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Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 12/19
Zielsetzung und Fragestellung: Das Vorliegen knöcherner Defekte ist ein wesentliches klinisches Problem in zahlreichen chirurgischen Disziplinen. Das tissue engineering von Knochen stellt eine innovative Methode dar, welche die Möglichkeit eröffnet, ein Knochenersatzmaterial in theoretisch unbegrenzter Menge und vorbestimmbarer Form bei minimaler oder fehlender Hebedefektmorbidität zu gewinnen. Trotz dieses immensen Potenzials konnte sich das tissue engineering in klinisch relevanten Ausmaßen noch nicht durchsetzen. Ein wesentliches Problem wird in der bei zunehmender Größe der Leitschienen inhomogenen Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen vermutet. Bisher konnte dies jedoch quantitativ für das tissue engineering von Knochen nicht belegt werden. Folglich fehlen auch Strategien zur Überwindung dieses Problems nahezu gänzlich. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung bestand daher darin, die Sauerstoffkonzentration im Zentrum besiedelter Leitschienen zunächst unter statischen Bedingungen zu messen und zu überprüfen, ob es zu Auswirkung auf das Überleben der Zellen kommt. Anschließend sollten die Bedingungen mit Hilfe eines dynamischen Zellkultursystems optimiert und wiederum der Einfluss auf die zentrale Sauerstoffkonzentration und das Zellüberleben ermittelt werden. Material und Methoden: Zylindrische Leitschienen aus demineralisierter boviner Matrix (DBM) mit einem Durchmesser von 9 mm und einer Höhe von 5 mm wurden unter Verwendung einer standardisierten Methodik mit 50.000 murinen präosteoblastären Zellen (MC3T3) besiedelt und anschließend unter statischen und dynamischen Bedingungen kultiviert. Unter statischen Bedingungen erfolgte der Mediumwechel (Mem alpha) alle 48 Stunden, während unter dynamischen Bedingungen eine kontinuierliche Mediumzufuhr mit Hilfe einer Pumpe erfolgte. Als Standardperfusionsgeschwindigkeit wurde 18 µl/min verwendet. Weitere Versuche erfolgten mit drei- (54 µl/min) und fünffacher (90 µl/min) Perfusionsgeschwindigkeit. Im Untersuchungszeitraum von sieben Tagen wurde die Sauerstoffkonzentration mit einer nadelartigen Sauerstoffsonde, die definiert ins geometrische Zentrum der Leitschiene appliziert wurde gemessen. Zusätzliche Messungen erfolgten unter statischen Bedingungen im umgebenden Medium, unter dynamischen Bedingungen im Mediumzu- und abfluss. Die Auswertung des Zellüberlebens und der Zellproliferation erfolgte mit Hilfe eines live-dead-assays sowie durch Zellzählung im Zentrum der Leitschiene. Ergebnisse: Unter statischen Zellkulturbedingungen kommt es im Zentrum der mit 50.000 Zellen besiedelten Leitschienen zu einem dramatischen Abfall der Sauerstoffkonzentration, wobei nach nur 5 Tagen die Sauerstoffkonzentration bei 0 % liegt. Konsekutiv kann im live-dead-assay ein ausgeprägtes Zellsterben, insbesondere im Zentrum der Leitschienen nachgewiesen werden. Hier konnten nach sieben Tagen keine überlebenden Zellen mehr beobachtet werden. Aus den Sauerstoffmessungen im umgebenden Medium sowie den Ergebnissen des live-dead-assay kann auf das Vorliegen eines deutlichen Sauerstoffgradienten von der Oberfläche zum Zentrum der besiedelten Leitschienen geschlossen werden. Diese Ergebnisse ließen sich bei Besiedlung mit 50.000 humanen SCP-Zellen bestätigen. Unter Verwendung dynamischer Zellkulturbedingungen konnte der Abfall der zentralen Sauerstoffkonzentration deutlich vermindert und die Fläche unter der Sauerstoffkurve (AUC) signifikant (p < 0,01) vergrößert werden. Darüber hinaus konnte eine deutliche Verbesserung des Zellüberlebens beobachtet werden, insbesondere fielen signifikant (p < 0,01) mehr überlebende Zellen im Zentrum der Leitschiene auf. Dennoch kommt es im Beobachtungszeitraum zu einem deutlichen Abfall der Sauerstoffkonzentration im Zentrum der Leitschiene. Durch eine Steigerung der Perfusionsgeschwindigkeit auf das Drei- (54 µl/min) beziehungsweise Fünffache (90 µl/min) konnte nochmals eine deutliche Verbesserung der Sauerstoffversorgung und des Zellüberlebens, insbesondere in den kritischen zentralen Arealen der Leitschiene, erreicht werden. Schlussfolgerungen: Zentrale Hypoxie stellt einen wesentlichen limitierenden Faktor für das Leitschienen-basierte tissue engineering von Knochen in klinisch relevanten Dimensionen dar. Daher sollte im Rahmen der Kultivierung von dreidimensionalen Konstrukten ein adäquates Monitoring der Sauerstoffversorgung gewährleistet sein. In der Optimierung der Sauerstoffversorgung innerhalb von dreidimensionalen Konstrukten liegt ein entscheidender Schlüssel für die Verbesserung der klinischen Einsetzbarkeit des tissue engineering von Knochen.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 09/19
In verschiedenen tierexperimentellen Studien wurde die Knochenneubildung aus be-siedelten Biomaterialien sowohl im heterotopen als auch orthotopen Lager unter-sucht. Die erzielten Ergebnisse waren dabei maßgeblich von den verwendeten Zel-len, der Leitschienenart und den Kultivierungsbedingungen in vitro abhängig. Ziel dieser Studie war es daher, den Einfluss der in vitro Kultivierung von Zell-Matrix Kon-strukten auf deren Integration und die Knochenneubildung in vivo zu untersuchen. Klinisch zugelassene Leitschienen (Tutubone, h=3mm, d=9mm) wurden mit huma-nen mesenchymalen Stammzellen besiedelt und danach statisch (12 Stunden oder 14 Tage) oder dynamisch (14 Tage) unter kontinuierlichem Medienfluss kultiviert. Die Kontrollleitschienen blieben unbesiedelt und wurden analog den 12 Stunden statisch kultivierten Leitschienen behandelt. Danach wurden die Konstrukte in athyme Nacktmäuse subkutan paravertebral implantiert. Nach 2 und 12 Wochen in vivo er-folgte die histologische bzw. immunohistochemische Auswertung der Konstrukte. Unabhängig von der Kultivierungsart und -dauer konnte bereits nach 2 Wochen ein Einwachsen des umliegenden Gewebes in die Konstrukte mit einer begleitenden Entzündungsreaktion beobachtet werden. In der weiteren Untersuchungsperiode wurden die signifikante Abnahme der Entzündungsreaktion sowie eine Zunahme von Blutgefäßen und multinuklearen Riesenzellen festgestellt. Zusätzlich konnten Fettzel-len überwiegend in den statisch besiedelten Konstrukten nachgewiesen werden. Die Knochenneubildung in den implantierten Konstrukten wurde nicht beobachtet. Immu-nohistochemisch konnten die hMSC mit Hilfe von HLA-1-Antikörpern nur in besiedel-ten Leitschienen nach 2 und 12 Wochen Implantationsdauer detektiert werden. Es konnte eine gute Integration der Leitschienen in das umliegende Gewebe sowie ein Überleben der implantierten Zellen über einen Untersuchungszeitraum von 12 Wochen nachgewiesen werden, wobei keine signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Kultivierungsformen beobachtet wurden. Das Auftreten von Fettzellen ist möglicherweise auf eine adipogene Differenzierung der implantierten Zellen zurück-zuführen.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 04/07
Zielsetzung und Fragestellung: Die Regenerative Medizin weckt mit der Entwicklung vitalisierter Ersatzmaterialien große Hoffnung für künftige Behandlungsmethoden ausgedehnter Knochendefekte. Im Vorfeld der Übertragung auf die Klinik gilt es jedoch, Materialien eingehend zu testen, um das Risikoprofil neuartiger Implantate besser abschätzen zu können. Dies besitzt für die Human- und Veterinärmedizin gleichermaßen Gültigkeit. Vor diesem Hintergrund war es Gegenstand der hier vorgestellten Arbeit, ein Defektmodell in der Ratte für die orthotope Testung zellbesiedelter Gewebekonstrukte zu etablieren. Selbstentworfene Leitschienen für den Knochenersatz wurden zunächst in vitro getestet und optimiert, um im Anschluss in einer Pilotstudie in vivo auf ihr heilungsförderndes Potential getestet zu werden. Material und Methoden: Die Studie wurde in konsekutive Abschnitte gegliedert. Die Implantatentwicklung umfasste die Strukturgenerierung dreidimensional mittels Rapid-Prototyping-Verfahren hergestellter Hydroxylapatitkeramiken. In vitro wurde das Verhalten humaner mesenchymaler Stammzellen (hMSC) auf diesen Leitschienen hinsichtlich Zellverteilung, -vitalität und Differenzierbarkeit überprüft. Für die Etablierung des orthotopen Defektmodells wurden Osteosynthesesysteme entworfen und auf ihre mechanische Belastbarkeit sowie auf ihre Anwendbarkeit am Tier getestet. In einer dritten Stufe wurde der Einfluss der entwickelten Knochenersatzmaterialien auf die Knochenheilung sowohl in Kombination mit hMSC als auch ohne Zellen im präklinischen Tiermodell getestet. Die Auswertung erfolgte mit radiologischen und histologischen Techniken über zwei beziehungsweise zwölf Wochen. Ergebnisse: Keramikleitschienen aus Hydroxylapatit konnten mit Rapid-Prototyping-Verfahren in einer an die Defektgröße angepassten Dimension (3 x 6 mm) hergestellt werden. Die allgemeinen Anforderungen für Knochenersatzmaterialien hinsichtlich Stegbreiten, Porengrößen und Interkonnektivität des Porensystems wurden gänzlich erfüllt. Anhand von Zellkulturversuchen wurde die am besten geeignete Teststruktur für die In-vivo-Versuche ausgewählt. Kriterien waren ein gleichmäßiges Verteilungsmuster, hohe Vitalität sowie Differenzierbarkeit humaner mesenchymaler Stammzellen auf den Materialien. Für die Etablierung eines Defektmodells am Rattenfemur wurde zunächst ein geeignetes Fixationssystem für die Osteosynthese ausgewählt. Ein externer Fixateur wurde eigens entworfen und nach einem Stereolithographieverfahren aus leichten Polymerkunststoffen gebaut. In der mechanischen Testung verschiedener Osteosynthesesyteme (zwei externe Fixateure, eine Titanplatte für die interne Fixation) zeigte sich eine ausreichende Stabilität aller ausgewählten Testobjekte. Aufgrund der besten intraoperativen Anwendbarkeit und dem höchsten Tragekomfort für das Tier wurde die Platte für die Anwendung in vivo ausgewählt. In einem 6 mm großen Vollschaftdefekt der Femurdiaphyse wurden die zuvor entwickelten Implantate getestet. Als Kontrollen dienten biologische Keramiken. Weder die radiologischen noch die histologischen Ergebnisse ließen substanzielle Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen erkennen. Eine knöcherne Konsolidierung der Defektzone wurde auch nach einer zwölfwöchigen Nachbeobachtungszeit nicht nachgewiesen. Die Ergebnisse zeigten sich weitgehend unabhängig von der Art der Leitschienenbehandlungen (ohne, beziehungsweise mit Zellbesiedelung). Jedoch wurden Tendenzen ersichtlich, dass eine Zellbehandlung der Implantate die Knochenneubildung begünstigt. Schlussfolgerungen: 1. Rapid-Prototyping-Verfahren stellen eine gut geeignete Methode für die Herstellung feinstrukturierter biokompatibler Knochenersatzmaterialien dar. 2. Reine Hydroxylapatitkeramiken können die Knochenregeneration eines Vollschaftdefektes nicht ausreichend unterstützen. Eine Vitalisierung der Implantate resultiert nicht in einer vollständigen Heilung nach einem Nachbeobachtungszeitraum von 12 Wochen, eine Tendenz zu einer weiter reichenden Knochenneubildung liegt jedoch vor. 3. Auch biologische Keramiken (zellfreie bovine Knochenmatrix) können keine Defektheilung bewirken. Dies gilt ebenso für unbesiedelte Implantate wie für Zellträger. 4. Ein 6 mm Vollschaftdefekt der Femurdiaphyse stellt einen Defekt kritischer Größe dar. Dabei bleibt das Regenerationspotential grundsätzlich unberührt. Der Einfluss unterschiedlicher Implantate auf den Heilungsprozess kann somit bewertet werden. Mit histologischen und radiologischen Methoden kann der Effekt verschiedener Implantate auf die Knochenheilung adäquat abgebildet werden. Ausblick: In dem hier vorgestellten Projekt wurden Ergebnisse generiert, die einige Schwächen der bisher verwendeten Implantate aufdecken konnten. Zum einen scheint das osteogenetische Potential der transplantierten Zellen für eine Defektüberbrückung nicht ausreichend zu sein und zum anderen steht deren Vitalität nach erfolgter Übertragung in Frage. Um zu einem besseren funktionellen Ergebnis zu gelangen werden derzeit zwei Studienansätze verfolgt. So sollen mit Methoden des lentiviralen Gentransfers humane mesenchymale Stammzellen modifiziert werden. Durch stabile Überexpression von BMP-2 können diese Zellen die Therapie ausgedehnter Knochendefekte ermöglichen. Ein weiterer Ansatz versucht, die Probleme des mangelhaften Zellüberlebens zu lösen. Dies soll in vivo durch eine axiale Perfusion der Zellträger, die eine Gefäßneubildung innerhalb der Konstrukte bewirkt, erreicht werden. Nachfolgend wird eine Testung der modifizierten Zellen beziehungsweise der prävaskularisierten Leitschienen im Hinblick auf deren Potential, die Geweberegeneration zu unterstützen, in dem hier etablierten orthotopen Femurdefektmodell an der Ratte erfolgen.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/19
Zielsetzung und Fragestellung: Bei der Behandlung von Knochendefekten wird dem Tissue Engineering großes Potential zugesprochen. In der vorliegenden Untersuchung wurden humane Mesenchymale Stammzellen (hMSC) in vitro vermehrt und unter osteogener Stimulation auf einer bereits klinisch zur Knochendefektfüllung zugelassenen Leitschiene kultiviert. Ziel der Arbeit war neben der Etablierung des Modells zunächst die qualitative Beurteilung des Zellwachstums über Zeiträume von 2, 4 und 6 Wochen. Insbesondere aber sollte der immunhistochemische Nachweis von Zelldifferenzierung und Matrixbildung im dreidimensionalen System im Vergleich zur zweidimensionalen Kultur über einen Zeitraum von 2 Wochen erfolgen, und damit die Untersuchung des Einflusses der Dreidimensionalität der gewählten Leitschiene. Material und Methoden: Die Vermehrung der hMSC (Fa. Poietics) erfolgte in DMEM unter Zugabe von FBS, L-Glutamin und Antibiotika. Die zylinderförmigen Leitschienen (Tutobone, Fa. Tutogen Medical, d= 9 mm, h= 3 mm) wurden mit jeweils 1,6 Mio. Zellen besiedelt. Die Kultivierung erfolgte im Bioreaktor für 2, 4 und 6 Wochen bei kontinuierlicher Mediumversorgung (3,3 ml/h). Zur osteogenen Stimulation wurde Dexamethason, Ascorbinsäure-2-Phosphat und beta-Glycerophosphat zugesetzt. Für die 2-D-Vergleichsgruppen wurde ein Teil der Ausgangszellen mit, ein weiterer Teil ohne osteogene Stimulation für 2 Wochen fortgeführt. Nach 2, 4 und 6 Wochen erfolgte die auflichtmikroskopische, histologische und immunhistochemische Auswertung aller Präparate. Alle Versuche wurden dreifach durchgeführt, die Kulturen über 4 Wochen einfach. Ergebnisse: Innerhalb der Leitschienen konnte in allen Versuchszeiträumen homogenes, dreidimensionales Zellwachstum sowie deutliche Matrixbildung gezeigt werden. Die immunhistochemischen Nachweise für Prokollagen I, Kollagen I und IV, Osteocalcin, Osteonectin, und Versican waren in den 3-D-Präparaten in allen Zeiträumen deutlich positiv, die Nachweise für Alkalische Phosphatase und Decorin negativ. Im Vergleich zu den 3-D-Kulturen war in der stimulierten 2-D-Kultur die Markierung von Osteocalcin deutlich schwächer ausgeprägt. Ohne osteogene Stimulation konnten in den 2-D-Kulturen positive Nachweise für Kollagen I, Kollagen IV, Osteonectin, Prokollagen I und Versican gefunden werden, keine Nachweise für Alkalische Phosphatase, Decorin und Osteocalcin. Schlussfolgerungen: 1. Die dreidimensionale Kultivierung von humanen MSC in vitro in Verbindung mit der gewählten Leitschiene und unter kontinuierlicher Mediumversorgung ist über Zeiträume bis zu 6 Wochen möglich. 2. In allen Versuchszeiträumen führte dies bereits nach qualitativen Gesichtspunkten zu ausgeprägtem dreidimensionalem Zellwachstum. 3. Als Zeichen osteogener Differenzierung fällt der Nachweis des osteoblastentypischen Markers Osteocalcin in den 3-D-Kulturen im Vergleich zu den 2-D-Kulturen deutlich positiv aus. Dreidimensionales Zellwachstum in vitro stellte unter den gewählten Bedingungen einen zusätzlichen Stimulus für die osteogene Differerenzierung dar. 4. Alkalische Phosphatase, Decorin, Prokollagen I, Kollagen I und IV, Osteonectin und Versican eigneten sich in der vorliegenden Untersuchung nicht als spezifische Marker der osteoblastären Kaskade.