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Powerbauer - Wir starten in eine neue Powerfolge über die Physiologie des Skelettmuskels. Wir arbeiten uns von der Idee des Bizepsflexens über die motorische Endplatte bis hin zur eigentlichen Kontraktion der Myofilamente. Zudem bieten wir euch ein interaktives Fingeryoga, um die Lerninhalte auch praktisch zu erfassen! Alle Angaben ohne Gewähr.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 18/19
Myasthenia gravis (MG) ist eine neuromuskuläre Erkrankung mit einer Inzidenz von etwa 20-30/1 000 000 Menschen. Die Erkrankung führt zu einer Störung der synaptischen Erregungsübertragung an der neuromuskulären Endplatte und damit zu einer zunehmenden Schwäche der Muskulatur. In etwa 80 bis 90 Prozent der Patienten mit Myasthenia gravis konnten Autoantikörper gegen den Azetylcholinrezeptor nachgewiesen werden, die für die Symptome verantwortlich sind. In den letzten Jahren wurden bei einigen Myasthenia gravis Patienten Autoantikörper gegen die muskelspezifische Rezeptor-Tyrosinkinase (MuSK) und LRP4 (lipoprotein receptor-related protein) nachgewiesen. Allerdings gibt es immer noch eine geringe Anzahl von Myasthenia gravis Patienten, bei denen noch kein für die Beschwerden ursächlicher Antikörper gefunden werden konnte. Agrin ist neben LRP4 und MuSK ein weiteres Protein an der neuromuskulären Endplatte, und ist gemeinsam mit den beiden anderen Proteinen für die Bildung und Aufrechterhaltung der für die Erregungsübertragung notwendigen Aggregation von Azetylcholinrezeptoren verantwortlich. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass auch Autoantikörper gegen Agrin zu einer Beeinträchtigung der neuromuskulären Übertragung führen könnten. Auf dieser Hypothese beruht die vorliegende Studie, in der Seren von 54 Patienten mit klinisch diagnostizierter Myasthenia gravis auf das Vorhandensein von anti-Agrin-Antikörpern untersucht wurden. 30 der 54 untersuchten Seren waren seronegativ für Antikörper gegen den Azetylcholinrezeptor und MuSK, 15 Proben hatten erhöhte Konzentrationen an Antikörpern gegen MuSK und 9 davon waren seropositiv für anti-Azetylcholinrezeptor-Antikörper. Als Kontrollgruppe fungierten die Seren von 16 gesunden Probanden. Anstelle von Volllängen-Agrin wurde in den Experimenten mini-Agrin verwendet – ein synthetisches Protein, welches etwa 50 Prozent der Sequenz von Agrin enthält. Der Nachweis der Autoantikörper erfolgte mittels zweier unterschiedlicher Methoden: einem ELISA mit gereinigtem mini-Agrin und immunhistochemischen Färbungen von mit humanem mini-Agrin transfizierten HEK293 Zellen. Durch den ELISA gelang außerdem die Bestimmung der Antikörperkonzentrationen der detektierten anti-Agrin-Antikörper. In fünf der 54 untersuchten Seren konnten im ELISA erhöhte Konzentrationen an anti-Agrin-Antikörpern nachgewiesen werden. Die Antikörperkonzentrationen lagen zwischen 0,04 und 0,12 nM. Zwei dieser fünf Seren färbten spezifisch mit mini-Agrin transfizierte Zellen an, drei davon zeigten eine spezifische Färbung der neuromuskulären Endplatten in Mausgewebe. In vier der anti-Agrin-Antikörper-positiven Seren waren zuvor Antikörper gegen MuSK nachgewiesen worden; eines der Seren war anti-Azetylcholinrezeptor-Antikörper-positiv und zwei Seren hatten erhöhte Konzentrationen an Antikörpern gegen LRP4. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie belegen das Vorhandensein von Antikörpern gegen Agrin in Patienten mit klinisch diagnostizierter Myasthenia gravis und geben damit Hinweise auf Agrin als ein neues Antigen in der Pathogenese der Erkrankung. In allen fünf der anti-Agrin-Antikörper-positiven Seren waren zuvor Antikörper gegen MuSK, LRP4 oder den Acetylcholinrezeptor nachgewiesen worden. Dies weist auf eine hohe Koinzidenz von Antikörpern gegen unterschiedliche Proteine der neuromuskulären Endplatte in Patienten mit Myasthenia gravis hin. Insbesondere konnten in dieser Studie zum ersten Mal drei Autoantikörper gegen Proteine der neuromuskulären Endplatte in einem Serum nachgewiesen werden. Inwiefern anti-Agrin-Antikörper an der Entstehung der für die Erkrankung typischen Veränderungen der Muskulatur beteiligt sind, bleibt weiterhin unklar und könnte Gegenstand zukünftiger Studien sein.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 04/06
Chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) ist eine erworbene Erkrankung des peripheren Nervensystems (PNS), an deren Entstehung sowohl zellvermittelte als auch humorale Immunmechanismen gegen bisher unbekannte Antigene beteiligt sind. Um neue Erkenntnisse über die Rolle humoraler Faktoren bei der CIDP zu erlangen, wurde der Effekt von aufgereinigtem IgG von elf Patienten mit klassischer CIDP auf die neuromuskuläre Transmission untersucht. Mit Hilfe der durchströmten Macro-Patch-Clamp-Elektrode konnte die Wirkung dieser Antikörper an Zwerchfellpräparaten der Maus erforscht werden. Neben den elektrophysiologischen Untersuchungen wurde der Effekt verschiedener CIDP-IgGs auf den Calciumeinstrom in kultivierte Neurone des Bulbus olfactorius der Maus mittels Calcium-Imaging-Experimenten getestet. Die Frage nach dem möglichen Zielantigen wurde durch ELISA, Westernblots und die Applikation von monoklonalen Anti-P0-Antikörpern genauer betrachtet. Die Applikation der CIDP-IgG-Fraktionen führte zu einer irreversiblen, signifikanten Reduktion der Transmitterausschüttung an der motorischen Endplatte. Ein postsynaptischer Effekt konnte nach der Applikation von acht CIDP-IgGs nicht beobachtet werden, was die präsynaptische Natur der Blockade bestätigte. Durch die Koinkubation der CIDP-IgGs mit therapeutischem IVIg konnte die präsynaptische Blockade fast vollständig neutralisiert werden. Sowohl das Ausmaß als auch der zeitliche Verlauf der präsynaptischen Blockade variierte zwischen den IgG-Fraktionen verschiedener Patienten, was erstmals auf verschiedene Mechanismen hinwies, die der Abnahme der Acetylcholinfreisetzung zu Grunde liegen könnten. Unterstützt wurde diese Annahme durch die unterschiedlichen Effekte der CIDP-IgGs auf den Calciumeinstrom in kultivierte Neurone. Die durch drei CIDP-IgG-Fraktionen hervorgerufene präsynaptische Blockade korrelierte mit einer signifikanten Reduktion des Calciumeinstroms in die Zellen, was auf eine Interaktion der Antikörper mit spannungsabhängigen Calciumkanälen hindeutete. Zwei CIDP-IgG-Fraktionen hatten keinen Effekt auf den Calciumeinstrom. Das IgG eines weiteren Patienten verursachte sogar einen Anstieg des Calciumeinstroms in kultivierte Neurone, obwohl es gleichzeitig zu einer verminderten Transmitterausschüttung an der motorischen Endplatte führte. Antikörper gegen Ganglioside, die als mögliche Zielantigene bei der CIDP diskutiert werden, konnten in keiner der hier getesteten IgG-Fraktionen nachgewiesen werden. Dagegen führte die Applikation von monoklonalen Antikörpern gegen das periphere Myelinprotein 0 (P0) zu einer konzentrationsabhängigen Reduktion der neuromuskulären Übertragung. Wie bei CIDP-Antikörpern, war dieser Effekt präsynaptischer Natur und eine Beeinträchtigung postsynaptischer Strukturen konnte nicht nachgewiesen werden. Ein solcher Mechanismus wäre für Anti-P0-positive CIDP-Patienten denkbar, jedoch konnte hier nur bei der CIDP-IgG-Fraktion eines Patienten eine Bindung an ein Zwerchfellprotein im Bereich von P0 beobachtet werden. Die vorliegende Studie spricht für eine pathophysiologische Bedeutung von humoralen Faktoren bei der CIDP. Autoantikörper, die zu einer komplementunabhängigen, irreversiblen, rein präsynaptischen Blockade der neuromuskulären Transmission führen, könnten eine Ursache der Muskelschwäche bei CIDP-Patienten darstellen. Des Weiteren erklären Autoantikörper, die über eine Veränderung der neuromuskulären Transmission wirken und nicht zwangsläufig zur komplementvermittelten Schädigung des PNS führen, den schnellen Therapieerfolg durch Plasmapheresen.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 07/19
Die kongenitalen myasthenen Syndrome (CMS) bilden klinisch und pathogenetisch eine heterogene Gruppe von relativ seltenen hereditären Erkrankungen des Kindesalters. Sie werden durch unterschiedliche genetische Defekte im Bereich der neuromuskulären Endplatte verursacht und manifestieren sich mit variabler Symptomatik, bei der eine ermüdbare Muskelschwäche das herausragende Kennzeichen ist. Bisher sind zehn verschiedene Gene bekannt, deren Defekte CMS verursachen können. Dazu gehören die Gene, die für Acetylchoilinrezeptor (AChR)-Untereinheiten kodieren, das CHAT-Gen, welches für die Cholin-Acetyltransferase kodiert, das RAPSN-Gen, das SCN4A-Gen, das DOK7-Gen, sowie das COLQ-Gen und das MUSK-Gen. Der Hauptschwerpunkt dieser Arbeit lag auf der molekulargenetischen Untersuchung des COLQ-Gens und des MUSK-Gens. Im COLQ-Gen konnten wir bei 8 Patienten aus 7 unanhängigen Familien 7 verschiedene Mutationen identifizieren, 4 davon waren noch nicht beschrieben worden. Eine Missens-Mutation des COLQ-Gens (T441A) fand sich homozygot in drei unabhängigen deutschen CMS-Familien mit insgesamt vier betroffenen Personen. Dabei führt ein homozygoter Austausch (1321 A>G) im Exon 17 dazu, dass die Aminosäure Threonin, die an dieser Position innerhalb der C-terminalen Region des ColQ-Proteins über viele Speziesgrenzen konserviert ist, durch Alanin ersetzt wird. Da diese Region für die Trimerisierung von ColQ und für die Insertion der AChE/ColQ-Komplexe in der Basallamina essentiell ist, führt der Aminosäurenaustausch zu einem vollständigen Fehlen von der im synaptischen Spalt verankerten Esterase. Die Abwesenheit von AChE im synaptischen Spalt bei den Patienten mit ColQ-CMS führt dazu, dass die klinischen Symptome bei allen Erkrankten auf eine Therapie mit AChE-Hemmern nicht ansprechen oder sich sogar dramatisch verschlechtern können. Deswegen ist die genaue molekulargenetische Charakterisierung bei diesen Patienten für die richtige Therapie sehr wichtig. Das MUSK-Gen spielt eine wichtige Rolle für die Ausbildung der postsynaptischen Strukturen. Die Phosphorylierung von MuSK ist essentiell für die Aggregation der AChR an der posysynaptischen Membran. Aus diesen Gründen kam MUSK als potentielles CMS-Kandidatengen in Betracht. Wir untersuchten 10 Patienten, bei denen die übrigen bekannten CMS-Gene zuvor ausgeschlossen worden waren und konnten bei 5 von ihnen insgesamt 6 Sequenzveränderungen feststellen. Diese erwiesen sich jedoch als Polymorphismen. Eine pathogene Mutation ließ sich nicht nachweisen. Erst im Jahr 2004 wurden von einer französischen Arbeitsgruppe die ersten zwei compound heterozygoten und bis jetzt einzigen MUSK-Mutationen beschrieben. Es scheint, dass Mutationen im MUSK-Gen sehr selten ein CMS verursachen, was sich durch die essentielle Rolle der Tyrosinkinase erklären lässt. Da CMS durch unterschiedliche strukturelle oder funktionelle Veränderungen an der neuromuskulären Endplatte bedingt sind, ist eine präzise klinische und genetische Charakterisierung des CMS wichtig für alle Patienten. Genetische Beratung und pränatale Diagnostik können nur durchgeführt werden, wenn eine exakte Diagnostik auf molekularer Ebene verfügbar ist. Außerdem hat die exakte molekulargenetische Charakterisierung kongenitaler myasthener Syndrome für die betroffenen Patienten große Bedeutung, da sich daraus unterschiedliche Konsequenzen hinsichtlich Prognose, Vererbbarkeit und Behandlungsmöglichkeiten ergeben. Zusätzlich bietet die molekulargenetische Analyse die Möglichkeit, das Verständnis der pathophysiologischen Zusammenhänge der neuromuskulären Übertragung zu erweitern.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 06/19
Die Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung der neuromuskulären Endplatte. Pathogenetisch im Mittelpunkt steht der Thymus, der das Autoantigen der Erkrankung sowie die komplette immunologische Maschinerie enthält, eine Autoimmunreaktion zu initiieren und zu unterhalten. In dieser Arbeit wurde mittels CDR3-Spektratyping erstmals systematisch das Immunglobulinschwerketten-Repertoire von CD19+ B-Zellen und CD138+ Plasmazellen untersucht. Es zeigte sich eine ausgesprochene Heterogenität der untersuchten Zellpopulationen als möglicher Hinweis für eine ausgeprägte somatische Hypermutation von B-Zellen und Plasmazellen im Thymus, im Gegensatz zum peripheren Blut.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 06/19
CT-osteoabsorptiometrische Untersuchung von Mineralisierungsverteilung und -gehalt der lumbalen Wirbelkörperendplatten von Gesunden, Patienten mit degenerativen Bandscheiben- erkrankungen und mit Bandscheibenendoprothese als Ausdruck der Belastungsverhältnisse im Bewegungssegment und der Lastübertragung durch gesunde und degenerierte Bandscheiben. Grundlage sind Wolfs Gesetz der Transforma- tion der Knochen und Carters loading history. Ergebnisse: Vergleichs- und präoperative Gruppe weisen statistisch hochsignifikante Unterschiede im Mineralisierungsgrad auf, nach der Operation verschieben sich die bio- mechanischen Verhältnisse in Richtung Wirbelsäulengesunder.Gesunde Bandscheiben ge- ben die Last gleichmäßig auf die angrenzenden Endplatten weiter, degenerativ veränderte asymmetrisch. Die Bandscheibe scheint zudem pseudoelastische Eigenschaften zu besitzen, durch die sie die auf die kaudal angrenzende Endplatte einwirkende Last effektiv vermindert. In der Interartikularportion kommt es bei der Übertragung von Lasten zu einer Biegebeanspruchung, durch die die Grundplatte eines Wirbelkörpers, verglichen mit der korrespondierenden Deckplatte, eine höhere Belastung und somit stärkere Mineralisation erfährt. Die Bandscheibenendo- prothetik stellt eine sinnvolle und nebenwir- kungsärmere Alternative zur bislang prakti- zierten Fusionsoperation dar.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 06/19
Als zentrales Achsenorgan des menschlichen Skelettes und aufgrund ihrer wesentlichen Bedeutung für die aufrechte Körperhaltung des Menschen sind Morphologie, Funktion und Degenerationserscheinungen oder Verletzungen der Wirbelsäule seit Jahrzehnten von besonderem Interesse in der medizinischen Forschung. Um den Kraftfluss durch Wirbelkörper und Bandscheiben bei Gesunden zu untersuchen, werden bis heute verschiedenste Studienmodelle entwickelt. Diese präsentieren jedoch meist nur begrenzte Ergebnisse, weil aufgrund der Komplexität der Bewegungen, der Zusammensetzung aus vielen Einzelgelenken und nicht zuletzt des Einflusses durch Muskeln und Bändern der Kraftfluss nicht realitätsnah dargestellt werden kann. Ausgehend von der Tatsache, dass die Verteilung der subchondralen Mineralisierung das biologische Korrelat der Langzeitbeanspruchung einer Gelenkfläche darstellt, war das Ziel dieser Studie, individuelle Mineralisierungsmuster der einzelnen Wirbelkörperendplatten der gesamten Wirbelsäule beim gesunden Menschen darzustellen und den jeweiligen Kalziumgehalt einer Endplatte zu bestimmen, um dann auf die Beanspruchung rückschließen zu können. Zu diesem Zweck wurden 10 möglichst gering degenerierte Wirbelsäulen von Leichen entnommen. Mit Hilfe der CT-Osteoabsorptiometrie (CT-OAM) wurde die subchondrale Mineralisierungsverteilung der Deck- und Grundplatten dargestellt und in standardisierten kartographischen Ansichten die Lage der Dichtemaxima dargestellt. Mittels quantitativer CT-OAM (qCT-OAM) wurde der Kalziumgehalt der Endplatten ermittelt und durch Einbeziehung der Endplattenfläche der relative Kalziumgehalt berechnet, wodurch intra- und interindividuelle Vergleiche möglich wurden. Der absolute Kalziumgehalt der Endplatten nahm – ebenso wie die Endplattenfläche – von kranial nach kaudal zu, woraus sich ein annähernd gleichbleibender relativer Kalziumgehalt in Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule ergab. Dies galt für alle untersuchten Wirbelsäulen gleichermaßen, obwohl es deutliche interindividuelle Unterschiede hinsichtlich des Kalzifizierungsgrades gab. Der Kalziumgehalt der Deck- und Grundplatte des Einzelwirbelkörpers unterschied sich bei Brust- und Lendenwirbelkörpern – im Gegensatz zu den Halswirbelkörpern – signifikant. Innerhalb des Wirbelkörpers fanden wir eine Zunahme der Mineralisierung. Im Gegensatz dazu fanden wir in thorakalen und lumbalen Bewegungssegmenten eine signifikante Mineralisierungsabnahme: die kranial einer Bandscheibe gelegene Grundplatte ist geringer mineralisiert als die kaudal gelegene Deckplatte. Wir vermuten, dass die Zunahme der Mineralisierung innerhalb des Wirbelkörpers u.a. durch zusätzliche Lastaufnahme über die in den Wirbelkörper einstrahlenden Wirbelpedikel entsteht. Diese sind je nach Körperhaltung und Durchstoßpunkt der Kraftresultierenden am Kraftfluss durch die Wirbelsäule beteiligt. Die Abnahme der Mineralisierung über eine Bandscheibe hinweg resultiert vermutlich aus deren Verformung bei Belastung. Im Falle degenerierter Bandscheiben konnten wir zeigen, dass diese Last offensichtlich unvermindert an kaudale Wirbelkörper weitergeleitet wird, wodurch es zu einer Mineralisierungszunahme der kaudal gelegenen Deckplatte kommt. Die differenten Ergebnisse der Halswirbelsäule könnten auf dem konvexbogigen Aufbau der Endplatten und der bereits in jungen Jahren ausgebildeten Uncovertebralgelenke durch Spaltenbildung der Bandscheiben beruhen, weshalb keine Lastminderung durch Verformung der Bandscheiben erfolgt. Die flächenhafte Mineralisierung, dargestellt in den Densitogrammen der CT-OAM, zeigte charakteristische Häufungen der Stellen höherer Mineralisierung. Die Endplatten der Halswirbelsäule wiesen vor allem posterolateral eine höhere Mineralisierung auf. In der Brustwirbelsäule dominierten gleichmäßig zirkuläre Mineralisierungsmaxima, während lumbal überwiegend dorsal Stellen höherer Mineralisierung lokalisiert waren. Die Übergänge zwischen Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule waren fließend. Weil sich die Lage des jeweiligen Rotationszentrums einer Bewegung aus dem Winkel der Wirbelpedikel zum Wirbelkörper und aus der variablen Belastung der Bandscheibe ergibt, unterscheiden sich die Hauptbelastungszonen der Endplatten je nach Lage in der Wirbelsäule. Aufgrund der zusätzlichen Einflussnahme der unterschiedlichen Bewegungsgrade der einzelnen Wirbelsäulenabschnitte konnten wir nachweisen, dass es charakteristische regionale (zervikal – thorakal – lumbal) Verteilungsmuster der Hauptbelastungszonen der Wirbelkörperendplatten gibt. Entsprechend der beschriebenen Mineralisierungsmuster verläuft eine Achse der Hauptbeanspruchung durch die Wirbelsäule. Diese verändert sich fließend von dorsolateral im Halsbereich nach gleichmäßig zirkulär auf Höhe der Brustwirbelsäule und schließlich wieder dorsolateral im lumboskralen Bereich. Die Ergebnisse unserer Untersuchungen zeigen, dass es beim Lebenden charakteristische Beanspruchungsmuster der Wirbelsäule gibt, welche nur durch Berücksichtigung aller am Achsenorgan beteiligten Strukturen verstanden werden können. Die klinische Erfahrung, dass bevorzugt Deckplatten der Hals- und Lendenwirbelsäule frakturieren können wir erstmals morphologisch begründen.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 05/19
Die kongenitalen myasthenen Syndrome (CMS) bilden pathogenetisch und klinisch eine heterogene Gruppe von relativ seltenen hereditären Erkrankungen des Kindesalters, denen eine gestörte Erregungsübertragung im Bereich der neuromuskulären Endplatte zu Grunde liegt. Daher stellen diese Erkrankungen ein hervorragendes Modell zur Untersuchung synaptischer Prozesse dar. Ziel dieser Arbeit war die Identifizierung und Charakterisierung von genetischen Veränderungen, die zu einer gestörten Erregungsübertragung an der menschlichen neuromuskulären Endplatte und damit zu CMS führen. Die Analyse ursächlicher Mutationen und deren pathophysiologischer Bedeutung soll die Grundlage für eine sichere Einordnung von CMS bilden. Aus der Korrelation von Geno- und Phänotypen von CMS-Patienten sollen Daten gewonnen werden, die für den einzelnen CMS-Patienten hinsichtlich Diagnostik, Beratung und Therapie hilfreich sind. Es konnten über 250 nicht verwandte CMS-Patienten aus Deutschland und anderen europäischen Ländern molekulargenetisch analysiert werden. Dies führte zur Identifizierung und funktionellen Charakterisierung zahlreicher ursächlicher Mutationen in sechs verschiedenen CMS-Genen (Gene kodierend für Acetylcholinrezeptor (AChR)-Untereinheiten: CHRNE, CHRND, CHRNA1, sowie COLQ, CHAT und RAPSN). Ausgewählte Mutationen wurden in funktionellen Studien auf ihren pathogenetischen Effekt an der Endplatte hin untersucht. Auf diese Weise konnte bereits bei über 50% der Patienten des CMS-Kollektivs die molekulare Grundlage des CMS identifiziert werden. Übereinstimmend mit den Ergebnissen anderer Arbeitsgruppen wurden die meisten Mutationen (19 verschiedene Mutationen in 40 unabhängigen Familien) im CHRNE-Gen kodierend für die epsilon-Untereinheit des adulten AChR identifiziert, die zu einem postsynaptischen CMS führen. Im Bereich der übrigen AChR-Untereinheiten ist eine Missense-Mutation im CHRND-Gen kodierend für die delta-Untereinheit hervorzuheben. Für diese konnte ein für AChR-Mutationen neuartiger Pathomechanismus gezeigt werden: die Mutation reduziert die Fähigkeit der AChR, mit dem postsynaptischen Protein Rapsyn zu clustern. Als zweithäufigste Ursache eines CMS im Kollektiv stellten sich Mutationen des RAPSN-Gens heraus (10 verschiedene Mutationen in 22 unabhängigen Familien). Bei Patienten deutschen Ursprungs erwiesen sich diese sogar als häufigste ursächliche Mutationen. Neben verschiedenen anderen Mutationen trugen die meisten der Patienten dabei auf mindestens einem Allel die Mutation N88K. Die besondere Häufigkeit von N88K konnte auf einen Founder in der indoeuropäischen Bevölkerung zurückgeführt werden. Klinisch auffällig waren bei RAPSN- Patienten – ähnlich wie bei Patienten mit CHAT-Mutationen - im Rahmen von Infekten plötzlich auftretende, lebensbedrohliche Störungen der Atmung. Durch einen Schnelltest auf die Mutation N88K bei neuen Patienten können insgesamt etwa 10% aller CMS-Fälle genetisch diagnostiziert werden. Damit können weitere aufwendige und für die Patienten belastende Untersuchungen vermieden werden. Darüber hinaus gelang es, bei einer Reihe von Patienten des CMS-Kollektivs Mutationen im COLQ- sowie im CHAT-Gen nachzuweisen und zu charakterisieren: Mutationen im synaptisch exprimierten COLQ-Gen konnten bislang in insgesamt 11 CMS-Familien nachgewiesen werden. Die meisten genetischen Veränderungen waren als „private“ Mutationen jeweils nur in einzelnen Patienten bzw. Familien nachweisbar. Eine Missense-Mutation des COLQ-Gens (T441A) fand sich dagegen interessanterweise homozygot in drei unabhängigen deutschen CMS-Familien mit insgesamt vier betroffenen Personen. Krankheitsalter bei Erstmanifestation, Fortschreiten und Schweregrad der Erkrankung zeigten trotz der identischen Mutation eine bemerkenswerte Variabilität zwischen den einzelnen Patienten. Eine biochemische Charakterisierung der Mutation T441A mittels Dichtegradienten-Zentrifugation der aus Patientenmuskel extrahierten AChE zeigte ein Fehlen der ColQ-assoziierten, im synaptischen Spalt verankerten Esterase-Form. Im CHAT-Gen wurden bei sechs Index-Patienten des Kollektivs sieben unterschiedliche Mutationen identifiziert. Bei allen Patienten traten – ähnlich wie bei Patienten mit RAPSN-Mutationen - wiederholt plötzliche Apnoen auf. Im Schweregrad der myasthenen Symptomatik zeigten auch CHAT-Patienten deutliche Unterschiede, sogar bei Vorliegen einer identischen genetischen Ursache. Die klinische Beobachtung von zwei kroatischen Patienten mit identischen Mutationen des CHAT-Gens betont die Bedeutung plötzlicher Apnoen als Risikofaktor für die Entwicklung sekundärer hypoxischer Hirnschäden und einer psychomotorischen Retardierung. Die Größe des Patientenkollektivs ermöglichte es erstmals, Daten zu Vorkommen und Häufigkeit einzelner CMS-Mutationen in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zu gewinnen. Darüber hinaus erbrachte die Analyse von Phänotyp und Genotyp wichtige Informationen zu klinischen Besonderheiten, Therapiemöglichkeiten und Prognose. Neben der Analyse bekannter CMS-Gene bilden die in dieser Arbeit charakterisierten Patienten und Familien die Grundlage, weitere CMS-Gene zu identifizieren.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/19
Die kongenitalen myasthenen Syndrome (CMS) bilden klinisch und pathogenetisch eine heterogene Gruppe von relativ seltenen hereditären Erkrankungen des Kindesalters. Sie werden durch unterschiedliche genetische Defekte im Bereich der neuromuskulären Endplatte verursacht und manifestieren sich mit variabler Symptomatik, bei der eine ermüdbare Muskelschwäche das herausragende Kennzeichen ist. Die exakte Klassifizierung eines CMS ist dabei neben dem wissenschaftlichem Interesse auch von klinischer Relevanz, da sich aus ihr für die betroffenen Patienten und ihre Familien unterschiedliche Konsequenzen hinsichtlich Prognose, Vererbbarkeit und pharmakologischer Therapie ergeben. In der vorliegenden Arbeit konnten post- und präsynaptische CMS verursachende genetische Defekte identifiziert werden. Dabei betreffen die meisten der nachgewiesenen Mutationen, analog zu anderen Untersuchungen, die epsilon-Untereinheit des nikotinergen Acetylcholinrezeptors (AChRepsilon). Einige Ergebnisse sind hierbei von besonderem wissenschaftlichem Interesse: Bei einer 1200bp großen Mikrodeletion auf dem ACHRepsilon-Gen handelte sich um die erste chromosomale Deletion, die bei CMS nachgewiesen werden konnte. Eine zusätzliche Mutation in der Promotorregion des ACHRepsilon-Gens (epsilon-154G/A) führt bei dem Patienten zur Manifestation des Krankheitsbilds. Bei einer Mutation an der Spleißakzeptorstelle von Intron 7 im ACHRepsilon-Gen (epsilonIVS7-2A/G), die bei insgesamt fünf Patienten aus drei unabhängigen Familien auftritt, konnte der fehlerhafte Spleißvorgang durch Analyse des resultierenden Transkripts aufgezeigt werden: Exon 7 wird, unter Verlust von Exon 8, direkt an Exon 9 gespleißt, aufgrund einer Leserahmenverschiebung entsteht ein vorzeitiges Stopcodon. Während die meisten Mutationen im ACHRepsilon-Gen nur bei einigen wenigen Patienten nachgewiesen werden, stellt die Mutation epsilon1267delG in der Volksgruppe der Roma die häufigste Ursache für CMS dar. Die relativ große Anzahl von Patienten mit dieser Mutation, die untersucht werden konnte, ermöglichte eine detaillierte Genotyp-Phänotyp-Korrelation. Zukünftig wird eine direkte Testung auf die Mutation epsilon1267delG die Diagnosestellung bei Patienten dieser Volksgruppe deutlich vereinfachen und beschleunigen. Darüber hinaus sollte diskutiert werden, ob aufgrund der hohen Carrier-Frequenz für diese Mutation ein Neugeborenen-Screening für die betroffenen Bevölkerungsgruppen angeboten werden sollte. Bei frühzeitiger Diagnosestellung können rechtzeitig Therapie- und Präventionsmaßnahmen eingeleitet werden, und bei entsprechender Medikation mit Acetylcholinesterase-Hemmern mögliche Komplikationen, wie Apnoe und plötzlicher Kindstod vermieden werden. Die Haplotypenanalyse von dieser Patienten mit der Mutation epsilon1267delG eröffnet neue Erkenntnisse über Ursprung und Verbreitung des mutierten Alleles in der Romabevölkerung. Es wurde ein Kernhaplotyp identifiziert, der auch bei Patienten aus Indien und Pakistan nachgewiesen werden konnte. Das gemeinsame Auftreten eines solchen Founder-Allels untermauert die, hauptsächlich auf sprachwissenschaftlichen Vergleichen beruhende These, daß die Vorfahren der Roma vom indischen Subkontinent stammen. Weitaus seltener als Mutationen im AChR treten Mutationen auf der präsynaptischen Seite der neuromuskulären Endplatte bei CMS auf. Im Gen für Cholin-Acetyltransferase (ChAT) konnte bei drei Patienten aus zwei unabhängigen Familien eine neue Mutation (CHAT I336T) homozygot nachgewiesen werden sind. Bei allen CHAT I336T Patienten wird, zusätzlich zu der myasthenen Symptomatik von einem, für Mutationen in diesem Gen typischen, gehäuften Auftreten von Apnoen, berichtet. Insgesamt bietet die molekulargenetische Analyse von CMS neben der Bedeutung, die sie für den einzelnen Patienten hat, die Möglichkeit das Verständnis der pathophysiologischen Zusammenhänge der neuromuskulären Übertragung zu erweitern.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/19
Die kongenitalen myasthenen Syndrome (CMS) bilden klinisch und pathogenetisch eine heterogene Gruppe von relativ seltenen hereditären Erkrankungen des Kindesalters. Sie werden durch unterschiedliche genetische Defekte im Bereich der neuromuskulären Endplatte verursacht und manifestieren sich mit variabler Symptomatik, bei der eine belastungs- und tageszeitabhängige Muskelschwäche das herausragende Kennzeichen ist. Man unterscheidet synaptische, prä- und postsynaptische CMS-Formen. Während der letzten Jahre hat sich gezeigt, dass die postsynaptischen Störungen bei weitem überwiegen, vor allem solche, bei denen die Mutationen in den Untereinheiten des Azetylcholinrezeptor (AChR) liegen. Dabei haben sich vor allem Mutationen im Gen, das für die Epsilon (e) -Untereinheit des AChR kodiert, als besonders häufig erwiesen. Der Hauptschwerpunkt dieser Arbeit lag deshalb auf der genauen Untersuchung des Gens kodierend für die e-Untereinheit bei unseren CMS-Patienten. Im Rahmen dieser Arbeit wurden 86 CMS-Patienten aus 71 nicht-verwandten Familien mit Hilfe eines Fragebogens rekrutiert und anschließend molekulargenetisch untersucht. Unter den 71 CMS-Familien waren 21 Familien, die aus Deutschland stammten, und 50 Familien nicht-deutscher Abstammung. Alle Patienten zeigten typische CMS-Symptome. Die zwölf Exons des Gens der e-Untereinheit des AChR einschließlich der Spleiß-Donor- und Spleiß-Akzeptor-Sequenzen sowie die Promotorregion wurden sequenziert. Bei 40 der 86 CMS-Patienten wurden unterschiedliche Frameshift-Mutationen entdeckt, die zu einer verminderten Expression des AChR führen. Die Frameshift-Mutation e1267delG wurde bei 33 Patienten aus 26 nicht-verwandten Familien entdeckt. Alle e1267delG-Patienten stammen aus der Volksgruppe der Roma oder kommen aus südosteuropäischen Ländern. Die Mutation e1267delG wurde bei 58% (26/45) der CMS-Familien, die nicht-deutscher Abstammung sind, gefunden im Vergleich zu 0% (0/26) der Familien mit deutscher Abstammung. Bei sechs CMS-Patienten zeigten sich Spleiß-Mutationen, deren Pathogenität aus Muskel-RNA bewiesen wurde. Bei zwei Patienten konnten Promotormutationen nachgewiesen werden, die ebenfalls zu einer beeinträchtigten AChR-Expression führen. Bei sechs Patienten fanden sich Missense-Mutationen, die nicht vorbeschrieben sind und deren pathophysiologische Konsequenzen noch geklärt werden müssen. Bei 36 CMS-Patienten aus unserer 86 CMS-Patienten umfassenden Population konnten keine Mutationen im Gen der e-Untereinheit des AChR gefunden werden. Mutationen anderer Gene könnten verantwortlich sein für CMS bei diesen Patienten. Die Mutations-suche in diesen Genen könnte, zumindest in geeigneten Familien mit mehreren betroffenen und nicht betroffenen Mitgliedern, mittels begrenzter Kopplungsanalyse durch Ausschluss oder nähere Eingrenzung einzelner Genloci vereinfacht werden. Wir finden bei Patienten mit Mutationen im e-Gen des AChR häufiger eine Ptose, eine Ophthalmoparese, ein als generalisiertes oder als bulbär und fazial beschriebenes Krankheitsbild, ein Dekrement, einen gutartigen Verlauf, sowie eine Krankheits-manifestion vor Vollendung des zweiten Lebensjahres. Krisenhafte Verschlechterungen findet man dagegen häufiger bei CMS-Patienten, die keine Mutationen im e-Gen haben. Mutationen im CHAT-Gen könnten dafür verantwortlich sein. Da CMS durch verschiedene strukturelle oder funktionelle Abnormalitäten an der Synapse bedingt sind, ist eine präzise elektrophysiologische und/oder genetische Klassifikation der CMS wichtig für Patienten. Genetische Beratung und pränatale Diagnostik können nur durchgeführt werden, wenn eine exakte Diagnostik auf molekularer Ebene verfügbar ist. Außerdem hat die exakte Klassifizierung kongenitaler myasthener Syndrome für die betroffenen Patienten große Bedeutung, da sich daraus unterschiedliche Konsequenzen hinsichtlich Prognose, Vererbbarkeit und Behandlungs-möglichkeiten ergeben. Die Analyse ursächlicher genetischer Defekte wird die Grundlage für eine sichere und verlässliche Einordnung von CMS bilden und möglicherweise die bisher erforderlichen invasiven Verfahren ablösen. Darüber hinaus sind durch die genaue Kenntnis des ursächlichen Defektes und der patho-physiologischen Zusammenhänge in Zukunft auch neue Therapiemöglichkeiten für CMS-Patienten zu erwarten.