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Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 06/19
Die Amyloidosen gehören zu den Proteinspeicherkrankheiten. Die abgelagerten pathogenen Proteine zeichnen sich durch eine besondere Konformation, die β-Faltblattstruktur, aus. Man spricht daher auch von Konformationskrankheiten" oder "β-Fibrillosen". Bislang sind etwa 25 verschiedene Proteine bekannt, die im Menschen zu einer Amyloidose führen können. Je nach Lokalisation der Amyloidablagerungen unterscheidet man lokale („Amyloidom“), organlimitierte (z.B. zerebrale) und systemische Formen. Die Benennung erfolgt nach der Art des gespeicherten Proteins, wobei an das Kürzel „A“ für „Amyloid“ das Kürzel des gespeicherten Proteins angehängt wird: Die bekanntesten Amyloidosen sind vom Typ Aβ (M. Alzheimer), APrP (Scrapie), AA (Akutphasenprotein bei chronischen Entzündungen), Aβ2M (Urämie, chronische Hämodialyse), ATTR (Amyloid vom Transthyretin-Typ sporadisch im Alter sowie familiär bei Mutation) und AL (Leichtketten-Amyloid bei monoklonaler Gammopathie mit den Isotypen λ und κ). Daneben gibt es seltenere, dann oft familiär gehäuft auftretende und z.T. mit Polyneuropathie einhergehende Amyloidosen sowie Amyloid in endokrinen Drüsen. In dieser Arbeit wurde die Amyloidose einer Patientin („UNK“) untersucht, die eine außergewöhnliche klinische Manifestation einer organlimitierten Amyloidose aufweist: Über 10 Jahre hinweg sind bei der Patientin multiple subkutane Knoten („Amyloidome“) aufgetreten, ohne dass sich im Verlauf ein Anhalt für eine systemische Amyloidverteilung ergab. Bei den Amyloidablagerungen handelt es sich, wie in dieser Arbeit mit immunchemischen und biochemischen Methoden gezeigt werden konnte, um eine Amyloidose vom κ1-Leichtketten-Typ (ALκ1). Es werden also Teile eines Immunglobulins, nämlich einer κ-Kette der Subklasse 1 (man unterscheidet 4 κ-Subklassen, daneben gibt es noch Leichtketten vom Typ λ) in knotiger Form in der Subkutis gespeichert ausgehend von einer monoklonale Gammopathie. Das besondere auch daran ist, dass sich über 10 Jahre kein Progress im Sinne der Entwicklung eines Plasmozytoms gezeigt hat. Daneben wurde bei der Patientin ein zerebraler Entmarkungsherd (Multiple Sklerose) diagnostiziert, hierbei muss differentialdiagnostisch an das Vorliegen eines zerebralen Amyloidoms gedacht werden; es gibt dazu entsprechende Berichte in der Literatur. Durch Isolation des Amyloidproteins aus dem Gewebe, Aufreinigung und anschließende Aminosäuresequenzierung (Edman-Abbau) kombiniert mit Massenspektrometrie konnte die vollständige Aminosäuresequenz der variablen Region (AS 1-108) sowie wesentlicher Teile (bis AS 207) der konstanten Region (AS 109-214) der abgelagerten κ-Kette ermittelt werden. Um die Frage zu klären, ob aus der Aminosäuresequenz des Proteins auf seine Amyloidogenität, also die Wahrscheinlichkeit, Amyloid zu bilden, geschlossen werden kann oder auf die sehr ungewöhnliche Art der klinischen Manifestation (Leichtkettenamyloidosen zeigen in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle ein systemisches Befallsmuster), wurde die ermittelte Sequenz mit allen bislang veröffentlichten 17 Sequenzen von Amyloid-bildenden κ1-Ketten sowie nicht-amyloidogenen κ-Ketten verglichen mit folgendem Ergebnis: (1) ALκ (UNK) zeigt 7 bisher nicht und etwa ebenso viele bisher nur selten beschriebene Aminosäureaustausche. Diese Aminosäureaustausche entsprechen kaum den bislang typischerweise mit erhöhter Amyloidogenität in Verbindung gebrachten Mutationen, so dass aus der Aminosäurenabfolge an sich kein Rückschluss auf die Amyloidogenität des Proteins möglich ist. (2) Bemerkenswert ist ferner die (bei aus dem Gewebe isolierten Amyloidproteinen fast regelhaft auftretende) starke Fragmentierung des Proteins, ein "staggering" an Position 63-69 sowie eine Biklonalität (AS 82D und E), welche bisher für ALκ-Amyloidosen noch nicht beschrieben wurde. (3) Die Hypothese, dass erhöhte Hydrophobizität die Amyloidogenität eines Proteins erhöht, wird durch ALκ (UNK) bestätigt, indem die in ALκ (UNK) neu aufgetretenen Aminosäureaustausche die Hydrophobizität deutlich steigern. (4) Es ist bekannt, dass die Destabilisierung der Tertiärstruktur eines Proteins seine Umfaltung zur Fibrille begünstigt. ALκ (UNK) weist eine Mutation an der hochkonservierten und für die Stabilisierung der Tertiärstruktur verantwortlichen Position (Serin60Prolin)auf. (5) Da in der Literatur bislang erst 6 Fallberichte zu organlimitierten subkutanen Amyloidosen (verschiedene Ursprungsproteine) vorliegen, lässt sich der bevorzugte Organbefall (Organotropismus) derzeit noch nicht aus der Aminosäuresequenz ableiten. Möglicherweise wird der Tropismus durch eine Art Antigen-Antikörper-Interaktion der amyloidogenen Leichtketten mit Strukturen im Zielgewebe (mit-)bestimmt. Das Protein ALκ (UNK) wurde außerdem mit immunchemischen Methoden charakterisiert: (1) Im Kaninchen wurde ein polyklonales Antiserum gegen ALκ (UNK) hergestellt und gegen Amyloide vom Typ ALκ aus anderen Patienten, native κ Ketten sowie Amyloide anderer Subklassen ausgetestet. Es hat sich mittlerweile im Routineeinsatz bestens bewährt und rückblickend die Sensitivität und Spezifität der Amyloiddiagnostik im Labor deutlich verbessert. (2) Es konnte gezeigt werden, dass Antiseren, die gegen Amyloid-Vorläuferproteine (κBJP) erzeugt wurden, keine Reaktion mit ALκ (UNK) zeigen. Diese Beobachtung unterstützt die Annahme, dass es im Rahmen der Amyloidogenese zu einer erheblichen Konformationsänderung und damit auch Veränderung der Oberflächenstruktur des Vorläuferproteins kommt, so dass zur immunchemischen Detektion von Amyloidproteinen besondere Reagenzien (nämlich speziell gegen Amyloidproteine hergestellt Antiseren) erforderlich sind. (3) Die Subklassenbestimmung der abgelagerten κ-Kette gelang mit den eingesetzten immunchemischen Methoden aus technischen Gründen nicht. (4) ALκ (UNK) konnte auch immunchemisch (Immunhistochemie, Western Blot, Ouchterlony-Test) eindeutig als ALκ identifiziert werden, was den hohen Stellenwert der Immunchemie bei der Amyloiddiagnostik unterstreicht. Daneben wurden noch weitere Untersuchungen angestellt: (1) Der Geweberohextrakt wurde mittels Western Blot bezüglich des Gehaltes an anderen Proteinen (außer ALκ (UNK)) untersucht. Es konnten u.a. unfragmentierte λ- und γ-Ketten nachgewiesen werde, ferner ist vom Vorhandensein noch weiterer ubiquitärer höhermolekularer Proteine wie Albumin in gegenüber dem Amyloidgehalt vergleichsweise geringer Menge auszugehen. (2) Die Fragmentierung der abgelagerten Proteine wurde genauer untersucht. Man findet Sequenzanfänge bei AS-Position 1,40,88,150,159, wobei andererseits wieder Fragmente gefunden wurden, die diese überlappen. Auch ein die konstante und variable Region der leichten Kette überlappendes Fragment wurde gefunden. Daneben wurden Urinproben der Patientin untersucht. Auch hier zeigen sich κ-Fragmente in mehreren Molekulargewichtsbereichen (nicht sequenziert). Ob die Fragmentierung vor, während oder nach der Amyloidablagerung zustande kommt, wurde nicht untersucht. Zur Therapie dieses ungewöhnlichen Amyloid-Syndroms: Bei fehlender Progression sowohl im Bezug auf das Auftreten neuer Amyloidablagerungen (bislang fehlende systemische Beteiligung) wie auch hinsichtlich der Dynamik des monoklonalen Plasmazellklons (kein Anhalt für Plasmozytom) ist derzeit ein abwartendes Verhalten gerechtfertigt. Sollte es bei der Patientin zur Progredienz kommen, wäre bezüglich der Amyloidablagerungen die entsprechende symptomatische Therapie (medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz, Schrittmacherimplantation, Hämodialyse bei Niereninsuffizienz), bezüglich der monoklonalen Gammopathie die Reduktion des monoklonalen Zellklons (gemäß den Leitlinien zur Tumortherapie, z.B. autologe Stammzelltransplantation) indiziert.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 05/19
Die Arbeit „Amplifikation von Prionen in vitro“ beruhte auf der Amplifikationsmethode die erstmals 2001 vorgestellt wurde (Saborio et al., 2001). Bei der PMCA wird erstmals PK-resistentes PrPres in ausreichender Menge in vitro hergestellt, welches molekularbiologisch dem Erreger spongiformer Enzephalopathien gleicht. Die PMCA erlaubt somit eine in vitro Untersuchung des pathologischen Umfaltungsprozess von PrPC zu PrPSc für diagnostische und therapeutische Studien. In dieser Arbeit wurden ausgiebig die Einzelschritte der PMCA Methode, insbesondere die Quantifikation der Western Blot Bande und die Auswirkungen der Sonifikationsleistung und der Inkubationszeit auf die Amplifikationseffizienz untersucht. Je nach Stärke der Sonifizierung ändert sich die Effizienz der PMCA Reaktion (Kap.3.1.2) . Eine Amplifikation ohne Sonifikation ist möglich, scheint aber nicht autokatalytisch aktives PrPres zu erzeugen und erfüllt somit nicht die Prion Hypothese 3.1.3 und 4.1). Neues PrPres kann als seed für weitere Amplifikationen dienen (Kap. 3.1.6). Parallelansätze zeigten die Reproduzierbarkeit der PMCA, so dass vergleichende Studien mit unterschiedlichen Reaktionsansätzen einen Vergleich der Amplifikationseffizienz ermöglichen (Kap 3.1.5). Die Intensitätsmessung von Western Blot Banden repräsentiert die Proteinmenge in vitro (Kap. 2.2.6). Es konnte gezeigt werden, dass PrPC und PrPSc essentiell für die Durchführung der Reaktion sind. Somit konnte gezeigt werden, dass die PMCA im Einklang mit der Prionhypothese steht, die besagt, dass ein pathogener PrPSc-Seed die Umfaltung von nativem PrPC initiiert. (Kap 3.1.4 und 3.2). Die molekulare Spezifität der PMCA Reaktion wurde hervorgehoben durch die Erkenntnis, dass rPrP die Amplifikation in vitro hemmt (Kap. 3.2, Bieschke et al., 2004). Prion Proteine binden Kupfer in vivo (Brown et al., 1997a) und in geringerer Affinität auch Ni, Mn und Zn (Jackson et al., 2001). Die Rolle von Metallen bei der Konversion von PrPC zu PrPSc ist noch nicht endgültig geklärt. In dieser Arbeit wurde erstmals gezeigt, dass bei Zugabe von Mn, Ni und Zink in ca. 10fach physiologischen Konzentrationen von 50µM und unphysiologischen 500µM die PrPres Amplifikation gefördert wird, während Cu keinen Effekt zeigt (Kap. 3.3.1). Gleichzeitig verringern alle Metallionen die Stabilität von neu entstandenem PrPres gegenüber PK (Kap. 3.3.2). Man kann sich den destabilisierten Zustand als ein Metallgebundenes PrP-Zwischenprodukt in der Umfaltung von PrPC zu PrPSc vorstellen (Sarafoff et al., 2005). Die PMCA Reaktion wie von Saborio et al. beschrieben hat einige Nachteile. Man arbeitet mit infektiösem Material in einem offenen System und verursacht eine Kontaminaton der Sicherheitswerkbank. Es wurden zwei Systeme zur automatischen Amplifikation im geschlossenen System entwickelt. Der Wasserbadamplifikator sonifizierte zyklisch das temperierte Becken in dem die Proben in einem Schwimmer genau positioniert wurden (Kap. 3.4.1). Es zeigte sich eine maximale Amplifikation von 14fach in der Mitte des Bades wohingegen die Konversionseffizienz zum Rand des Beckens hin gleichmäßig absank (Kap 3.4.2). Aufgrund der inhomogenen Ergebnisse mit dem Wasserbad wurde mit einem Microplate Horn der Munich Prion Cycler entwickelt, wo der gesamte Boden des Beschallungsbeckens vom Abstrahlkopf der Ultraschallsonotrode besteht, so dass eine homogene Leistungsverteilung erwartet wurde. Die Proben befanden sich in einer mit Plastikfolie versiegelten Mikrotiterplatte, so dass Verluste und Kontaminationen ausgeschlossen werden konnten (Kap. 3.4.3). Es konnte eine gleichmäßigere Amplifikation von 3,0 ± 0,7 gezeigt werden, wobei kein Abfall der Faktoren am Rand der Platte festzustellen war (Kap. 3.4.4). Es konnte mit den beiden hier vorgestellten Systemen zum ersten Mal eine Amplifikation von PrPres mit indirekter Sonifikation von verschlossenen Proben und dem Einfluss der Ultraschallleistung auf die Amplifikation gezeigt werden (Sarafoff et al., 2005). Dies zeigte auch, dass die Metalloberfläche der Sonotrode bei der manuellen PMCA keine katalytische Funktion bei der Konversion des Kupferbindenden PrPC zu PrPres innehat. Der Munich Prion Cycler ermöglicht eine homogene Amplifikation von Parallelproben im Mikrotiterformat. Die Entwicklung der ELISA Technologie zur Quantifizierung von PrP in Homogenaten wird in Zukunft ein limitierender Schritt in der Automatisierung der PMCA Reaktion sein (Kap. 2.2.7 und 4.4).
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 04/19
Die sporadische Einschlusskörpermyositis (s-IBM) ist eine chronisch progressive, entzündliche Muskelerkrankung. Die Pathogenese der s-IBM ist unklar, es werden verschiedenste Mechanismen diskutiert. Die in dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen zur Sequenz des Prion-Gens bei Patienten mit s-IBM stellen in diesem Zusammenhang einen wichtigen Beitrag zur Klärung der Pathogenese der Erkrankung dar. Es wurden bei 35 s-IBM Patienten die Zygotie am Kodon 129 des Prion-Gens und die Sequenz des Prion- und des aB-Crystallin-Gens untersucht. Dabei fand sich eine signifikante Häufung der Methionin/ Methionin-Homozygotie bei s-IBM-Patienten im Gegensatz zum deutlichen Überwiegen der Methionin/Valin-Heterozygotie bei der gesunden Kontrollpopulation. Außerdem wurde in dieser Arbeit bei einem s-IBM-Patienten eine bis dahin noch nicht beschriebene Mutation H140R im Prion-Gen gefunden. Der Bereich dieses Aminosäureaustausches liegt in einer bei Säugetieren hochkonservierten Region und ist möglicherweise nicht neutral in Bezug auf die Funktion des Prion-Proteins. Die Funktion des aB-Crystallins als Chaperon, welches neben der korrekten Proteinfaltung möglicherweise auch die Umfaltung von Proteinen in pathologische Formen wie z.B. in PrPsc katalysiert, macht dieses Protein interessant im Hinblick auf die Funktion des Prion-Proteins.In der Mutationsanalyse im Rahmen dieser Arbeit wurden sieben Patienten auf Mutationen im gesamten aB-Crystallin-Gen und insgesamt 24 Patienten auf Sequenzabweichungen im dritten Exon untersucht. Es stellte sich heraus, dass es bis auf einen schon bekannten Polymorphismus (A117A) keine weiteren Abweichungen von der Wildtypsequenz gab. Lediglich bei einem Patienten fand sich der A117A-Polymorphismus ohne konsekutiven Aminosäureaustausch.