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Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 16/19
Die Familie A der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCRs) bildet die größte und vielfältigste aller Transmembranrezeptorfamilien. Ihre Mitglieder spielen eine wesentliche Rolle in fast allen (patho)physiologischen Prozessen. Nach Agonistenbindung aktivieren GPCRs, wie ihr Name andeutet, heterotrimere G-Proteine aber auch G-Protein-unabhängige Signalwege. Die verschiedenen aktiven G-Proteinuntereinheiten (Gα-GTP und βγ) induzieren nach Dissoziation vom Rezeptor entsprechende Signalkaskaden z.B. über Phospholipase A und Cβ. Um eine Fehlregulation zellulärer Prozesse z.B. durch „Überstimulation“ zu verhindern, unterliegen GPCRs strengen Regulationsmechanismen, die ihre Fähigkeit zur Signaltransduktion und ihre Verfügbarkeit an der Zelloberfläche bestimmen. Die Bradykininrezeptoren B1 und B2 (B1R, B2R) gehören zur Familie A der GPCRs, also zu den Rhodopsin-ähnlichen GPCRs, und werden durch die pro-inflammatorischen Peptide desArg9-Bradykinin/desArg10-Kallidin (DABK/DAK) bzw. Bradykinin (BK)/Kallidin aktiviert. Im Gegensatz zum konstitutiv exprimierten B2R, der nach Stimulation schnell desensitisiert und internalisiert wird, erfolgt eine B1R-Expression fast ausschließlich unter pathophysiologischen Bedingungen über Induktion durch Zytokine. Nach Stimulation wird der B1R nicht internalisiert, sondern verbleibt an der Zelloberfläche. Beide Rezeptoren koppeln sowohl an Gαq/11 als auch an Gαi und aktivieren somit weitgehend identische Signalwege [vor allem Phospholipase Cβ (PLCβ) und „mitogen activated protein kinase“ (MAPK)-Kaskaden]. Durch ihre - besonders im Hinblick auf ihre Internalisierungs-eigenschaften - konträre Regulation, stellen die Bradykininrezeptoren ein interessantes Modell zur Untersuchung regulatorischer Mechanismen und deren Einflüsse auf die Signalübertragung von GPCRs dar. Beide Bradykininrezeptoren spielen bei inflammatorischen Prozessen eine Rolle. Sie fördern die Ausschüttung pro-inflammatorischer Zytokine und rekrutieren Immunzellen. Während entzündlicher Ereignisse kommt es zu erhöhter Zytokinfreisetzung z.B. von Interleukin-1β (IL-1β) und dadurch zur de novo Synthese von B1R. Pro-inflammatorische Zytokine wie IL-1β, die zur B1R-Expression führen, induzieren unter anderem aber auch einen Anstieg der Körpertemperatur (Fieber), eine häufige Begleiterscheinung inflammatorischer Vorgänge. Trotz des bekannten Zusammenhangs zwischen Inflammation und erhöhter Temperatur war über den Einfluss eines Temperaturanstiegs auf Membranrezeptoren und ihre Signalvermittlung auf zellulärer Ebene bisher nur sehr wenig bekannt. In dieser Arbeit wurde - unseres Wissens nach - erstmals auf die Temperatur als regulatorische Komponente für GPCR-vermittelte Signalübertragung eingegangen. Am Beispiel der Bradykininrezeptoren wurde gezeigt, dass die Stärke der Signalübertragung von GPCRs signifikant durch eine Temperaturerhöhung von 37°C auf 41°C beeinflusst werden kann. Hierbei war jedoch zwischen einer Temperaturabhängigkeit des Signalwegs selbst und einer rezeptorspezifischen Temperatursensitivität zu unterscheiden. So wurde die Aktivierung von ERK1/2 unter pathophysiologisch erhöhter Temperatur (41°C; normale Körpertemperatur: 37°C) signifikant gesteigert, unabhängig davon ob sie durch B1 oder B2 Rezeptoren stimuliert wurde. Die gesteigerte Aktivität PLCβ-vermittelter Signalkaskaden bei 41°C konnte hingegen auf eine nur für den B1R spezifische Temperaturabhängigkeit zurückgeführt werden. Diese Beobachtung zusammen mit der Tatsache, dass die B1R-Expression unter pathophysiologischen Bedingungen besonders induziert wird, deutet darauf hin, dass der B1R in Kombination mit Fieber eine verstärkte Wirkung im Organismus haben könnte. Ob diese Heilungs-fördernd oder -abträglich wirkt, müsste noch genauer untersucht werden. Neben dem Einfluss der Temperatur wird die Signalübertragung der GPCRs durch die jeweiligen Rezeptorkonformationen und die sich daraus ergebenden Funktionsunterschiede bestimmt. Die Familie A der GPCRs wird durch einige hoch konservierte Strukturmerkmale wie die E/DRY-Sequenz mit R3.50 in der dritten Transmembrandomäne (TM) oder die NPXXY-Sequenz am Ende der siebten TM charakterisiert. Publizierte Ergebnisse deuten darauf hin, dass bovines Rhodopsin durch eine Salzbrücke zwischen R3.50135 (TM3) und E6.30247 (TM6), auch „ionic lock“ genannt, im inaktiven Zustand gehalten wird. Der B2R ist einer der wenigen Peptid-GPCRs, der ein Glutamat an Position 6.30 (E6.30238) trägt, und eignete sich daher zur Untersuchung der Anwesenheit und Funktion eines möglichen „ionic lock“ auch in „nicht-Rhodopsin“-GPCRs. Für alle bisher entsprechend untersuchten GPCRs ist bekannt, dass R3.50 für eine effiziente G-Protein-Aktivierung unabdingbar ist (selbiges wurde in der vorliegenden Arbeit auch für den B2R bestätigt). Die funktionelle Analyse eines „ionic lock“ anhand einer R3.50 Mutation und G-Protein-abhängiger Kaskaden ist deshalb nicht möglich. Die Rolle eines „ionic lock“ im Hinblick auf G-Protein-unabhängige Mechanismen wie die Rezeptorinternalisierung, einem wichtigen Regulationsschritt für die meisten GPCRs, wurde bisher jedoch noch nicht untersucht. In der vorliegenden Arbeit wurde erstmals gezeigt, dass die Rezeptorendozytose durch Mutation von R3.50128 zu Alanin (R3.50128A), im Gegensatz zur G-Protein-Aktivierung, nicht zum Erliegen kommt. Die mutierten Rezeptorkonstrukte wiesen sogar ein konstitutives Internalisierungsverhalten auf. Dies verwies auf unterschiedliche Funktionen dieser Aminosäure bei der G-Protein-vermittelten Signaltransduktion und bei der Rezeptorinternalisierung. Ein Aufbrechen des möglichen „ionic lock“ durch Mutation von E6.30238 zu Alanin oder Arginin resultierte ebenfalls in konstitutiv internalisierenden Rezeptorkonstrukten. Im Gegensatz zur Endozytose zeigten diese Mutanten zwar keine konstitutive Signalübertragung, wurden aber auch durch prinzipiell als Antagonisten klassifizierte Verbindungen effizient aktiviert. Diese Ergebnisse legen einen mehrstufigen Aktivierungsprozess nahe, dessen Stufen sich durch verschiedene Rezeptorkonformationen mit unterschiedlichen Interaktionsmöglichkeiten für die G-Protein-Rekrutierung/Aktivierung oder mit der Internalisierungsmaschinerie [GPCR-Kinasen (GRKs), Arrestine] auszeichnen. Der wechselseitige Austausch der beiden hoch konservierten Aminosäuren R3.50128 und E6.30238 ermöglichte wahrscheinlich die Bildung eines inversen „ionic lock“, wodurch normales B2R-Verhalten wieder hergestellt wurde. Diese Arbeit zeigt somit erstmals, dass ein Aufbrechen eines möglichen „ionic lock“ in einem Peptidrezeptor unterschiedliche Auswirkungen für die Prozesse der G-Protein-Aktivierung und der Rezeptorendozytose haben kann. Dadurch wird die Annahme bestärkt, dass es bei einem GPCR mehrere aktive Konformationen geben kann, die unterschiedliche Affinitäten gegenüber regulatorischen Proteinen (GRKs, Arrestinen) oder Effektoren (G-Proteinen, Arrestinen) aufweisen und dadurch differenziert zelluläre Signale auslösen können. Die Aufklärung der unterschiedlichen Aktivierungsmechanismen von GPCRs in Kombination mit der Herstellung von Verbindungen z.B. sogenannten „small molecule compounds“, die bestimmte Rezeptorkonformationen mit ihren signalspezifischen Eigenschaften stabilisieren können, wäre möglicherweise für die Entwicklung von Agonisten oder Antagonisten, die nur ganz bestimmte Signalwege modulieren und so eine optimierte therapeutische Anwendung erlauben, hilfreich.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 14/19
Sowohl aktiviertem Protein C (aPC) als auch Antithrombin (AT) werden neben ihrer Bedeutung als physiologische Gerinnungsinhibitoren immunmodulatorische Potenz zugeschrieben. Sie scheinen daher geeignet, die gestörte Immunfunktion wie sie beispielsweise nach Trauma beobachtet wird, günstig zu beeinflussen. Dies könnte der Entstehung von septischen Komplikationen durch eine gestörte Infektabwehr entgegen wirken oder die Organsysteme vor den Folgen überschießender systemischer Entzündungsreaktionen schützen. Während jedoch mittlerweile eine große Anzahl klinischer und experimenteller Arbeiten zur Anwendung dieser Substanzen vorliegt, sind die Wirkungen auf humane Immunzellen nach wie vor nicht abschließend geklärt. Ziel dieser Studie war daher die Charakterisierung möglicher Effekte von aPC und AT auf die zelluläre Immunfunktion unter Berücksichtigung eines sogenannten „Priming“ der Zellen durch vorausgehendes Gewebetrauma (Operation oder schwere Unfallverletzung). Daneben sollte auch die Frage einer möglichen Wechselwirkung von aPC und AT geklärt werden. Außerdem wurde der Einfluss von Heparin auf ein immunmodulatorisches Potential von AT untersucht. Im Rahmen der vorliegenden kontrollierten ex-vivo Studie erfolgte der Einschluss von zwölf viszeralchirurgischen sowie neun polytraumatisierten Patienten. Als Vergleichskollektiv dienten zwölf gesunde Probanden. An mononukleären Zellen des peripheren Blutes (PBMC), die mittels Ficoll-Separation an den Tagen 1, 3 und 7 nach Trauma gewonnen wurden, untersuchten wir den Einfluss von physiologischen (aPC 4 µg / ml, AT 1 IE / ml) oder supraphysiologischen (aPC 100 µg / ml, AT 20 IE / ml) Konzentrationen der Gerinnungsinhibitoren. Bei operierten Patienten erfolgte präoperativ eine zusätzliche Abnahme. Gesunde Probanden spendeten einmalig Blut und dienten als Referenzgruppe. PBMC wurden in serumfreiem Medium kultiviert und mit aPC bzw. AT (allein oder zusammen) für 60 Minuten präinkubiert. Der entzündliche Stimulus erfolgte mit LPS bzw. OKT3. Zellkulturen wurden dann mit oder ohne Stimulus für 20 Stunden (LPS) oder 72 (OKT3) Stunden inkubiert. Für die Zugabe ansteigender Heparindosen erfolgte die analoge Herstellung von LPS-stimulierten Ansätzen mit supraphysiologischer AT Konzentration. Die Messung der Zytokinspiegel erfolgte mit dem Bioplex Suspension Array System aus den Zellkulturüberständen. Bei gesunden Probanden konnten wir unter LPS-Stimulation in Gegenwart von AT (20 IE / ml) signifikante Abfälle sowohl von TNF-α als auch IL-10 beobachten. Im Patientenkollektiv zeigte sich für TNF-α der gleiche Effekt. Für IL-10 zeigte sich ebenfalls der bei gesunden Probanden beobachtete Abfall der LPS-induzierten IL10-Spiegel, hier jedoch ohne statistische Signifikanz. In unstimulierten Proben führte AT (20 IE / ml) zu einer signifikanten Erhöhung der TNF-α Spiegel. Ein Effekt von AT in der Konzentration 1IE / ml konnte nicht gezeigt werden. Für aPC konnte im LPS-Model kein Einfluss auf die Immunantwort von PBMC unter serumfreien Bedingungen nachgewiesen werden. Nach Aktivierung mit OKT3 kam es durch AT (20 IE / ml) zu einem teils signifikanten Abfall von IFN-γ, und IL-13, wohingegen aPC (100 µg / ml) zu einem Anstieg beider Zytokine führte. Sowohl AT als auch aPC führten zu signifikant erhöhten IL-6 Spiegeln in OKT3-stimulierten Ansätzen. Allerding erhöhte nur AT signifikant die Freisetzung von IL-6 und IFN-γ in unstimulierten Ansätzen. Bei gleichzeitiger Gabe von aPC und AT zeigten sich mit AT 20 IE / ml vergleichbare Spiegel. In Ansätzen die Heparin enthielten zeigte AT (20 IE / ml) eine unveränderte Reduzierung der IL-10 und TNF-α Spiegel. Unsere Ergebnisse zeigen somit für beide Substanzen eine immunmodulatorische Potenz in supraphysiologischen Konzentrationen. Antithrombin führt ex-vivo mit Ausnahme von IL-6 und im Unterschied zu aPC zu einer breiten Suppression der Zytokinfreisetzung aus stimulierten PBMC. Mit Heparin in Dosierungen bis 200IE konnte dieser Effekt nicht antagonisiert werden. Demgegenüber ist aPC in einem serumfreien ex-vivo Modell ein Aktivator der lymphozytären TH1-Antwort in humanen PBMC, hat also entgegen häufig postulierter Vorstellungen klare proinflammatorische Effekte, zumindest auf humane Immunzellen. Die klinische Bedeutung dieser Beobachtungen und die zugrunde liegenden Mechanismen bedürfen der weiteren Klärung.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 13/19
Blutgerinnung und Entzündung sind zwei stark miteinander verknüpfte Vorgänge im menschlichen Körper. Es ist gängige Meinung, dass während einer Sepsis die systemische Entzündung unweigerlich zu einer Aktivierung des Gerinnungssystems und einer gleichzeitigen Inhibition des blutgerinnungshemmenden Systems sowie der Fibrinolyse führt. Durch die massive Aktivierung der Gerinnung kommt es zu einer sogenannten Verbrauchskoagulopathie, bei der vor allem die antikoagulatorische Kapazität stark reduziert ist. So ist die Aktivität von ATIII und APC, zwei der wichtigsten körpereigenen Gerinnungsinhibitoren, während der Sepsis erheblich vermindert. Rekombinant hergestelltes APC hat als Xigris® seit 2002 die europäische Zulassung zur Behandlung der schweren Sepsis. In einer klinischen Studie der Phase 3 wurde eine Reduktion der 28-Tage Sterblichkeit durch die Gabe von APC bei Patienten mit schwerer Sepsis festgestellt. Im Gegensatz zu APC zeigte ATIII in einer Studie der Phase 3 an Patienten mit schwerer Sepsis keine Reduktion der 28-Tage Sterblichkeit. Es ist generell akzeptiert, dass das septische Mehrorganversagen durch die systemische Immunantwort des Organismus auf eine Infektion und die daraus resultierende überschießende systemische Freisetzung inflammatorischer Mediatoren vermittelt wird. Die Freisetzung dieser Mediatoren erfolgt unter anderem aus Monozyten. Durch den entzündlichen Stimulus während einer Verletzung oder Sepsis wird auf Monozyten neben der Freisetzung von Zytokinen auch TF induziert, der Rezeptor und Aktivator von FVII. Der Komplex aus TF und FVIIa stellt den Anfangspunkt der exogenen Gerinnung dar. Seit einigen Jahren wird rFVIIa als „rescue therapy“ zur Kontrolle schwerer traumatisch verursachter Hämorrhagien diskutiert. Dabei soll durch die Gabe von rFVIIa die Gerinnung spezifisch am Ort der Verletzung verstärkt werden. Da durch das Trauma und die damit verbundene Entzündungsreaktion Monozyten vermutlich TF exprimieren, stellen auch diese Zellen einen potentiellen Angriffspunkt für rFVIIa dar. Das Ziel der vorgelegten Arbeit war, mögliche gerinnungsunabhängige immunmodulatorische Eigenschaften dieser, in der Intensivmedizin verwendeten, körpereigenen Substanzen zu untersuchen. Im Speziellen sollte die Auswirkung der Pro- bzw. Antikoagulantien auf die LPS-induzierte Zytokinfreisetzung von Monozyten untersucht werden, ein wichtiger Bestandteil in der Entstehung von Sepsis und MODS. Dazu wurde ein Versuchsmodell mit einer humanen, monozytären Zelllinie, MonoMac6, etabliert. Die Produktion von IL-1β, IL-8 und TNFα wurde intrazellulär mit Hilfe der Durchflusszytometrie bestimmt. Im Zellkulturüberstand wurden die Konzentrationen von IL-1β, IL-8, IL-10 und TNFα mit einem Luminex-100 System gemessen. Zusätzlich wurde für rFVIIa der Einfluss auf die LPS-induzierte IL-1β-, IL-6-, IL-8- und TNFα-Synthese von CD14+ Monozyten in PBMCs durchflusszytometrisch erfasst. In der vorgelegten Arbeit konnte eine limitierende Wirkung von APC und ATIII auf die LPS-induzierte Zytokinproduktion von Monozyten festgestellt werden. APC verminderte die IL-1β-, IL-10- und TNFα-Ausschüttung signifikant, wobei Überstandsmessungen die eindeutigsten Ergebnisse zeigten. Der Effekt von ATIII ließ sich durchflusszytometrisch besser bestimmen, als aus dem Überstand. Es zeigte sich eine signifikant verminderte LPS-induzierte IL-1β- und TNFα-Produktion der Monozyten. Zusätzlich wurde der Effekt von Heparin auf die ATIII-Wirkung untersucht, da es mehrere Hinweise auf eine negative Beeinflussung der ATIII-Therapie in der Sepsis durch gleichzeitige Gabe von Heparin gibt. In der vorgelegten Arbeit konnte interessanter Weise kein antagonisierender Effekt von Heparin auf die immunologische Wirkung von ATIII festgestellt werden. Neben dem positiven Effekt durch die Wiederherstellung der Antikoagulation während der Sepsis, kann APC auch zur Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Pro- und Antiinflammation beitragen. APC vermindert sowohl die Synthese pro-, als auch die antiinflammatorisch wirkender Mediatoren, was eine Erklärung für die Wirksamkeit bei dem sehr heterogenen Kollektiv der Sepsispatienten sein könnte. ATIII reduziert nach unseren Ergebnissen lediglich die Synthese der proinflammatorischen Zytokine TNFα und IL-1β, nicht aber die von IL-10. Geht man davon aus, dass APC deshalb wirksam ist, weil es sowohl eine überschießende Pro- als auch Antiinflammation dämpfen kann, wäre das eine Erklärung für das Fehlen des klinischen Wirksamkeitsnachweises für ATIII bei Patienten mit schwerer Sepsis. Für rFVIIa ergab sich ein messbarer, aber nicht eindeutig charakterisierbarer immunmodulatorischer Effekt auf die LPS-induzierte Zytokinproduktion von Monozyten. Bei MonoMac6 Zellen zeigte sich ein leicht begrenzender Effekt auf die IL-8- und TNFα-Produktion. Die Behandlung von PBMCs mit rFVIIa ergab keine veränderte LPS-induzierte Zytokinfreisetzung von CD14+ Monozyten. In verschiedenen Versuchsabläufen wurden MonoMac6 Zellen zur Erhöhung der TF-Expression vor der Inkubation mit rFVIIa mit TNFα oder LPS behandelt. Dabei zeigte sich je nach Messmethode und Vorbehandlung außer einer geringen Steigerung der TNFα-Synthese LPS-vorbehandelter Monozyten kein Effekt. Zusätzlich wurde eine Transfektion der MonoMac6 Zellen mit TF durchgeführt. In Versuchen mit dieser Zelllinie ergab sich eine erhöhte TNFα-Synthese unter rFVIIa-Einfluss. Dieses Ergebnis ist jedoch mit Vorsicht zu betrachten, da die Reaktion der transfizierten Zellen auf LPS alleine im Kontrollexperiment nicht der des Wildtyps entsprach. Eine rFVIIa-induzierte Bildung von Thrombin kann ebenfalls in die Immunreaktion eingreifen, dies illustriert die in der vorgelegten Arbeit unter Thrombineinfluss gemessene, stark verminderte LPS-induzierte IL-10 Ausschüttung. Allerdings konnte der direkte immunmodulatorische Effekt von rFVIIa weder mit der Komplexbildung aus TF und rFVIIa noch mit der von rFVIIa vermittelten Produktion von Thrombin in Verbindung gebracht werden. Die immunmodulatorische Wirkung von rFVIIa auf die LPS-induzierte Zytokinproduktion von Monozyten konnte mit den in der vorgelegten Arbeit verwendeten Modellen nicht abschließend geklärt werden und lässt noch viel Raum für weitere Untersuchungen. Transfektionsversuche mit anderen monozytären Zelllinien oder die Selektion von TF-exprimierenden Immunzellen aus kritisch kranken Patienten wären mögliche Versuchsansätze für die Zukunft. Auch ein geeigneter Stimulus zur Induktion von TF auf isolierten humanen Monozyten, der nicht gleichzeitig die Zytokinsynthese anregt, würde vielversprechende Möglichkeiten bieten.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/07
Neisseria meningitidis, ein Gram negatives pathogenes Bakterium ist eine der Ursachen für schwere Septikämie und Meningokokkenmeningitis. Nach Besiedelung des menschlichen Nasopharynx und Übertritt in die Blutbahn besteht ein zentraler Schritt in der Pathogenese der durch N. meningitidis verursachten bakteriellen Meningitis in der Interaktion der Bakterien mit Zellen der Blut-Hirn-Schranke. Die Schwere der Erkrankung scheint direkt mit der Produktion proinflammatorischer Zytokine, Chemokine und Wachstumsfaktoren zu korrelieren. Daher wurde in der vorliegenden Studie mit Hilfe eines Zellkulturmodells die Freisetzung von Tumornekrosefaktor alpha (TNF-a), Interleukin-1b (IL-1b), Interleukin-6 (IL-6), Interleukin-8 (IL-8), Monocyten-attrahierendem Protein-1 (MCP-1) und transformierendem Wachstumsfaktor beta (TGF-b) durch Gehirnendothelzellen nach Infektion mit Meningokokken analysiert. Mit ELISA und RT-PCR wurde die Freisetzung von Zytokinen und die Transkription der Zytokin-codierenden Gene von humanen Gehirnendothelzellen (HBMEC) nach Infektion mit dem Meningokokkenstamm MC58* und seiner unbekapselten isogenen Mutante MC58 siaD der Serogruppe B nachgewiesen. In Übereinstimmung mit der Zytokinfreisetzung wurde dabei ein typisches Genexpressionsmuster festgestellt. Beide Bakterienstämme beeinflußten die Transkription der Gene, die für IL-6 und IL-8 kodieren, wobei die Transkription bei den Zellen, die mit dem unbekapselten Stamm infiziert wurden, früher nachzuweisen war. Die Transkription des TNF-a Gens wurde nur nach der Infektion mit der unbekapselten Mutante nachgewiesen. Für IL-1b und MCP-1 wurde keine verstärkte Transkription festgestellt, wogegen das Gen, welches für TGF-b codiert, von infizierten wie uninfizierten Zellen gleichermaßen exprimiert wurde. Neben den intakten Bakterien führte auch die Stimulation mit Außenmembranproteinen zu einer Induktion der Zytokinfreisetzung. Die Verhinderung der Internalisierung der Bakterien in die Zellen bzw. die Blockade des a5b1 Integrin Rezeptors reduzierte die Freisetzung von IL-8 und TNF-a, nicht jedoch die Freisetzung von IL-6. Während durch die IL-6 oder IL-8 Prästimulation der HBMEC keine Veränderung des Invasionsverhaltens der Meningokokken beobachtet werden konnte, führte eine Prästimulation mit TNF-a zu einer deutlich gesteigerten Invasion der Bakterien in die Zellen. Diese Ergebnisse machen deutlich, daß der Entzündungsprozeß im Gehirn eine komplexe Interaktion zwischen Bakterium und Wirtszelle erfordert. Dabei spielen die Gehirnendothelzellen offensichtlich eine wichtige Rolle in der interzellulären Kommunikation der beteiligten Zellen, indem sie Zytokine als Immunmodulatoren freisetzen, die ihrerseits zu veränderter Expression von Adhäsionsmolekülen führen könnten.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/19
Die enterpathogenen Yersinia-Spezies unterlaufen die primären Abwehrmechanismen des Wirtes durch Einflußnahme auf Signaltransduktionskaskaden. Diese Subversion wird von einem 70 kDa Virulenzplasmid vermittelt, welches für ein Typ III Sekretion/Translokationsssystem und einige Virulenzfaktoren, sogenannte Yops (Yersinia outer proteins) kodiert. Die sechs bisher bekannten Effektor-Yops gelangen über das Sekretionssystem ins Zytoplasma von Makrophagen und Granulozyten, was in diesen zu einer Inhibition von Phagozytose, oxidative burst und Zytokinfreisetzung sowie zur Induktion der Apoptose führt. Ziel dieser Arbeit war es, die zellulären Angriffsproteine der Effektor-Yops YopM und YopO zu identifizieren. Als Methode diente das Yeast Two- Hybrid System. Es stellte sich heraus, dass YopM für diese Methode aufgrund seiner transskriptionsaktivierenden Eigenschaft nicht verwendbar ist. Dies und die Beobachtung, dass YopM in den Zellkern lokalisiert wird (77) deuten darauf hin, dass YopM möglicherweise als Transkriptionsfaktor in der Wirtszelle wirken könnte. Für YopO erbrachte die Two-Hybrid Untersuchung 31 positiv interagierende Klone, die als Rac1 (17 Klone, davon 4 unabhängige), Snk i.p. (11 Klone, davon 6 unabhängige) und Mus musculus spindlin (3 Klone) identifiziert werden konnten. Rac1 gehört zur Familie der Rho-GTPasen zu denen u.a. auch die Proteine RhoA und Cdc42 gehören. Diese kleinen G-Proteine sind in komplexer und in noch unvollkommen verstandener Weise an der Regulation vielfältiger Zellfunktionen beteiligt. Es konnte gezeigt werden, dass YopO neben Rac1 auch mit RhoA, nicht jedoch mit Cdc42 im Yeast Two-Hybrid System interagiert. Für YpkA, dem zu YopO homologen Protein aus Y. pseudotuberculosis zeigte sich das gleiche Interaktionsverhalten. Durch Koimmunopräzipitation konnten die Ergebnisse der Yeast Two-Hybrid Untersuchung mit einer zweiten, unabhängigen Methode bestätigt werden. Aus dem Zellysat von mit Yersinien infizierten humanen COS-Zellen, ließen sich RhoA und Rac1, nicht aber Cdc42 mit Hilfe von Anti-YpkA-Antikörpern koimmunopräzipitieren. In dieser Arbeit konnte mit zwei unabhängigen Methoden eine bis dahin unbekannte Affinität zwischen YpkA/YopO mit RhoA und Rac1 gezeigt werden. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass RhoA und Rac1 die intrazellulären Angriffspunkte der Effektor- Yops YpkA bzw. YopO darstellen.