POPULARITY
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 12/19
Die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) stellt eine neue, nicht-invasive Methode zur Hirnstimulation dar. Mit Hilfe einer Konstantstromquelle und zweier Elektroden kann die Stimulation eines Hirnareals erfolgen. Vorläufige Studien weisen darauf hin, dass dieses Verfahren eine neue Therapieoption bei verschiedenen Hirnleistungsstörungen darstellen könnte. In einem randomisierten cross-over Design erhielten 22 therapieresistente depressive Patienten in unterschiedlicher Reihenfolge zwei Wochen eine Verum- und zwei Wochen eine Plazebo-tDCS-Behandlung des linken DLPFC. Es wurde jeweils fünf Tage pro Woche 20 Minuten lang stimuliert. Die ersten 10 Patienten erhielten eine Stimulation mit 1 mA, die 12 folgenden mit 2 mA. Zwei Patienten brachen die Studie im Verlauf ab. Die Anode wurde über dem linken DLPFC, die Kathode über dem rechten supraorbitalen Kortex fixiert. Zu Beginn und zum Abschluss jeder Stimulationsbedingung wurde eine Testbatterie durchgeführt, sowie Blut zur Messung des BDNF-Spiegels abgenommen. Als klinische Tests wurde die Hamilton Depression Rating Scale (HAMD) und der Beck Depression Inventory (BDI) verwendet. Als neuropsychologische Tests wurden der formallexikalische Wortflüssigkeitstest (RWT), die Buchstaben-Zahlen-Folge (BZF) aus dem Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene und der verbale Lern- und Merkfähigkeitstest (VLMT) durchgeführt. Die Ergebnisse nach Verum-tDCS zeigten keinen signifikanten Unterschied zu den Ergebnissen nach Plazebo-Behandlung, weder in den klinischen- und neuropsychologischen Tests, wie auch in dem Verlauf des BDNF-Spiegels. Zwischen der Stimulation mit 1 mA und der mit 2 mA waren ebenfalls keine signifikanten Unterschiede zu erkennen. Die vorliegende Pilotstudie stellt die Effekte der tDCS auf kognitive Faktoren und auf den BDNF-Spiegel bei therapieresistenten depressiven Patienten in Frage. Vermutlich sind bei schwerkranken, therapieresistenten Patienten andere Stimulationsparameter zu verwenden.
Vorlesung vom 15.05.08
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 12/19
Die Schizophrenie ist eine schwerwiegende psychiatrische Störung, von der weltweit etwa 1% der Bevölkerung betroffen ist. Die multifaktorielle Ätiopathogenese der Erkrankung ist noch weitgehend ungeklärt, wobei eine genetisch bedingte Vulnerabilität im Mittelpunkt steht. Dabei wird von einem polygenen Erbgang ausgegangen, wobei die risikomodulierenden Genvarianten bei verschiedenen Personen möglicherweise in unterschiedlicher Ausprägung vorliegen und für die Erkrankung prädisponieren. Bei der Suche nach kausalen chromosomalen Loci wurden bislang mehrere Gene mit jeweils nur geringen Beiträgen zu Entstehung und Ausprägung der Schizophrenie identifiziert. Dennoch sind die Anzahl der prädisponierenden Genloci, das von jedem Genort übertragene anteilige Risiko sowie epistatische Effekte derzeit unbekannt. Ein Grund für die inkonsistente Ergebnislage wird in der ätiologischen Heterogenität der klinisch-psychiatrischen Diagnose Schizophrenie gesehen. Das Konzept der Endophänotpyen bzw. intermediärer Phänotypen bietet eine Möglichkeit ätiologisch homogenere Subgruppen zu bilden. Endophänotypen sind zeitstabile, quantitativ messbare neurobiologische Korrelate. Es wird angenommen, dass ihre Ätiologie homogener und ihre genetische Determination weniger komplex ist als diejenige klinischer Krankheitsphänotypen. RGS4 ist ein Kandidatengen für Schizophrenie, das auf Chromosom 1 lokalisiert ist, in einer Region, die mit Schizophrenie gekoppelt zu sein scheint. Die Relation von RGS4 zur Pathogenese der Schizophrenie erscheint plausibel, da RGS4-Proteine die zeitliche Koordination und die Dauer der Signaltransduktion spezifischer Neurotransmittersysteme regulieren, die in der Pathophysiologie und der Behandlung der Schizophrenie eine Rolle spielen. Die Expression von RGS4 ist im Neokortex hoch und bei schizophrenen Patienten signifikant reduziert. In mehreren Assoziationsstudien (familienbasierte- und Fall-Kontroll-Designs) wurde ein signifikanter Zusammenhang unterschiedlicher RGS4-Polymorphismen und der Schizophrenie berichtet, wobei die Ergebnislage in Bezug auf die krankheitsassoziierten Single Nucleotide Polymorphisms (SNPs), Allele und Haplotypen inkonsistent ist. In der vorliegenden Fall-Kontroll-Assoziationsstudie wurde der Zusammenhang von sechs Basenaustauschpolymorphismen des RGS4-Gens und der Schizophrenie an 504 Schizophreniepatienten sowie 1315 deutschstämmigen Kontrollprobanden untersucht. In einer Subgruppe von 102 Patienten und 248 gesunden Kontrollprobanden wurde auch der Zusammenhang der sechs RGS4-Polymorphismen und neuropsychologischen Endophänotypen untersucht. Hierzu wurden die Patienten und Kontrollprobanden mit einer umfassenden neuropsychologischen Testbatterie untersucht. Die sechs SNPs (rs951436, rs951439, rs2661319, rs2842030, rs10759 und rs2063142) wurden mittels iPLEX genotypisiert und die Massen anschließend im MALDI-TOF Massenspektrometer analysiert. Signifikante Assoziationen der untersuchten RGS4-Polymorphismen konnten in dieser Arbeit sowohl mit dem Phänotypen Schizophrenie als auch mit dem neuropsychologischen Endophänotypen verbales Gedächtnis gefunden werden. Drei der untersuchten RGS4-Polymorphismen (rs951436, rs951439, rs2063142) waren mit Schizophrenie assoziiert, ein weiterer (rs10759) zeigte eine Tendenz zur Assoziation. In der Endophänotypen-Studie wurde eine signifikante Assoziation zwischen dem Marker rs2661319 und dem Faktor verbales Gedächtnis gefunden. In einem nächsten Schritt wurde untersucht, ob die Untertests bzw. Indizes, die den Faktor verbales Gedächtnis bilden, ebenfalls mit den analysierten RGS4-Polymorphismen assoziiert sind. Vier RGS4-Marker (951436, rs2661319, rs2842030, rs10759) zeigten eine Assoziation mit unterschiedlichen Indizes des Faktors verbales Gedächtnis, ein Marker (rs2063142) war tendenziell mit einem Index assoziiert. Die durchgeführte Haplotypenanalyse konnte diese Befunde bestätigen. Interessanterweise war das jeweilige C-Allel der Marker rs951436 und rs951439 sowohl mit Schizophrenie als auch mit einer schlechteren Leistung in einem Index assoziiert. Die Resultate der vorliegenden Untersuchung deuten auf einen Zusammenhang des RGS4-Gens sowohl mit Schizophrenie als auch mit dem neuropsychologischen Endophänotypen verbales Gedächtnis hin. Aufgrund der insgesamt jedoch inkonsistenten Ergebnislage im Hinblick auf krankheitsassoziierte SNPs, Allele und Haplotypen des RGS4-Gens sind weitere Studien nötig, um die mit Schizophrenie assoziierten RGS4-Polymorphismen zu identifizieren. Erst wenn die Identifikation der Genvarianten gelungen ist, die mit dem Risiko an Schizophrenie zu erkranken assoziiert sind, können in einem nächsten Schritt die bislang unbekannten molekularen Signalwege untersucht werden, durch deren Kenntnis eine kausale Therapie der Erkrankung ermöglicht würde.
Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften - Digitale Hochschulschriften der LMU
Modellorientierte, störungsspezifische Therapie und eine hohe Therapieintensität gelten als entscheidende Prädiktoren für eine erfolgreiche Behandlung von Patienten mit zentralen neurogenen Sprachstörungen (Aphasien). Aus strukturellen Gründen ist die Therapieintensität in Deutschland aber meist viel zu niedrig. Hochfrequente, supervidierte Teletherapie (TT) ist ein Ansatz zur Erhöhung der Therapieintensität. Im Rahmen des Projektes "Teletherapie bei Aphasie" wurde deshalb die Wirksamkeit von TT evaluiert. Aphasie-Patienten, die TT erhielten, verbesserten sich signifikant stärker als Patienten in einer nicht behandelten Kontrollgruppe. Der Therapieerfolg nach TT war genauso groß wie bei Patienten, die hochfrequente, konventionelle Sprachtherapie erhielten. Damit konnte erstmals die Wirksamkeit von TT belegt werden. Um therapiebedingte Veränderungen speziell in der lexikalischen Verarbeitung genau erfassen zu können, wurde zudem eine neue Testbatterie namens MoDia2 entwickelt. Die Analyse der MoDia2-Gruppendaten ergab, dass lexikalische Störungen durch modalitätsspezifische Modelle nicht adäquat dargestellt werden. Eine bessere Beschreibung liefert ein supramodales Modell bestehend aus drei Verarbeitungskomponenten: Phonologie, Orthographie und Semantik. Modellorientierte, störungsspezifische Aphasietherapie sollte sich daher eher an supramodalen Netzwerkmodellen orientieren als an den modalitätsspezifischen Box-and-Arrow-Modellen der kognitiven Neurolinguistik.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 10/19
Die präfrontale repetitive transkranielle Magnestimulation (rTMS) wird seit den 90er Jahren angewendet, um einerseits die Bedeutung des präfrontalen Kortex für verschiedene kognitive und affektive Prozesse zu erforschen und andererseits die Pathophysiologie psychiatrischer Erkrankungen zu untersuchen und therapeutisch zu modulieren. Von neuen Stimulationsprotokollen, wie der Theta Burst Stimulation (TBS), die analog zum Tiermodell zur Induktion von Langzeitpotenzierung beim Menschen entwickelt wurde, werden stärkere und länger anhaltende therapeutische Effekte erhofft. Im Gegensatz zur Stimulation des Motorkortex wurde die präfrontale rTMS bislang kaum neurophysiologisch untersucht. In dieser Arbeit werden daher zwei Experimente beschrieben, in denen eine niederfrequente 1 Hz-rTMS und TBS bezüglich ihrer Effekte auf ereigniskorrelierte Potentiale (EKP) in GoNogo-Aufgaben charakterisiert wurden. Sie verfolgten die Fragestellungen, ob EKP analog zu motorisch evozierten Potenzialen (MEP) geeignet sind die Wirkungsweise einer präfrontalen rTMS einzuschätzen und ob sich die TBS qualitativ oder quantitativ von herkömmlichen rTMS-Protokollen unterscheidet (Experiment 1 und 3). In einem Vorexperiment zu Experiment 3 (Experiment 2) wurde erstmals die Sicherheit verschiedener präfrontaler TBS-Formen mittels EEG und kognitiver Tests untersucht. In Experiment 1 wurden 18 gesunde Probanden mit einer als inhibitorisch geltenden 1 Hz rTMS über dem linken dorsolateralen präfrontalen Kortex (DLPFC), dem medialen präfrontalen Kortex (mPFC) und einer Kontrollregion stimuliert. Bei der nachfolgenden Bearbeitung einer GoNogo-Aufgabe, zeigte sich eine Vergrößerung der P3-Amplitude nach Stimulation des mPFC bei zeitgleich größerer parietaler Aktivität. Hypothesenkonform konnte eine Reduktion der N2-Amplitude bei Stimulation des linken DLPFC gefunden werden. Während der rTMS-Effekt auf die P3-Amplitude am besten durch die Initiierung von Aufmerksamkeitsprozessen erklärt werden kann, spricht der Einfluss der 1 Hz-rTMS über dem linken DLPFC für einen inhibitorischen Effekt auf kortikaler Ebene (Experiment 1). Im Hinblick auf die vorbeschriebenen nachhaltigeren Effekte von TBS-Protokollen am Motorkortex wurde in Experiment 2 die TBS am präfrontalen Kortex bei 24 gesunden Probanden plazebo-kontrolliert bezüglich ihrer Sicherheit untersucht, um diese als innovative Stimulationsform für weitere Experimente einsetzbar zu machen. Die Ergebnisse dieses Experimentes zeigten, dass eine präfrontale, als inhibitorisch geltende TBS (continuous TBS - cTBS) und eine als exzitatorisch geltende TBS (intermittent TBS - iTBS) keine epilepsietypischen Potenziale im EEG oder epileptische Anfälle triggerten. Es kamen jedoch bei drei von 25 Probanden vagale Reaktionen vor, deren Auftreten beachtet und deren Ursache in weiteren Studien erforscht werden sollte. In den neuropsychologischen Untersuchungen wurde eine verminderte Leistung im Arbeitsgedächtnis und in einer frontalen Testbatterie (Trend) nach iTBS des linken DLPFC und in der Anzahl der ‚false alarms’ einer GoNogo-Aufgabe nach cTBS des mPFC festgestellt. Diese Veränderungen spiegelten sich auch in neurophysiologischen Parametern wider. Eine Analyse der EEG-Daten mittels standardized low resolution brain electromagnetic tomography (sLORETA) ergab eine Zunahme der Aktivität im Alpha 2-Band links präfrontal nach iTBS des linken DLPFC, die bis zu einer Stunde nachweisbar blieb und einen Zusammenhang mit den Leistungen im Arbeitsgedächtnis und der frontalen Testbatterie zeigte. In Experiment 3 wurden dann 1 Hz rTMS, cTBS und eine Plazebostimulation bei 9 gesunden Probanden miteinander verglichen. Alle Stimulationen erfolgten neuronavigiert bezogen auf eine Aktivierung im individuellen funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) Bild, die während der Entscheidungskomponente (Volition) einer modifizierten GoNogo-Aufgabe gefunden wurde. Hierbei konnte die in Experiment 1 beobachtete inhibitorische Wirkung der 1 Hz rTMS auf eine relevante EKP-Komponente (N2P2-peak-to-peak-Amplitude) analog repliziert werden (Trend). Bei einer zeitlichen Betrachtung der Stromdichten mittels sLORETA ließ sich deskriptiv eine Verminderung nach 1 Hz rTMS beobachten, während sich der Verlauf der Stromdichten in der cTBS-Bedingung abhängig vom Aktivierungszustand des Kortex zu ändern schien. In einer für ‚conflict monitoring’ relevanten region of interest (ROI) konnte in dem für die N2P2-Amplitude relevanten Zeitfenster eine Verminderung (Trend) der Stromdichte in der 1 Hz-Bedingung gefunden werden, die mit der N2P2-Amplitude korrelierte. Desweiteren waren in Experiment 1 und 3 keine Effekte auf Verhaltensdaten und EKP-Latenzen nachweisbar. Die Ergebnisse dieser Arbeit sprechen dafür, dass die gemeinsame Betrachtung von Verhaltensdaten, EKP- und Stromdichteanalysen eine neurophysiologische Interpretation der rTMS erlaubt. Die alleinige Verwendung von EKP zur Beurteilung der Wirkungsweise einer präfrontalen rTMS hingegen ist methodisch und inhaltlich begrenzt. Am präfrontalen Kortex zeigten cTBS und iTBS andere Effekte als für den Motorkortex vorbeschrieben. Insgesamt betrachtet sprechen die Ergebnisse dafür, dass sich die TBS nicht nur quantitativ sondern auch qualitativ von einer 1 Hz rTMS unterscheidet. Nach diesen Pilotexperimenten stellt die Untersuchung rTMS-vermittelter Effekte auf präfrontal generierte EKP einen vielversprechenden Untersuchungsansatz dar, um die Bedeutung präfrontaler Regionen als Generatoren spezifischer EKP-Komponenten zu erforschen, die Wirkung verschiedener rTMS Protokolle neurophysiologisch zu untersuchen und diese Protokolle für experimentelle oder therapeutische Anwendungen weiter zu entwickeln. So könnte die Wirkung spezifischer TBS-Protokolle durch eine pathologisch veränderte Grundaktivität bei Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen im Gegensatz zu gesunden Probanden verändert sein. Dies könnte in einem nächsten Schritt mit dem oben beschriebenen Untersuchungsansatz näher erforscht werden.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 07/19
Im Mittelpunkt der vorliegenden Dissertation stand die differentielle Betrachtung der kognitiven Leistungsfähigkeit bei opiatabhängigen Patienten unter Substitution mit Methadon und Buprenorphin zu Beginn der Substitutionsbehandlung, und deren Entwicklung nach stabiler Einstellung auf das jeweilige Substitutionsmittel. Außerdem wurden beide Gruppen auf einen Zusammenhang zwischen erlebtem chronischem Stress und psychophysischer Beeinträchtigung untersucht. Zu diesem Zweck wurde eine neuropsychologische Testbatterie verwendet, die unter anderem folgende Bereiche kognitiver Funktionen umfasste: Aufmerksamkeit und Konzentration, Kurz- und Langzeitgedächtnis und exekutive Funktionen, wie beispielsweise Problemlösung, kognitive Flexibilität, psychomotorische Grundgeschwindigkeit und divergentes Denken. Für die Erfassung von chronischem Stress kam der TICS2-K zur Anwendung. In der vorliegenden Arbeit konnten kognitive Beeinträchtigungen bei substituierten Patienten festgestellt werden. Bezüglich der Bereiche Kurzzeitgedächtnis (VLMT) und exekutive Funktionen (RWT und TMT) konnten signifikante Unterschiede der medikamentös substituierten Patienten im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe unabhängig vom Substitutionsmittel gefunden werden. Im Bereich des Langzeitge-dächtnisses und der Konzentration bzw. der Aufmerksamkeit, erreichten die Patientengruppen ähnliche Ergebnisse wie die Kontrollgruppe, wobei das Leistungsniveau leicht unterhalb der Ergebnisse der Kontrollgruppe lag und insgesamt eine größere Streuung aufwies. Damit unterstützt diese Untersuchung vorangegangene Studien, bei denen allerdings keine Vergleichsuntersuchungen zwischen Methadon und Buprenorphin stattfanden. Somit erweisen sich die kognitiven Leistungen bei Patien-ten unter Buprenorphin- oder Methadonsubstitution als vergleichbar. In dieser Untersuchung konnten wir eine Verbesserung der Aufmerksamkeits- und Konzentrationsleistung vom Beginn der Substitution bis zur stabilen Einstellung auf das jeweilige Substitutionsmittel anhand des D2-Aufmerksamkeits-Belastungstests nachweisen. Für beide Substitutionsmittel konnte eine signifikante, erhebliche Steigerung der Konzentrationsleistung aufgezeigt werden. Bisher existierte noch keine Studie, die diesen Effekt im Verlauf der Einstellung auf ein Substitutionsmittel untersuchte. Bezüglich der Einstufung chronischen Stresserlebens zeigten beide Substitutionsmittel höhere Werte für die Subskalen „Arbeitsunzufriedenheit“ und „soziale Isolation“ als die Kontrollgruppe. Methadonpatienten wiesen außerdem eine höhere Beurtei-lung der Besorgnisneigung auf. Niedrigere Werte im Vergleich zur Kontrollgruppe wurden für die Skala „Leistungsdruck bei der Arbeit“ angegeben, was möglicherweise auf einer höheren Arbeitslosenquote unter opiatabhängigen Patienten basieren kann. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen Leistungen der kognitiven Tests chronischem Stresserleben konnte für beide Patientengruppen für die Skala „Überforderung bei der Arbeit“ aufgezeigt werden. Patienten mit höherer Einschätzung für diese Skala erbrachten in einigen kognitiven Tests schlechtere Resultate.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 06/19
Die kognitive Funktion der Aufmerksamkeit wird anhand aktuell gültiger Theorien als Überbegriff für mehrere Aufmerksamkeits-Teilleistungen angesehen. Unter der Annahme voneinander unabhängiger Funktionen besteht die Möglichkeit einer funktionsspezifischen Entwicklung im Kindes- und Jugendalter. Bisher konnten Studien zur Entwicklung von Aufmerksamkeitsfunktionen im Jugendalter jedoch nur unzureichend klären in welchem Alter für die verschiedenen Aufmerksamkeitsfunktionen noch Entwicklungspotentiale vorhanden sind. Die klinische Relevanz der Fragestellung, ab wann ein Entwicklungsmaximum erreicht wird, beruht auf der Tatsache, dass bei einer noch nicht abgeschlossenen Hirnentwicklung bei Kindern und Jugendlichen Hirnläsionen zum Teil besser kompensiert werden können als bei Erwachsenen. Das Wissen über den Zeitpunkt der Entwicklungsmaxima der verschiedenen Aufmerksamkeitsfunktionen ermöglicht somit eine bessere Einschätzung der therapeutischen Potentiale bei Aufmerksamkeitsstörungen. Es war daher Ziel der vorliegenden Untersuchung die Entwicklungsverläufe der Aufmerksamkeitsfunktionen Alertness, selektive Aufmerksamkeit, geteilte Aufmerksamkeit und Vigilanz bei gesunden Jungen und Mädchen im Alter von 13 und 15 Jahren zu beobachten. Getestet wurden die Teilleistungen mit der Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung „TAP". Ausgewählt wurden die Jugendlichen mit Hilfe eines IQ-Teiltests sowie durch einen Fragebogen für die Eltern über eventuelle Verhaltensauffälligkeiten der Jugendlichen (CBCL). In bisherigen Untersuchungen konnten durch unterschiedliche Testverfahren bei Kindern und Erwachsenen gezeigt werden, dass die Funktionen Alertness, selektive Aufmerksamkeit, geteilte Aufmerksamkeit und Vigilanz funktionell unabhängig sind. In der vorliegenden Untersuchung konnten diese Funktionen mit der Testbatterie TAP nun auch bei Jugendlichen als voneinander unabhängige Teilleistungen nachgewiesen werden. Dadurch konnte das Mehrkomponentenmodell der Aufmerksamkeitsfunktion erneut gefestigt werden. In Anlehnung an die aktuelle Literatur, wonach ein Entwicklungsmaximum im frühen Jugendalter erwartet wird, stellten wir die Hypothese auf, dass kein entscheidender Altersunterschied zwischen 13 und 15 Jährigen mehr nachweisbar ist. Eine weitere Hypothese beruhte auf den Ergebnissen von mehreren Studien, die zu keinem einheitlichen Resultat bezüglich relevanter Geschlechtsunterschiede von Aufmerksamkeitsleistungen im Jugendalter kommen konnten. Wir erwarteten daher keine Geschlechtsunterschiede zwischen den Leistungen der Mädchen und der Jungen. Der Altersvergleich zeigte nun, dass die Jungen für die Funktionen der selektiven Aufmerksamkeit und der Vigilanz mit 15 Jahren signifikant bessere Ergebnisse zeigten als mit 13 Jahren. Die Leistungen in Alertness und geteilter Aufmerksamkeit unterschieden sich im Altersvergleich dagegen nicht. Bei den Mädchen ergab sich für keine der geprüften Teilleistungen ein Altersunterschied. Untersuchungen über die strukturelle und kognitive Gehirnentwicklung lassen Entwicklungsspielräume zum Teil noch bis über das 15. Lebensjahr hinaus zu, jedoch gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass Jungen in bestimmten Teilleistungen erst später Erwachsenenniveau erreichen als Mädchen, die in den getesteten Funktionen bereits mit 13 Jahren an ihr Leistungsmaximum herankommen. Zusammenfassend kann somit die Vermutung geäußert werden, dass teilweise noch ein Entwicklungspotential bei den 13 Jährigen Jungen vorhanden ist. Im direkten Geschlechtervergleich der Ergebnisse zwischen den Jungen und Mädchen ergaben sich auf der anderen Seite keine signifikanten Geschlechtsunterschiede. Bisherige Arbeiten, die mögliche Zusammenhänge zwischen Geschlecht und Aufmerksamkeitsleistungen überprüft haben, kamen zu sehr inhomogenen Resultaten. Da meist unterschiedliche Testverfahren angewendet und hauptsächlich Kinder untersucht wurden, müssen weitere Studien über Geschlechtsunterschiede von Aufmerksamkeitsfunktionen im Jugendalter abgewartet werden. Zusätzlich gingen wir der Frage über eine Verbindung zwischen Intelligenzleistungen und Aufmerksamkeitsfunktionen nach. Entsprechend der Hypothese hat sich gezeigt, dass gute Leistungen in den Tests der einfachen Aufmerksamkeitsfunktionen Alertness, selektive und geteilte Aufmerksamkeit sowie Vigilanz nicht mit einem höheren Intelligenzwert einhergehen. Aktuelle Studien sehen jedoch eine mögliche Verbindung zwischen Intelligenz und komplexeren Aufmerksamkeitsfunktionen, insbesondere von so genannten exekutiven Funktionen. Somit lässt sich die Vermutung äußern, dass einfachere Aufmerksamkeitsfunktionen wie sie hier getestet wurden, weniger mit Intelligenz korrelieren als komplexere Aufmerksamkeitsleistungen. Letzteren, insbesondere den so genannten exekutiven Funktionen, werden ebenso wie Intelligenzfunktionen mehr frontale Hirnstrukturen zugeordnet, einfacheren Aufmerksamkeitsleistungen hingegen mehr parietale und subkortikale Bereiche.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 06/19
Die kognitive Leistungsfähigkeit von Mammakarzinom-Patientinnen wurde vor Behandlungsbeginn (n=109) und vor dem letzten Zyklus neoadjuvanter Chemotherapie (n=101) mit einer neuropsychologischen Testbatterie untersucht. Bereits vor Therapiebeginn finden sich auffällig schlechte Leistungen in einem Umfang, der den in anderen Studien festgestellten kognitiven Beeinträchtigungen während oder nach einer Chemotherapie entspricht. Gegen Ende der Chemotherapie haben sich die Testleistungen der Patientinnen hochsignifikant und erheblich (Effektstärke: .75) verbessert. Es ist anzunehmen, dass ein großer Teil der Verbesserung auf Übungseffekte zurückgeht. Nach einer Korrektur der Testergebnisse für Übungseffekte zeigt sich ein gleichgroßes Ausmaß verschlechterter und verbesserter kognitiver Testleistungen gegenüber der Untersuchung vor Behandlungsbeginn: Überwiegend verschlechterten Testleistungen bei 27% stehen überwiegend verbesserte Testleistungen bei 28% der Patientinnen gegenüber. Eine vulnerable Subgruppe ist nicht erkennbar. Die wenigen Patientinnen, die auffällig viele verschlechterte Testleistungen zeigen, nahmen entweder beeinträchtigende Medikamente (n=3), oder sie hatten bei der ersten Untersuchung herausragend gute Testergebnisse erzielt (n=2), so dass ein Abfall ihrer Leistungen als Regression zur Mitte betrachtet werden kann. Dieses Ergebnismuster lässt sich schwer mit der Annahme einer Zytostatika-induzierten Schädigung in Einklang bringen. Dagegen erlaubt die Annahme einer Verursachung kognitiver Auffälligkeiten durch psychologische Faktoren, möglicherweise im Zusammenhang mit der Krankheitsbewältigung, eine sparsamere und vollständigere Erklärung der Ergebnisse unserer Studie und einiger unerklärter Beobachtungen aus anderen Untersuchungen. Selbstberichtete kognitive Probleme, Angst und Depression hängen in unserer ebenso wie in anderen Studien weder mit Testergebnissen noch mit der Veränderung von Testergebnissen zusammen, sie korrelieren aber miteinander. Entgegen den Hypothesen der Studie konnte kein neuroprotektiver Einfluss einer Begleitmedikation mit Erythropoietin festgestellt werden, und es wurden keine Zusammenhänge zwischen einer Verminderung von Aktivitäten und Verschlechterungen kognitiver Leistungsfähigkeit gefunden.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/19
An 36 Dreizehn- und Fünfzehnjährigen erfolgte anhand der Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung eine Überprüfung der exekutiven Funktionen und eine Erhebung von Unterschieden bezüglich des Alters, des Geschlechts und der Intelligenz. Es konnten signifikante Alters- und Geschlechlechtseffekte ermittelt werden. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass eine Entwicklung im Adoleszenzalter zu verzeichnen ist und sollten Grundlage für die Einführung eines standartisierten Diagnostik- und Therapieinventars sein.
Mon, 1 Jan 1979 12:00:00 +0100 http://epub.ub.uni-muenchen.de/2268/ http://epub.ub.uni-muenchen.de/2268/1/2268.pdf Heller, Kurt A. Heller, Kurt A. (1979): Testbatterie für entwicklungsrückständige Schulanfänger (TES). In: Psychologie in Erziehung und Unterricht, Vol. 26: pp. 248-250. Psychologie und Pädagogik