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Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 12/19
Die Schizophrenie ist eine schwerwiegende psychiatrische Störung, von der weltweit etwa 1% der Bevölkerung betroffen ist. Die multifaktorielle Ätiopathogenese der Erkrankung ist noch weitgehend ungeklärt, wobei eine genetisch bedingte Vulnerabilität im Mittelpunkt steht. Dabei wird von einem polygenen Erbgang ausgegangen, wobei die risikomodulierenden Genvarianten bei verschiedenen Personen möglicherweise in unterschiedlicher Ausprägung vorliegen und für die Erkrankung prädisponieren. Bei der Suche nach kausalen chromosomalen Loci wurden bislang mehrere Gene mit jeweils nur geringen Beiträgen zu Entstehung und Ausprägung der Schizophrenie identifiziert. Dennoch sind die Anzahl der prädisponierenden Genloci, das von jedem Genort übertragene anteilige Risiko sowie epistatische Effekte derzeit unbekannt. Ein Grund für die inkonsistente Ergebnislage wird in der ätiologischen Heterogenität der klinisch-psychiatrischen Diagnose Schizophrenie gesehen. Das Konzept der Endophänotpyen bzw. intermediärer Phänotypen bietet eine Möglichkeit ätiologisch homogenere Subgruppen zu bilden. Endophänotypen sind zeitstabile, quantitativ messbare neurobiologische Korrelate. Es wird angenommen, dass ihre Ätiologie homogener und ihre genetische Determination weniger komplex ist als diejenige klinischer Krankheitsphänotypen. RGS4 ist ein Kandidatengen für Schizophrenie, das auf Chromosom 1 lokalisiert ist, in einer Region, die mit Schizophrenie gekoppelt zu sein scheint. Die Relation von RGS4 zur Pathogenese der Schizophrenie erscheint plausibel, da RGS4-Proteine die zeitliche Koordination und die Dauer der Signaltransduktion spezifischer Neurotransmittersysteme regulieren, die in der Pathophysiologie und der Behandlung der Schizophrenie eine Rolle spielen. Die Expression von RGS4 ist im Neokortex hoch und bei schizophrenen Patienten signifikant reduziert. In mehreren Assoziationsstudien (familienbasierte- und Fall-Kontroll-Designs) wurde ein signifikanter Zusammenhang unterschiedlicher RGS4-Polymorphismen und der Schizophrenie berichtet, wobei die Ergebnislage in Bezug auf die krankheitsassoziierten Single Nucleotide Polymorphisms (SNPs), Allele und Haplotypen inkonsistent ist. In der vorliegenden Fall-Kontroll-Assoziationsstudie wurde der Zusammenhang von sechs Basenaustauschpolymorphismen des RGS4-Gens und der Schizophrenie an 504 Schizophreniepatienten sowie 1315 deutschstämmigen Kontrollprobanden untersucht. In einer Subgruppe von 102 Patienten und 248 gesunden Kontrollprobanden wurde auch der Zusammenhang der sechs RGS4-Polymorphismen und neuropsychologischen Endophänotypen untersucht. Hierzu wurden die Patienten und Kontrollprobanden mit einer umfassenden neuropsychologischen Testbatterie untersucht. Die sechs SNPs (rs951436, rs951439, rs2661319, rs2842030, rs10759 und rs2063142) wurden mittels iPLEX genotypisiert und die Massen anschließend im MALDI-TOF Massenspektrometer analysiert. Signifikante Assoziationen der untersuchten RGS4-Polymorphismen konnten in dieser Arbeit sowohl mit dem Phänotypen Schizophrenie als auch mit dem neuropsychologischen Endophänotypen verbales Gedächtnis gefunden werden. Drei der untersuchten RGS4-Polymorphismen (rs951436, rs951439, rs2063142) waren mit Schizophrenie assoziiert, ein weiterer (rs10759) zeigte eine Tendenz zur Assoziation. In der Endophänotypen-Studie wurde eine signifikante Assoziation zwischen dem Marker rs2661319 und dem Faktor verbales Gedächtnis gefunden. In einem nächsten Schritt wurde untersucht, ob die Untertests bzw. Indizes, die den Faktor verbales Gedächtnis bilden, ebenfalls mit den analysierten RGS4-Polymorphismen assoziiert sind. Vier RGS4-Marker (951436, rs2661319, rs2842030, rs10759) zeigten eine Assoziation mit unterschiedlichen Indizes des Faktors verbales Gedächtnis, ein Marker (rs2063142) war tendenziell mit einem Index assoziiert. Die durchgeführte Haplotypenanalyse konnte diese Befunde bestätigen. Interessanterweise war das jeweilige C-Allel der Marker rs951436 und rs951439 sowohl mit Schizophrenie als auch mit einer schlechteren Leistung in einem Index assoziiert. Die Resultate der vorliegenden Untersuchung deuten auf einen Zusammenhang des RGS4-Gens sowohl mit Schizophrenie als auch mit dem neuropsychologischen Endophänotypen verbales Gedächtnis hin. Aufgrund der insgesamt jedoch inkonsistenten Ergebnislage im Hinblick auf krankheitsassoziierte SNPs, Allele und Haplotypen des RGS4-Gens sind weitere Studien nötig, um die mit Schizophrenie assoziierten RGS4-Polymorphismen zu identifizieren. Erst wenn die Identifikation der Genvarianten gelungen ist, die mit dem Risiko an Schizophrenie zu erkranken assoziiert sind, können in einem nächsten Schritt die bislang unbekannten molekularen Signalwege untersucht werden, durch deren Kenntnis eine kausale Therapie der Erkrankung ermöglicht würde.
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Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde ein relativ großes Patientenkollektiv von 31 Patienten mit letaler Insomnie neuropathologisch untersucht. Es wurden HE-histologische und immunhistologische Schnitte von jeweils 15 Regionen angefertigt. Ferner wurde erstmals die Methode PET-Blot systematisch angewandt und mit den anderen Methoden verglichen. Weiterhin wurde dieses Krankheitsbild auf Subtypen hin untersucht. Aus den Akten ergaben sich bei zehn Patienten Hinweise auf eine familiäre neurodegenerative Erkrankung. An Symptomen waren Adynamie, Desorientiertheit, Dysarthrie, Frontalhirnzeichen, kognitive Störungen, Myoklonus und vegetative Störungen sehr häufig, Schlafstörungen waren nicht in jedem Fall vorhanden. Mit 22 Männern und 9 Frauen unter den Patienten gab es eine ungleiche Geschlechterverteilung, deren Ursache unklar ist. Die klinischen Daten und die Histopathologie der Geschlechter ähnelten sich sehr. Insgesamt begann die Krankheit im Durchschnitt mit 52 Jahren und dauerte 12 Monate. Die Patienten starben im Mittel mit 53 Jahren. Die genetische Analyse ergab bei fünf Patienten die FFI-Mutation an Codon 178 auf dem PRNP in Verbindung mit einer MV-Heterozygotie an Codon 129 und bei 23 Patienten die Mutation an Codon 178 in Verbindung mit einer MM-Homozygotie an Codon 129. Bei zwei Patienten war keine Mutation an Codon 178 nachweisbar, diese sporadischen Fälle waren MM-homozygot an Codon 129. Bei einem Patienten war die genetische Analyse nicht möglich. Die heterozygoten Patienten hatten mit 16 Monaten eine 5 Monate längere Krankheitsdauer als die homozygoten Patienten, weiterhin hatten die heterozygoten Patienten mehr histopathologische Veränderungen im Allokortex. Die sporadischen Fälle unterschieden sich in den klinischen Daten und in der Histopathologie nicht wesentlich von den familiären Fällen. Der Thalamus war die einzige Hirnregion, die in allen Fällen die drei histopathologischen Kriterien einer Prionkrankheit aufwies. Diese Region zeigte die ausgeprägstesten histopathologischen Veränderungen, gefolgt von der Medulla oblongata. Die Regionen okzipitaler Kortex, Hippocampus und Cerebellum wiesen dagegen die geringsten histopathologischen Veränderungen auf. Alle anderen Regionen, auch bisher im Zusammenhang mit der FI selten beschriebene Regionen wie Gyrus cinguli, Insel und Vierhügelplatte, zeigten geringgradige histopathologische Veränderungen auf. Die Histopathologie nahm von frontalen über temporalen und parietalen hin zum okzipitalen Kortex ab. Da die meisten Fälle in diesen Eigenschaften gut übereinstimmten, ist eine moderate Histopathologie in Thalamus und in den unteren Oliven in Kombination mit geringgradigen Veränderungen in den anderen Regionen ein deutlicher Hinweis für das Vorliegen einer FI. Die PrPSc-Ablagerungen in der Immunhistologie waren sehr diskret ausgeprägt und häufig auf das Zytosol der Nervenzellen beschränkt; bis auf einen Fall mit einem perivakuolären Muster und bis auf drei Fälle, die in allen Regionen negativ ausfielen, waren die Ablagerungen in der Immunhistologie fein dispers. Die PrPSc-Ablagerungen in den PET- Blots waren im Gegensatz zur Immunhistologie in jedem Fall nachweisbar und intensiver gefärbt. Sie waren – bis auf einen Fall mit einem perivakuolären Muster – fein dispers. Es wurden besondere Muster im PET-Blot gefunden: es handelte sich um unterschiedlich gefärbte Schichten des Neokortex und des Cerebellums sowie um verschieden stark betroffene Areale des Allokortex. In der vorliegenden Arbeit ergaben sich Hinweise darauf, dass sich die PrPSc-Ablagerungen im Allokortex mit Dauer der Erkrankung vom entorhinalen Kortex aus bis hin zum Hippocampus steigern. Aufgrund fehlender Unterschiede zwischen den Regionen im Gesamtprofil der Immunhistologie und aufgrund der äußerst unterschiedlichen Einzelprofile der PET-Blots konnte weder im Gesamtprofil der Immunhistologie noch im Gesamtprofil der PET-Blots eine FI-typische Verteilung herausgearbeitet werden, anhand derer die Diagnose FI gestellt werden könnte. In der vorliegenden Arbeit wurden statistische Verfahren angewandt, um Fälle mit deutlich abweichenden klinischen und neuropathologischen Merkmalen herauszuarbeiten und mögliche Subgruppen zu identifizieren. Diese Verfahren erbrachten jedoch kein eindeutiges Resultat. Nur einer der 31 Fälle unterschied sich durch eine sCJD-ähnliche Histopathologie, ein weiterer durch ein perivakuoläres Ablagerungsmuster deutlich von allen anderen. Diese Fälle könnten Subgruppen repräsentieren, falls mehrere der jeweiligen Fälle in einer größeren Patientenstichprobe identifiziert werden könnten. Bei der Suche nach Subgruppen ergaben sich einige bemerkenswerte Zusammenhänge zwischen Pathologie und klinischen Daten. Beispielsweise war ein früher Krankheitsbeginn mit einer schweren Histopathologie im Thalamus und einer geringen Histopathologie in der Substantia nigra verbunden. Patienten mit deutlicher Pathologie jeglicher Art im Neokortex hatten eine besonders lange Krankheitsdauer. PrPSc-Ablagerungen in der Mehrzahl der Regionen in der Immunhistologie bedeuteten einen sehr viel früheren Krankheitsbeginn und Sterbealter.
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Die Schizophrenie ist eine schwerwiegende chronische psychiatrische Störung mit noch weitgehend ungeklärter multifaktorieller Ätiologie bei einer ausgeprägten Heritabilität und einem Lebenszeiterkrankungsrisiko von annähernd 1%. Bei der Suche nach kausalen chromosomalen Loci und Genen wurden multiple Gene mit jeweils nur geringen Beiträgen zur Entstehung und Ausprägung der Erkrankung gefunden. Bisher gelang aber noch kein Nachweis von klar pathogenetischen Mutationen. Eine definitive Bestätigung von spezifischen Genen als wahre Suszeptibilitätsgene für die Schizophrenie könnte das pathogenetische Verständnis verbessern und den Fortschritt in der gezielten Entwicklung neuer Medikamente sowie letztendlich in der Prävention unterstützen. RGS4 ist ein Kandidatengen auf Chromosom 1, das sowohl in Kopplungs- wie auch Assoziationsstudien als Risikogen für Schizophrenie identifiziert wurde. Die RGS-Familie spielt eine signifikante Rolle in der Signalübertragung. Außerdem verbindet sie Rezeptoren, Effektoren und andere postsynaptische rezeptor- regulierende Komponenten und ist in Mechanismen der Neuroplastizität involviert. RGS4 ist am Konvergenzpunkt von mehreren Gi-, G-olf und Gq-gekoppelten Signaltransduktionswegen situiert und reguliert die Aktivität verschiedener Neurotransmittersysteme, wie z. B. von Dopamin-, Serotonin- und Glutamatrezeptoren. Die Expression von RGS4 im Neokortex ist hoch und bei schizophrenen Patienten signifikant verringert. In verschiedenen Assoziations- und Kopplungsstudien wurden signifikante Assoziationen zwischen RGS4 und Schizophrenie gefunden. In der vorliegenden Arbeit wurde eine Fall-Kontroll-Assoziationsstudie zur Untersuchung der Beziehung zwischen drei Einzel-Nukleotid-Polymorphismen des RGS4-Gens und der Schizophrenie an 184 deutschen schizophrenen Patienten und 184 deutschen gesunden Kontrollprobanden durchgeführt. Die drei SNPs (rs2661319, rs951436, rs951439) wurden von Chowdari et al. (2002) in einer familienbasierten Assoziationstudie als mit der Schizophrenie signifikant assoziiert beschrieben. Da es sich dort um ein amerikanisches und ein indisches Kollektiv handelte, sollte in dieser Arbeit untersucht werden, ob sich die Ergebnisse in einem deutschen Kollektiv replizieren lassen. Bei der Untersuchung von Allel- und Genotypfrequenzen konnte in der deutschen Population keine Assoziation mit der Schizophrenie ermittelt werden. Die naheliegentste Erklärung für die Unterschiede zwischen den Ergebnissen dieser Arbeit und denen von Chowdari et al. ist die, dass es in den amerikanischen und indischen Populationen andere Risikoallele gibt, als in der deutschen. Eine weitere Ursache könnte das unterschiedliche Testverfahren sein, da hier eine Studie mit nicht verwandten Kontrollprobanden gegenüber der Studie von Chowdari et al. die mit elterlichen Kontrollen durchgeführt wurde. Trotz einer sehr sorgfältigen Auswahl sowohl des Patienten- als auch des Kontrollkollektivs in dieser Studie könnten auch diagnostische Unterschiede verantwortlich sein. Sowohl die Heterogenität der Krankheit, als auch die Heterogenität der sie möglicherweise verursachenden Gene sind weitere Gründe für differierende Resultate.