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Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 05/07
Bisher sind chirurgische und interventionelle Verschlussmöglichkeiten eines muskulären Ventrikelseptumdefektes (mVSD) unterhalb des Moderator Bandes limitiert. Sie sind verbunden mit signifikanter Sterblichkeit, vor allem bei Neugeborenen und Kleinkindern. Deshalb ist es essentiell, alternative Verschlussmöglichkeiten zu entwickeln. In dieser Arbeit wird ein neues Tiermodell vorgestellt, um damit neue Verschlussmöglichkeiten eines mVSD zu entwickeln. Gleichzeitig wird eine neue Hybridtechnik zum Verschluss eines mVSD mit einem Patch vorgestellt. In der Hybridtechnik verbinden sich die Vorteile von chirurgischen und interventionellen Methoden. Die Hybridtechnik wird ohne Herz-Lungen-Maschine (HLM) am Tiermodell Schwein eingesetzt. Bei 18 Schweinen wird eine anterolaterale Thorakotomie vorgenommen um einen Zugang zum linken Ventrikel (LV) zu erhalten. Unter 2- und 3 dimensionaler Echokardiographie werden mVSDs mit einem scharfen Stanzgerät mit einem Durchmesser von 7,5 mm geschaffen. Das Stanzgerät wird durch den LV ohne die Verwendung einer HLM geschoben. Ein speziell entwickeltes Patch-System bestehend aus einem Patch mit einem Nitinolrahmen wird durch die Arteria carotis in den LV geschoben und vor dem VSD positioniert. Ein Klammergerät wird durch die Wand des LV am schlagenden Herzen eingeführt und der Patch wird mit Nitinolklammern am Septum unter echokardiologischer Kontrolle und unter Durchleuchtung befestigt. Anschließend wird der Nitinolrahmen vom Patch gelöst. Die Erzeugung der mVSDs war bei 12 Tieren erfolgreich. Bestätigt wurde dies durch Echokardiographie, hämodynamische Messungen und durch Autopsie der Herzen. Die Lokalisation der Defekte war midmuskulär (n=4), apikal (n=3), inlet (n=2) und anterior muskulär (n=3). Die Diameter und Shunt Volumina der mVSD waren 4.8-7.3 mm (mean: 5.9 mm) und 12.9-41.3 % (mean: 22.1 %). Der vollständige Verschluss des Defektes mit dem Patch gelang in 7 von 8 positionierten Patches. Bestätigt wurde dies durch Echokardiographie und Autopsie der Herzen. Alle Tiere waren während des Versuchs hämodynamisch stabil. Die beschriebene Methode um einen mVSD am schlagenden Herzen im Tiermodell Schwein zu schaffen, ist für die Evaluierung von neuen Verschlussmethoden eines VSDs geeignet. Die neue Methode zum Verschluss eines mVSD mit einem Patch konnte erfolgreich angewandt werden. Weitere Entwicklungen des Patch-Systems sind notwendig um die Anwendbarkeit in Menschen festzustellen, speziell für die Zielgruppe der Neugeborenen und Kleinkindern.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 04/19
Die konventionelle Herzbypassoperation mit Herz-Lungen-Maschine (HLM) ist immer noch der am häufigsten durchgeführte kardiochirurgische Eingriff. Dieser gilt als sicher und effektiv. Die Verwendung der HLM, der kardiopulmonale Bypass, kann jedoch beim Patienten eine komplexe pathophysiologische Reaktion auslösen. Hierbei kann es zu einer generalisierten Entzündungsreaktion mit der Freisetzung proinflammatorischer Mediatoren kommen, die eine massive Verschlechterung der mikrovaskulären Perfusion und Erhöhung der Permeabilität hervorrufen können. Bei einigen Patienten kann der verstärkte Flüssigkeitsaustritt („capillary leakage syndrome”) aus dem intravasalen Raum in das Intersitium zu einer ausgeprägten Ödembildung im Gewebe und in Organen führen. Mögliche Folgen sind kardiozirkulatorische und pulmonale Dysfunktionen, einschließlich einer erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrate der Patienten. Bei Herzbypassoperationen am schlagenden Herzen, ohne Verwendung der HLM, scheint es zu einer weniger stark ausgeprägten Entzündungsreaktion, einer verminderten Freisetzung von Zytokinen und einer geringeren Expression von Adhäsionsmolekülen zu kommen. Die Folge ist ein besserer klinischer Verlauf und eine niedrigere perioperative Komplikationsrate im Vergleich zu Patienten, bei denen ein Eingriff mit HLM durchgeführt wird. Obwohl bereits bekannt ist, dass Patienten, die mit HLM operiert werden, eine signifikant höhere Flüssigkeitsbilanz aufweisen, konnte bisher noch nicht nachgewiesen werden, dass es bei Herzbypassoperationen mit HLM zu einer stärkeren Flüssigkeitsfiltration kommt als bei Patienten, bei denen der gleiche Eingriff ohne HLM durchgeführt wird. Ziel der Studie war es daher, die Auswirkungen der Herz-Lungen-Maschine auf die mikrovaskuläre Perfusion und Permeabilität zu erfassen, den möglichen mikrovaskulären Schaden mit konsekutivem Flüssigkeitsaustritt ins Interstitium zu quantifizieren und hinsichtlich dessen Korrelation mit Entzündungsparametern zu überprüfen. Zusätzlich sollte in Erfahrung gebracht werden, ob die Entzündungsreaktion, der mikrovaskuläre Schaden und die konsekutive Ödembildung nach koronarer Bypassoperation mit Herz-Lungen-Maschine stärker ausgeprägt ist als bei Patienten, die ohne HLM operiert werden. Die venöse Kompressionsplethysmographie (VKP) ist eine nicht-invasive Untersuchungsmethode, mit der es möglich ist, mikrovaskuläre Parameter zu bestimmten. Mit Hilfe von speziellen Blutdruckmanschetten wird am Oberschenkel der Patienten eine venöse Abflußstauung erzeugt, die zu einer Volumenzunahme der distalen Extremität führt. Diese Volumenänderung wird mit hochsensitiven Sensoren kontinuierlich erfasst und mittels Computer aufgezeichnet. Eine computergestützte „Off-line“-Analyse erlaubt die Berechnung der mikrovaskulären Flüssigkeitsfiltrationskapazität (FFK), die die Permeabilität der Kapillaren im Untersuchungsgebiet wiedergibt. Außerdem kann der isovolumetrische venöse Druck (Pvi), der das Gleichgewicht zwischen den hydrostatischen und den kolloidosmotischen Kräften widerspiegelt, und der arterielle Blutfluss (Qa) in den Extremitäten berechnet werden. In die hier vorliegende prospektive, klinische Studie wurden insgesamt 38 Patienten, die sich einer elektiven Herzbypassoperation unterziehen mussten, eingeschlossen. Von diesen wurden 25 Patienten mit (on-pump) und 13 Patienten ohne Herz-Lungen-Maschine (off-pump), am schlagenden Herzen operiert. Beide Gruppen waren hinsichtlich des Alters und Geschlechts der Patienten, des Ausmaßes der koronaren Herzkrankheit, der linksventrikulären Ejektionsfraktion und der präoperativen Klinik vergleichbar. Die Patienten der On-pump-Gruppe erhielten signifikant mehr koronare Bypässe, das chirurgische Trauma, der operative Zugangsweg zum Herzen, erfolgte aber bei allen Patienten mittels medianer Sternotomie und auch die durchschnittliche Operationsdauer und Anästhesiezeit unterschied sich in beiden Gruppen nicht. Die Messungen der venösen Kompressionsplethysmographie erfolgten am Abend vor der Operation auf der herzchirurgischen Normalstation (T1), eine Stunde nach der Operation auf der herzchirurgischen Intensivstation (T2) und am 5. postoperativen Tag (T3). Gleichzeitig wurde den Patienten Blut entnommen, um die Konzentrationen der Zytokine Interleukin-6 (IL-6) und Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) im Serum und die Expression der Adhäsionsmoleküle (Beta-2-Integrine (CD18/CD11b) und L-Selektine (CD62L)) auf der Oberfläche polymorphkerniger neutrophiler Leukozyten (PMNL) zu bestimmen, aus denen sich das Ausmaß der Entzündungsreaktion abschätzen lässt. Es konnte gezeigt werden, dass in der On-pump-Gruppe die Flüssigkeitsfiltrationskapazität (FFK) postoperativ signifikant zunimmt und am 5. postoperativen Tag immer noch signifikant erhöht ist. Die postoperative Zunahme der FFK korrelierte dabei signifikant positiv mit der Aortenklemmzeit und der Dauer des kardiopulmonalen Bypasses. Der isovolumetrische venöse Druck (Pvi) zeigte eine Tendenz zum postoperativen Anstieg. Dieser Anstieg verfehlte zwar knapp das Signifikanzniveau, korrelierte jedoch ebenfalls signifikant positiv mit der Aortenklemmzeit. In der On-pump-Gruppe wurde zusätzlich eine signifikante Zunahme der Konzentrationen von IL-6 und TNF-α im Serum postoperativ beobachtet. Auch die Expression der Adhäsionsmoleküle CD18/CD11b in der On-pump-Gruppe zeigte eine Tendenz zur postoperativen Zunahme. Diese Zunahme verfehlte zwar knapp das Signifikanzniveau, war jedoch verglichen mit der Off-pump-Gruppe signifikant stärker ausgeprägt und korrelierte signifikant positiv mit der Dauer des kardiopulmonalen Bypasses und mit der Erhöhung der FFK. In der Off-pump-Gruppe konnten dagegen keine Veränderungen hinsichtlich der Flüssigkeitsfiltrationskapazität, des isovolumetrischen venösen Druckes, der TNF-a-Serumkonzentration und der Adhäsionsmolekülexpression postoperativ gefunden werden. Nur die IL-6-Serumkonzentration nahm ähnlich wie in der On-pump-Gruppe postoperativ signifikant zu. Zwischen den beiden Gruppen konnten hinsichtlich des arteriellen Blutflusses (Qa), des kolloidosmotischen Druckes (KOD), der IL-6-Serumkonzentration, der Expression des L-Selektins CD62L, der Flüssigkeitsbilanz, der Herzfrequenz und des mittleren arteriellen Blutdruckes keine signifikanten Unterschiede beobachtet werden. Es bestanden ebenfalls keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Dauer der postoperativen maschinellen Beatmung, des postoperativen Aufenthalts auf der Intensivstation und im Krankenhaus und der perioperativen Komplikationsrate. Die in der vorliegenden Studie beobachtete signifikante Zunahme der Flüssigkeitsfiltrationskapazität (FFK) bei Patienten der On-pump-Gruppe könnte durch verschiedene Ursachen ausgelöst worden sein. Am wahrscheinlichsten scheint hierbei eine generalisierte inflammatorische Reaktion, bedingt durch den Einsatz der Herz-Lungen-Maschine zu sein, da die Erhöhung der FFK signifikant positiv mit der tendenziell erhöhten Expression der Adhäsionsmoleküle CD18/CD11b korreliert. Sowohl TNF-α als auch CD18/CD11b, die beide während des kardiopulmonalen Bypasses verstärkt freigesetzt werden, können direkt bzw. indirekt, über Granulozyten vermittelt, die Permeabilität erhöhen. Für diese Hypothese spricht außerdem, dass die postoperative Erhöhung der FFK signifikant positiv mit der Aortenklemmzeit und der Dauer des kardiopulmonalen Bypasses korreliert. Eine andere mögliche Ursache für die Erhöhung der FFK könnte aber auch eine allgemeine Entzündungsreaktion auf ein chirurgisches Trauma, eine so genannte „postoperative stress response“ sein. Gegen diese Vermutung spricht aber, dass in der Off-pump-Gruppe kein FFK-Anstieg, keine vermehrte Freisetzung von TNF-α und keine gesteigerte Expression von CD18/CD11b beobachtet wurde, obwohl auch bei dieser Patientengruppe der operative Zugangsweg mittels medianer Sternotomie erfolgte und das Ausmaß des chirurgischen Traumas vergleichbar erscheint. Außerdem könnten Veränderungen der einzelnen Starlingkräfte, wie beispielsweise ein Abfall des kolloidosmotischen Druckes (KOD), für eine Erhöhung der FFK verantwortlich sein. Da der KOD aber in beiden Gruppen postoperativ signifikant vergleichbar abfällt und sich keine Korrelation zwischen den Veränderungen des KOD und der FFK findet, ist zu schließen, dass der Abfall des KOD nicht für den beobachteten Anstieg der FFK in der On-pump-Gruppe verantwortlich ist. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Herz-Lungen-Maschine wohl im wesentlichen die Erhöhung der mikrovaskulären Permeabilität bedingt, indem sie eine Aktivierung des Immunsystems auslöst, in deren Verlauf Mediatoren freigesetzt werden, die einen mikrovaskulären Schaden verursachen. Die venöse Kompressionsplethysmographie (VKP) ist eine nicht-invasive Untersuchungsmethode zur Beurteilung der Mikrozirkulation, die eine frühzeitigere Diagnose einer gesteigerten mikrovaskulären Permeabilität ermöglicht, was besonders bei kritisch kranken Patienten hilfreich ist. Außerdem könnten Patienten, die ein erhöhtes Risiko haben, nach kardiopulmonalem Bypass ein „capillary leakage syndrome“ zu entwickeln, mit der VKP identifiziert und überwacht werden.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/07
Herzchirurgische Operationen bei Kindern und Erwachsenen, die einen tief hypothermen Kreislaufstillstand (DHCA) erfordern, können zu zentralnervösen Defiziten führen. Ziel der vorliegenden Studie ist es, mit einem neuen kliniknahen DHCA-Modell bei der Ratte diesen Phänomenen experimentell standardisiert näher kommen zu können. 34 männliche Sprague-Dawley Ratten (ca. 350 g KGW) wurden mit Isofluran anästhesiert, intubiert und mit 2,0 – 2,5 Vol% Isofluran in 45 % O2 beatmet. Die rechte A. epigastrica superficialis, V. jugularis externa sowie A. sacralis mediana kanülierte man zur arteriellen Blutdruckmessung, Blutentnahme, Medikamentenapplikation und Anschluss an die Extrakorporale Zirkulation (EKZ). In der Abkühlungsphase wurden die Tiere innerhalb von 30 min mit Hilfe von Kühlmatten und dem Wärmetauscher der EKZ auf eine rektale Temperatur von 15 – 18 °C gekühlt und dabei die Flussrate der Herz-Lungen-Maschine (HLM) von 160 – 180 ml/min/kg um die Hälfte reduziert. In dieser Phase anästhesierte man die Tiere mit 1,0 - 1,5 Vol% Isofluran (45 % O2 / 55 % Druckluft), repetitiv Fentanyl (5 µg Boli) und 1,6 mg / h Cisatracurium. Die Tiere wurden randomisiert in sechs Gruppen mit unterschiedlichen DHCA-Zeiten eingeteilt. Während man die Gruppe mit 0 min DHCA-Zeit (n=6) sofort wieder ohne Kreislaufstillstand erwärmte, stellte man bei den anderen Gruppen die Rollerpumpe ab, drainierte das Blut aus dem rechten Vorhof in das venöse Reservoir und hielt den Kreislauf-stillstand (Asystolie und kein MAP) für 45, 60, 75, 90 (je n=6) und 105 (n=4) min aufrecht. Dann wurden die Tiere in 40 min auf rektale Temperaturen von 35,5 °C wiedererwärmt und die Flussrate der HLM bis auf Ausgangswerte gesteigert. Die Anästhesie erfolgte entsprechend der Abkühlungsphase. Nach Abgehen von der HLM wurden die Tiere 1 h nachbeatmet. In dieser Zeit verabreichte man ihnen Blut (aus der EKZ) retransfundiert und nach Bedarf Bikarbonat, Calcium und Glucose. Postoperativ wurde täglich die neurologische (sensorisch-motorische Tests) und die kognitive Funktion (mHB-Test) untersucht und die Tiere abschließend am postoperativen Tag 14 getötet. Eine 50 %ige Wahrscheinlichkeit des Überlebens wurde für eine DHCA-Zeit von 83 min (71 bis 99 min) bestimmt. Die motorische Funktion erreichte wie die neurokognitive Leistungsfähigkeit zum Ende der Versuchsperiode wieder stabile Werte, war aber nach klinisch relevanten DHCA-Zeiten bis 60 min noch beeinträchtigt. Zu diesem Zeitpunkt korrelierte die gesamte funktionelle Leistungsfähigkeit nicht mit den histopathologischen Ergebnissen. Mit dieser Studie gelang erstmalig die Beschreibung eines kliniknahen DHCA Modells bei der Ratte, das mit einem langfristigen Überleben der Tiere vereinbar ist. Die Etablierung dieses neuen Modells ist ein wichtiger Fortschritt, um die Pathomechansimen, die zentralnervösen Defiziten zugrunde liegen, näher zu untersuchen. Außerdem kann dieses Modell dazu genutzt werden, potentielle neuroprotektive Medikamente oder Strategien präklinisch zu überprüfen.