach ist. Diese Einzelbeats, also das Binden auf diese einzelnen Magnetkügelchen erlaubt, dass die Magnetkügelchen in einem Schritt vor der Messung aufgetrennt werden und das Gerät jedes einzelne Magnetkügelchen abscannt, ob es da ein kleines, gebundenes, gefärbtes Protein, also Neurofilament-Protein findet. Dadurch können sogar einzelne Proteine nachgewiesen werden. Einfach nur die Differenzierung einer seit Jahren etablierten Analysetechnik auf einzelne Magnetbeats, die dann selektiv abgearbeitet werden, erlaubt diese Messgrenze so immens sensitiv zu machen und man kann sozusagen einzelne Sandkörner in zehn Schwimmbecken nachweisen, so genau ist diese Technik. Das ist schon sehr fortgeschritten, sehr automatisiert und auch Durchsatzmedizin. Sprich, man kann viele Proben in kurzer Zeit damit analysieren und daher gibt es hier schon sehr viele, sehr gute Untersuchungen und wir wissen, dass das Neurofilament ein sehr guter Marker ist, um Krankheitsstabilität vs. -aktivität zu differenzieren. Potenziale der Neurofilament-Messung Da rückt dann natürlich in den Fokus, dass man sagt „Mensch, kann ich das nicht nutzen, um mir das Nervenwasser zu sparen und möglicherweise auch MRT?“, obwohl man vorsichtig sagen muss, dass das MRT uns natürlich noch ein bisschen mehr Auskunft gibt. Aber um mal eine Idee aufzuzeigen, wenn ich alle drei Monate zum Neurologen komme, meine Beschwerden berichte, könnte ich bei diesem Besuch meinen Neurofilamentwert mit untersuchen, genauso wie ich den neurologischen Status ermittle. Dann wüsste ich, die aktuelle Behandlung „passt oder passt halt nicht?“. Das ist etwas sehr Neues und sehr Spannendes, wo wir hoffen, dass wir das Patienten in der Zukunft sehr viel häufiger in der Routine anbieten können. Nele: Super. Denn viele MS-Patienten haben Angst vor der Lumbalpunktion. Und beim MRT ist es ähnlich, da brauchen manche Betroffene extra Beruhigungsmedikamente, für die Untersuchung. Und wenn diese Menschen vielleicht nur ins MRT müssen, wenn man sieht „hier gibt es eine stärkere Aktivität“, das wäre für viele eine große Erleichterung. Ich stelle mir das jetzt so vor, finde ich nur ein Korn im großen Wasserbecken, ist alles okay, aber wenn da ein kleines Häufchen Sand ist, bedeutet das leider viel Aktivität und dann muss etwas passieren in irgendeiner Art und Weise. Dr. Akgün: Ganz genau. Nele: Okay, super. Aber das finde ich ganz toll, schöne Sache. Blitzlichtrunde 1. Vervollständigen Sie den Satz: Für mich ist die Multiple Sklerose…? Dr. Akgün: …eine Erkrankung, die aktuell sehr im Fokus der Gesellschaft steht. Das finde ich super, weil es eine Erkrankung ist, die in den Fokus muss. Sie braucht eine extrem große Lobby und Leute, die fordern und wollen und Verbesserungen wollen für die Patienten, damit wir unsere Sache einfach auch besser machen, die, die in der Wissenschaft sind und die, die in der Versorgung sind. Nele: Ja, das ist auf jeden Fall auch meine Wahrnehmung. Da passiert gerade unglaublich viel und zum Glück auch im chronischen Bereich, der in den zurückliegenden Jahren nicht so im Fokus war und in den ja doch viele – zumindest von den älteren Patienten – rutschen bzw. gerutscht sind. Welche Internetseite können Sie zum Thema MS empfehlen? Dr. Akgün: Natürlich unsere Website. Ich glaube halt, dass der Dschungel der Websites oder wo man sich Inhalte runternehmen kann, groß ist. Es ist für Patienten manchmal schwierig zu differenzieren „welchen Informationen kann ich trauen und welche sind für mich als der Typ, der ich bin, wichtig und richtig?“. Wir machen daher die Patientenpodcasts und wollen aufklären. Auf der Webseite findet man den entsprechenden Link. Das ist das, was ich empfehlen kann, und ich finde solche Plattformen einfach toll, wie sie es jetzt haben, weil das echt ist, das ist real und da kann man sich austauschen und das sind verlässliche Informationen und das ist das, was die Patienten brauchen. Nele: Genau, wissenschaftlich fundiert. Ich kann den Patientenpodcast vom MS-Zentrum Dresden auch nur weiterempfehlen. In einer Folge lernt man auch ihr neuroimmunologisches Labor genauer kennen. Dr. Akgün: Also das, was ich gerade gesagt habe, haben wir in dem Patientenpodcast vom Labor mal ein bisschen visualisiert, weil man muss da drin sein. Wir machen das jeden Tag. Deshalb wissen wir, wovon wir reden, aber es ist auch für ärztliche Kollegen oft sehr abstrakt und das war die Idee in dem Podcast, dem Patienten das mal ein bisschen zu zeigen. Da kann man sich das auch nochmal genauer anschauen, wie das wirklich aussieht und was wir da machen. Das war die Idee von diesem Podcast. Nele: Die Folge muss ich mir in den nächsten Tagen unbedingt noch anschauen. Als Letztes habe ich den Schlafpodcast gesehen, der war auch ganz toll. Für dich da draußen, unbedingt einschalten. Man muss dafür nicht Patient am MS-Zentrum in Dresden sein. Solange du der deutschen Sprache mächtig bist, ist das eine sehr interessante Informationsquelle. Und die Folgen machen Spaß. Welchen Durchbruch wünschen sie sich für die Forschung und Behandlung der MS in den kommenden fünf Jahren? Dr. Akgün: Naja, was ich schon hoffe und da bin ich auch relativ optimistisch, ist, dass sich die individuelle Therapie durchsetzt. Davon bin ich ein Verfechter. Wir reden immer davon, dass MS die Erkrankung mit den tausend Gesichtern ist, was ja impliziert, dass die Patienten alle unterschiedlich sind. Und jeder, der reinkommt, ist unterschiedlich. Das ist er als Mensch und das ist seine Erkrankung auch. Und meine Hoffnung, und daher arbeiten wir auch so kräftig an solchen Sachen, ist, dass Biomarker dabei helfen können zu differenzieren „wen habe ich da vor mir? Was braucht er für eine Therapie? Warum wirkt die Therapie? Warum ist die andere vielleicht nicht so optimal für den Patienten und wie sieht das individuelle Monitoring aus?“. Also dass wir individueller werden, personalisierter und dafür brauchen wir ein paar mehr Werkzeuge, als wir sie heute haben. Aber da tut sich Gott sei Dank sehr, sehr viel. Nele Handwerker: Darauf freue ich mich auch. Das finde ich ganz spannend, was sich da gerade alles regt. An dich da draußen nochmal der Aufruf Wenn du gefragt wirst, an einer Studie teilzunehmen, bitte, bitte mach das. Nur so können Experten, wie Frau Dr. Akgün und alle anderen Forscherinnen und Forscher und Neurologen, uns zunehmend besser helfen. Ich nehme immer an allen Studien teil, lasse mir den Sinn und vorab immer von meinem behandelnden Neurologe, Professor Ziemssen, erklären. Und er erklärt die Studien auch immer super, sodass ich gerne teilnehme, da, wo ich helfen kann. Ich habe zum Glück die MS nicht so schlimm, insofern bin ich nicht für alles qualifiziert, aber ich finde Studien immer sinnvoll und wichtig. Natürlich werden dadurch auch Sackgassen herausgefunden, ganz klar, nicht alles führt zum Erfolg, aber so ist Forschung. Verabschiedung Möchten Sie den Hörerinnen und Hörern noch etwas mit auf dem Weg geben? Dr. Akgün: Ich mache ja auch Sprechstunden, und habe dabei viele Patienten kennengelernt und ich glaube, am Ende ist es wichtig, dass man merkt, und lernt und für sich interpretiert, wer man ist und wo man mit seiner Erkrankung hin will. Wir sind Experten und ich bin ein Verfechter der Schulmedizin, aber am Ende sind das alles Beratungen. Man will den Patienten etwas an die Hand geben, aber man muss sich selbst treu bleiben und ich glaube, das ist das Wichtige. Und dass man objektiven Empfehlungen erstmal zuhört. Was man daraus für sich selber mitnimmt, und dann entscheidet liegt in eigenen Ermessen. So muss man durch das Leben gehen, mit oder ohne Erkrankung. Wie kann man am besten über die Forschung und Ergebnisse des neuroimmunologischen Labors an der Uniklinik Dresden informiert bleiben? Dr. Akgün: Auf der Website vom Zentrum für klinische Neurowissenschaften sind wir als Labor mit verlinkt. Wir werden das jetzt auch etwas aktueller halten. Das ist sozusagen ein Ziel, damit wir das für die Patienten sichtbarer machen, sonst ist es ja immer sehr im Forschungssetting. Wenn man sich da nicht bewegt, bekommt man es sonst nicht mit. Das zum einen und über Podcasts bzw. Patientenveranstaltungen – und das wäre über den Newsletter. Dort geben wir unsere Updates heraus. So wollen wir für die Patienten verständlich vermitteln „was ist jetzt neu? Was ist für mich als Patient relevant von diesen eher wissenschaftlich angehauchten Sachen?“ Und das in regelmäßigen Abständen. Nele: Ein ganz herzliches Dankeschön, Dr. Akgün! Weiter ganz viel Erfolg für sie, ihr Team und natürlich auch die ganzen Teams weltweit, die am Thema Neuroimmunologie arbeiten. Das ist ja auch etwas Schönes, zusammen findet man mehr raus. Dann ihnen eine gute Zeit und viele Grüße nach Dresden. Dr. Akgün: Lieben Dank, Grüße zurück. Bis bald. Tschüss. Nachwort Wie gesagt, mich plagt die MS zum Glück nicht so sehr, toi, toi, toi und mein Medikament wirkt von Anfang an, aber vielleicht ist es bei dir anders, du hast schon mehrere Therapien durch und es wäre ja total schön, wenn man in Zukunft wirklich von Anfang an sehen kann „du bist Typ X“ und man kann dir mit der „Therapie Beta“, helfen. Die wird bei dir anschlagen und zum Erfolg führen und man kann das auch messen, wie gut sie zum Erfolg führt und was man noch anderes machen muss, damit man die MS wirklich so zeitig wie möglich, so gut wie es geht aufhalten, am besten auf Pause-Modus setzen kann und das bis zum Lebensende. Das wäre doch das Schönste. Und vielleicht gehörst du da draußen auch zu den Menschen, die Angst vor MRT-Untersuchungen haben. Dann wäre es natürlich wunderbar, da nur rein zu müssen, wenn es nötig ist. Mich stört das nicht. Ich hatte das nur einmal, da war ich gerade in einer ängstlichen Phase. Ansonsten bin ich psychisch gut gewappnet und gehe ohne Probleme ins MRT. Es ist halt laut, aber ansonsten stört es mich nicht. Da ist ganz viel Tolles im Fluss und nochmal zur Wiederholung die Aufforderung: Wenn es Studien gibt, die dir nicht weh tun, beim Blutabnehmen ist es vielleicht ein kurzer Piks, aber im übertragenen Sinne, dann nimm bitte daran teil. Das hilft dir selber und uns allen. Studien sind sehr wichtig, sie ermöglichen neue Erkenntnisse. Ankündigung Folge 111 Beim nächsten Mal, interviewe ich MS-Patientin Melanie, die bei Instagram auch als @melsworldinpictures“ zu finden ist. Sie wird mir Rede und Antwort stehen zu ihrem Leben mit MS. Bei Melanie spielt die Psyche ein ganz großes Thema, und wirkt sich stark auf ihre MS aus. Ein spannendes Interview mit einer ganz tollen Frau. Einschalten lohnt sich. ++++++++++++++++++++ In diesem Sinne wünsche ich dir alles Gute und komm gesund durch die Erkältungszeit. Tschüss, Nele Mehr Informationen rund um das Thema MS erhältst du in meinem kostenlosen MS-Letter.
Forscher wollen Zellkulturen auf die ISS schicken, um das Leben in Schwerelosigkeit zu erkunden. Bevor die Experimente ins All reisen, müssen sie in einem engen Zeitfenster präpariert werden. Die Generalprobe findet in einem Frankfurter Labor statt.
Krankheiten wie AIDS heilen, indem man das betreffende Gen einfach ausschaltet: CRISPR/Cas gilt als großer Hoffnungsträger der Forschung. Selbst gegen die Vermehrung des Coronavirus hat die Gen-Schere in der Zellkultur schon Erfolge vorzuweisen. Ihr großer Vorteil: Vereinfacht gesagt ahmt sie die Natur nach - gelenkte Evolution. Und der Protein-Bausatz ist nur wenige Klicks entfernt: Schon Studierende können das Instrument erproben, per Datenbank-Bestellung im Internet. Doch wie treffsicher ist die Gen-Schere bisher? Hat der Eingriff eines chinesischen Forschers in die Keimbahn von Zwillingen 2018 eine gefährliche Tür aufgestoßen? Wissenschaftsjournalistin Daniela Remus erklärt im Gespräch mit Host Lucie Kluth, warum Genome Editing sie so fasziniert, dass die Büchse der Pandora trotzdem eine richtige Assoziation ist - und weshalb die somatische Medizin mit CRISPR/Cas noch einen weiten Weg vor sich hat.
Krankheiten wie AIDS heilen, indem man das betreffende Gen einfach ausschaltet: CRISPR/Cas gilt als großer Hoffnungsträger der Forschung. Selbst gegen die Vermehrung des Coronavirus hat die Gen-Schere in der Zellkultur schon Erfolge vorzuweisen. Ihr großer Vorteil: Vereinfacht gesagt ahmt sie die Natur nach - gelenkte Evolution. Und der Protein-Bausatz ist nur wenige Klicks entfernt: Schon Studierende können das Instrument erproben, per Datenbank-Bestellung im Internet. Doch wie treffsicher ist die Gen-Schere bisher? Hat der Eingriff eines chinesischen Forschers in die Keimbahn von Zwillingen 2018 eine gefährliche Tür aufgestoßen? Wissenschaftsjournalistin Daniela Remus erklärt im Gespräch mit Host Lucie Kluth, warum Genome Editing sie so fasziniert, dass die Büchse der Pandora trotzdem eine richtige Assoziation ist - und weshalb die somatische Medizin mit CRISPR/Cas noch einen weiten Weg vor sich hat.
Schon mal Insekten-Nudeln probiert? Wirtschaftsreporter Stefan Schulte und Podcast-Redakteurin Theresa Langwald auch nicht. Dabei war Fabio Ziemßen, der Innovationsmanager im Bereich Food-Startups bei NX-Food - einer Tochter des Großhändlers Metro - lange Zeit der Meinung, dass der Lebensmitteltrend Insekten-Proteine angenommen wird. Aber der klassische deutsche Kunde war noch nicht so weit, so Ziemßen in unserem Live-Podcast vom ruhrSummit in der Bochumer Jahrhunderthalle am Dienstag, 29. Juni. Welche anderen Trends in der Ernährungsindustrie sieht er? Ziemßen gibt daraufhin einen Ausblick ins Ausland, wo bereits mit Cellular Agriculture gearbeitet wird, also zellularer Fleischproduktion, die nicht mehr an die klassische Landwirtschaft gebunden ist. Außerdem würden Ziemßen und sein Team bereits in Richtung pilzbasierte Lösungen und Fermentationstechnologien schielen. Wir dürfen gespannt sein. _+++ Fragen, Themenwünsche, Anregungen zum Podcast? Schreiben Sie uns gerne eine Mail an wirtschaftsreporter@funkemedien.de +++_ Ein Podcast der **Westdeutschen Allgemeinen Zeitung** - [WAZ](https://www.waz.de/) „Die Wirtschaftsreporter“, das sind Stefan Schulte, Ulf Meinke und Frank Meßing aus dem Wirtschaftsressort der WAZ. Mehr Wirtschaftsnachrichten aus NRW gibt es auf [www.waz.de/wirtschaft](https://waz.de/wirtschaft). Moderation und Redaktion: Theresa Langwald und Stefan Schulte; Produktion: Tobias Bitter
In Ausgabe 1 des Science Busters Podcasts besprechen Kabarettist Martin Puntigam und der Molekularbiologe Martin Moder was T-Zellen besser können als Antikörper. Und wie man sich selber als Sonntagsbraten verspeisen kann. Außerdem: Danke an die Schimpansen für die vielen Viren.
Nur 5 Jahre nachdem der Nobelpreis für Chemie an Wissenschaftler ging, die DNA-Reparatur erforschen, wurde er dieses Jahr an zwei Wissenschaftlerinnen verliehen, deren Entdeckung genau das Gegenteil macht: DNA zerschneiden. Im CRISPR/Cas-System ist die sogenannte “Gen-Schere” Cas9 das Enzym, welches in Kombination mit einer sehr genauen Positionsangabe zielgerichtet DNA an einer bestimmten Stelle schneidet. Damit schützen sich Bakterien vor einer Infektion mit bakterienspezifischen Viren (Bakteriophagen). Die “Positionsangabe” wird in der Bakterien DNA im sogenannten CRISPR-Locus gespeichert. CRISPR steht für “Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats” und bezeichnet kurze DNA-Basenpalindrome, zwischen denen nichtfunktionale Abschnitte der Phagen-DNA gespeichert werden. Diese Abschnitte sind im Endeffekt dafür verantwortlich, dass Cas9 Phagen-DNA als solche erkennt und spezifisch zerschneidet. Die Entdeckung dieses Systems war nicht weniger als eine Revolution für die Gentechnik, denn diese bakterielle Immunabwehr lässt sich leicht mit schon vorhandenen gentechnischen Methoden aus Bakterien extrahieren und auf Pflanzen und Tiere (inklusive der Menschen) übertragen. Es ist damit nicht nur möglich bestimmte Gene auszuschalten, sondern kleinste Veränderungen einzubringen. Damit ergeben sich neue Chancen für Patienten mit bisher unheilbaren genetische Erkrankungen, Pflanzen und Tiere an veränderte Umweltbedingungen anzupassen oder andere Eigenschaften zu verändern. Bis 2018 wurde die Methode auch hauptsächlich dafür verwendet. Dann machte ein chinesischer Wissenschaftler Schlagzeilen damit, 2 Babys ohne Wissen und Einwilligung der Eltern genetisch verändert zu haben. Mittlerweile soll wohl noch ein weiteres Kind dazugekommen sein. Genauere Informationen sind nicht zugänglich was diese Kinder angeht. Empfohlen wird die Anwendung der Methode beim Menschen (noch) nicht, da nicht abschließend geklärt ist, welche Begleitfolgen sie haben kann. Abschließend lässt sich sagen, dass der einzige Grund für die “späte” Verleihung des Nobelpreises war, dass seitdem es die Methode gibt ein Patentstreit den Großteil der Zeit dominiert. Neben der genauen Folgeabschätzung bei der technischen Anwendung, sind auch ethische Implikationen bisher nur ansatzweise in Abklärung. Feststeht, dass die Methode aus der molekularen Genetik nicht mehr wegzudenken ist. In der Bio-Frage geht es darum, ob die durch das Crispr/Cas-System verursachten Veränderungen auch gentechnisch nachweisbar sind. Den Blogbeitrag zur Folge findet ihr hier: http://zellmedien.de/?post_type=podcast&p=541 Unseren Podcast könnt ihr hier unterstützen: https://www.paypal.me/ZellKultur
Blogbeitrag zur Sendung mit allen Links: https://zellmedien.de/podcast/zk026---impfen-fahndungsbilder-fur-die-korperpolizei/ Unterstützen: https://www.paypal.me/ZellKultur Impfen ist ein komplexes Thema und entlockt vielleicht vielen nur noch Schnarchgeräusche, aber kriegt man deswegen von Schweinegrippeimpfung Narcolepsie (Biofrage)? Gerüchte um die Nebenwirkungen von Impfen ließen sich bisher nicht bestätigen. Zumindest Autismus als Impffolge kann mittlerweile gesichert ausgeschlossen werden. Es sei denn man glaubt den Marketingtricks des Ex-Doktors und Scharlatans Wakefield. "Erfunden" wurde das Impfen in China. In Europa hat Edward Jenner diese Prozedur bekannt gemacht, nachdem ihm eine Milchmagd mit Kuhpocken alles erklärt hatte. Die allererste Krankheit gegen die man damit vorging waren dann auch die Pocken, wogegen man erfolgreich mit Kuhpocken "impfte". Daraus leitete sich auch der Name Vakzination für die Prozedur ab, denn vacca ist im Lateinischen die Kuh. Doch wie funktioniert "impfen"? Bei den Pocken z.B. nutzte man die Verwandschaft und damit die Ähnlichkeit des Pockenvirus Orthopoxvirus variolae mit dem Kuhpockenvirus Orthopoxvirus bovis. Denn dringt ein Erreger in den Körper ein, reagiert das Immunsystem und bildet spezifische Antikörper gegen die Oberflächenstrukturen des Erregers. Die Antikörper markieren den Erreger oder befallene Zellen für die Zellen des Immunsystems. Der Erreger wird ausgeschaltet und kann sich nicht mehr vermehren. Das Immunsystem bildet sogenannte "Gedächtniszellen", die einen Steckbrief des Erregers mit sich herumtragen. Befällt ein Krankheitserreger den Körper ein weiteres Mal, wird er schnell erkannt und die spezifische Immunantwort erfolgt sehr viel schneller. Die Krankheit verläuft milder oder bricht gar nicht es aus. Das ist die aktive Immunisierung, bei der ein meist lebenslanger Krankheitsschutz aufgebaut wird, gelegentlich ist allerdings eine Auffrischung notwendig. Im Gegensatz dazu stehen passive Immunisierungen, in der Antikörper, die aus dem Serum von Tieren oder Patienten, welche die Krankheit durchlaufen haben, gewonnen werden kranken Menschen zugeführt wird um Symptome zu mildern oder zu verhindern, dass die Krankheit im Körper Fuß fasst. Diese Methode wird z.B. bei Tollwut eingesetzt. Die Auffrischung wird vor allem bei Tetanus, Diphterie und Pertussis (Keuchhusten) vergessen (alle 10 Jahre). Daher erfolgt bei Menschen mit Verletzungen in der Notaufnahme oft prophylaktisch eine Auffrischungsimpfung gegen Tetanus. Tetanus ist der Wundstarrkrampf, der zu so starken Muskelkrämpfen führt, das Menschen damit ihr eigenes Rückgrat brechen können. Diptherie ist auch bekannt als der "Würgeengel der Kinder", weil sie zu zu lebensgefährlichen Erstickungsanfällen führt. Durch die Impfung ist sie in Deutschland selten geworden, in Osteuropa tritt sie noch gehäuft auf. Keuchhusten ist vor allem für Säuglinge lebensbedrohlich, sie werden meist von Jugendlichen und jungen Erwachsenen angesteckt, deren Impfschutz nicht aufgefrischt wurde. Für die aktive Immunisierung nutzt man verschiedene Impfstoffe: Lebendimpfstoffe, also abgeschwächte Erreger, die sich zwar noch vermehren können, aber nicht mehr pathogen sind oder Totimpfstoffe, in denen abgetötete Erreger oder nur noch Teile davon enthalten sind. Für die Herstellung werden immer noch Hühnereier bevorzugt, auch wenn alternativ mittlerweile auch schon zur Zellkultur o.ä. gegriffen wird. Auch bei der Neuentwicklung des Sars-CoV-2-Impfstoffes verfolgt man verschiedene dieser Herangehensweisen. Da auch hier viele Impfdosen in kurzer Zeit benötigt werden, wird man sicher auf Wirkverstärker zurückgreifen. Für die Neuentwicklung eines Impfstoffs ist in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut zuständig, grundsätzlich kann man allerdings festhalten, dass dieser die gleichen Phasen der Medikamententestung durchlaufen muss wie andere Arzneimittel auch. Die Information gegen welche Erreger eine Impfung empfohlen wird, findet sich beim Robert-Koch-Institut. Generell finden sich in dieser Liste viele sogenannte “Kinderkrankheiten” wie z.B. Windpocken, Keuchhusten oder Masern. Allerdings gibt es auch Krankheiten, die üblicherweise nicht in Deutschland anzutreffen sind und weshalb nur bei Reisen in bestimmte Gebiete entsprechende Impfungen verabreicht werden. Oder man nutzt Impfungen, um bei Ausbrüchen gefährlicher Erreger wie z.B. dem Ebolavirus durch sogenannte “Ringvakzinierungen” die Ausbreitung unter Kontrolle zu bekommen. In Risikogebieten ist eine Impfung gegen das durch Zecken übertragene FSME-Virus sinnvoll. In Afrika konnte der Wildtypstamm des Poliovirus mittels Impfung ausgerottet werden. Ein weiterer Beweis für die Sinnhaftigkeit von Impfungen. Polio ist auch als Kinderlähmung bekannt, die Ende des letzten Jahrtausends bei vielen Kindern zum Tod oder zu Lähmungserscheinungen führte. Manche Kinder waren so stark gelähmt, dass sie nicht mehr selbstständig atmen konnten. (Info: Diese Meldung erfolgte nach der Aufnahme unseres Podcasts.) Entegegen unserer Behauptung im Podcast sind einige eiserne Lungen, die Polio-Überlebende oft zum Atmen brauchen, noch in Gebrauch. Sie erlebten 2020 sogar Aufwind durch COVID19. Es ist jedoch wirklich so, dass eine Frau tragischerweise in ihrer eisernen Lunge bei einem Stromausfall starb. Vor unserer Folge hatten wir komplett unrepräsentativ nach eurem Impfverhalten gefragt. Hier findet ihr die Twitterumfrage. Wenn euch die Folge gefallen hat, werft uns doch via Paypal ein paar Groschen in den Hut. 😉 Oder schreibt unserem Podcast eine Bewertung auf iTunes, Spotify oder anderen Podcastportalen.
Auch wir in der Zellkultur sind nicht frei von Gefühlen und angesichts gewisser Vorschläge eines Nichtwissenschaftlers ohne medizinische Ausbildung kochte da eine nicht geringe Verärgerung hoch. Und da wir immer noch nicht die Weltherrschaft erreicht haben, konnten wir diesen nur in Form eines Rantes freien Lauf lassen. Denn der Vorschlag doch Varianten der Desinfektion, die für Außenflächen und Material gedacht sind (https://www.tagesschau.de/ausland/trump-coronavirus-therapievorschlaege-101.html) auf das Innere von Patienten zu übertragen ist nicht nur unsinnig sondern aus dem falschen Mund geäußert auch noch hochgefährlich und eh schon überlastete Notaufnahmen können jetzt nicht noch mehr Arbeit gebrauchen. UV-Strahlung zur Desinfektion von Oberflächen und Materialien einzusetzen, ist in der tatsächlichen Zellkultur üblich (https://www.laborjournal.de/rubric/methoden/methoden/v12.php). Allen anderen sind UV-Strahlen eher als etwas bekannt, was in erster Linie Sonnenbrand und später sogar Hautkrebs verursacht, was daran liegt, dass diese hochenergiereiche Strahlung DNA-Schäden hervorrufen kann (https://de.wikipedia.org/wiki/DNA-Schaden#Photocyclisierung). Eine andere Möglichkeit, Oberflächen von Viren, Bakterien usw zu befreien, sind Desinfektionsmittel. Desinfektionsmittel gegen Sars-CoV2 enthalten als Hauptbestandteile Alkohol, Detergenzien und Wasserstoffperoxid, Chlorbleiche oder ähnliche Substanzen, die eine Ätzwirkung haben (https://www.epa.gov/pesticide-registration/list-n-disinfectants-use-against-sars-cov-2). Auch wenn einige sich gelegentlich höherprozentigen Alkohol in den Rachenraum kippen, zur innerlichen Virusbekämpfung ist das ungeeignet. Außerdem enthalten Desinfektionsmittel (https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/03/19/keine-gefahr-desinfektionsmittel-explodieren-nicht) eher vergällten Alkohol, der nicht der Branntweinsteuer unterliegt und somit billiger ist UND nicht zum Trinken geeignet. Auch die Injektion oder sonstige innerliche Anwendung von Bleiche (https://www.chemie-schule.de/KnowHow/Bleichmittel) ist nicht zu empfehlen, auch wenn das in Form von MMS schon gemacht wird.
Zwei Biologinnen reden über das neue Coronavirus, SARS-CoV2. Wieso hilft Seife gegen Viren? Wieso machen Viren eigentlich krank? Ab wann kann man testen? Wie funktioniert der Test? Und warum kaufen alle Klopapier? Okay, letzteres stellt uns auch vor Rätsel. Aber für den Rest haben wir Antworten! Und zwar frisch aus der ZellKultur! Aber wenn euch diese Folge gefällt, dann teilt sie doch. Wissen hilft und beruhigt!
2013 ist der erste In-vitro-Burger zubereitet und gegessen worden. Hergestellt aus Fleisch, das im Labor erzeugt wurde, basierend auf einer zuvor in Zellkultur herangezüchteten Tierzelle.
Er könnte einer der Wissenschafts-Shooting-Stars des Jahres werden: Martin Moder, Buchautor und Molekular-Biologe, ist mit Österreichs bekanntester Wissenschafts-Kabarettgruppe, den Science Busters, unterwegs. In der neuen Show dreht sich alles um die erfolgreiche Fantasy-Serie "Game of Thrones". Moder im Talk über seine spannenden Projekte. Als Buchautor ist Martin Moder mit dem Werk "Treffen sich zwei Moleküle im Labor" (Ecowin-Verlag) erfolgreich. Eines der spannenden Themen darin: Was passiert in unserem Körper an chemischen Prozessen, wenn wir uns verlieben? Moder: "Wenn man mal akzeptiert, dass wir ein Produkt sind, dann muss man sagen, dass unsere Erfahrungen und Gefühle auch zurückzuführen sind auf genetische und physikalische Faktoren. Das macht es aber nicht weniger großartig. Es riecht eine Blume nicht weniger gut, nur weil ich weiß, dass sie Blumen anlocken will und dass das letztlich Chemikalien sind. Es macht wahnsinnig viel aus, wenn man versteht, was diesen Dingen zugrunde liegt. Das Gefühl der Liebe, der Anziehung ist etwas, was für uns real ist. Insofern kann keine wissenschaftliche Erkenntnis die Magie rauben." Über ein anderes spannendes und kontrovers diskutiertes Thema, nämlich die Gentechnik in der Lebensmittelproduktion und die künstliche Fleischproduktion aus der Zellkultur, spricht Moder in der Sendung. "Da ist die Frage: ,Wollen wir es?'" Beispiel: Die Züchtung von Hühnern. Moder: "Da kann man sich die Frage stellen, ob es nicht sinnvoller wäre, anstatt ganze Hühner zu züchten nur das Stück Fleisch zu züchten, dass ich eigentlich haben will. Ohne Kopf, ohne Füße, ohne Federn." Außerdem in der Sendung: Folge 2 der "ForscherInnen-WG" mit dem großen Love-Check. Diesmal gehen Studierende, die in einer WG leben, ihrem Liebesleben auf die Spur ... Credit: Pixabay / Public Domain
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 19/19
mTOR-Inhibitoren (Synonym: Rapamycin) sind Wirkstoffe, die sowohl in der Immunsuppression als auch in der antiproliferativen Therapie systemisch und lokal Verwendung finden. In Vorversuchen unserer Arbeitsgruppe mit Zellkulturen zeigte sich schnell ein großes Adsorptionspotential von Rapamycin – beziehungsweise von dessen Derivat Everolimus – an die Oberflächen von Zellkulturflaschen. Diese Adsorption hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: dem Proteingehalt des Mediums und der spezifischen Oberfläche der Zellkulturflaschen. Um dies zu zeigen, wurden verschiedene gebräuchliche Zellkulturflaschen (Nunclon, Ultra-low-attachment, Weichglas, unbehandelte Polystyren-Oberflächen und Polystyren Oberflächen beschichtet mit Collagen 1 beziehungsweise Poly-D-Lysin) sowie Duranglas-Petrischalen ausgewählt. Die Oberflächen der Zellkulturflaschen wurden eine Stunde mit Medium mit einer definierten Menge an Everolimus bedeckt, gespült und wiederum eine Stunde mit DMSO bedeckt. DMSO löst die Substanz wieder von der Oberfläche ab. Die Everolimuskonzentrationen im Medium nach einer Stunde und in der DMSO-Lösung wurden mittels LC-MS/MS bestimmt. Es zeigte sich signifikante Adsorption von Everolimus in absteigender Reihenfolge: Ultra-low-attachment > Unbehandeltes Polystyren > Collagen 1 > Nunclon > Poly-D Lysin > Weichglas > Duranglas (bei 10% FCS in Medium) und Ultra-low-attachment > Unbehandelt > Collagen 1 > Weichglas > Poly-D-Lysin > Duranglas (bei 30% FCS in Medium). Im Folgeversuch wurden vier der Zellkulturflaschen ausgewählt (Nunclon, Unbehandelt, Collagen 1, Duranglas-Petrischalen) und untersucht, ob die reine Adsorption von Everolimus an die Oberfläche ohne Everolimus im Medium negative Effekte auf das Zellwachstum hat. Dies konnte bei drei Zelllinien (293T, VSMC, HUVEC) mittels Zellzählung demonstriert werden. Bei allen drei Zelllinien wurden p-p70s6K- Western Blots durchgeführt. Die p-p70s6K ist ein downstream gelegenes Phosphorylierungsprodukt von mTOR, welches wiederum von Rapamycin/ Everolimus gehemmt wird. Teilweise zeigte sich hier eine absteigende Phosphorylierung. Bei HUVEC- Zellen wurde zusätzlich die Expression von VEGF und p-p70s6K mittels ELISA untersucht. VEGF ist ein Faktor, der Wachstumssignale spezifisch an Gefäß- Endothelzellen vermittelt. Hier konnte entgegen der Erwartungen sogar eine Zunahme der Expression mit steigender Everolimuskonzentration gemessen werden. Neuere Studien legen jedoch nahe, dass VEGF nicht ausschließlich über TOR aktiviert wird. Bei p-p70s6K zeigte sich die erwartete Abnahme der Expression. Die Versuche weisen auf eine signifikante Beeinflussung des Zellwachstums durch Everolimusadsorption an Oberflächen hin. Inwiefern sich Adsorption bei Zellversuchen mit Everolimus in Lösung auswirkt, ist noch unklar. Eine Minderung der Everolimuswirkung wäre denkbar. Um die Oberflächenadsorption bei Versuchen mit Everolimus möglichst gering zu halten, empfiehlt unsere Arbeitsgruppe anhand der Versuchsergebnisse die Kultivierung auf wenig absorbierenden Oberflächen wie Duranglas beziehungsweise die Erhöhung der FCS-Konzentration in Lösung, soweit von den Zellen toleriert.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 07/07
Die epitheliotropen Parapockenviren sind Mitglieder der Familie Poxviridae und treten ubiquitär in der Wiederkäuerpopulation auf. Sie verursachen kontagiöse, pustulöse Haut und Schleimhautläsionen, die meist auf den Bereich des Kopfes oder des Euters beschränkt sind (Lokalinfektion). Die Erkrankung verläuft unter Ausprägung milder bis schwerwiegender Symptome und ist i. d. R. durch eine hohe Morbidität, aber geringe Mortalität gekennzeichnet. Derzeit existieren vier in das Genus eingeordnete Virusspezies: ORFV (Schaf und Ziege), PCPV und BPSV (Rind), sowie PVNZ (neuseeländisches Rotwild). Mit Ausnahme von PVNZ konnte eine Übertragung aller Parapockenviren auf den Menschen nachgewiesen werden (Zoonoseerreger). Die Infektion des Menschen führt zum Auftreten lokal begrenzter Hautläsionen, die historisch bedingt als „Melkerknoten“ bezeichnet werden. Nach erfolgter Parapocken Diagnose werden Humaninfektionen unter Vernachlässigung der virusübertragenden Wirtstierspezies meist lapidar als erworbene Tierpocken oder pauschal als PCPV bezeichnet. In der vorliegenden Arbeit wurde eine einzigartige Kollektion von 21 historischen und aktuellen Parapockenvirus Zellkultur Isolaten von Mensch und Tier (sowie zwei Parapockenvirus DNA Proben aus Schottland) untersucht. Dabei kamen zwei selbstentwickelte diskriminierende PCR Protokolle zur Anwendung, die einen sicheren Nachweis der Parapockenviren erlauben. Die phylogenetische Analyse der DNA Fragmente aus den PCR Ergebnissen ermöglicht die Zuordnung zu einer der etablierten Virusspezies sowie die Rückverfolgung humaner Parapockenvirus Isolate zum animalen Ursprungswirt. Überdies wurden die DNA Genome dreier Virusisolate mittels NGS sequenziert. Um genomische Veränderungen durch in vitro Einflüsse auszuschließen, wurde die Anzahl der Zellkulturpassagen strikt niedrig gehalten. Die sequenzierten Virusgenome offenbarten Parapockenvirus typische Eigenschaften: eine Größe von rund 140 kbp, einen hohen GC Gehalt von 64-65 %, das Vorhandensein eines Sets aus 88 Genen, die innerhalb der Subfamilie Chordopoxvirinae konserviert sind, sowie weiterer 12 Parapockenvirus spezifischer Gene. Die vergleichende Analyse der Genomsequenzen eines korrespondierenden ORFV Paares von Schaf (B015) und Mensch (B029) konnte zeigen, dass das Virus auch nach einer Übertragung auf eine neue Wirtsspezies seine genetische Integrität zu nahezu 100 % bewahrt. Das Auftreten der Parapockenvirusspezies PVNZ war lange Zeit auf Neuseeland beschränkt, obgleich eine weitere Verbreitung, insbesondere auch in Europa, für wahrscheinlich gehalten wurde. Im Rahmen eines Monitorings wurden 1764 Tonsillentupfer von Rotwild im bayerischen Alpenraum untersucht. In 14 (0,79 %) wurde die Präsenz von Parapockenvirus DNA mit einer real time PCR nachgewiesen. Aus einer Probe konnte erfolgreich ein Virus (HL953) in Zellkultur isoliert und seine DNA anschließend sequenziert werden, was in der ersten (nahezu) vollständigen Genomsequenz eines Parapockenvirus vom Rotwild resultierte. Tests auf klassische biologische Eigenschaften sowie die eingehende molekulare Charakterisierung des Virus mit phylogenetischer Analyse anhand von 125 Genen, ermöglichten seine Identifizierung als Vertreter einer eigenen Parapockenvirusspezies beim Rotwild in nächster Verwandtschaftsbeziehung zu PVNZ. Auffälligerweise war ca. ein Viertel aller HL953 ORFs größer als die entsprechenden ORFs in den verwendeten Parapockenvirus Referenzgenomen. Das Fehlen klinischer Symptome beim infizierten Rotwild deutet darauf hin, dass es persistierende, asymptomatische Infektionsverläufe gibt. Hieraus ergibt sich eine weitere potentielle Infektionsquelle für empfängliche Nutztiere und den Menschen.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 18/19
Gestationsdiabetes mellitus (GDM) ist eine erstmalig in der Schwangerschaft aufgetretene oder diagnostizierte Glukosetoleranzstörung, die 3-8% aller Schwangerschaften betrifft (Metzger et al. 1998). Pathophysiologisch besteht eine große Ähnlichkeit zwischen GDM und Diabetes mellitus Typ 2, die genauen Mechanismen sind aber noch nicht bekannt (Metzger et al. 2007). Die Diagnose eines GDM bringt für Mutter und Kind verschiedene akute und langfristige Komplikationen mit sich. Veränderungen in der Plazenta mit ihren wichtigen metabolischen, endokrinen und immunologischen Funktionen während der Schwangerschaft (Gätje et al. 2011; Gude et al. 2004), könnten dabei eine wichtige Rolle spielen. Ziel dieser Studie war es daher, Expressionsveränderungen verschiedener wichtiger Rezeptoren, darunter nicht-steroidale Kernrezeptoren, wie der Vitamin D-Rezeptor (VDR), Peroxisome proliferator-activated receptor-gamma (PPARγ) sowie die Estrogen-Rezeptoren α und β (ERα und β)und Human leukocyte antigen-G (HLA-G), in der Plazenta bei GDM zu untersuchen, um dadurch die pathophysiologischen Vorgänge in der Plazenta bei GDM besser verstehen zu können. Für diese Studie wurden die Plazenten von 40 Patientinnen mit GDM und von 40 gesunden Frauen verwendet. Beide Gruppen enthielten jeweils 20 Plazenten von männlichen Feten und 20 von weiblichen. Zunächst wurde die Expression der einzelnen Rezeptoren mittels immunhistochemischen Färbungen untersucht. Signifikante Unterschiede in der Expression einzelner Rezeptoren wurden mit Hilfe weiterer Methoden, wie Doppelimmunfluoreszenz, qRT-PCR, Zellkultur oder rt-MSP bestätigt. In unserer Studie konnten wir zeigen, dass bei GDM eine gesteigerte Expression von VDR vorliegt. Im Gegensatz zum VDR fanden wir eine Inhibition der PPARγ-Expression bei GDM. Mit Hilfe unserer in vitro-Versuche konnten wir zusätzlich die konzentrationsabhängige Regulation der Expression von VDR und PPARγ durch ihre Liganden belegen. Bei GDM lag weiterhin eine erhöhte Expression von ERα vor. Zudem konnten wir zeigen, dass der ERα-Promotor in GDM-Plazenten demethyliert vorliegt. GDM positive Plazenten wiesen zudem eine verminderte Expression von ERβ und HLA-G auf. Abschließend konnten wir für den VDR und ERβ geschlechtsspezifische Unterschiede in der Kontrollgruppe identifizieren: Die Plazenten männlicher Feten exprimierten mehr VDR bzw. ERβ als die der weiblichen. Die besonders ausgeprägten Expressionsveränderungen im EVT an der maternalen-fetalen Grenzzone könnten dafür sprechen, dass diese Teil der Regulation der Immunantwort und der Insulinresistenz in GDM-Plazenten sind. Weiterhin scheinen die Expressionsveränderungen einiger Rezeptoren eine Folge der bei GDM veränderten Konzentrationen bzw. Zusammensetzung der Liganden zu sein. Unsere Studie liefert wichtige Vorkenntnisse, um mit Hilfe klinischer Studien die allgemeinen Empfehlungen zur Nahrungszusammensetzung und Supplementation in der Schwangerschaft zu klären.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 07/07
Die Identifizierung unbekannter oder unvermuteter Viren in Probenmaterial stellt eine Herausforderung im Diagnostikalltag dar. Sequenzunabhängige molekulare Methoden können eine Ergänzung zu konventionellen Techniken bieten. Ziele dieser Arbeit waren die vergleichende Prüfung der sequence-independent single primer amplification (SISPA) und random-PCR als Vertreter sequenz-unabhängiger Methoden zum Nachweis doppelsträngiger DNA-Viren und die Evaluierung ihrer Tauglichkeit als universell einsetzbare, schnelle, einfache und kostengünstige Alternativen für die Routinediagnostik. Als Modell diente das Equine Herpesvirus-1 (EHV-1), das in verschiedenen Probenmaterialien in ab-steigender Konzentration bei ansteigendem Fremd-DNA-Gehalt vorlag. Durch Schritte zur physikalischen und enzymatischen Virusanreicherung, sequenz-unabhängigen Amplifikation in Kombination mit der konventionellen Sanger-Sequenzierung und einem Datenbankabgleich sollte EHV-1 wiedergefunden werden. Trotz variabler Inhibition durch Gewebebestandteile stellte sich die Enzymbehandlung unter Einsatz einer geeigneten DNase als effektive Methode zur Elimination von Fremd-DNA heraus. Die Protektion viraler Nukleinsäuren durch Viruskapsid bzw. -hülle, die die Voraussetzung für eine erfolgreiche Durch-führung darstellte, konnte in verschiedenen Materialien gezeigt werden. Weiterhin wurde ein gradueller Verlust an viraler DNA im Verlauf beider Methoden festgestellt, der eine hohe Viruslast im Ausgangsmaterial nötig macht. Sowohl die SISPA als auch die random-PCR führten zu einem vergleichbaren Erfolg beim Virusnachweis in Zellkulturüberstand, infizierten Zellen und Lebergewebe, was für ihre Anwendbarkeit in zellarmen wie auch in zellreichen Proben spricht. Der entscheidende Faktor für den Erfolg beider Methoden schien dabei vor allem die Viruslast zu sein. Ein hoher Zellgehalt in der Probe beeinflusste die Methodik hin-gegen offenbar weniger stark. Der nachgewiesene sequenzunabhängige Charakter stellte aufgrund einer damit einhergehenden erhöhten Kontaminationsanfälligkeit einen Schwachpunkt in der Methodik der random-PCR dar. In dieser Arbeit ist es gelungen, SISPA und random-PCR erfolgreich zum Nachweis doppelsträngiger DNA-Viren in Gewebe anzuwenden. Für die universelle Einsetzbarkeit zur Diagnostik unbekannter bzw. unvermuteter Viren sollten als nächstes geeignete Schritte der reversen Transkription und Zweitstrangsynthese erprobt werden.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 07/07
Hochpathogene Aviäre Influenzaviren (HPAIV) des Subtypes H5N1 zirkulieren seit den ersten Ausbrüchen vor mehr als 10 Jahren in Wirtschaftsgeflügel und Wildvögeln, vor allem in Asien und Afrika. Vakzinekampagnien mit ungeeigneten oder unwirksamen Impfstoffen sowie Transporte von infiziertem Geflügel, sowie Wildvogelzüge führten nicht nur zur Verbreitung der Viren, sondern auch zu Reassortierungen mit anderen zirkulierenden Influenzaviren und zur antigenetischen Drift. Bis heute ist kein Impfstoff verfügbar der ausreichenden und schnellen Schutz vor einer HPAIV H5N1 Infektion, sowie der Ausscheidung bietet, genauso wie eine einfache Applikation ermöglicht und sowohl im Säugetier, als auch Vogel einsetzbar ist. Im Falle eines Ausbruches wäre eine solche Vaccine das perfekte Werkzeug, um eine Pandemie zu verhindern. Die in dieser Dissertation vorgestellten Arbeiten zeigen die in-vitro und in-vivo Charakterisierung und einer Neuraminidase-negativen H5N1 Mutante, so wie den Einsatz als Impfstoffmodel zur Untersuchung der Frühimmunisierung. Ein hochpathogenes H5N1 Isolat des Stammes 2.1 (A/swan/Germany/R65/2006) wurde fünfzigmal im embryonierten Hühnerei passagiert. Den Passagen wurde bei jedem Durchgang polybasisches Hühnerserum mit Antikörper gegen H5 und N2 beigemischt, um einen selektiven Druck auf das Virus zu erzeugen. Die daraus resultierende Mutante zeigte überaschenderweise nicht die erwarteten Veränderungen und Anpassungen im Haemagglutinin, sondern Deletionen und „Segment-shuffling“ im Segment 6, welches für das Neuraminidaseprotein kodiert. Des Weiteren konnte keine Neuraminidaseaktivität mehr nachgewiesen werden. Die Deletionen führten zu Veränderungen im Wachstumsverhalten des Virus und der Pathogenität im Tier. So konnte hier gezeigt werden, dass die Mutante ohne Zugabe von externer Neuraminidase oder Adaptation des Haemagglutinins in Zellkultur und Ei hohe Infektionstiter erreichen kann. Im Vergleich zum Ursprungsvirus aber Wachstumsdefizite aufweist, die sich in kleineren Plaques und langsamerem Wachstum auf Zellkultur zeigen. Infektionsversuche im Huhn zeigten, dass das Virus weder Klinik auslöst, noch ausgeschieden oder übertragen wird, aber eine gute Immunantwort induziert. Hohe Antikörper konnten nur erreicht werden, wenn Hühner intramuskulär infiziert wurden, wohingegen eine Applikation über den oronasalen Weg nicht bei allen Tieren gelang. Die gute Immunantwort und Apathogenität des Virus machten es im weiteren Verlauf zu einem geeigneten Kandidaten für Frühimmunisierungsversuche im Säugetier- und Vogelmodell. So wurden Balb/C Mäuse, Frettchen und Hühner ein, drei und sieben Tage vor einer H5N1 Belastungsinfektion mit der H5N1 Mutante intramuskulär oder intranasal immunisiert. Dabei konnte ein 100% Schutz vor klinischen Symptomen und der Ausscheidung des Challenge-Virus nach nur 7 Tagen gezeigt werden. Darüber hinaus waren die Tiere vor Klinik bereits drei Tage nach der Immunisierung geschützt, wobei aber virale RNA in oronasalen Proben und auch den Organen nachgewiesen werden konnte. Die Neuraminidasedeletion der Mutante ermöglichte außerdem eine Unterscheidung von immunisierten zu infizierten Tieren, da erstere im ELISA NP- aber keine NA-Antikörper zeigten, wohingegen infizierte Tiere Antikörper gegen beide Proteine bildeten. In Zukunft könnten NA negative Influenzaviren zusätzlich oder als Alternative zu den gängigen stamping out Strategien eingesetzt werden. Dafür aber sind weiter Untersuchungen essentiell. Die hochpathogene Spaltstelle im HA von „EscEgg50A“ impliziert das Risiko mit zirkulierenden AI Stämmen zu reassortieren und ist daher für den Einsatz zum Beispiel in Zuchtherden ungeeignet. Darüber hinaus ist das Wissen über das NA Protein und seine Funktionsweise sehr lückenhaft und NA-negative Mutanten könnten für zukünftige Untersuchungen genutzt werden.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 16/19
Mesenchymale Stammzellen (MSCs) besitzen eine Vielzahl einzigartiger Eigenschaften, hierunter ihr Differenzierungs- und immunregulatorisches Potenzial, die sie sehr interessant für die biomedizinische Forschung machen. Ziel der vorliegenden Arbeit war es zu untersuchen, welche Mechanismen der immunmodulierenden Wirkung der MSCs zugrunde liegen. Zu diesem Zweck wurden mesenchymale Stammzellen aus dem Knochenmark von 5-16 Wochen alten Balb/c-Mäusen isoliert und in der Zellkultur expandiert. Das Oberflächenmarkerprofil der Zellen wurde durch Durchflusszytometrie (FACS) charakterisiert und die Expression potenziell immunsuppressiver Faktoren durch ELISA, Reverse Transkriptase-PCR beziehungsweise Western-Blot bestimmt. Für die Untersuchung der MSC-vermittelten Immunmodulation wurde ein Proliferationsassay etabliert, in dem Lymphozyten aus C57Bl/6-Mäusen durch das Mitogen ConA stimuliert und mit den murinen MSCs kokultiviert wurden. Durch die Zugabe spezifischer Inhibitoren gegen TGFβ, die Prostaglandin E2-Synthese (Indomethacin), den HGF-Rezeptor und den Adenosinrezeptor (SCH58261) wurde die Vermittlung der immunmodulierenden Effekte durch die MSCs untersucht. In der Studie konnte eine reine Population muriner MSCs mit charakteristischen Oberflächenmarkern (CD29, CD73, CD90, CD105, CD140b, Sca-1) expandiert werden, die in vitro starke immunsuppressive Effekte im Proliferationsassay aufwies. Die Untersuchungen potenzieller Effektormoleküle zeigten, dass bei den murinen MSCs TGFβ, HGF und das Enzym IDO keine entscheidende Rolle spielten und von den bekannten Mechanismen vor allem die Produktion von PGE2 die Lymphozytenproliferation hemmte. Als wichtigstes Ergebnis kann der Nachweis, dass die murinen MSCs die Ektonukleotidasen CD39 und CD73 koexprimieren, die extrazelluläres ATP über 5’-AMP in das extrem stark immunsuppressiv wirkende Adenosin konvertieren können, angesehen werden. Zusammenfassend wurde in der vorliegenden Arbeit erstmals die Expression von CD39 auf murinen MSCs beschrieben. Die Koexpression von CD39/CD73 auf den MSCs und die daraus folgende Produktion von Adenosin stellt einen neuen Ansatz dar, um die Funktion der MSCs besser zu verstehen. Die CD39+/CD73+-MSCs sind demnach eine vielversprechende Zellpopulation für die Behandlung von Autoimmunerkrankungen und für die Entwicklung neuer lokaler oder systemischer Therapien zur Toleranzinduktion nach Transplantation.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 15/19
Die Behandlung solider Tumoren beruht auf deren chirurgischen Resektion sowie häufig einer begleitenden Strahlentherapie und gegebenenfalls auch einer zusätzlichen systemischen Chemotherapie. Letztere wird eingesetzt, wenn bereits eine Fernmetastasierung vorliegt oder wenn von einem hohen Rezidivrisiko trotz Operation ausgegangen werden muss beziehungsweise der Tumor als nicht resektabel eingestuft wird (=neoadjuvante Chemotherapie). Limitierender Faktor der Chemotherapie ist die dosisabhängige Nebenwirkungsrate. Die Arbeitsgruppe Liposomen der KKG Hyperthermie (Leiter: PD Dr. med L.H. Lindner) beschäftigt sich mit dem Einschluss von Zytostatika in thermosensitive Liposomen. Es handelt sich dabei um Vesikel in einer Größe von 100 bis 200 nm mit einer Phospholipidaußenmembran, die ihren Inhalt durch Erwärmung auf Temperaturen von 40°C bis 42°C freisetzen. Bei einer selektiven Erwärmung des Tumors, z. B. im Rahmen einer Tiefenhyperthermiebehandlung (Issels et al. 2008) kommt es so zu einer hohen Wirkstofffreisetzung und Anreicherung in Tumoren (Lindner et al. 2004). Durch dieses Prinzip soll der Antitumoreffekt verbessert und gleichzeitig das Risiko systemischer Nebenwirkungen verringert werden. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Einschluss des Pyrimidinanalogons Gemcitabin in thermosensitive Liposomen. Durch verschiedene Testverfahren soll untersucht werden, ob sich der Wirkstoff für die liposomale Applikation eignet. Es soll eine chemische Charakterisierung sowie die Etablierung einer geeigneten Zellkultur für die Folgeversuche erfolgen. Hauptaugenmerk wird hier vor allem auf die Pankreaskarzinomzelllinien gelegt.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 14/19
Ziel: 1)Etablierung einer immortalisierten hMSC-Zelllinie durch lentivirale hTERT-Transduktion. 2)Untersuchung der biologischen Effekt einer lentiviralen Transduktion von hTERT auf hMSCs. 3)Aufklärung des Transformationspotenyials von hTERT-transduzierten hMSCs. Material und Methoden: hMSCs wurden mit Lentiviren, die hTERT enthieten, transduziert. Konale hMSCs-hTERT wurden durch Isolation einzelner Zellen gewonnen. Die Expression von hTERT wurde mittels RT-PCR bestätigt. Die Zellproliferation wurde durch morphologische Beobachtung und Berechnung der “population doubling level”(PDL) und “population doubling time”(PDT) überwacht. Die Verhinderung der Seneszenz durch hTERT-Transduktion wurde durch Seneszenz-assoziierte β-gal-Färbung bestätigt. Dabei dienten nicht-transduziert hMSCs als Kontrollen. Der Stammzellcharakter von hMSC-hTERT wurde durch adipogene, chondrogene und osteogene Differenzierung überprüft. Zur Untersuchung der potenziellen tumorösen Transformation von lentiviral transduzierten hMSCs wurden Karyotypisierung und FISH-Analyse durchgeführt. Des Weiteren wurde der zeitliche Verlauf der Tumorsuppressor-Gene-Expression von RB1,TP53 und p21 untersucht, ein in vitro Softagar-Assay und in vivo Nacktmäusen Klonale und heterogene hMSCs-hTERT implantiert. Ergebnisse: hTERT wurde erfolgreich in hMSCs transduziert und “single-cell-picking”-Klone(SCP) konnten etabliert werden. In der RT-PCR wurde die hTERT-Expression bestätigt. Nicht-transduzierte hMSCs zeigten keine hTERT-Expression. Sowohl klonale, als auch heterogene hTERT-transduzierte hMSCs konnten über mehr als 500 Tage Kultiviert werden, während nicht-transduzierte hMSCs nach weniger als 250 Tagen seneszent wurden. Drei Phasen des Wachstums mit unterschiedlichen PDL und PDT konnten in hMSCs-hTERT beobachtet werden. Die Zellmorphologie der hMSCs-hTERT veränderte sich von einem gemischten Phänotyp in der “initialen Phase”(PDT 2,3 bis 5,5, PDL 20,7 bis 27,1) zu einem vermehrten Auftreten von flachen Zellen in der “Plateau-Phase” (PDT 9,2 bis 22,1, PDL 30,6 bis 48,2). Dies war ganz im zeitlichen Einklang mit dem Alterungsprozess von nicht transduzierten hMSCs. In der letzten und andauernden Phase zeigte sich eine hohe Anzahl von schnell wachsenden, kleinen und spindelförmigen Zellen (PDT von 2,1 bis 6,1, PDL 53,7 bis 105,6), welche aus einem Selbstselecktionierungsprozess in einer kontinuierlichen in-vitro Kultur hervorgegangen waren. Die erhaltene Differenzieungs-Kapazität der hTERT-transduzierten hMSCs wurde sowohl für klonale als auch heterogene hMSCs-hTERT durch eine positive Adipogenese-spezifische Oil-red-O-Färbung, Chondrogenese-spezifische Toluidinblau-Färbung und Osteogenese-spezifische von-Kossa-Färbung bestätigt. Zur Untersuchung einer potentiellen malignen Transformation der hMSCs-hTERT wurde eine Karyotyp-Analyse durchgeführt, die keine Auffälligkeiten zeigte. Darüber hinaus konnte eine unveränderte RB1, TP53 und p21 Tumorsuppressor-Gen-Expression nachgewiesen werden. Als Hinweis auf eine erhaltene Kontaktinhibition zeigten sich im Softagar-Assay keine Kolonien. Nach subkutaner Implantation der Zellen im Nacktmaus-Modell zeigte sich histologisch in vivo keine Tumorformation. Fazit: Zusammenfassend konnte mit dieser Arbeit erstmals gezeigt werden, dass eine lentivirale Transduktion von hMSCs mit hTERT eine effiziente und relative sichere Methode zur Erzeugung immortalisierter hMSCs ist. Obwohl es notwedig ist die Differenzierungskapazität und onkogene Potenzial für einen noch längeren Zeitraum zu untersuchen, konnte nach mehr als 500 tage in Zellkultur nachgewiesen werden, dass klonal expandierte lentivital hTERT-transduzierte hMSCs eine viel versprechende Zelllinie für die Forschung, aber möglicherweise auch für therapeutische Anwendungen zum Beispiel im Bereich “Tissue engineering” sein könnte.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 14/19
Sowohl aktiviertem Protein C (aPC) als auch Antithrombin (AT) werden neben ihrer Bedeutung als physiologische Gerinnungsinhibitoren immunmodulatorische Potenz zugeschrieben. Sie scheinen daher geeignet, die gestörte Immunfunktion wie sie beispielsweise nach Trauma beobachtet wird, günstig zu beeinflussen. Dies könnte der Entstehung von septischen Komplikationen durch eine gestörte Infektabwehr entgegen wirken oder die Organsysteme vor den Folgen überschießender systemischer Entzündungsreaktionen schützen. Während jedoch mittlerweile eine große Anzahl klinischer und experimenteller Arbeiten zur Anwendung dieser Substanzen vorliegt, sind die Wirkungen auf humane Immunzellen nach wie vor nicht abschließend geklärt. Ziel dieser Studie war daher die Charakterisierung möglicher Effekte von aPC und AT auf die zelluläre Immunfunktion unter Berücksichtigung eines sogenannten „Priming“ der Zellen durch vorausgehendes Gewebetrauma (Operation oder schwere Unfallverletzung). Daneben sollte auch die Frage einer möglichen Wechselwirkung von aPC und AT geklärt werden. Außerdem wurde der Einfluss von Heparin auf ein immunmodulatorisches Potential von AT untersucht. Im Rahmen der vorliegenden kontrollierten ex-vivo Studie erfolgte der Einschluss von zwölf viszeralchirurgischen sowie neun polytraumatisierten Patienten. Als Vergleichskollektiv dienten zwölf gesunde Probanden. An mononukleären Zellen des peripheren Blutes (PBMC), die mittels Ficoll-Separation an den Tagen 1, 3 und 7 nach Trauma gewonnen wurden, untersuchten wir den Einfluss von physiologischen (aPC 4 µg / ml, AT 1 IE / ml) oder supraphysiologischen (aPC 100 µg / ml, AT 20 IE / ml) Konzentrationen der Gerinnungsinhibitoren. Bei operierten Patienten erfolgte präoperativ eine zusätzliche Abnahme. Gesunde Probanden spendeten einmalig Blut und dienten als Referenzgruppe. PBMC wurden in serumfreiem Medium kultiviert und mit aPC bzw. AT (allein oder zusammen) für 60 Minuten präinkubiert. Der entzündliche Stimulus erfolgte mit LPS bzw. OKT3. Zellkulturen wurden dann mit oder ohne Stimulus für 20 Stunden (LPS) oder 72 (OKT3) Stunden inkubiert. Für die Zugabe ansteigender Heparindosen erfolgte die analoge Herstellung von LPS-stimulierten Ansätzen mit supraphysiologischer AT Konzentration. Die Messung der Zytokinspiegel erfolgte mit dem Bioplex Suspension Array System aus den Zellkulturüberständen. Bei gesunden Probanden konnten wir unter LPS-Stimulation in Gegenwart von AT (20 IE / ml) signifikante Abfälle sowohl von TNF-α als auch IL-10 beobachten. Im Patientenkollektiv zeigte sich für TNF-α der gleiche Effekt. Für IL-10 zeigte sich ebenfalls der bei gesunden Probanden beobachtete Abfall der LPS-induzierten IL10-Spiegel, hier jedoch ohne statistische Signifikanz. In unstimulierten Proben führte AT (20 IE / ml) zu einer signifikanten Erhöhung der TNF-α Spiegel. Ein Effekt von AT in der Konzentration 1IE / ml konnte nicht gezeigt werden. Für aPC konnte im LPS-Model kein Einfluss auf die Immunantwort von PBMC unter serumfreien Bedingungen nachgewiesen werden. Nach Aktivierung mit OKT3 kam es durch AT (20 IE / ml) zu einem teils signifikanten Abfall von IFN-γ, und IL-13, wohingegen aPC (100 µg / ml) zu einem Anstieg beider Zytokine führte. Sowohl AT als auch aPC führten zu signifikant erhöhten IL-6 Spiegeln in OKT3-stimulierten Ansätzen. Allerding erhöhte nur AT signifikant die Freisetzung von IL-6 und IFN-γ in unstimulierten Ansätzen. Bei gleichzeitiger Gabe von aPC und AT zeigten sich mit AT 20 IE / ml vergleichbare Spiegel. In Ansätzen die Heparin enthielten zeigte AT (20 IE / ml) eine unveränderte Reduzierung der IL-10 und TNF-α Spiegel. Unsere Ergebnisse zeigen somit für beide Substanzen eine immunmodulatorische Potenz in supraphysiologischen Konzentrationen. Antithrombin führt ex-vivo mit Ausnahme von IL-6 und im Unterschied zu aPC zu einer breiten Suppression der Zytokinfreisetzung aus stimulierten PBMC. Mit Heparin in Dosierungen bis 200IE konnte dieser Effekt nicht antagonisiert werden. Demgegenüber ist aPC in einem serumfreien ex-vivo Modell ein Aktivator der lymphozytären TH1-Antwort in humanen PBMC, hat also entgegen häufig postulierter Vorstellungen klare proinflammatorische Effekte, zumindest auf humane Immunzellen. Die klinische Bedeutung dieser Beobachtungen und die zugrunde liegenden Mechanismen bedürfen der weiteren Klärung.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 14/19
Das Mantelzelllyphom wird analog zu den indolenten NHL als nicht kurabel eingestuft, weist jedoch ein signifikant verkürztes medianes Gesamtüberleben auf und stellt somit für die Klinik eine Kombination aus den negativen Eigenschaften von indolenten und aggressiven Lymphomen dar. Das MCL stellt trotz intensiver Therapie aufgrund seiner frühzeitigen Rezidive eine große Herausforderung an die Medizin. Eine große Anzahl neuer Substanzen werden z.Z. auf ihre Wirksamkeit beim MCL geprüft. Zwei dieser Stoffe sind Flavopiridol, ein molekularer Serin/Threonin-Kinase-Inhibitor, und Bendamustin, ein bereits in der Klinik etabliertes Zytostatikum. Gegenstand dieser Arbeit ist zum einen die bessere Charakterisierung der Wirkung beider Substanzen auf MCL-Zelllinien in vitro, sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit anderen Medikamenten. Hauptziel ist es, einen potentiellen Synergismus der untersuchten Medikamente aufzudecken und den genaueren Effekt auf die Tumorzellen zu charakterisieren. Die in vitro Untersuchungen der vorliegenden Arbeit weisen eine dosis- und zeitabhängige zytotoxische Aktivität von Bendamustin nach, und spiegeln somit die hohe klinische Effektivität bei der Behandlung des MCL wieder. Ebenso konnte anhand der hier gezeigten Versuchsreihen demonstriert werden,dass der Cyclin-abhängige-Kinasen-Inhibitor Flavopiridol als Monosubstanz hochwirksam gegen MCL-Zelllinien in vitro ist. Nach Behandlung mit Flavopiridol konnte in allen untersuchten Zelllinien in klinisch realisierbaren Dosierungen Apoptose induziert werden, Verringerungen der CDK-Expression nachgewiesen, und darüber hinaus eine potente Inhibition des Zellzyklus im Sinne eines G1/S und G2/M Arrest demonstriert werden. Die selektive Hemmung der CDKs stellt somit einen attraktiven, zielgerichteten Ansatz in der Tumortherapie dar, denn diese Enzyme sind in den meisten malignen Zellen zur Aufrechthaltung einer unbegrenzten Proliferation notwendig. Für die Kombination von Flavopiridol mit Enzastaurin und Rad001 konnte, ins besonders in resistenten Zellreihen, ein mehr als additiver Effekt gezeigt werden; diese Erkenntnis spricht für eine Komplementarität in der antineoplastischen Wirkung dieser Substanzen bei zeitgleicher Inhibition der jeweiligen zellulären Zielstrukturen. Andererseits konnte für Kombinationen von Flavopiridol mit antimetabolischwirkenden Chemotherapeutika und Bendamustin, bei gleichzeitiger Anwendung, nur antagonistische Effekte beobachtet werden. Hier scheint der durch Flavopiridol verursachte potente Zyklusarrest am G1/SÜbergang der Grund für die verminderte Wirksamkeit der verwendeten phasenspezifischen Medikamente zu sein. Diese Resultate untersteichen die enorme Bedeutung der Sequenz bei der Verabreichung von zytostatisch wirkenden Stoffen in der Therapie von Malignomen. Die Erkenntnisse über edikamentenwirkungen aus in vitro Experimenten lassen sich allerdings nicht ohne weiteres auf komplexe Systeme in vivo übertragen und müssen deshalb berücksichtigt werden. Folgende Gründe sind hierfür ursächlich: Zum einen sind viele wichtige antineoplastische Mechanismen in der Zellkultur nicht messbar bzw. quantifizierbar, etwa eine Hemmung der Angioneogenese, Veränderungen des Mikromilieus der Tumorzellen oder zelluläre Immunantworten. Zum anderen sind die Biodistribution, die Pharmakodynamik und die Pharmakokinetik in vivo entscheidend, ob überhaupt eine Wirkung des Medikaments an der Tumorzelle entfaltet werden kann. Die Auswirkungen dieser Faktoren in komplexen biologische Systemen sind jedoch in vitro nicht einwandfrei zu beurteilen und können, am Beispiel von Flavopiridol, zu falschen Rückschlüssen bei der klinischen Anwendung eines Medikaments führen.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 04/06
Die Biogenese eukaryotischer Ribosomen ist ein streng kontrollierter, dynamischer Prozess, der ein komplexes räumliches und zeitliches Zusammenspiel vieler verschiedener Proteine erfordert. Dabei wird zunächst ribosomale DNA mit Hilfe der RNA-Polymerase I im Nukleolus transkribiert. Das daraus resultierende rRNA-Vorläufer-Molekül wird anschließend umfassend prozessiert und modifiziert. Gleichzeitig assemblieren ribosomale Proteine mit der reifenden rRNA, um präribosomale Partikel zu bilden, die für weitere Reifungsschritte ins Nukleoplasma und Cytoplasma transportiert werden. Zum Verständnis des ribosomalen Reifungsprozesses haben bislang vor allem genetische und biochemische Studien in der Bäckerhefe beigetragen. In Säugerzellen sind dagegen die Komponenten der Ribosomenbiogenese wenig charakterisiert, und insbesondere unser Wissen über die Regulationsmechanismen ist lückenhaft. Die posttranslationale Modifikation mit dem ubiquitinähnlichen SUMO-Protein reguliert eine Vielzahl wichtiger zellulärer Prozesse. SUMO-spezifische Isopeptidasen der SENP-Familie katalysieren die Abspaltung von SUMO von Zielproteinen und kontrollieren damit das Gleichgewicht zwischen Modifikation und Demodifikation. Vorarbeiten zu dieser Arbeit haben eine entscheidende Rolle für die SUMO-Isopeptidase SENP3 während der nukleolären Schritte der Ribosomenbiogenese gezeigt. Allerdings waren die Substrate von SENP3 bei diesem Prozess weitgehend unbekannt. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein SENP3-assoziierter Proteinkomplex bestehend aus den Komponenten PELP1, TEX10 und WDR18 aufgereinigt. Als weitere Bindungspartner von PELP1 wurden außerdem MDN1 und LAS1L identifiziert. Durch RNAi-vermittelte Depletionsexperimente in Zellkultur konnte gezeigt werden, dass PELP1, TEX10 und WDR18, sowie die assoziierten Proteine MDN1 und LAS1L, ebenso wie SENP3 für die Reifung der 28S rRNA und den nukleolären Export der großen ribosomalen Untereinheit erforderlich sind. PELP1 und LAS1L wurden als SENP3-sensitive SUMOSubstrate charakterisiert. Darüberhinaus konnte gezeigt werden, dass das Gleichgewicht zwischen Sumoylierung und Desumoylierung die subnukleäre Lokalisierung des Komplexes kontrolliert. Sumoylierung führt zum Ausschluss aus dem Nukleolus, während Desumoylierung die nukleoläre Kompartimentierung fördert. Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit, dass der Komplex aus den Proteinen PELP1, TEX10 und WDR18 die Ribosomenbiogenese reguliert. Außerdem deuten sie darauf hin, dass dessen SUMO-abhängige subzelluläre Verteilung Ablauf und Koordination der Ribosomenreifung kontrolliert.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/06
Tue, 6 Jul 2010 12:00:00 +0100 https://edoc.ub.uni-muenchen.de/12587/ https://edoc.ub.uni-muenchen.de/12587/1/Schlierf_Anita.pdf Schlierf, Anita ddc:540, ddc:500, Fakultät für Che
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/06
Die Charakterisierung und Kultivierung von Tumorzelllinien mit Hilfe einer zweidimensionalen (2D) Zellkultur gilt als Standardmethode in der Zellbiologie. Dreidimensionale (3D) Modelle gewinnen jedoch immer mehr an Bedeutung, da sie die Tumorbiologie in Bezug auf physiologisch relevante Zusammenhänge bei der Tumorentstehung und –progression besser abbilden als eine herkömmliche 2D-Kultur. Die auf poly-HEMA beschichteten Zellkulturplatten induzierten multizellulären Tumorspheroide reflektieren die Morphologie von avaskularen Tumoren und Mikrometastasen. In der vorliegenden Arbeit werden anhand von HER2-überexprimierenden Tumorzelllinien die Unterschiede der HER2-Signalaktivierung und –weiterleitung in 2D- und 3D-Kultur umfassend beschrieben. In 3D-Kultur konnte ohne Zugabe von zusätzlichen Wachstumsfaktoren eine stärkere HER2-Phosphorylierung beobachtet werden. Bei der Brusttumorlinie SKBR-3 bildet HER2 in 2D-Kultur bevorzugt Heterodimere mit HER3, wohingegen in Spheroiden HER2-Homodimere vorliegen. Diese Homodimere lokalisieren in lipidreichen Mikrodomänen und begünstigen die Aktivierung des Ras-MAPK-Wegs, der die Proliferation der Tumorzellen reguliert. Mit Hilfe des therapeutischen Antikörpers Trastuzumab, der spezifisch für HER2 ist, kann die Proliferation der Zellen und die Phosphorylierung von HER2 im 3D-System besser inhibiert werden. Zusätzlich konnte in 3D eine Herunterregulierung des HER2/HER3 assoziierten PI3K-Akt-Signalwegs nachgewiesen werden. Bei SKBR-3 war in 3D-Kultur neben der stärkeren Phosphorylierung von MAPK auch die Aktivierung der Integrin 4/Rac1/PAK2-Signalkaskade zu beobachten. Des Weiteren wurde im Rahmen dieser Arbeit in 3D-Kultur die Zelllinie SKBR-3 HR generiert, die resistent gegen die Behandlung mit Trastuzumab ist. Die Charakterisierung dieser Linie zeigte eine verstärkte Expression von DARPP-32 und eine gesteigerte HER2/HER3-Heterodimerbildung, gefolgt von einer Hochregulierung des PI3K-Akt-Wegs. Das Gen für DARPP-32 liegt im ERBB2-Amplikon und liegt bei vielen Brusttumorproben und –zelllinien amplifiziert vor. Es konnte gezeigt werden, dass die induzierte Resistenz reversibel ist und die erneut Trastuzumab responsiven Zellen eine schwächere Expression von DARPP-32 aufwiesen, gefolgt von einer reduzierten Aktphosphorylierung. Die Ergebnisse dieser Arbeit weisen darauf hin, dass das beschriebene 3D-Modell einige in vivo Aspekte des HER2-Signalmusters besser reflektiert und deshalb als Basis für die weitere Aufklärung des Wirkmechanismus von Trastuzumab dienen kann. Außerdem kann dieses 3D-System zur Identifizierung von neuen Zielmolekülen herangezogen werden um Therapiestrategien zu entwickeln, welche eine Behandlung der HER2-positiven Patientenpopulation erlaubt, die bisher nur suboptimal auf die Behandlung mit Trastuzumab angesprochen haben.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 10/19
Hintergrund und Ziele der Arbeit: Die Freisetzung von Serotonin aus enterochromaffinen (EC-)Zellen der Darmschleimhaut ist das Schlüsselereignis bei der Regulation der enterischen Motilität und Sekretion. Im Rahmen dieser Arbeit sollte untersucht werden, ob nasale olfaktorische Rezeptoren auch in EC-Zellen der menschlichen Darmschleimhaut exprimiert werden, und ob deren Liganden – Duftstoffe und Gewürze – hier eine Serotoninfreisetzung bewirken können. Methoden: Die Expression der olfaktorischen Rezeptoren wurde durch RT-PCR in mittels Laser-assistierter Mikrodissektion gewonnenen humanen EC-Zellen, in humanen Dünndarmbiopsaten sowie in einer von humanen EC-Zellen abstammenden Karzinoidzelllinie (BON) analysiert. Die Aktivierung von EC-Zellen durch Duftstoffe wurde durch digitales Fluoreszenz-Imaging mit dem Ca2+-bindenden Farbstoff Fluo-4 untersucht. Die Serotoninfreisetzung wurde im Zellkulturüberstand durch Serotonin-ELISA sowie mittels Amperometrie unter Verwendung von direkt auf Einzelzellen platzierten Carbonfaser-Mikroelektroden gemessen. Ergebnisse: Es wurden vier olfaktorische Rezeptoren (OR73, hOR17-7/11, OR1G1 und hOR17-210) in mikrodissektierten humanen EC-Zellen, Dünndarmbiopsaten und der Karzinoidzelllinie (BON) exprimiert gefunden. Die hierauf durchgeführten funktionellen Untersuchungen ergaben, dass die Liganden der identifizierten olfaktorischen Rezeptoren einen Ca2+-Einstrom, eine Anhebung des intrazellulären Ca2+-Spiegels und eine nachfolgende Serotoninfreisetzung aus den Zellen bewirken. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit weisen darauf hin, dass Duftstoffe und Gewürze im luminalen Kompartiment des menschlichen Gastrointestinaltrakts über die Stimulation von olfaktorischen Rezeptoren auch in vivo eine Serotoninfreisetzung aus EC-Zellen bewirken könnten. Da Serotonin als wichtigster Regulator von Darmmotilität und -sekretion fungiert und pathophysiologisch eine wesentliche Rolle u. a. bei Erbrechen, Diarrhoe und dem Reiz-darmsyndrom spielt, könnten die in dieser Arbeit erstmals beschriebenen intestinalen olfaktorischen Rezeptoren mögliche neue Ziele in der Pharmakotherapie von Erkrankungen und Motilitätsstörungen des Gastrointestinaltrakts darstellen.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 09/19
Herz-Kreislauf-Erkrankungen stellen heute in der westlichen Welt die häufigste Todesursache überhaupt dar. In der Vergangenheit wurde deshalb zu deren Therapie bereits eine Vielzahl an medikamentösen und chirurgischen Behandlungsmöglichkeiten entwickelt, die jedoch insbesondere in schweren Erkrankungsfällen keine langfristig zufrieden stellenden Optionen bieten konnten. Von Embryonalen Stammzellen (ES-Zellen) erhofft man sich deshalb ganz neue, zelltherapeutische Möglichkeiten. Durch das Potential, vitales Herzmuskelgewebe aus diesen pluripotenten Zellen in vitro generieren zu können, eröffnen sich dabei für die kausale Behandlung der Herzinsuffizienz bisher ungeahnte Perspektiven. Zwei der Hauptprobleme bei der Gewinnung von Kardiomyozyten aus der differenzierten ES-Zell-Kultur stellen jedoch zum einen der geringe Anteil von Herzmuskelzellen an der Mischkultur und zum anderen deren schwierige hochselektive Aufreinigung dar. Durch Entschlüsselung der Stammzellentwicklung und der daran beteiligten Faktoren und Signalkaskaden könnte es jedoch in Zukunft möglich werden, die Steuerung für diese Differenzierung zu übernehmen, um so aus den hoch proliferativen, pluripotenten Vorläuferzellen Kardiomyozytenreinkulturen gewinnen zu können. In der vorliegenden Arbeit wurde der früh während der Embryonalentwicklung exprimierte Transkriptionsfaktor mesoderm posterior 1 (MesP1) als mögliche Schlüsselkomponente der kardiovaskulären Entwicklung detailliert untersucht. Mithilfe eines dafür konstruierten Vektors konnte der Faktor MesP1 in stabil-transfizierten, murinen embryonalen Stammzellen überexprimiert – und so dessen induktive Wirkung auf die Entwicklung von Herz- und Endothelzellen während der ES Zell-Differenzierung auf molekularer wie auch zellulärer Ebene nachgewiesen werden. So zeigte sich in den transgenen Zellen bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Entwicklung eine verstärkte Expression u. a. der frühen kardialen Transkriptionsfaktoren Nkx2.5 und GATA-4, die sich später während der Differenzierung in einer mehrfach erhöhten Ausbeute an Kardiomyozyten und Endothelzellen in der Zellkultur widerspiegelte. Die Funktionalität der amplifizierten Kardiomyozyten bezüglich Kontraktionsfrequenz und Reagibiliät auf vegetative Reize blieb dabei unverändert erhalten. Bei der Analyse der Keimblattentwicklung fiel auf, dass durch Überexpression des mesoderm posterior 1 in den transgenen Zellen die Menge an Gesamtmesoderm unverändert blieb, jedoch innerhalb dieses Keimblattes die Differenzierung deutlich in Richtung kardiovaskulär und zu Lasten der Skelettmuskelentwicklung verschoben war. Im Ektoderm zeigte sich eine verstärkte neurale Entwicklung, induziert durch die vermehrt vorhandenen kardiogenen Zellen. Die Bildung des Endoderms war unbeeinträchtigt. Im Folgenden konnte schließlich in Untersuchungen zur Signaltransduktion der Mechanismus der MesP1-vermittelten kardiovaskulären Induktion aufgeklärt werden, indem der Faktor Dickkopf-1, ein Inhibitor des Wnt-Signalweges, als Zielgen des Transkriptionsfaktors MesP1 identifiziert und in Folgeversuchen mittels Bandshift auch bestätigt werden konnte. Die Blockade des Wnt-Signalweges ist verantwortlich für die Initiierung der kardiovaskulären Differenzierung während der Embryonalentwicklung. MesP1 stellt damit einen besonderen Faktor während der Embryogenese dar und einen wichtigen Startpunkt für die weitere Entzifferung der komplexen Signaltransduktionskaskaden der Herz- und Gefäßentwicklung. Das vollständige Verständnis dieses komplexen Netzwerkes sowie die Übertragung auf das humane ES-Zell-System könnte es einmal ermöglichen, Herzmuskelerkrankungen des Menschen mit embryonalen Stammzellen therapieren zu können.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/07
Persistent infizierte (PI) Tiere stellen die wichtigste Transmissionsquelle für BVDV-Infektionen dar. Neuere Studien konnten zeigen, dass sich der Virusnachweis aus Ohrgewebeproben für die sichere und frühzeitige Detektion von neugeborenen PI-Kälbern eignet. Inwieweit transiente Infektionen mit dieser Methode erkannt werden, ist bisher nicht bekannt. Ziel dieser Arbeit war es, die transiente BVDV-Infektion mit Hautgewebeproben zu untersuchen. Im Rahmen eines Tierversuches wurden sechs Kälber intranasal mit BVDV inokuliert. Bei fünf Tieren konnte in der Folge eine transiente Infektion beobachtet werden, deren Verlauf mit verschiedenen Diagnostikmethoden untersucht wurde. Der BVDV-Nachweis gelang mittels Virusisolierung, Erns-Antigen-ELISA und real time RT-PCR in Blutleukozyten, Plasma sowie Nasen- und Speichelsekreten. Die höchste Sensitivität zeigte dabei der RNA-Nachweis mittels PCR. Eine Serokonversion konnte zwischen Tag 17 und 21 nach der Virusinokulation durch Antikörper-ELISA nachgewiesen werden. Bei der Untersuchung von Hautgewebeproben (Tag 2, 4, 7, 10, 14, 17, 21 p. inf.) konnten nur bei einem Kalb zwischen 2. und 17. Tag p. inf. geringe Mengen Virus-RNA (maximal 4000 RNA-Kopien/Probe an Tag 14 p. inf.) detektiert werden. Aus lysierten Hautproben konnte bei keinem Tier Erns-Antigen nachgewiesen werden. Des Weiteren wurden Daten von transient infizierten Rindern aus dem Bayerischen Feldprojekt „Studie zur Eignung der Ohrstanzmethode bei neugeborenen Kälbern zur Bekämpfung der BVD/MD“ näher betrachtet. Bei 22 Tieren ließ sich BVDV mittels PCR sowohl im Ohrgewebe (Ct-Werte zwischen 28 und 39) als auch im Blut nachweisen. Die Ohrstanze von drei dieser Tiere war mit dem Erns-ELISA schwach positiv (OD 0,4 bis 0,5), bei vier Tieren konnten deutlich positive (OD >1,1) Ergebnisse beobachtet werden. Darunter waren auch Kälber, deren Muttertiere in der Spätgravidität mit einer Lebendvakzine geimpft wurden. Auffallend waren weiterhin sechs Tiere, die eine sehr lange Virämie (bis zu 99 Tage p. p.) zeigten. Bei einer weiteren Gruppe (elf Tiere) konnte das Virus nur im Ohrgewebe mit PCR (Ct-Werte zwischen 31 und 35) nachgewiesen werden. Diese Kälber wurden in Herden geboren, in denen später mehrere PI-Tiere geboren wurden. Ein Tier aus der Feldstudie zeigte über ein Jahr hinweg abfallende Virusmengen mittels Virusisolierung, real time PCR und Erns-ELISA in Hautbiopsien, Blutproben und Sekreten. Im Alter von zehn Lebensmonaten konnten mittels PCR im Hodengewebe große Mengen an Virus-RNA (Ct-Wert 21) detektiert werden. Das Virus war aus nur 20 Hodenzellen isolierbar, gleichzeitig erwiesen sich Sekrete und Blut als nicht infektiös in der Zellkultur. Im 14. Lebensmonat gelang nur noch der Nachweis der Virus-RNA in der Haut. Weiterhin konnte ein starker Anstieg homologer neutralisierender Antikörper gegen das persistierende Virus bis zum Titer von 25600 gemessen werden. Insgesamt ist festzustellen, dass transiente fetale und postnatale BVDV Infektionen mittels Hautbiopsien bei jungen Kälbern vereinzelt nachweisbar sind. Die PCR war hierbei deutlich sensitiver als der BVDV-Erns-Antigennachweis. Bei Neuinfektionen in Herden werden transient infizierte Kälber bereits vor den persistent infizierten geboren. Auch nach der Vakzination mit BVDV-Lebendimpfstoff sind transiente Infektionen mittels Untersuchung von Hautbioptaten nachweisbar. Erstmals konnte die fetale Infektion eines männlichen Rindes im Feld mit folgender partieller Immuntoleranz charakterisiert werden, bei dem eine Viruselimination im Blut und auf den Schleimhäuten erfolgte, nicht jedoch im Hodengewebe.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/07
Trotz verbesserter Therapiemöglichkeiten ist die Prognose beim Fibrosarkom der Katze noch immer ungünstig. In der vorliegenden Arbeit sollte die Verträglichkeit eines neuen Therapieansatzes zur Behandlung des felinen Fibrosarkoms untersucht werden. Verwendet wurde ein nonviraler Gentransfer mittels Magnetofektion, um eine Transfektion mit dem felinen Zytokingen GM-CSF zu erreichen. Ziel der durchgeführten Phase-I-Studie war die Festlegung einer maximalen tolerierten Dosis. In die prospektive Dosis-Eskalations-Studie wurden Katzen, die definierte Einschlusskriterien erfüllten, aufgenommen. Die Steigerung der Dosis des Plasmids, das für feGM-CSF kodiert, erfolgte in vier festgelegten Schritten (50, 250, 750 und 1250 µg Plasmid). Jeweils vier Katzen wurden in eine Dosisgruppe aufgenommen. Die Plasmide wurden in wässriger Lösung in einem 1:1-Verhältnis mit magnetischen Nanopartikeln gemischt, die zur besseren Bindung an die DNA mit Polyethylenimin beschichtet waren. Die Plasmidlösung mit einem Volumen von 500 µl wurde intratumoral injiziert. Danach wurde durch Applikation eines Neodymium-Eisen-Bor-Magneten auf das Tumorgebiet ein Magnetfeld für die Dauer einer Stunde angelegt. Durch diese Magnetofektion wurde die Transfektion auf das Tumorgebiet beschränkt, sowie die Effektivität des Gentransfers verbessert. Das Behandlungsprotokoll umfasste zwei intratumorale Injektionen an den Tagen -14 und -7 sowie die großräumige en-bloc-Resektion des Fibrosarkoms an Tag 1. Eine Kontrollgruppe bestehend aus vier Katzen wurde ohne Zusatztherapie einer Operation unterzogen. Aus ethischen Gründen wurde dabei auf eine Verzögerung der chirurgischen Entfernung durch Placebo-Applikationen im Zeitraum von 14 Tagen verzichtet. Eine Untersuchung auf mögliche auftretende Toxizitäten erfolgte an den Tagen -7, 0, 14, 45, 90 und 180. Zwei weitere Untersuchungen an den Tagen 270 und 360 dienten zur Kontrolle auf Rezidiv- und Metastasenbildung. Aufgetretene klinische oder hämatologische Toxizitäten wurden anhand eines speziellen Nebenwirkungskatalogs (VCOG-CTCAE-Tabelle) erfasst und in Korrelation zur durchgeführten Therapie gestellt, um über eine Zuordnung als Nebenwirkung entscheiden zu können. Ein statistischer Vergleich erfolgte für die Parameter Körpergewicht, Leukozytenzahl und das Differentialblutbild zwischen Kontrollkatzen, behandelten Katzen und den Katzen der verschiedenen Dosisgruppen. Sieben weitere Katzen wurden mit derselben Gentherapie mit humanem GM-CSF behandelt, bei denen der Expressionsachweis von huGM-CSF mittels ELISA in den Zellkulturüberständen der angezüchteten Tumore gelang. In den ersten drei Dosisgruppen traten keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auf. Da bei drei der vier Katzen der höchsten Dosis leichte Nebenwirkungen beobachtet wurden, wurden zwei weitere Katzen mit der höchsten Dosis behandelt. Dabei traten jedoch keine Toxizitäten auf, so dass die Dosis von 1250 µg für feGM-CSF kodierendes Plasmid als sichere, gut verträgliche Dosis für nachfolgende Phase-II-Studien festgelegt werden konnte. Auch die beobachteten Ergebnisse bezüglich Rezidivrate sind als sehr viel versprechend einzustufen.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 08/19
Hintergrund Humane mesenchymale Stammzellen sind ein viel versprechendes Ziel für die ex vivo Gentherapie, und Lentiviren sind exzellente Vehikel für den Gentransfer in hMSCs, da sie hohe Transduktionsfrequenzen mit langfristiger Genexpression erreichen. Dennoch könnte die Seneszenz von hMSCs die therapeutische Anwendung, infolge von zeitaufwendiger Zellselektion und Virus Titration, limitieren. Diese Arbeit beschreibt optimierte Protokolle für hoch effizienten ex vivo lentiviralen Gentransfer in hMSCs und eine schnelle und verlässliche Methode, um den funktionellen lentiviralen Titer mittels quantitativer Polymerase-Kettenreaktion (qPCR) zu bestimmen. Methoden EGFP wurde als Markergen/-protein verwendet, um verschiedene lentivirale Expressionsvektoren herzustellen. Die Produktion von Lentiviren wurde mit verschiedenen Verpackungssystemen getestet. Der Prozentsatz transduzierter Zellen wurde durch Polybrene und Blasticidinselektion erhöht. hMSCs von verschiedenen Spendern wurden mittels PCR und Western Blot analysiert. Regulierte Genexpression wurde durch Herstellung eines Tet-On selbstregulierten Expressionsvektors erreicht. Mit einem p24 ELISA-Test wurden übrig gebliebene virale Partikel im Zellkulturüberstand detektiert. Die Effizienz des lentiviralen Gentransfers wurde mittels Fluoreszenz-Mikroskopie beobachtet und mittels qRT-PCR und FACS-Analyse quantifiziert. Die lentiviralen Titer wurden mit qRT-PCR der exprimierten Transgene bestimmt. Die hMSC Differenzierung wurde histologisch untersucht. Ergebnisse Selbstinaktivierende lentivirale Vektoren der dritten Generation zeigten hoch effizienten Gentransfer in hMSCs bei der Verwendung von Polybrene. Die Blasticidinselektion hat den Prozentsatz der transgenen Zellen weiter erhöht unter Selektion von Zellen die mehrere Transgenkopien tragen. Die positiven Effekte von Polybrene und der Blasticidinselektion sind nicht von hMSCs eines speziellen Spenders abhängig. Präzise Regulation der Genexpression wurde durch Herstellung eines selbstregulierten Tet-On-Expressionssystems erreicht. Keine viralen Antigene wurden im Zellkulturüberstand nach aufeinander folgenden Medienwechseln detektiert, was auf die Abwesenheit von infektiösen Partikeln nach einigen Tagen hindeutet. In dieser Arbeit wurde ein starker linearer Zusammenhang zwischen der Virusverdünnung und der Stärke der Transgenexpression mittels qPCR Analysen beobachtet, wodurch die Virustitration durch Quantifizierung der Transgenexpression ermöglicht wird. Abschließend wurde durch Differenzierung in die adipogene, osteogene und chondrogene Richtung gezeigt, dass transduzierte hMSCs ihren Stammzellcharakter beibehalten haben und dass die Transgenexpression durch die Differenzierung nicht beeinflusst wurde. Schlussfolgerungen Die Quantifizierung der Transgen-Kopienanzahl durch qRT-PCR ist eine schnelle und verlässliche Methode, um den funktionellen lentiviralen Titer nach dem ex vivo Gentransfer in hMSCs zu bestimmen. Die in dieser Arbeit optimierte und charakterisierte Methode für die effiziente lentivirale Transduktion von humanen mesenchymalen Stammzellen, in Verbindung mit regulierbarer Transgenexpression, ist ein sicheres, verlässliches und leistungsstarkes Verfahren und bildet eine aussichtsreiche Grundlage für zukünftige Gentherapie und Tissue Engineering Anwendungen in hMSCs.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/06
Die Behandlung zerstörter Gewebe- und Organstrukturen nach akuten Verletzungen oder chronischen Krankheitsverläufen hat sich zu einer enormen Belastung für das heutige Gesundheitswesen entwickelt. Neue Konzepte der Geweberekonstruktion durch Tissue Engineering führten in den letzten Jahren zu einer erheblichen Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten. Die vorliegende Arbeit beschreibt die Entwicklung und Charakterisierung einer genaktivierten Fibrinmatrix zur lokalen Expression des Wachstumsfaktors epidermal growth factor (EGF). Das Konzept beinhaltet die gemeinsame Applikation autologer Keratinozyten und nicht-viraler Genvektoren mit PEI in Form einer injizierbaren Fibrinkleberzubereitung. Durch Variationen von PEI-Struktur, N/P-Ratio und dem Zusatz des abschirmenden Hüllpolymers P6YE5C wurde das Transfektionsverhalten unterschiedlicher Genvektorformulierungen in der Fibrinmatrix untersucht. Durch den Einsatz von fluoreszenzmarkierten Genvektoren wurde der Transfektionsverlauf innerhalb der Matrix visualisiert und dokumentiert. Größere Mengen ungeschützter Genvektoren führten in Fibrin trotz ihres toxischen Potentials zu hohen Genexpressionen. Ein protektiver Effekt durch den Zusatz des schützenden Hüllpolymers P6YE5C schien in Fibrin als nicht zwingend notwendig. Daraufhin wurde ein möglicher Einfluss der Fibrinmatrix auf Genvektorformulierungen untersucht. Erste Vorversuche in Zellkultur zeigten eine Steigerung des Transfektionspotentials nicht-viraler Genvektoren mit PEI nach Vorinkubation mit einer Fibrinogen-Lösung. Aus der Perspektive einer kommerziellen Anwendung heraus wurde ein lagerungsfähiges Lyophilisat aus genaktiviertem Fibrinogen entwickelt, das zum Versuchszeitpunkt als Fibrinklebervorstufe mit Wasser rehydratisiert und gemeinsam mit Thrombin zur Herstellung der genaktivierten Fibrinmatrix eingesetzt werden konnte. Der Einsatz des schützenden Hüllpolymers P6YE5C hatte dabei einen entscheidenden Einfluss auf die unmittelbare Verfügbarkeit der eingesetzten Genvektoren. Für die Regeneration von Knochenbrüchen bleibt dagegen der Einsatz medizinischer Implantate von entscheidender Bedeutung. In der vorliegenden Arbeit wird in einem weiteren Ansatz die Entwicklung und Charakterisierung genaktivierter Polymerfilme aus PDLLA und PLGA zur Beschichtung medizinischer Implantate beschrieben. Die neue Grenzfläche zwischen Implantat und Knochenstruktur soll zur lokalen Transfektion und Expression therapeutischer Gene dienen. Dafür wurden nicht-virale Genvektoren lyophilisiert und als Dispersion in organischen Lösungen der Polymere PDLLA und PLGA auf resistente Oberflächen aufgetragen und getrocknet. Die Besiedelung der verbliebenen Polymerfilme mit Zellen führte über den direkten Kontakt mit genaktivierten Polymerstrukturen zur Expression des eingesetzten Gens. Durch Variation von Polymer- und Genvektormenge wurde anhand der gemessenen Genexpressionen sowie der metabolischen Aktivität transfizierter Zellen das System optimiert. Die Bestimmung der Transfektionseffizienz sowie des Freisetzungsverhaltens formulierter Genvektoren diente zur Charakterisierung der genaktivierten Polymeroberflächen aus PDLLA und PLGA. Trotz struktureller Ähnlichkeiten der eingesetzten Filmbildner zeigte sich das Freisetzungsverhalten aus PDLLA gegenüber PLGA abhängig der eingesetzten Polymer- und Genvektormengen. Das Beschichtungsprinzip konnte ebenfalls für die Aktivierung von Folien aus Aluminiumlegierung eingesetzt werden und führte zur Expression des therapeutischen Gens bone morphogenic protein-2 (BMP-2). Die Verwendung von Poly-[Tyrosincarbonaten] als strukturelle Alternative zu PDLLA bzw. PLGA führte zu keiner Genexpression. Hohe medizinische Anforderungen und individuelle Interaktionen einzelner Matrixkomponenten machen genaktivierter Biomaterialien zu komplexen Applikationsformen der regenerativen Medizin. Kleinste Veränderungen im komplexen Verbund aus Matrixstrukturen, Genvektoren und Zielzellen können drastische Effekte im Gesamtsystem verursachen. Abhängig von Indikation und Materialeigenschaften müssen die Formulierungen individuell angepasst und optimiert werden. Wird dieser Arbeitsaufwand investiert, bietet der Einsatz genaktivierter Biomaterialien gegenüber herkömmlichen Behandlungsformen großes therapeutisches Potential.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 06/19
Der labordiagnostische Nachweis von Mikrosporidieninfektionen bereitet immer noch Probleme. Auf Grund ihrer geringen Größe und ihrer unspezifischen Färbeeigenschaften ist der lichtmikroskopische Direktnachweis schwierig. Der elektronenmikroskopische Nachweis ist aufwendig und insbesondere aus dem Stuhl wenig sensitiv. Nicht alle Mikrosporidienarten können in Zellkulturen angezüchtet werden. Molekularbiologische Nachweisverfahren wie die PCR sind aufwendig, noch nicht standardisiert und derzeit noch Speziallaboratorien vorbehalten. Zuverlässige immundiagnostische Tests mit ausreichender Sensitivität und Spezifität fehlen, da das immunogene Spektrum von Mikrosporidien weitgehend unerforscht ist und somit bis heute die Wahl eines geeigneten Antigens das Grundproblem darstellt. Dabei wäre gerade vor dem Hintergrund aktuell zunehmender HIV-Infektionen zum Beispiel die Entwicklung eines Koproantigen-ELISA zum Nachweis von Mikrosporidien aus Stuhl von großem praktischem Nutzen. Ziel der hier vorgelegten Arbeit war es, die Voraussetzungen hierfür durch die Anwendung molekularbiologischer Methoden zu verbessern. Als Modellorganismus wurde die kultivierbare Mikrosporidienspezies Encephalitozoon cuniculi gewählt und in der Zellkultur angezüchtet und vermehrt. Aus der Kultur wurden die Sporen von E. cuniculi in hoher Anzahl und Reinheit gewonnen und aus ihnen die mRNA isoliert, um sie mit Hilfe der Reversen Transkriptase in cDNA zu transkribieren. Mit dieser cDNA wurde eine Genexpressionsbank angelegt, die mit polyklonalen Serum-Antikörpern gescreent wurde, die durch Immunisierung von Kaninchen mit E. cuniculi gewonnen worden waren. Hierbei konnten mehrere Klone identifiziert werden, die immunogene Proteine bildeten. Die Sequenzierung der isolierten Klone und Analyse der cDNA-Sequenzen ergab die vollständige Übereinstimmung mit einer einzigen Konsensussequenz. Durch die Suche in einer Gendatenbank konnte ein Sporenwandprotein als immunogenes Protein identifiziert werden. Des Weiteren war es möglich, mit Hilfe von Deletionsmutanten eine immunogene Domäne auf der gefundenen Sequenz ausfindig zu machen. Schließlich wurde in der Arbeit ein Vorschlag für die Verwendung dieser Sporenwanddomäne als Antigen für die Entwicklung immundiagnostischer Tests gemacht. Zusammengefasst wurde in der vorliegenden Arbeit (a) das immunogene Spektrum von Encephalitozoon cuniculi als im Wesentlichen auf das Sporenwandprotein beschränkt beschrieben, (b) bei dem identifizierten Protein eine immunogene Domäne charakterisiert und (c) dadurch die Voraussetzungen für die Entwicklung immundiagnostischer Tests bei Mikrosporidieninfektionen verbessert.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/06
Neurodegenerative Polyglutamin (polyQ)-Erkrankungen sind durch neuronalen Zellverlust und die Bildung von intrazellulären Proteinablagerungen (Aggregaten) charakterisiert, deren Rolle nicht exakt geklärt ist. Es wird jedoch davon ausgegangen, daß sie die Pathogenese reflektieren und untrennbar mit dem Erkrankungsprozeß verbunden sind. In dieser Arbeit wurde das polyQ-Protein Ataxin-3 (AT3) untersucht, welches, wenn es einen verlängerten polyQ-Bereich besitzt, die Spinozerebellare Ataxie 3 (SCA3) hervorruft. Mit Hilfe von AT3-Deletionsmutanten wurde gezeigt, daß die Entfernung des N-Terminus von polyQ-verlängertem AT3 zu dessen Aggregation in vitro, in Hefe und in Neuroblastomazellen führt. Entsprechend löst die proteolytische Spaltung von pathologischem Volllängen-AT3 die SDS-resistente Aggregation in vivo aus. Hinweise auf die Calcium-abhängigen Calpaine als AT3-schneidende Proteasen wurden in vitro mit Säugetierzell-Lysaten erhalten. Gereinigtes Calpain II generiert mehrere AT3-Fragmente in vitro, einschließlich C-terminaler Fragmente, die den polyQ-Bereich enthalten. In Zellkultur resultiert die Aktivierung von Calpainen in einer verstärkten AT3-Proteolyse, während eine Inhibition von endogenem Calpain durch Calpeptin oder Calpastatin zu einer verringerten AT3-Spaltung und reduzierter Aggregation in Säugerzellen führt. Zusammenfassend unterstützen diese Daten die "toxic fragment"-Hypothese, die als Voraussetzung für Pathogenese und Aggregation von polyQ-Proteinen deren proteolytische Spaltung postuliert. Toxizität der polyQ-Proteine soll unter anderem aus der Rekrutierung von anderen zellulären Proteinen wie Transkriptionsfaktoren, Chaperonen, Ubiquitin und Proteasomen in die polyQ-Aggregate resultieren. Obwohl Wildtyp-AT3 nicht selbständig aggregiert, koaggregiert es mit polyQ-verlängertem AT3-Fragment, was mit einer verringerten AT3-Konzentation in der Zelle korreliert. Einer Konformationsänderung des Wildtyp-AT3, induziert von pathologischem polyQ, folgt in vitro eine Rekrutierung in frühe Aggregationsintermediate und letztendlich die Integration in stabile Koaggregate. Weitere Experimente zeigten, daß die Expression der molekularen Chaperone (Hitzeschockproteine) Hsp70 und Hsp40 zusammen mit polyQ-verlängertem AT3-Fragment die Aggregation vermindert und den proteasomalen AT3-Abbau in vivo verstärkt. Das Chaperon p97 (VCP) zeigt eine konzentrationsabhängige Modulation der Aggregation in vitro. Schließlich konnte in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, daß eine Veränderung der zellulären Lokalisation durch Fusion von AT3-Konstrukten mit Kernlokalisations- und Kernexportsignalen keinen Einfluß auf die Aggregationsfähigkeit in Neuroblastomazellen hat. Das putative endogene Kernlokalisationssignal von AT3 mit der Sequenz RKRR (282-285) wurde nicht verifiziert.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/07
Ziel dieser Arbeit war es, monoklonale Antikörper zur Charakterisierung von Stromazellen der Maus und der Ratte herzustellen. Zur Immunisierung wurden Stromazellen aus dem Knochenmark von Maus und Ratte verwendet. Aus drei Zellfusionen konnten 28 interessante Zellkulturüberstände gewonnen werden. Die Zellen aus den positiven Kavitäten wurden nachfolgend subkloniert und erneut getestet. Die durch Immunfluoreszenzanalyse als positiv bewerteten Klone wurden nachfolgend immunhistochemisch mit adhärenten Knochenmarkzellen in Zellkulturplatten, auf Knochenschnitten und verschiedenen Organschnitten untersucht. Der Klon 1F12F10 erkennt ein Epitop, das für eine kleine Knochenmarkzellpopulation spezifisch zu sein scheint. Das Epitop ist auch auf anderen Zellen, die mesenchymaler und epithelialer Herkunft sind, auffindbar. Der Klon 3H10A12 erkennt ein Epitop, das nicht sehr spezifisch für mesenchymale Knochenmarkzellen ist. Die Klone 6B10B6 und 6B10H8 zeigen ähnliche Ergebnisse und erkennen mit hoher Wahrscheinlichkeit das gleiche Epitop. Der Klon 6A8C8 weist im FACS eine relativ eng begrenzte Zellpopulation auf. In der Immunhistologie sieht man, das nur wenige Zellen im Knochenmark positiv sind. Durch Western Blot und Immunpräzipitation konnte die Größe eines Ratten- und eines Maus-Oberflächenproteins, das durch den jeweiligen Antikörper erkannt wird, festgestellt werden. Über die Struktur der Epitope, die von den Antikörpern der Klone erkannt werden, können keine weiteren Aussagen gemacht werden. In dieser Arbeit konnten Aussagen über die Morphologie der positiven Zellen und ihrer Verteilung in den verschiedenen Geweben gemacht werden. Um die Struktur der erkannten Proteine zu identifizieren, wären weitere Versuchsansätze nötig.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/07
Das Ziel dieser Arbeit war die Charakterisierung der bovinen Eileiterepithelzellen ex vivo und in Suspensionskultur. Ein Schwerpunkt meiner Arbeit bezüglich des bovinen Eileiters ex vivo lag bei den zyklischen Veränderungen des Eileiterepithels, über die bisher wenig präzise Daten vorlagen. Die Ampulla und der Isthmus wurden sowohl bei den Untersuchungen ex vivo als auch in der Zellkultur getrennt betrachtet. Es wurde deutlich, dass das Epithel der Ampulla stärkere morphologische Veränderungen während des Zyklus aufweist, als das Epithel des Isthmus. So war im Epithel der Ampulla die Bildung von Protrusionen zu beobachten, die abhängig vom Zyklusstadium verschiedenen Inhalt aufweisen. Die maximale Höhe des Epithels wurde in beiden Eileiterabschnitten im Östrus erreicht. Im Isthmus war das Epithel jedoch etwas niedriger als in der Ampulla. Im Metöstrus war die stärkste sekretorische Aktivität zu verzeichnen. Dies zeigte insbesondere die massive Ansammlung von sekretorischen Granula unter der apikalen Zytoplasmamembran. Nur in diesem Stadium konnte auch Exozytose der Granula beobachtet werden. Eine Veränderung der Anteile zilientragender und sekretorischer Zellen im Epithel, wie sie bei anderen Spezies beschrieben wurde, konnte beim Rindereileiter nicht festgestellt werden. Meine elektronenmikroskopischen Ergebnisse zeigen, dass beim Rind zumindest ein partieller Zilienverlust im Eileiter stattfindet. Durch die massiven Protrusionen der sekretorischen Zellen werden die Zilienbüschel außerdem im Diöstrus zur Seite gedrängt und teilweise verdeckt. Dadurch kann der Eindruck entstehen, dass die Anzahl der zilientragenden Zellen im Diöstrus abnimmt. Im bovinen Eileiterepithel wurde eine nur sehr geringe Mitoserate festgestellt, die in den verschiedenen Zyklusstadien kaum variiert. Sowohl in der Zellkultur als auch im Eileiterepithel ex vivo konnten Mitosen ausschließlich bei nicht-zilientragenden Zellen beobachtet werden. Die Zilien der Sphäroidzellen wiesen nach außen und waren während der gesamten Kultivierung vorhanden. Demnach blieb die Polarisierung der Epithelzellen erhalten. Dies sind Indize dafür, dass die Zellen einer nur geringen Dedifferenzierung während der Kultur unterliegen. Die sekretorische Aktivität der kultivierten Epithelzellen erscheint aber beeinträchtigt. Während sich die sekretorischen Granula bis zum 3. Kulturtag unter der apikalen Zellmembran ansammelten, waren sie am 5. Kulturtag bereits großflächig im apikalen Zytoplasma verteilt und an späteren Kulturtagen nur noch vereinzelt vorhanden. Da die sekretorische Funktion jedoch essentiell für die embryo-maternale Kommunikation ist, scheint die Suspensionskultur nur mit frisch isolierten Eileiterepithelzellen sinnvoll zu sein. Als weiteres Anzeichen einer Dedifferenzierung in Kultur ist die reduzierte Expression der Rezeptoren für Progesteron und Östrogen zu interpretieren. Nach diesen Ergebnissen sind die Sphäroiden in den ersten drei Kulturtagen für eine Kokultur geeignet, da sie während dieser Zeit nur leichte Anzeichen einer Dedifferenzierung aufweisen. Auch die physiologische Aufenthaltszeit des Embryos im Eileiter beträgt ungefähr drei Tage. Demnach scheint die Suspensionskultur als Kurzzeitmodell für eine Kokultur mit Embryonen gut geeignet zu sein.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 04/19
Die Schizophrenie ist eine komplexe Erkrankung, bei der neben einer genetischen Komponente äußere Einflussfaktoren eine wichtige Rolle spielen. Epidemiologische Studien weisen auf eine mögliche Rolle von Virusinfektionen als Umwelt-Faktor in der Ätiologie der Schizophrenie hin. Eine Verschiebung der spezifischen Immunantwort in Richtung T-helfer-2-Antwort (ein sogenannter Th2-shift) wurde bei verschiedenen Virusinfektionen beobachtet. Einige immunologische Untersuchungen weisen auch zumindest bei einer Subgruppe der Schizophrenie auf einen Th2-shift hin. (1) Ziele: Diese Studie dient (a) der Untersuchung der Th1/Th2-Balance der spezifischen Immunantwort unter Berücksichtigung der Effekte verschiedener endokrinologischer Parameter und (b) der Identifizierung der möglichen Ursachen des gestörten Th1/Th2-Gleichgewichts; die hier untersuchten Einflussgrößen beziehen sich auf unterschiedliche Hormone. (2) Fragestellungen: (a) Lässt sich eine Th2-Verschiebung bei einer Subgruppe der Schizophrenie beobachten, nachdem die Einflüsse diverser endokrinologischer Parameter mitberücksichtigt worden sind? (b) Wenn ja, ist diese Subgruppe durch klinische oder epidemiologische Variablen charakterisierbar? (c) Wenn ja, welcher oder welche der untersuchten immunologischen und endokrinologischen Parameter tragen zur Streuung des Th1/Th2-Verhältnises bei schizophrenen Patienten bei? (3) Hypothese: (a) Zur Frage (2a) ist eine Th2-Verschiebung angenommen; d.h., die Th1/Th2-Quotienten sind deutlich reduziert. Die Quotienten IFN-g/IL-4, IFN-g/IL-10 und IFN-g/IL-13 wurden als Indikatoren der Th1/Th2-Balance betrachtet. (b) Frage (2b) und (2c) sind offene Fragen, weshalb keine Hypothese im Bezug auf diese beiden Fragen gestellt wurde. (4) Methoden: (a) Analyse-Materialien schließen Serum, Voll-Blut und isolierte Lymphozyten ein. „Vollständige Serum-Daten“ bedeutet, dass alle Daten für Serum-Zytokin-Konzentrationen, Serum Th1/Th2-Quotienten, Hormone, SHBG (Sexhormon-bindendes Globulin), Geschlecht und Alter vorhanden waren. Ebenso bedeutet „vollständige Voll-Blut-Daten“, dass alle Daten bezüglich der in vitro Zytokin-Produktion im Voll-Blut nach einer 46-stündigen PHA-Stimulation, Voll-Blut-Th1/Th2 Quotienten, Hormone, SHBG, Geschlecht und Alter erhoben wurden. „Vollständige Lymphozyten-Daten“ bedeutet, dass alle Daten hinsichtlich der in-vitro Zytokin-Freisetzung bei Lymphozyten, Th1/Th2-Quotienten, Hormone, Geschlecht und Alter verfügbar waren. (b) Studien-Teilnehmer: Insgesamt nahmen 114 schizophrene Patienten und 101 gesunde Probanden an die Studie teil. Unter ihnen hatten 76 schizophrene Patienten und 75 Kontrollen vollständige Serum-Daten, 44 Patienten und 76 normale Kontrollen hatten vollständige Voll-Blut-Daten, 72 schizophrene Patienten und 98 gesunde Teilnehmer hatten vollständige Lymphozyten-Daten. (c) Variablen umfassen hauptsächlich immunologische, endokrinologische und verschiedene klinische Parameter. Die immunologischen Variablen bestehen aus Th1-Zytokinen wie IFN-g, IL-12, IL-2, TNF-a und Th2-Zytokinen einschließlich IL-4, IL-10, IL-13 und IL-6. Die endokrinologischen Kenngrößen setzen sich aus den folgenden Parametern zusammen: zwei Stress-Hormone Cortisol und Prolactin, zwei Geschlechts-Hormone Östradiol und Testosteron, sowie das Geschlechts-Hormon-bindende Globulin (SHBG). Die erhobenen klinischen Daten schließen die Folgenden ein: klinische diagnostische Subgruppen, Familienanamnese bezüglich psychiatrischer Erkrankungen, Medikation vor der Aufnahme, Krankheitsepisode, Antipsychotika-frei/Antipsychotika-naiv, Wash-out-Periode, Erstmanifestationsalter der Erkrankung, Krankheitsdauer, CGI-Werte bei der Aufnahme und Entlassung (CGI = Clinical Global Impressions), sowie die verschieden PANSS Subskalen (Negativ-Symptomatik, Positiv-Symptomatik und Globale Symtpomatik; PANSS = Posivtive and Negative Syndrome Scale). (d) Analyse-Methoden enthalten Cytometric Bead Array (CBA), ELISA und ELISPOT. CBA wurde zur Messung von IFN-g, IL-2, TNF-a, IL-4, IL-10 und IL-6 im Zellkulturüberstand des Voll-Blut-Assays und im Serum verwendet, ELISA wurde zur Bestimmung der IL-12- und IL-13-Produktion im PHA-stimulierten Voll-Blut-Assay eingesetzt, während ELISPOT zum Erfassen der in-vitro-Produktion von IFN-g, IL-12, IL-4, IL-13 und IL-10 bei Lymphozyten benutzt wurde. Die Serumkonzentrationen der Hormone Prolactin, Cortisol, Östradiol, Testosteron, sowie SHBG wurden mit entsprechenden Reagenzienkits am Analysenautomaten Elecsys 2010 erhoben. (e) Auswertung: Die schizophrenen Patienten wurden zuerst als eine ganze Gruppe untersucht, danach nach Geschlecht und verschiedenen klinischen Eigenschaften in unterschiedliche Subgruppen eingeteilt; die so gebildeten verschiedenen Subgruppen sind die unabhängigen Variablen. Die wichtigen abhängigen Variablen sind Th1/Th2-Quotienten einschließlich IFN-g/IL-4, IFN-g/IL-10 (Serum, Voll-Blut-Assay, Lymphozyten) und IFN-g/IL-13 (Lymphozyten). Bei auffälligen Unterschied(en) bezüglich Alter, oder Hormonkonzentrationen und SHBG zwischen einer schizophrenen Subgruppe und den entsprechenden Kontrollen wurden diese Parameter als Kovarianten in die Analyse eingeschlossen, um ihre Effekte auf die Th1/Th2-Balance bei den zu vergleichenden Gruppen zu kontrollieren. (f) Statistik: MAN(C)OVA und Multiple Regression. MAN(C)OVA wurde verwendet, um die Fragestellung (2a) und (2b) zu untersuchen, während Multiple Regression zur Beantwortung der Fragestellung (2c) diente. (5) Primäre Ergebnisse: (a) Die Ergebnisse dieser Studie unterstützen unsere Hypothese einer Th2-Verschiebung zumindest bei einer Subgruppe der Schizophrenie. (b) Befunde bezüglich der Th1/Th2-Balance in Schizophrenie (Resultate der MAN(C)OVA): · Die Serum-Daten deuteten auf eine eindeutige Th2-Verschiebung bei schizophrenen Patienten als Gesamtgruppe hin, nachdem die Effekte von Alter und verschiedener Hormone (insbesondere Prolactin) ausgeschlossen worden waren. · Die Th2-Verschiebung im Serum scheint Schizophrenie-spezifisch zu sein, wie die Daten der Patienten mit schizophrenie-ähnlicher Symptomatik zeigen. · Im geschlechts-spezifischen Vergleich zu gesunden Probanden hatten weibliche schizophrene Patienten signifikant reduzierte Quotient sowohl für Serum IFN-g/IL-4 als auch für IFN-g/IL-10, während männliche Patienten ausschließlich einen deutlich verminderten Serum IFN-g/IL-10 Quotient zeigten. · Reduzierte Serum IFN-g/IL-4- und IFN-g/IL-10-Quotienten wurden ebenfalls bei diversen klinischen Subgruppen beobachtet außer bei schizophrenen Patienten mit vorwiegender Positivsymptomatik. · Ein deutlich reduzierter IFN-g/IL-10-Quotient im PHA-stimulierten Voll-Blut wurde (a) bei Nicht-Paranoid oder chronischen schizophrenen Patienten gezeigt, bei Patienten, die (b) eine positive psychiatrische Familienanamnese hatten und (c) vor Einschluss in die Studie länger als 3 Monate Antipsychotika-frei gewesen waren oder (d) bei Aufnahme in die stationär-psychiatrische Behandlung niedrigere Werte auf der PANSS-Negativ-Skala hatten. Bemerkenswerter weise zeigten auch Antipsychotika-naive Patienten mit Schizophrenie tendenziell einen beträchtlich reduzierten IFN-g/IL-10-Quotient im Voll-Blut. · Die schizophrenen Patienten, deren Symptome nach einer 8-wöchigen Behandlung fast unverändert blieben, hatten auffallend niedrigere IFN-g/IL-4- und IFN-g/IL-10-Quotienten im Voll-Blut als die gesunden Probanden. · Die schizophrenen Patienten mit einem frühen Krankheitsausbruch hatten außergewöhnlich reduzierte Serum IFN-g/IL-4- und IFN-g/IL-10-Quotienten, aber einen erhöhten IFN-g/IL-4 und IFN-g/IL-13 in PHA-stimulierten Lymphozyten. Im Gegensatz zeigten diejenigen mit einem späten Ausbruch keine Änderung der beiden Serum Th1/Th2-Quotienten, jedoch auffallend reduzierte IFN-g/IL-4- und IFN-g/IL-13-Quotienten bei in-vitro stimulierten Lymphozyten. (c) Die möglichen Ursachen der Th1/Th2-Dysbalance bei Schizophrenie-Patienten (Ergebnisse von Multiple-Regression): · Für die schizophrenen Patienten als ganze Gruppe waren vorwiegend IFN-g, IL-4 und IL-10 an die Balance zwischen dem Th1- und Th2-System beteiligt. IL-6 und TNF-a könnten zur Balance zwischen IFN-g und IL-4 im PHA-stimulierten Voll-Blut beigetragen haben, während IL-4 und das Alter offensichtliche Einflüsse auf die Balance zwischen IFN-g und IL-10 im Voll-Blut bei Patienten mit Schizophrenie gehabt haben dürften. · Für die schizophrenen Patientinnen wurde keine eindeutige Quelle für das Ausbalancieren zwischen Serum IFN-g und IL-4 gefunden, obwohl die gemessenen Variablen in der Lage waren, die IFN-g/IL-4-Varianz zuverlässig vorherzusagen (d.h. ³67% oder 2/3 der Varianz waren dadurch erklärbar). Das Abgleichen zwischen IFN-g und IL-4 im Voll-Blut nach PHA-Stimulation wurde eher von den komplexen wechselseitigen Korrelationen unter IFN-g, IL-4, TNF-a, IL-6, Prolactin, Östradiol, Testosteron und Alter beeinflusst. Ähnlich komplexe Inter-Korrelationen unter diesen obengenannten Kenngrößen wurden ebenfalls beim Ausgleichen zwischen IFN-g und IL-10 sowohl im Serum als auch im PHA-stimulierten Voll-Blut beobachtet. · Für männliche schizophrene Patienten gab es vermutlich einige andere entscheidende Faktoren, welche in dieser Studie nicht geprüft worden waren, die jedoch an der Balancierung zwischen IFN-g und IL-10 im Voll-Blut beteiligt gewesen waren. Im Gegensatz zu gesunden Probanden könnten Alter, Prolactin und Östradiol zusätzlich am Abgleichen von Serum IFN-g/IL-10 beteiligt gewesen sein. Hingegen war IL-6 am Abgleichen von IFN-g/IL-10 Voll-Blut-Assay bei männlichen schizophrenen Patienten beteiligt. Beachtenswerte Beiträge von Testosteron, SHBG und Östradiol zur Balancierung vom Voll-Blut IFN-g/IL-10 wie im Fall der Kontrollen waren bei männlichen Patienten mit Schizophrenie nicht zu beobachten. (d) Psychopathologie und Th1/Th2-Quotienten: Der durchschnittliche Messwert auf der PANSS-Negativ-Skala korrelierte positiv mit Voll-Blut-Assay IFN-g/IL-4 und IFN-g/IL-10. Außerdem war der Mittelwert auf der PANSS Global Skala ebenfalls positiv mit Voll-Blut IFN-g/IL-4 assoziiert. (6) Schlussfolgerung und Diskussion: (a) Die Ergebnisse dieser Studie zeigen deutliche Th2-Verschiebungen im Serum bei verschiedenen schizophrenen Subgruppen und bieten einen eher unterstützenden Hinweis für die Hypothese der Th2-Verschiebung von Schizophrenie. (b) Th2-Verschiebungen bei schizophrenen Patienten scheinen eine komplexe Folge von Wechselwirkungen von Krankheitsprozess, Hormonen und antipsychotischer Medikation, jedoch wahrscheinlich nicht nur ein Resultat der antipsychotischen Behandlung oder der durch Alterung ausgelösten Veränderungen zu sein.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 04/19
HRSV ist eine häufige und weltweit verbreitete Ursache von Infektionen des Respirationstraktes. Es führt zu einer entzündlichen Erkrankung der respiratorischen Schleimhäute mit Mukosaödem, Hypersekretion und Bronchospasmus. Die Übertragung des viralen Erregers erfolgt durch Tröpfcheninfektion oder Kontakt mit kontaminierten Gegenständen. HRSV-Infektionen zeigen die höchste Inzidenz bei Säuglingen, vor allem in den ersten zwei bis sechs Lebensmonaten. Bei 25% bis 40% dieser Säuglinge nimmt die Erkrankung einen schweren Verlauf mit Befall des unteren Respirationstraktes in Form einer HRSV-Bronchiolitis oder -Pneumonie. Bei 0,5% bis 2,0% ist eine stationäre Behandlung im Krankenhaus erforderlich. Die Inzidenz nimmt wegen des zunehmend effektiveren Immunsystems mit dem Alter ab. Erwachsene und ältere Kinder zeigen meist keine Symptome bzw. Symptome einer leichten Erkältung. Reinfektionen im Laufe des Lebens sind häufig. Eine effektive kausale Therapie bei HRSV-Infektionen steht derzeit nicht zur Verfügung. Bei Patienten mit leichtem Krankheitsverlauf ist keine spezielle Behandlung erforderlich, therapiert wird symptomatisch. Aktuell ist keine spezifische Prävention in Form einer aktiven Impfung oder als effektive antivirale Therapie etabliert. Angesichts der hohen Inzidenz von HRSV-Infektionen und -Reinfektionen sowie der enormen gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen ist ein effektiver Impfstoff gegen HRSV als Forschungsziel vorrangig. Das Genom von HRSV, das zur Ordnung der Mononegavirales gehört, besteht aus einem negativ-orientierten RNA-Einzelstrang mit einer Länge von 15 222 Nukleotiden (beim A2-Stamm) und kodiert für zehn subgenomische mRNAs in der Reihenfolge 3’-leader, NS1, NS2, N, P, M, SH, G, F, M2(1+2), L, trailer-5’, die zur Expression von elf viralen Proteinen führen: fünf RNP-assoziierte Proteine, das sind das Nukleoprotein N, das Phosphoprotein P, die große katalytische Untereinheit L der RNA-Polymerase und der Transkriptionselongationsfaktor M2-1 sowie das nicht essentielle M2-2-Protein; vier Hüllproteine, dazu zählen das nicht-glykosylierte Matrixprotein M und drei Oberflächenproteine, im Einzelnen das Fusionsprotein F, das Anheftungsprotein G und das kleine hydrophobe Protein SH; zwei Nicht-Strukturproteine NS1 und NS2. NS1 und NS2 zeichnen die Pneumoviren vor allen anderen Viren der Ordnung der Mononegavirales aus. Beide NS-Proteine sind im Virion nur in Spuren nachweisbar, während sie in infizierten Zellen akkumulieren. Die beiden für die Proteine NS1 und NS2 kodierenden, nichtüberlappenden Gene liegen am 3‘-Ende des Genoms direkt im Anschluss an die leader-Region. NS1 und NS2 stimmen in den vier carboxyterminalen Aminosäuren überein, ansonsten weisen sie keine Sequenzähnlichkeiten auf. Das NS1-Gen hat eine Länge von 552 nt und kodiert für ein leicht saures Protein von 139 AS und 15,7 kD. Das NS2-Gen ist 503 nt lang und kodiert für ein basisches Protein von 124 AS und 14,7 kD. Die für die Ordnung der Mononegavirales charakteristische progressive Attenuation der Transkription sowie die Genlokalisation von NS1 und NS2 am 3‘-Ende lassen auf die höchste Transkriptionsrate für NS1- und NS2-mRNA unter den zehn HSRV-mRNA schließen, was auf eine bedeutende Rolle der NS1- und NS2-Proteine in infizierten Zellen hindeutet. NS1 und NS2 antagonisieren im Zusammenwirken die durch alpha-IFN und beta-IFN induzierte antivirale Antwort des Wirtsorganismus. Hierfür ist eine Koexpression beider NS-Proteine unbedingt erforderlich, ein NS-Protein allein zeigt keine derartige Aktivität. Der Mechanismus, mit dem HRSV die IFN-Antwort des Wirtsorganismus umgeht, ist unklar. In dieser Arbeit wurde die Funktion der NS-Proteine von klinischen HRSV-Isolaten aus fünf bis fünfzehn Monate alten Kindern untersucht. Durch die Anzucht der klinischen HRSV-Isolate in HEp-2-Zellkultur unter identischen Bedingungen wurden zunächst patientenabhängige Faktoren ausgeschaltet und damit die Grundlage für die Vergleichbarkeit der Wachstumseigenschaften der Isolate geschaffen. In den daraufhin erstellten Wachstumskurven konnten deutlich voneinander abweichende Wachstumverhalten der Isolate aufgezeigt werden. Der Befund, dass 3/4 der Bronchiolitis hervorrufenden HRS-Viren hohe infektiöse Titer (>106 infektiöse Viruspartikel/ ml an Tag 3) erreichten, während dies nur bei 1/3 der Bronchitis verursachenden Viren zu beobachten war, könnte auf eine Korrelation zwischen Wachstum in vitro und Pathogenität in vivo hindeuten. Um dies zu belegen, müsste eine größere Zahl von klinischen Isolaten analysiert werden. Die beiden Nicht-Strukturproteine versetzen HRSV in die Lage, die antivirale IFN-Antwort der Wirtszelle zu umgehen. Durch Behandlung von Virus-infizierten Zellkulturen mit IFN ließ sich nachweisen, dass alle klinischen HRSV-Isolate die Eigenschaft der IFN-Resistenz gleichermaßen besitzen und erst durch unphysiologisch hohe IFN Dosen eine wesentliche Inhibierung der Virusreplikation erreicht werden kann. Die in gleicher Weise ausgeprägte α-IFN-Resistenz bei den in Virulenz und Wachstumsgeschwindigkeit unterschiedlichen Viren deutete bereits darauf hin, dass diese Resistenz essentiell für alle klinischen RSV-Isolate ist, und dass zusätzliche Faktoren für das Maß der Aggressivität der Erreger verantwortlich sind. Mittels Nukleotid- und Aminosäuresequenzanalysen von NS1 und NS2 konnte dies weitgehend bestätigt werden. Anhand von RNA aus den HRSV-Isolaten wurde mit Hilfe des Enzyms Reverse Transkriptase cDNA von NS1 und NS2 synthetisiert, die nach dem Prinzip der PCR in vitro amplifiziert wurde. In anschließenden Klonierungsarbeiten wurden aus dem Vektor pBluescript II SK (–) und NS1-DNA bzw. NS1+NS2-DNA als Insert Plasmide konstruiert, in denen die Gensequenzen von NS1 und NS2 ermittelt und rechnergestützt in die entsprechenden Aminosäuresequenzen translatiert wurden. Die Analyse der NS-Sequenzen zeigte eine überraschend hohe Konservierung. Die Isolate waren einschließlich des Long-Stamms diesbezüglich untereinander sehr ähnlich. Diese Beobachtung stimmt mit der IFN-Resistenz überein und zeigt die Bedeutung der NS-Proteine. Die Ergebnisse dieser Arbeit deuten darauf hin, dass Abweichungen in den Sequenzen der übrigen Gene sowie patientenbezogene Faktoren wie Abwehrlage und anatomische Beschaffenheit des Respirationstraktes als Grund für die Unterschiede im Schweregrad der HRSV-Infektion eine Rolle spielen. Angesichts der stabilen Koexpression beider Nicht-Strukturproteine und des dadurch bedingten effektiven IFN-Escape sichern die Gene NS1 und NS2 die Überlebensfähigkeit von HRSV in vivo und stellen ebenso geeignete wie interessante Angriffspunkte in der Entwicklung eines attenuierten Lebendimpfstoffs dar.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/19
Das zur Familie der Herpesviridae, Unterfamilie Gammaherpesvirinae, gehörende murine Herpesvirus 68 (MHV-68) besitzt mit 118 kbp wie die zu den Betaherpesvirinae gehörenden murinen und humanen Cytomegalieviren (MCMV und HCMV) mit ca. 230 kbp ein sehr großes Genom. Die Mehrzahl der 80 offenen Leserahmen wurde noch nicht charakterisiert. Zur Untersuchung dieser Gene ist die zufällige Herstellung viraler Mutanten die effiziente Methode, um zu neuen Erkenntnissen bezüglich ihrer Funktion zu gelangen. Aufgrund des großen Anteils nicht oder nur wenig charakterisierter Gene am viralen Genom und der oftmals nur geringen Homologie zu offenen Leserahmen anderer nah verwandter Herpesviren ist für MHV-68 ein Verfahren der „forward genetics“ diejenige Möglichkeit, welche den größten Erfolg verspricht. Dies beinhaltet eine ungezielte Mutagenese des viralen Genoms mit blinder Rekonstitution und nachfolgender Charakterisierung derjenigen Rekombinanten, welche einen interessanten Phänotypen zeigten. Bisher war die Herstellung rekombinanter MHV-68-Klone sehr arbeitsintensiv, da man diese gänzlich mit den Mitteln durchführen musste, welche die Methodik der Zellkultur zur Verfügung stellte. Aufgrund der Klonierung des MHV-68-Genoms als ein künstliches bakterielles Chromosom (BAC), der Etablierung des Verfahrens der Transposonmutagenese und mittels der Möglichkeit der Rekonstitution viraler Rekombinanten durch invasive Bakterien wurde diese Methode der klassischen oder forward genetics möglich. In dieser Arbeit wurde erstmals eine Mutagenese des Genoms von MHV-68 durchgeführt, die resultierenden viralen Rekombinanten rekonstituiert und einer phänotypischen Untersuchung unterzogen. Hierbei wurde das Wachstum der Mutanten auf sechs verschiedenen Zelllinien verglichen. Dies sollte grob augenscheinliche Unterschiede der rekombinanten Viren im Vergleich zu einer Wildtyp-Kontrolle nachweisen, wobei die von Brune et al. bereits etablierte Methodik an die Erfordernisse des MHV-68-Genoms angepasst werden konnte. Bezüglich des viralen Wachstums in Endothelzellen auffällig erscheinende Mutanten zeigten eine Häufung der Tn-Insertionen in der Genregion um ORF 10. Wachstumskurven bestätigten die Rolle von ORF 10 für die Fähigkeit des Virus in Endothelzellen zu replizieren. Dieses ist der erste Hinweis für eine interessante biologische Funktion dieses viralen ORFs, die in weiteren Arbeiten zu sichern und zu analysieren ist.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/19
Perkutane Interventionsverfahren stellen ein etabliertes und wichtiges Behandlungskonzept der Arteriosklerose dar. Ihr Ergebnis wird getrübt durch hohe Restenoseraten nach z.B. Ballon-Angioplastie. Wesentlich für die Ausbildung und den Grad einer postinterventionellen Restenose ist die Reendothelialisierung der zerstörten Intima, weshalb es von besonderem Interesse ist, intrazelluläre Signalübertragungswege, welche nach Zerstörung eines Endothelzellmonolayers in den überlebenden Zellen ablaufen, zu untersuchen, um potentielle Angriffspunkte z.B. für eine pharmakologische Modulation der Endothelzellantwort nach Angioplastie zu finden. In der vorliegenden Arbeit wurden diese Signalübertragungswege an einem Modell zur Verletzung vaskulärer Endothelzellmonolayer in vitro untersucht. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf Untersuchung des an der Regulation der Zellproliferation beteiligten Transkriptionsfaktors und Proto-Oncogens AP-1 bzw. dessen mRNA-Vorstufe c-fos. An humanen vaskulären Endothelzellen (HUVEC) wurde in Zellkultur mittels Northern-Blot Analysen und Electrophoretic mobility shift assays untersucht, ob c-fos und AP-1 nach Endothelzellverletzung exprimiert bzw. aktiviert werden. Es konnte gezeigt werden, dass die Endothelzellverletzung im vorliegenden Modell eine starke Expression von c-fos sowie die Aktivierung des korrespondierenden Transkriptionsfaktors AP-1 bewirkt. Diese Aktivierung wird gesteuert durch einen Anstieg der intrazellulären Calcium-Konzentration sowie unter Beteiligung negativ regulierender G-Protein, der Proteinkinase C sowie von Protein-Tyrosinkinasen. Keine Beteiligung konnte nachgewiesen werden für MAPKinasen, Proteinkinase A sowie die CamKinasen. Die Ergebnisse dieser Arbeit liefern in Zusammenschau mit publizierten Ergebnissen anderer Arbeitsgruppen wichtige Erkenntnisse für eine weiterführende Untersuchung der Signalübertragungswege in huamnen Endothelzellen nach z.B. perkutaner Angioplastie und führen in Zukunft zu neuen Ansatzpunkten für die Pharmakotherapie vaskulärer Läsionen, z.b. durch drug-eluting Stents.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/07
Besonders Zytostatika-vielfachresistente Tumorzellen stellen bei der Chemotherapie ein großes Problem dar. Mit der Entwicklung der Gentherapie ergibt sich eine neue erfolgversprechende Perspektive für die Bekämpfung von malignen Tumorerkrankungen. Sehr viel versprechend ist die Entdeckung von E1A-deletierten Adenoviren, die in vielfachresistenten Tumorzellen, welche häufig den humanen Transkriptionsfaktor YB-1 im Kern enthalten, eine E1A-unabhängige adenovirale Replikation und virale Tumorzelllyse durchführen können. In der vorliegenden Arbeit sollte durch den Einsatz einer in der Gentherapie erst neuen Technologie - der Magnetofektion - eine gezielte lokoregionäre Applikation dieser onkolytischen adenoviralen Vektoren in die vielfachresisten Tumorzellen erreicht werden. Bei der Magnetofektion werden die adenoviralen Vektoren durch elektrostatische Wechselwirkungen an nanokristalline Eisenoxidpartikel gebunden und mit Hilfe eines externen magnetischen Feldes in den Zielzellen angereichert. Die Studien wurden in der Zellkultur an vielfachresistenten und nicht resistenten Tumorzellen durchgeführt. Zur Feststellung der zielgerichteten adenoviralen Infektion wurde das Reportergen LacZ eingesetzt; mit Hilfe der x-Gal Färbung konnte durch Blaufärbung der infizierten Zellen nachgewiesen werden, dass im Einflussgebiet des Magnetfeldes eine effiziente Infektion stattgefunden hat, sowohl in CAR-positiven wie auch in CAR-negativen vielfachresisten Tumorzellen. Um den Grad der adenoviralen Replikation abschätzen zu können, wurden Southern-Blot-Analysen durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass E1A-deletierte adenovirale Vektoren in den vielfachresistenten Tumorzellen eine sehr effiziente E1A-unabhängige Replikation durchführen können. Weiterhin konnte der Nachweis der adenoviralen Replikation und der darauf folgenden Tumorzelllyse anhand des Virus-assoziierten cytopathogenen Effektes in den vielfachresistenten Tumorzellen mit der Kristallviolettfärbung erbracht werden. Die adenovirale Replikation und Partikelzahlbildung in vielfachresistenten Tumorzellen konnte anhand eines Plaque-Assay bestimmt werden. Dazu wurden E1A-deletierte Adenoviren nach Infektion von resistenten und nicht resistenten Tumorzellen getrennt aus dem Einflussbereich und außerhalb des Einflussbereiches des Magnetfeldes isoliert. Es zeigte sich, dass die adenovirale Replikation/Partikelbildung im Wirkungsbereich des Magneten deutlich erhöht war. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass durch die Magnetofektion eine zielgerichtete adenovirale Infektion und eine Erhöhung der Transfereffizienz im Wirkungsbereich des Magnetfeldes erreicht werden kann. Somit können E1A-deletierte Adenoviren im Einflussgebiet des Magneten vielfachresistente Tumorzellen, die YB-1 im Kern enthalten sehr effizient infizieren und eine gezielte Tumorzelllyse durchführen.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/07
Ziel der vorliegenden Arbeit war die Untersuchung der UL11- und UL20-Homologe des equinen Herpesvirus Typ 1 (EHV-1). Dabei sollte vor allem auf deren Funktionen in späten Stadien des Replikationszyklus und auf ein mögliches Zusammenspiel eingegangen werden. Zunächst wurde das UL20-Protein identifiziert und sowohl strukturell als auch funktionell charakterisiert. Ein in Kaninchen hergestelltes Antiserum reagierte in Western Blot-Analysen spezifisch mit zwei Proteinen mit apparenten Molekulargewichten von 25 und 75 kDa, und trotz zweier Konsensussequenzen im offenen Leserahmen UL20 führte eine Hemmung der N-Glykosylierung des Proteins zu keiner Veränderung dieser Laufeigenschaften. Das Protein, das ab 6 h p.i. in Zellen nachweisbar war, wurde der Klasse der γ1-Proteine zugeordnet und als Bestandteil der Virushülle identifiziert. Eine Assoziation des UL20-Proteins mit zellulären Membranen zeigte sich nach Fraktionierung infizierter Zellen und nach Immunfluoreszenzfärbung UL20-exprimierender Zellen. UL20-Deletionsmutanten der EHV-1-Stämme RacL11 und RacH wurden über BAC-Mutagenese hergestellt. Die negativen Viren führten in Einschritt-Wachstumskinetiken zu bis zu 1000fach geringeren extrazellulären Titern als die entsprechenden Wildtyp-Viren. Die intrazelluläre Infektiosität war dagegen nur um das 3fache erniedrigt. Diese Ergebnisse wiesen auf eine Funktion von pUL20 beim späten "viral egress" hin. Eine Bedeutung des Proteins im "cell-to-cell-spread" wurde durch Untersuchung des Plaquephänotyps gezeigt. Während die Ausgangsviren und Revertanten zu deutlichen Plaques führten, bestanden die Plaques der Deletionsmutanten aus nur wenigen infizierten Zellen. Eine initiale Charakterisierung des UL11-Proteins von EHV-1 liegt bereits vor. Das Tegumentprotein, das eine Konsensussequenz für eine N-Myristylierung aufweist, assoziiert in infizierten Zellen mit Membranen und spielt eine Rolle im "viral egress" und vor allem im "cell-to-cell-spread". Zur genaueren Einordnung dieser Funktionen wurden die Auswirkungen der Deletion des Großteils der UL11-spezifischen Sequenzen auf die Replikation von EHV-1 in Zellkultur vor dem genetischen Hintergrund verschiedener EHV-1-Isolate (RacL22, RacL11), -Stämme (KyA) und -Mutanten (L11Δ49) untersucht. Sämtliche rekombinante Viren waren auf nicht komplementierenden Zelllinien vermehrungsfähig. Das UL11-Protein ist daher auch in Verbindung mit der Deletion der für die Glykoproteine E und I kodierenden Gene (KyA) bzw. der fehlenden Expression des UL49-Proteins für die Replikation von EHV-1 in Zellkultur als nicht essentiell anzusehen. Die Bestimmung eines Wachstumswertes der Deletionsmutanten und Ausgangsviren ergab jedoch Hinweise auf eine mögliche Interaktion von pUL11 mit den Glykoproteinen E und I bzw. dem Tegumentprotein pUL49. Die Funktion des UL11-Proteins im "cell-to-cell-spread" konnte durch Untersuchung des Plaquephänotyps, bei dem die UL11-deletierten Viren zu deutlich kleineren Plaques als die Ausgangsviren führten, bestätigt, jedoch nicht genauer definiert werden. Untersuchungen eines in seiner Myristylierungs-Sequenz mutierten UL11-Proteins ergaben weder eine Verschiebung der Laufeigenschaften im Western Blot, noch eine veränderte Verteilung in der transfizierten Zelle. Allerdings konnte eine Assoziation von pUL11 mit Lipid Rafts gezeigt werden. Diese muss über eine Modifikation des Proteins durch Myristylierung oder Palmitylierung vermittelt sein. Das UL20-Protein dagegen war nicht spezifisch in den Lipid Rafts angereichert. Von einem Zusammenspiel der beiden Proteine in diesen Membranbereichen in ihrer Funktion beim "cell-to-cell-spread" ist daher nicht auszugehen.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/19
Schwefellost ist ein blasenbildendes Alkylanz, welches auch heute noch eine Bedrohung durch seinen potenziellen Einsatz als chemischen Kampfstoff bei terroristischen Attacken oder durch den akzidentiellen Kontakt mit den sog. Rüstungsaltslasten darstellt. Die klinischen Effekte auf der Haut nach Kontakt mit Schwefellost treten nach einer Latenzzeit von mehreren Stunden auf. Sie reichen von Rötung über Blasenbildung bis hin zu nekrotischer Geschwürbildung und zeichnen sich durch eine verzögerte Wundheilung aus. Eine Kausaltherapie ist bisher noch nicht etabliert. Obwohl die Rolle von inflammatorischen Zytokinen, die nach Kontakt mit toxischen Chemikalien ausgeschüttet werden, bereits untersucht wurde, existieren hinsichtlich Schwefellost nur spärliche Daten. Von besonderem Interesse ist die symptomfreie Latenzzeit nach Schwefellost-Kontamination, in der der inflammatorische Prozess, unter anderem durch die Ausschüttung von Zytokinen, in Gang gesetzt wird. Durch die nähere Untersuchung des Pathomechanismus könnten sich neue Behandlungskonzepte von Schwefellost-Verletzungen ergeben. Vier verschiedene epitheliale Zelllinien (A 549, SCL II, HaCaT und NHEK) wurden eingesetzt, um den Effekt von Schwefellost auf Proliferationsverhalten, Vitalität und Zytokin-Sekretion näher zu untersuchen. In den Versuchen konnte gezeigt werden, dass eine Schwefellost-Exposition bei allen vier untersuchten Zelllinien die Proliferation schon in Konzentrationsbereichen hemmte, bei denen noch keinerlei Einfluss auf die Vitalität (gemessen als metabolische Aktivität) der Einzelzelle erkennbar war. Der zytotoxische Effekt von Schwefellost nahm mit steigender Dosis zu, wobei sich die zytotoxische Wirkung mit zunehmendem Zeitintervall zwischen Exposition und Vitalitätsmessung verstärkte. Es wurde die Zytokin-Ausschüttung in den ersten acht Stunden nach Schwefellost-Exposition untersucht, wobei die Schwefellost-Konzentration so gewählt wurde, dass sie in vivo zu Blasenbildung führte. Die Zytokinmessungen im Zellkulturüberstand zeigten deutlich, dass durch eine Schwefellost-Exposition mit 500 µM für 30 Minuten die Zytokin-Ausschüttung im Vergleich zu den Kontrollkulturen gesteigert wurde, und sie mit zunehmendem Zeitintervall nach der Exposition größer wurde. Während bei den A 549-Zellen nur eine vermehrte Ausschüttung von IL-6 und IL-8 festgestellt werden konnte, zeigte sich bei den SCL II-Zellen nach Schwefellost-Exposition eine gesteigerte Sekretion von IL-6, IL-8 und TNF-a. Bei den HaCaT-Zellen und den Keratinozyten kam es bei allen vier untersuchten Zytokinen (IL-1a, IL-6, IL-8 und TNF-a) zu einer Konzentrationserhöhung im Kulturüberstand. Für HaCaT-Zellen konnte gezeigt werden, dass mit zunehmender Schwefellost-Konzentration die Interleukin-6 Konzentration im Zellkulturüberstand anstieg. Die Daten zeigen, dass nach Exposition mit Schwefellost die Zellproliferation, der Zelltod und die Ausschüttung von Entzündungsmediatoren von der Konzentration und der Zeit nach der Exposition abhängig sind.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
Die endogene Präsentation von intrazellulären Antigenen auf MHC-Klasse-II-Molekülen ist von zentraler Bedeutung für eine Reihe immunologischer Prozesse. Die diesem Präsentationsweg zugrundeliegenden molekularen Mechanismen sind noch weitgehend unverstanden. Ziel dieser Arbeit war es, einen Beitrag zum Verständnis der molekularen Abläufe zu leisten, die an diesem endogenen MHC-Klasse-II-Präsentationsweg beteiligt sind. Am Beispiel des zytoplasmatischen/nukleären Modellantigens Neomycin-Phosphotransferase (NeoR) und eines Modellantigen-spezifischen, MHC-Klasse-II-restringierten CD4+ T-Zell Klons wurde der endogene Präsentationsweg in nicht-professionellen und professionellen antigenpräsentierenden Zellen untersucht. Eine Beteiligung von Schlüsselkomponenten des MHC-Klasse-I-Präsentationsweges konnte durch die Verwendung chemischer und biologischer Inhibitoren ebenso ausgeschlossen werden, wie eine vorzeitige Beladung von neu-synthetisierten MHC-Klasse-II-Molekülen im endoplasmatischen Retikulum. Dagegen erwies sich die endogene Präsentation des Modellantigens abhängig von endosomaler/lysosomaler Prozessierung. Durch biochemische und zellbiologische Methoden konnte nachgewiesen werden, daß das Antigen als intaktes Protein in Endosomen/Lysosomen gelangt. Eine mögliche Sekretion des Antigens und anschließende Wiederaufnahme in endosomale Kompartimente konnte durch Zellkulturüberstand- Transferexperimente als Transportmechanismus ausgeschlossen werden. Durch Inhibitor-Studien und der Beschreibung der Endosomen als Eintrittsort des Antigens in das endosomale/lysosomale System konnte gezeigt werden, daß ein Signalsequenz-vermittelter Import in Lysosomen durch Hitzeschockproteine nicht als Mechanismus in Frage kommt. Dagegen wies die Expression Autophagie-assoziierter Proteine in den verwendeten Zellinien auf eine mögliche Beteiligung dieses zytoplasmatischen Abbauvorganges an der Präsentation des Antigens hin. Eine Inhibition der Autophagie führte zu einer Stabilisierung und Anreicherung des Proteins im Zytoplasma sowie zu einer verminderten Aufnahme des Antigens in das endosomale/lysosomale Kompartiment. Die verminderte Aufnahme korrelierte mit einer starken Abnahme der MHC-Klasse-II-restringierten Präsentation des Antigens. Diese Ergebnisse identifizieren Autophagie am Beispiel des Modellantigens NeoR als den verantwortlichen molekularen Mechanismus für die endogene MHC-Klasse-II-restringierte Antigenpräsentation.