Jeder darf seine Meinung veröffentlichen. Dank des Internets können von diesem Grundrecht endlich alle Gebrauch machen und damit auch alle Welt erreichen. Das verunsichert viele, die seit Jahrzehnten professionell Meinung und Information verkaufen. Denn einige der neuen "Medienmacher" sind meinungsf…
Jahrzehnte war der Mannheimer Morgen die zentrale Zeitung der Region. Seit einem Jahr sorgt der Journalist Hardy Prothmann für frischen Wind in der pfälzischen Provinz: Bissige Kommentare, lange Recherchen, vollständige Dokumente - mit seinem Heddesheimblog hat Prothmann die politische Debatte vor Ort wieder angeheizt. "Ich kann hier was bewegen", sagt Lokal-Blogger Prothmann, der von den Werbeeinnahmen auch leben kann. Das Heddesheimblog steht für die Renaissance des Lokal-Journalismus im digitalen Zeitalter.
Früher wären sie beim Spiegel oder der Washington Post gelandet. Heute laden Whistleblower, anonyme Informanten, ihre geheimen Berichte, Videos und Emails bei Wikileaks hoch: US-Soldaten erschießen Journalisten im Irak; die CIA-Strategie, um Deutschland auf Afghanistan-Kurs zu bringen - weit über eine Millionen Dokumente sind öffentlich dank Wikileaks. Doch das Transparenz-Portal kümmert sich nicht besonders um Persönlichkeitsrechte. Daniel Schmitt aus dem Kernteam von Wikileaks über Enthüllungsjournalismus im Daten-Zeitalter.
Jessica Weiß und Julia Knolle haben sich bei StudiVZ kennen gelernt. Dann gründeten sie "Les Mads", eines der bekanntesten deutschen Mode-Blogs und gewann den Lead-Award 2010. Schon nach drei Monaten verkauften sie ihr Baby an Burda - und bereuen es nicht. Julia und Jessica schleichen sich Modeschauen, verärgern Designer und lassen sich in ihren eigenen Kleidern fotografieren. Hut ab!
Timo Hetzel ist Geschäftsführer der Undsoversum GmbH, die Podcasts wie "Bits und so" anbietet. Für den früheren Radio-Journalisten ist Werbung im Programm zwar selbstverständlich, aber klar getrennt vom Inhalt. Hetzel musste sich seine Sponsoren nicht suchen, sie kamen von alleine. Als einer der ersten Podcaster in Deutschland verlangt Hetzel Geld für Inhalte - und bekommt es auch. Timo Hetzel erklärt, wie und warum das Undsoversum dennoch eine "gemütliche fünfstellige Zahl an Hörern" hat.
Bei TechPresident.com und dem Private Democracy Forum erforscht Micah Sifry, wie Technologie die Politik beeinflusst und wie politische Partizipation gefördert werden kann. Staatlich finanzierte Mitmachseiten, sagt er, sind Geldverschwendung.
Proteste werden kürzer und heftiger, auch die Argumente werden extremer. Diese Beschleunigung von Protest bezeichnet Geert Lovink als sehr wichtig. Daraus folgt jedoch eine Form von „Mikro-Aktivismus“, den er als zweischneidig bezeichnet. Lovink glaubt, dass politischer Protest im Internet kaum in der Lage ist, neue und komplexe Themen über lange Zeit zu bearbeiten.
Algorithmen sorgen heute schon dafür, dass etwa Amazon oder iTunes dem User weitere Produkte empfehlen. Auch in vielen anderen Bereichen besteht die Möglichkeit, die Ergebnisse solcher Algorithmen als Entscheidungsgrundlage zu nutzen. Das könnte jedoch zu einer völligen Vorhersehbarkeit unseres Lebens führen. Miriam Meckel, Professorin am Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement der Universität St. Gallen, kritisiert solche Entscheidungs-Automatismen. Allerdings müsse erst einmal ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, welche Lebensbereiche wir eigentlich computerisieren. Zudem widerspricht sie Jeff Jarvis und dessen Vorstellungen von Privatsphäre: Jeder Benutzer muss Kontrolle über die eigenen Daten haben.
Informationen im Internet werden in Datenpaketen verschickt. Deep Packet Inspection entspricht dann dem Vorgang, als würde der Postbote erst in jedes Paket hineingucken und dann entscheiden, wie schnell er es weiterleitet, ob er es überhaupt weiterleitet oder ob er es an die Polizei übergibt. Andreas Bogk, Sprecher des Chaos Computer Clubs, erklärt Licht- und Schattenseiten der Technik.
Nach der industriellen und der informationellen Revolution gelten 3D-Drucker als "Dampfmaschine" einer neuen Revolution: Der "MakerBot" von Bre Patis kostet nur 800 Dollar - und mit ihm kann jeder Mensch zuhause zahlreiche Produkte selber herstellen. "Das wird die Welt der Produktion revolutionieren."
Jérémie Zimmermann ist einer der bekanntesten europäischen Netzaktivisten. Gerade kämpft er mit viel Verve gegen Acta, ein internationales Abkommen, das bisher geheim verhandelt wird, "alle Wünsche der Musik- und Filmindustrie erfüllt und unsere Freiheit bedroht".
Einst verkaufte er Schnüffel-Technik nach China. Nach und nach merkte Tim Wu: Telefongesellschaften in den USA wollen Skype sperren, Kabelfernsehgesellschaften wollten Youtube blockieren. In den frühen 2000er Jahren hatte er ein "Erweckungs-Erlebnis". Heute ist Tim Wu Professor an der Columbia Law School und kämpft dafür, dass alle Daten gleich behandelt werden und niemand die Netze zensiert.
Lorenz Lorenz-Meyer, Professor für Online-Journalismus in Darmstadt, sagt, die deutschen Mainstream-Medien haben in der Finanzkrise keine gute Arbeit geleistet - mit Netzwerkzeugen könnte es besser laufen. Die Landschaft des politischen Journalismus in Deutschland hält Lorenz Lorenz-Meyer für relativ gesund. Effizienz und Durchschlagskraft politischer Vermittlungsarbeit müssten aber gerade im Netz verstärkt werden. Für einzelne Medienmarken wie die Flaggschiffe des politischen Print-Journalismus wäre ein solcher Schritt aber sehr schwierig. Um einen Überblick über das politische Geschehen und die politische Medienlandschaft zu geben, sieht er den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk in der prädestinierten Lage.
Die Problematik der Netzneutralität umfasst zwei Aspekte: Beim ersten blockieren Internet Service Provider bestimmte Inhalte – zumeist aus ökonomischen Gründen. Der zweite betrifft die Freiheit der Meinungsäußerung. Dr. Simon Schlauri, Rechtsanwalt und Privatdozent an der Universität Zürich, erläutert das Thema und dessen Aktualität. Zudem diskutiert er gesetzlichen Regelungsbedarf und das Funktionieren der Märkte.
Bei einem zweiten Rundgang erzählt Markus Beckedahl, Mit-Organisator der re:publica 2010, über das erste Feedback in den Medien über den ersten Tag und stellt fest: Blogger werden nicht mehr pauschal als irrelevant bezeichnet. Außerdem wirft er einen Blick auf den zweiten Veranstaltungstag.
Bezahlen für Filme, Spiele und Texte im Netz - ja, wenn es einfach und gerecht ist. Dafür hat Peter Sunde Flattr.com entwickelt, ein Netzwerkzeug, das Blogger, Podcaster und Spiele-Entwickler mit Geld versorgen könnte. Sunde spricht mit Philip Banse auch über den Abschied von The Pirate Bay, der Datei-Tausch-Börse, die Sunde mitgründete und daher verklagt wurde.
Peter Kruse, Geschäftsführer der nextpractice GmbH und Honorarprofessor an der Uni Bremen, erklärt, warum Unternehmen und Parteien so schlecht im Internet zurecht kommen. Sie haben das Wesen der Netzwerke nicht verstanden. Dagegen zeigt beispielsweise eine Organisation wie Greenpeace, wie sie ihre provokanten Aktionen auf die Logik der Netzwerke übertragen kann.
Jeff Jarvis, Autor und Journalismus-Professor, schreibt in seinem Blog offen über seinen Prostata-Krebs, die Operation und seinen schrumpfenden Penis. In eine deutsche Sauna zu gehen, findet er befremdlicher. Privatsphäre im Internet-Zeitalter ist eine Seite. Jeff Jarvis stellt dem einen "Value Of Public" entgegen: den Nutzen, wenn Dinge öffentlich sind.
David Sasaki, Director bei der Non-Profit-Site Global Voices Online, zeigt Beispiele für Netzprojekte, die für mehr Transparenz, Partizipation und Demokratie sorgen - und benennt deren Schwächen.
Sascha Pallenberg lebt in Taipeh und verdient sein Geld mit Bloggen: Netzbooksnews.com hat vier Angestellte und Hunderttausende Leser. Pallenberg erklärt, wie sich Blogs vermarkten lassen und warum noch 400-Euro-Blogger sucht.
Twitter-Revolution - Evgeny Marozov hat diesen Begriff in die Welt gesetzt. Heute bezweifelt er, dass soziale Internet-Medien einen signifikanten Effekt auf autoritäre Regime haben. Warum Iran keine Twitter-Revolution erlebt hat, erklärt der Blogger und Wissenschaftler von der Georgetown Universität im Gespräch mit Philip Banse.
Monate voller Arbeit, jetzt volles Haus - Markus Beckedahl hat die re:publica organisiert. Auf einem Rundgang durch den Friedrichstadt-Palast gibt Beckedahl einen Überblick über die Netzpolitik-Konferenz, die mal ein Blogger-Treffen war.
Tim Pritlove ist der Radio-Mann unter den deutschen Netzpublizisten. In seinem Berliner Studio produziert der ehemalige Programmierer vier Podcasts, darunter mit Chaosradio Express einen der bekanntesten deutschen Technik-Podcasts. Im Interview spricht er über seine Liebe zum Hören, das Radio der Zukunft und die Freiheit, 4-Stunden-Sendungen zu präsentieren.
Keine Kommentarfunktion, keine Fotos, keine Videos - schmucklose "Verschwörungs-Links" garniert mit bissigen Kommentaren haben den Hacker und IT-Sicherheitsberater Felix von Leitner, alias Fefe, zu einer publizistischen Macht im Netz gemacht. Fefes Blog gilt den einen als BILD der Nerds, den anderen als amüsanter Nachrichten-Ticker. Warum Fefe mitunter bewusst Falsch-Meldungen postet, welche Verantwortung aus vielen Lesern erwächst und nach welchen Kriterien er auswählt, erläutert Felix von Leitner im Gespräch.
Anne Roth hat Indymedia.de mitbegründet, eines der ersten alternativen Nachrichten-Portale. Ihr Blog über Datenschutz, Überwachung und digitale Bürgerrechte startete sie, nachdem Ihr Partner Andrej Holm wegen Terrorismus-Verdachts verhaftet worden war. Das Blog sollte helfen, diesen massiven Eingriff in ihr Leben zu verarbeiten. Die persönliche Betroffenheit - ein Merkmal vieler Blogs von Frauen, sagt Anne Roth.
Blogs entfalten ihre Kraft vor allem in medialen Nischen. Nachtkritik.de hat relativ wenig Leser und ist außerhalb der Theaterszene unbekannt. Doch hat Nachtkritik.de das Genre der Theaterkritik neu erfunden, ist zu einem Zentralorgan der Branche geworden: Korrespondenten in ganz Deutschland, Kritiken sind um neun Uhr online, Dramaturgen, Schauspieler und Zuschauer streiten im Forum - Mitbegründerin Esther Slevogt über Harald Schmidt, Kritiker und die Spiralblock-Affäre.
Das Buch PAYBACK des Buchautors, Journalisten und Mitherausgebers der FAZ, Dr. Frank Schirrmacher, hat die öffentliche Diskussion über unsere digitale Welt verändert. Sein Untertitel lautet: „Warum wir im Informationszeitalter gezwungen sind zu tun, was wir nicht wollen und wie wir die Kontrolle über unser Denken zurückgewinnen“. Noch nie, sagt Dr. Schirrmacher, wurde die klassische Öffentlichkeit so herausgefordert wie heute von den TSUNAMI DER INFORMATION, der über uns hinweg rollt. Er geht nicht nur vom Netz aus. Die Flut der Daten ist nämlich nur der Spiegel der noch viel unübersichtlicheren Tatsachen, die sie bezeichnen. Was tun? Wenn wir die Auswanderung des Denkens aus dem Gehirn in die Maschinen beobachten, so können wir auch umgekehrt in dem gleichen Organ immer noch Konzentrationen (Brunnen, Gärten, Kommentare) erzeugen. Wie antwortet man wirksam auf die größte Herausforderung unserer Tage? Dr. Frank Schirrmacher im Gespräch mit Alexander Kluge auf der Digital Life Design Conference in München. Am 22.03. läuft die gesamte Sendung auf RTL.
Udo Vetter, Fachanwalt für Strafrecht, gewährt launige, bissige und informative Einblicke in den juristischen Alltag. Sein Lawblog ist darüber hinaus ein allgemeinverständliches Nachschlagewerk zu vielen Rechtsfragen des Internets: Urheberrecht, Online-Zensur, Strafverfolgung im Netz - Udo Vetters Lawblog erklärt, bezieht Stellung und haucht der drögen Juristerei Leben ein.
Stefan Laurin hat Ruhrbarone.de gegründet, ist einer von knapp 40 Journalisten, die wichtige Texte in den traditionellen Medien des Ruhrgebiets nicht mehr unterbringen und sie deshalb in diesem bekanntesten aller deutschen Lokal-Blogs veröffentlichen. Entlassungen, Sparkurs, Zahnausfall - Regionalzeitungen können die Mächtigen nicht mehr kontrollieren und Bürger nicht mehr motivieren, sich einzumischen, mitzumischen in der Gesellschaft. Lokal-Blogger gelten in den USA als Spezie mit Zukunft und Gewinnaussichten. Für Deutschland sieht Laurin schwarz.
Thomas Knüwer war einer der wenigen Journalisten, die bloggen konnten: "Indiskretion Ehrensache" war unverschämt und geschwängert mit Meinung. Als Handelsblatt-Redakteuer veröffentlichte Knüwer Interna seine Branche, machte das Mediengeschäft transparenter und eckte an bei Kollegen. Heute berät Knüwer Unternehmen, die sich ins "Social Web" begeben wollen. Was das soziale Netz ist und wie sich Online-Werbung verändert, erzählt Knüwer im Gespräch.
Mario Sixtus ist der erste deutsche Blogger, der es mit seinem Video-Format ins öffentlich-rechtliche Fernsehen gebracht hat. Sein "Elektrischer Reporter" ist der Trend-Schnorchler unter den deutschen Internet-Journalisten: Wichtige Themen hat Sixtus - zumal im Bewegtbild-Medium - oft zuerst und präsentiert sie auf eine liebenswert-hölzerne Art: Jetzt wissen auch ZDF-Zuschauer wie ein Nerd aussieht. Sixtus ist einer bekanntesten Twitterer der Republik und erzählt, was ihn am Netz fasziniert und was die Zukunft auf die Mattscheibe bringt.
Musiker, Moderator, Web-Dienstleister - heute betreibt der Vater zweier Kinder den Internet-Verlag Spreeblick.com und eines der meistgelesen deutschen Blogs. "Spreeblick" versteht sich als Magazin, finanziert sich durch Werbung, trägt sich aber noch nicht. Wie finanzierst du dich? "Eine indiskrete Frage", sagt Haeusler. "Warum fragt das eigentlich niemand Frank Schirrmacher, der Papier bedruckt, das immer weniger Menschen kaufen?" Johnny Haeusler hält Vorträge, organisiert Konferenzen und kann sich immer noch freuen wie ein Kind über Meme, Kultur-Fragmente, die im Netz ein Eigenleben führen. Ein Gespräch über Netzkultur und den Alltag eines Fulltime-Bloggers.
Kein deutscher Blogger nutzt das Netz so sehr zur Selbst-Vermarktung wie Sascha Lobo. Seinen roten Irokesen-Schnitt hat der gelernte Werber bewusst als Markenzeichen etabliert. Er sieht sich als Kunstfigur des Internets, die er selbst erforscht. Lobo ist Buchautor, Deutschlands Twitter-König und wirbt für Vodafone - was ihm viel Kritik eingetragen hat.
Netzpolitik.org besuchen jeden Tag rund 40.000 Menschen - mehr als viele Online-Auftritte deutscher Tageszeitungen verbuchen. Dennoch schreibt das wichtigste deutsche Blog im wesentlichen nur einer voll: Markus Bedeckdahl. Urheberrecht, digitale Bürgerrechte - Netzpolitik.org landete einige Scoops, doch Beckedahl versteht sich als Aktivist, nicht als Journalist. Ein Gespräch über politischen Protest im Netz und die Rolle von Blogs im neuen Mediensystem.
Der Diplom-Journalist Stefan Niggemeier war Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und hat sich als bissiger Medien-Beobachter für die Süddeutsche Zeitung einen Namen gemacht. 2004 ging der Schreiber unter die Blogger: Bildblog.de und Stefan-Niggemeier.de zählen heute zu den erfolgreichsten deutschen Blogs. Online und Print - Niggemeier genießt die Vorzüge beider Medien. Der traditionelle Journalismus wird durch das Netz umgekrempelt, sagt Niggemeier: Leser korrigieren, kontrollieren, recherchieren. Journalisten müssen mehr bieten, wenn sie ihre Produkte weiter verkaufen wollen, sagt Niggemeier: "Ich habe Angst um den Journalismus."