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Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 07/07
Epilepsie ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen beim Menschen, ebenso wie bei unseren Haustieren. Weltweit sind um die 50 Millionen Menschen an Epilepsie erkrankt (ANONYMOUS, 2014a). Die der Epilepsie unterliegenden Ursachen und ihre klinischen und pathologischen Ausprägungen können sehr vielfältig sein. Ein Zusammenhang zwischen epileptischen Anfällen und Hippokampussklerose (HS) wurde bereits vor fast 200 Jahren gezogen, als Bouchet und Kollegen den Hippokampus epileptischer Patienten erstmals als aufgehellt, verkleinert und verhärtet beschreiben (BOUCHET, 1825). Seitdem wurden das Auftreten und die Auswirkungen von HS oft und eingehend untersucht (THOM, 2009). Unter HS versteht man Neuronenverlust im Pyramidenzellband, der von reaktiver Astrogliose begleitet wird. Außerdem treten häufig auch Körnerzellpathologien (GCP) wie Körnerzellnekrosen oder Körnerzelldispersion (GCD) auf (HOUSER, 1990; BLUMCKE et al., 2002; WIESER, 2004). Beim Menschen ist die Temporallappenepilepsie (TLE) mit etwa 10% eine recht häufig auftretende Epilepsieform (TELLEZ-ZENTENO & HERNANDEZ-RONQUILLO, 2012). Sie geht mit typischen fokalen Anfällen einher, die sich hauptsächlich als Kontraktionen der Gesichts- und Kaumuskulatur manifestieren (FRENCH et al., 1993; SPENCER, 2002). Die Assoziation von TLE mit HS wird als einer der Schlüsselfaktoren für die bei dieser Epilepsieform häufig auftretende Pharmakoresistenz betrachtet (BLUMCKE et al., 2002). Untermauert wird dies durch die Tatsache, dass 80% der Patienten, die unter HS litten, nach einer chirurgischen Entfernung der veränderten Areale, von Anfallsfreiheit über mindestens die folgenden zwölf Monate profitieren (BLUMCKE et al., 2007).Über die Entstehung und die Frage, ob HS ein Auslöser oder eine Folge der Krampfanfälle ist, lässt sich trotz der bisher gewonnenen Fülle an Erkenntnissen zum heutigen Zeitpunkt nur spekulieren (JEFFERYS, 1999). Bei epileptischen Katzen wurde in den letzten Jahren vermehrt von limbischen Anfällen mit orofazialen Symptomen berichtet (FATZER et al., 2000; PAKOZDY et al., 2010; PAKOZDY et al., 2011). Durch frühere Arbeiten, die die Katze als Modelltier für die Epilepsieforschung verwendeten, war bereits bekannt, dass diese Art von Anfällen ihren Ursprung im Temporallappen haben (GASTAUT et al., 1959a; WADA et al., 1986a). Zudem wurden in letzter Zeit einzelne Fälle publiziert, bei denen die Hippocampi von Katzen mit orofazialen Anfällen histologische Veränderungen aufwiesen, die der HS des Menschen ähnelten (PAKOZDY et al., 2011; KLANG et al., 2015). Aufgrund fehlender systematischer Erhebung von gehirnpathologischen Daten, konnte jedoch bisher keine Aussage bezüglich der Häufigkeit des Auftretens dieser hippokampalen Veränderungen getroffen werden. In der hier vorgestellten Studie wurden daher das Vorkommen und die Ausprägung von Hippokampuspathologien bei epileptischen Katzen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Krankheitsursachen untersucht. Besonderes Augenmerk wurde auf das Auftreten von HS und GCP und deren speziesspezifische Besonderheiten gelegt. Es wurde außerdem analysiert, ob die beim Menschen verwendeten Algorithmen zur Beurteilung epilepsieassoziierter Hippokampuspathologien auch bei der Katze angewendet werden könnten (BLUMCKE et al., 2007; BLUMCKE et al., 2009). Aus diesen Daten konnten schließlich Parallelen und auch Unterschiede zur Pathologie des Pyramiden- und Körnerzellbands des Menschen gezogen werden. Dadurch sollte der Grundstein dafür gelegt werden, dass einerseits die Tiermedizin von der großen Fülle an Informationen über humane HS profitieren kann, und andererseits für die Humanmedizin durch die Möglichkeit der Etablierung der Katze als Spontanmodell für HS neue Erkenntnisse gewonnen werden können.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 04/07
Epilepsien zählen zu den häufigsten chronischen neurologischen Erkrankungen des Menschen, aber auch der Hunde und Katzen. Sie sind mit erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität und Lebenserwartung verbunden und führen zu einer fortschreitenden Schädigung des gesamten Nervensystems. Gegenwärtig ist die wichtigste Therapieform der Epilepsie nach wie vor die Pharmakotherapie. Ungeachtet einer Vielzahl neuer Antiepileptika kann jedoch bei über 30% der Patienten mit Epilepsien durch eine medikamentelle Therapie keine ausreichende Kontrolle der Anfälle herbeigeführt werden, was neue Therapie- und Behandlungsstrategien unbedingt erforderlich macht. Eine, der im Zusammenhang mit einer Pharmakoresistenz am häufigsten erwähnten Thesen, ist die Multidrug-Transporter-Hypothese. Hier wird davon ausgegangen, dass es, durch an der Blut-Hirn-Schranke überexprimierte Efflux-Transporter, nicht zu einer ausreichend hohen Konzentration eines Antiepileptikums im neuronalen Gewebe kommt. Dem Multidrug-Transporter P-Glycoprotein (Pgp) wird dabei eine besondere Bedeutung beigemessen. Basierend auf der Multidrug-Transporter-Hypothese war es ein Ziel dieses Dissertationsvorhabenes die Regulation der anfallsinduzierten Pgp-Überexpression genauer zu charakterisieren, um daraus resultierend mögliche neue Angriffspunkte für eine Modulation der Pgp-Überexpression zu identifizieren. In einem ersten Teil der Dissertation wurde deshalb die Spezifität der molekularen Veränderungen des verwendeten Tiermodells untersucht. Hierfür wurde die Wirkung von spontanen Anfällen und eines SE auf die Pgp-Expression im Kaninen Gehirn untersucht. Die Untersuchungen zeigten, dass wie im Tiermodell auch nach einem spontan ablaufenden SE eine deutliche Induktion des Mutlidrug-Transporters Pgp an der Blut-Hirn-Schranke nachweisbar ist. Da bisherige Forschungsarbeiten unserer Arbeitsgruppe auf eine besondere Bedeutung des Glutamat/NMDA-Rezeptor/COX 2-Weges für die anfallsinduzierte Pgp-Überexpression in Endothelzellen der Blut-Hirn-Schranke hinweisen, wurden in diesem Dissertationsprojekt eingehende Untersuchungen durchgeführt, die darauf abzielten diesen Signalweg weiter aufzuklären. Durch vorausgegangene in vitro Untersuchungen wurde davon ausgegangen, dass die weitere Pgp-Induktion über den EP-1-Rezeptor von PGE2 abläuft. Diese Annahme konnte durch die Verwendung des EP-1-Rezeptor Hemmers SC- 51089 in vivo im Rahmen dieses Dissertationsprojektes bestätigt werden. Ein neuroprotektiver Effekt dieser Substanz konnte jedoch bei der verwendeten Konzentration von SC 51089 in diesem SE-Modell im Hilus nicht nachgewiesen werden. Weiterhin wurden Untersuchungen zu möglichen Downstream-Elementen des EP-1-Rezeptors angeschlossen, den Transkriptionsfaktoren YB-1 und ZONAB. Erstmalig konnte eine Expression dieser Transkriptionsfaktoren im adulten Gehirn unterschiedlicher Spezies nachgewiesen werden, die jedoch vermutlich nicht mit der anfallsinduzierten Pgp-Überexpression im Zusammenhang steht. Die bisherigen Ergebnisse demonstrieren jedoch, dass durch eine genaue Kenntnis, der an der Regulation der Pgp-Überexpression beteiligten Faktoren, eine Modulation bzw. Inhibtion der anfallsinduzierten Induktion von Pgp möglich ist und dadurch eine hoffnungsvolle Möglichkeit zur Behandlung und zur Prävention einer Multidrug-Transporter basierten Pharmakoresistenz geschaffen werden kann.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/07
Epilepsien zählen zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen bei Hund, Katze und Mensch. Sie sind mit einer fortschreitenden Schädigung des zentralen Nervensystems und mit erheblichen Einschränkungen im täglichen Leben verbunden. Trotz Entwicklung zahlreicher neuer Antiepileptika über die letzten Jahrzehnte spricht etwa ein Drittel der Veterinär- und Humanpatienten nicht auf eine Pharmakotherapie an. Diese Pharmakoresistenz von Epilepsien stellt ein schwerwiegendes und bisher ungelöstes Problem für die betroffenen Patienten dar und macht neue Therapiestrategien dringend erforderlich. Eine Ursache der Pharmakoresistenz bei Epilepsien stellt die Überexpression von Multidrug-Transportern in den Endothelzellen der Blut-Hirn-Schranke dar. Die physiologische Funktion dieser Efflux-Transporter besteht darin, den Eintritt von Xenobiotika in das Gewebe bestimmter Körperregionen zu verhindern. Eine Überexpression bei pharmakoresistenten Patienten führt zu einem vermehrten Efflux-Transport von Antiepileptika in die Blutbahn, so dass trotz therapeutischer Plasma-Konzentrationen keine ausreichenden Wirkstoffspiegel im Bereich des epileptischen Fokus erreicht werden können. Auf der Basis der Multidrug-Transporter-Hypothese wurden im Rahmen dieser Dissertation zwei mögliche neue Behandlungsstrategien zur Überwindung der Pharmakoresistenz von Epilepsien im Tiermodell untersucht. In den letzten Jahrzehnten wurde ein direkter intra- oder extraneuronaler Transport von Substanzen nach intranasaler (i.n.) Applikation aus der Nasenhöhle in das Gehirn wiederholt beschrieben. Diese Möglichkeit zur Umgehung der Blut-Hirn-Schranke und der dort lokalisierten Efflux-Transporter wurde im Rahmen dieser Arbeit mittels Untersuchungen zur Gehirngängigkeit von Antiepileptika nach i.n.-Applikation im Rattenmodell näher überprüft. Mikrodialyse-Untersuchungen zur Bestimmung der Extrazellulär-Konzentration von Phenobarbital, Lamotrigin und Carbamazepin im Bereich des frontalen Cortex ergaben keine Hinweise auf einen effektiveren Substanztransport nach i.n.-Applikation im Vergleich zur intravenösen (i.v.) Applikationsform. Die Bestimmung der Phenobarbital-Konzentration im Gesamtgehirngewebe nach i.n.- und i.v.-Verabreichung resultierte ebenfalls in gleichwertigen Konzentrationen. Die Untersuchung einzelner Gehirnregionen 10 min nach i.n. Applikation ergab für den Bulbus olfactorius eine signifikant höhere Gehirn-Plasma-Ratio im Vergleich zur i.v.-Applikation. Im Amygdala-Kindling-Modell der Temporallappen-Epilepsie konnte eine dosisabhängige antikonvulsive Wirkung nach i.n.-Applikation von Phenobarbital beobachtet werden, die in vergleichbarem Maße auch nach i.v.-Applikation zu beobachten war. Insgesamt geben die Untersuchungsergebnisse keinen Hinweis darauf, dass ein direkter Transport von Antiepileptika aus der Nasenhöhle in das Gehirn in therapeutisch relevantem Ausmaß stattfindet und eine Umgehung der Blut-Hirn-Schranke auf diese Weise möglich ist. Eine besondere Eignung der i.n.-Applikation zur Therapie pharmakoresistenter Patienten erscheint daher unwahrscheinlich, kann jedoch endgültig erst durch Untersuchungen in einem Tiermodell für pharmakoresistente Epilepsie beurteilt werden. Die nach i.n.-Applikation von Phenobarbital erreichten Plasma-Konzentrationen in Kombination mit der gezeigten antikonvulsiven Wirksamkeit lassen diesen Applikationsweg jedoch zur nicht invasiven Behandlung eines Status epilepticus oder von Anfalls-Clustern Erfolg versprechend erscheinen. Dem Multidrug-Transporter P-Glycoprotein (P-gp) wird in Zusammenhang mit transporter-basierter Pharmakoresistenz bei Epilepsie besondere Bedeutung beigemessen. Durch pharmakologische Inhibition der P-gp-Funktion gelang im Tiermodell bereits die Überwindung von Pharmakoresistenz. Die Anwendung von Hemmstoffen bringt jedoch den Nachteil einer P-gp-Inhibition in allen Körperregionen mit sich. Eine auf die Blut-Hirn-Schranke begrenzte Reduktion der P-gp-Expression wäre durch den Mechanismus der RNA-Interferenz zu erreichen. Für in vivo-Untersuchungen an Ratten wurde gegen P-gp-mRNA gerichtete „small interfering RNA“ (siRNA) zum Schutz vor endogenen Nukleasen in Liposomen eingeschlossen. Zudem wurde für ein Targeting das Peptid ApoE4 an die Oberfläche der Liposomen gebunden, welches eine Endozytose an Endothelzellen der Blut-Hirn-Schranke vermittelt. Das Ziel einer P-gp-Reduktion auf Protein-Ebene nach i.v.-Applikation derart geschützter und zielgesteuerter siRNA konnte jedoch nicht erreicht werden. Die Quantifizierung der P-gp-Expression in den Endothelzellen der Blut-Hirn-Schranke anhand immunhistochemisch gefärbter Gehirnschnitte ergab 24 h nach Applikation keine Verminderung der P-gp-Expression. Die Ursachen für die ausgebliebene P-gp-Reduktion sind in weiterführenden Untersuchungen zu klären.