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David Hipp hat am Projekt Cooking Math mitgearbeitet. In seinem darin vorgestellten Forschungsprojekt betrachtet er eine relativ einfache Form der Wellengleichung, die jedoch gut für die Beschreibung von akustischen Wellen geeignet ist. Die Gleichung beschreibt die Wellenausbreitung im Raum mit Hilfe einer partiellen Differentialgleichung. Die Lösung der Wellengleichung ist eine Funktion deren Variablen die Zeit und der Ort sind. Konkret werden in der Gleichung zeitliche und räumliche Änderungen des Zustands, also der Funktion, in Beziehung gesetzt, um die Wellenausbreitung zu beschreiben. Das mathematische Modell für Wellenausbreitung in beschränkten Gebieten umfasst neben der partiellen Differentialgleichung (die hier die Wellengleichung ist) auch noch die Anfangsbedingung, die den Zustand und die Geschwindigkeit zu Beginn des Prozesses festlegt, sowie die Bedingungen am Rand des Gebietes. Physikalisch ist klar, dass Wellen, wenn sie auf die Oberfläche am Rand treffen beispielsweise reflektiert, gebrochen oder gestreut werden können - je nachdem welche Materialeigenschaften der Rand hat. David Hipp untersucht in seiner Forschung insbesondere den Einfluss der Randbedingungen auf die Simulationen solcher Probleme - in seinem Fall also die Wellenausbreitung im Raum. Klassisch wird häufig die Dirichlet oder Neumann-Randbedingung gewählt bzw. die Robin Bedingung als Mischung der beiden. Diese drei Bedingungen auf dem Rand sind allerdings nicht immer realistisch genug, weil sie keine Bewegungen auf dem Rand erlauben.. Deshalb untersucht man derzeit dynamische Randbedingungen - das sind eben solche Bedingungen, die Bewegungen der Welle auf dem Rand zulassen. Damit kann die Wellen Energie an die Wand abgeben und die Wand selbst aktiver Teil der Wellenausbreitung wird. Das kann dann sogar zu Oberflächenwellen auf der Wand führen. Konventionelle numerische Verfahren müssen auf diese neuartigen Randbedingungen erst angepasst werden. Zwar kann David Hipp auf die Finite Elemente Diskretisierung im Raum in Kombination mit klassichen Zeitschrittverfahren zurückgreifen, jedoch muss geprüft werden ob diese Verfahren immer noch so gute Ergebnisse liefern, wie man sie von üblichen Anwendungen gewohnt ist. Eine Herausforderung der dynamischen Randbedingungen ist es, dass unterschiedliche Skalen im Prozess auftreten können, die dann auch so berücksichtigt werden müssen. Zum Beispiel schwingen die Wand und die akustische Welle mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten oder Frequenzen. Im Moment genügt es für seine Testrechnungen, das Randgitter der FE-Diskretisierung zu belassen. In Zukunft geht es aber auch darum, hier Anpassungen für unterschiedlichste Materialien möglich zu machen um den verschiedenen Skalen gerecht zu werden. David Hipp ging im Cooking Math Projekt sehr offen und mit wenigen konkreten Vorstellungen in die Zusammenarbeit mit der Hochschule für Gestaltung (HfG) hinein. Schlussendlich ist das vorliegende Ergebnis der Zusammenarbeit mit Oliver Jelko von der HfG eine Mischung aus Lehrvideo zur Mathematik der Wellenausbreitung und professioneller Animation numerischer Testrechnungen für drei unterschiedliche Randbedingungen: Dirichlet, Neumann und akustische Randbedingung. Die akustische Randbedingung ist eine dynamische Randbedingung, die auf der modellhaften Vorstellung beruht, dass die Wand aus vielen winzigen Federn besteht, welche zu schwingen beginnen, wenn sie durch auftreffende akustische Wellen dazu angeregt werden. Als Mathematiker gehört die visuelle Darstellung der Ergebnisse zu unserer Arbeit und ist z.B. auch eine Form von Verifizierung. Aber die professionelle Animation zu Dirichlet-, Neumann und akustischen Randbedingungen durch einen Gestalter ist leichter zugänglich und erlaubt ein intuitives Verständnis. Das Video aus dem Cooking Math Projekt Literatur und Zusatzinformationen J. T. Beale, S. I. Rosencrans: Acoustic boundary conditions, Bull. Amer. Math. Soc. 80, 1276-1278, 1974. S. Larsson, V. Thomee: Partial Differential Equations with Numerical Methods, Springer, 2003. V. Rao: Boundary Condition Thinking, ein populärwissenschaftlicher Zugang zu Randbedingungen, 2011. R.P. Vito and S.A. Dixon: Blood Vessel Constitutive Models, 1995–2002, Annual Review of Biomedical Engineering 5, 413-439, 2003. Podcasts J. Enders, C. Spatschek: Cooking Math, Gespräch mit G. Thäter und S. Ritterbusch im Modellansatz Podcast, Folge 80, Fakultät für Mathematik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2016. http://modellansatz.de/cooking-math J. Eilinghoff: Splitting, Gespräch mit G. Thäter im Modellansatz Podcast, Folge 81, Fakultät für Mathematik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2016. http://modellansatz.de/splitting P. Krämer: Zeitintegration, Gespräch mit G. Thäter im Modellansatz Podcast, Folge 82, Fakultät für Mathematik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2016. http://modellansatz.de/zeitintegration
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 07/19
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Analyse der Beingeometrie in der Frontalebene. Gegenübergestellt und statistisch ausgewertet wurden Daten, die aus konventionellen langen Röntgenstandbeinaufnahmen (LRS) und digitalen Übersichtsbildern der Computertomographie (Topogramme) gewonnen wurden. Neben der Darstellung des aktuellen Standes der derzeit praktizierten Technik auf dem Gebiet der Beingeometrieanalyse war es das Ziel, sowohl die Unterschiede als auch die Gemeinsamkeiten der hierbei gewonnenen Analyseergebnisse aufzuzeigen und die Vor- und Nachteile entsprechend zu diskutieren. Hierzu wurde sowohl eine prospektive als auch eine retrospektive Studie durchgeführt; um zu beurteilen, welche Vorteile die CT-Topogramme zur Messung der Beingeometrie mit sich bringen. Konventionelle lange Beinaufnahmen im Stehen sind zur Winkel- und Längenmessung wesentlicher Bestandteil einer orthopädischen Beurteilung der unteren Extremität. Eine gute Qualität einer LRS zeigt sich in einer weitgehend gleichmäßigen Belichtung über die gesamte Aufnahme sowie einer vollständigen Abbildung des Beines inklusive des Beckengürtels, gegebenenfalls zusätzlich mit Anteilen der Lendenwirbelsäule. Die Durchführung der Standbeinaufnahme ist durch die umständliche Positionierung des Patienten, mit Ausrichtung der Beinachse und dem Ausgleich eventueller Beinlängendifferenzen auf der entsprechenden Standapparatur, aufwendig und damit entsprechend fehlerträchtig. Hinzu kommt, dass die Ausrichtung des Beines in der Sagitalebene durch ventrale Positionierung der Patella umstritten ist, da sie als Sesambein nicht ausreichend valide erscheint. Im CT könnte sich die Ausrichtung des Beines relativ leicht an der Kondylenhinterkante und damit an einer funktionell wichtigen Gelenkstruktur orientieren. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich ausführlich mit den Konsequenzen, die sich daraus ergeben würden und versucht die klinisch relevante Frage zu beantworten, ob die CT-Diagnostik die LRS abzulösen vermag. Hierzu wurden folgende Fragestellungen untersucht: Wie stellt sich die Beingeometrie in der Frontalebene einerseits in der LRS und andererseits im CT-Topogramm jeweils bei ventral ausgerichteter Patella dar? Welche Voraussetzungen sind erforderlich, um das Bein anhand einer anatomischen Struktur reproduzierbar im CT auszurichten? Wie stellt sich die Beingeometrie dar, wenn die Kondylenhinterkante parallel zur Frontalebene ausgerichtet wird? Welche Unterschiede ergeben sich im direkten Vergleich zwischen der LRS mit mittig zentrierter Patella und dem CT-Topogramm mit parallel zur Frontalebene ausgerichteter Kondylenhinterkante? Bei ventral ausgerichteter Patella zeigen beide Untersuchungsverfahren hinsichtlich der Gelenkwinkel und des Verlaufs der Mikulicz-Linie keine signifikanten Unterschiede. Die P-Werte der fünf analysierten Gelenkwinkel stellten sich wie folgt da: für den CCD-Winkel 0,2968, für den aLDFW 0,8272, für den mLDFW 0,5315, für den MPTW 0,2451 und für den LDTW 0,1219. Bei der konventionellen Aufnahmetechnik kommt es hinsichtlich der Länge zu einem projektionsbedingten Vergrößerungseffekt im Bereich des Oberschenkels von 5,0 - 9,7 %, des Unterschenkels von 2,8 - 7,1 % und bezogen auf die Gesamtbeinlänge von 4,8 - 8,2 % im Vergleich zu den als real definierten Daten aus dem CT. Zur Ausrichtung des Beines im CT wurde eine spezielle Auflage für den CT-Tisch konstruiert und gebaut, die über Halterungsgurte und Schulterhalterungen sowie auf die individuelle Körpergröße anpassbare Fußschlitten verfügt. Die Fußschlitten sind entsprechend der Körpergröße auf der Auflage zu positionieren und mittels einer Spindel kann eine Feineinstellung vorgenommen werden. Um eine beidseitig gleich starke Belastung zu erreichen, sind an den Fußschlitten Druckmesser angebracht. Die Rotationsstellung der Beine lässt sich mittels einer Drehvorrichtung an diesen Fußschlitten gradgenau einstellen. Im Rahmen dieser Studie konnten in einem ersten Testdurchgang an 52 in die Studie eingehenden Patienten in über 50% der Fälle die Kondylenhinterkante auf 2° genau eingestellt werden. In einem Intervall von 5° Abweichung von der Horizontalen lagen 80% der Ergebnisse. Die Ausrichtung der Kondylenhinterkante parallel zur Frontalebene zeigte im Vergleich zur LRS mit mittig zentrierter Patella signifikante Unterschiede bei der Vermessung der Mikulicz-Linie (P-Wert: 0,0001), dem CCD-Winkel (P-Wert: 0,0004), dem mLDFW (P-Wert: 0,0019) und dem LDTW (P-Wert: 0,0006). Der aLDFW und der MPTW sind im Ergebnis weniger abhängig von der Drehung des Beines und deren P-Werte waren nicht signifikant unterschiedlich (P-Wert von aLDFW: 0,0600, P-Wert von MPTW: 0,3612). Die Ergebnisse der Beinlängenmessung verhielten sich entsprechend der Untersuchung bei ventral ausgerichteter Patella. Vorliegende Arbeit zeigt das Potential des CT-Topogramms zur Analyse der Beingeometrie. Die Vorteile des CT liegen einerseits in der gleichmäßigen guten Belichtung über den gesamten Bereich, auch der problematischen Beckenregion. Zudem entfallen Belichtungssprünge an den Film- bzw. Folienübergängen sowie das Fehlerpotential fehlerhaft zusammengesetzter Einzelbilder. Die Arbeit zeigt, dass es möglich ist, die Beinachse mit der neu konstruierten Vorrichtung an anatomisch relevanten Strukturen auszurichten und so im CT reproduzierbare Projektionen zu erhalten. Die Ausrichtung der Kondylenhinterkante parallel zur Frontalebene zeigt jedoch aufgrund der vermehrten Außenrotation des Sprunggelenks keine Vorteile. Es bleibt einer weiteren Studie vorbehalten, ob sich durch andere Einstellkriterien, z.B. 15°-Außenrotation diesbezüglich neue Erkenntnisse ergeben. Die Vorteile der Darstellung beider Beine zusammen mit der Wirbelsäule im aufrechten Stand unter Belastung, ggf. mit Ausgleich einer Beinlängendifferenz in der LRS mit ventral ausgerichteter Patella, überwiegen die dargestellten Nachteile dieser Aufnahmetechnik, so dass bis auf Weiteres die LRS für die standardmäßige Darstellung der Beingeometrie, bei Anhalt für Torsionsfehler ergänzt durch CT-Transversalschnitte, Goldstandard bleiben sollte.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
Die Eph-Familie von Rezeptortyrosinkinasen und ihre Liganden, die Ephrine, sind die größte Gruppe von axonalen Zielführungsmolekülen. Die membrangebundenen Ephrine und ihre Rezeptoren sind jedoch nicht ausschließlich für die Etablierung neuronaler Konnektivität, sondern auch für Entwicklungsvorgänge außerhalb des Nervensystems wie die Ausbildung des Blutgefäßsystems und die Steuerung von Zellmigration von Bedeutung. Als charakteristisches Merkmal dieser Molekülfamilie kann jeder einzelne Rezeptor durch eine Vielzahl verschiedener Ephrine aktiviert werden, was eine starke funktionelle Redundanz zur Folge hat. Konventionelle knock-out Experimente liefern daher nur ein unvollständiges Bild von der Funktion dieser Proteine, da eine genetische Deletion von Einzelmolekülen zumindest partiell von anderen Vertretern der Eph-Familie kompensiert werden kann. Im ersten Teil der Arbeit wurde eine transgene Mauslinie etabliert, welche im gesamten Nervensystem ein sezerniertes, Antikörper-ähnliches Fusionsprotein, einen sog. Rezeptorkörper, exprimiert. In dieser Mauslinie sollte der Rezeptorkörper alle Ephrine der sog. A-Subfamilie zugleich binden und neutralisieren, und damit die funktionelle Redundanz der A-Ephrine überwinden. Hierzu wurde in einem ersten Schritt der Rezeptorkörper kloniert, in Zellinien exprimiert und hinsichtlich seiner Funktionalität charakterisiert. In einem zweiten Schritt wurde nun das Mikrotubuli bindende Protein Tau gegen die cDNA des Rezeptorkörpers ersetzt (sog. knock-in), und nach Keimbahntransmission des rekombinanten Allels wurde durch Rückkreuzung gegen den Inzuchtstamm C57BL/6 eine congenische Mauslinie erzeugt. In dieser Mauslinie wurde der Rezeptorkörper mit dem räumlich-zeitlichen Expressionsmuster von tau exprimiert. Im zweiten Teil der Arbeit wurden einige Eigenschaften der knock-in Mauslinie charakterisiert. Die vollständige Deletion des Tau-Proteins sowie die pan-neuronale Expression des Rezeptorkörpers wurden mit Hilfe von Northern-Transfer, mRNA in-situ Hybridisierung, RT-PCR sowie mit Western-Transfer und immunhistochemischen Experimenten belegt. Tiere mit dem rekombinanten Allel waren fertil, zeigten keine Hinweise für eine erhöhte prä- oder postnatale Letalität, und das äußere Erscheinungsbild der Mäuse war weitgehend unauffällig. Eine erste Analyse der Hirnanatomie mit Hilfe klassischer histologischer Färbemethoden lieferte keine Hinweise auf starke, offensichtliche morphologische Veränderungen. Mit einem Immunassay wurde die Gewebekonzentration des Rezeptorkörpers zu verschiedenen embryonalen und postnatalen Entwicklungsstufen quantifiziert. Auf subzellulärer Ebene wurde mittels immuncytochemischer Färbungen dissoziierter Neuronen demonstriert, daß der Rezeptorkörper nicht auf das Soma der Zellen beschränkt, sondern auch in Nervenfortsätzen lokalisiert war. Die Analyse der Mauslinie auf spezifische Veränderungen im dritten Teil der Arbeit konzentrierte sich auf sensorische Projektionen in Peripherie und Rückenmark, sowie auf physiologische Aspekte des visuellen Systems und Blutgefäße. In neugeborenen Tieren wurden keine offensichtlichen Veränderungen der topographischen Projektionen von Spinalganglien in das Rückenmark detektiert. In der Peripherie wurde in dem knock-in hingegen eine signifikante Zunahme von Nervenverzweigungen in verschiedenen Strukturen beobachtet, die bei der Innervierung von Extremitäten sowie bei Interkostalnerven zwischen dem 12. und dem 14. Tag der Embryonalentwicklung (E12-14) besonders ausgeprägt war. Die Untersuchung der Blutgefäße im zentralen Nervensystem adulter Mäuse mit Hilfe von Korrosionsausgüssen ließ in der Mutante keine offensichtlichen Veränderungen erkennen. Mit Hilfe der in Anwendung auf Mäuse neuartigen Technik „Intrinsic Signal Optical Imaging“ wurde die Repräsentation der Retina im Primären Visuellen Cortex juveniler und adulter Mäuse untersucht. Zentraler Befund dieser Experimente war eine Verzerrung der retinotopen Karte in dem knock-in, die in jungen Mäusen erheblich stärker war als in adulten Tieren.