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Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 09/19
Zwischen freiwilliger Teilnahme an qualitätssichernden Maßnahmen und erzwungenen Qualitätsnachweisen, zwischen gesetzlichen Auflagen und standesrechtlichen Vorschriften, zwischen völlig ungeregelten und bis ins Detail regulierten Bereichen befindet sich der Humangenetiker in einem Spannungsfeld, das durch die spezifischen ethischen, sozialen und juristischen Problemfelder, die sich aus genetischer Diagnostik und Beratung ergeben können, noch weiter aufgeladen wird. In dieser Arbeit soll dargestellt werden, wie sich das medizinisch-naturwissenschaftliche Fach Humangenetik diesen Anforderungen nach vermehrter Qualitätskontrolle und kontinuierlicher Qualitätsverbesserung stellt. Welche Aktivitäten sind bisher auf nationaler Ebene entwickelt worden? Welche Herausforderungen kommen auf die Humangenetiker zu: durch die Änderungen des Medizinproduktegesetzes, durch die neue Richtlinie zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (RiLiBÄK)? Welche Erwartungen müsste ein bundesdeutsches Gendiagnostikgesetz erfüllen? Welche allgemeingültigen Standards und Direktiven können Orientierung geben und auch für deutsche Humangenetiker Geltung erlangen? An welchen Punkten können die europäischen Kollegen von den deutschen Humangenetikern lernen und umgekehrt? Humangenetiker müssen wie andere Ärzte in Deutschland ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement einführen. Gibt es unter der Vielzahl von Angeboten passende Verfahren? Welcher Aufwand, welche Kosten sind damit verbunden. Sind Humangenetiker hier bereits aktiv geworden? Mit welcher Einstellung gehen sie an dieses Thema heran und welche Erfahrungen haben sie bereits damit gemacht? Diese Fragen sind handlungsleitend für diese Arbeit. Anhand der Literaturauswertung und der Analyse bundesweiter Leistungs- und Strukturdaten wird die gegenwärtige Situation in Deutschland analysiert. Mit einer methodisch-kontrollierten Fragebogenaktion erhalten Humangenetiker die Möglichkeit, sich selbst zu diesem Thema zu äußern. Unter Berücksichtigung der internationalen Standards werden mögliche Strategien und Handlungsoptionen für die effektivste und beste Form der Qualitätssicherung skizziert.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
Trimesitylblei(IV)bromid und Dimesitylblei(IV)dibromid, Mes3PbBr und Mes2PbBr2 Bei der äquimolaren Umsetzung von Mesityllithium mit Blei(II)chlorid in THF bei Raumtemperatur konnten Mes3PbBr und als Nebenprodukt Mes2PbBr2 isoliert und charakterisiert werden. Die Plumbylene Mes2Pb, MesPbCl oder MesPbBr, können als Intermediate postuliert werden, die mit Mesityllithium weiter zu Mes3PbBr bzw. zu Mes2PbBr2 reagieren können. Die Bildung der Blei−Brom-Bindung ist vermutlich auf einen Austausch von Chlor gegen Brom zurückzuführen, welches sich durch die Synthese von MesLi im Reaktionssystem befindet. Eine Grignard-Umsetzung führte nicht zu einer Ausbeuteverbesserung, sondern die Ausbeute an Mes3PbBr sinkt von 44% aus der Reaktionsgleichung a auf 2% von Gleichung b. Besonders aussagekräftig sind die 207Pb-NMR Spektren der beiden Mesityl-Blei- Verbindungen. Die Spektren zeigen jeweils ein scharfes Signal für die Blei-Resonanz, welches von 13C-Satelliten umgeben ist. Auch alle 1H- und 13C-Resonanzen weisen aufgrund der Kopplung mit 207Pb Bleisatelliten auf. Ein besonders auffallendes Merkmal beim Vergleich der NMR-Daten von Mes3PbBr mit Mes2PbBr2 ist der signifikante Anstieg (~40- 60%) der Werte für die Kopplungskonstanten nJH-Pb (n = 4,6) und nJC-Pb (n = 1-5) vom Bromid zum Dibromid. Die Übereinstimmungen zwischen experimentell ermittelten (Röntgenstrukturanalyse) und quantenchemisch berechneten (PM3) Strukturparametern ist recht gut, was zeigt, dass die PM3 Parameter sogar für die Vorhersage der Eigenschaften von schwermetallorganischen Verbindungen wie Mes3PbBr und Mes2PbBr2 geeignet sind. Die besonders interessanten strukturellen Merkmale sind die Bindungswinkel am zentralen Bleiatom, welche wesentlich von den idealen Tetraederwinkeln (109.5°) abweichen. Die C−Pb−C-Winkel liegen sowohl experimentell, als auch rechnerisch bei 115-123°. Die C−Pb−Br- und Br−Pb−Br-Winkel liegen zwischen 96 und 115°. Diese Tatsachen stimmen hervorragend mit der Bent'schen Regel überein, welche besagt, dass elektronegativere Substituenten Hybridorbitale mit geringerem s-Charakter und elektropositivere Substituenten Hybridorbitale mit höherem s- Charakter bevorzugen [100-102]. Bei Trimesitylblei(IV)bromid handelt es sich um eine sehr stabile Verbindung, die sowohl hydrolyse- als auch luftbeständig ist. Ein Austausch des Halogens gegen eine Azid- Gruppierung konnte nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Zwar sind in den IR- und Raman-Spektren der erhaltenen Substanzen die symmetrischen und antisymmetrischen Azid- Schwingungen erkennbar, doch sind die gefundenen Stickstoffgehalte zu gering, was zu der Vermutung führt, dass nur ein teilweiser Halogen-Azid-Austausch stattgefunden hat. Leider war bisher jede Trennung eines Mes3PbBr/Mes3PbN3-Gemisches unmöglich, ebenso waren Kristallzüchtungsversuche bislang erfolglos. Tetraphenylphosphonium(arsonium)octabromoplumbat(II), [Ph4E]2[Pb3Br8] mit E = P, As Neue anionische Blei-Halogensysteme wurden hergestellt, z.B. Tetraphenylphosphoniumoctabromoplumbat. Um [Ph4P]2[Pb3Br8] zu erhalten, wurde [Ph4P]Br mit PbBr2 bei 75°C in CH3CN umgesetzt. Das Anion bildet Ketten, in denen zwei verschiedene Arten an Blei-Atomen existieren; das eine besitzt eine oktaedrische Koordinationssphäre, ist somit von sechs Brom-Atomen umgeben, während das zweite Blei-Atom eine mehrfach verzerrt tetraedrische Koordination aufweist (Abbildung A). Das 207Pb-NMR Spektrum einer frisch hergestellten Lösung von [Ph4P]2[Pb3Br8] in DMSOD6 zeigt mit 323 ppm eine andere chemische Verschiebung als eine um ca. 4 Monate gealterte Probenlösung mit 208 ppm. Zu erklären ist dies wahrscheinlich durch einen zunehmenden Einfluss einer DMSO-Koordination über die Sauerstoffatome zum Blei-Atom. Das Anion [Pb3Br8]2− kann auch mit dem Kation [Ph4As]+ durch die Reaktion von [Ph4As]Cl mit PbBr2 bei 75°C in CH3CN isoliert werden. Hierbei konnte kein Chlorid- Transfer zum Blei hin beobachtet werden, so dass kein gemischtes Halogenoplumbat-Anion gebildet wurde. Die Struktur der Verbindung wurde mit Hilfe der Einkristall- Röntgenstrukturanalyse bestimmt. Die Struktur des Anions [Pb3Br8]2− entspricht hierbei dem in der Verbindung [Ph4P]2[Pb3Br8]. Das von einer frisch hergestellten Lösung von [Ph4As]2[Pb3Br8] in DMSO-D6 aufgenommene 207Pb-NMR-Spektrum zeigt eine chemische Verschiebung von 386 ppm. Der wenn auch nur geringe Unterschied im 207Pb-Shift von [Ph4As]2[Pb3Br8] (386 ppm) zu [Ph4P]2[Pb3Br8] (323 ppm), lässt sich durch den unterschiedlichen Einfluss der Kationen, die sich in ihrer Grösse unterscheiden und somit die Umgebung der Blei-Atome verändern, erklären. Wie schon bei [Ph4P]2[Pb3Br8] können die beiden unterschiedlichen Blei-Atome des Anions im 207Pb-Spektrum nicht unterschieden werden. Tetraphenylphosphoniumbromodichloroplumbat(II), [Ph4P][PbBrCl2]·CH3CN Gemischte Halogenoplumbate sind bisher nicht sonderlich gut charakterisiert worden. Setzt man [Ph4P]Br mit PbCl2 bei 70°C in CH3CN um (Gleichung c), so erhält man das gemischte Bromodichloroplumbat [Ph4P][PbBrCl2]·CH3CN. Das in der Verbindung koordinierte Acetonitril kann auch durch ein längeres Erwärmen der Substanz im Vakuum nicht entfernt werden. Die chemische Verschiebung im 207Pb-NMR Spektrum einer frisch hergestellten Lösung von [Ph4P][PbBrCl2]·CH3CN in DMSO-D6 beträgt 466 ppm. Vermisst man diese Probe nach ca. 4 Wochen erneut, so verändert sich der Shift von δ = 466 auf 361 ppm. Da dieses Phänomen auch u.a. bei der Verbindung [Ph4P]2[Pb3Br8] zu beobachten ist, kann ein möglicher Halogenaustausch im [PbBrCl2]−- Anion ausgeschlossen werden. Im Kristall sind die Anionen fehlgeordnet, und es werden keine Blei-Brom-Ketten gebildet, wie es z.B. im [Pb3Br8]2−-Anion der Fall ist, sondern diskrete [PbBrCl2]−-Einheiten. Die experimentell beobachteten und berechneten (MP2 und CCSD) Struktur- und Schwingungsdaten wurden miteinander verglichen. Die Übereinstimmung zwischen berechneten Raman-Daten und den beobachteten Raman-Frequenzen ist sehr gut. Die durch Röntgenstrukturanalyse gemessenen Pb−Cl- und Pb−Br-Bindungslängen liegen ebenfalls im Rahmen der auf MP2-Niveau kalkulierten Werte. Die kürzere Rechenzeiten benötigende und somit billigere MP2-Methode in Kombination mit einem "double-zeta"-Basissatz hat sich dabei als zuverlässige Methode erwiesen, um gute Strukturresultate und Schwingungsfrequenzen zu erhalten. Tetraphenylphosphoniumchlorodibromoplumbat(II), [Ph4P][PbBr2Cl]·CH3CN Dieses weitere, gemischte Halogenoplumbat wurde durch die Umsetzung von [Ph4P]Cl mit PbBr2 bei 70°C in CH3CN erhalten (Gleichung d). Hierbei erfolgt ein Chlorid-Transfer auf das Blei. Wie schon bei [Ph4P][PbBrCl2]·CH3CN lässt sich auch hier das koordinierte Acetonitril nicht aus der Verbindung entfernen. [Ph4P]Cl → CN CH PbBr 3 2 , [Ph4P][PbBr2Cl]·CH3CN (d) Die chemische Verschiebung von einer frisch hergestellten Lösung von [Ph4P][PbBr2Cl]·CH3CN in DMSO-D6 im 207Pb-NMR Spektrum liegt mit 439 ppm zwischen den Werten von [Ph4P][PbCl3] mit 430 ppm und [Ph4P][PbBrCl2]·CH3CN mit 466 ppm. Die durchgeführten quantenchemischen Rechnungen auf HF-, BLYP- und B3LYP-Niveaus konnten aufgrund dessen, dass keine experimentell ermittelten Strukturdaten zur Verfügung stehen, nicht verglichen werden. Nur die auf B3LYP/LANL2DZ-Niveau berechnete Schwingungsfrequenz bei 249.4 cm−1 findet sich im gemessenen Raman-Spektrum bei 249 cm−1 als Deformationsschwingung von Br−Pb−Cl wieder. Tetraphenylarsoniumtrichloroplumbat(II), [Ph4As][PbCl3] Die Verbindung wird aus [Ph4As]Cl und PbCl2 in CH3CN gewonnen (Gleichung e). [Ph4As]Cl → CN CH PbCl 3 2 , [Ph4As][PbCl3] (e) Der im Vakuum gut getrocknete Feststoff enthält kein gebundenes Acetonitril, während aus CH3CN gewonnene Kristalle ein Äquivalent des Lösungsmittels eingebaut haben. Dieses geht aus den Werten der Elementaranalyse eindeutig hervor. Im von einer in DMSO-D6 gelösten Probe aufgenommenen 207Pb-NMR Spektrum ist nur eine Resonanz bei 450 ppm sichtbar. Der Unterschied zwischen [Ph4P]+ und [Ph4As]+ ist nicht sonderlich gross, sodass die bei diesem Versuch gewonnene Verbindung [Ph4As][PbCl3] die gleichen Strukturmerkmale aufweisen sollte wie das analoge Phosphonium-Salz. Tetrakis(pentafluorphenyl)blei(IV), (C6F5)4Pb (C6F5)4Pb wurde als potentielle Ausgangsverbindung zur Darstellung von (C6F5)nPb-Aziden synthetisiert. Die Darstellung der Verbindung (C6F5)4Pb, die bisher nicht vollständig charakterisiert wurde, erfolgte durch zwei Methoden (Gleichungen f und g), wobei aufgrund der höheren Ausbeute, der beschriebene Syntheseweg in Gleichung f bevorzugt wurde. Die NMR-Studien dieser Verbindung sind sehr aussagekräftig. In den 13C-NMR und 19FNMR Spektren von Tetrakis(pentafluorphenyl)blei(IV) sind die Signale des magnetisch aktiven Blei-Isotops (207Pb, I = ½, 22.6%) teilweise mit denen der nicht magnetisch aktiven Blei-Isotopomere überlagert. Im 207Pb-NMR Spektrum wurde ein Signal bei δ = −391 beobachtet, welches sich in ein komplexes aber gut aufgelöstes Multiplett aufspaltet. Dieses 21-Spinsystem wurde hervorgerufen durch die Kopplung des Pb-Kerns mit allen 19F-Kernen (8 ortho, 8 meta und 4 para). Eine Spektrensimulation mit der PERCH NMR-Software führt zu einem praktisch deckungsgleichen Spektrum. 4 C6F5MgBr + PbCl2 + Br2 → − − MgBrCl 2 / MgBr 2 2 (f) Ein Vergleich zwischen den experimentell ermittelten (Röntgenstrukturanalyse) und auf semiempirischen PM3-Niveau berechneten Strukturdaten zeigt eine gute Übereinstimmung der Pb−C-Bindungslängen. Wie erwartet, wird auch gezeigt, dass die positive Ladung auf dem Metall mit steigender Substitution durch Fluor von +1.33 für (C6H5)4Pb auf +1.70 für (C6F5)4Pb steigt [107]. Ein Ansteigen der positiven Ladung am Blei, welches auf die elektronegativen Substituenten zurückzuführen ist, steigert die Grössenunterschiede zwischen den 6s- und 6p-Orbitalen und favorisiert somit die effiziente sp-Hybridisierung weniger stark. Es kann erwartet werden, dass (C6F5)4Pb stärkere Hybridisierungseffekte erleidet als (C6H5)4Pb und somit alle Pb−C-Bindungen durch die Substitution von elektronegativen Gruppen verkürzt werden. Deshalb sind die Pb−C-Bindungen in (C6F5)4Pb erwartungsgemäss kürzer als in (C6H5)4Pb. Versuchte Darstellungen von perfluorierten Blei-Verbindungen Die Verbindung (C6F5)2Cd·Diglyme ist als C6F5-Transferreagenz bekannt. Ph2Pb(N3)2 + (C6F5)2Cd·Diglyme → Ph2Pb(N3)2 / (C6F5)2Pb(N3)2 /... (h) Ph2Pb(NO3)2 + (C6F5)2Cd·Diglyme → Ph2Pb(NO3)2 / (C6F5)2Pb(NO3)2 /... (i) Die unter Gleichung h beschriebene Reaktion wurde durch die Verwendung verschiedener Lösungsmittel und verschiedener Mengenverhältnisse variiert. Aufgrund der gemessenen IR- und Raman-Spektren, sowie der Elementaranalysen konnte jeweils nur eine Teilumsetzung erkannt werden. Da Kristallisationsversuche bisher fehlschlugen, war eine genaue Charakterisierung der entstehenden Produkte bisher nicht möglich. Dieselben Argumente gelten für die in Gleichung i beschriebene Reaktion. Auch hier konnten nur Teilumsetzungen beobachtet werden. Die Verbindung (C6F5)4Pb ist extrem stabil. Behandelt man sie mit Salpetersäure (65% oder 100%), so findet keine Reaktion statt. Als Schlussfolgerung aus den gesamten Versuchen, neue (C6F5)nPb-Verbindungen darzustellen, lässt sich zusammenfassend sagen, dass es auf den beschrittenen Synthesewegen nicht möglich scheint, die gewünschten Produkte zu isolieren. Die C6F5-Reste lassen sich nicht bzw. nur geringfügig auf Blei-Verbindungen übertragen; ebenso ist (C6F5)4Pb so extrem stabil, dass auch von dieser Seite keine erfolgreiche Route beschritten werden kann. Azido(triphenylphosphan)gold(I), Ph3PAuN3 Kristalle dieser Verbindung konnten aus CH2Cl2 unter Zusatz geringer Mengen an Pentan bei einer Temperatur von 5°C gewonnen werden. Ein Kristall besteht aus diskreten Ph3PAuN3-Molekülen. Besonders interessant sind die Bindungslängen in der Azid-Einheit. Hier ist die Bindungslänge von N1−N2 mit einem Wert von 0.995(7) Å geringer als die von N2−N3 mit 1.294(8) Å. Dieses ist sehr erstaunlich und vermutlich falsch, da die Verhältnisse genau umgekehrt sein sollten. Eine kristallographische Erklärung dieser "verdrehten" Bindungsverhältnisse ist bislang noch nicht gefunden worden. Ausserdem ist der Wert von 0.995(7) Å für einen N−N-Abstand extrem gering. Im Gegensatz zu den durch Einkristall-Röntgenstrukturanalyse bestimmten N1−N2- und N2−N3-Bindungsabständen befinden sich die auf B3LYP-Niveau berechneten Werte in Übereinstimmung mit den Erwartungen, d.h. die Bindungslänge N1−N2 ist grösser, als die von N2−N3. Beide verwendeten Methoden, B3LYP/LANL2DZ und B3LYP/SDD, liefern sehr ähnliche Ergebnisse. Bis auf den P−Au−N1-Bindungswinkel von 164.1 bzw. 176.4° sind alle anderen theoretisch errechneten Abstände und Winkel nahezu gleich. Die Übereinstimmung mit den experimentell gefundenen Daten ist recht gut, mit Aussnahme der N−N-Abstände, wobei hier den quantenmechanisch berechneten Werten grösseres Vertrauen geschenkt werden sollte. Tetraphenylarsoniumtetraazidoaurat(III), [Ph4As][Au(N3)4] Kristalle dieser Verbindung konnten aus CH2Cl2 unter Zusatz geringer Mengen an Pentan bei einer Temperatur von 5°C gewonnen werden. Entgegen einer früheren Röntgenstrukturanalyse, bei welcher ein tetragonales System mit der Raumgruppe P4/n gefunden wurde, konnte nun bei dieser Bestimmung ein monoklines System mit der Raumgruppe C2/c ermittelt werden. Das Gold-Atom ist praktisch quadratischplanar von vier Stickstoff-Atomen umgeben. Die Bindungslänge von N1−N2 ist wie erwartet länger als die Distanz zwischen N2−N3. Die auf B3LYP- und MP2-Niveau theoretisch berechneten Strukturwerte stimmen im Vergleich zu den experimentell ermittelten recht gut überein. Die Bindungsabstände sind bei den Rechnungen länger als in den Röntgenstrukturen, was sich durch Packungseffekte im Kristall erklären lässt. Die Bindungswinkel sind nahezu identisch. Versuche zur Darstellung weiterer Gold-Azide Bei der Gold-Azid-Chemie handelt es sich um ein sehr diffiziles Thema. Die Verbindungen sind extrem explosionsgefährlich. So kam es mehrfach vor, dass bei einer zweiten Elementaranalyse ein und der selben Verbindung, diese explodierte, obwohl bei davor durchgeführten Tests kein explosives Verhalten festzustellen war. Die durchgeführten Versuche werden in der folgenden Übersicht tabellarisch zusammengefasst. Leider konnten bisher keine Kristalle der Verbindungen erhalten werden, so dass sich keine strukturellen Voraussagen treffen lassen. Da die Azid-Gruppe gegenüber Ag+ dasselbe Verhalten zeigt wie auch Cl−, kann man Chlorid-Ionen nicht ohne Probleme nachweisen. Anhand der Schwingungs- und 14N-NMR Spektroskopie lässt sich aber für alle in der Tabelle aufgeführten Reaktionen eindeutig sagen, dass es sich bei den entstandenen Produkten um kovalent-gebundene Gold-Azide handelt. Fallhammer-Explosionsteststand Der konstruierte Fallhammer hat sich als ein nützliches Werkzeug für Forschungszwecke herausgestellt. Die gemessenen Werte der maximalen absoluten Schallpegel ergeben eine wertvolle halb-quantitative Skala über die Explosionsfähigkeit und Schlagempfindlichkeit von potentiellen Explosivstoffen. Alle getesteten Substanzen waren Feststoffe und enthielten mindestens eine Azidgruppe: Silber(I)azid, Blei(II)azid, Cyanurazid, 1,3,5-Trinitro-2,4,6- triazidobenzen (TNTA), 1,3-Dinitro-2,4,6-triazidobenzen (DNTA) und 1,3,5-Trinitro-2- monoazidobenzen (TNMA). Cyanurazid ist ein noch stärkerer Explosivstoff als Silber- und Bleiazid. Eine Explosion von 20 mg Cyanurazid hat fast die gleiche Lautstärke wie eine durch 40 mg Pb(N3)2 oder durch 35 mg AgN3 verursachte Detonation. Neben den anorganischen Verbindungen, wurden einige organische Nitroazidsubstanzen getestet. Selbst die schwächste dieser organischen Explosivstoffe ist kraftvoller als AgN3 oder Pb(N3)2. Die Reihenfolge des Schallpegels ist TNMA < DNTA < TNTA, aber die Werte für DNTA und TNTA sind sehr ähnlich.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
Das Ziel dieser Arbeit war die Charakterisierung und Synthese neuer Halogen- und Pseudohalogenverbindungen und die Untersuchung mit Hilfe von quanten– mechanischen Rechnungen. Im Folgenden sind kurz die Ergebnisse der in den Kapiteln C, D und E vorgestellten Arbeiten zusammengefasst. Die in der vorliegenden Arbeit dargestellten Verbindungen und ihre Charakterisierung sind in Tabelle F1 aufgeführt. In der letzten Spalte sind die Literaturstellen der bereits veröffentlichten Arbeiten angegeben. Durch die Ergebnisse im Rahmen dieser Dissertation konnten neue Erkenntnisse über den Zusammenhang von Struktur und chemischer Bindung der untersuchten Verbindungen gewonnen werden. Des Weiteren konnten mit Hilfe quantenmechanischer Rechnungen neue Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Stabilität, Ladungsverteilung und Reaktionsverhalten der verschiedensten Halogen und Pseudohalogenverbindungen gewonnen werden. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Kombination von experimentellen Methoden, wie Schwingungsspektroskopie, NMR-Spektroskopie und Röntgenbeugung, mit quantenmechanischen Rechnungen ein hervorragendes Mittel ist, um die chemische Bindung von Halogen und Pseudohalogenverbindungen zu beschreiben. Dies konnte eindrucksvoll in den Studien zu den Thiazylhalogeniden, Triazinpseudohalogenverbindungen und Halogencyan-Addukten gezeigt werden. In Tabelle F2 sind die in dieser Arbeit mit quantenmechanischen Rechnungen charakterisierten Verbindungen aufgeführt. F1 Thiazylhalogenide (Kapitel C) Erstmals konnte die Struktur des NSCl2 –-Anions (Thiazyldichloridanion), dass zu einer neuen Klasse sehr labiler ternärer Anionen des Typs NSX2 – (X = Halogen) gehört, durch Röntgenbeugung an Einkristallen gelöst werden. Bisher wurde keine Verbindung, die das „nackte“ Anion enthält, strukturell charakterisiert. Bei der theoretischen Untersuchung des Cl–-Acceptorverhaltens und der Thermodynamik von NSCl wiesen ab-initio-(CCSD(T))- und Dichtefunktional- Rechnungen (B3LYP) auf einen barrierefreien Angriff des Cl–-Anions auf das NSCl- Molekül hin, welcher zur Bildung des NSCl2 –-Anions führt. Diese Reaktion stellt eine exotherme Lewis-Base-Lewis-Säure-Reaktion dar mit einer berechneten molaren Enthalpie von ∆H298 = –124.6 kJ mol–1, die zu einem Ladungstransfer von QCT = 0.385e (B3LYP/6-311+G(3df)) führt. Die Auswertung der IR- und Raman-Spektren ergab in Kombination mit den Ergebnissen von quantenmechanischen Rechnungen, dass die Cl-Atome sehr schwach an ein fast als SN+-Ion vorliegendes Kation gebunden sind. Die hervorstechenden strukturellen Besonderheiten des NSCl2 – lassen sich mit einfachen, qualitativen MO- und VB-Betrachtungen erklären: Die NSCl-Bindung kann als neuartige Vier-Elektronen-Drei-Zentren-Bindung, die die S-Cl-σ-Bindung mit der S-N-π-Bindung verknüpft, aufgefasst werden. Es gibt zwei solcher Vier-Elektronen-Drei-Zentren-Bindungen. In den umfassenden Studien zu den NSX2 –-Anionen (X = F, Cl, Br, I) wurde festgestellt: (i) durch Cl–/F–-Austausch ist es möglich das NSF2 – aus NSCl2 – in Lösung zu bilden; (ii) die Bildung von NSBrCl– im Festkörper und Lösung und die Bildung von NSBr2 – im Festkörper konnte nachgewiesen werden, wobei diese Verbindungen sehr instabil sind und sehr schnell weiterreagieren; (iii) die NSX2 –-Salze (X = Br, I) zerfallen unter Bildung von S4N4 bzw. polymeren (SN)x in Abhängigkeit von den Reaktionsbedingungen; (iv) die Polarität des Lösemittels besitzt einen großen Einfluss auf den Zerfall von Thiazyldichlorid und die Zerfallsprodukte. Die quantenmechanischen Rechnungen zu den NSX2 –-Anionen ergaben: (i) Alle betrachteten Verbindungen sind bezüglich der Bildungsreaktion thermodynamisch stabil. (ii) Alle Reaktionen sind exotherm, wobei die Fluor-Spezies erwartungsgemäß die kleinsten freien Reaktionsenthalpien und die Iod- Spezies die größten besitzen. (iii) Überraschend niedrig ist im Vergleich zu den Halogenen die freie molare Reaktionsenthalpie für die Bildung von NSH2 –. (iv) Alle NSXY–-Verbindungen repräsentieren hoch-polarisierte Moleküle, wobei die Polarisation der S-N- bzw. S-X-Bindung von den FVerbindungen zu den I-Verbindungen abnimmt. Die Bildungsreaktion (NSX + Y–) entspricht einer Donor-Acceptor-(charge transfer)-Reaktion, die barrierefrei verläuft. (v) Im Einklang mit den berechneten Strukturdaten (lange S-X- bzw. S-YBindungslängen, kurze S-N-Bindungen) zeigt die Elektronendichteverteilung in der NSCl-Ebene viel Elektronendichte zwischen der S-N-Bindung und nur wenig zwischen der S-Cl-Bindung. Dies deutet daraufhin, dass die ionischen Verbindungen NSX2 – bzw. NSXY– am besten als NS+ X– Y– mit schwachen kovalenten S-X- bzw. S-YWechselwirkungen beschrieben werden sollten (s.o.). (vi) Die Bindungssituation in den NSX2 –-Verbindungen lässt sich durch zwei Vier-Elektronen-Drei-Zentren-Bindungen mit „geschwächten“ S-X- und S-Y-σ-Bindungen und „geschwächten“ S-N-πx- und πy-Bindungen beschreiben. Die zunehmende Schwächung der Vier-Elektronen-Drei- Zentren-Bindungen ist durch die geringer werdende Überlappung in der Reihe F > Cl > Br > I (F: S-X-σ-S-N-π-Orbital; I: reines S-N-π-Orbital) zu erklären (siehe Abbildung C9). (vii) Die N-S-X-Winkel sind vom Halogen wenig beeinflusst und liegen bei 113 bis 115°. Der X-S-X-Winkel nimmt von X = H zu X = Br kontinuierlich von 77.4° auf 112.7° (B3LYP) zu. Aus den Ergebnissen der Umsetzung des NSCl2 –-Anions mit verschiedensten Übergangsmetallkomplexen kann folgendes geschlossen werden: (i) die Chloro-Liganden des NSCl2 –-Anions sind, wie schon aus den Rechnungen und Strukturdaten in Kapitel C1 hervorgeht, sehr schwach an den Schwefel gebunden, wodurch eine Cl–-Abstraktion begünstigt wird; (ii) keiner der verwendeten Übergangsmetallkomplexe ist in der Lage, das NSCl2 –-Anion ohne Zersetzung zu stabilisieren; (iii) die Reaktion mit Übergangsmetallchloriden forciert je nach Reaktionsbedingungen die Zersetzung des NSCl2 –-Anions zu NSCl/(NSCl)3, S2N2, S3N2 2–, S4N4 und Cl2. F2 Pseudohalogenchemie des s-Triazins (Kapitel D) Bei der Untersuchung des Reaktionsverhaltens der Pseudohalogenverbindungen MX (mit M = K, Na, Ag; X = NNN, OCN, CNO, SCN und SeCN) mit 2,4,6–Trichloro– 1,3,5–triazin (Cyanurchlorid) zeigte sich, dass (i) nur die Azide und Thiocyanate geeignet sind, das Cyanurchlorid im Sinne einer nucleophilen Substitution anzugreifen. (ii) die Bildung der analogen Selenocyanate und Cyanate bzw. der entsprechenden Iso-Verbindungen nicht beobachtet werden konnte. (iii) die Isocyanate 35 und 36 nur über die ein- bzw. zweifachsubstituierten Amine, durch Reaktion mit Oxalylchlorid oder Phosgen unter Abspaltung von Salzsäure und Kohlenmonoxid, dargestellt werden können. (iv) die Darstellung des Triisocyanatotriazins aus Melamin nicht gelang, da für diese Reaktion elektronenziehende Substituenten am Triazinring nötig sind. Die Verbindungen 26[60b], 35, und 36 konnten mit Hilfe der Schwingungsspektroskopie, der NMR-Spektroskopie und anhand von Einkristallröntgenstrukturanalysen charakterisiert werden. (v) die nucleophile Substitution der verbleibenden Chloratome in 35 und 36 durch Umsetzung mit anderen Pseudohalogeniden (z.B. LiN3, Na/K-N3, - NCO, -SCN, -CN) nicht möglich ist, da die Isocyanate durch ihre elektronenschiebenden Eigenschaften den Triazinring deaktivieren und somit eine weitere nucleophile Substitution am Ring verhindern. Bei der Reaktion von 2,4,6–Triazido–1,3,5–triazin (26) mit Triphenylphosphan in verschiedenen molaren Verhältnissen konnten die Verbindungen 29, 31 und 32 mit Hilfe der Schwingungsspektroskopie, der NMR-Spektroskopie und der Röntgenbeugung eindeutig charakterisiert werden (Gleichung F1). Des Weiteren konnten die Verbindungen 27 und 28, die in Lösung im Gleichgewicht mit 31 und 32 vorliegen, anhand ihrer 31P-NMR-Resonanzen nachgewiesen werden. Alle drei Stufen der Reaktion von 2,4,6–Triazido–1,3,5–triazin mit Triphenylphosphan repräsentieren exotherme Reaktionen. Nur für die Verbindungen 27 und 28 kann in Lösung ein Gleichgewicht zwischen dem Tetrazol- und dem Azidisomer gefunden werden. Die experimentelle Beobachtung des Azid-Tetrazol-Gleichgewichtes 27 a 31 und 28 a 32, im Gegensatz zu 26 a TR1 (ohne PPh3-Gruppen, Abbildung D1), kann durch die thermodynamische Stabilisierung des Tetrazolisomers nach der Einführung der Triphenylphosphangruppe erklärt werden (Abbildung D5). Aus den Rechnungen und den Experimenten ergab sich: (i) eine relativ große Aktivierungsbarriere für die Cyclisierung von ca. 20 bis 25 kcal mol–1, die mit der ungünstigen elektrostatischen Abstoßung zwischen dem terminalen Stickstoff der Azidgruppe und dem Stickstoffatom im Ring und ebenso durch das Abwinkeln der Azidgruppe erklärt werden kann. (ii) dass die Einführung von Triphenylphosphangruppen zu stärker polarisierten C-N-Bindungen im Ring und zu einem Ladungstransfer in das Triazinringsystem führt. (iii) der orbitalkontrollierte Ringschluß wird durch einen nicht unerheblichen Ladungstransfer in den Tetrazolring begleitet und stabilisiert so thermodynamisch das Tetrazolisomer. Diese Ladungsumverteilung erklärt die wichtige Rolle der Triphenylphosphangruppen bei der Ringschlussreaktion, da sie als gute Elektronendonatoren gelten. F3 Pseudohalogenchemie von P-N-Verbindungen (Kapitel E) Bei der Untersuchung des Reaktionsverhaltens von Trimethylsilyltriphenylphosphanimin mit den Halogen-Pseudohalogenverbindungen ClCN, BrCN und ICN zeigte sich, (i) dass es nur für die Reaktion mit ICN möglich ist das Addukt im Festkörper zu stabilisieren; (ii) dass das ClCN-Addukt spontan zu Ph3PNCN und ClSiMe3 zerfällt; (iii) dass das BrCN-Addukt zwar etwas stabiler ist, jedoch auch langsam zu Ph3PNCN und BrSiMe3 zerfällt; (iv) dass die Zugabe von KF oder eine Temperaturerhöhung zur sofortigen Bildung von Ph3PNCN führt. Das ICN-Molekül ist aufgrund der Wechselwirkungen mit dem N-Atom der Ph3PNSiMe3-Einheit leicht gewinkelt (ca. 176°). Die VB-Betrachtung der NBOAnalyse ergibt, dass es weder am I- noch am P-Atom zu nennenswerten d-Orbital- Erweiterungen kommt. Bei der Untersuchung der Donor-Acceptor-Wechselwirkungen zeigten sich schwache Wechselwirkungen zwischen den beiden freien Elektronenpaaren (p-AOs) des N-Atoms der Ph3PNSiMe3-Einheit mit dem leeren antibindenden σ*-Orbital des ICN-Fragmentes. Die Untersuchung des Reaktionsverhaltens verschiedenster Pseudohalogenidverbindungen MX (M = K, Na, Li, Ag; X = N3, SCN, OCN, SeCN, CNO) mit Hexachlorocyclotriphosphazen in unterschiedlichen Lösungsmitteln zeigte, dass nur die Azid- und Isothiocyanat-Verbindungen gebildet werden. Die Einkristall- Röntgenstrukturanalyse von Hexaisothiocyanatocyclotriphosphazen zeigte, dass der (PN)3-Ring abgewinkelt ist. Bei der Reaktion von KN3 mit Triphenylphosphan, [PN(Cl)2]3 und Kronenether in peroxidhaltigem THF kristallisierte interessanterweise nicht das erwartete Staudingerprodukt aus, sondern der Kronenetherkomplex [K([18]krone–6)(N3)- (OPPh3)]. Die Umsetzung mit KOCN, KSCN und KSeCN führte ebenfalls zu den analogen Kronenetherkomplexen.