Was wahr ist und was nicht, wo die Lüge anfängt und wo sie zu weit geht – darüber reden verschiedene Gäste in der Veranstaltungsreihe «Stunde der Wahrheit» im Rahmen der Ausstellung «FAKE. Die ganze Wahrheit» in Lenzburg. Die Gespräche werden in Zusammenarbeit mit Radio Argovia live aufgezeichnet.
Vor kurzem hatte «Mr. Corona» Daniel Koch noch den wichtigsten Job im Land, heute ist er im Ruhestand. Für viele ist der Berner Arzt der stille Held der Krise: besonnen und kompetent, mit viel Ausdauer und nicht ohne Humor. Doch mit fallender Infektionsrate nahm auch Kritik zu. Wie blickt er auf die vergangenen Monate zurück? Ist er immer bei der ganzen Wahrheit geblieben? Haben wir ihm zurecht vertraut? Was würde er anders machen? Bevor unser Amt für die ganze Wahrheit und die Ausstellung FAKE schliessen, fragen wir Daniel Koch in einer allerletzten «Stunde der Wahrheit», wie man in Krisensituationen glaubwürdig bleibt, wann die zweite Welle kommt – und wie er in Zukunft ausser mit Baden im Fluss der Zeit bleibt. Daniel Koch war der Corona-Beauftragte des Bundes. Seit Ende Mai ist er im Ruhestand.
Wir müssen vertrauen, um überlebensfähig zu sein, sagt der Psychoanalytiker Peter Schneider. Aber wie können wir vertrauen – in einer Zeit, in der das Misstrauen vor dem nächsten Menschen und der nächsten Türklinke unser Überleben sichern kann? Und wir andererseits kaum eine andere Wahl haben, als dem Bundesrat zu vertrauen? Was macht das Gefühl der Verwundbarkeit mit dem Vertrauen? Wo finden wir wieder Zuversicht? Diese und andere Fragen beantwortet Peter Schneider in dieser Extra-«Stunde der Wahrheit» dem Stapferhaus-Projektleiter Alain Gloor. Und er verrät, welchen Tipp er Alain Berset und dem BAG-Corona-Delegierten Daniel Koch mit auf den Weg zu den entscheidenden Pressekonferenzen Mitte März gegeben hätte.
«Wir sind hier, wir sind laut – weil ihr uns die Zukunft klaut!» Für die Parolen der Fridays-For-Future-Bewegung haben Klimaforschende über Jahrzehnte die Basis gelegt. Aber wie eigentlich? Wie entstehen und funktionieren Modelle, die die ganze Welt beschreiben? Wie können wir wissen, was in 10, 100 oder gar 1000 Jahren geschieht? Beim Klimawandel geht es ums Ganze. Um Verzicht und Verfall, ums Schicksal des Planeten. Und für uns Laien bleibt schwer einzuschätzen: Was ist ein rein hypothetisches Horrorszenario? Was schon bald bittere Realität? Nicolas Gruber war einer der ersten Studenten der Umweltwissenschaften an der ETH und ist heute einer der wichtigsten Klimawissenschaftler weltweit. Er plädiert für eine nüchterne, aber schonungslos ehrliche Umwelt-Diskussion. Wir fragen ihn nach der ganzen Wahrheit: Ist es schon zu spät? Was können wir noch, was müssen wir tun? Nicolas Gruber ist seit 2006 Professor für Umweltphysik an der ETH Zürich und u.a. Mitautor des jüngsten Sonderberichts des Uno-Weltklimarats (IPCC).
Gibt es das «wahre Ich»? Wenn ja: Sollen wir danach suchen? Vielleicht sogar mit Drogen? Oder helfen uns Drogen vielmehr, unser Ich endlich mal zu vergessen? Peter Gasser weiss Bescheid: Er ist Psychiater und einer von wenigen Ärzten weltweit, die im Rahmen ihrer psychoanalytischen Therapien LSD verschreiben dürfen. Der ehemalige Oberarzt der Kantonalen Psychiatrischen Klinik Solothurn erzählt, wie LSD heilt und wirkt. Aber auch, wie wir psychisch gesund bleiben können und was es dafür braucht – zwischen Lebenslügen, kleinen Selbsttäuschungen und radikaler Ehrlichkeit mit sich selbst. Und wir fragen uns, ob die Suche nach dem «wahren Ich» nicht eigentlich viel zu stressig ist – oder ob nur dort dem ganzen Stress zu entkommen ist. Peter Gasser ist Psychiater mit Praxis in Solothurn. Er hat vom Bundesamt für Gesundheit die Bewilligung, in seltenen Fällen Patientinnen und Patienten mit LSD zu behandeln.
Ohne Sprache keine Wahrheit. Aber wo liegen die Grenzen des Sagbaren? Muss Sprache kontrolliert werden? Und wer bestimmt eigentlich, was wahr ist? Entweder sind wir heute verunsichert und haben Angst, das Falsche zu sagen. Oder wir wollen reden können, wie uns der Schnabel gewachsen ist. Haben wir zu streiten verlernt? Ein Gespräch mit der Sprachphilosophin Deborah Mühlebach und dem Journalisten Peer Teuwsen auf der Suche nach dem heiligen Grahl der Wahrheit – jenseits von Gruppendenken und Selbstversicherung. Darüber, warum es gut ist, gewisse Worte nicht in den Mund zu nehmen und anderes unbedingt ausgesprochen werden muss. Auch im Namen der Wahrheit. Deborah Mühlebach ist Sprachphilosophin. In ihrer Doktorarbeit fragte sie sich u.a., wie Sprache gleichzeitig Zusammenhalt gefährden und herstellen kann. Peer Teuwsen war stellvertretender Chefredaktor des Magazins, Ressortleiter bei der Weltwoche und verantwortlich für die Schweiz-Seiten der ZEIT. Seit 2019 ist er Ressortleiter Kultur bei der NZZ am Sonntag. 2012 wurde er zum «Journalisten des Jahres» gewählt.
Manipulierte Bilder, erfundene Geschichten, üble Gerüchte: Im Internet wird mit unfairen Methoden Stimmung gemacht – und oft ist nicht erkennbar: Was stimmt? Was ist erlogen? Die österreichische Online-Expertin Ingrid Brodnig erklärt, wie wir im Netz der Lügen den Durchblick bewahren und woran wir uns orientieren können. Sie analysiert die Tricks der Fälscher und zeigt, wie uns Fake News, Populisten und unkontrollierte Technik manipulieren – und was wir dagegen tun können. Ingrid Brodnig ist Journalistin und digitale Botschafterin Österreichs in der EU. 2018 erschien ihr Buch «Lügen im Netz» in einer aktualisierten Neuauflage. Ihr Buch «Hass im Netz. Was wir gegen Hetze, Mobbing und Lügen tun können» erhielt den Bruno-Kreisky-Sonderpreis für das politische Buch.
Vom Cum-Ex-Steuerskandal zu Schmiergeldzahlungen, von der Dieseläffare zu Kartellabsprachen – die Welt der Wirtschaftskonzerne und Grossbanken ist eine Welt voller Lug und Trug. Im Namen des Gewinns und der Firma scheint alles erlaubt. Gleichzeitig wird der Ruf nach transparenten Geschäften immer lauter und in immer mehr Konzernen sitzen Ethikbeauftragte. Alles besser macht es das aber irgendwie nicht. Wohin steuern wir? Muss man Konzernen und Banken überhaupt vertrauen können? Hat es Platz für Moral im Wettbewerb? Und was, wenn ethische Argumente nur für bessere Geschäftszahlen sorgen sollen? Ein Gespräch über Greenwashing und echtes Bemühen, über unliebsame Wahrheiten und höhere Ziele mit Dorothea Baur und Marco Salvi. Dorothea Baur ist Wirtschaftsethikerin und berät Unternehmen, Pensionskassen, Stiftungen und NGOs zu Fragen rund um Corporate Social Responsibility und Nachhaltigkeit sowie Technologie und Datenschutz. Marco Salvi ist Ökonom bei Avenir Suisse und lehrt Wirtschaft an der ETH Zürich. In seiner Forschung setzt er sich u.a. mit dem Arbeitsmarkt, der Steuer- und Fiskalpolitik und der Gleichstellung auseinander.
Je komplexer und undurchsichtiger die globalisierte Welt, desto grösser die Sehnsucht nach Authentizität. Fakes hat es aber schon immer gegeben, wie der Historiker Valentin Groebner zeigt: Gefälschte Pässe, Fake News und Hochstapler haben die Menschen jahrhundertelang beunruhigt. In seinem neuen Forschungsprojekt fragt er: Woher kommen eigentlich unsere Vorstellungen vom Echten und Reinen? Ursprünge sind Sehnsuchtsorte: Wir wollen wissen, woher die Produkte sind, die wir konsumieren und ermitteln mit DNA-Tests, woher wir selbst stammen. Mit Achtsamkeitstrainings, Yoga und Meditation suchen wir unser innerstes, «echtes» Selbst. Was ist gut an der Sehnsucht nach dem Authentischen, und wo wird sie problematisch? Was hat sie mit dem Wunsch nach einfachen Lösungen zu tun und dem Glauben, dass früher alles besser war? Valentin Groebner ist Professor für Geschichte an der Uni Luzern. 2018 erschien sein Buch «Retroland» über Authentizität im Geschichtstourismus, 2019 der Essay «Wer redet von der Reinheit?».
Muss ich dem Chef von meiner Beziehung am Arbeitsplatz erzählen? Vor Gericht die ganze Wahrheit sagen? Der Vermieterin, dass ich einen Hund habe, obwohl sie keinen toleriert? Dem Partner, dass ich HIV-positiv bin? Die Lüge gehört zum Alltag wie das Aufstehen – und trotzdem ist sie nie einfach normal. Wir laden Sie ein zur Sprechstunde mit der Beobachter-Redaktorin und Buchautorin Andrea Haefely: Wann darf ich zu meinem eigenen Vorteil lügen? In welcher Situation ist eine Lüge gar geboten? Wo reibt sich Unehrlichkeit an Wertvorstellungen? Wo beginnt der Konflikt mit dem Gesetz? Andrea Haefely ist seit 15 Jahren Redaktorin beim Beobachter. 2014 erschien ihr Buch «Schweigen, Schummeln, Lügen: Was ist erlaubt?».
Die Fakten haben es schwer, die Wahrheit fast noch mehr. Von allen Seiten werden sie attackiert: Für die einen ist eh alles ein Konstrukt, die anderen lassen die Wahrheit einfach links liegen – und der grosse Rest weiss alles besser oder glaubt gar nichts mehr. Wie steht es um die Wahrheit und die Fakten? Gibt es sie nun oder nicht? Und wenn ja: Was ist wahr? Und was hat es mit dem Vorwurf der «Fake Science» auf sich? Mit dem Philosophen Michael Hampe kommen wir den Tatsachen auf die Spur und gehen der Wahrheit auf den Grund. Michael Hampe ist Professor für Philosophie an der ETH Zürich. In seinem 2018 erschienenen Buch «Die Dritte Aufklärung» fordert er, dass wir uns im Namen der Wahrheit pragmatisch und aufgeklärt an der Entwicklung der Welt beteiligen.
Wird heute mehr gelogen als früher? Wie bleibt man glaubwürdig? In der fünften Episode des Podcasts «Stunde der Wahrheit» spricht Sonja Enz auf dem Glaubwürdigkeitspodium mit sechs prominenten Gästen: Anita Fetz, SP-Politikerin und Ständerätin Marianne Heer, Oberrichterin am Strafgericht des Kantons Luzern David Hesse, Journalist beim Tages-Anzeiger Christoph Weber-Berg, Pfarrer und Präsident der Reformierten Landeskirche Aargau Marianne Wildi, CEO der Hypothekarbank Lenzburg Beat W. Zemp, Lehrer und Präsident des Dachverbands der Lehrerinnen und Lehrer in der Schweiz
Dürfen Kinder lügen? Schüler spicken? In dieser Episode des Podcasts „Stunde der Wahrheit“ spricht Projektleiterin Sonja Enz mit Erziehungswissenschaftler Roland Reichenbach über die Lüge in der Erziehung.
In der dritten Episode des Podcasts „Stunde der Wahrheit“ spricht Autor Tom Kummer über sein Leben und sein Schreiben.
Ann-Marlene Henning ist Deutschlands bekannteste Paar- und Sexualtherapeutin. Im Gespräch im Stapferhaus in Lenzburg mit Projektleiter Alain Gloor bringt sie die Antworten zu den kleinen und grossen Beziehungsfragen mit. Ihre preisgekrönte Aufklärungsserie «Make Love» läuft auf Netflix, 2018 erschien ihr neuestes Buch «Männer: Körper. Sex. Gesundheit».
In der ersten Episode des Podcasts «Stunde der Wahrheit» spricht Verschwörungstheorie-Experte Michel Butter darüber, wie man Verschwörungstheorien erkennt und wann sie gefährlich sind. Das Gespräch wurde live im Stapferhaus in Lenzburg aufgezeichnet.