POPULARITY
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 14/19
Traumatische Rückenmarksverletzungen führen - bedingt durch die Zerstörung der Integrität des Rückenmarks und den daraus resultierenden Funktionsstörungen - zu erheblichen Änderungen in der bisherigen Lebensführung der meist jungen, vormals gesunden Betroffenen und ihrer Familien. Umso wichtiger ist die adäquate Versorgung in spezialisierten Zentren durch multidisziplinäre Teams aus Ärzten, Kranken- und Gesundheitspflegern, Physio- und Ergotherapeuten sowie Psychologen und Sozialarbeitern. Bestehende Funktionsfähigkeit und ihre Störungen müssen detailliert und standardisiert erfasst werden, um Therapiefortschritte und Verschlechterungen des Zustands erfassen zu können. Die „Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit“ (ICF) bietet eine solche einheitliche Sprache. Zur Vereinfachung und Verbesserung der Anwendbarkeit wurden Kurzversionen der ICF – sogenannte ICF Core Sets – für verschiedene Erkrankungen entwickelt. Zu diesen zählen unter anderem die „Umfassenden ICF Core Sets für Rückenmarksverletzungen“. Sie enthalten die typischerweise im Rahmen einer spinalen Läsion zur Beschreibung der Funktionsfähigkeit benötigten ICF-Kategorien und liegen jeweils in einer Fassung für die frühe post-akute sowie die Langzeit-Phase vor. Die vorliegende Arbeit stellt ein Teilprojekt der Inhaltsvalidierung der bestehenden „Umfassenden ICF Core Sets für Rückenmarksverletzungen“ dar. Hierbei wurde mittels einer E-Mail-basierten, weltweiten Delphi-Befragung überprüft, ob die in den bestehenden „Umfassenden ICF Core Sets für Rückenmarksverletzungen“ enthaltenen ICF-Kategorien auch tatsächlich die von Ärzten behandelten Probleme, Ressourcen und Umweltfaktoren enthalten. Dabei wurden bis auf sechs Ausnahmen, die eher dem Aufgabenbereich anderer Berufsgruppen zuzuordnen sind, sämtliche derzeit enthaltene ICF-Kategorien von den Teilnehmern bestätigt. Jedoch scheinen sowohl das „Umfassende ICF Core Set für Rückenmarksverletzungen“ für den frühen post-akuten als auch den Langzeit-Kontext aus der Sicht der Ärzte unvollständig zu sein. Insgesamt wurden 32 ICF-Kategorien der Komponenten „Körperfunktionen und -strukturen“ und 2 der ICF-Komponente „Aktivität und Partizipation“ genannt, die bisher nicht Bestandteil der „Umfassenden ICF Core Sets für Rückenmarksverletzungen“ sind, aber eine Zustimmungsrate von über 75 Prozent durch die ärztlichen Teilnehmer erhielten. Basierend auf den Ergebnissen dieser Studie sowie der eindeutigen wissenschaftlichen Diskussion in der Literatur ist eine Aufnahme in Fällen wie beispielsweise den ICF- Kategorien s140 Struktur des sympathischen Nervensystems und s150 Struktur des parasympathischen Nervensystems dringlich zu empfehlen. Dahingegen sollten die Ergebnisse bezüglich ICF-Kategorien wie beispielsweise b147 Psychomotorische Funktionen mit denen der anderen Teilprojekte zur Validierung der „Umfassenden ICF Core Sets für Rückenmarksverletzungen“ verglichen werden. Zur näheren Überprüfung ihrer tatsächlichen Relevanz ist gegebenenfalls die Durchführung weiterer Studien indiziert. Die von den Teilnehmern genannten und bewerteten personenbezogenen Faktoren sollten im Falle einer zukünftigen Kategorisierung dieser ICF-Komponente ebenfalls in das jeweilige entsprechende „Umfassende ICF Core Set für Rückenmarksverletzungen“ eingefügt werden. Grundsätzlich ist die Praktikabilität der „Umfassenden ICF Core Sets für Rückenmarksverletzungen“ nach Integration der zur Vollständigkeit fehlenden ICF- Kategorien in Anwendungsstudien zu überprüfen.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 12/19
Das „Umfassende ICF Core Set für obstruktive Lungenerkrankungen (OPD)“ wurde für die klinische Anwendung der Internationalen Klassifikation von Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) entwickelt und beinhaltet das typische Spektrum von Problemen der Funktionsfähigkeit bei Patienten mit obstruktiver Lungenerkrankung. Ziel dieser Studie war es, das „Umfassende Core Set für obstruktive Lungenerkrankungen“ aus der Perspektive von Ärzten zu validieren. Erfahrene Ärzte wurden zu Problemen, Ressourcen und Umweltfaktoren befragt, welche bei der ärztlichen Behandlung von Patienten mit obstruktiven Lungenerkrankungen eine Rolle spielen. Die Befragung wurde in drei Runden per elektronischer Post (E-Mail) durchgeführt. Dabei wurde die sogenannte Delphi-Methode angewandt. Die Antworten wurden nach festgelegten Regeln von zwei darin erfahrenen und unabhängig voneinander arbeitenden Mitarbeiterinnen in ICF-Begriffe übertragen. Der Grad der Übereinstimmung dieser Ergebnisse wurde durch Berechnung des Kappa-Koeffizienten überprüft. Insgesamt 76 Ärzte aus 44 Ländern nannten eine Gesamtzahl von 1330 Antworten, die dann 148 verschiedenen ICF-Kategorien zugeordnet wurden. 40 dieser Antworten wurden der noch nicht in der ICF enthaltenen Komponente der Personenbezogenen Faktoren zugeordnet oder als sogenannte Gesundheitszustände eingeordnet, 17 Antworten waren nicht durch ICF-Kategorien abgedeckt. Im Gesamten waren 66% der ICF-Kategorien, denen die Antworten der Teilnehmer zugeordnet worden waren, im ICF Core Set für obstruktive Lungenerkrankungen enthalten. Einige Antworten, die der Komponente Körperfunktionen zugeordnet wurden, und noch nicht im ICF Core Set für obstruktive Lungenerkrankungen enthalten sind, müssen noch weiter untersucht werden.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 11/19
Hintergrund: Das “Umfassende ICF Core Set für lumbalen Rückenschmerz (LBP)“ dient der klinischen Anwendung der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) und repräsentiert das prototypische Spektrum von Funktionsfähigkeit bei Patienten mit lumbalem Rückenschmerz. Ziel: Das Ziel dieser Studie war, das „Umfassende ICF Core Set für lumbalen Rückenschmerz“ aus der Perspektive der Ärzte zu validieren. Methoden: In der Behandlung von Patienten mit lumbalem Rückenschmerz erfahrene Ärzte wurden nach den Problemen, Ressourcen und Umweltfaktoren gefragt, die für die ärztliche Behandlung eine Rolle spielen. Dabei wurde die so genannte Delphi-Methode angewandt. Die Expertenbefragung erfolgte in drei Runden per elektronischer Postzustellung (E-Mail). Die Antworten wurden nach definierten Übersetzungsregeln in die Sprache der ICF übersetzt. Ergebnisse: 71 Ärzte aus 36 Ländern nannten 707 Konzepte, die alle Komponenten der ICF abdeckten. Diese Antworten wurden in 193 ICF Kategorien übersetzt. Drei ICF Kategorien, namentlich b530 Funktionen der Aufrechterhaltung des Körpergewichts, b6202 Harnkontinenz und b6700 Mit dem Geschlechtsverkehr verbundene Beschwerden sind nicht im „Umfassenden ICF Core Set für lumbalen Rückenschmerz“ enthalten, obwohl wenigstens 75% der Teilnehmer sie als wichtig eingestuft haben. 27 Konzepte wurden der noch nicht entwickelten ICF Komponente Personenbezogene Faktoren zugeordnet, 21 Konzepte sind von der ICF nicht abgedeckt. Konklusion: Die Validität des „Umfassenden ICF Core Sets für lumbalen Rückenschmerz“ wurde von den teilnehmenden Ärzten weitgehend bestätigt. Allerdings zeigten sich einige Ergebnisse, die der weiteren Untersuchung bedürfen.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 07/19
Hintergrund: Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) berichten häufig in fast allen Bereichen ihres Lebens über Einschränkungen der funktionalen Gesundheit. Die International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) ist ein zur Erfassung der funktionalen Gesundheit umfassendes Klassifikationssystem. Ziel: Ziel dieser Studie war es deshalb inhaltliche Aspekte des Outcome-Assessments klinischer Studien zur COPD unter Verwendung der ICF als Kodiersystem zu analysieren. Dazu gehörten neben der Bestimmung der Häufigkeit von verschiedenen Kategorien von Outcome-Maßen die Ermittlung des Spektrums und der Häufigkeit von ICF-Kategorien, die in den ermittelten Outcome-Maßen identifiziert werden konnten sowie die Evaluation säkulärer Trends der verwendeten ICF-Kategorien. Zusätzlich wurden verwendete Fragebögen zur Beurteilung der Lebensqualität inhaltsanalytisch untersucht sowie ihre Häufigkeit und säkuläre Trends evaluiert. Als Begleitfragestellung sollte der säkuläre Trend der verschiedenen Interventionsarten untersucht werden. Methodik: Dazu wurde eine systematischer Review in Form einer quantitativen Inhaltsanalyse durchgeführt. Als Kodiersystem wurde die ICF verwendet. Die Outcome-Instrumente wurden aus randomisierten, klinischen, kontrollierten Studien, publiziert in der Datenbank MEDLINE® in den Jahren 1991 bis 2000, selektiert. Aus den Outcome-Maßen wurden Inhaltsmerkmale ausgewählt, die dann mittels der ICF verschlüsselt wurden. Nur 2-stufige ICF-Kategorien, die im Outcome-Assessment von mindestens 10% der Studien vorkamen, wurden berücksichtigt. Die Prävalenz der ICF-Kategorien wurde sowohl bezogen auf alle eingeschlossenen Studien als auch stratifiziert nach Interventionsarten ermittelt. Säkuläre Trends wurden im 2-Jahresabstand dargestellt. Ergebnisse: 287 Studien wurden in den Review eingeschlossen. Darin wurden 632 ver-schiedene Outcome-Maße verwendet. 93% der Studien führten apparative Tests durch, 64% erfragten Einzelitems, 49% verwendeten Labortests, 40% führten klinische Studien durch, 24% verwendeten Fragebögen, und in 24% aller Studien wurden unerwünschte Ereignisse dokumentiert. 87% aller selektierten Inhaltsmerkmale konnten der ICF zugeordnet werden. Die am häufigsten verwendeten ICF-Kategorien bezogen sich mit Lungenfunktion zu 93%, Empfindungen des kardiovaskulären und des Atmungssystems zu 54% und kardiovaskuläre Belastbarkeit zu 46% auf Kategorien der Körperfunktion. Erst nach den Herzfunktionen mit 36%, ebenfalls der Komponente Körperfunktionen, erscheint mit der ICF-Kategorie ‚Gehen’ mit 35% eine ICF-Kategorie der Komponente Aktvität und Teilhabe. Lediglich in Studien, die Fragebögen beinhalteten, wurden über die ICF-Komponente ‚Körperfunktionen’ hinausgehende Inhalte erhoben. Am häufigsten wurde die Wirksamkeit von Medikamenten untersucht (n=189), die Wirksamkeit von Rehabilitationsmaßnahmen untersuchten 67 Studien. Fragebögen wurden mit deutlich häufiger in Rehabilitationsstudien als in medikamentösen Studien verwendet. Die Anzahl der Rehabilitationsstudien stieg im untersuchten Zeitraum in der zweiten Hälfte auf fast das Doppelte an. Ein gering zunehmender säkulärer Trend zeigt sich auch in der Anwendung von krankheitsspezifischen Fragebögen in allen Studien. Diskussion und Schlussfolgerung: Die inhaltliche Ausrichtung des Outcome-Assessments klinischer Studien zur COPD basiert zum großen Teil auf die Untersuchung von Körperfunktionen. In zukünftigen Studien sollten andere Aspekte der COPD wie begleitende psychologische Symptome und soziale Partizipation stärkere Berücksichtigung finden.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 04/19
Zusammenfassung Die ‚International Classification of Functioning, Disability and Health’ (ICF) ist eine Klassifikation für Alltagsfunktionen und Gesundheit in der Rehabilitation und stellt außerdem einen gemeinsamen Bezugsrahmen für alle Gesundheitsberufe dar. Kürzlich wurde die ICF vom World Health Assembly verabschiedet. Damit sind alle Mitgliedstaaten der WHO aufgefordert, die ICF zu implementieren. Wenn ein bio-psycho-soziales Denk-Modell in der Rehabilitation zur Anwendung kommt, ist es notwendig die Perspektive der Patienten zu berücksichtigen. Das übergeordnete Ziel dieser Doktorarbeit war die Konzeptualisierung der Patientenperspektive im Bezug zur ICF. Diese Arbeit besteht aus drei wissenschaftlichen Artikeln, die hintereinander präsentiert werden. Im ersten Artikel wurden klinische, tätigkeitsbezogene Instrumenten, die in der Ergotherapie im Bereich der Rheumatologie und Rehabilitation von Erwachsenen verwendet werden, zur ICF in Beziehung gesetzt. 7 Instrumente wurden in der Literatur identifiziert und analysiert. Nur ein Instrument, nämlich das Canadian Occupational Performance Measure (COPM), berücksichtigt die Perspektive der Patienten auf eine klienten-zentrierte Weise. Außerdem ergab die Analyse, dass alle 7 Instrumente nicht auf den Gesundheitszustand Bezug nehmen, sie sind also ethiologisch neutral. Im zweiten Artikel wurden konzeptionelle Modelle aus der Ergotherapie zur ICF in Beziehung gesetzt. 3 konzeptionelle Modelle wurden in der Literatur identifiziert. Die Analyse ergab, dass zwei Konzepte aus den Modellen nicht in der ICF abgebildet werden: ‘Erfahrung des Umgebungs-Raumes’ und ‚Gewohnheit’. Das Konzept ‘Ruhe’ stellt in der ICF eine ‚Körperfunktion’ dar und wird im Gegensatz dazu in den konzeptionellen Modellen als ‚aktive Entspannungstätigkeit’ definiert. Um die ICF in der klinischen Praxis umzusetzen, wurden ‚Comprehensive ICF Core Sets’ für verschiedene Gesundheitszustände entwickelt, zum Beispiel für rheumatoide Arthritis (ICF RA Core Set). Das ICF RA Core Set soll alle ICF Kategorien beinhalten, die für die Alltagsfunktion von Patienten mit rheumatoider Arthritis wichtig sind. Es wurde von Experten in einem strukturierten Konsensusprozess entwickelt. Dabei entstand eine vorläufige Version des ICF RA Core Set, die jetzt validiert und weiterentwickelt werden soll. Das Ziel des dritten Artikels war es, das ICF RA Core Set aus der Patientenperspektive zu validieren. Ein qualitativer Forschungsansatz wurde verwendet. 63 (83%) der ICF Kategorien auf der zweiten Ebene aus dem ICF RA Core Set wurden auch in den Interviews gefunden. 25 zusätzliche ICF Kategorien, die nicht Teil der vorläufigen Version des ICF RA Core Set sind, wurden in der Analyse der Interviews identifiziert. Die Validität des ICF RA Core Set aus der Patientenperspektive ist gegeben, jedoch sollten die zusätzlich genannten Kategorien für die Weiterentwicklung berücksichtigt werden.