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Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 05/06
Während prähistorische, römische, frühgeschichtliche und mittelalterliche Skelettfunde seit jeher das Untersuchungsgut der physischen Anthropologie mit dem Ziel der Rekonstruktion von menschlicher Bevölkerungsentwicklung in Zeit und Raum darstellt, ist die anthropologische Bearbeitung neuzeitlicher und insbesondere spätneuzeitlicher Skelettserien bis heute weltweit sehr selten, was u. a. mit deren Verfügbarkeit zu begründen ist, denn in der Regel ist die Wiederbestattung der Skelette bei lebenden Angehörigen gewünscht und üblich. Mit der Skelettserie des Kirchhofs von St. Pankratius von Altdorf bei Düren in Nordrhein-Westfalen liegt daher ein sehr seltenes Untersuchungsgut aus dem 19. Jahrhundert vor. Die anthropologische Bearbeitung und Interpretation der Ergebnisse wird unter besonderer Berücksichtigung einer modernen Umwelt vorgenommen, die, was die politische, wirtschaftliche und soziale Lage der Gesamtbevölkerung betrifft, zum Teil schriftlich gut dokumentiert ist. Die sich entwickelnden Unterschiede der Lebensbedingungen in der Zeit des demographischen Übergangs in Deutschland bedürfen einer profunden Recherche, um die anthropologischen Daten interpretieren zu können. Dabei konnten die Skelette aufgrund der Grablage in zwei zeitlich aufeinanderfolgende Populationen eingeteilt werden, die zeitlich zum einen vor dem demographischen Wandel und zum anderen während des demographischen Wandels lebten. Damit war es möglich, Trends und Entwicklungen des ersten demographischen Übergangs in Deutschland, die aus schriftlichen Quellen und theoretischen Ansätzen bekannt sind (z.B. Ehmer 2004, Imhof 1975, 1981) am vorliegenden Skelettmaterial zu überprüfen. Das erhalten gebliebene Material umfasste nicht nur Knochen und Zähne, sondern auch zahlreiche Artefakte, die in Befund und Interpretation übernommen wurden. Dazu gehören unter anderem auch Gewebe aus Keratin, wie Nägel und Haare, aber auch Zeichen von medizinischer Versorgung, wie Zahnbehandlungen und Prothesen. Aufgrund der beginnenden Industrialisierung in Deutschland und Fortschritten in der medizinischen Versorgung, änderten sich die Arbeits- und Lebensbedingungen sowie die Lebensqualität und Lebenserwartung des Menschen. Dessen Zusammenspiel mit seiner Umwelt aus seiner Biologie heraus zu verstehen und gleichzeitig die kulturellen und wirtschaftlichen Aspekte mit einzubeziehen ist unter anderem das Ziel dieser Arbeit.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 05/19
Einleitung/ Ziel: Durch die weichteilentspannende Operation des Psoas-Rectus-Transfers wird die Hüftbeugekontraktur bei Kindern mit infantiler Cerebralparese aufgelöst. Die Beseitigung des Muskelungleichgewichtes unterstützt die statomotorische Aufrichtung der Kinder, eine spastische Hüftluxation wird verhindert. Ziel dieser Untersuchung war, anhand technischer und subjektiver Kriterien zu überprüfen, welche Bedeutung der präoperative statomotorische Funktionsstatus für die im Erwachsenenalter erreichten Spätergebnisse hat. Untersuchungsgut und Methode: Es wurden insgesamt 71 Patienten (46 Tetraparesen, 24 Diparesen, 1 Triparese), die zwischen 1971 und 1996 im Durchschnittsalter von 7 Jahren einen beidseitigen Psoas-Rectus-Transfer erhalten hatten, nachuntersucht. Die statomotorische Funktion wurde mit einem 5-teiligen Beurteilungsschema im zeitlichen Verlauf dargestellt. Das Spätergebnis im Alter von 19,8 Jahren wurde im Hinblick auf den präoperativen Funktionsstatus anhand klinisch-technischer, radiologisch-technischer und subjektiver Kriterien gewertet. Ergebnisse: 1. Funktionsstatus: Präoperativ frei gehfähige Patienten (n = 12) blieben auch postoperativ zu 100% frei gehfähig. 75% (n = 9) hiervon verbesserten sich innerhalb ihres Funktionsstatus, indem sich beispielsweise ihr Gangbild verbesserte. Bei 16,7% (n = 2) blieb es unverändert, bei 8,3% (n = 1) war es postoperativ schlechter. Präoperativ mit Stützen gehfähige Patienten (n = 11) wurden zu 18,2% (n = 2) frei gehfähig. 72,7% (n = 8) benötigten weiterhin Stützen für die Fortbewegung, verbesserten aber in 87% (n = 7) der Fälle Gangbild und Schrittgeschwindigkeit. Ein Patient (9,1%) verschlechterte sich und wurde zum Rollatorgeher. Präoperativ mit Rollator gehfähige Patienten (n = 12) wechselten in 58,3% (n = 7) in eine bessere Funktionsstufe, 16,7% (n = 2) verblieben in ihrer Funktionsstufe, 20,5% (n = 3) verschlechterten sich. Bei den präoperativ frei sitzfähigen Patienten (n = 20) erlangten 70% (n =14) eine besserer Funktionsstufe, 25% (n = 5) blieben gleich, 5% (n = 1) verschlechterten sich. Präoperativ mit Hilfe sitzfähige Patienten (n = 16) erreichten zu 87,5% (n = 14) einen besseren Funktionsstatus, 12,5% (n = 2) blieben gleich. 2. Radiologische Ergebnisse: Der Migrationsindex nach Reimers verbesserte sich im Median insgesamt hochsignifikant von 26,6% auf 17,3% postoperativ. Auch innerhalb der einzelnen Funktionsstufen zeigte sich eine statistisch hochsignifikante Abnahme des Migrationswertes. Präoperativ frei gehfähige Patienten verbesserten sich von 23,3% auf 16,7%, mit Stützen gehfähige Patienten von 26,4% auf 15,9%, mit Rollator gehfähige Patienten von 25% auf 19%, frei Sitzfähige von 29,3% auf 16,5%, mit Hilfe sitzfähige Patienten von 28,6% auf 18,6%. 3. Subjektive Ergebnisse: 65 von 71 Fragebögen konnten vollständig ausgewertet werden. Bei 72,6% der Patienten waren die Erwartungen an die Operation erfüllt worden, 81,5% hielten die Operation retrospektiv für sinnvoll, 77% waren mit dem Operationsergebnis zufrieden, 87,5% fühlten sich von den behandelnden Ärzten gut betreut. Patientenzufriedenheit und soziale Integration korrelieren mit den statomotorischen Spätergebnissen. Schlussfolgerung: Bei mittelschweren Funktionsdefiziten verhindert das vorgestellte Therapiekonzept die spastische Hüftluxation sicher, die Hüfte remodelliert sich und bleibt zentriert. Der Großteil der Patienten erzielte einen deutlichen, über das Jugendalter hinaus wirksamen Funktionsgewinn. Interessanterweise profitierten Rollstuhlkinder und Rollatorgeher am häufigsten von der Operation. Über die Hälfte erlernte postoperativ das freie Gehen oder Gehen mit Stützen. Präoperativ mit Stützen gehfähige Patienten hingegen erlernten das freie Gehen unerwartet selten. Die Zufriedenheit und soziale Integration hängt vom Status der Spätergebnisse ab.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/19
In der Arbeit wurde die Häufigkeit des Einflusses von betäubenden Substanzen im Untersuchungsgut des Rechtmedizinischen Instituts der Universität München untersucht. Es wurden hierbei die Jahre 1995-1998 ausgewertet. Anschließend erfolgte die Analyse der gewonnenen Daten hinsichtlich der verschiedenen verwendeten Substanzen und deren Grund der Verabreichung.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/19
Die perkutane Brustdrüsenstanzbiopsie (large core biopsy mit 14-Gauge-Nadel), unterstützt durch bildgebende Verfahren, ist in der alltäglichen Praxis eine zuverlässige Methode mit ho-hem Sicherheitsgrad bei der Erfassung gut- und bösartiger Läsionen. Im eigenen Untersuchungsgut (n=510) gelingt eine eindeutige Befundeinordnung nach der B-Klassifikation in knapp 97 %, nur in 3,2 % muss eine Einstufung nach B3 oder B4 als Ausdruck eines unsicheren Potentials erfolgen. In 9,4 % kommt eine fraglich repräsentative Histologie (B1) vor. Alle Malignomdiagnosen (B5) sind in nachfolgenden operativen Eingriffen (n=211) bestätigt worden, entsprechend einer Sensitivität bzw. einem positiven prädiktiven Wert von 100 % für die perkutane Stanzbiopsie. Die Notwendigkeit einer weiteren Abklärung durch offene Biopsie nach B3- und B4-Einordnung (n=16) wird dadurch untermauert, dass in 8 von 13 operierten Fällen Karzinome gesichert worden sind. In der B2-Kategorie (n=228) sind bei 4 von 25 ope-rierten Fällen Karzinome vorgekommen, entsprechend einem negativen prädiktiven Wert von 98.3 %, was aber nicht auf eine falsch negative Histologie sondern auf eine nicht repräsentative Materialgewinnung zurückzuführen war. Hingegen haben in der B1-Kategorie (n=46) zusätzliche chirurgische Eingriffe (n=7) kein Malignom ergeben. Die Indikation zum operativen Eingriff ist nicht allein nach dem Stanzbiopsieergebnis, sondern zusätzlich bei negativer Histologie nach den klinisch-physikalischen Befunden auszurichten, insbesondere bei klinisch weiterhin suspekter und malignitätsverdächtiger Vorgabe nach Diagnoseüberprüfung. Letzteres gilt auch dann, wenn die Histologie in den Gewebestanzen zweifelsfrei benigne ist. Die hohe qualitative diagnostische Sicherheit widerspricht der Notwendigkeit einer obligaten dezentralen Zweitbegutachtung des Histologieergebnisses, die mit Verzögerungen, nicht uner-heblichen zusätzlichen Arztleistungen und damit höheren Kosten verbunden ist, weil lediglich in weniger als vier Prozent keine eindeutigen Aussagen zur Dignität gegeben werden können und weil darüber hinaus zumindest im vorliegenden Untersuchungsgut keine falsch positiven Histologiediagnosen aufgetreten sind. Letztendlich hat der Kliniker nicht nur bei übereinstimmenden sondern auch bei diskrepanten Befunden in Eigenverantwortung die Weichen für das weitere Prozedere zu stellen. Dennoch ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, speziell mit dem die Patientin untersuchenden Arzt und dem Histologen bei unsicherem oder zweifel-haftem Ergebnis für eine eventuelle weitere Diagnose- und Therapieplanung anzustreben.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/19
Der diffuse Axonschaden (DAI) ist Thema der vorliegenden Arbeit. Diese spezielle Form des Schädelhirntraumas wurde biomechanisch im Hinblick auf die Entstehungsmechanismen analysiert, mit dem Ziel Toleranzgrenzen zu ermitteln. Eine insbesondere dafür entwickelte, bisher in der Literatur nicht beschriebene, neuropathologische Darstellung des DAI wurde erstmals zugrunde gelegt, womit vor allem traumatische Läsionen in den Bahnsystemen sowohl qualitativ als auch quantitativ aufgezeigt werden können. Aus dem Sektionsgut des Instituts für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München wurden 16 Fälle analysiert, für die am Institut für Neuropathologie zusätzlich auch eine neuropathologische Untersuchung des Gehirns durchgeführt wurde. Es handelt sich um tödliche Unfälle unterschiedlicher Art, bei denen es möglich war, z.B. anhand der Ermittlungsakten der Polizei und der Staatsanwaltschaft, eine hinreichend genaue Unfallrekonstruktion vorzunehmen und die biomechanisch relevanten Belastungsparameter für das Gehirn zu bestimmen. Kürzlich entwickelte Computerverfahren zur Unfallrekonstruktion wurden dabei angewandt, z.B. PC-CRASH mit integrierten MKSSystemen und dem MADYMO® - Verfahren. Zwei Fälle mit schwersten Kopfverletzungen, wo entgegen den Erwartungen kein DAI eingetreten ist, wurden in das Untersuchungsgut einbezogen. Sie dienen als Beispiele dafür, daß bei hoher Stoßbelastung des Gehirns nicht in jedem Fall DAI auftreten muß. Um festzustellen ob DAI auch als primärer Schaden auftritt, wurden mehrere Fälle ohne Überlebenszeit betrachtet. Entgegen bisher vorherrschender Auffassungen, konnte gezeigt werden, daß sich DAI auch als primäre Erscheinung, d.h. bei sofortigem Todeseintritt, manifestiert. Eine längere Überlebenszeit, z.B. von 6 Stunden wie verschiedentlich genannt, ist zur Ausbildung von DAI nicht unbedingt notwendig. Die Einzelfallanalyse zeigt, daß DAI im Hirnstamm bei hoher axialer Krafteinwirkung in z- Richtung, vor allem bei Zugkräften, wahrscheinlich ist. Für Stoßbelastungen ohne relevante axiale Kraftkomponente, wie z.B. bei einem frontalen Aufprall in der Gesichtsregion, scheint DAI im Hirnstamm nicht aufzutreten. DAI im Balken (Corpus callosum) erscheint charakteristisch für aufgetretene höhere Rotationsbeschleunigungen um die Vertikalachse (z- Achse). DAI in den Hemisphären kann im Falle einer starken Deformation und Fraktur des knöchernen Schädels den dabei wirksamen Scherkräften zugeschrieben werden, womöglich auch, besonders parietal, durch lokale „interne“ Zugkräfte infolge Lageänderung des Gehirns in der Schädelkapsel. Weiter zeigt sich, daß DAI selbst bei extremer Stoßbelastung des Kopfes mit der Folge von ausgedehnten Schädelbrüchen (z.B. einem Scharnierbruch) und Hirnläsionen nicht zwingend auftreten muß. Die quantitative Auswertung relevanter biomechanischer Belastungsparameter des Gehirns ermöglichte die Ableitung erster Annäherungen der bisher nur unzulänglich bzw. zum Teil überhaupt nicht bekannten unteren Toleranzgrenzen für den DAI. Im Hinblick auf die lineare (translatorische) Kopfbeschleunigung läßt sich ein ähnlicher Verlauf erkennen, wie für die bekannte Grenzkurve für die Gehirnerschütterung (Wayne State University Tolerance Curve WSTC). Im Vergleich zur WSTC wird die Toleranzkurve für den DAI, abhängig von der Stoßzeit, von etwa 20 – 50 g höheren Belastungswerten gekennzeichnet. Beispielsweise entspricht dann dem häufig zitierten Grenzwert für die Gehirnerschütterung von 80 g aus der WSTC bei 10 ms Einwirkzeit eine Toleranzgrenze für den DAI von 130 g. Für die Rotationsgeschwindigkeit kann ein unterer Grenzwert von 38 rad/s bei einer Rotationsbeschleunigung um 7.500 rad/s abgeleitet werden, welcher in etwa mit nur sehr vereinzelt verfügbaren Literaturdaten übereinstimmt. Für die Rotationsbeschleunigung wurde ein erster Vorschlag für die untere Toleranzkurve des DAI in Abhängigkeit von der Einwirkzeit aufgezeigt, welche z.B. auf einen Grenzwert von 5.500 rad/s bei 10 ms Einwirkzeit hinweist. Bislang gänzlich unbekannt sind dazu Vergleichsdaten aus der Literatur, so daß weitere Untersuchungen zur Bestätigung oder Präzisierung speziell dieser neuen Toleranzkurve angezeigt sind. Generell sollten die in der vorliegenden Arbeit erstellten ersten Annäherungen von Toleranzkurven für den DAI als Grundlage für notwendige weitere Untersuchungen verwendet werden. Ähnlich wie die WSTC die in einem langjährigen Prozeß durch unterschiedliche Beiträge immer weiter präzisiert wurde, sollten auch die Toleranzgrenzen für den DAI durch weitere Daten ergänzt werden.