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Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 09/19
Der akute Myokardinfarkt ist eine der häufigsten Diagnosen in den industrialisierten Ländern. In der Regel kommt es zu einem thrombotischen Verschluss einer Koro-nararterie. Die rasche Revaskularisierung und die dadurch erhoffte Reduktion des in-farzierten Areals ist die wichtigste therapeutische Maßnahme zur Rettung des ischämischen Myokards und zur Senkung der Morbidität und Mortalität. Nach der plötzlichen Reperfusion des postischämischen Gewebes kommt es zu einem soge-nannten myokardialen Ischämie/Reperfusionsschaden, der sich als Endothel- und Myozytenschädigung ausbildet. Folge von rascher Reoxygenierung sind u. a. eine gesteigerte inflammatorische Re-aktion und in diesem Rahmen eine gesteigerte Einwanderung von Leukozyten in das ischämische Areal. Die Rolle der Thrombozyten für die postischämische Leukozyten-rekrutierung war bisher unklar. In unserer Studie wurden Wildtyp- (WT), P-Selektin- und ICAM-1/P-Selektin-defiziente Mäuse einer 20-minütigen LAD-Okklusion unterzogen, gefolgt von 15 Mi-nuten Reperfusion, um den Effekt der Interaktion zwischen Endothel, Leukozyten und Thrombozyten und den Einfluss auf den frühen Reperfusionsschaden zu unter-suchen. Anschließend wurden die Herzen ex vivo fluoreszenzmikroskopisch bzw. mittels LV-Druckmessung im isolierten Herzen analysiert. Zur Analyse der Zell-Zell-Interaktion wurden zu Beginn der Reperfusion zirkulierende Leukozyten mit Rhoda-min G6 gefärbt bzw. 2x108 BCECF-AM- oder Rhodamin G6-gefärbte homologe oder heterologe Thrombozyten systemisch infundiert. In P-Selektin-defizienten Tieren war die Verminderung der Leukozytenrekrutierung (Abb. 11) und die Bildung der Leukozyten/Thrombozyten-Co-Aggregate (Abb. 12 sowie die Reduktion des postischämischen linksventrikulären Funktionsverlustes (Tabelle 5) moderat. Dieser Effekt wurde durch die zusätzliche Abwesenheit von ICAM-1 verstärkt (Abb. 11, Abb. 12, Tabelle 5). Die Adhäsion von Plättchen war nicht beeinflusst (Abb. 13). Die Inhibition der Thrombozytenadhäsion mittels Tirofiban, ei-nem GPIIb/IIIa-Inhibitor (Abb. 14), reduzierte die Leukozytenadhäsion und die links-ventrikuläre Dysfunktion (Abb. 15, Tabelle 5). Während in ICAM-1/P-Selektin-defizienten Herzen die direkte Rekrutierung von Leukozyten stark eingeschränkt war, konnte diese durch die Infusion von Wildtyp-Plättchen nahezu vollständig wiederher-gestellt werden. Die Inhibition der Plättchenadhäsion durch die zusätzliche Gabe von Tirofiban konnte diesen Effekt wieder aufheben (Abb. 19). Unsere Experimente de-monstrieren erstmals die Rolle des thrombozytären P-Selektins und des ß3-Integrins GPIIb/IIIa als redundanten Rekrutierungsmechanismus für die thrombozyten-vermittelte postischämische Leukozytenrekrutierung in vivo. Über diesen redundanten Mechanismus tragen Thrombozyten indirekt zum Reperfu-sionsschaden bei, indem sie die postischämische Leukozytenadhäsion verstärken. Diese thrombozyten-vermittelte Leukozytenadhäsion benötigt P-Selektin-suffiziente Plättchen, nicht jedoch endotheliales P-Selektin. Die Antagonisierung von GPIIb/IIIa, die in Patienten effektiv ist für die Thrombolysehandlung31, PTCA177 und Stent-Implantation10, 149, 203, inhibiert sowohl die Plättchenadhäsion als auch thrombozyten-vermittelte Leukozytenrekrutierung. Im experimentellen Modell der akuten myokardialen Ischämie und Reperfusion zeigte die GPIIb/IIIa-Antagonisierung eine protektive Wirkung über die Plättchen-Inhibition hinaus, in dem sie den durch plättchen-vermittelte Leukozytenrekrutierung induzier-ten akuten Reperfusionsschaden reduzierte. In einem weiteren Schritt wurde ein chronisches Mausmodell der myokardialen Ischämie und Reperfusion etabliert, um die Auswirkungen einer reduzierten Leukozy-tenadhäsion auf den chronischen postischämischen Reperfusionsschaden zu unter-suchen und mit alternativen Behandlungsmethoden zu vergleichen. WT-Tiere und ICAM-1-defiziente Tiere wurden einer einstündigen LAD-Okklusion unterzogen, ge-folgt von 14 Tagen Reperfusion. Anschließend wurde die linksventrikuläre Funktion mittels invasiver Millar-Tip Kathetermessung analysiert. 24 Stunden nach Ischämie wurden 3*106 in vitro expandierte embryonale EPC (eEPC) systemisch in WT-Tiere oder ICAM-1-defiziente Tiere infundiert. In zwei weiteren WT-Gruppen wurden auto-loge Progenitorzellen und mononukleäre Zellen aus dem Knochenmark mobilisiert mittels Gabe von 0,5µg GM-CSF 7 Tage vor Ischämie bzw. direkt postischämisch. In den ICAM-1-defizienten Tieren war der postischämische Funktionsverlust im Ver-gleich zu den WT-Kontrollen etwa im gleichen Maß verringert wie bei den eEPC-behandelten Tieren (Abb. 22 Abb. 23, Abb. 24). Unter reduzierter Leukozytenredukti-on in den ICAM-1-defizienten Tieren zeigte sich ein zusätzlicher benefizieller Effekt durch die Behandlung mit eEPCs (Abb. 22 Abb. 23, Abb. 24). DiI-markierte eEPCs konnten histologisch im Infarkt-Areal in enger Nachbarschaft mit Blutgefäßen nach-gewiesen werden (Abb. 28). Die Adhäsion von Leukozyten und der damit verbundene leukozyten-assozierte Re-perfusionsschaden ist durch die Defizienz von ICAM-1 auch im chronischen Ischä-mie/Reperfusionsmodell vermindert. Embryonale EPCs sind in der Lage in ischämisches Areal einzuwandern, zu inkorpo-rieren und protektiv auf die postischämische Funktion zu wirken. Sie können so über einen längeren Zeitraum als Quelle für parakrine, angiogenese-fördernde, humorale Aktivatoren wie z. B. Thymosin-ß4 den Remodellingprozess unterstützen und führen somit zu einer verbesserten postischämischen Funktion. Die Adhäsion von embryonalen EPCs scheint dagegen unabhängig von ICAM-1 zu sein. Hier spielen Selektine211, 1-Integrine57, 141 und indirekt auch Thrombozyten118 eine wesentliche Rolle. Die präischämische Mobilisation von hämatopoetischen Progenitorzellen aus dem Knochenmark mittels GM-CSF hatte in unserem Modell eine vergleichbar protektive Wirkung wie die eEPC-Behandlung oder die Antagonisierung der Leukozytenadhäsi-on durch ICAM-1-Defizienz, während die postischämische Applikation den posti-schämischen Funktionsverlust nicht verbesserte (Abb. 25, Abb. 26, Abb. 27). Die Zytokin-Applikation zeigte bei rechtzeitiger Applikation vor Beginn der Ischämie eine protektive Wirkung. Dieses Protokoll ist allerdings nicht in der Klinik anwendbar. In weiteren Studien wird es notwendig sein, den optimalen Zeitpunkt und die optima-le Dosis zu evaluieren und mögliche Co-Applikation, z. B. Stromal-Cell-Derived-Factor-1, zur Verbesserung der Rekrutierung und zur Effizienzsteigerung zu untersu-chen, um knochenmark-stimulierende Zytokine als erfolgversprechende Behand-lungsalternativen im akuten Koronarsyndrom am Menschen einsetzen zu können.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 09/19
Atheromatöse Plaques sind vulnerabel, und deren Ruptur kann die Bildung gefäßverschließender plättchen- und fibrinreicher Thromben induzieren, welche akute Myokardinfarkte und ischämische Schlaganfälle verursachen können. Bisher geht man davon aus, dass der Plaque-„tissue factor“ als Aktivator der extrinsischen Blutgerinnung und Stimulator der Thrombin-vermittelten Plättchenaktivierung und Aggregation die bedeutendste prothrombogene Substanz atheromatöser Läsionen darstellt. Zu Beginn dieser Arbeit war nicht geklärt, ob und wie das lipidreiche atherosklerotische Plaquematerial auch direkt mit den Thrombozyten im Blut interagieren und auf diese Weise die Bildung eines gefäßverschließenden Plättchenthrombus induzieren kann. Die atheromatösen Läsionen von mehr als 60 verschiedenen Patienten mit Karotisstenose wurden mittels Endarterektomie isoliert und Kollagen Typ I- und Kollagen Typ III-positive, morphologisch äußerst heterogene Strukturen in den Plaques identifiziert, welche direkt die Adhäsion, Sekretion und Aggregation von Plättchen in Puffer, Plasma und Blut stimulierten. Darüber hinaus lösten die Plaques auch die Bildung von Thrombozyten-Monozyten-Aggregaten sowie eine plättchenbeschleunigte Fibrinbildung und Gerinnung aus. Unter arteriellen Flussbedingungen induzierten die kollagenpositiven Komponenten des Plaquematerials die Adhäsion, das Ausbreiten und die Aggregatbildung der Thrombozyten. Die Plaque-stimulierte Plättchenaggregatbildung erfolgte sehr rasch (< 5 min) und wurde in Hirudin-antikoaguliertem Blut beobachtet, was darauf schließen lässt, dass diese direkt und unabhängig von der Plaque-„tissue factor“-vermittelten Koagulation erfolgte und sehr wahrscheinlich für die initiale und schnelle Thrombusbildung nach einer Plaqueruptur in vivo von Bedeutung ist. Sowohl die Ergebnisse mit humanen, als auch mit murinen Blutplättchen wiesen auf eine essentielle Rolle morphologisch diverser Kollagen Typ I- und Kollagen Typ III-positiver Plaquestrukturen und des thrombozytären Kollagenrezeptors GPVI bei der durch atheromatöse Läsionen stimulierten Plättchenformveränderung, Adhäsion, Ausbreitung, Sekretion und Aggregation im statischen System und unter arteriellen Flussbedingungen hin. Der zweite bedeutende thrombozytäre Kollagenrezeptor, das Integrin α2β1, schien hingegen nicht an der durch die atheromatösen Läsionen hervorgerufenen Plättchenadhäsion und Aggregation im statischen System und unter Fluss beteiligt zu sein. Diese Beobachtungen führten zur Annahme, dass die Verabreichung von z. B. spezifischen anti-GPVI-Antikörpern oder löslichem GPVI-Protein, welche die Interaktion des thrombozytären GPVI-Rezeptors mit dessen Liganden im Plaquegewebe (Kollagen Typ I/Typ III) inhibieren, viel versprechende neue und effektive antithrombotische Strategien zur frühen Prävention kardio- und cerebrovaskulärer Gefäßverschlüsse darstellen könnten. Der thrombozytäre VWF-Rezeptor GPIbα war weder im gerührten System, noch unter Fluss mit niedrigeren Scherraten von 500 s-1 von Bedeutung für die durch atheromatöse Plaques induzierte Plättchenaggregation im Blut. Unter arteriellen Flussbedingungen mit höheren Scherraten von 1500 s-1 allerdings resultierte die Blockade von GPIbα in einer starken Reduktion (77±5%) der Plaque-stimulierten Thrombozytenadhäsion und Aggregatbildung. Dies lässt darauf schließen, dass unter diesen Strömungebedingungen auch die Interaktion des VWF mit dem Plättchen-GPIbα-Rezeptor eine wichtige Rolle für die Thrombusbildung nach Plaqueruptur spielt. Sowohl die ADP-Rezeptor-Antagonisten MRS2179 (P2Y1-Antagonist) und AR-C69931MX (P2Y12-Antagonist), als auch Aspirin® konnten die Plaque-vermittelte Thrombozytenaggregation in gerührtem PRP und Blut signifikant verringern, wobei die Kombination aller drei Plättchenhemmer am effektivsten wirkte und die Plaque-induzierte Aggregation vollständig inhibierte. Unter arteriellem Fluss (Scherraten: 1500 s-1) wirkten MRS1279, AR-C69931MX sowie deren Kombination allerdings deutlich weniger effizient als im statischen System und reduzierten die Plaque-stimulierte Plättchenaggregatbildung nur um 35±14%, 32±13% und 58±12%. Überraschender Weise führte die Zugabe von Aspirin® unter Fluss zu keiner signifikanten Reduktion der Plaque-induzierten Thrombozytenaggregatbildung. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass ADP-Rezeptor-Antagonisten sowie Aspirin® die Bildung eines gefäßverschließenden Thrombus nach Plaqueruptur eher ineffizient hemmen dürften. Die atheromatösen Plaquehomogenate verschiedener Patienten wiesen unterschiedliche thrombozytenaktivierende Eigenschaften auf, welche weder auf deren variierenden Gehalt an löslichem Kollagen, noch auf die unterschiedliche Morphologie der Kollagen Typ I- und Kollagen Typ III-positiven Plaquekomponenten zurückgeführt werden konnte. Weiterhin verhielt sich sowohl fibrilläres als auch lösliches Kollagen Typ I und Kollagen Typ III anders als das Plaquematerial bezüglich der Plättchenaggregation im PRP. Die Bindung des thrombozytären GPVI-Rezeptors an das Plaquematerial stellte die Voraussetzung für die Plättchenaktivierung der Plaques dar, wobei jedoch keine eindeutige positive Korrelation zwischen der GPVI-Bindung und der Aktivität der atheromatösen Läsionen verschiedener Patienten hergestellt werden konnte. Der Grund für die unterschiedliche Thrombozytenaktivierung induziert durch das Plaquematerial verschiedener Patienten bleibt letztlich also unklar. Die weitere Erforschung möglicher Ursachen für die unterschiedlichen plättchenaktivierenden Eigenschaften der lipidreichen atheromatösen Läsionen verschiedener Patienten stellt eine interessante und vor allem klinisch relevante zukünftige Fragestellung dar.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 05/19
1. Fragestellung: Die Fragestellung der vorliegenden Arbeit war zum einen die Untersuchung des tatsächlichen Einflusses verschiedener nicht steroidaler Antiphlogistika auf die Thrombozytenfunktion und zum anderen der Vergleich der hier angewandten Methoden hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit und Praktikabilität im klinischen Alltag. Während die Thrombozytenaggregationshemmung für Acetylsalicylsäure schon lange bekannt ist, sind Daten oder Aussagen zu einer Reihe von anderen Analgetika nach wie vor unklar. Diese Fragestellung interessierte uns insbesondere vor dem Hintergrund der onkologischen und hämatologischen Patienten, bei denen häufig eine krankheits- oder medikamentenbedingte Thrombozytopenie besteht, und die andererseits häufig auf schmerzstillende oder fiebersenkende Medikamente angewiesen sind. Ausserdem sollte die Dauer einer Thrombozytenfunktionsstörung nach Einnahme von NSAIDs untersucht werden. 2. Methoden Wir untersuchten 5 nichtsteroidale Antiphlogistika an gesunden Probanden. Die Medikamente waren ASS, Ibuprofen, Paracetamol, Diclofenac und der selektive COX-2 Hemmer Rofecoxib. Zunächst wurde an Tag 0 die Thrombozytenfunktion der Probanden ohne Einfluss eines Medikamentes gemessen. An Tag 1, 2 und 3 nahmen die Probanden eines der genannten Medikamente ein. An Tag 4, 5 und 6 wurde die Thrombozytenfunktion im Verlauf gemessen. Die angewandten Methoden waren die Durchflusszytometrie, die Aggregometrie, die Thrombelastographie und der Platelet function Analyser -100. Die Durchflusszytometrie ermöglicht Aussagen über die Plättchengröße, die Plättchengranularität und Glykoproteinexpression an der Oberfläche der Thrombozyten. Die Aggregometrie erlaubt Aussagen über das Aggregationsverhalten der Thrombozyten nach Stimulation durch ADP oder Kollagen. Die Thrombelastographie ist in der Lage, die Geschwindigkeit der plasmatischen Gerinnung, der Koagelbildung und die Festigkeit des Blutgerinnsels zu messen. Der PFA-100 ist ein Analysesystem, das den Prozess der Thrombozytenadhäsion und Thrombozytenaggregation nach einer Gefäßverletzung simuliert. Sozusagen eine Messung der Blutungszeit in vitro, die das Erkennen von ererbten, erworbenen oder durch Thrombozytenaggregationshemmer induzierte Thromozytenfunktionsstörungen ermöglicht. 3. Ergebnisse In der Durchflusszytometrie zeigte sich nach der Einnahme von ASS, Ibuprofen und Diclofenac eine vermehrte Expression von P-Selektin an der Oberfläche der Thrombozyten. Die Expression des Glykoproteins GPIIb/IIIa war überraschenderweise nach Einnahme von Rofecoxib statistisch signifikant vermindert. Bei der Untersuchung der Blutungszeit in vitro mit dem PFA-100 fanden sich statistisch signifikante Verlängerungen der Blutungszeit nach Einnahme von ASS, Ibuprofen und Diclofenac. Paracetamol und Rofecoxib nahmen keinen Einfluss auf die Blutungszeit. In der Aggregometrie ließ sich nur nach Einnahme von ASS ein signifikanter Einfluss auf die Menge der benötigten, die Aggregation auslösenden, Stimulantia nachweisen. Die weiteren Medikamente hatten keinen Einfluss. In der Thrombelastographie zeigte sich eine Verlängerung der plasmatischen Gerinnung nach Einnahme von ASS, Diclofenac und Rofecoxib. 4. Zusammenfassung Im Vergleich der hier angewandten Methoden stellte sich heraus, dass im klinischen Alltag der PFA-100 und die Aggregometrie als wegweisende Methoden für die Entdeckung eventueller Gerinnungsstörungen nach Einnahme von NSAIDs als Methoden der Wahl anzusehen sind. Die Thrombelastographie ist aufgrund der Dauer bis zu einem Ergebnis zu langsam und aus den Veränderungen in der Durchflusszytometrie lassen sich nicht zwangsläufig Thrombozytenfunktionsstörungen ableiten, die zu veränderten Blutungsneigungen führen können. Außerdem ist die Durchflusszytometrie auch die aufwendigste und teuerste der hier durchgeführten Methoden. In der Zusammenschau ist also dem PFA-100, und in zweiter Linie der Aggregometrie, der Vorzug in der Untersuchung der Throm-bozytenfunktion - nach Einnahme von NSAIDs - hinsichtlich einer Aussage über die Blutungsgefahr zu geben. Von den untersuchten Medikamenten hatte der selektive COX-2 Inhibitor Rofecoxib und das nicht steroidale Antiphlogistikum Paracetamol den geringsten Einfluss auf die Thrombozytenfunktion. Eine Empfehlung zur Schmerztherapie bzw. fiebersenkenden Therapie bei blutungsgefährdeten Patienten geht also zum Einsatz von Paracetamol oder einem Medikament aus der Gruppe der COX-2 Inhibitoren.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/07
Im Rahmen des Wissenszuwachses der molekularen Pathophysiologie des Myokardinfarktes konnte in der Vergangenheit gezeigt werden, dass ein Zusammenhang zwischen Thrombozytenadhäsion an freiliegendes Kollagen der Gefäßwand, Thrombozytenaktivierung mit daraus resultierender Thrombembolisierung und schließlich Ausdehnung des durch die Ischämie geschädigten Bereiches besteht. GPVI wird in der aktuellen Literatur als der wesentliche thrombozytäre Oberflächenrezeptor für Kollagen beschrieben: durch die initiale Adhäsion über GPVI kommt es zur Thrombozytenaktivierung und zur Thrombusbildung. Das Ziel dieser Studie war es zum einen, erstmals in einem murinen Ischämie-Reperfusions-Modell den Einfluss des GPVI auf das Infarktgeschehen am Myokard zu untersuchen. Weiterhin sollte der therapeutische Nutzen des soluble GPVI-Fc, einer löslichen klonierten Form des GPVI-Rezeptors, für die Therapie und Prophylaxe eines Myokardinfarktes im Tiermodell geprüft werden. Dazu wurde je einer Gruppe von 10 männlichen Mäusen des Stammes C57Bl/6J mit einen Körpergewicht von 20 bis 30 g eine Stunde prae-interventionell (intravenös) und 12 h (intraperitoneal) nach der künstlich hervorgerufenen Ischämie 100 µg soluble GPVI-Fc bzw. Kontroll-Fc appliziert. Sodann wurden die Tiere mit MMF und zur Erhaltung mit Isofluran anästhesiert. Nach intratrachealer Intubation und lateraler inter-kostaler Thorakotomie im 4. Interkostalraum erhielten beide Gruppen für 30 Minuten eine partielle Myokardischämie durch vollständige Ligatur der linken Koronararterie. Nach 24 Stunden anschließender Reperfusionsphase wurden die Tiere erneut anästhesiert, euthanasiert und die Herzen entnommen. Diese wurden mit 2,3,5-Triphenyltetrazolium-Chlorid (TTC) und Evansblue so gefärbt, dass Area at risk (AAR), Infarkt (I) und Area not at risk (AnAR) unterschieden werden können. Anschließend wurden die Herzen geschnitten und die ca. 1mm starken Schnitte photographiert, um die Infarktgröße planimetrisch zu bestimmen. Außerdem wurde die Herzfunktion beider Gruppen prae- und postoperativ echokardiographisch untersucht. Trotz gleichgroßer Area at risk beider Gruppen konnte in der Soluble-GPVI-Fc-Gruppe die planimetrisch ermittelte Infarktgröße I/AAR (16,17±11,31%) gegenüber der Fc-Kontrollgruppe (31,12 ±13 %) signifikant (Signifikanzniveau p=0,019) reduziert werden. Bei der Echokardiographie war allerdings kein signifikanter Unterschied in der Herzfunktion beider Gruppen festzustellen. Die in dieser Studie erreichte Reduktion der Infarktgröße durch die beschriebene Intervention zeigt erstmals die Möglichkeit eines therapeutischen Nutzens für soluble GPVI-Fc durch Blockade der initialen Thrombozytenadhäsion und Aktivierung der Thrombozyten für die Prävention und Behandlung des Myokardinfarktes auf.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/07
Thrombozyten spielen eine wichtige Rolle bei thrombembolischen Komplikationen der späten Atherosklerose. Ruptur und Erosionen fortgeschrittener Läsionen führen zu einer Aktivierung von Thrombozyten, Aggregation und Thrombusformation und lösen akutes Koronarsyndrom, Herzinfarkt oder Schlaganfall aus. Es bleibt jedoch zu zeigen, welche Rolle Thrombozyten in der initialen Phase der Atherosklerose einnehmen. Der inflammatorische Prozess der Atherogenese beginnt mit einer Dysfunktion des Endothels. Thrombozyten können so an Endothelzellen adhärieren und nach Aktivierung proinflammatorische Substanzen, wie Zytokine, Chemokine und Wachstumsfaktoren, in das Mikromilieu abgeben. Diese Stoffe regen Endothelzellen und glatte Muskelzellen zur Expression von Adhäsionsmolekülen und Chemokinen an und induzieren einen inflammatorischen, endothelialen Phänotyp, der die konsekutive Rekrutierung von Monozyten begünstigt. Eine sehr früh im Rahmen der Atherogenese stattfindende Thrombozytenadhäsion könnte damit wesentlich an der Initiierung und Aufrechterhaltung des chronisch-inflammatorischen Prozesses der Atherosklerose beteiligt sein. Um dies belegen zu können, wurden Versuche an ApoE-/--Mäusen durchgeführt, die zusätzlich eine Defizienz der αIIb-Kette des GPIIb-IIIa-Rezeptors aufweisen. Der GPIIb-IIIa-Komplex ist ein ausschließlich thrombozytäres Membranglykoprotein, das die feste Adhäsion von Thrombozyten an Endothelzellen vermittelt. Es gelang der Nachweis, dass Thrombozyten von GPIIb-/-ApoE-/--Mäusen, im Gegensatz zu ApoE-/--Mäusen, am Endothel atherosklerotischer Prädilektionsstellen nicht adhärieren können. Die Defizienz des GPIIb-IIIa-Rezeptors führte zu einer drastischen Verminderung der atherosklerotischen Läsionen. Die vorliegende Arbeit zeigt damit erstmals, dass Blutplättchen maßgeblich an der Initiierung der Atherosklerose beteiligt sind und identifiziert den GPIIb-IIIa-Rezeptor als bedeutenden Mediator der thrombozytären, proinflammatorischen Mechanismen. Die Erkenntnis der pathophysiologischen Relevanz der Blutplättchen in der frühen Atherosklerose könnte die Grundlage für die Entwicklung neuer, therapeutischer Strategien darstellen.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/19
96 Der hepatische Ischämie-Reperfusionsschaden stellt ein relevantes klinisches Problem nach Lebertransplantation und Leberteilresektion sowie nach hämorrhagischem Schock dar. Es gibt zunehmend Hinweise darauf, daß Thrombozyten an der Ausbildung des hepatischen Ischämie-Reperfusionsschadens beteiligt sind. Bislang liegt jedoch keine Studie vor, in welcher die Mechanismen der Interaktion von Thrombozyten mit dem postischämischen hepatischen Endothel in vivo analysiert wurden. Insbesondere ist nicht geklärt, inwiefern diese Interaktion die Induktion und den Schweregrad des hepatozellulären Schadens beeinflußt. Ziele der Studie waren daher (1) die Thrombozyten-Endothelzell-Interaktion nach hepatischer I/R mittels intravitaler Fluoreszenzmikroskopie systematisch in Abhängigkeit von der Ischämie- und Reperfusionszeit quantitativ zu analysieren, (2) zu untersuchen, welche Mechanismen die Thrombozyten-Endothelzell-Interaktion in der Leber vermitteln und (3) zu analysieren, welchen Einfluß diese Interaktion auf den Ischämie-Reperfusionsschaden der Leber hat. An einem etablierten murinen Modell der warmen hepatischen Ischämie-Reperfusion wurde die Thrombozyten-Endothelzell-Interaktion mittels intravitaler Videofluoreszenzmikroskopie untersucht. Thrombozyten wurden von separaten syngenen Spendertieren isoliert, ex vivo mit Rhodamin-6G markiert, intravenös zu den jeweiligen Reperfusionszeitpunkten appliziert und bezüglich ihrer Interaktion mit dem Endothel der hepatischen Mikrogefäße quantitativ analysiert. Zur begleitenden Analyse des hepatischen Ischämie-Reperfusionsschadens wurden die sinusoidale Perfusionsrate, die Aktivität der Leberenzyme GOT/GPT im Serum und die Apoptosemarker Caspase-3- Aktivität und Anzahl TUNEL-positiver Zellen im Lebergewebe bestimmt. Durch Verwendung P-Selektin-defizienter Tiere (sowohl Thrombozytenspender als auch Thrombozytenempfänger) wurde die Rolle von endothelialem vs. thrombozytärem PSelektin für die Thrombozyten-Endothelzell-Interaktion untersucht. Des weiteren wurde versucht, durch Applikation eines Fibrinogen-Antikörpers die differentielle Bedeutung von Thrombozyten im Vergleich zu Leukozyten an der Ausbildung des Organschadens der Leber nach I/R in vivo aufklären. Es konnte gezeigt werden, daß hepatische Ischämie-Reperfusion eine Interaktion von Thrombozyten mit dem Endothel in präsinusoidalen Arteriolen, Sinusoiden und postsinusoidalen Venolen induzierte. Das Ausmaß dieser Interaktion war von der Ischämiedauer abhängig, während hingegen die Reperfusionsdauer keinen wesentlichen Einfluß hatte. Die vermehrte Thrombozytenadhäsion ging mit einem signifikanten Anstieg des mikrovaskulären und zellulären Organschadens einher. Untersuchungen an P-Selektin-defizienten Tieren demonstrierten, daß das endotheliale und nicht das thrombozytäre P-Selektin das Rollen und die nachfolgende Adhärenz von Thrombozyten in Arteriolen und Venolen der Leber vermittelte. Darüberhinaus war der postischämische Organschaden in P-Selektin-defizienten Tieren signifikant reduziert. Mittels der Blockade von Fibrinogen während der Reperfusionsphase konnte gezeigt werden, daß Fibrin(ogen) die postischämische Thrombozytenadhäsion vermittelte, an der Leukozytenadhärenz jedoch nicht beteiligt war. Die selektive Hemmung der Thrombozyten-Endothelzell-Interaktion führte zu einer signifikanten Reduktion des mikrovaskulären Schadens sowie der Apoptoseinduktion in der Leber nach Ischämie- Reperfusion. Somit demonstriert diese Studie erstmals in vivo, daß den Thrombozyten bei der Ausbildung des hepatischen I/R-Schadens eine wichtige Bedeutung zukommt.