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Die moderne Entscheidung einer Frau innerhalb eines Historienfilms wirft diese in einen Strudel des Niedergangs, der von einer patriarchalen Gesellschaftsstruktur forciert wird. Mizoguchis laut eigener Aussage bester Film bricht mit Genre-Traditionen und nimmt unter dem Deckmantel der Historie die durchaus noch aktuelle Unterdrückung des vor allem weiblichen Individuums in der Gesellschaft ins Visier. Oharu ist eine aus der Zeit gefallene Figur, die dafür bestraft wird, sich nur ein Mal nicht allen Regeln aufzuopfern. DAS LEBEN DER FRAU OHARU ist ein politischer, clever inszenierter Film voller Ellipsen und Verfremdungen wie theaterhaftem Spiel oder Enthebungen aus dem grundlegenden Realismus der Handlung, welcher das Anschauen zwar schwer macht, aber im Nachgang umso wirkungsvoller bei uns geblieben ist. Über all dies reden wir und verstehen bei der fantastischen Kameraarbeit und der deutlichen, wie effektiven, detailverliebten Inszenierung, wieso gerade die CAHIER DU CINEMA und im Nachgang Nouvelle Vague-Regisseure wie Rivette oder Godard Mizoguchi und seinem Werk so viel Aufmerksamkeit widmeten.
Hans-Georg Rück ist Professor an der Universität in Kassel in der Arbeitsgruppe Algorithmische Algebra und diskrete Mathematik. Im Rahmen des diesjährigen Weihnachtsworkshops der Arbeitsgruppe Zahlentheorie und Algebraische Geometrie an unserer Fakultät sprach er zu Drinfeld automorphen Formen. In unserem Gespräch gehen wir der Frage nach, was das ist und zu welchen strukturellen Einsichten diese Werkzeuge dienen können. Automorphe Form ist ein sehr alter Begriff. Ausgangspunkt sind holomorphe Funktionen z.B. auf der oberen komplexen Halbebene. Statt Funktionen in einer komplexen Variablen werden jedoch Gruppen angewendet. Die automorphen Formen zeichnen sich dadurch aus, dass sie Invarianzeigenschaften unter bestimmten Gruppen haben. Ein einfaches Beispiel für so eine Invarianzeigenschaft ist, wenn eine Funktion z.B. den gleichen Wert für die komplexen Zahlenwerte z und z+1 hat - also periodisch ist. Ein Beispiel für eine komplexere Operation ist es, die Zahl z nicht in eine Funktion einzusetzen, sondern eine Matrix auf sie anzuwenden. Historisch entstanden sind solche Fragestellungen z.B. dadurch, dass man den Umfang von Ellipsen ausrechnen wollte. Gelöst wurde diese Frage mit Hilfe der Weistraßschen ℘-Funktion. Diese erfüllt eine algebraische Gleichung - die sogenannte elliptische Funktion. Hiervon werden ganze Klassen von Funktionen abgeleitet. Insbesondere auch die automorphen Funktionen. Interessant daran ist, dass man gut mit automorphen Funktionen rechnen kann. Die automorphen Formen haben die angenehme Eigenschaft, dass Reihendarstellungen häufig nach einer endlichen Zahl von Gliedern abbrechen und auch Integrale sich durch solche endliche Reihen darstellen lassen. Außerdem hängen sie mit elliptischen Kurven zusammen, die letztlich ein wesentlicher Zugang waren, um den Satz von Fermat zu beweisen. Im Kontext der hier betrachteten Drinfeld automorphen Formen werden statt ganzer Zahlen als Argumente Funktionenkörper als Werte eingesetzt. Ein einfacher Funktionenkörper ist die Menge der Polynome in x. Er lässt sich (so wie der Körper der ganzen Zahlen auf rationale Zahlen erweitert wird) auf rationale Funktionen erweitern. Das Rechnen mit meromorphen Funktionen und Potenzreihen kann man auf Polynome übertragen. Geometrische Interpretationen sind recht einfach. Für die Gruppe GL(2) ist das Grundgebilde eine unterteilte Gerade also ein endlicher Graph. Da es in der Regel Funktionen auf endlichen Gebilden sind, kann man es gut mit Hilfe eines Computer ausrechnen. Die nächsten Schritte in der Untersuchung der Drinfeld automorphen Formen müssen nun sein: Die L-Reihe bestimmen und Werte an kritischen Stellen bestimmen. Hier besteht ein einger Zusammenhang zur Riemannschen zeta-Funktion. Literatur und Zusatzinformationen J-P. Serre: A course in Arithmetic, Graduate Texts in Mathematics, Springer-Verlag, 1973. Insbesondere ist das "Chapter VII, Modular Forms" wichtig. M. Waldschmidt (ed.): From Number Theory to Physics, 2nd ed, Springer-Verlag, 2010. Wichtig ist besonders Kapitel 4 zu Modular Forms. D. Zagier: Modular Forms of One Variable, Sommerkurs, 1991. E.-U. Gekeler et.al: Proceedings of a Workshop on Drinfeld Modules, Modular Schemes and Applications, World Scientific, 1997. J. Bruinier e.a. The 1-2-3 of Modular Forms: Lectures at a Summer School in Nordfjordeid, Norway, (ed. K. Ranestad) Universitext, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York, 2008. F. Januszweski: L-Funktionen, Gespräch mit G. Thäter im Modellansatz Podcast, Folge 53, Fakultät für Mathematik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2015.
Fakultät für Physik - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/05
Elliptische Galaxien sind homogene, von alten Sternen dominierte dynamische Systeme, die sich heute in einem Zustand annähernden Gleichgewichts befinden. Ihre Entstehung liegt zeitlich weit zurück und ihr jetziger Zustand lässt nur noch indirekte Rückschlüsse auf den genauen Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung zu. Moderne Theorien zur Strukturbildung im Universum sagen vorher, dass alle massereicheren Galaxien von Halos aus dunkler Materie umgeben sind. Die zentrale Dichte der dunklen Materie stellt sich dabei als ein indirektes Mass für die Entstehungsepoche der Galaxien heraus. Hinweise auf den Enstehungsprozess - die Literatur kennt im wesentlichen den Kollaps einer protogalaktischen Gaswolke oder die Verschmelzung mehrerer Vorläufergalaxien - ergeben sich aus der Verteilung der Sternbahnen in elliptischen Galaxien. Sowohl die Verteilung der Masse als auch die der Sternbahnen sind schwierig aus Beobachtungen zu bestimmen, weil elliptische Galaxien dreidimensionale Objekte sind und man nicht von vornherein weiß unter welchem Blickwinkel man sie beobachtet. Außerdem bilden ihre Sterne ein stossfreies dynamisches System, das beliebige Grade von Anisotropie annehmen kann. Seit etwa Anfang der 90er Jahre stehen mit den Messungen von projizierten Geschwindigkeitsprofilen Beobachtungsdaten zur Verfügung, die eine Rekonstruktion des genauen dynamischen Aufbaus einzelner Objekte zulassen. Erst seit etwa fünf Jahren hat die Entwicklung dynamischer Modelle ein vergleichbares Niveau erreicht, so dass es jetzt möglich ist, zumindest die volle Bandbreite achsensymmetrischer Modelle mit Beobachtungen einzelner Galaxien zu vergleichen. Die vorliegende Arbeit ist die erste Studie einer Stichprobe von mehreren Objekten mit achsensymmetrischen Modellen. Ähnlich umfangreiche Arbeiten waren bisher auf die Anwendung sphärisch-symmetrischer Modelle beschränkt, in denen weder Rotation noch Inklinationseffekte berücksichtigt werden können. Die Datenanalyse der vorliegenden Arbeit basiert auf der sog. Schwarzschild-Methode. Dabei wird zunächst aus Galaxienbildern das Gravitationspotential der sichtbaren Materie berechnet. Anschließend wird eine Bibliothek mit tausenden Sternbahnen angelegt, aus deren Überlagerung dann ein Modell konstruiert wird. Falls nötig, wird dunkle Materie hinzugefügt bis Modell und Daten im Rahmen der Messfehler übereinstimmen. Diese Methode wird im Rahmen der Arbeit weiterentwickelt: Eine gleichmässige Verteilung von invarianten Kurven einzelner Orbits in geeignet gewählten Poincaré-Schnitten wird als Kriterium für eine zuverlässige Berücksichtigung aller Bahntypen eingeführt. Ein Verfahren wird implementiert, dass ebenfalls Poincaré-Schnitte verwendet, um die Phasenvolumina einzelner Orbits und damit die Phasenraumverteilungsfunktion von Galaxien zu berechnen. Monte-Carlo Simulationen zeigen, dass mit optimierter Regularisierung sowohl interne Geschwindigkeiten als auch die Massenstruktur mit einer Genauigkeit von etwa 15 Prozent aus den vorliegenden Daten rekonstruiert werden können. Die untersuchten elliptischen Galaxien haben näherungsweise konstante Kreisgeschwindigkeiten außerhalb ihrer Zentren, ähnlich wie Spiralgalaxien. Die Halo Skalenradien einiger Ellipsen sind allerdings um einen Faktor zehn kleiner als die in gleichhellen Spiralen. Mit den flachen Rotationskurven sind 10 bis 50 Prozent dunkler Materie innerhalb des Effektivradius verknüpft. Die zentrale Dichte der dunklen Materie ist in Ellipsen um einen Faktor 25 höher als in Spiralgalaxien, was eine Enstehungsrotverschiebung von z = 4 impliziert. Soweit bestätigen die Modelle aus dieser Arbeit Resultate früherer Arbeiten mit sphärisch symmetrischen Modellen. In den Coma Galaxien mit den ältesten stellaren Populationen sind entweder - im Vergleich zu jüngeren Galaxien - mehr Sterne geringer Masse gebildet worden oder aber die dunkle Materie in diesen Galaxien folgt einer ähnlichen radialen Verteilung, wie die leuchtende Materie. Die Ergebnisse der Arbeit bestätigen kürzlich erschienene Arbeiten, nach denen elliptische Galaxien im grossen und ganzen eine homologe dynamische Familie bilden. Die verbleibende Streuung um entsprechende, aus dem Virialsatz ableitbare, globale Skalenrelationen sind auf eine systematische Verknüpfung des Drehimpulses mit der Leuchtkraftverteilung zurückzuführen. Der Ursprung dieser Relation ist noch unklar, aber ihr Vorhandensein erlaubt die Streuung in den Skalenrelationen um ein Drittel zu reduzieren. Dadurch könnte es in Zukunft möglich sein, die Entfernung einzelner Ellipsen mit grosser Genauigkeit aus ihrer Kinematik abzuleiten. Die Abflachung der untersuchten Galaxien kommt durch eine relative Unterhäufigkeit von Sternen auf Bahnen, die den Äquator mit hoher vertikaler Geschwindigkeit durchkreuzen, zustande. Eine solche Verteilung von Sternen maximiert ihre Entropie im Phasenraum, wodurch elliptische Galaxien zu einem hohen Grade dynamisch relaxiert scheinen. Allerdings offenbart eine genaue Untersuchung der Sternverteilung im Phasenraum eine reichhaltige Feinstruktur. Ein Objekt besteht aus der Überlagerung einer dünnen, rotierenden Scheibe und eines strukturlosen Sphäroids. In anderen Galaxien zeigt sich eine starke Asymmetrie zwischen rotierenden und gegenrotierenden Sternen in ihren Außenbezirken, gekoppelt mit relativ niedrigen stellaren Altern. Beides deutet daraufhin, dass die Sterne in diesen Regionen erst vor relativ kurzer Zeit zur Galaxie hinzugekommen sind. Über den beobachteten radialen Bereich zeigt keine Galaxie die typische Struktur nach einem Kollaps. Die Vielfalt der dynamischen Eigenschaften spricht eher für das Verschmelzungsszenario mit seiner natürlichen Variation an Ausgangskonfigurationen und -objekten.