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Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/06
Etioplasten sind hochspezialisierte pflanzliche Organelle der Plastidenfamilie, die während der Skotomorphogenese von Pflanzen gebildet werden. Die Morphologie der Etioplasten unterscheidet sich grundlegend von Chloroplasten, die während der Photomorphogenese gebildet werden. Durch Belichtung von Pflanzen, die im Dunkeln angezogen worden sind, kommt es zur Induktion der Transformation von Etioplasten zu Chloroplasten. Die unmittelbar vor Induktion des biologischen Systems bestehende Zusammensetzung der Proteine und Proteinkomplexe des Etioplasten ist allerdings bislang kaum untersucht worden. Im Rahmen dieser Arbeit erfolgten mehrere spezifische Analysen von plastidären Subproteomen. Ausgewählte Subproteome der inneren Membranen von Etioplasten der Gerste wurden im Vergleich zum Proteom der Thylakoidmembran von Chloroplasten analysiert. Durch die Kombination verschiedener gelelektrophoretischer Trennmethoden für Einzelproteine und Proteinkomplexe mit massenspektrometrischen Analysemethoden gelangen sensitivste Nachweise niedrig konzentrierter Untereinheiten von Membranproteinkomplexen. Darüber hinaus gelangen der Nachweis niedermolekularer membranintegraler Proteine und die spezifische Charakterisierung von Einzelproteinen. Im ersten Teil der Arbeit wurden die N-Termini von NADPH:Protochlorophyllid-Oxidoreduktase (POR) A und B durch ein LC-MS basiertes Verfahren bestimmt. Es erfolgte die Entwicklung einer Methode zur selektiven Isolation N-terminaler Peptide mittels Höchstdruckflüssigkeitschromatographie (UPLC). Dazu wurden zwei chemische Reaktionsschritte auf Protein- und Peptidebene durchgeführt, wodurch das N-terminale Peptid nach einem tryptischen Verdau ausschließlich acetyliert vorlag und interne Peptide durch eine weitere Modifikation mit 2,4,6-Trinitrobenzolsulfonsäure abgetrennt wurden. Dadurch konnte gezeigt werden, dass die N-Termini von PORA und PORB homolog zueinander sind und eine vergleichbare Erkennungssequenz für die prozessierende(n) Protease(n) vorliegt. Das Transitpeptid von PORA ist somit deutlich kürzer, als bislang vermutet, wodurch neue Rückschlüsse bezüglich einer möglichen Bindestelle von Protochlorophyllid gezogen werden konnten, da eine von Reinbothe et al. 2008 beschriebene Bindestelle nicht im Bereich des Transitpeptids, sondern in Bereich der maturen PORA liegt. Bei PORB konnten neben einem dominierenden N-terminalen Peptid zwei weitere um jeweils ein Alanin verkürzte N-terminale Peptide mit geringerer Signalintensität nachgewiesen werden. Dies deutet auf eine unpräzise N-terminale Prozessierung hin. Im zweiten Teil der Arbeit gelang die bislang umfassendste massenspektrometrische Charakterisierung des NAD(P)H-Dehydrogenase-Komplexes aus einer C3-Pflanze. In Etioplasten konnten sechs plastidär kodierte und mindestens fünf kernkodierte Untereinheiten des NDH-Komplexes identifiziert werden. Dies gelang durch die Isolation des Komplexes mittels nativer PAGE als 1. Dimension und die anschließende Aufkonzentrierung der Untereinheiten in einer SDS-PAGE als konzentrierende 2. Dimension. Dadurch konnte gezeigt werden, dass der NDH-Komplex bereits in Etioplasten neben dem membranintegralen Subkomplex aus mindestens zwei löslichen Subkomplexen aufgebaut ist. Aufgrund dieser umfangreichen Assemblierung ist eine physiologische Funktion wahrscheinlich und erste Versuche zur NAD(P)H-Dehydrogenase Aktivität lieferten Hinweise auf eine mögliche enzymatische Aktivität. Im dritten Teil der Arbeit gelang in Etioplasten erstmals der Nachweis aller bekannten membranintegralen, niedermolekularen Untereinheiten von Photosystem II, nicht aber von Photosystem I. Die Untereinheiten von PSI konnten ausschließlich in Chloroplasten nachgewiesen werden. Von PSII konnten 13 niedermolekulare Untereinheiten mit jeweils einer Transmembrandomäne nachgewiesen werden. Diese Untereinheiten konnten im Gegensatz zu Chloroplasten nicht in höhermolekularen Komplexen, sondern ausschließlich nahe der Lauffront einer BN-PAGE im Bereich der freien Proteine nachgewiesen werden. Der Nachweis von PsbN war ausschließlich in Etioplasten möglich. Aus diesen Ergebnissen wurde geschlossen, dass ausschließlich nicht-chlorophyllbindende Untereinheiten von PSII in Etioplasten akkumuliert werden und die Anreicherung von chlorophyllbindenden Untereinheiten von PSI und PSII von der Anwesenheit von Chlorophyll abhängt. Darüber hinaus konnten die vier niedermolekularen, membranintegralen Untereinheiten des Cytochrom b6f-Komplexes in Etioplasten und in Chloroplasten sowohl in der monomeren, als auch dimeren Assemblierungsstufe nachgewiesen werden. Ermöglicht wurden diese Nachweise durch eine neu entwickelte Methode zur Extraktion von Proteinen aus einem Polyacrylamid-Gel mit organischen Lösungsmitteln und der anschließenden massenspektrometrischen Charakterisierung mittels offline ESI-MS.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/06
Die Synthese von Chlorophyll ist in Angiospermen ein streng lichtabhängiger Prozess. Keimlinge, welche im Dunkeln angezogen werden, bilden anstelle der (grünen) Chloroplasten (gelb-orange) Etioplasten. In diesen ist die Thylakoidmembran durch den parakristallinen Prolamellarkörper und einige Prothylakoidmembranen ersetzt. Auf Ebene der Proteine kann zwar bereits im Dunkeln die Translation aller plastidencodierten Chlorophyll-bindenden Proteine nachgewiesen werden, allerdings werden diese mit Ausnahme des D2-Proteins in Abwesenheit von Chlorophyll sofort wieder degradiert. Mit der Belichtung von etioliertem Gewebe setzen der Abbau des Prolamellarkörpers und die Bildung der Thylakoidmembranen ein. Diese Umstrukturierung des inneren Membransystems geht mit der Akkumulation und der Assemblierung der chlorophyll-bindenden Photosystemkomplexe einher. Der genaue Ablauf der de novo Assemblierung der Chlorophyll-bindenden Proteinkomplexe ist bisher nicht vollständig geklärt. Daher wurde in der vorliegenden Arbeit die Biogenese von Pigment-bindenden Proteinkomplexen der Plastidenmembran während der Ergrünung untersucht. Dabei dienten im Dunkeln angezogene Keimlinge bzw. die daraus isolierten Etioplasten und deren Membranproteinkomplexe als Startpunkt. Zur Identifikation und Charakterisierung der Pigment-bindenden Komplexe wurden verschiedene Methoden (differentielle Gelelektrophorese für Membranproteine, farblose native Polyacrylamidelektrophorese in Kombination mit Absorptionsspektroskopie) weiterentwickelt. Durch die Kombination aller Techniken konnten verschiedene Aussagen zur Situation im Etioplasten und zum Ablauf der de novo Assemblierung während der Ergrünung getroffen werden. Der ATP-Synthase- und der Cytochrom b6f-Komplex liegen bereits im Etioplasten in der aus dem Chloroplasten bekannten hochmolekularen Assemblierungsstufe vor, wobei im dimeren Cytochrom b6f-Komplex im Etioplasten Protochlorophyll a anstelle von Chlorophyll a nachgewiesen werden kann. Somit ist der Cytochrom b6f-Komplex der einzige Chlorophyll-bindende Komplex, der bereits in der Abwesenheit von Chlorophyll unter Ersatz des Chlorophylls durch ein Chlorophyllderivat akkumulieren kann. Unmittelbar nach der Initiation der Chlorophyllbiosynthese ist der Großteil des de novo synthetisierten Chlorophylls in der Membran nicht mit Photosystemkomplexen assoziiert, sondern transient mit dem membranintegralen Lil (Light harvesting like) 3-Protein. Die Identifikation des Lil 3-Proteins als Chlorophyll-bindendes Protein weist erstmals auf eine mögliche Funktion dieses Proteins als temporärer Chlorophyllspeicher hin. Nach einer Stunde Belichtung können sowohl Photosystem I wie auch Photosystem II-Komplexe nachgewiesen werden, wohingegen erste LHC- Komplexe nach zweistündiger Belichtung zu detektieren sind. Während des Assemblierungsvorganges können für beide Photosysteme mehrere Assemblierungsintermediate nachgewiesen werden. Nach vierstündiger Belichtung hat die Assemblierung aller Thylakoidmembrankomplexe die komplexeste Assemblierungsstufe erreicht, welche aus dem Chloroplasten bekannt ist. Daher kann nach einer Belichtungszeit von vier Stunden die Biogenese der vier an der Lichtreaktion beteiligten Thylakoidmembrankomplexe von proteinbiochemischer Seite als abgeschlossen betrachtet werden.
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Etwa 30% aller Gene codieren für Membranproteine (MP). Trotz ihrer hohen Relevanz, speziell im medizinischen Bereich, stellt die Analyse von MP aufgrund ihrer physikalisch-chemischen Eigenschaften ein häufiges Problem in der Proteinbiochemie dar. Diese Arbeit soll eine Einsicht in die Problematik geben sowie Lösungsansätze aufzeigen, um den Umgang mit diesen Polypeptiden zu vereinfachen. Ein geeignetes Modellsystem zum Studium der Eigenschaften membranintegraler Proteine und Peptide sowie zur Verbesserung der bestehenden Analysemethoden stellte die Thylakoidmembran der Plastide dar. Um das funktionelle Proteom der Thylakoidmembran zu definieren, wurden die Proteinkomplexe der Thylakoidmembran von Gerste (Hordeum vulgare) über hochauflösende 2D-Blue Native /SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese (PAGE) getrennt. Das Gelsystem erlaubte die Isolation der photosynthetisch aktiven Proteinkomplexe PSI/LHCI, PSII, LHCII, Cytochrom b6/f und ATPase in unterschiedlichen Assemblierungszuständen. Im Fokus der Untersuchungen stand die Charakterisierung der isolierten Subkomplexe von PSII. Die Identifikation der Komplexuntereinheiten erfolgte nach enzymatischem In-Gel Verdau und massenspektrometrischer Analyse der entstandenen Peptide (offline nanoESI-MSMS). MP > 10 kDa wurden ausschließlich über Peptide aus den löslichen Abschnitten identifiziert. Die Analyse der niedermolekularen Untereinheiten (< 10 kDa) wurde auf Ebene des Gesamtproteins nach Extraktion aus den Komplexbanden der BN-PAGE realisiert. Dabei konnten dem mono- und dimeren PSII-Subkomplex folgende niedermolekularen UEn zugeordnet werden: PsbE, PsbF, PsbI, PsbK, PsbL, PsbM, PsbTc und PsbX. Da kein Unterschied in der Zusammensetzung des mono- und dimeren PSII-Subkomplexes existierte, konnte eine Beteiligung einer der niedermolekularen UEn an der Ausbildung des dimeren PSII-Subkomplexes im Rahmen der Assemblierung nicht bestätigt werden. Die Lichtsammelproteine (LHCP) des LHCII wurden nach 2D BN/SDS-PAGE auf Ebene der Superkomplexe oder abgetrennt als Mono- und Trimerer LHCII-Subkomplex identifiziert, wobei das Trimer durch das Fehlen der minoren LHCP (CP29, CP26 und CP24) charakterisiert war. Die für Membranproteine der Thylakoide ungewöhnlich hydrophilen LHCP erhielten die benötigte Hydrophobizität zur Durchspannung der Membran über die Bindung von Pigmenten (Chlorophyll). Eine eindeutige Unterscheidung der Genprodukte von Lhcb1-3 war trotz extremer Sequenzhomologie über die Detektion eines charakteristischen Peptids im N-terminalen Bereich der maturen Sequenz möglich. In Gerste wurde somit jeweils eine Form von Lhcb2 und 3, sowie sechs Isoformen von Lhcb1 identifiziert. Um den In-Gel Verdau von Proteinen nach elektrophoretischer Trennung zu vereinfachen und zu standardisieren, wurde ein Reaktionsgefäß (OMX-S®) aus Polypropylen entwickelt. Im Zuge der Anpassung des konventionellen Protokolls zum In-Gel Verdau von Proteinen für OMX-S® wurde ein optimiertes Verdauprotokoll entwickelt, das ohne die Reaktionsschritte Entfärbung, Reduktion & Alkylierung der AS Cystein sowie eine multiple Extraktion zur Anreicherung der entstandenen Peptide auskommt. Die Erhöhung der Reaktionstemperatur auf 50°C und die Verkürzung der Diffusionsstrecke für die Protease erhöhten zudem die Effizienz des Verdaus und führten zu einer Reduktion der gesamten Prozesszeit von 6-24 h auf 1 h. Welche Auswirkung die Auslassung einzelner Reaktionsschritte auf die Peptidausbeute hatte, wurde nach differentieller Isotopenmarkierung der generierten Peptide mittels massenspektrometrischer Analyse quantifiziert. Da jeder Prozessierungsschritt eine potentielle Quelle für Verluste darstellte, waren die Peptidausbeuten im Vergleich zum konventionellen In-Gel Verdau äquivalent oder sogar besser. Unabhängig vom verwendeten Verfahren, fehlten die membranintegralen Peptide in den Spektren. Folglich wurde die Detektierbarkeit und Signalintensität von tryptischen Peptiden in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren untersucht. Dabei ergab sich eine direkte Korrelation zwischen der Proteinmenge einer Bande und der Anzahl, der nach Verdau detektierten Peptide. Die Untersuchungen an Peptiden aus löslichen und membranintegralen Proteinen ergaben, dass die Hauptursache für das Fehlen letzterer, nicht auf den Einfluss bestimmter AS auf die Ionisierbarkeit, die Sequenzlänge und/oder die Hydrophobizität zurückzuführen war. Entscheidend für die Abwesenheit der membranintegralen Peptide war vielmehr die schlechte Zugänglichkeit der Schnittstellen für die Protease, aufgrund unzureichender Denaturierung der Sekundärstruktur bzw. der Aggregation hydrophober Abschnitte im Rahmen der Probenaufarbeitung.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/06
Mitglieder der evolutionär konservierten Oxa-Proteinfamilie wirken an der korrekten Insertion von integralen Membranproteinen in Bakterien, Mitochondrien und Chloroplasten mit. In den sehr proteinreichen Thylakoidmembranen der Chloroplasten höherer Pflanzen spielt das Oxa-Homolog Alb3 eine essentielle Rolle bei der Integration von LHC-Proteinen und weiteren Komponenten des Photosynthese-Apparates. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein weiteres Protein aus Arabidopsis identifiziert und als neues Mitglied der Oxa-Proteinfamilie beschrieben. Die experimentell gestützte Annotation zeigt, dass das Alb4-Protein eine zentrale 60KD_IMP-Domäne besitzt, welche für die Oxa-Proteine charakteristisch ist. Die Zugehörigkeit zur Oxa-Proteinfamilie konnte funktionell durch die Komplementation einer Hefe-oxa1-Mutante bestätigt werden. Immunologische und fluoreszenzmikroskopische Untersuchungen konnten weiterhin zeigen, dass es sich bei Alb4 um ein chloroplastidäres Protein handelt, welches als integrales Membranprotein in den Thylakoiden lokalisiert ist. Durch die Analyse von T-DNA-Insertions- und RNAi-Linien konnte gezeigt werden, dass eine Reduktion des Alb4-Gehaltes zu vergrößerten und nicht länger linsenförmigen Chloroplasten führt, in denen die Thylakoidmembranen aufgelockerter erscheinen. Ein Verlust der Lebensfähigkeit konnte jedoch nicht beobachtet werden, selbst wenn der Alb4-Gehalt in den Chloroplasten der Pflanzen um mehr als 90% reduziert war. Im Vergleich zu Cyanobakterien besitzt die Thylakoidmembran von Arabidopsis mit Alb4 und Alb3 gleich zwei Oxa-Homologe. Möglicherweise ist nach der Umwandlung des cyanobakteriellen Endosymbionten zu einem eukaryotischen Organell diese Duplizierung nötig geworden, um sowohl die Ausbildung als auch den Erhalt der Thylakoidstruktur zu gewährleisten. Zusätzlich zur Identifizierung von Alb4 konnte durch Transkript-Analysen desweiteren gezeigt werden, dass auch der N-Terminale Teil des ehemaligen Genmodells F21J9.13 (Artemis, nun Alb4 und RWK1) für ein eigenständiges Gen kodiert. Das abgeleitete Protein aus dem N-terminalen Teil, RWK1, ähnelt dem Rezeptor-Teil von pflanzlichen Rezeptor-Kinasen, eine entsprechende Kinase-Domäne fehlt jedoch vollständig. RWK1 kommt in zwei Spleißvarianten vor, der für die meisten eukaryotischen mRNAs typische polyA-Schwanz fehlt jedoch beiden Varianten. RWK1 könnte als neuartiger Rezeptor ein weiteres Glied in der internen Kommunikationskette der Zelle bilden.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
Die Chlorophyll Synthase ist ein äußerst hydrophobes Transmembranprotein und sitzt in der Thylakoidmembran im Chloroplasten. Sie verestert Chlorophyllid und Phytylpyrophosphat zu Chlorophyll. In dieser Arbeit sind Untersuchungen zur Lage der Transmembranbereiche, zum aktiven Zentrum bzw. zu essentiellen Aminosäuren und zum Reaktionsmechanismus dargestellt.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem proteolytischen System des Chloroplasten höherer Pflanzen und hier speziell mit dem des Thylakoidsystems. Vorderstes Ziel war die Isolierung und Charakterisierung neuer, bislang unbekannter Komponenten. Zu diesem Zweck wurden zwei unterschiedliche Ansätze erprobt: Einmal der rein biochemische Weg, bei dem der Versuch unternommen wurde, speziell lichtinduzierte proteolytische Aktivitäten des Thylakoidlumens nachzuweisen, anzureichern, und, falls möglich, aufzureinigen. Mit dem zweiten Ansatz wurde zunächst versucht, in Sequenzvergleichen auf molekularbiologischer Ebene homologe Gene zu bekannten bakteriellen und cyanobakteriellen Proteasen im pflanzlichen Genom ausfindig zu machen, und ausgehend von diesen dann die zugehörigen Genprodukte zu isolieren und charakterisieren. 1. Nachweis, Charakterisierung und Aufreinigung lichtstreßinduzierter Proteasen des Thylakoidlumens: Die zu diesem Ansatz durchgeführten Experimente konnten im Thylakoidlumen von Erbsenchloroplasten durch den Einsatz von Aktivitätstests auf substrathaltigen Polyacrylamidgelen mindestens fünf distinkte proteolytische Aktivitäten sichtbar machen. Diese Aktivitäten erwiesen sich als eindeutig induzierbar durch Hochlicht. Sie wurden jedoch sämtlich durch in äußerst geringer Menge vorliegende Komponenten des Lumens hervorgerufen. An der dadurch, sowie zusätzlich durch einen Lichtadaptationseffekt des Pflanzenmaterials, bedingten schlechten Reproduzierbarkeit der Aktivitäten scheiterten schließlich sowohl die Charakterisierung der unbekannten Proteasen als auch deren weitere Aufreinigung. Die Arbeiten sind dennoch dazu angetan, eine Vorstellung von der Größe und Komplexität des proteolytischen Systems alleine des Thylakoidlumens zu vermitteln. 2. Klonierung der Gene neuer plastidärer Proteasen und Charakterisierung der zugehörigen Genprodukte: Im Rahmen der Arbeit wurden die Gene zweier zuvor nicht beschriebener mutmaßlicher Proteasen aus Arabidopsis thaliana L. isoliert, beides Homologe zu bekannten Proteasen aus E. coli. hhoA: Das Produkt dieses Gens stellt ein Mitglied der ubiquitär verbreiteten HtrA-Familie von Serinproteasen dar, deren Zahl sich in Arabidopsis auf mittlerweile vierzehn beläuft. Es besitzt die typische katalytische Triade der Familie, läßt jedoch die zumindest für die meisten charakterisierten Homologe typische sogenannte PDZ-Domäne im N-terminalen Bereich vermissen. In den Experimenten zur Kartierung des Gens konnte gezeigt werden, daß dieses in singulärer Kopienzahl auf Chromosom IV lokalisiert ist. Anschließende Untersuchungen zur Expression konnten in Pflanzen jedoch weder unter normalen Anzuchtsbedingungen, noch nach Streßexperimenten mit Hochlicht und Hitzestreß ein spezifisches Transkript nachweisen. In vitro-Experimente belegten die Transkribier- und Translatierbarkeit des Gens; dessen Produkt im in organello-Importexperiment als lösliche Komponente im Thylakoidlumen akkumulierte. Weitere Untersuchungen an Chloroplastenfraktionen aus Spinat und Arabidopsis unter Zuhilfenahme eines gegen das heterolog exprimierte gereifte Genprodukt produzierten polyklonalen Antikörpers bewiesen, daß hhoA auch in vivo synthetisiert wird und wie im Importexperiment im Thylakoidlumen lokalisiert ist. Verschiedene Versuche zur Funktion des Proteins brachten kein eindeutiges Ergebnis. Die Transformation von Arabidopsis mit Sinnund Gegensinnkonstrukten des Gens war zwar erfolgreich, erzeugte jedoch Pflanzen ohne erkennbar vom Wildtyp abweichenden Phänotyp. sppA: Das Homolog zu der Signalpeptid-prozessierenden Protease aus E. coli, Protease IV, stellt das bislang einzige beschriebene in höheren Pflanzen dar. Das Gen ist, wie in Experimenten zu seiner Kartierung gezeigt wurde, in singulärer Kopienzahl im Genom vorhanden, lokalisiert auf Chromosom I. In Untersuchungen zur Expression konnte das Transkript unter normalen Anzuchtsbedingungen nicht nachgewiesen werden. Bei Behandeln der Pflanzen mit Lichtstreß über längere Zeit wurde jedoch ein nach mehrstündiger Latenzzeit einsetzendes Ansteigen der Transkriptrate beobachtet. Das Genprodukt wurde nach in vitro-Transkription und -Translation im in organello-Importexperiment als peripher mit der stromalen Oberfläche der Thylakoidmembran assoziiert charakterisiert. Untersuchungen an Chloroplastenfraktionen mittels Antikörpern, die gegen den C-Terminus des heterolog exprimierten SppA-Proteins produziert worden waren, bestätigten neben dem Nachweis des Vorhandenseins auch unter Normalbedingungen diese Lokalisation auch in vivo. Bei weiterer Subfraktionierung der Thylakoide fand sich das Protein vornehmlich assoziiert mit Stromathylakoiden. Die bei Bestrahlung der Pflanzen mit hohen Lichtintensitäten steigende Expressionsrate deutet auf eine funktionelle Neudefinierung von SppA in photosynthesetreibenden Organismen im Vergleich zu E. coli und auf eine Rolle innerhalb der langfristigen Adaptationsmechanismen der Pflanze gegen Lichtstreß hin. Weitere Untersuchungen konnten jedoch keine eindeutigen Hinweise bezüglich der spezifischen Funktion des Proteins liefern.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
Pflanzen sind aufgrund ihrer sessilen Lebensweise an die Bedingungen ihres Standortes gebunden. Zur Aufrechterhaltung ihrer photosynthetischen Effizienz, insbesondere unter transienten Veränderungen des Lichtregimes, haben höhere Pflanzen eine Reihe molekularer Anpassungsmechanismen entwickelt, die sowohl kurz- als auch längerfristige Adaptationen des Photosyntheseapparates ermöglichen. Für die einzigartige Dynamik der photosynthetischen Membran höherer Pflanzen spielen die reversible Phosphorylierung von Thylakoidmembranproteinen und komplexe Protein-Protein-Interaktionen unter Beteiligung multifunktioneller, regulatorischer Proteine herausragende Rollen. Hauptziel der vorliegenden Arbeit war es, durch die Identifikation und die funktionelle Charakterisierung minorer Komponenten des plastidären Kompartiments, vor allem der Thylakoidmembran, weitere Erkenntnisse zur Aufklärung der Signaltransduktionsmechanismen beizutragen, die die Lichtenergie mit physiologischen Reaktionen verknüpfen. Die Ergebnisse können wie folgt zusammengefaßt werden: 1. Die Existenz multipler, membranintegraler Proteinkinasen in den Thylakoidmembranen aus Spinatchloroplasten wurde durch den Nachweis von sechs minoren, kinaseaktiven Polypeptiden in Cytochrom b/f-Komplex-angereicherten, subthylakoidalen Fraktionen bekräftigt. Die Instabilität der in Abwesenheit des Kinasesubstrats HistonIII-S renaturierten Aktivitäten im basischen Milieu spricht für eine Autophosphorylierung der potentiellen Proteinkinasen an Serin- oder Threoninresten. 2. Die 64 kDa-Komponente AMS6 wurde mit dem monospezifischen Antikörper gegen den NTerminus seiner Aminosäuresequenz als membranintegrale Komponente gestapelter Regionen der Thylakoidmembran identifiziert. AMS6 ist weder mit der phosphorylierbaren Polyphenoloxidase noch der redoxkontrollierten LHCII-Kinase identisch, was mit Hilfe hochauflösender Gelsysteme bzw. durch Perfusionschromatographie subthylakoidaler Thylakoidmembranfraktionen gezeigt wurde. Die funktionelle Rolle von AMS6, dessen Assoziation mit dem trimeren LHCII-Komplex, nicht aber mit PSII-LHCII-Superkomplexen nachgewiesen werden konnte, ist unklar. Eine mögliche regulatorische Rolle der 64 kDa- Komponente in der Modulation des Absorptionsquerschnittes am PSII wird diskutiert. 3. Die potentielle Sensorkinase AMS9 (58 kDa) wurde mit dem heterologen Antikörper gegen das mutmaßliche cyanobakterielle Homologe slr0311 als periphere Komponente der Thylakoidmembran identifiziert. Die Interaktion mit der Stromaseite der photosynthetischen Membran erfolgte über schwache hydrophobe und elektrostatische Wechselwirkungen. Die Akkumulation von AMS9 in den ungestapelten Regionen der Thylakoidmembran war konsistent mit seiner Assoziation mit dem PSI. Die mögliche Funktion von AMS9 als Sensorkinase eines thylakoidalen Zwei-Komponenten-Signaltransduktionssystems unter Beteiligung des komplexen Polypeptids TTP30 wurde am Beispiel des rekombinanten cyanobakteriellen Homologen untersucht. Die Zerstörung des slr0311-Gens im Genom von Synechocystis sp. PCC6803 eignete sich unter den Versuchsbedingungen jedoch nicht zur Aufklärung der physiologischen Rolle von AMS9 in Spinatchloroplasten. 4. Das komplexe Polypeptid TTP30, für das in den Genomen von Spinacia oleracea L. und Arabidopsis thaliana L. mehr als ein Gen existiert, wurde durch den in organello-Import des in vitro-translatierten Vorläufers als plastidäre Komponente identifiziert. Das importierte Protein konnte über einen kurzen hydrophoben Abschnitt am C-Terminus mit der Thylakoidmembran interagieren. Die Deletion des potentiellen Membranankers führte zur Akkumulation des C-terminal verkürzten Proteins im Stroma. Die proteolytischen Erkennungssequenzen seiner größeren hydrophilen Domäne waren der Protease-Aktivität im Stroma durch die räumliche Anordung des charakteristischen, zentralen Tetratricopeptid- "repeat"-Moduls vermutlich nur bedingt zugänglich. 5. Der polyklonale Antikörper gegen den rekombinanten TTP30-Vorläufer identifizierte ein 34 kDa-Polypeptid im Stroma von Spinatchloroplasten, ein Ergebnis, das der thylakoidalen Lokalisation des in vitro importierten Proteins widersprach. Als möglicher Faktor, welcher die Spezifität des Antikörpers neben der komplexen Struktur des Vorläuferproteins beeinflussen könnte, wurde die Bindung von Calciumionen an das mutmaßliche "helix-loophelix"- Motiv in der N-terminalen Domäne von TTP30 untersucht. 6. Die DNS-Bindeaktivität des mutmaßlichen "helix-loop-helix"-Motivs von TTP30 wurde durch die "South-Western"-Analyse nachgewiesen. Der rekombinante TTP30-Vorläufer konnte Plastiden-DNS aus Spinatchloroplasten in vitro spezifisch binden. Seine säurestabile in vitro-Phosphorylierung sprach für die Regulation der potentiellen DNS-Bindeaktivität durch die posttranslationale Modifikation eines Serin- oder Threoninrestes. Eine mögliche Modulation seiner Aktivität im Sinne eines klassischen Zwei-Komponenten-Systems bestätigte sich nicht. Der Asparaginsäurerest D95 in der N-terminalen, "response regulator"- ähnlichen Domäne des rekombinanten Vorläufers übernahm in vitro keine Phosphorylgruppe von der prokaryotischen Sensorkinase EnvZ. 7. Mit dem kernkodierten Immunophilin TLP40 ist eine weitere plastidäre Komponente mit komplexer, molekularer Struktur untersucht worden. Das Protein war in seiner temporär membrangebundenen Form mit dem Cytochrom b/f-Komplex in den ungestapelten Regionen der Thylakoidmembran assoziiert. Seine lateral heterogene Verteilung und die Diskriminierung der Komplexe in den Granastapeln wurden im Zusammenhang mit der regulatorischen Interaktion von TLP40 und einer thylakoidalen Serin-/Threoninphosphatase vom Typ 2A untersucht. 8. Die reversible Interaktion von TLP40 im Thylakoidlumen mit der Innenseite der photosynthetischen Membran aus Spinatchloroplasten wurde in einem Zwei-Phasen- Polymersystem unter Verwendung von "inside-out"-Membranvesikeln nachgewiesen. Zur Identifikation essentieller Interaktionsbereiche wurden verschiedene rekombinante Deletions- und Punktmutanten von TLP40 hergestellt, die entweder keinen funktionellen Leucin-"zipper" besaßen und/oder denen die mutmaßlichen Phosphatasebindestellen im Nterminalen Abschnitt fehlten. 9. Das Gleichgewicht zwischen "freiem" TLP40 und seiner membranassoziierten Form konnte in vitro durch submillimolare Cyclosporin A-Konzentrationen zugunsten des "freien" Anteils verschoben werden. Die reversible Interaktion von TLP40 mit der Innenseite der Thylakoidmembran beeinflußte die Dephosphorylierungsrate thylakoidaler Phosphoproteine und war ein weiterer Hinweis auf eine regulatorische Interaktion des komplexen Immunophilins im Thylakoidlumen mit einer membranintegralen Proteinphosphatase vom Typ 2A. 10. Das Modell der transmembranen Signaltransduktion, die über die katalytische Aktivität der membranintegralen Proteinphosphatase auf der Stromaseite die Stabilität, die Degradation und den Umsatz der Polypeptiduntereinheiten des PSII-Holokomplexes koordinieren soll, wurde anhand zweier molekularbiologischer Ansätze untersucht. Weder die Expression der Antisens- bzw. Sens-RNS für TLP40 in A. thaliana L. noch die Inaktivierung des Gens für das potentielle cyanobakterielle Homologe sll0408 konnten jedoch unter den gewählten Versuchsbedingungen einen detaillierteren Einblick in die physiologische Bedeutung des komplexen Immunophilins TLP40 im Thylakoidlumen von Spinatchloroplasten geben.