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Georg Bruckmann Der Operateur Immer wieder verschwimmen die Kacheln des kalten Operationsraumes, wenn er sich auf seine Aufgabe konzentriert. Der Operateur weiß, dass er sich zusammenreißen muss. Das regelmäßige Piepen des Herzmonitors hilft ihm dabei. Seine Aufgabe ist nicht einfach. Er wischt sich mit dem Ärmel über die Stirn, um den Schweiß daran zu hindern, ihm in die Augen zu laufen. Er braucht seine Augen. Jetzt mehr denn je. Die Operation ist lebenswichtig. Die Umstände sind widrig. Das arme Schwein, dass da vor ihm auf dem Tisch liegt, ist vom Schicksal arg gebeutelt worden. Der Fuß und der Unterschenkel fehlen bereits. Das andere Bein musste schon komplett abgenommen werden. Rauch, denkt der Operateur. Jetzt ist der verbleibende Oberschenkel an der Reihe. Sie hatten versucht, so viel wie möglich zu retten. Der Patient sollte die Chance bekommen, ein halbwegs normales Leben zu leben, wenn er diese unglückliche Sache hinter sich gebracht hätte. Es sieht nicht so aus, als ob das klappen würde. Bedauern, fast schon eine tiefe Traurigkeit erfüllt den Operateur. Der Mann ist im selben Alter wie er selbst. Auch er hat eine Frau und zwei Kinder. Eine Tochter und einen Sohn. Beide in ihren frühen Zwanzigern. Er darf sich davon nicht ablenken lassen. Wie es weitergehen würde, würde man sehen, wenn die Operation geglückt wäre. Die vorangegangenen Amputationen hatten den Patienten schon ziemlich geschwächt. Der Operateur verfluchte die Umstände, unter denen er arbeiten musste. Die Anästhesieschwester und der Assistenzarzt sind unzuverlässig. Nein. Das ist ungerecht, denkt der Operateur. Vermutlich verlassen sie den Operationssaal immer wieder, weil sie in dieser Karikatur eines Krankenhauses noch mehr Leben zu retten haben. Wo ist er hier nur gelandet? War gelandet überhaupt das richtige Wort? War er nicht selbst daran schuld? Egal. Er muss sich jetzt konzentrieren. Im Geiste geht er die notwendigen Schritte durch. In der Leiste abbinden, so fest es nur möglich ist. Es gibt hier keine Blutkonserven und jeder Tropfen ist kostbar. Die Hände des Operateurs gleiten fast schon nachdenklich über den Gurt, den er dazu verwenden wird. Er wird halten, weiß er. Er hatte ihn auch schon für die anderen Operationen benutzt. Dann vergewissert sich der Operateur, dass auch die Stange da ist, die er verwenden wird, um den Gurt so lange in sich zu verdrehen, bis der Druck groß genug ist und die Amputation vorgenommen werden kann. Er weiß, dass das Abbinden dem Patienten große Schmerzen verursachen wird. Er weiß auch, dass diese Schmerzen erst der Anfang sein werden. Die Anästhesieschwester wird zwar helfen, aber ihre Mittel sind eingeschränkt. Kein Propofol, Thiopental oder Etomidat und auch kein Succinylcholin oder Rocuronium. Nur Alkohol und die Muskelkraft des Assistenzarztes und der Schwester, die den Patienten ruhig halten sollen. Der Operateur hat alle Instrumente geschärft und gereinigt, so gut es geht. Klinge, Schere und Säge. Sie stehen bereit, sind in hochprozentigen Alkohol eingelegt und glitzern den Operateur böse an, in ihrer präzisen, mitleidslosen Schönheit. Sie wollen schneiden und trennen und entfernen. Dem Operateur wird kalt, obwohl er schwitzt. Er fühlt sich müde. Schon viel zu lange wach. Schon viel zu lange nichts gegessen. Denkbar ungeeignet. Eigentlich sollte jemand anders diese Operation durchführen, aber er weiß, dass er es ist, der es tun muss. Es ist kein Arzt verfügbar. Er weiß auch, dass er nicht mehr allzu lange warten sollte. Mit jeder Minute, die verstreicht, wird der Patient schwächer. Er bringt den Gurt an, führt die Stange durch die Schlaufe und beginnt zu drehen. Wenn er fertig ist, wird er die Schwester und den Assistenzarzt rufen. Der Herzmonitor sendet seine akustischen Signale jetzt in einer etwas höheren Frequenz aus. Ab jetzt darf er kein Mitleid mehr kennen. Weder mit seinem Patienten, noch mit sich selbst. Jedes Zaudern, jedes winzige Quäntchen von Schwäche kann am Ende dazu führen, dass der Patient stirbt. Er verdreht den Gurt, und mit jeder Drehung der Stange bäumt der Patient sich auf und schreit. Verhalten zuerst, dann immer lauter und hemmungsloser. Mit jeder Drehung der Stange wird der Schmerz stärker. Der Operateur stöhnt jetzt ebenfalls vor Anstrengung. Beinahe klingen die beiden Männer, als ob wilde Tiere miteinander kämpfen würden. Oder Ficken, denkt der Operateur. Dann überlegt er für den Bruchteil einer Sekunde, wie groß die Chancen auf Sex für einen Beinlosen wohl sein mochten. Dann: Was ist eine Frau ohne Arme und Beine? Ein Bumsklumpen. Galgenhumor. Unangebracht und hässlich, aber er hilft ihm dabei, die nötige Distanz zu wahren. Mehr, mehr, mehr. Mehr drehen und nicht auf die Schreie des Patienten achten. Noch mehr drehen. Der Gurt schneidet jetzt tief ins Fleisch hinein. Ausreichend tief, um all die großen Adern fest genug zusammen zu pressen? Tief genug, um erneut zu verhindern, dass der Patient verbluten wird? Der Oberschenkel ist dicker als die Stelle unterhalb des Knies, an der die letzte Amputation durchgeführt worden war. Der Operateur schafft noch drei Umdrehungen. Mehr bekommt er nicht hin. Das muss reichen. Er fixiert die Stange und das Jammern des Patienten ebbt langsam ab. Auch der Operateur atmet jetzt ruhiger. Man kann sich an so vieles gewöhnen. Der Mensch ist ein Wunder der Natur. Widerstandsfähiger, als man glaubt, macht der Operateur sich Mut. Die nötigen Schritte müssen jetzt schnell und präzise auf einander folgen. Er strengt sich an und ruft laut nach der Anästhesieschwester und dem Assistenzarzt. Er muss eine Weile auf sie warten und in dieser Zeit redet er beruhigend auf den Patienten ein. Automatisch abgespulte Floskeln, wie man sie eben gegenüber Patienten benutzt. Während sein Mund die Worte formt, denkt er sich an angenehmere Orte, will vergessen, dass er müde und hungrig ist und Angst hat, dass er versagen könnte. «Nur ruhig. Sie werden sehen, es ist gleich vorbei.» Zuhause, im kleinen Garten hinter dem Haus. Es ist Sommer. Die Kinder toben halb nackt mit Spritzpistolen und Wasserbomben. Unschuldig, wie im Garten Eden. Ein sachter Wind weht und spielt mit ihrem goldenen Haar. «Wir kriegen das schon hin.» Neben ihm sitzt seine Frau mit ihm am Tisch auf der Terrasse. Sie blättert in einer Zeitschrift, und wenn sie von ihr aufschaut, um einen Blick auf die Kleinen zu werfen, lächelt sie. «Nur noch etwas Geduld. Bald haben sie es überstanden.» Ein späterer Zeitpunkt. Ein anderer Ort. Eine Schulaufführung. Die Klasse seiner Tochter hat Theater gespielt. Weder das Stück, noch die Darbietung war besonders gut, aber der Applaus der Eltern ist wohlwollend und zaubert den Kindern Freude in die Gesichter. «Es wird wehtun, das schon. Da kann und will ich ihnen nichts vormachen. Aber sie werden sich hinterher nicht mehr an die Schmerzen erinnern.» Noch später im Leben. Abendessen. Der Operateur sitzt mit seiner Frau und seiner Tochter am Tisch. Der Sohn kommt herein. Er ist stolz, weil er die Führerscheinprüfung im ersten Anlauf bestanden hat. Der Operateur hat Bedenken, weil sein Sohn ein Heißsporn ist. «Keine Sorge. Sie werden es überstehen, das verspreche ich Ihnen.» Der Operateur mit seiner Frau im Theater. Die Nibelungen. Er weiß, dass seine Frau diesen schweren, deutschen Kram nicht mag und nur ihm zuliebe mitgekommen ist. Sie lässt es ihn nicht spüren. «Bleiben Sie ruhig liegen. Sie können mir vertrauen. Ich bin ein Profi.» Er selbst. In einer Kneipe nahe seines Arbeitsplatzes. Überall sind seine Freunde um ihn herum. Sie feiern seine erste erfolgreiche Operation. Blinddarmentfernung. Hat reibungslos geklappt. «Denken Sie jetzt nicht an die Zukunft. Konzentrieren Sie sich aufs Hier und Jetzt. Alles andere wird sich fügen.» Ein Ferienhaus in Schweden. Sie schwimmen im See. Manchmal angelt er. Sie überlegen, ob sie es kaufen sollen, für den Ruhestand. «Wenn es vorbei ist, bekommen Sie als Erstes etwas Leckeres zu essen.» Er und seine Frau kochen zusammen. Sie lachen viel und trinken Wein und das Essen brennt an. Sie küssen sich und lachen noch mehr. «Sie haben schon so viel hinter sich, da ist das hier doch ein Klacks!» Eine Skipiste. Schmerz, als er stürzt und sich den Arm bricht. Er selbst auf dem OP-Tisch. Sie setzen Schienen und Schrauben ein. Die Zeit der Genesung danach. Seine Familie ist am Krankenbett, als er aufwacht. Die Nerven in seiner rechten Hand haben durch den Bruch etwas gelitten, aber er übt und übt und übt, so lange, bis er wieder operieren kann. Freude, als es soweit ist. «Mein Team ist gleich da. Sie müssen nicht mehr lange warten.» Endlich kommen sie. Wieder flimmern die Wandkacheln vor den Augen des Operateurs und er blinzelt. Er hat einfach schon zu oft operiert in der letzten Zeit. Die blonde Anästhesieschwester lächelt dem Operateur freundlich und professionell zu. Dann macht sie sich ans Werk und flößt dem Patienten den Alkohol ein. Der Operateur kann beinahe selbst fühlen, wie die Flüssigkeit in der Kehle brennt und sich danach warm im Magen ausbreitet. Der Patient schluckt ein halbes Wasserglas, mehr wäre nicht ratsam. Die Anästhesieschwester findet lobende Worte für den Patienten, die sie ruhig und gelassen, beinahe schon hypnotisch ausspricht. Sie hat Routine. So redet sie mit jedem ihrer Patienten. Auch hier haben ihre Worte eine Wirkung, wenn auch eine kleine. Das Piepen des Herzmonitors wird etwas langsamer. Der Operateur weiß jedoch, dass das nicht lange so bleiben wird. Er wirft einen Blick auf den Beinstumpf. Der Oberschenkel ist blass, fast schon blau. Ein gutes Zeichen. Der Gurt sitzt fest genug und das Fleisch wird kaum noch durchblutet. Die Anästhesieschwester tritt jetzt um den OP-Tisch herum und legt dem Patienten ihre Hände auf die Stirn, beginnt dann sachte seine Schläfe zu massieren, während sie weiter in ihrem hypnotischen Tonfall spricht. Der Operateur weiß aus irgendeinem Grund, dass die Berührung ihrer Hände kühl sein muss. Der Assistenzarzt ist jetzt auch da. Er streicht sich eine Strähne seines etwas zu langen, hellen Haares aus der Stirn und macht sich daran, den Docht einer selbst gebaut aussehenden Lampe anzuzünden. Die Flamme lodert hoch und der Operateur kann etwas von ihrer Wärme spüren. Gerne würde er seine Hände in die Nähe des Feuers bringen, bevor er sich ans Werk macht. Er weiß aber, dass die Flamme einen anderen Zweck hat. Der blonde Assistenzarzt ist vielleicht ein paar Jährchen älter als die Anästhesieschwester und jetzt hält er ein dünnes Stück Blech mit Hilfe einer Zange in die Flamme. Er bewegt es hin und her, damit es gleichmäßig erhitzt wird. Für die Dauer der Operation wird er nichts anderes tun, als das. Er wird das Blech zum Glühen bringen, es ist dünn genug. Erst wenn der Oberschenkel abgetrennt ist, wird er in Aktion treten und den Stumpf ausbrennen. Der Patient sieht das auch und beginnt unruhig zu werden, weil er schon ahnt, welchen Zweck dieses Blech hat. Er will sich trotz seiner Fixierung aufsetzen, hebt den Kopf, doch die Anästhesieschwester drückt mit sanfter Gewalt seine Stirn zurück auf den OP-Tisch. Sie gibt ihm noch einen Schluck. Dann sagt sie, dass es nun aber reichen muss, und wirft dem Operateur einen Blick zu, der besagt, dass er nun endlich anfangen soll. Der Operateur schluckt. Sein Blick verschwimmt, und wieder wischt er sich den Schweiß aus dem Gesicht, damit er ihm nicht in den Augen brennt. Auch der Assistenzarzt hat sich jetzt halb zu ihm umgedreht und der Operateur kann in den Gesichtern seiner beiden Helfer das grenzenlose Vertrauen sehen, dass sie ihm entgegenbringen. Beide, die Anästhesieschwester und der Assistenzarzt nicken ihm zu. Keinesfalls will er sie enttäuschen. Der Gedanke schenkt ihm Zuversicht und endlich bringt es über sich, nach dem Instrument zu greifen. Er holt es aus dem Gefäß mit dem Alkohol, schüttelt es ab, macht es bereit und setzt die Klinge an. Kaum berührt das Metall das Fleisch, beginnt der Patient erneut zu brüllen und der Monitor wird geradezu hysterisch. Aber es hilft nichts. Der Oberschenkel muss weg und jetzt ist nicht die Zeit, zu verzagen. Es würde das Leiden nur unnötig in die Länge ziehen. Die Klinge schneidet tief ein, durchtrennt Haut, Fettgewebe und Muskelfasern. Sie zerteilt Venen, Arterien und Nerven. Der Operateur wendet alle Kraft auf, die er in sich hat, sowohl mental als auch physisch, denn die Klinge ist kurz und mit der anderen Hand muss er Fleisch und Gewebe wegdrücken, damit er sehen kann. Der Assistenzarzt klemmt das Blech jetzt so ein, dass es von selbst über der Flamme bleibt und kommt der Anästhesieschwester zur Hilfe, die Mühe hat, den Patienten ruhig zu halten. Die Hände des Operateurs zittern jetzt merklich. Er muss durchatmen und zieht die Klinge aus der Wunde. Sofort beginnen seine Helfer auf ihn einzureden. Machen Sie weiter! Sie dürfen jetzt nicht aufhören. Nur ruhig, sie schaffen das! Los! Weitermachen! Wir verlieren Ihnen sonst! Nicht aufgeben! Wir wissen, dass es schwer ist, aber es muss sein! Los. Bis runter auf den Knochen an der Oberseite. Dann das Bein hoch und in die Rückseite schneiden, bis gesägt werden kann! Die Anästhesieschwester spricht auch mit ihm in ihrem ruhigen, hypnotischen Tonfall, während der Assistenzarzt deutlich mehr Dringlichkeit in seine Worte legt. Sehen die beiden denn nicht, wie weh es tut? Und all das Blut, das trotz des straff gespannten Gürtels aus den Adern strömt und mir die Sicht erschwert? Wie können Sie das von mir verlangen? Verzweiflung macht sich breit im Operateur und gleichzeitig weiß er, dass sie Recht haben. Er sammelt sich und schneidet weiter. Aber er kann es jetzt nicht mehr so schnell tun. Er weiß nicht, ob die Klinge bereits wieder stumpf geworden ist oder ob es an seinen schwindenden Kräften liegt. Er braucht wirklich etwas zu essen. Aber das geht jetzt nicht. Es ist nichts da. Er kann nicht einfach aufhören. Es führt kein Weg zurück, nachdem der erste Schnitt gemacht ist. So lautet das grausame Gesetz seiner Zunft. Er reißt sich zusammen und strengt sich mehr an. Noch immer hat der Patient Kraft genug, um laute, tierische Schreie auszustoßen. Der Herzmonitor stimmt mit ein, verleiht Ihnen noch mehr irremachende Dringlichkeit. Die Rückseite des Oberschenkels, nur wenige Zentimeter unterhalb des Gesäßes ist schwieriger zu erreichen. Der Operateur muss jetzt fast blind arbeiten und nur seine Erfahrung macht es möglich, dass er nicht einfach nur willkürliche Schnitte ausführt, sondern seinem Ziel Millimeter für Millimeter näher kommt. Der Operateur ist beinahe am Ende seiner Kräfte, als er den ersten Etappensieg erringt. Der Knochen. Er liegt endlich frei und noch ist die Menge von Blut, die austritt, überschaubar. Die Schwester und der Assistenzarzt loben ihn, ermutigen ihn aber sogleich, um Himmelswillen jetzt nicht aufzuhören. Der Operateur macht die Säge bereit, taucht sie erneut ein in den Alkohol, dann setzt er sie am Knochen an. Die desinfizierende Flüssigkeit brennt höllisch im Fleisch des Patienten, setzt die durchtrennten Nerven in Brand. Der Patient zuckt und windet sich. Die Schreie sind jetzt etwas leiser, aber der Herzmonitor scheint wie wahnsinnig zu brüllen. Die geschundene Kreatur zuckt erneut und der Operateur lässt sein Instrument fallen. Es kullert ein Stück über den von Blutspritzern bedeckten Boden. Die Assistenten halten den Patienten weiterhin fest, helfen dem Operateur nicht, es wieder aufzuheben. Dafür schreien sie ihn jetzt an. Sie schreien, dass er sich beeilen muss, dass er machen soll, dass er einfach machen soll, dass alles gut wird. Die Anstrengung, als er sich vorbeugt und nach der Säge greift, lässt ihn beinahe bewusstlos werden. Er kommt nicht ganz an sie heran, es fehlen wenige Millimeter. Er strengt sich noch mehr an, beugt sich zur Seite hin und flucht - und dann gelingt es ihm. Er bekommt die Säge zu greifen! Er muss das Fleisch erneut auseinanderziehen und jetzt schreit nicht nur der Patient, auch er, der Operateur, schreit und flucht und dann beginnt er zu sägen. Der Knochen ist dick an der Stelle kurz vor dem Kugelgelenk und wie die Klinge es war, ist auch das Sägeblatt nur kurz. Diese Geräusche! Oh, diese Geräusche! Hölzern, auf falsche Weise laut und doch fleischig und nass. Schlimmer als das Schreien, schlimmer als das inzwischen rasende Piepen des Herzmonitors. Die Hand des Operateurs wird schwächer und schwächer, im selben Maße wie er selbst den Mut zu verlieren droht. Wieder beginnen sie, auf ihn einzureden. Sie feuern ihn an und er bewegt methodisch und manisch zugleich die Hand mit dem Sägeblatt hin- und her, ignoriert die Schreie des Patienten. Sägt und sägt und sägt und sägt und dann - Dann ist es endlich geschafft. Der Operateur ist schweißgebadet und blutbespritzt, als der Oberschenkel nach unten hin wegklappt, nur noch von etwas Haut gehalten. Dem Operateur ist schlecht, gleichzeitig glaubt er zu Schweben. Hier ist nichts mehr mit Schweben, dabei will ich Schwimmen in Schweden. Er lacht hysterisch. Mit Mühe und zitternden Fingern hantiert er an seinem Instrument herum, macht die Schere bereit. Er ist nervös, fiebrig, er glaubt, er wird krank werden. Am Ende gelingt es ihm und er benutzt die Schere, um die Amputation zu vollenden, indem er die letzten nötigen Schnitte macht. Mit einem nassen Laut fällt der Oberschenkel herunter. Der Assistenzarzt und die Anästhesieschwester applaudieren laut und ausgelassen. Etwas von ihrer Freude strahlt auf das Gemüt des Operateurs ab und für eine Sekunde fühlt er sich euphorisch. Ja, er hat es geschafft. Er hat es hinbekommen. Er atmet die eisige Luft tief ein, kostet dieses simple Vergnügen aus bis zur Neige. Dann noch mal und noch mal. Er fühlt sich leicht, so als wäre eine schwere Last von ihm genommen worden. Die Anspannung fällt von ihm ab. Er will den Assistenzarzt und die Anästhesieschwester fragen, ob sie zur Feier des Tages etwas mit ihm essen gehen möchten, aber sie sind schon weg. Sie sind wirklich unermüdlich, diese Kinder, denkt er und greift nach dem Fleisch auf dem Boden. Als seine Finger den Oberschenkel berühren durchzuckt ihn ein jäher Gedanke. Hat der Assistenzarzt nicht etwas vergessen? Doch natürlich! Die Wunde muss ausgebrannt werden. Tut mir leid, mein Freund. Wir sind noch nicht ganz fertig. Der junge Assistenzarzt ist eben doch unzuverlässig. Langsam beugt der Operateur sich vor und versucht, die Zange zu fassen, um mit ihrer Hilfe das inzwischen glühend heiße Blech benutzen zu können. Er muss sich weit vorbeugen, über die Operationswunde des Patienten hinweg, und dann passiert es. Der so fest verdrillte Gurt löst sich plötzlich, die Stange, die er selbst vor ein paar Minuten noch zum Festziehen benutzt hatte, wird in Drehung versetzt und, noch bevor der Operateur sie zu fassen bekommt, wird sie nicht mehr vom Zug des Gurtes an Ort und Stelle gehalten. Mit einem metallischen Klappern fällt sie zu Boden, aber der Operateur hört es nicht mehr. Mit bloßen Händen versucht er panisch, das ausströmende, heiße und in der kalten Luft dampfende Blut im Körper des Patienten zu halten. Aber es rinnt unaufhaltsam und dunkelrot zwischen seinen Fingern hindurch und immer, wenn er die Position seiner Hände verändert, um den Druck besser aufrechterhalten zu können, schießen wieder und wieder große, rote Fontänen hervor. Ein Schwall von Flüssigkeit, wie wenn man mit einer Spritzpistole schießen würde. Er schreit nach dem Assistenzarzt und der Anästhesieschwester, brüllt ihre Vornamen, aber sie hören ihn wohl nicht. Sie sind anderswo. Sonst würden sie doch kommen, oder? Sonst würden sie doch kommen. Es wäre schön, wenn sie jetzt hier wären. Schön ... Der Herzmonitor wird immer leiser, und schließlich kann der Operateur ihn gar nicht mehr hören. ENDE Mehr von mir gibt es hier: https://www.youtube.com/channel/UC2-7wMH65EJPCJ6qyqAjSDQ https://www.amazon.de/Georg-Bruckmann/e/B00WXIR5D2/
In Folge #5 spreche ich mit Herrn Prof. Dr. Karl-Heinz Frosch über das herausfordernde Thema der Kreuzbandrevision nach einem erneut gerissenen vorderen Kreuzband. Prof. Dr. Karl-Heinz Frosch ist Chefarzt im Zentrum für operative Medizin und hat sich auf die Behandlung von Kniegelenken in komplexen Situationen spezialisiert. Wir besprechen in diesem Podcast Interview folgende spannenden Fragen: Welche Ursachen führen zu einem ausgeleierten oder gelockerten (lat. elongierten) vorderen Kreuzband? Was heißt in diesem Zusammenhang Kreuzband-Krank? Warum "Pech" eine unbefriedigende Erklärung für ein Transplantatversagen darstellt? Was hat das Seitenband oder auch das Anterolaterale Ligament (ALL) mit einem vorderen Kreuzbandriss zu tun? Welche Ursachen begünstigen eine Kreuzbandrevision? Weshalb bei einigen Patienten, nicht nur der vordere Kreuzbandriss, die Instabilität im Kniegelenk verursacht? Welche optimalen Voraussetzungen im Kniegelenk braucht der Operateur nach dem zweiten Kreuzbandriss? Wie ist die Stärke der Schmerzen nach dem ersten, zweiten oder dritten Kreuzbandriss? Merkt man den zweiten Kreuzbandriss immer? Möglichkeiten der Therapie, Behandlung und OP beim wiederholten Kreuzbandriss im gleichen Knie Darüber hinaus erklärt Prof. Dr. Karl-Heinz Frosch sehr verständlich die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten nach dem zweiten, dritten und sogar vierten Kreuzbandriss im gleichen Kniegelenk: Wie läuft eine vordere Kreuzbandrevision konkret ab? Was ist eine Spongiosaplastik? Gibt es Alternativen zu dem Verfahren? Sind Knieorthesen (engl. Brace) nach einem VKB-Riss immer notwendig? Wie läuft die Kreuzbandriss-Reha nach der Reruptur ab? Gibt es Unterschiede im Heilungsverlauf zwischen dem ersten und zweiten Riss im Kreuzband? Was passiert, wenn ein Fußballer zu früh auf den Platz zurückkehrt? Erneute Kreuzbandriss OP - "nur" unter Vorbehalt Ich möchte dir dieses aufschlussreiche Interview ganz besonders ans Herz legen, wenn sich deine Kreuzbandplastik: "einfach" ausgeleiert (elongiert) hat, ohne ersichtliches Trauma wieder reißt oder sich lockert, die Schmerzen im Knie nach der Kreuzband-OP einfach nicht nachlassen, das Kniegelenk weiterhin instabil ist oder langsam wieder locker wird, dein Arzt erneut operieren möchte, ohne vorher eine genaue Ursachenanalyse betrieben zu haben. Shownotes Folge #5 Im Folgenden findest du sämtliche Verweise, die wir in der Episode angesprochen haben: Tibialer Slope ist die Neigung des Schienbeinkopfes. Eine verstärkte Neigung des Schienbeinkopfplateus (lat. Tibiaplateaus) nach dorsal führt einem verstärkten Gleiten des Oberschenkels gegenüber dem Unterschenkel nach hinten und damit zu vermehrter Belastung des vorderen Kreuzbandes (VKB). O-Beinfehlstellung (Varus) oder X-Beinfehlstellungen (Valgus) Informationen zur Seitenbandverletzung im Knie Kontakt Prof. Dr. Karl-Heinz Frosch Präsident der deutschen Kniegesellschaft | Prof. Dr. Karl-Heinz Frosch Zentrum für Operative Medizin Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand-, und Wiederherstellungschirurgie, UKE Hamburg. Dr. Frosch ist außerdem Präsident der deutschen Kniegesellschaft. Weiterführende Blogartikel zum Thema Kreuzbandrevision Du möchtest vertiefende Informationen zum Thema: Vorderer Kreuzbandriss, Kreuzband-Heilung und OP-Techniken, dann checke folgende Beiträge: Die ausführliche Darstellung dieser Behandlungsmöglichkeiten sind Schwerpunkte folgender Beiträge: >> Heilung eines vorderen Kreuzbandes: Umbauprozess von der toten Sehne zur bandartigen Kreuzbandstruktur >> Mein eigener Erfahrungsbericht: Wieder ein Versagen einer Kreuzbandplastik
Boris E. Kaempfe ist Physiotherapeut in Hamburg Volksdorf (https://kaempfes.de). Boris hat mir schon ein paar mal mit seiner »Kunst« aus der Patsche geholfen. Als Beispiel sei meine Vorbereitung auf meine RKC 2 Zertifizierung genannt. Als ich durch das heftige Training so verspannt war, dass ich keine Leistung mehr bringen konnte. Boris geht auf den Unterschied zwischen einer Wohlfühlmassage und der Physiotherapie ein. Als ich mir die Innenseite des Oberschenkels gezerrt hatte, konnte Boris mir die Beweglichkeit wieder geben und die Schmerzen nehmen. Allerdings war die Behandlung halt nicht besonders angenehm. Früher hat man sich 14km pro Tag bewegt, heute kommt der Durchschnittsbürger nur noch auf 1,7km. Das führt auch dazu, dass die meisten Menschen sich nicht zu genug Bewegen und zu viel Sitzen. Boris geht auf eine aufrechte Haltung ein und auf das Gangbild eines Menschen und wie dieses beeinflusst werden kann. Einige Dinge kann man auch nicht »wegmassieren« z.B. fehlende Gliedmaßen. In diesen Fällen muss man sehen, wie man sich am besten mit den Gegebenheiten arrangiert. Boris betont die Notwendigkeit der Eingenverantwortung für seine Gesundheit. Wer körperlich nicht aktiv ist und zu viel isst, muss halt damit rechnen übergewichtig zu werden und ggf. unter Knie- und Rückenschmerzen leiden wird. Man sollte sich nicht nur Ziele im Beruf stecken, sondern auch für seinen Sport oder Leistungsfähigkeit. Einmal im Monat schwimmen, weil es einem gut tut ist ok, aber wenn man kann von dieser Frequenz keine Leistungssteigerung erwarten. Wer untrainiert ist wird auch durch kleine regelmäßige Bewegung einen positiven Effekt für sich feststellen können. Vor einem echten Training sollte der Körper erwärmt werden. Es ist auch zur Vorbereitung gut, wenn man mal ein paar Balance-Übungen mit geschlossenen Augen einstreut. Die visuelle Wahrnehmung ist für die Balance sehr entscheidend. Aber es findet eine bessere interne »Verdrahtung« im zentralen Nervensystem statt, wenn man die Übungen auch einmal mit geschlossenen Augen durchführt. Diese »Blind-Tests« sind auch gut für die Sturzprophylaxe im Alter. Gerade im Alter ist Training wichtig, da man so altersbedingte Inkontinenz vorbeugen kann. Vor dem Sport sollte man sich Aufwärmen, um Verletzungen vorzubeugen. Katzen und Hunde strecken sich auch nach dem Aufstehen, bevor diese loslaufen. Es bietet sich also an, die Zielübung erst ein paar mal mit sehr leichtem Gewicht durchzuspielen oder einfache Krabbelübungen mit einzubauen. Dazu sollte der Körper immer ausreichend mit Flüssigkeit versorgt werden, da alle chemischen Prozesse im Körper Wasser benötigen. Boris geht auf das Thema ein »um die Beschwerden« herum zu trainieren. Es kann hierfür nötig sein, dass man in extremen Fällen tatsächlich »stillhalten« muss (z.B. Beckenbruch). Mit statischer Muskelanspannung (Isometrische Übungen), kann man (unter fachkundiger Anleitung) Muskelabbau vorbeugen. Ein guter, sauberer Bewegungsablauf bewahrt vor Verletzungen im Training. Aber hier muss der Ablauf immer wieder überprüft werden, ob die Bewegungsqualität noch exakt ist, dies gilt auch für Profis. Durch zu hartes Training, kann die Leistung absinken. Dann kann es Zeit für eine Pause sein, oder es kann ggf. auch angebracht sein zum Physiotherapeut seiner Wahl zu gehen. Boris hat ein paar Anregungen über Lebensweise und Motivation, über die man nachdenken sollte. Es kann gut sein, dass Ihr schon den einen oder andern dieser Punkte in Euer Leben integriert habt, oder eventuell einbauen wollt. Falls Du Kettlebells brauchst, würde es der Show helfen, wenn Du diese über unseren Affiliate-Link ( http://www.kettlebellshop.de/?acc=182be0c5cdcd5072bb1864cdee4d3d6e ) kaufst. Da gibt es die die qualitativ besten Kettlebells, direkt vom Generalimporteur . Wenn Du mit dem Kettlebell Training anfangen willst, suche Dir unbedingt einen RKC Trainer in Deiner Nähe. Spare nicht am falschen Ende. Was nützt Dir ein Porsche, wenn Du einfach nicht Autofahren kannst.
Carlotta zeigt uns eine Variation des Heldendreiecks. Bei dieser Variation von Vira Bhadrasana wird die Ferse des gestreckten Beines vom Boden abgehoben. Der Oberkörper neigt sich Richtung Oberschenkel zum angewinkelten Bein. Versuche die Hände unterhalb des Oberschenkels zusammen zu führen. Die Übung bewirkt eine gute seitliche Dehnung und Drehung der Wirbelsäule. Die Übung entwickelt körperliche Kraft und Durchhaltevermögen. Sie erdet, stärkt und harmonisiert. Auch ist die Übung empfehlenswert bei Vata Störungen. Vira Bhadrasana zählt zu den 84 Hauptasanas unserer Tradition. Übe diese z.B. in einem Asana Intensivseminar: https://www.yoga-vidya.de/seminare/titel/asana-intensiv.html . Mehr Infos zum Heldendreieck: http://www.yoga-vidya.de/de/asana/held.html#Heldendreieck oder unter http://wiki.yoga-vidya.de/Trikonasana . Besuche ein Seminar das Asanas als Schwerpunkt zum Thema hat - https://www.yoga-vidya.de/seminare/interessengebiet/asanas-als-besonderer-schwerpunkt.html . Die Übung kann jederzeit im Alltag ausgeführt werden! Probiere es aus. Erlebe und erfahre mehr über Yoga bei Yoga Vidya - http://www.yoga-vidya.de/
Carlotta zeigt uns eine Variation des Heldendreiecks. Bei dieser Variation von Vira Bhadrasana wird die Ferse des gestreckten Beines vom Boden abgehoben. Der Oberkörper neigt sich Richtung Oberschenkel zum angewinkelten Bein. Versuche die Hände unterhalb des Oberschenkels zusammen zu führen. Die Übung bewirkt eine gute seitliche Dehnung und Drehung der Wirbelsäule. Die Übung entwickelt körperliche Kraft und Durchhaltevermögen. Sie erdet, stärkt und harmonisiert. Auch ist die Übung empfehlenswert bei Vata Störungen. Vira Bhadrasana zählt zu den 84 Hauptasanas unserer Tradition. Übe diese z.B. in einem Asana Intensivseminar: https://www.yoga-vidya.de/seminare/titel/asana-intensiv.html . Mehr Infos zum Heldendreieck: http://www.yoga-vidya.de/de/asana/held.html#Heldendreieck oder unter http://wiki.yoga-vidya.de/Trikonasana . Besuche ein Seminar das Asanas als Schwerpunkt zum Thema hat - https://www.yoga-vidya.de/seminare/interessengebiet/asanas-als-besonderer-schwerpunkt.html . Die Übung kann jederzeit im Alltag ausgeführt werden! Probiere es aus. Erlebe und erfahre mehr über Yoga bei Yoga Vidya - http://www.yoga-vidya.de/
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 07/19
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Analyse der Beingeometrie in der Frontalebene. Gegenübergestellt und statistisch ausgewertet wurden Daten, die aus konventionellen langen Röntgenstandbeinaufnahmen (LRS) und digitalen Übersichtsbildern der Computertomographie (Topogramme) gewonnen wurden. Neben der Darstellung des aktuellen Standes der derzeit praktizierten Technik auf dem Gebiet der Beingeometrieanalyse war es das Ziel, sowohl die Unterschiede als auch die Gemeinsamkeiten der hierbei gewonnenen Analyseergebnisse aufzuzeigen und die Vor- und Nachteile entsprechend zu diskutieren. Hierzu wurde sowohl eine prospektive als auch eine retrospektive Studie durchgeführt; um zu beurteilen, welche Vorteile die CT-Topogramme zur Messung der Beingeometrie mit sich bringen. Konventionelle lange Beinaufnahmen im Stehen sind zur Winkel- und Längenmessung wesentlicher Bestandteil einer orthopädischen Beurteilung der unteren Extremität. Eine gute Qualität einer LRS zeigt sich in einer weitgehend gleichmäßigen Belichtung über die gesamte Aufnahme sowie einer vollständigen Abbildung des Beines inklusive des Beckengürtels, gegebenenfalls zusätzlich mit Anteilen der Lendenwirbelsäule. Die Durchführung der Standbeinaufnahme ist durch die umständliche Positionierung des Patienten, mit Ausrichtung der Beinachse und dem Ausgleich eventueller Beinlängendifferenzen auf der entsprechenden Standapparatur, aufwendig und damit entsprechend fehlerträchtig. Hinzu kommt, dass die Ausrichtung des Beines in der Sagitalebene durch ventrale Positionierung der Patella umstritten ist, da sie als Sesambein nicht ausreichend valide erscheint. Im CT könnte sich die Ausrichtung des Beines relativ leicht an der Kondylenhinterkante und damit an einer funktionell wichtigen Gelenkstruktur orientieren. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich ausführlich mit den Konsequenzen, die sich daraus ergeben würden und versucht die klinisch relevante Frage zu beantworten, ob die CT-Diagnostik die LRS abzulösen vermag. Hierzu wurden folgende Fragestellungen untersucht: Wie stellt sich die Beingeometrie in der Frontalebene einerseits in der LRS und andererseits im CT-Topogramm jeweils bei ventral ausgerichteter Patella dar? Welche Voraussetzungen sind erforderlich, um das Bein anhand einer anatomischen Struktur reproduzierbar im CT auszurichten? Wie stellt sich die Beingeometrie dar, wenn die Kondylenhinterkante parallel zur Frontalebene ausgerichtet wird? Welche Unterschiede ergeben sich im direkten Vergleich zwischen der LRS mit mittig zentrierter Patella und dem CT-Topogramm mit parallel zur Frontalebene ausgerichteter Kondylenhinterkante? Bei ventral ausgerichteter Patella zeigen beide Untersuchungsverfahren hinsichtlich der Gelenkwinkel und des Verlaufs der Mikulicz-Linie keine signifikanten Unterschiede. Die P-Werte der fünf analysierten Gelenkwinkel stellten sich wie folgt da: für den CCD-Winkel 0,2968, für den aLDFW 0,8272, für den mLDFW 0,5315, für den MPTW 0,2451 und für den LDTW 0,1219. Bei der konventionellen Aufnahmetechnik kommt es hinsichtlich der Länge zu einem projektionsbedingten Vergrößerungseffekt im Bereich des Oberschenkels von 5,0 - 9,7 %, des Unterschenkels von 2,8 - 7,1 % und bezogen auf die Gesamtbeinlänge von 4,8 - 8,2 % im Vergleich zu den als real definierten Daten aus dem CT. Zur Ausrichtung des Beines im CT wurde eine spezielle Auflage für den CT-Tisch konstruiert und gebaut, die über Halterungsgurte und Schulterhalterungen sowie auf die individuelle Körpergröße anpassbare Fußschlitten verfügt. Die Fußschlitten sind entsprechend der Körpergröße auf der Auflage zu positionieren und mittels einer Spindel kann eine Feineinstellung vorgenommen werden. Um eine beidseitig gleich starke Belastung zu erreichen, sind an den Fußschlitten Druckmesser angebracht. Die Rotationsstellung der Beine lässt sich mittels einer Drehvorrichtung an diesen Fußschlitten gradgenau einstellen. Im Rahmen dieser Studie konnten in einem ersten Testdurchgang an 52 in die Studie eingehenden Patienten in über 50% der Fälle die Kondylenhinterkante auf 2° genau eingestellt werden. In einem Intervall von 5° Abweichung von der Horizontalen lagen 80% der Ergebnisse. Die Ausrichtung der Kondylenhinterkante parallel zur Frontalebene zeigte im Vergleich zur LRS mit mittig zentrierter Patella signifikante Unterschiede bei der Vermessung der Mikulicz-Linie (P-Wert: 0,0001), dem CCD-Winkel (P-Wert: 0,0004), dem mLDFW (P-Wert: 0,0019) und dem LDTW (P-Wert: 0,0006). Der aLDFW und der MPTW sind im Ergebnis weniger abhängig von der Drehung des Beines und deren P-Werte waren nicht signifikant unterschiedlich (P-Wert von aLDFW: 0,0600, P-Wert von MPTW: 0,3612). Die Ergebnisse der Beinlängenmessung verhielten sich entsprechend der Untersuchung bei ventral ausgerichteter Patella. Vorliegende Arbeit zeigt das Potential des CT-Topogramms zur Analyse der Beingeometrie. Die Vorteile des CT liegen einerseits in der gleichmäßigen guten Belichtung über den gesamten Bereich, auch der problematischen Beckenregion. Zudem entfallen Belichtungssprünge an den Film- bzw. Folienübergängen sowie das Fehlerpotential fehlerhaft zusammengesetzter Einzelbilder. Die Arbeit zeigt, dass es möglich ist, die Beinachse mit der neu konstruierten Vorrichtung an anatomisch relevanten Strukturen auszurichten und so im CT reproduzierbare Projektionen zu erhalten. Die Ausrichtung der Kondylenhinterkante parallel zur Frontalebene zeigt jedoch aufgrund der vermehrten Außenrotation des Sprunggelenks keine Vorteile. Es bleibt einer weiteren Studie vorbehalten, ob sich durch andere Einstellkriterien, z.B. 15°-Außenrotation diesbezüglich neue Erkenntnisse ergeben. Die Vorteile der Darstellung beider Beine zusammen mit der Wirbelsäule im aufrechten Stand unter Belastung, ggf. mit Ausgleich einer Beinlängendifferenz in der LRS mit ventral ausgerichteter Patella, überwiegen die dargestellten Nachteile dieser Aufnahmetechnik, so dass bis auf Weiteres die LRS für die standardmäßige Darstellung der Beingeometrie, bei Anhalt für Torsionsfehler ergänzt durch CT-Transversalschnitte, Goldstandard bleiben sollte.