Im diesem Podcast stellt Dr. iur. Phil Baumann hundert Bundesgerichtsentscheide vor, die für die Schweiz prägend waren. Jede Folge behandelt ein Urteil des höchsten Schweizer Gerichts und dauert 5-10 Minuten. Im Podcast erklärt Phil Baumann nicht nur die Überlegungen des Bundesgerichts, sondern geht auch auf den historischen Kontext des Entscheids ein. Der Podcast ist sowohl für Nicht-Juristen als auch Juristen gedacht und eignet sich zum Aufwachen wie auch zum Einschlafen.
5. Januar 1998: Im Schweizer Fernsehen läuft die beliebte Quiz-Sendung «Risiko». Ein Kandidat setzt sich in den Fragerunden problemlos gegen seine Mitspieler durch und erspielt einen Rekordgewinn von 95'000 Franken. Doch bald kommen Zweifel daran auf, ob in der Sendung alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Denn der Kandidat hat auf eine Frage eine falsche Antwort gegeben, welche aber die richtige Lösung für die übernächste Frage war. Wie konnte der Kandidat eine Frage beantworten, die noch gar nicht gestellt worden war? Bald muss sich der Kandidat wegen Betrugs vor Gericht verantworten. Der Fall landet vor dem Bundesgericht.
Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts bis ins Jahr 1981 werden tausende Menschen in der Schweiz in Zucht- und Arbeitshäuser oder sogar in Strafanstalten weggesperrt. Und das nicht weil sie eine Straftat begangen haben und ordentlich verurteilt worden sind, sondern weil sie nicht der gängigen gesellschaftlichen Norm entsprechen. Die Versorgten erfahren in den Anstalten Gewalt und menschenunwürdige Behandlungen und haben kaum Möglichkeiten, sich gegen die Versorgung zu wehren. Auch der Gang vor das Bundesgericht ist meist nicht von Erfolg gekrönt. Louis Reef wird am 8. Februar 1904 vom Regierungsrat Schaffhausen in die Arbeitsanstalt Lenzburg eingewiesen, ohne dass ihm die Möglichkeit gegeben wird, zur Versorgung Stellung zu nehmen. Der Fall landet vor dem Bundesgericht. Rund 40 Jahre später soll Kurt Weber für drei Jahre in einer Arbeitserziehungsanstalt versorgt werden, weil er seine Arbeitsstellen jeweils zu oft wechselt. Weber zieht den Fall an das Bundesgericht weiter. Zu den bewegenden Schicksalen der Opfer von administrativen Versorgungen und für einen umfassenden Blick auf dieses unheilvolle Kapitel der Schweizer Geschichte sei auf die Berichte der Unabhängigen Expertenkommission Administrative Versorgung verwiesen: https://www.uek-administrative-versorgungen.ch/startseite
27. Oktober 1904: Die achtjährige Olga Riedel wird in Davos vom Hund des Metzgermeisters Buol ins Gesicht gebissen. Obwohl der Hund schon zuvor mehrere Personen gebissen hat, ist sich der Metzgermeister keiner Schuld bewusst. Der Fall landet vor dem Bundesgericht (BGE 33 II 124). Rund 50 Jahre später kommt es in Oftringen zu einem sehr ähnlichen Fall. Die zweijährige Isabelle wird ins Gesicht gebissen und ist fortan infolge der Narben entstellt. Das Bundesgericht beschäftigt sich u.a. mit der Frage, inwieweit die Narben Isabelle in Zukunft daran hindern werden, zu heiraten und damit ihr wirtschaftliches Fortkommen zu verbessern (BGE 81 II 512). Am 1. Dezember 2005 wird in Oberglatt der sechsjährige Süleyman auf dem Weg in den Kindergarten von drei Pitbulls angefallen und getötet. Der Fall erschüttert die Schweiz. Der Kanton Zürich erlässt ein Verbot für potentiell gefährliche Hunderassen. Die Vereine der betroffenen Rassen fechten das Verbot vor dem Bundesgericht an.
17. Juli 1936: In Spanien putschen Teile der spanischen Armee gegen die demokratisch gewählte Volksfrontregierung der Spanischen Republik. Der Putschversuch löst einen brutalen Bürgerkrieg aus. Aus ganz Europa strömen daraufhin tausende Freiwillige nach Spanien, um den aufblühenden Faschismus zu bekämpfen. Auch aus der Schweiz machen sich junge Leute auf, um der bedrohten Republik in Spanien zur Hilfe zu eilen. Der Bundesrat befürchtet, dass dies die Neutralität der Schweiz gefährden könnte. Er verbietet deshalb - unter Androhung von Gefängnisstrafen - die Ausreise aus der Schweiz zur Teilnahme an den Feindseligkeiten in Spanien und die Unterstützung der Feindseligkeit in Spanien von der Schweiz aus. Zahlreiche Schweizer halten sich nicht an das Verbot und kämpfen im spanischen Bürgerkrieg auf Republikanerseite. Auch der berühmte Anwalt Wladimir Rosenbaum gerät mit dem Verbot in Konflikt und wird in der Folge zu einer Haftstrafe verurteilt. Doch Rosenbaum zieht den Fall an das Bundesgericht weiter und macht geltend, das Verbot sei verfassungswidrig. Es kommt zu einer äusserst knappen Entscheidung, die für die weitere Karriere von Rosenbaum richtungsweisend ist. Für eine spannende Biographie von Rosenbaum sei das Buch "Geschichte zweier Leben, Wladimir Rosenbaum & Aline Valangin" empfohlen, das auch als eine Quelle für diese Folge gedient hat.
Die Schweiz im Jahr 1918: In vielen Teilen des Landes herrscht akute Wohnungsnot. Ganze Familien wohnen in Einzelzimmern oder werden behilfsmässig in Schulhäusern untergebracht. Um den Zuzug in die Städte zu mindern, ermöglicht der Bundesrat den Kantonen, die Niederlassungsfreiheit zu beschränken. Dem pensionierten Lokomotivführer Marbet wird in der Folge die Rückkehr in seine Heimatgemeinde verweigert. Marbet zieht den Fall vor das Bundesgericht. Auch während dem 2. Weltkrieg leidet die Schweiz unter einer Wohnungsnot. Erneut wird die Niederlassungsfreiheit eingeschränkt. Doch bald zeigt sich, dass die Gemeinden damit ganz andere Motive verfolgen als die Bekämpfung der Wohnungsnot. Das Bild zeigt eine Aufnahme der Wohnsiedlung im Eisernen Zeit in Unterstrass, Zürich aus dem Jahr 1928 (Quelle Stadt Zürich)
Vor 55 Jahren, am 14. April 1969, wird in der Schweiz zum ersten Mal ein Herz transplantiert. Die Presse jubelt über den gelungenen Eingriff. Doch die Freudesstimmung ist nur von kurzer Dauer. Bald stellt sich heraus, dass die verantwortlichen Ärzte die Angehörigen des Spenders weder um ihre Einwilligung für die Herztransplantation gebeten, noch über die Organentnahme überhaupt informiert haben. Die geschockten Eltern des verstorbenen Spenders können die Sache nicht auf sich beruhen lassen: «Sonst werden demnächst noch Leute von der Strasse geholt zur Herztransplantation». Sie verlangen eine Genugtuung wegen Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte nach Art. 28 ZGB. Der Fall landet vor dem Bundesgericht. Es ist nicht das letzte Mal, dass sich das Bundesgericht mit den Folgen einer Herztransplantation auseinandersetzen muss. Am 20. April 2004, also fast genau 35 Jahre nach der ersten Herztransplantation in der Schweiz, kommt es am Unispital Zürich zu einem tragischen Missverständnis. Bei einer Herztransplantation werden die Blutgruppen des Spenderorgans und der Herzempfängerin vertauscht, die Patientin verstirbt. In einem Zeitungsartikel wird unter Berufung auf drei gut informierte Quellen ausgeführt, dass der Chefarzt der Patientin bewusst das «falsche Herz» eingesetzt habe, weil man eine medizinische Heldentat habe vollbringen wollen. Die Staatsanwaltschaft verlangt gerichtlich, dass der Journalist die Quellen seines Berichts offenlegt, damit die Umstände der fatalen Operation untersucht werden können. Der Journalist zieht den Fall ans Bundesgericht (BGE 132 I 181). Zur Geschichte der Organspende in der Schweiz sei auf das Buch «Umstrittene Körperteile» von Simon Hofmann verwiesen, das open Access verfügbar ist.
Am 20. Februar 2004: Ein malaysischer Untersuchungsbericht legt mutmassliche Verbindungen der Ostschweizer Geschäftsleute Tinner zum berüchtigten Proliferationsnetzwerk von Abdul Quadeer Kahn offen. Die Tinners sollen eine zentrale Rolle bei der Herstellung und Beschaffung von Zentrifugen zur Urananreicherung gespielt haben. In der Schweiz werden die Ermittlungen aufgenommen. Dabei kommen nicht nur Verbindungen der Tinners zur CIA, sondern auch Pläne zum Bau von Atomwaffen ans Licht. Der Bundesrat beschliesst auf Druck der USA, die brisanten Akten vernichten zu lassen. Doch bald tauchen Kopien davon wieder auf. Die Strafverfolgungsbehörden fordern den Bundesrat dazu auf, die Akten herauszugeben. Es kommt zum Schlagabtausch der Staatsgewalten.
November 2003: In der Schweiz tobt der Raclette-Streit zwischen dem Walliser Milchverband und der Branchenorganisation "Raclette Suisse". Die Walliser sind der Meinung, dass nur Käse aus dem Wallis als "Raclette" bezeichnet werden dürfe und lassen "Raclette" als geschützte Ursprungsbezeichnung eintragen. "Raclette Suisse" fechtet die Eintragung an. Der Raclette-Streit landet vor dem Bundesgericht. Es soll nicht das letzte Mal sein, dass sich das Bundesgericht mit Schweizer Käse auseinandersetzen muss. Derweil sorgen auch vor ausländischen Gerichten Streitigkeiten um Schweizer Käse für pikante Urteile.
3. Januar 1900: Das Schweizer Militär will im Gotthardtunnel eine Vorrichtung zur Tunnelverteidigung verbessern. Doch bei den Arbeiten kommt es zum Unglück: Ein Zug entgleist im Gotthardtunnel und es kommt zu erheblichem Sachschaden. Die Gotthardbahngesellschaft verlangt daraufhin Schadenersatz vom eidgenössischen Militärdepartement. Dieses weigert sich jedoch, für den Schaden aufzukommen. Der Fall landet vor dem Bundesgericht... Daneben zeichnet die Folge die Entstehung der Gotthardbahngesellschaft und den unter prekären Arbeitsbedingungen erfolgten Bau des Gotthardtunnels nach. Gut 120 Jahre nach dem Bundesgerichtsentscheid kommt es im Gotthardbasistunnel erneut zu einer Zugentgleisung und einem riesigen Sachschaden. Wer wird dafür haften?
Zürich im Jahr 1911: Am Bellevue eröffnet an bester Lage das Wiener Kaffeehaus Café Odeon, das schon bald zum beliebten Treffpunkt von berühmten Politikern, Künstlern, Schriftstellern und Dichtern wird. Doch in den 50er-Jahren droht der Usterhof, in dem das mittlerweile legendäre Café Odeon beheimtatet ist, an eine Warenhauskette verkauft zu werden. Kann der Gang vor das Bundesgericht den Verkauf noch aufhalten? Rund 20 Jahre später wird das Odeon zunehmend vom Drogenmilieu in Beschlag genommen. Der Besitzer weiss sich nur mit einer einschneidenden Massnahme zu helfen. Das Bundesgericht stattet daraufhin dem Café Odeon höchstpersönlich einen Besuch ab. Es muss beurteilen, ob der Innenraum des Cafés zurecht unter Denkmalschutz gestellt worden ist. Es soll nicht das letzte Mal gewesen sein, dass sich das Bundesgericht mit dem Café Odeon beschäftigt.
Donnerstag, 14. April 1977: Eine Pressemitteilung der Schweizerischen Kreditanstalt (SKA) sorgt für helle Aufregung auf dem Schweizer Finanzplatz. Die SKA-Filiale in Chiasso soll während Jahren ausländische Kundengelder in Milliardenhöhe am Fiskus vorbei bei der Texon Finanzanstalt in Lichtenstein platziert haben. Die Leitung der Filiale Chiasso wird wegen ungetreuer Geschäftsführung und Urkundenfälschung verhaftet. In der Folge ist das Vertrauen in die SKA erschüttert. Die Schweizer Nationalbank bietet zusammen mit den anderen Grossbanken der SKA einen Notkredit über CHF 3 Mia. an, was die Märkte jedoch nur noch zusätzlich verunsichert. In der Folge kommt es zu Strafprozessen gegen die Verantwortlichen. Der Chiasso-Skandal führt zudem zu zivilrechtlichen Auseinandersetzungen, die schliesslich vor dem Bundesgericht landen (BGE 110 II 360). Nach dem Chiasso-Skandal expandiert die SKA ins Investment Banking. Als sie die amerikanische Investmentbank First Boston übernimmt und eine neue Konzernstruktur bildet, erhöht die Bankenkommission die Eigenmittelanforderungen. Die SKA fechtet die Verfügung vor dem Bundesgericht an (BGE 116 Ib 331). Es stellt sich die Frage, ob für die SKA ein erhöhtes Insolvenzrisiko besteht, falls ihre Schwestergesellschaft, die CS First Boston, in Schwierigkeiten geraten sollte.
29. Januar 1887: Vor dem Bezirksgericht Zürich wird Emilie Kempin-Spyri als Frau nicht als Vertreterin in einer Forderungsstreitigkeit zugelassen. Kempin-Spyri ficht den Beschluss vor Bundesgericht an und fordert in dieser Hinsicht die volle Gleichstellung der Geschlechter. Es soll nicht der letzte Kampf der ersten Juristin der Schweiz bleiben. So sorgt sie für rege Diskussionen in den Medien, als sie sich daraufhin an der Universität Zürich um eine Stelle als Privatdozentin bewirbt. Nicht minder kontrovers sind in den darauffolgenden Jahren die Debatten im Kantonsrat über die Zulassung der Frauen zur Advokatur. Im Jahr 1923 bietet sich dem Bundesgericht im Fall "Mlle Dr. Roeder contre Conseil d'Etat du canton de Fribourg" die Gelegenheit auf seine Rechtsprechung in der Sache Kempin-Spyri zurückzukommen als es wiederum um die Frage geht, ob Frauen vom Anwaltsberuf ausgeschlossen werden dürfen. Für diese Folge werden bei "100 Bundesgerichtsentscheiden" die Rollen getauscht: Rahel erzählt die bewegende Geschichte von Emilie Kempin-Spyri, während Phil dieses Mal für die Off-Stimme verantwortlich ist.
27. Mai 2015: Zwei Tage vor dem Kongress des Weltfussballverbandes FIFA werden 7 FIFA-Funktionäre am frühen Morgen im Zürcher Nobelhotel Baur au Lac verhaftet und in Auslieferungshaft gesetzt. Über einen schillernden Informanten haben die US-Behörden weitreichende Einblicke in die Korruption rund um die Vergabe von Vermarktungsrechten erhalten und erheben Anklage gegen mehrere Funktionäre. Einer der Angeklagten ist der nicaraguanische Fussballfunktionär Julio Rocha. Er wehrt sich gegen seine Auslieferung in die USA bis vor Bundesgericht. Auch eine Schweizer Bank muss sich vor den US-Behörden verantworten.
Sommer 1909: In Niedergerlafingen im Kanton Solothurn betreibt Gottlieb Kurth eine Hundemetzgerei und macht damit sehr gute Geschäfte. Am 1 Juli 1909 verbietet der Bundesrat per Verordnung den Verkehr mit Hunde- und Katzenfleisch. Gottlieb Kurth schlachtet und verkauft jedoch weiterhin Hunde und wird in der Folge wiederholt wegen Übertretung des Verbots verzeigt. Der Fall landet schliesslich vor dem Bundesgericht. Doch auch noch über 100 Jahre nach dem Bundesgerichtsentscheid sorgt der Verzehr von Hundefleisch in der Schweiz weiter für Diskussionen.
Paris im Jahr 1897: Die talentierte Hobby-Malerin Judith Gérard fertigt als Erinnerungsstück eine Zweitfassung vom Bild Selbstbildnis für Gauguin von Vincent van Gogh an. Rund zehn Jahre später wird das von Gérard gemalte Bild in einer renommierten Pariser Galerie als echter van Gogh verkauft. Als der Zürcher Waffenfabrikant Emil Bührle das Werk im Jahr 1948 von der Witwe eines renommierten van Gogh-Sammlers angeboten erhält, erwirbt er es ohne zu zögern. Doch bald kommen erhebliche Zweifel an der Echtheit des Bildes auf. Die Verkäuferin weigert sich jedoch das Bild zurückzunehmen und den Kaufpreis zurückzuerstatten. Der Fall landet vor dem Bundesgericht.
25. Februar 1986: Auf den Philippinen wird nach einer friedlichen Revolution Corazon Aquino als erste Präsidentin der Philippinen vereidigt. Der bisherige Präsident, Ferdinand Marcos, der die Philippinen über 20 Jahre lang zunächst demokratisch und ab 1972 diktatorisch regiert hatte, flieht mit seiner Frau Imelda Marcos nach Hawaii. Während seiner Regentschaft soll Marcos zwischen 5-10 Mia. Dollar an Korruptionsgelder zusammengerafft und zu grossen Teilen ins Ausland transferiert haben. Als der Bundesrat Wind davon erhält, dass die Marcos-Familie Gelder auf Schweizer Bankkonten abziehen will, verfügt er gestützt auf Notrecht die vorsorgliche Sperre der Vermögenswerte. Die Familie Marcos geht gegen die - mittlerweile gestützt auf das IRSG vorgenommene - Blockierung ihrer Konten gerichtlich vor. Der Fall landet vor dem Bundesgericht und ist der Anfang einer jahrelangen juristischen Odyssee.
Februar 2014: Auf der Krim tauchen bewaffnete militärische Einheiten ohne Erkennungszeichen auf und bringen das Parlamentsgebäude und andere öffentliche Einrichtungen unter ihre Kontrolle. Unter dem Schutz dieser "grünen Männchen" ergreifen prorussische Politiker die Macht auf der ukrainischen Halbinsel. Am 21. März 2014 unterschreibt der russische Präsident Vladimir Putin zwei Gesetze, welche die Krim und Sewastopol in die Russische Föderation aufnehmen. Im Zuge der Annexion werden die Tankstellen und Treibstofflager der Ukrainischen Gesellschaft Ukrnafta und 11 weiteren ukrainischen Gesellschaften enteignet. Ukrnafta will sich die Enteignung nicht entschädigungslos bieten lassen und verklagt Russland vor einem Schiedsgericht in der Schweiz auf Schadenersatz. Russland boykottiert das Verfahren und bestreitet die Zuständigkeit des Schiedsgerichts. Der Fall landet vor dem Schweizerischen Bundesgericht.
Am 28. November 1993 scheitert bereits zum zweiten Mal eine Volksinitiative, die ein totales Werbeverbot für Tabakwaren in der Schweiz einführen wollte. Rund sieben Jahre später erlässt der Kanton Genf zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung ein Gesetz über die Werbung, welches die Plakatwerbung für Tabak verbietet. Die Tabakindustrie sieht im Werbeverbot eine Verletzung der Wirtschaftsfreiheit und verlangt vor Bundesgericht, dass die neue Genfer Gesetzesbestimmung aufgehoben wird. Der Bundesgerichtsentscheid zum Genfer Gesetz über die Werbung hat weitreichende Folgen für die Tabakwerbung in der Schweiz.
In einem ruhigen Einfamilienhausquartier in der Aargauer Gemeinde Möhlin fällt ein Haus durch eine besonders üppige Weihnachtsbeleuchtung auf. Die Hausfassaden, die Bäume und Sträucher, der Carport und das Gewächshaus werden von Mitte November bis anfangs Februar mit Sternen, Weihnachtsmännern und Leuchtgirlanden geschmückt. Auch ausserhalb der Weihnachtszeit leuchten Lichterketten und Lämpchen am Haus und im Garten des Paars. Die Nachbarn fühlen sich durch die Weihnachts- und Ganzjahresbeleuchtung gestört und verlangen eine Einschränkung der Betriebszeiten. Schliesslich muss das Bundesgericht entscheiden, wie lange die Weihnachtsbeleuchtung leuchten darf.
Am 23. August 1982 stürzt ein Hunter-Kampfjet beim Walliser Dorf Riddes ab. Beim Flugzeugabsturz kommen der 17-jährige Claude und sein 10-jähriger Bruder Frédéric ums Leben. Als dem Vater Angiolino Ganzerla die Botschaft vom Tod seiner zwei Söhne mitgeteilt wird, erleidet er einen schweren Nervenschock. Er muss medizinisch behandelt werden und ist in der Folge nur noch zu 50% arbeitsfähig. Das eidgenössische Militärdepartement weigert sich daraufhin beharrlich, für die Teilinvalidität des Vaters Schadenersatz zu leisten. Der Fall landet vor dem Bundesgericht. Ist die Schweizerische Eidgenossenschaft für den Schockschaden des Vaters schadenersatzpflichtig?
19. November 1979: Vier bewaffnete Männer überfallen die Schweizerische Volksbank an der Bahnhofstrasse in Zürich. Die Täter flüchten Richtung Hauptbahnhof und rennen in die unterirdische Einkaufspassage Shop-Ville. Dort kommt es zu einer wilden Schiesserei mit der Polizei, bei der eine unbeteiligte Passantin tödlich von einer Kugel getroffen wird. Einer der Bankräuber kann in der Folge von der Polizei festgenommen werden. Es handelt sich um den in Deutschland dringend gesuchten RAF-Terroristen Rolf Clemens Wagner.
8. Juli 1876: Vor dem Zivilgericht Basel-Stadt wird ein Ehebrecher zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Der Ehebrecher zieht den Fall weiter ans Bundesgericht und macht die Verletzung von Bundesrecht geltend. Obwohl die Zweckmässigkeit der Strafbarkeit des Ehebruchs in der Folge stark umstritten ist, wird auch im Schweizerischen Strafgesetzbuch von 1937 an einer Strafbestimmung gegen Ehebruch festgehalten. Erst im Jahr 1990 wird die Strafbarkeit des Ehebruchs schliesslich aufgehoben. Es dauert hingegen weitere 10 Jahre, bis der Ehebruch auch zivilrechtlich seine Relevanz verliert.
Sonntagnachmittag 11. Oktober 2009: Der 45-jährige Peter wandert bei schönem Wetter nackt in einem Naherholungsgebiet in der Nähe von Herisau. Eine Passantin stellt ihn zur Rede und erstattet Strafanzeige. Peter wird in der Folge wegen grober Verletzung von Sitte und Anstand zu einer Busse von CHF 100 verurteilt. Der Fall landet schliesslich vor Bundesgericht.
29. April 1967: Kurz vor Beginn des nigerianischen Bürgerkriegs erlässt der Bundesrat ein Kriegsmaterialausfuhrverbot gegenüber Nigeria. Allerdings zeigt sich schon bald, dass trotz dem Kriegsmaterialembargo Waffen der Zürcher Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon Bührle AG nach Nigeria gelangt sind. Der Bundesanwalt Hans Walder wird mit einer Untersuchung gegen die Firma Oerlikon-Bührle beauftragt. Die Ermittlungen bringen den grössten Waffenexport-Skandal der Schweizer Geschichte ans Licht. Es kommt zum Bührle-Prozess vor dem Bundesstrafgericht.
Januar 1976: Obwohl die Schutzwirkung von getragenen Sicherheitsgurten wissenschaftlich unumstritten ist, gurtet sich nur eine Minderheit der Bevölkerung an. Um die Zahl der Verletzten und tödlich Verunglückten bei Verkehrsunfällen zu reduzieren, führt der Bundesrat per Verordnung die Gurtentragpflicht ein. Die "Vereinigung gegen technokratische Missbräuche" will sich das Gurtenobligatorium nicht gefallen lassen. Ihr Sekretär, der Walliser Jean-Pierre Favre, provoziert eine Busse und ficht die Gurtentragpflicht vor Bundesgericht an.
Am 11. Dezember 2005 nimmt die Obwaldner Stimmbevölkerung eine Steuervorlage an, die für hohe Einkommen und Vermögen degressive Steuertarife vorsieht. Vorerst finden sich in Obwalden keine Bewohner:innen, die gegen das geänderte Steuergesetz vorgehen wollen. Der Waadtländer PdA-Nationalrat Josef Zisyadis verlegt daraufhin seinen Wohnsitz nach Obwalden, um die degressiven Steuertarife vor Bundesgericht anzufechten.
Herbst 1969: Der Schweizer Biermarkt wird durch das Bierkartell des Schweizerischen Bierbrauervereins beherrscht. Für die 6dl-Bierflasche wird vom Kartell ein fixer Verkaufspreis von 70 Rappen vorgeschrieben. Die Lebensmittelladenkette Denner will sich das Preisdiktat des Bierkartells nicht mehr gefallen lassen und gelangt ans Bundesgericht.
Im Herbst 1943 werden Joseph Spring und seine beiden Cousins Henri und Sylver Henenberg bei einem Fluchtversuch in die Schweiz von den Schweizer Grenzbeamten aufgegriffen und anschliessend an die deutschen Behörden überstellt und als Juden denunziert. Spring und seine Cousins werden nach Ausschwitz deportiert. Während Henri und Sylver Henenberg im KZ von den Nazis ermordet werden, überlebt Joseph Spring. Fast sechzig Jahre später kehrt Spring in die Schweiz zurück und fordert Genugtuung. Der Fall landet vor Bundesgericht. Im Podcast kann die ergreifende Geschichte von Joseph Spring nur ausschnitthaft wiedergegeben werden. Für einen umfassenden Bericht wird auf das Buch "Die Rückkehr" von Stefan Keller, Zürich 2003, Rotpunktverlag verwiesen.
In den Schulen in St. Margrethen sind Kopfbedeckungen jeglicher Art während des Unterrichts untersagt. Nach den Sommerferien erscheint eine Schülerin der 6. Primarklasse mit einem Kopftuch in der Schule. Der Schulrat hält per Verfügung fest, dass für die Schülerin keine Ausnahme vom Kopfbedeckungsverbot gemacht wird. Die Eltern des Mädchens fechten die Verfügung an. Der Kopftuchstreit gelangt schliesslich vor Bundesgericht.
Am 29. April 1990 lehnt die Landsgemeinde des Kantons Appenzell Innerrhoden die Einführung des Frauenstimmrechts im Verhältnis 6:4 ab. Theresa Rohner und weitere Mitstreiter:innen wollen sich das nicht mehr gefallen lassen und gelangen vor das Bundesgericht.
Wir schreiben das Jahr 1937. Der Kanton Wallis leidet immer noch unter den Folgen der verheerenden Weltwirtschaftskrise der Dreissigerjahre. Viele Fabriken sind stillgelegt und tausende Arbeitnehmer auf Stellensuche. Vor diesem Hintergrund entschliesst sich der Staatsrat des Kantons Wallis dazu, den Einsatz von mechanischen Baggern auf dem ganzen Kantonsgebiet zu verbieten. Der Bauunternehmer Ferdinand Travelletti will sich das jedoch nicht gefallen lassen und zieht den Staatsrat vor Bundesgericht...