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Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/06
In dieser Arbeit werden Ester der Borsäure und von Arylboronsäuren mit Diolen, Methylglycosiden und Glycosen vorgestellt. Die Verbindungen werden durch NMR-Spektroskopie und Einkristallröntgenstrukturanalyse charakterisiert. DFT-Rechnungen werden unterstützend eingesetzt.
Die vorliegende Arbeit beschreibt die Synthese und Charakterisierung ein- und mehrkerniger Diol-, Polyol- und Kohlenhydrat-Verbindungen von Elementen der vierten, fünften und sechsten Hauptgruppe des Periodensystems. Im Zentrum der Untersuchungen standen dabei Spiro-Derivate des fünfwertigen Phosphors, Arsens und Antimons, des vierwertigen Selens und Tellurs sowie spirocyclische Ester der Orthokohlensäure. Ferner wurden alpha-Hydroxycarbonsäuren, Aminosäuren, Aminole und Hydroxythiole auf ihre Eignung als Chelatoren untersucht. Der molekulare Bau der meisten dargestellten Verbindungen konnte auf der Grundlage von Einkristall-Röntgenstrukturanalysen gesichert werden. Das Verhalten der Zielverbindungen in Lösung wurde mittels multinuklearer NMR-Spektroskopie untersucht und charakteristische Kenngrößen hinsichtlich des coordination induced shift für alle untersuchten Kerne wurden herausgearbeitet. Eine umfassende Sammlung weiterer physikalischer Daten der untersuchten Verbindungen wurde erstellt. Die Stabilität der einzelnen Verbindungen in protischen und wässrigen Medien und mögliche Synthesewege ausgehend von Wasser als Lösemittel wurden untersucht. Eine vergleichende Gegenüberstellung der einzelnen Verbindungsklassen soll Einblicke in mögliche Transportformen der untersuchten Elemente in Organismen geben und neue Wege zur Klärung der Frage der Biomineralisation des Siliciums eröffnen.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/06
In der vorliegenden Arbeit werden stabile Übergangsmetall-Komplexe der d6-konfigurierten Metalle Rhenium(1), Ruthenium(2), Rhodium(3) und Iridium(3), sowie von Rhodium(1), Iridium(1), Palladium(2) und Platin(2) mit d8-Konfiguration hergestellt. Als Liganden kommen zweizähnige, aromatische N,N'- und N,P-Liganden ohne weitere funktionelle Gruppen zum Einsatz, bei denen die beiden Donor-Atome in einer 1,4-Relation zueinander stehen. Die gebildeten 5-Ring-Metallacyclen weisen entsprechend der beiden unterschiedlichen Donor-Atome zwei verschieden stark gebundene Koordinationsstellen auf. Die aus dieser Konstellation resultierenden Eigenschaften der isolierten Komplexe werden spektroskopisch (IR-, 1H-NMR, 13C-NMR, 31P-NMR) untersucht und die Molekülstrukturen durch Einkristall-Röntgenstrukturanalyse ermittelt. Bei den untersuchten relativ stabilen Systemen kann der Ligandenaustausch so gesteuert werden, dass voll charakterisierbare Spezies erhalten werden. Diese sollen das Verständnis katalytischer Reaktionen in labileren Systemen vertiefen, welche auch durch Modifikation der vorgestellten Liganden zugänglich sind.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
In dieser Arbeit wird das Komplexbildungsverhalten von myo-, neo- und scyllo-Inosit in wässrig-alkalischer Lösung beschrieben. Molekülstrukturen kristallin erhaltener Verbindungen werden mit Hilfe der Einkristall-Röntgenstrukturanalyse bestimmt. Die Reaktionslösungen und Kristalle werden, wo möglich, NMR-spektroskopisch untersucht. Es gelingt, eine Reihe von neuartigen homo- wie heteroleptischen Inositolatokomplexen zu charakterisieren. Homoleptische scyllo-Inositolato-cuprate(II) und -ferrate(III) wurden hergestellt und als Alkali-Salze strukturell bestimmt. Kupfer(II) koordiniert quadratisch-planar an zwei scyllo-Inosit-Einheiten unter Ausbildung von Bis(diolato)-Komplexen. Mit Eisen(III) wurde ein vierkerniger Alkoxo-Eisencluster mit sieben scyllo-Inosit-Einheiten isoliert. myo-Inosit bildet bereitwillig homoleptische Koordinationsverbindungen mit Kupfer(II), Eisen(III) und weiteren Metallen, kristallin konnte jedoch nur ein Mangan(IV)-Komplex erhalten werden. Darin wird ein Mangan(IV)-Ion von zwei myo-Inosit-Liganden in der fünffach axialen Sessel-Konformation oktaedrisch koordiniert. Mit Eisen werden Polyeisen-Oxocluster gebildet. Die Alkalimetall-Verbindungen des scyllo-Inosits wurden strukturell untersucht. Bei der Natriumverbindung gibt eine signifikante Verkleinerung des Torsionswinkels an den bindenden Sauerstoffatomen Hinweise auf eine stärkere koordinative Wechselwirkung. Neue Salze des scyllo-Inositdiborats wurden strukturell charakterisiert. Im Komplex-Anion wird der scyllo-Inosit in seiner all-axialen Konformation von zwei Boratomen je dreifach koordiniert. Die vierte Koordinationsstelle der tetraedrischen Borumgebung wird durch eine Hydroxogruppe besetzt. Die Probleme, die sich durch die Speziesvielfalt ergeben, konnten durch Einschränkung der Koordinationssphäre am Zentralmetall mittels stickstoffhaltiger, chelatisierender Hilfsliganden gemindert werden. Es wurden zahlreiche Versuche mit Edukten, die nur an eine Diolato- oder Triolato-Funktion des Inosits binden können, durchgeführt. Heteroleptische Inositolato-Komplexe wurden mit den Zentralmetallen Cadmium(II), Cobalt(III), Kupfer(II), Nickel(II) und Palladium(II) mit verschiedenen Hilfsliganden (en, tren, dien) kristallin erhalten und strukturell bestimmt. Mit Cd-tren gelang die Strukturbestimmung zweier Neutralkomplexe mit scyllo-Inosit, wobei entweder ein oder zwei Cd(tren)-Einheiten koordinieren. Kupfer(II) bildet mit dem Hilfsliganden Ethylendiamin (en) heteroleptische scyllo-Inositolato-Komplexe mit einer [4+1]-Koordination. Ein Wassermolekül in etwas weiterem Abstand vervollständigt die Koordination am Kupfer. Es wurden die elektroneutralen Spezies mit einem und zwei gegenüberliegenden Kupferatomen isoliert. Die umfangreiche Koordinationschemie des Cobalts wurde um einige heteroleptische Inositolato-Komplexe bereichert. Mit dem Zweitliganden Tris(2-aminoethyl)-amin (tren) wurden sowohl die monometallierten trans-Diolato-Komplexkationen mit scyllo-Inosit als auch mit myo-Inosit strukturell charakterisiert. Die 13C-NMR-Spektren der beiden Verbindungen zeigen anschaulich, wie sich Koordination und Symmetrieabbau auf die Anzahl der Signale und die chemische Verschiebung auswirken. Mit dem Co(en)2-Fragment wurden die Verbindungen von scyllo-Inosit sowohl mit einem Cobalt-Ion als auch mit zwei gegenüberliegenden Metall-Fragmenten strukturell bestimmt. Als erste heteroleptische Verbindung des scyllo-Inosits in all-axialer Konformation mit stickstoffhaltigem Zweitligand wurde das neutrale Komplexmolekül [{(dien)Co}2(scyllo-InsH−6)] kristallin erhalten. Das 13C-NMR-Spektrum der Mutterlösung zeigt eine Hochfeldverschiebung der Inosit-Signale, ein starker Hinweis auf eine Sessel-Sessel-Inversion. Mit Ni-tren wurden fast identisch kristallisierende Neutralkomplexe mit zwei gegenüberliegend koordinierenden Ni(tren)-Fragmenten an scyllo- und myo-Inosit erhalten. Pd-en erweist sich auch mit Inositen als guter Komplexbildner. Dipalladium-Komplexe mit scyllo- und myo-Inosit wurden aus Komplexgemischen in Lösung kristallisiert. Das Komplexgleichgewicht im System Pd-en/scyllo-Inosit wurde 13C-NMR-spektroskopisch untersucht, die Signale der einzelnen Spezies konnten zugeordnet und die Komplexverteilung in Lösung bei verschiedenen Pd-en:scyllo-Inosit-Verhältnissen beobachtet werden. Es liegt immer ein Gemisch unterschiedlich palladierter Inosite vor. Die Optimierung einer neo-Inosit-Synthesevorschrift war Voraussetzung für die Untersuchungen von neo-Inositolato-Komplexen. Es gelang erstmals, eine Koordinationsverbindung mit neo-Inosit strukturell zu untersuchen. Zwei Pd(en)-Fragmente koordinieren dabei an cis-Diolato-Funktionen des neo-Inosits. Homoleptische Komplexe mit neo-Inosit wurden bisher nicht kristallin erhalten. Dihydroxo-μ-oxo-1,3-bis{2’-(dimethylamino)ethyl}-hexahydropyrimidin-dipalladium(II) bindet an drei benachbarte Hydroxylgruppen unter Bildung mehrkerniger Komplexe. Das mittlere Sauerstoffatom verbrückt dabei zwei Palladiumatome. Die Verbindungen von scyllo- und myo-Inosit mit jeweils zwei Dipalladium-Fragmenten wurden strukturell charakterisiert. Der CIS („coordination induced shift“) des am verbrückenden Sauerstoff bindenden Kohlenstoffs ist in der scyllo-Inosit-Verbindung mit 27,8 ppm außerordentlich groß. scyllo-Inosit erweist sich als vielseitiger Ligand, der sowohl trans-1,2-Diolato- als auch syn-axiale 1,3,5-Triolato-Komplexe bildet. Auf Grund seines recht starren Ringgerüsts und der hohen Inversions-Energie zur all-axialen Form wird bei Metallen, die einen kleinen Ionenradius haben und somit einen möglichst kleinen Diolato-Torsionswinkel bevorzugen oder deren Komplexbildungsenergie die für die Ringinversion nötige Energie nicht kompensiert, keine Koordination beobachtet. Die auf Grund der axialen Hydroxyl-Gruppe an C2 geringere Symmetrie des myo-Inosits führt zu vielfältigen, nur geringfügig unterschiedlichen Koordinationsmöglichkeiten. myo-Inositolato-Komplexe zeigen daher geringe Kristallisationsbereitschaft. In kristallin erhaltenen Komplexen mit Diolato-Koordination binden die Zentralmetallatome stets an trans-Diolato-Funktionen. In Lösung werden weitere Koordinationsmuster gefunden. Für neo-Inosit reichen die Untersuchungen noch nicht für ein umfassenderes Bild aus. Die untersuchten Inosite zeigen vielfältige Koordinationsmöglichkeiten, die mit abnehmender Inosit-Symmetrie deutlich zunehmen. Auch in den Mutterlösungen, aus denen Kristalle erhalten wurden, liegt meist eine Vielzahl an Komplexspezies ohne signifikante Bevorzugung eines bestimmten Bindungsmusters vor, was NMR-spektroskopisch gezeigt werden kann. Eine Ursache liegt in den geringen chemischen und geometrischen Unterschieden der einzelnen Hydroxylgruppen. Lösungen mit wenigen Komplexspezies wurden dort gefunden, wo die Speziesvielfalt auf Grund geometrischer Faktoren auf wenige Komplexe beschränkt ist.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
In dieser Arbeit werden neue Kohlenhydrat-Komplexe mit Cobalt(III) beschrieben. Die Cobalt-Verbindungen werden mittels 13C- und 59Co-NMR-Spektroskopie in Lösung und durch Einkristall-Röntgenstrukturanlyse charakterisiert. Das Ziel, Cobalt(III)-Komplexe unter deutlich milderen Reaktionsbedingungen herzustellen als bisher, wurde erreicht. Polyalkohole konnten mit [(tren)CoCl2]Cl in ein Tag bei Zusatz von Aktivkohle zu der wässrig-alkalischen Lösung bei Raumtemperatur umgesetzt werden. Es konnte ein Bereich für den “Coordination Induced Shift“ (CIS) der C-Atome zwischen 6-12 ppm für eine an (tren)CoIII koordinierte Diolato-Gruppe eines Polyalkohols festgestellt werden. Auch einen charakteristische relative chemische Verschiebung für die zur koordinierten Diolato-Gruppe benachbarten C-Atome von ungefähr 2 ppm konnte ermittelt werden. [(phen)2CoCl2]Cl bildet ebenfalls Komplexe mit Poly-alkoholen, allerdings erst unter Erhitzen. Nur mit Anhydroerythrit ließ sich cis-[(phen)2CoCl2]Cl bei Raumtemperatur ohne Zugabe von Aktivkohle zur Reaktion bringen. Die restlichen Polyalkohole binden an das (phen)2CoIII-Fragment nur nach einstündigem Erhitzen auf 80 °C. Die CIS-Werte für die an (phen)2CoIII koordinierenden C-Atome der Diolato-Gruppe liegen zwischen 10 und 13 ppm. Die relative chemische Verschiebung für die zur Koordinations-bindung benachbarten C-Atome beträgt ungefähr 2 ppm. Mit cis-[(en)2CoCl2]Cl gelang die Bildung von Komplexen mit reduzierenden Zuckern. Hierzu werden die Zucker mit cis-[(en)2CoCl2]Cl in einer alkalischen Lösung mit Aktivkohle umgesetzt. Die Komplexbildung findet bereits bei 0 °C statt − eine wichtige Bedingung, da bei höherer Temperatur und höherer Basenkonzentration die N-glycoside gebildet werden. Sichtbar wird die Komplexierung durch eine tiefrote bis violette Färbung der Lösung. Die 13C-NMR-Spektren der Reaktionslösungen der Zucker-Komplexe zeigen die Anwesenheit mehrerer Spezies an. Versuche, die unterschiedlichen Spezies durch Säulenchromatographie voneinander zu trennen, schlugen wegen der Zersetzlichkeit der Komplexe fehl. Aus der Reaktionslösung von D-Ribose und cis-[(en)2CoCl2]Cl konnte Komplex [(en)4Co3(a-D-RibpH−4)2]Cl ∙ 14 H2O durch Röntgenstrukturanalyse charakterisiert werden. Hierbei zeigt sich eine O1-O2 Koordination an (en)2CoIII und eine O2-O3-O4 Koordination der a-Ribo-pyranose an einem CobaltIII-Zentrum, an dem der Stickstoffligand verdrängt ist. Die Sauerstoffatome O1-O2-O3-O4 von [(en)4Co3(a-D-RibpH−4)2]Cl ∙ 14 H2O befinden sich in der äquatorial-axial-äquatorial-axial Stellung.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
In dieser Arbeit werden neue Koordinationsverbindungen von deprotonierten Zuckersäuren (Aldaraten) mit den Metallen Kupfer(ii), Palladium(ii), Aluminium(iii), Gallium(iii)und Indium(iii) beschrieben. Die Komplexe von Aldaraten mit dem Zentralmetall Kupfer(ii) 1–10 wurden mit Hilfe von Einkristall-Röntgenstrukturanalyse charakterisiert, und daraus Kenntnisse zur Strukturchemie von Aldarato-cupraten gewonnen. Bei diesen Versuchen kristallisierte mit [Cu(NH3)4(H2O)2](Gal1,6A21,6H−2) (11) auch das Galactarat des erstaunlicherweise zum ersten Mal röntgenstrukturanalytisch charakterisierten Tetrammindiaqua- kupfer(ii)-komplexes aus. Bei der Umsetzung von Tartronsäure mit Kupfer(ii) und o-Phenantrolin (1:1) wurde der heteroleptische, über zwei Carboxylatgruppen des Tartronats koordinierte, Komplex [Cu(phen)(C3H2O5)(H2O)] · H2O (1) kristallisiert. Sämtliche weitere Umsetzungen von Kupfer(ii)-Salzen mit Aldaraten erfolgten ohne Zugabe von Hilfsliganden. Es konnten Alkalimetall- und Ammonium-Salze von Aldaratocupraten isoliert, und die Einkristallstrukturen bestimmt werden. Die über die Carboxylatgruppe koordinierten Ditartronato-cuprate Li2[Cu(C3H2O5)2(H2O)2] · 2H2O (2), Na2[Cu(C3H2O5)2(H2O)2] · 6H2O (3) und (NH4)2[Cu(C3H2O5)2(H2O)2] (4) ließen sich aus schwach sauren Lösungen, die Tartronsäure, Kupfer(ii) und Basen enthielten, kristallisieren. Es zeigte sich, dass sich die Kationen bestimmend auf die Kristallstruktur auswirken. Bei neutralen Bedingungen (pH = 7) wurden die Tritartronatocuprate (NH4)4[Cu3(C3HO5)3Cl] · 3H2O (5), K3[Cu3(C3HO5)3(H2O)] · 3,785H2O (6), Rb3[Cu3(C3HO5)3(H2O)] · 4H2O (7) und Cs3[Cu3(C3HO5)3(H2O)3] · H2O (8) kristallisiert. Die Tartrato-Liganden liegen vollständig deprotoniert vor und koordinieren jeweils zwei Kupfer-Atome über zwei Chelatfünfringe, die von den α-Alkoxo-Carboxylat-Einheiten ausgebildet werden, so dass die deprotonierte Hydroxy-Funktion verbrückend wirkt. Interessante Unterschiede zeigen die Komplex-Anionen bei der weiteren Koordination der Kupfer-Atome im zentralen Cu3O3-Sechsring an Aqua- oder Chloro-Liganden. Auch in der Kationenkoordination an die Sauerstoff-Atome im Cu3O3-Ring zeigen sich Unterschiede. Mit Xylarat als Ligand gelang es, einen der bislang größten [47] homoleptischen Cupratkomplexe, K9[Cu13(Xyl1,5A21,2,4,5H−4)5(Xyl1,5A2H−5)3]· 90H2O (9), aus einer schwach sauren Lösung zu kristallisieren. Bereits bei diesem niedrigen pH-Wert weist der Komplex drei vollständig und fünf vierfach deprotonierte Xylarato-Liganden auf. In der Struktur des Komplex-Anions vereinigen sich sämtliche bei Aldarato-Komplexen beobachtete Koordinationsmuster der Liganden, außer der nur bei Tartronat möglichen Koordination durch zwei Carboxylatgruppen zu einem Chelatsechsring. Auch alle bislang bei Oxo-cupraten beobachteten Kupfer-Sauerstoff-Baueinheiten (Cu2O2-Vierringe, Cu4O4-W¨urfel, Cu3O3-Sechsringe) sind hier in einer Verbindung kombiniert. Das polymere Cuprat Na4[Cu(Gal1,6A2H−6)] · 12H2O (10) lässt sich aus alkalischen Natriumhydroxid-haltigen Lösungen mit Galactarat als Ligand kristallisieren. Galactarsäure besitzt wie der homologe Zuckeralkohol Dulcit eine Erythrit-Teilstruktur und bildet mit dieser das Cuprat aus, wie es auch bei polymeren Erythritolato- und Dulcitolato-cupraten beobachtet wurde [38]. Die in Aldarat/Pd-en-Lösung vorhandenen Komplexspezies bei unterschiedlichen Stöchiometrien und bei Zugabe verschiedener Basen wurden mittels 13C-NMR-Spektroskopie aufgeklärt. Von den nachgewiesenen Spezies konnten einige kristallisiert und ihre Struktur aufgeklärt werden (12–16). Tartronat-haltige Pd-en-Lösungen zeigen in 13C-NMR-Spektren neben unkoordiniertem Tartronat nur das über das doppelt deprotonierte α-Hydroxy-Carbonsäure-Fragment koordinierte Ethylendiamin-tartron-1,2,3-ato-O1,2-palladat(ii). Aus diesen Lösungen kristallisiert dennoch das neutrale über beide Carboxylatgruppen koordinierte [Pd(C3H2O5)(en)] · H2O (12). Durch Variation der Mengen von l- und meso-Weins¨aure in Pd-en-Lösungen und bei Zugabe verschiedener Alkalilaugen lassen sich alle drei möglichen, über Chelatfünfringe koordinierte Komplexspezies in Lösung durch 13C-NMR-Spektren nachweisen. Die Zugabe von Lithiumhydroxid zu den Lösungen bewirkt die Verdrängung des PdII(en)-Fragments von der Koordination durch eine Carboxylatgruppe zur Diolat-Einheit. Mit dem zweikernigen Komplex [(Pd(en))2(l-Thr1,4A2H−4)] · 5,42(3)H2O (13) und dem einkernigen Palladat [Pd(en)2][(en)Pd(Ery1,4A21,2,4H−3)]2 · 10H2O (14) konnten zwei der in Lösung nachgewiesenen Spezies kristallisiert werden. Auch in NMR-Spektren von Xylarat-haltigen Pd-en-Lösungen lässt sich beobachten, dass nach Zugabe von Lithiumhydroxid keine Koordination mehr durch eine Carboxylatgruppe vorliegt. Diese anionische Komplex-Spezies ließ sich kristallisieren und als Li2[(en)Pd(Xyl1,5A21,2,3,5H−4)] · 6,5H2O (15) charakterisieren. Galactarat zeigt das Verhalten gegenüber Lithiumhydroxid nicht, so dass sich aus Lithiumhydroxid-haltigen Lösungen von Galactarsäure in Pd-en der zweikernige Neutralkomplex [(Pd(en))2(Gal1,6A21,2,5,6H−4)] · 5H2O (16) kristallisieren lässt, der über die beiden α-Alkoxo-Carboxylat-Einheiten des Liganden koordiniert wird. Im dritten Teil der Arbeit wurden neue Aldarato-metallate mit den Metallen der dritten Hauptgruppe Aluminium, Gallium und Indium (17–27) synthetisiert und strukturell aufgeklärt. Desweiteren konnte durch 27Al-MAS-NMR-Spektroskopie an Kristallen im Vergleich mit 27Al-NMR-Spektren von Reaktionslösungen nachgewiesen werden, dass die kristallisierten Aldarato-aluminate auch in Lösung die Hauptspezies darstellen. Durch Umsetzung von Tartronsäure mit Aluminium(iii)- bzw. Gallium(iii)-Salzen und Alkalihydroxiden lassen sich aus den sauren Lösungen Kristalle der isotypen Natriumsalze Na6[M3(C3H2O5)3(C3HO5)3] · 15,6H2O (17: M = Al, 19: M = Ga) bzw. isotypen Kaliumsalze K6[M3(C3H2O5)3(C3HO5)3] · 8H2O (18): M = Al, 20: M = Ga) isolieren, deren drei cyclisch über Ecken verknüpfte MO6-Oktaeder ein neues Baumotiv in der Al- bzw. Ga-Koordinations-Chemie außerhalb der Strukturchemie der Oxide und Hydroxide darstellen. Durch Simulation der 27Al-MAS-NMR-Spektren mit Hilfe der drei Spin-Funktionen der kristallographisch unabhängigen Aluminium-Kerne in 17 lassen sich die isotropen chemischen Verschiebungen berechnen (δCSiso = 14,4; 17,0 und 19,3), deren Mittel sehr gut mit dem in Lösungen von Kristallen und Reaktionslösungen zu beobachtenden breiten Hauptsignal bei 16,8 ppm übereinstimmt. Aus vergleichbaren Reaktionslösungen mit Indium(iii)-nitrat lässt sich das neuartige vierkernige Indat Na6[In4(C3HO5)6(H2O)2] · 8H2O (21) gewinnen, in dem jedes Indium- Atom siebenfach von Sauerstoff koordiniert wird. Viele Arbeitsgruppen versuchten bislang vergeblich die Kristallisation einer Aluminium-tartrat-Verbindung. In dieser Arbeit konnte erstmals die Kristallstruktur eines Tartarto-aluminats (Cs2[Al6(H2O)6((l-Thr1,4A2)7H−20)] · 19H2O (22)) vorgestellt werden. Im sechskernigen Komplex liegen sieben l-Tartrato-Liganden unterschiedlichen Protonierungsgrads vor. Alle funktionellen Gruppen der Liganden sind an der oktaedrischen Koordination der Aluminium-Atome beteiligt, und die sechs offenen Koordinationstellen werden durch Aqua-Liganden abgesättigt. Aus sauren Lösungen lassen sich die zweikernigen, isotypen Cäsiumsalze der Xylarato-metallate Cs[M2(Xyl1,5A21,2,5H−3)(Xyl1,5A21,2,4,5H−4)(H2O)4] · 3H2O (23: M = Al, 25: M = Ga) kristallisieren. Diese zeichnen sich wie eine zweite Modifikation des Aluminats Cs[Al2(Xyl1,5A21,2,5H−3)(Xyl1,5A21,2,4,5H−4)(H2O)4] · 6H2O (24) durch eine starke intramolekulareWasserstoffbrückenbindung zwischen den beiden Liganden aus, bei der sich die beiden Sauerstoff-Atome bis etwa 242pm nahe kommen. Zur Koordination der beiden isolierten MO6-Oktaeder werden trotz vorhandener freier Hydroxygruppen der Liganden zusätzlich je zwei Aqua-Liganden herangezogen. Wiederum lässt sich zeigen, dass das kristallisierte Aluminat (δCSiso = 21,9; 23,4) auch die Hauptspezies (δ = 22,5) in Lösung darstellt. Seine Sonderstellung in der Kohlenhydrat-Polyolat-Chemie unterstreicht Aluminium bei den Galactarato-aluminaten Na6[Al6(Gal1,6A21,2,5,6H−4)4(OH)8] · 21H2O (26) und K6[Al6(Gal1,6A21,2,5,6H−4)4(OH)8] · 23H2O (27), die aus alkalischen Lösungen kristallisiert werden konnten. Die Strukturanalyse zeigt ein Cyclohexaaluminat, in dem pro Al vier Baseäquivalente gebunden sind. Diese 24 Baseäquivalente liegen nicht ausschließlich in Form von deprotonierten Gruppen am Galactarat vor, sondern acht µ-Hydroxo-Liganden stellen zusammen mit vier tetraanionischen Galactarato-Liganden die Sauerstoff-Ligator-Atome für den Ring aus sechs kantenverknüpften AlO6-Oktaedern bereit. Die anhand der Simulation des 27Al-MAS-NMR-Spektrums ermittelten Verschiebungen (¯δCSiso = 20,1) stimmen mit dem sehr breiten Hauptsignal in den Lösungsspektren der Reaktionslösungen bei etwa 20 ppm überein. Daneben befindet sich ein nicht unbeträchtlicher Anteil von [Al(OH)4]− in Lösung. d-Mannaro-1,4-3,6-dilacton wirkt in alkalischen Lösungen reduzierend und zersetzt sich leicht. Im letzten Teil der Arbeit gelang es in HPLC-unterstützten Untersuchungen einen Weg zu finden, ausgehend vom Dilacton über den Umweg der Umsetzung zum d-Mannarsäurediamid und der anschließenden Verseifung zu stabilen, reinen d-Mannarat-Lösungen zu gelangen, die sich zur weiteren Umsetzung mit Metallsalzen eignen. Die bevorzugte Koordination von Metallen durch Aldarate erfolgt durch die Ausbildungvon Chelatfünfringen mit der doppelt deprotonierten α-Hydroxy-Carbonsäure-Einheit. Desweiteren wurden die Koordinationen durch 1,2-ständige Diolate (Chelatfünfringe), 1,3-ständige Diolate (Chelatsechsringe, nur bei 9), eine 1,2,3-Triolat-Einheit (facial durch einen Xylarato-Liganden in 9) und durch 1,3-ständige Carboxylatgruppen bei Tartronaten (1–4 mit Cu(ii) und 12 mit Pd(ii)) beobachtet. Während Carboxylatgruppen ausschließlich endständig an Metalle koordinieren, finden sich deprotonierte Hydroxygruppen sowohl in endständigen als auch in µ2- und µ3-verbrückenden Positionen. Es ließ sich zeigen, dass sich aufgrund der leichten Deprotonierbarkeit der Carbonsäure-Funktion und der erhöhten Acidität der α-ständigen Hydroxygruppe die Darstellung von Aldarato-Komplexen bei sehr milden Bedingungen auch im Bereich des physiologischen pH-Werts bewerkstelligen lassen. Die Aldarsäuren eignen sich desweiteren hervorragend zum Aufbau neuartiger oherkerniger Metall-Sauerstoff-Cluster.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
In dieser Arbeit werden die ersten Kohlenhydratverbindungen von Rhenium(V) und Rhenium(VI) beschrieben, die durch ein- und zweidimensionale NMR-Spektroskopie in Lösung und durch Einkristall-Röntgenstrukturanalyse untersucht wurden. Es werden zwei Synthesewege für die Darstellung von Rhenium(VI)-Kohlenhydrat-Ver-bindungen vorgestellt (Schema 2.1). Durch Reduktion von ReVII2O7 mit PPh3 konnte der Komplex [{ReVIO(AnErytH−2)}2(µ-O)2(µ-MeOH)] (4) dargestellt werden. Die beiden Komplexe [{(µ-O){ReVIO(MeO)(Me-α-D-Lyxf 2,3H−2)}}2{(µ-O){ReVIO(Me-α-D-Lyxf 2,3H−2)}2}] (5) und [(µ-O){ReVIOCl(AnErytH−2) · MeOH}2] (6) entstanden bei der Oxidation von [ReVOCl4]− mit Sauerstoff. Dabei zeigt sich die starke Oxophilie des stark Lewis-sauren ReVI. Die Metallatome sind über Oxobrücken verknüpft und kommen sich so nahe, dass wie bei 4 Metall-Metall-Wechselwirkungen entstehen können. Der Komplex ist aus zwei [ReVIO2(AnErytH−2)]-Einheiten aufgebaut. Dieser Aufbau ähnelt 6, bei der zwei [ReVIOCl(AnErytH−2)]+-Einheiten über einen O2−-Liganden verbunden sind. Das gleiche Verknüpfungsmuster besitzt die tetranukleare Verbindung 5. Hier sind vier [ReVIO(Me-α-D-Lyxf2,3H−2)]2+-Fragmente mit O2−-Liganden verbunden, wobei an den terminalen Ein-heiten Methanolat koordiniert. Diese Verbindungsklasse ist in erster Linie von wissenschaftlichem Interesse. Ihre hohe Oxidationsempfindlichkeit und hydrolytische Instabilität erlauben keine Verwendung in der Nuklearmedizin. Die Komplexe konnten alle ohne einen Hilfsliganden stabilisiert wer-den. Dies gelang auch bei dem ReV-oxalat-Komplex [(ReVOCl3)2(Ox)]2− (1) und der ReV-kojinat-Verbindung [ReVOCl3(KojiH−1)]− (2). Dabei koordinieren Oxalat und Kojisäure trans zum apicalen Sauerstoff und substituieren ein Chloratom des Eduktes [ReVOCl4]−. Eine formale Re-Re-Doppelbindung besitzt der binukleare Komplex [{ReV(MeO)2Cl2}2 (µ-O)(µ-MeO)]− (3), wobei sich die Metallatome bis auf 2.46 Å nahe kommen. Eingehender wurden die ReV-Komplexe untersucht, bei denen ein Hilfsligand das Kohlen-hydrat-[ReVO]3+-Fragment stabilisiert. Die drei Strukturmuster sind in Abbildung 4.1 aufgeführt. Zusammenfassung 69 OReOONNNNNNBReOOONNN+_IReOOOClNN Abbildung 4.1: Die drei Strukturmuster der heteroleptischen ReV-Komplexe 8–20 (außer 18) mit den Hilfsliganden phen, tpb und dien. Mit phen als Hilfsligand konnten die Komplexe [ReVOCl(phen)(cis-1,2-CptdH−2)] (8), [ReVOCl(phen)(AnErytH−2)] (9), [ReVOCl(phen)(trans-1,2-ChxdH−2)] (10) und [ReVOCl(phen)(Xylt2,3H−2)] (11) röntgenkristallographisch untersucht werden. Die orangen Verbindungen sind gut zugänglich; [ReVOCl4]− wurde in Methanol unter Zugabe von phen und dem Kohlenhydrat umgesetzt. Die entstandenen Komplexe waren bei zu langer Sauerstoffexposition instabil, was auf die Substitutionsstelle des Chlorids zurück-zuführen ist. Durch eine formale Substitution von Chlorid und phen mit dem dreizähnigen tpb-Liganden verbesserte sich die Stabilität der tpb-Komplexe [ReVO(tpb)(AnErytH−2)] (13), [ReVO(tpb)(Me-β-D-Galp3,4H−2)] (14), [ReVO(tpb)(D-Thre2,3H−2)] (15) und [ReVO(tpb)(Eryt1,2H−2)] (16) im Vergleich zu den phen-Komplexen. Ein weiterer Grund für die Oxidationsstabilität der neutralen Verbindungen ist der Chelateffekt. Nachteilig ist ihre schlechte Wasserlöslichkeit. Zur Synthese dieser blauen Substanzen wurde eine me-thanolische Suspension aus [ReVO(tpb)Cl2], dem Kohlenhydrat und der Base Triethylamin zwei Stunden lang unter Rückfluß bei 80 °C gerührt. Auffällig bei 14 ist der niedrige Tor-sionswinkel der chelatisierenden Diol-Einheit mit 32.5 °. Daraus ergibt sich eine Abwei-chung von 23.7 ° im Vergleich zum C3–O3–O4–C4-Torsionswinkel des freien Galactopy-ranosids. Dies ist bisher die größte beobachtete Erniedrigung eines Torsionswinkels einer komplexierenden Diol-Einheit in Pyranosiden. Die Synthese der Rhenium(V)-dien-Kohlenhydrat-Verbindungen ähnelt der Darstellung der phen-Komplexe. Eine methanolische Suspension aus [ReVO2I(PPh3)2], dem Kohlenhydrat-Liganden und dien musste eine Stunde bei Raumtemperatur gerührt werden. Es entstanden rosa Kristalle mit der Summenformel [ReVO(dien)(AnErytH−2)]I (17), [ReVO(dien)(Me-α-D-Manp2,3H−2)]I (19) und [ReVO(dien)(Me-β-D-Galp3,4H−2)]I (20). Weiterhin wurde ein Adenosin-Komplex mit der postulierten Zusammensetzung [ReVO(dien)(AdoH−2)]I (21) synthetisiert. Die Verbindungen zeichnen sich durch ihre 70 Zusammenfassung Wasserlöslichkeit, ihre Oxidations- und Hydrolysestabilität (bei Raumtemperatur bis zu einer Woche) und durch ihre schnelle Präparation aus. Es gelang, die Mannopyranosid-Verbindung 19 und den Adenosin-Komplex 21 mit Hilfe der HPLC zu charakterisieren. Damit wurde die analytische Basis für die Synthese von radioaktiven Rhenium(V)-Kohlen-hydrat-Verbindungen gelegt. Auf der Grundlage der Darstellungsvorschriften der dien-Verbindungen wurden, ausgehend von 188ReVIIO4−, die radioaktiven Ionen [188ReVO(dien)(Me-α-D-Manp2,3H−2)]+ von (22) und [188ReVO(dien)(AdoH−2)]+ von (23) synthetisiert. Ihre Existenz konnte mit der HPLC-Chromatographie nachgewiesen werden. Nuklearmedizinische Anwendungen dieser radioaktiven Verbindungen werden zurzeit untersucht. Bei den Reaktionen von polyfunktionellen Kohlenhydraten mit Rhenium(V)-Verbindungen sind viele isomere Formen von Oxorhenium(V)-Komplexen möglich. Bei den in dieser Arbeit vorgestellten Verbindungen werden die anti/syn-Isomere beschrieben, in denen der Ligand um 180° um die äquatoriale Ebene gedreht ist. Während die phen-Komplexe empfindlich gegenüber Sauerstoff reagierten, zeichneten sich die Rhenium-Komplexe mit tpb und dien durch ihre kinetische Inertheit aus. Unter dem Aspekt der Synthese stabiler Rhenium(V)-Kohlenhydrat-Verbindungen hat sich das „3 + 2“- dem „2 + 2“-Konzept als überlegen erwiesen. Aufgrund ihrer Stabilität in Lösung können aussagekräftige NMR-Spektren der Oxo-rhenium(V)-Komplexen erhalten werden. Die Resonanzen der Kohlenstoffatome, die an die koordinierenden Sauerstoffe gebunden sind, verschieben sich durch die Komplexierung um bis zu 31.4 ins Tieffeld. Die dem Rhenium(V) nahen Wasserstoffe (H–C–O–Re) erfahren eine Tieffeldverschiebung von bis zu 1.9. Die Zuordnung der Resonanzen zu ein-zelnen Atomen erfolgte mit Hilfe der 2D-NMR-Spektroskopie. Der Erkenntnisgewinn aus der Verzahnung von struktureller Aufklärung und den Reso-nanzverschiebungen in den 1H- und 13C-Spektren führt dazu, dass schon auf Basis von NMR-Verschiebungen zuverlässige Aussagen über die Koordination des Kohlenhydrates an Rhenium(V) getroffen werden können.
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In dieser Arbeit werden neue Kohlenhydrat-Komplexe mit Palladium(II) und Kupfer(II) beschrieben. Die Verbindungen mit Palladium(II) werden durch ein- und zweidimensionale NMR-Spektroskopie in Lösung und durch Einkristall-Röntgenstrukturanalyse identifiziert, während Verbindungen von Kupfer(II) durch ihre Redoxstabilität in Lösung und Einkristall- Röntgenstrukturanalysen charakterisiert werden. Besonderes Augenmerk wird in dieser Arbeit auf Metallkomplexe mit reduzierenden Zuckern gelegt, denn hier existierten noch keine strukturell charakterisierten Komplexe mit Kupfer(II) oder Palladium(II). Strenge Regeln für die Koordination von Zuckeralkoholen in Pd-en konnten mit Hilfe der 13C-NMR-Spektroskopie ausgearbeitet werden. Hierbei wurde zum ersten Mal eine Koordination von zwei Pd(en)-Fragmenten in einer Threit-Teilstruktur bei der Verbindung mit dem Zucker-alkohol Xylit 1 röntgenstrukturanalytisch nachgewiesen. Es wurden Lösungen von Palladium(II) mit reduzierenden Zuckern stabilisiert. Dabei wurde die Röntgenstruktur der in Pd-en entstehenden Metall-koordinierten Verbindungen von rac-Mannose 2, D-Arabinose 3, D-Ribose 4, D-Glucose 5 und D-Galactose 6 aufgeklärt. Die Strukturen 3–6 sind die ersten Kristallstrukturen von Metall-Komplexen dieser reduzierenden Zucker. Auch konnte das erste Mal ein Metallkomplex mit einem reduzierenden Zucker in der Pyranose-Form strukturell charakterisiert werden. Die Lösungen dieser Zucker in Pd-en wurden mit Hilfe der zweidimensionalen NMR-Spektroskopie untersucht und der Anteil von den jeweiligen verschiedenen vorhandenen Konfigurationen der Zucker in Lösung bestimmt. Neue [(RNH2)2Pd(OH)2]-Reagenzien wurden synthetisiert, wobei die beiden Amin- Liganden im Gegensatz zum bisher untersuchten [(en)Pd(OH)2] durch keine Alkylbrücke verbunden sind. Ihre Koordination an Polyole wurde mit Hilfe der Röntgenstrukturanalyse charakterisiert, wobei Strukturen von Pd-NH3 mit Erythrit 7 und von Pd-MeNH2 mit Dulcit 8 bestimmt wurden. NMR-spektroskopische Untersuchungen zeigten, dass die Anbindung an Zuckeralkohole analog dem Pd-en erfolgt. Dies ist jedoch nicht mehr der Fall, wenn der Platz für die Anbindung an Kohlenhydrate geringer ist. So konnte gezeigt werden, dass der sterische Anspruch der [(RNH2)2Pd(OH)2]-Reagenzien in der Reihe Pd-en ≈ Pd-NH3 < Pd-MeNH2 < Pd-iPrNH2 deutlich steigt. Während reduzierende Zucker stets an zwei Pd(en)-Fragmente anbinden, binden sie meist nur einmal an Pd(iPrNH2)2-Fragmente an. Dabei erfolgt die Koordination stets über O1 und O2. Dieser steigende Platzbedarf zeigt sich auch in Komplexen mit Cyclodextrinen. Hier konnten erstmals heteroleptische Metall-Komplexe von Cyclodextrinen mit Palladium(II) strukturell charakterisiert werden. Sowohl mit α-Cyclodextrin und Pd-NH3 bzw. Pd-iPrNH2 als auch mit γ-Cyclodextrin und Pd-iPrNH2 (Strukturen 9–11) erhält man Strukturen, bei denen jede zweite Anhydroglucose-Einheit an Palladium anbindet, wobei die nicht-koordinierenden Hydroxy-Gruppen O2-H und O3-H intramolekulare Wasserstoffbrückenbindungen zu den deprotonierten Alkoxy-O-Atomen benachbarter Anhydroglucose-Einheiten ausbilden. 13CNMR- Spektren ergaben hier für Pd-en und Pd-NH3 in Lösung Gemische, die auf Spezies hinweisen, bei denen mehr als jede zweite Anhydroglucose-Einheit an Palladium koordiniert. In Lösungen mit Pd-iPrNH2 wurden lediglich die kristallisierten Spezies gefunden. Beim Versuch, ungewöhnliche Polyol-Strukturen mit Palladium-Zweikernkomplexen zu stabilisieren, wurden die neuen Komplexe Dihydroxy-µ-oxo-[1,3-bis(2’-(dimethylamino)- ethyl)-hexahydropyrimidin]-dipalladium(II), Dihydroxy-µ-oxo-[1,3-bis(2’-(dimethylamino)- ethyl)-imidazolidin]-dipalladium(II), Tetrahydroxy-[N,N´-bis(2-(dimethylamino)ethyl)-α,α´- diamino-p-xylol]-dipalladium(II) und Tetrahydroxy-[N,N´-bis(2-(dimethylamino)ethyl)-α,α´- diamino-m-xylol]-dipalladium(II) hergestellt. Die ersten beiden aufgeführten Komplexe stabilisieren Polyolato-Komplexe mit Palladium(II) in einer Pd2-µ-Triolato(3−)-Koordination, wobei jeweils die Verbindungen mit Dulcit [(C12H28N4)2Pd4(DulcH−6)] ⋅ 2 Cl ⋅ 16 H2O (12) bzw. [(C11H26N4)2Pd4(DulcH−6)] ⋅ 2 Cl ⋅ 16 H2O (14) strukturell charakterisiert wurden. Die langsame Oxidation von Galactose in Lösungen des erstgenannten Komplexes führte zur Kristallisation des Galactonsäure-Komplexes [(C12H28N4)2Pd4(Gal1AH−6)] ⋅ 2 Cl ⋅ 16 H2O (13). 13CNMR- spektroskopische Untersuchungen zeigten, dass Dihydroxy-µ-oxo-[1,3-bis(2’- (dimethylamino)-ethyl)-hexahydropyrimidin]-dipalladium(II) und Dihydroxy-µ-oxo-[1,3- bis(2’-(dimethylamino)-ethyl)-imidazolidin]-dipalladium(II) an reduzierende Zucker an den Atomen O1–O3 in ihrer Pyranose-Form anbinden, und dass hier stets eine Hauptspezies entsteht. Das an das mittlere verbrückende O-Atom gebundene C-Atom zeichnet sich im 13CNMR- Spektrum durch CIS-Werte von über 20 aus. Bei Diolato-Koordination beobachtet man lediglich CIS-Werte von ca. 10. Die hier gebildeten Komplexe sind unzersetzt löslich in Wasser und bei Raumtemperatur mehrere Stunden stabil. Die beiden oben aufgeführten Xylol- Komplexe bewirken eine Bisdiolato-Koordination der Polyole, wie man an den Strukturen der p-Xylol-Verbindung mit Ethylenglykol [(C16H30N4)Pd2(EthgH−2)2] ⋅ 11 H2O (15) und an der Struktur der m-Xylol-Verbindung mit Dulcit [(C16H30N4)2Pd4(Dulc2,3,4,5H−4)2] ⋅ 18 H2O (16) erkennen kann. Daher koordiniert auch nicht ein Polyol-Molekül an die beiden Pd-Atome eines Xylol-Liganden, sondern an Pd-Atome zweier verschiedener Liganden. Mit der Aufklärung der Struktur von Dulcit in Cu-en 17 konnte das noch fehlende Glied in der Reihe homoleptischer und heteroleptischer Komplexe von Kupfer(II) mit Erythrit und Dulcit charakterisiert werden. Hierbei koordinieren ähnlich wie beim Pd-en zwei Cu(en)- Fragmente an das Tetraolat in der Erythrit-Teilstruktur. Erstmals wurden Lösungen von Kupfer(II) und reduzierenden Zuckern so stabilisiert, dass Kristallstrukturen von Koordinationsverbindungen aus diesen Lösungen beschrieben werden konnten. Mit den Amin-Liganden Ethylendiamin und Ammoniak konnten trinukleare Komplexe mit D-Lyxose kristallisiert und ihre Strukturen 18 bzw. 19 beschrieben werden. Dabei wurde der erste Polyol-Komplex aus Schweizers Reagenz beschrieben. Bei allen Kupfer- Komplexen zeigt sich hierbei eine Stabilität von Cu2-µ-Triolato(3−)-Fragmenten. Die Strukturen von zwei Cu7-Clustern wurden mit den reduzierenden Zuckern D-Mannose 20 und DRibose 22 und den Hilfsliganden Ethylendiamin bzw. Hydroxyethyl-ethylendiamin bestimmt, wobei hier die Amin-Hilfsliganden teilweise am anomeren C-Atom N-glycosidisch anbinden. Ein Cu5-Cluster 21 konnte mit Mannose und Cu(OH)2 im stark alkalischen Medium ohne Zugabe eines Amins hergestellt und strukturell charakterisiert werden. Bei all diesen ClusternGibt man N,N´-Bis(2-(dimethylamino)ethyl)-α,α´-diamino-p-xylol zu Suspensionen aus Cu(OH)2 und Xylit, so erhält man Kristalle eines Cu18-Clusters 23, der in seinem Torus zwei Aceton-Moleküle eingelagert hat. Auch hier sind wieder eckenverknüpfte Cu3O3-Sechsecke charakteristisch für die Struktur. Eine unerwartete Reaktion wurde mit demselben Liganden bei Zugabe von D-Ribose gefunden. Hierbei entstand aus dem N-Alkyl-N´,N´- dimethylethylendiamin-Fragment, der D-Ribose bzw. ihren Abbauprodukten und aus Kupfer( II) eine Verbindung 24, die als Amin-Liganden cis-4,5-Dihydroxy-1,3-bis(2’- (dimethylamino)ethyl)-imidazolidin enthält. D-Ribose liegt dabei in der 1C4-Form vor, weil sie so über die O-Atome O1–O3 in der optimalen cis-cis-äquatorial-axial-äquatorial Konfiguration an das Cu2-µ-Triolato(3−)-Fragment koordinieren kann. Der trikationische Kupfer-Zweikernkomplex Diaqua-µ-hydroxy-[3,6-Bis(2’-pyridyl)- pyridazin]-dikupfer(II) ergibt mit Luftsauerstoff durch Reduktion mit einem reduzierenden Zucker eine für Kupfer(II) sehr ungewöhnliche Struktur 25 mit einer µ4-Peroxy-Einheit. Mit dem Liganden 1,4-Bis(2´-aminoethyl)-piperazin erhält man bei Zugabe von Kupfer(II) bei offenem Stehen an der Luft einen für Kupfer ungewöhnlich gebundenen Carbonat-Komplex 26, bei dem der Carbonat-Ligand über zwei O-Atome an das Kupfer bindet und somit ein Vierring entsteht. sind zwei über ein Kupfer-Atom eckenverknüpfte Cu3O3-Sechsecke vorhanden.
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Das aus der intensiven Untersuchung von Struktur-Wirkungsbeziehungen resultierende, zunehmende Verständnis für hochkomplexe Prozesse, wie beispielsweise der molekularen Erkennung, bestätigt die wichtige Rolle von Konformation und Struktur für die biologische Aktivität natürlicher und synthetischer Wirkstoffe und bildet die Basis für die gezielte Entwicklung neuer Medikamente (rational drug design). Die Einführung verschiedenster konformativer Einschränkungen ist dabei ein wesentlicher Schritt für die Aufklärung der bioaktiven Struktur eines rezeptorgebundenen Substrats und von entscheidender Bedeutung für die Erschließung neuer Arzneistoffe und Peptidomimetika. Hochfunktionalisierte Peptidgerüste, wie sie mit Hilfe der "Acylimin"-Chemie zugänglich sind, bieten neue Ansätze zur lokalen und globalen Restriktion von Peptidderivaten. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen neue Methoden zur Einführung konformativer Fixierungen in Peptidderivaten auf Basis olefinisch verknüpfter Aminosäure- und Peptiddimere. · Synthese und Struktur olefinischer Aminosäure- und Peptiddimere Als a,b-ungesättigte Aminosäure mit tetrasubstituierter Doppelbindung vereint die Verbindungsklasse der olefinisch verknüpften Aminosäure- und Peptiddimere 30-Z und 30-E in sich neben den Strukturelementen der Malein- und Fumarsäure auch strukturelle Merkmale anderer C-C-verbrückter Peptide. Die unter milden Bedingungen verlaufende Synthese erlaubt gleichermaßen sowohl die direkte Verknüpfung zweier identischer Peptidketten zu symmetrischen Derivaten, als auch die Darstellung heteromerer Verbindungen.1 Grundlegende Arbeiten dienen zunächst der Klärung der Stereochemie der Dimerisierungsprodukte und der Abhängigkeit der Stereoselektivität der Reaktion von der Verknüpfungsposition. Die folgende, detaillierte Untersuchung der strukturellen Besonderheiten dieser hochsubstituierten Olefine mit Hilfe von ein- und zweidimensionalen, temperaturabhängigen Hochfeld-NMR-Messungen, verschiedenen 13C-Markierungsexperimenten, zahlreichen Röntgenstrukturen sowie chemischen Modifikationen bildet die Basis für die Entwicklung neuer Möglichkeiten zur Anwendung dieses Strukturmotivs für konformativ fixierte Peptidderivate. · Ausweitung des synthetischen Konzepts und Ketodimere Die Vielseitigkeit des Dimerisierungskonzeptes konnte unter anderem anhand der erfolgreichen Synthese dimerer Aminoketone 120, Cyanodimere 71 oder doppelbindungsverbrückter Diketopiperazine 68 gezeigt werden (siehe S.5). Die für diese neuen Derivate nötige Konfigurationsanalyse der zentralen Doppelbindung erfolgt mit Hilfe chemischer Methoden oder auf Basis von Einkristallröntgenstrukturanalysen. Der zweite Teil dieser Arbeit befaßt sich mit verschiedenden Ansätzen zur Einführung konformativer Einschränkungen, die einerseits temporären Charakter besitzen können oder sich andererseits in Form von hochfunktionalisierten, cyclischen Produkten kovalent fixieren lassen: · Alkylierung Der dirigierende Einfluß der zentralen Doppelbindung auf die benachbarten Gruppen kann zur regioselektiven Alkylierung der Enamidfunktionen genutzt werden; dadurch gelingt eine gezielte Festlegung des Wasserstoffbrücken-Bindungsmusters der Dimere. Durch Alkylierung mit weiterfunktionalisierbaren Halogeniden entstehen neue Edukte (z. B. 306), die sich für spätere fixierende Cyclisierungen, wie beispielsweise durch Ringschlußmetathese, eignen. · Basische Cyclisierungen Peptid- und Ketodimere 302 lassen sich bei Behandlung mit Basen in Abhängigkeit von der Struktur und Stereochemie der Edukte durch intramolekulare Cyclisierung zu Hydantoinen 304 und 1 Die im Rahmen dieser Arbeit verwendete Kurzschreibweise für Aminosäure- und Peptiddimere orientiert sich an den in der Peptidnomenklatur üblichen Positionsangaben und kann im Detail dem Abkürzungsverzeichnis (Kapitel 13.1; S.343) entnommen werden. Maleinimiden 305, sowie Diaminocyclopentenonen 303 und 307 umsetzen. Die Graphik faßt die verschiedenen Angriffspunkte für Basen und die daraus resultierenden Hauptprodukte zusammen. Die konformative Fixierung durch diese Cyclisierungen führt zu neuen Templatstrukturen, deren Wasserstoffbrücken-Muster (z. B. Diaminocyclopentenon 303) große Ähnlichkeiten zu bekannten Schleifenmotiven aufweist. · Dimere als funktionelle Bausteine Die Möglichkeit zur Platzierung einer Vielzahl von Funktionalitäten und die unter üblichen Bedingungen hohe chemische Stabilität der Peptiddimere macht die Verbindungen zu vielversprechenden, chiralen Bausteinen für die Synthese höhermolekularer Strukturen. Die Darstellung verschiedender Dendrimere erster Generation, wie z. B. Z, E, Z-191, soll die große Variationsbreite möglicher Dimeren-basierender Dendrimere verdeutlichen. · · Olefin-Metathese Allylgruppen enthaltende Dimere können unter Ausnutzung der räumlichen Vororganisation durch die zentrale Doppelbindung in guten Ausbeuten mittels Ringschlußolefin-Metathese in entsprechende Diazocin- oder Dioxecin-Derivate 209 und 208 überführt werden. Auch hier führt die kovalente Fixierung der Verbindungen zu einer charakteristischen Anordnung der Peptidketten und induziert im Fall der Dioxecin-Derivate die Ausbildung einer g-turn-artigen Struktur. In Kombination mit basischen Cyclisierungen können auch interessante bicyclische Gerüste 227 und 246 dargestellt werden. Die milden Bedingungen der Metathese-Reaktion erlauben zudem ihren Einsatz für die chemische Konfigurationsbestimmung; diese Methode konnte unter anderem zur Ermittlung der Stereochemie der beiden Cyanodimere 71-Z und 71-E herangezogen werden. · Kronenether-Makrolide als potentielle Ionenkanäle Die auf zwei Wegen mögliche Synthese des Cyclodocosadiens Z,Z-237 unterstreicht eindrucksvoll die große Anwendungsbreite des Dimerisierungskonzepts. Das kronenetherartige Molekül Z,Z-237, das im Test Ansätze zur Ionenkanal-Bildung zeigt, wird durch doppelte Dimerisierung bifunktioneller Derivate erhalten. Erstmals gelingt in diesem Zusammenhang auch der Einsatz der Dimerisierungsreaktion zur direkten intramolekularen Cyclisierung (vgl. Derivat 244).2 · Hydrierung - Synthese eines orthogonal geschützten Diaminobernsteinsäure- Bausteins Mit Hilfe einer homogenen Rhodium-katalysierten Hydrierungsreaktion können je nach Konfiguration der Doppelbindung des dimeren Edukts stereospezifisch die syn-Form 309-syn oder das anti-Derivat 309-anti der Diaminobernsteinsäure in sehr guten Ausbeuten erhalten werden. Der Einsatz orthogonaler Schutzgruppen ermöglicht einen schnellen Zugang zu vielseitigen, diastereomeren Diaminobernsteinsäure-Bausteinen, die in Analogie zu bekannten Diaminodicarbonsäuren wie Cystin zur Verknüpfung von Peptidketten und damit zur Einführung lokaler Restriktionen genutzt werden können. Das folgende Schema gibt einen Überblick über einen Teil der in der Arbeit synthetisierten, oben angesprochenen Strukturen. 2 Im Rahmen dieser Untersuchungen wird als mildere Alternative zum üblichen Sulfurylchlorid-Abbau der Einsatz von Ethlysulfenylchlorid für die entsprechende Überführung von (a-Ethylthio)glycinen in die reaktiven a-Chlorglycylderivate etabiliert.
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Trimesitylblei(IV)bromid und Dimesitylblei(IV)dibromid, Mes3PbBr und Mes2PbBr2 Bei der äquimolaren Umsetzung von Mesityllithium mit Blei(II)chlorid in THF bei Raumtemperatur konnten Mes3PbBr und als Nebenprodukt Mes2PbBr2 isoliert und charakterisiert werden. Die Plumbylene Mes2Pb, MesPbCl oder MesPbBr, können als Intermediate postuliert werden, die mit Mesityllithium weiter zu Mes3PbBr bzw. zu Mes2PbBr2 reagieren können. Die Bildung der Blei−Brom-Bindung ist vermutlich auf einen Austausch von Chlor gegen Brom zurückzuführen, welches sich durch die Synthese von MesLi im Reaktionssystem befindet. Eine Grignard-Umsetzung führte nicht zu einer Ausbeuteverbesserung, sondern die Ausbeute an Mes3PbBr sinkt von 44% aus der Reaktionsgleichung a auf 2% von Gleichung b. Besonders aussagekräftig sind die 207Pb-NMR Spektren der beiden Mesityl-Blei- Verbindungen. Die Spektren zeigen jeweils ein scharfes Signal für die Blei-Resonanz, welches von 13C-Satelliten umgeben ist. Auch alle 1H- und 13C-Resonanzen weisen aufgrund der Kopplung mit 207Pb Bleisatelliten auf. Ein besonders auffallendes Merkmal beim Vergleich der NMR-Daten von Mes3PbBr mit Mes2PbBr2 ist der signifikante Anstieg (~40- 60%) der Werte für die Kopplungskonstanten nJH-Pb (n = 4,6) und nJC-Pb (n = 1-5) vom Bromid zum Dibromid. Die Übereinstimmungen zwischen experimentell ermittelten (Röntgenstrukturanalyse) und quantenchemisch berechneten (PM3) Strukturparametern ist recht gut, was zeigt, dass die PM3 Parameter sogar für die Vorhersage der Eigenschaften von schwermetallorganischen Verbindungen wie Mes3PbBr und Mes2PbBr2 geeignet sind. Die besonders interessanten strukturellen Merkmale sind die Bindungswinkel am zentralen Bleiatom, welche wesentlich von den idealen Tetraederwinkeln (109.5°) abweichen. Die C−Pb−C-Winkel liegen sowohl experimentell, als auch rechnerisch bei 115-123°. Die C−Pb−Br- und Br−Pb−Br-Winkel liegen zwischen 96 und 115°. Diese Tatsachen stimmen hervorragend mit der Bent'schen Regel überein, welche besagt, dass elektronegativere Substituenten Hybridorbitale mit geringerem s-Charakter und elektropositivere Substituenten Hybridorbitale mit höherem s- Charakter bevorzugen [100-102]. Bei Trimesitylblei(IV)bromid handelt es sich um eine sehr stabile Verbindung, die sowohl hydrolyse- als auch luftbeständig ist. Ein Austausch des Halogens gegen eine Azid- Gruppierung konnte nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Zwar sind in den IR- und Raman-Spektren der erhaltenen Substanzen die symmetrischen und antisymmetrischen Azid- Schwingungen erkennbar, doch sind die gefundenen Stickstoffgehalte zu gering, was zu der Vermutung führt, dass nur ein teilweiser Halogen-Azid-Austausch stattgefunden hat. Leider war bisher jede Trennung eines Mes3PbBr/Mes3PbN3-Gemisches unmöglich, ebenso waren Kristallzüchtungsversuche bislang erfolglos. Tetraphenylphosphonium(arsonium)octabromoplumbat(II), [Ph4E]2[Pb3Br8] mit E = P, As Neue anionische Blei-Halogensysteme wurden hergestellt, z.B. Tetraphenylphosphoniumoctabromoplumbat. Um [Ph4P]2[Pb3Br8] zu erhalten, wurde [Ph4P]Br mit PbBr2 bei 75°C in CH3CN umgesetzt. Das Anion bildet Ketten, in denen zwei verschiedene Arten an Blei-Atomen existieren; das eine besitzt eine oktaedrische Koordinationssphäre, ist somit von sechs Brom-Atomen umgeben, während das zweite Blei-Atom eine mehrfach verzerrt tetraedrische Koordination aufweist (Abbildung A). Das 207Pb-NMR Spektrum einer frisch hergestellten Lösung von [Ph4P]2[Pb3Br8] in DMSOD6 zeigt mit 323 ppm eine andere chemische Verschiebung als eine um ca. 4 Monate gealterte Probenlösung mit 208 ppm. Zu erklären ist dies wahrscheinlich durch einen zunehmenden Einfluss einer DMSO-Koordination über die Sauerstoffatome zum Blei-Atom. Das Anion [Pb3Br8]2− kann auch mit dem Kation [Ph4As]+ durch die Reaktion von [Ph4As]Cl mit PbBr2 bei 75°C in CH3CN isoliert werden. Hierbei konnte kein Chlorid- Transfer zum Blei hin beobachtet werden, so dass kein gemischtes Halogenoplumbat-Anion gebildet wurde. Die Struktur der Verbindung wurde mit Hilfe der Einkristall- Röntgenstrukturanalyse bestimmt. Die Struktur des Anions [Pb3Br8]2− entspricht hierbei dem in der Verbindung [Ph4P]2[Pb3Br8]. Das von einer frisch hergestellten Lösung von [Ph4As]2[Pb3Br8] in DMSO-D6 aufgenommene 207Pb-NMR-Spektrum zeigt eine chemische Verschiebung von 386 ppm. Der wenn auch nur geringe Unterschied im 207Pb-Shift von [Ph4As]2[Pb3Br8] (386 ppm) zu [Ph4P]2[Pb3Br8] (323 ppm), lässt sich durch den unterschiedlichen Einfluss der Kationen, die sich in ihrer Grösse unterscheiden und somit die Umgebung der Blei-Atome verändern, erklären. Wie schon bei [Ph4P]2[Pb3Br8] können die beiden unterschiedlichen Blei-Atome des Anions im 207Pb-Spektrum nicht unterschieden werden. Tetraphenylphosphoniumbromodichloroplumbat(II), [Ph4P][PbBrCl2]·CH3CN Gemischte Halogenoplumbate sind bisher nicht sonderlich gut charakterisiert worden. Setzt man [Ph4P]Br mit PbCl2 bei 70°C in CH3CN um (Gleichung c), so erhält man das gemischte Bromodichloroplumbat [Ph4P][PbBrCl2]·CH3CN. Das in der Verbindung koordinierte Acetonitril kann auch durch ein längeres Erwärmen der Substanz im Vakuum nicht entfernt werden. Die chemische Verschiebung im 207Pb-NMR Spektrum einer frisch hergestellten Lösung von [Ph4P][PbBrCl2]·CH3CN in DMSO-D6 beträgt 466 ppm. Vermisst man diese Probe nach ca. 4 Wochen erneut, so verändert sich der Shift von δ = 466 auf 361 ppm. Da dieses Phänomen auch u.a. bei der Verbindung [Ph4P]2[Pb3Br8] zu beobachten ist, kann ein möglicher Halogenaustausch im [PbBrCl2]−- Anion ausgeschlossen werden. Im Kristall sind die Anionen fehlgeordnet, und es werden keine Blei-Brom-Ketten gebildet, wie es z.B. im [Pb3Br8]2−-Anion der Fall ist, sondern diskrete [PbBrCl2]−-Einheiten. Die experimentell beobachteten und berechneten (MP2 und CCSD) Struktur- und Schwingungsdaten wurden miteinander verglichen. Die Übereinstimmung zwischen berechneten Raman-Daten und den beobachteten Raman-Frequenzen ist sehr gut. Die durch Röntgenstrukturanalyse gemessenen Pb−Cl- und Pb−Br-Bindungslängen liegen ebenfalls im Rahmen der auf MP2-Niveau kalkulierten Werte. Die kürzere Rechenzeiten benötigende und somit billigere MP2-Methode in Kombination mit einem "double-zeta"-Basissatz hat sich dabei als zuverlässige Methode erwiesen, um gute Strukturresultate und Schwingungsfrequenzen zu erhalten. Tetraphenylphosphoniumchlorodibromoplumbat(II), [Ph4P][PbBr2Cl]·CH3CN Dieses weitere, gemischte Halogenoplumbat wurde durch die Umsetzung von [Ph4P]Cl mit PbBr2 bei 70°C in CH3CN erhalten (Gleichung d). Hierbei erfolgt ein Chlorid-Transfer auf das Blei. Wie schon bei [Ph4P][PbBrCl2]·CH3CN lässt sich auch hier das koordinierte Acetonitril nicht aus der Verbindung entfernen. [Ph4P]Cl → CN CH PbBr 3 2 , [Ph4P][PbBr2Cl]·CH3CN (d) Die chemische Verschiebung von einer frisch hergestellten Lösung von [Ph4P][PbBr2Cl]·CH3CN in DMSO-D6 im 207Pb-NMR Spektrum liegt mit 439 ppm zwischen den Werten von [Ph4P][PbCl3] mit 430 ppm und [Ph4P][PbBrCl2]·CH3CN mit 466 ppm. Die durchgeführten quantenchemischen Rechnungen auf HF-, BLYP- und B3LYP-Niveaus konnten aufgrund dessen, dass keine experimentell ermittelten Strukturdaten zur Verfügung stehen, nicht verglichen werden. Nur die auf B3LYP/LANL2DZ-Niveau berechnete Schwingungsfrequenz bei 249.4 cm−1 findet sich im gemessenen Raman-Spektrum bei 249 cm−1 als Deformationsschwingung von Br−Pb−Cl wieder. Tetraphenylarsoniumtrichloroplumbat(II), [Ph4As][PbCl3] Die Verbindung wird aus [Ph4As]Cl und PbCl2 in CH3CN gewonnen (Gleichung e). [Ph4As]Cl → CN CH PbCl 3 2 , [Ph4As][PbCl3] (e) Der im Vakuum gut getrocknete Feststoff enthält kein gebundenes Acetonitril, während aus CH3CN gewonnene Kristalle ein Äquivalent des Lösungsmittels eingebaut haben. Dieses geht aus den Werten der Elementaranalyse eindeutig hervor. Im von einer in DMSO-D6 gelösten Probe aufgenommenen 207Pb-NMR Spektrum ist nur eine Resonanz bei 450 ppm sichtbar. Der Unterschied zwischen [Ph4P]+ und [Ph4As]+ ist nicht sonderlich gross, sodass die bei diesem Versuch gewonnene Verbindung [Ph4As][PbCl3] die gleichen Strukturmerkmale aufweisen sollte wie das analoge Phosphonium-Salz. Tetrakis(pentafluorphenyl)blei(IV), (C6F5)4Pb (C6F5)4Pb wurde als potentielle Ausgangsverbindung zur Darstellung von (C6F5)nPb-Aziden synthetisiert. Die Darstellung der Verbindung (C6F5)4Pb, die bisher nicht vollständig charakterisiert wurde, erfolgte durch zwei Methoden (Gleichungen f und g), wobei aufgrund der höheren Ausbeute, der beschriebene Syntheseweg in Gleichung f bevorzugt wurde. Die NMR-Studien dieser Verbindung sind sehr aussagekräftig. In den 13C-NMR und 19FNMR Spektren von Tetrakis(pentafluorphenyl)blei(IV) sind die Signale des magnetisch aktiven Blei-Isotops (207Pb, I = ½, 22.6%) teilweise mit denen der nicht magnetisch aktiven Blei-Isotopomere überlagert. Im 207Pb-NMR Spektrum wurde ein Signal bei δ = −391 beobachtet, welches sich in ein komplexes aber gut aufgelöstes Multiplett aufspaltet. Dieses 21-Spinsystem wurde hervorgerufen durch die Kopplung des Pb-Kerns mit allen 19F-Kernen (8 ortho, 8 meta und 4 para). Eine Spektrensimulation mit der PERCH NMR-Software führt zu einem praktisch deckungsgleichen Spektrum. 4 C6F5MgBr + PbCl2 + Br2 → − − MgBrCl 2 / MgBr 2 2 (f) Ein Vergleich zwischen den experimentell ermittelten (Röntgenstrukturanalyse) und auf semiempirischen PM3-Niveau berechneten Strukturdaten zeigt eine gute Übereinstimmung der Pb−C-Bindungslängen. Wie erwartet, wird auch gezeigt, dass die positive Ladung auf dem Metall mit steigender Substitution durch Fluor von +1.33 für (C6H5)4Pb auf +1.70 für (C6F5)4Pb steigt [107]. Ein Ansteigen der positiven Ladung am Blei, welches auf die elektronegativen Substituenten zurückzuführen ist, steigert die Grössenunterschiede zwischen den 6s- und 6p-Orbitalen und favorisiert somit die effiziente sp-Hybridisierung weniger stark. Es kann erwartet werden, dass (C6F5)4Pb stärkere Hybridisierungseffekte erleidet als (C6H5)4Pb und somit alle Pb−C-Bindungen durch die Substitution von elektronegativen Gruppen verkürzt werden. Deshalb sind die Pb−C-Bindungen in (C6F5)4Pb erwartungsgemäss kürzer als in (C6H5)4Pb. Versuchte Darstellungen von perfluorierten Blei-Verbindungen Die Verbindung (C6F5)2Cd·Diglyme ist als C6F5-Transferreagenz bekannt. Ph2Pb(N3)2 + (C6F5)2Cd·Diglyme → Ph2Pb(N3)2 / (C6F5)2Pb(N3)2 /... (h) Ph2Pb(NO3)2 + (C6F5)2Cd·Diglyme → Ph2Pb(NO3)2 / (C6F5)2Pb(NO3)2 /... (i) Die unter Gleichung h beschriebene Reaktion wurde durch die Verwendung verschiedener Lösungsmittel und verschiedener Mengenverhältnisse variiert. Aufgrund der gemessenen IR- und Raman-Spektren, sowie der Elementaranalysen konnte jeweils nur eine Teilumsetzung erkannt werden. Da Kristallisationsversuche bisher fehlschlugen, war eine genaue Charakterisierung der entstehenden Produkte bisher nicht möglich. Dieselben Argumente gelten für die in Gleichung i beschriebene Reaktion. Auch hier konnten nur Teilumsetzungen beobachtet werden. Die Verbindung (C6F5)4Pb ist extrem stabil. Behandelt man sie mit Salpetersäure (65% oder 100%), so findet keine Reaktion statt. Als Schlussfolgerung aus den gesamten Versuchen, neue (C6F5)nPb-Verbindungen darzustellen, lässt sich zusammenfassend sagen, dass es auf den beschrittenen Synthesewegen nicht möglich scheint, die gewünschten Produkte zu isolieren. Die C6F5-Reste lassen sich nicht bzw. nur geringfügig auf Blei-Verbindungen übertragen; ebenso ist (C6F5)4Pb so extrem stabil, dass auch von dieser Seite keine erfolgreiche Route beschritten werden kann. Azido(triphenylphosphan)gold(I), Ph3PAuN3 Kristalle dieser Verbindung konnten aus CH2Cl2 unter Zusatz geringer Mengen an Pentan bei einer Temperatur von 5°C gewonnen werden. Ein Kristall besteht aus diskreten Ph3PAuN3-Molekülen. Besonders interessant sind die Bindungslängen in der Azid-Einheit. Hier ist die Bindungslänge von N1−N2 mit einem Wert von 0.995(7) Å geringer als die von N2−N3 mit 1.294(8) Å. Dieses ist sehr erstaunlich und vermutlich falsch, da die Verhältnisse genau umgekehrt sein sollten. Eine kristallographische Erklärung dieser "verdrehten" Bindungsverhältnisse ist bislang noch nicht gefunden worden. Ausserdem ist der Wert von 0.995(7) Å für einen N−N-Abstand extrem gering. Im Gegensatz zu den durch Einkristall-Röntgenstrukturanalyse bestimmten N1−N2- und N2−N3-Bindungsabständen befinden sich die auf B3LYP-Niveau berechneten Werte in Übereinstimmung mit den Erwartungen, d.h. die Bindungslänge N1−N2 ist grösser, als die von N2−N3. Beide verwendeten Methoden, B3LYP/LANL2DZ und B3LYP/SDD, liefern sehr ähnliche Ergebnisse. Bis auf den P−Au−N1-Bindungswinkel von 164.1 bzw. 176.4° sind alle anderen theoretisch errechneten Abstände und Winkel nahezu gleich. Die Übereinstimmung mit den experimentell gefundenen Daten ist recht gut, mit Aussnahme der N−N-Abstände, wobei hier den quantenmechanisch berechneten Werten grösseres Vertrauen geschenkt werden sollte. Tetraphenylarsoniumtetraazidoaurat(III), [Ph4As][Au(N3)4] Kristalle dieser Verbindung konnten aus CH2Cl2 unter Zusatz geringer Mengen an Pentan bei einer Temperatur von 5°C gewonnen werden. Entgegen einer früheren Röntgenstrukturanalyse, bei welcher ein tetragonales System mit der Raumgruppe P4/n gefunden wurde, konnte nun bei dieser Bestimmung ein monoklines System mit der Raumgruppe C2/c ermittelt werden. Das Gold-Atom ist praktisch quadratischplanar von vier Stickstoff-Atomen umgeben. Die Bindungslänge von N1−N2 ist wie erwartet länger als die Distanz zwischen N2−N3. Die auf B3LYP- und MP2-Niveau theoretisch berechneten Strukturwerte stimmen im Vergleich zu den experimentell ermittelten recht gut überein. Die Bindungsabstände sind bei den Rechnungen länger als in den Röntgenstrukturen, was sich durch Packungseffekte im Kristall erklären lässt. Die Bindungswinkel sind nahezu identisch. Versuche zur Darstellung weiterer Gold-Azide Bei der Gold-Azid-Chemie handelt es sich um ein sehr diffiziles Thema. Die Verbindungen sind extrem explosionsgefährlich. So kam es mehrfach vor, dass bei einer zweiten Elementaranalyse ein und der selben Verbindung, diese explodierte, obwohl bei davor durchgeführten Tests kein explosives Verhalten festzustellen war. Die durchgeführten Versuche werden in der folgenden Übersicht tabellarisch zusammengefasst. Leider konnten bisher keine Kristalle der Verbindungen erhalten werden, so dass sich keine strukturellen Voraussagen treffen lassen. Da die Azid-Gruppe gegenüber Ag+ dasselbe Verhalten zeigt wie auch Cl−, kann man Chlorid-Ionen nicht ohne Probleme nachweisen. Anhand der Schwingungs- und 14N-NMR Spektroskopie lässt sich aber für alle in der Tabelle aufgeführten Reaktionen eindeutig sagen, dass es sich bei den entstandenen Produkten um kovalent-gebundene Gold-Azide handelt. Fallhammer-Explosionsteststand Der konstruierte Fallhammer hat sich als ein nützliches Werkzeug für Forschungszwecke herausgestellt. Die gemessenen Werte der maximalen absoluten Schallpegel ergeben eine wertvolle halb-quantitative Skala über die Explosionsfähigkeit und Schlagempfindlichkeit von potentiellen Explosivstoffen. Alle getesteten Substanzen waren Feststoffe und enthielten mindestens eine Azidgruppe: Silber(I)azid, Blei(II)azid, Cyanurazid, 1,3,5-Trinitro-2,4,6- triazidobenzen (TNTA), 1,3-Dinitro-2,4,6-triazidobenzen (DNTA) und 1,3,5-Trinitro-2- monoazidobenzen (TNMA). Cyanurazid ist ein noch stärkerer Explosivstoff als Silber- und Bleiazid. Eine Explosion von 20 mg Cyanurazid hat fast die gleiche Lautstärke wie eine durch 40 mg Pb(N3)2 oder durch 35 mg AgN3 verursachte Detonation. Neben den anorganischen Verbindungen, wurden einige organische Nitroazidsubstanzen getestet. Selbst die schwächste dieser organischen Explosivstoffe ist kraftvoller als AgN3 oder Pb(N3)2. Die Reihenfolge des Schallpegels ist TNMA < DNTA < TNTA, aber die Werte für DNTA und TNTA sind sehr ähnlich.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
Das Ziel dieser Arbeit war die Charakterisierung und Synthese neuer Halogen- und Pseudohalogenverbindungen und die Untersuchung mit Hilfe von quanten– mechanischen Rechnungen. Im Folgenden sind kurz die Ergebnisse der in den Kapiteln C, D und E vorgestellten Arbeiten zusammengefasst. Die in der vorliegenden Arbeit dargestellten Verbindungen und ihre Charakterisierung sind in Tabelle F1 aufgeführt. In der letzten Spalte sind die Literaturstellen der bereits veröffentlichten Arbeiten angegeben. Durch die Ergebnisse im Rahmen dieser Dissertation konnten neue Erkenntnisse über den Zusammenhang von Struktur und chemischer Bindung der untersuchten Verbindungen gewonnen werden. Des Weiteren konnten mit Hilfe quantenmechanischer Rechnungen neue Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Stabilität, Ladungsverteilung und Reaktionsverhalten der verschiedensten Halogen und Pseudohalogenverbindungen gewonnen werden. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Kombination von experimentellen Methoden, wie Schwingungsspektroskopie, NMR-Spektroskopie und Röntgenbeugung, mit quantenmechanischen Rechnungen ein hervorragendes Mittel ist, um die chemische Bindung von Halogen und Pseudohalogenverbindungen zu beschreiben. Dies konnte eindrucksvoll in den Studien zu den Thiazylhalogeniden, Triazinpseudohalogenverbindungen und Halogencyan-Addukten gezeigt werden. In Tabelle F2 sind die in dieser Arbeit mit quantenmechanischen Rechnungen charakterisierten Verbindungen aufgeführt. F1 Thiazylhalogenide (Kapitel C) Erstmals konnte die Struktur des NSCl2 –-Anions (Thiazyldichloridanion), dass zu einer neuen Klasse sehr labiler ternärer Anionen des Typs NSX2 – (X = Halogen) gehört, durch Röntgenbeugung an Einkristallen gelöst werden. Bisher wurde keine Verbindung, die das „nackte“ Anion enthält, strukturell charakterisiert. Bei der theoretischen Untersuchung des Cl–-Acceptorverhaltens und der Thermodynamik von NSCl wiesen ab-initio-(CCSD(T))- und Dichtefunktional- Rechnungen (B3LYP) auf einen barrierefreien Angriff des Cl–-Anions auf das NSCl- Molekül hin, welcher zur Bildung des NSCl2 –-Anions führt. Diese Reaktion stellt eine exotherme Lewis-Base-Lewis-Säure-Reaktion dar mit einer berechneten molaren Enthalpie von ∆H298 = –124.6 kJ mol–1, die zu einem Ladungstransfer von QCT = 0.385e (B3LYP/6-311+G(3df)) führt. Die Auswertung der IR- und Raman-Spektren ergab in Kombination mit den Ergebnissen von quantenmechanischen Rechnungen, dass die Cl-Atome sehr schwach an ein fast als SN+-Ion vorliegendes Kation gebunden sind. Die hervorstechenden strukturellen Besonderheiten des NSCl2 – lassen sich mit einfachen, qualitativen MO- und VB-Betrachtungen erklären: Die NSCl-Bindung kann als neuartige Vier-Elektronen-Drei-Zentren-Bindung, die die S-Cl-σ-Bindung mit der S-N-π-Bindung verknüpft, aufgefasst werden. Es gibt zwei solcher Vier-Elektronen-Drei-Zentren-Bindungen. In den umfassenden Studien zu den NSX2 –-Anionen (X = F, Cl, Br, I) wurde festgestellt: (i) durch Cl–/F–-Austausch ist es möglich das NSF2 – aus NSCl2 – in Lösung zu bilden; (ii) die Bildung von NSBrCl– im Festkörper und Lösung und die Bildung von NSBr2 – im Festkörper konnte nachgewiesen werden, wobei diese Verbindungen sehr instabil sind und sehr schnell weiterreagieren; (iii) die NSX2 –-Salze (X = Br, I) zerfallen unter Bildung von S4N4 bzw. polymeren (SN)x in Abhängigkeit von den Reaktionsbedingungen; (iv) die Polarität des Lösemittels besitzt einen großen Einfluss auf den Zerfall von Thiazyldichlorid und die Zerfallsprodukte. Die quantenmechanischen Rechnungen zu den NSX2 –-Anionen ergaben: (i) Alle betrachteten Verbindungen sind bezüglich der Bildungsreaktion thermodynamisch stabil. (ii) Alle Reaktionen sind exotherm, wobei die Fluor-Spezies erwartungsgemäß die kleinsten freien Reaktionsenthalpien und die Iod- Spezies die größten besitzen. (iii) Überraschend niedrig ist im Vergleich zu den Halogenen die freie molare Reaktionsenthalpie für die Bildung von NSH2 –. (iv) Alle NSXY–-Verbindungen repräsentieren hoch-polarisierte Moleküle, wobei die Polarisation der S-N- bzw. S-X-Bindung von den FVerbindungen zu den I-Verbindungen abnimmt. Die Bildungsreaktion (NSX + Y–) entspricht einer Donor-Acceptor-(charge transfer)-Reaktion, die barrierefrei verläuft. (v) Im Einklang mit den berechneten Strukturdaten (lange S-X- bzw. S-YBindungslängen, kurze S-N-Bindungen) zeigt die Elektronendichteverteilung in der NSCl-Ebene viel Elektronendichte zwischen der S-N-Bindung und nur wenig zwischen der S-Cl-Bindung. Dies deutet daraufhin, dass die ionischen Verbindungen NSX2 – bzw. NSXY– am besten als NS+ X– Y– mit schwachen kovalenten S-X- bzw. S-YWechselwirkungen beschrieben werden sollten (s.o.). (vi) Die Bindungssituation in den NSX2 –-Verbindungen lässt sich durch zwei Vier-Elektronen-Drei-Zentren-Bindungen mit „geschwächten“ S-X- und S-Y-σ-Bindungen und „geschwächten“ S-N-πx- und πy-Bindungen beschreiben. Die zunehmende Schwächung der Vier-Elektronen-Drei- Zentren-Bindungen ist durch die geringer werdende Überlappung in der Reihe F > Cl > Br > I (F: S-X-σ-S-N-π-Orbital; I: reines S-N-π-Orbital) zu erklären (siehe Abbildung C9). (vii) Die N-S-X-Winkel sind vom Halogen wenig beeinflusst und liegen bei 113 bis 115°. Der X-S-X-Winkel nimmt von X = H zu X = Br kontinuierlich von 77.4° auf 112.7° (B3LYP) zu. Aus den Ergebnissen der Umsetzung des NSCl2 –-Anions mit verschiedensten Übergangsmetallkomplexen kann folgendes geschlossen werden: (i) die Chloro-Liganden des NSCl2 –-Anions sind, wie schon aus den Rechnungen und Strukturdaten in Kapitel C1 hervorgeht, sehr schwach an den Schwefel gebunden, wodurch eine Cl–-Abstraktion begünstigt wird; (ii) keiner der verwendeten Übergangsmetallkomplexe ist in der Lage, das NSCl2 –-Anion ohne Zersetzung zu stabilisieren; (iii) die Reaktion mit Übergangsmetallchloriden forciert je nach Reaktionsbedingungen die Zersetzung des NSCl2 –-Anions zu NSCl/(NSCl)3, S2N2, S3N2 2–, S4N4 und Cl2. F2 Pseudohalogenchemie des s-Triazins (Kapitel D) Bei der Untersuchung des Reaktionsverhaltens der Pseudohalogenverbindungen MX (mit M = K, Na, Ag; X = NNN, OCN, CNO, SCN und SeCN) mit 2,4,6–Trichloro– 1,3,5–triazin (Cyanurchlorid) zeigte sich, dass (i) nur die Azide und Thiocyanate geeignet sind, das Cyanurchlorid im Sinne einer nucleophilen Substitution anzugreifen. (ii) die Bildung der analogen Selenocyanate und Cyanate bzw. der entsprechenden Iso-Verbindungen nicht beobachtet werden konnte. (iii) die Isocyanate 35 und 36 nur über die ein- bzw. zweifachsubstituierten Amine, durch Reaktion mit Oxalylchlorid oder Phosgen unter Abspaltung von Salzsäure und Kohlenmonoxid, dargestellt werden können. (iv) die Darstellung des Triisocyanatotriazins aus Melamin nicht gelang, da für diese Reaktion elektronenziehende Substituenten am Triazinring nötig sind. Die Verbindungen 26[60b], 35, und 36 konnten mit Hilfe der Schwingungsspektroskopie, der NMR-Spektroskopie und anhand von Einkristallröntgenstrukturanalysen charakterisiert werden. (v) die nucleophile Substitution der verbleibenden Chloratome in 35 und 36 durch Umsetzung mit anderen Pseudohalogeniden (z.B. LiN3, Na/K-N3, - NCO, -SCN, -CN) nicht möglich ist, da die Isocyanate durch ihre elektronenschiebenden Eigenschaften den Triazinring deaktivieren und somit eine weitere nucleophile Substitution am Ring verhindern. Bei der Reaktion von 2,4,6–Triazido–1,3,5–triazin (26) mit Triphenylphosphan in verschiedenen molaren Verhältnissen konnten die Verbindungen 29, 31 und 32 mit Hilfe der Schwingungsspektroskopie, der NMR-Spektroskopie und der Röntgenbeugung eindeutig charakterisiert werden (Gleichung F1). Des Weiteren konnten die Verbindungen 27 und 28, die in Lösung im Gleichgewicht mit 31 und 32 vorliegen, anhand ihrer 31P-NMR-Resonanzen nachgewiesen werden. Alle drei Stufen der Reaktion von 2,4,6–Triazido–1,3,5–triazin mit Triphenylphosphan repräsentieren exotherme Reaktionen. Nur für die Verbindungen 27 und 28 kann in Lösung ein Gleichgewicht zwischen dem Tetrazol- und dem Azidisomer gefunden werden. Die experimentelle Beobachtung des Azid-Tetrazol-Gleichgewichtes 27 a 31 und 28 a 32, im Gegensatz zu 26 a TR1 (ohne PPh3-Gruppen, Abbildung D1), kann durch die thermodynamische Stabilisierung des Tetrazolisomers nach der Einführung der Triphenylphosphangruppe erklärt werden (Abbildung D5). Aus den Rechnungen und den Experimenten ergab sich: (i) eine relativ große Aktivierungsbarriere für die Cyclisierung von ca. 20 bis 25 kcal mol–1, die mit der ungünstigen elektrostatischen Abstoßung zwischen dem terminalen Stickstoff der Azidgruppe und dem Stickstoffatom im Ring und ebenso durch das Abwinkeln der Azidgruppe erklärt werden kann. (ii) dass die Einführung von Triphenylphosphangruppen zu stärker polarisierten C-N-Bindungen im Ring und zu einem Ladungstransfer in das Triazinringsystem führt. (iii) der orbitalkontrollierte Ringschluß wird durch einen nicht unerheblichen Ladungstransfer in den Tetrazolring begleitet und stabilisiert so thermodynamisch das Tetrazolisomer. Diese Ladungsumverteilung erklärt die wichtige Rolle der Triphenylphosphangruppen bei der Ringschlussreaktion, da sie als gute Elektronendonatoren gelten. F3 Pseudohalogenchemie von P-N-Verbindungen (Kapitel E) Bei der Untersuchung des Reaktionsverhaltens von Trimethylsilyltriphenylphosphanimin mit den Halogen-Pseudohalogenverbindungen ClCN, BrCN und ICN zeigte sich, (i) dass es nur für die Reaktion mit ICN möglich ist das Addukt im Festkörper zu stabilisieren; (ii) dass das ClCN-Addukt spontan zu Ph3PNCN und ClSiMe3 zerfällt; (iii) dass das BrCN-Addukt zwar etwas stabiler ist, jedoch auch langsam zu Ph3PNCN und BrSiMe3 zerfällt; (iv) dass die Zugabe von KF oder eine Temperaturerhöhung zur sofortigen Bildung von Ph3PNCN führt. Das ICN-Molekül ist aufgrund der Wechselwirkungen mit dem N-Atom der Ph3PNSiMe3-Einheit leicht gewinkelt (ca. 176°). Die VB-Betrachtung der NBOAnalyse ergibt, dass es weder am I- noch am P-Atom zu nennenswerten d-Orbital- Erweiterungen kommt. Bei der Untersuchung der Donor-Acceptor-Wechselwirkungen zeigten sich schwache Wechselwirkungen zwischen den beiden freien Elektronenpaaren (p-AOs) des N-Atoms der Ph3PNSiMe3-Einheit mit dem leeren antibindenden σ*-Orbital des ICN-Fragmentes. Die Untersuchung des Reaktionsverhaltens verschiedenster Pseudohalogenidverbindungen MX (M = K, Na, Li, Ag; X = N3, SCN, OCN, SeCN, CNO) mit Hexachlorocyclotriphosphazen in unterschiedlichen Lösungsmitteln zeigte, dass nur die Azid- und Isothiocyanat-Verbindungen gebildet werden. Die Einkristall- Röntgenstrukturanalyse von Hexaisothiocyanatocyclotriphosphazen zeigte, dass der (PN)3-Ring abgewinkelt ist. Bei der Reaktion von KN3 mit Triphenylphosphan, [PN(Cl)2]3 und Kronenether in peroxidhaltigem THF kristallisierte interessanterweise nicht das erwartete Staudingerprodukt aus, sondern der Kronenetherkomplex [K([18]krone–6)(N3)- (OPPh3)]. Die Umsetzung mit KOCN, KSCN und KSeCN führte ebenfalls zu den analogen Kronenetherkomplexen.