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Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 17/19
Prionerkrankungen gehören zu den neurodegenerativen Erkrankungen und können sowohl genetisch übertragen als auch erworben werden. Sie verlaufen bisher ausschließlich letal. Verursacht werden sie durch das PrPsc, die pathologische Isoform des physiologisch vorkommenden PrPc. Ein – teilweise noch kontroverser – Einfluss von Kupfer auf die Pathologie wurde mehrfach dargestellt. Bisherige Arbeiten haben diesen Einfluss jedoch insbesondere anhand der Bindung an die Oktarepeatregion untersucht; zunehmend wächst allerdings das Interesse an den Kupferbindungsstellen außerhalb dieser Region: unter anderem insbesondere am Histidin 95 (His95). Im Rahmen dieser Arbeit wurde erstmalig der Einfluss der Kupferbindung an der murinen Aminosäure Histidin 95 des Prionproteins (PrP) in vivo nach Infektion untersucht. Da die Erreger von Scrapie und CJD eine ähnlich Primär-, Sekundär- und Tertiärstruktur besitzen [51, 168], sind wahrscheinlich die Ergebnisse aus Tiermodellen - zumindest teilweise - auf das menschliche Prionprotein übertragbar. Zur Untersuchung wurden transgene Mäuse verwendet, die ein mutiertes PrP mit einem Aminosäure-Austausch von Histidin zu Glycin an der Position 95 des Prionproteins explizieren. Zur Abgrenzung des Einflusses der Mutation nach Infektion wurde vorab eine Charakterisierung der nicht infizierten Mäuse durchgeführt: Die Mäuse nach Mutation (H95G-Mäuse) sowie das mutierte Prionprotein (H95G- PrP) wurden vor Infektion ausführlich untersucht und mit Wildtypkontrollen verglichen. Immunhistochemisch, histologisch und klinisch zeigte sich vor Infektion kein Unterschied zwischen H95G-Mäusen und Wildtypmäusen. Anschließend erfolgten diese Untersuchungen bei RML-infizierten H95G- und Wildtypmäusen. In dieser Arbeit konnte zum ersten Mal anhand von homozygoten HG95+/+-Mäusen mit Prnp-/- Hintergrund und Prnp+/+-129/Sv- C57/Bl6-Kontrollmäusen ein signifikanter Einfluss der Kupferbindungsstelle am Histidin 95 auf die Pathologie und das Überleben nach Prioninfektion gezeigt werden. Die Ergebnisse wurden bei den Mäusen nach Infektion zweiter Passage geprüft. Hierdurch konnte eine stabile, signifikant verkürzte Inkubationszeit bei den H95G- Mäusen im Vergleich zum Wildtyp nachgewiesen werden. Nach Infektion konnte weiterhin gezeigt werden, dass die H95G-Mäuse in fast allen beurteilten Hirnregionen reproduzierbar signifikant mehr plaqueartige PrPsc-Ablagerungen sowie reproduzierbar signifikant geringere spongiforme Veränderungen aufwiesen. Im Bereich des Kleinhirns zeigten sich signifikant deutlicher ausgeprägte, in den untersuchten Cortexbereichen signifikant geringer ausgeprägte synaptische PrPsc- Ablagerungen nach RML-Infektion, die teilweise reproduzierbar waren. Wahrscheinlich werden diese Ergebnisse beeinflusst durch den hier gezeigten veränderten Abbau des H95G- PrPsc, das im Gegensatz zum Wildtyp-PrPsc hauptsächlich über den a-Abbaumechanismus abgebaut wird, sowie den möglichen höheren Konzentrationen von H95G-PrPc.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 05/06
Das Protein α-Synuklein (α-SYN) spielt eine kritische Rolle in der Pathogenese des Morbus Parkinson. So wird angenommen, dass die Aggregation dieses Proteins für die Degeneration von dopaminergen Nervenzellen des Mittelhirns und den damit verbundenen motorischen Symptomen verantwortlich ist. Während dieser pathophysiologische Zusammenhang allgemein anerkannt ist, bleibt der Einfluss von α-SYN auf nicht-motorische Systeme des Gehirns und somit auf prämotorische Symptome, wie die häufig früh im Krankheitsverlauf auftretende Riechstörung, relativ unerforscht. Der Riechkolben bildet die erste zentrale Stelle für die Verarbeitung von Geruchseindrücken und stellt eine von wenigen Gehirnregionen mit einer außergewöhnlich hohen neuronalen Plastizität dar, da er kontinuierlich mit neuen adult-geborenen Nervenzellen versorgt wird. Selbst im erwachsenen Gehirn - wenn auch in geringerer Anzahl - wandern in diese Region neuronale Vorläuferzellen aus der subventrikulären Zone (SVZ) und dem rostralen migratorischen Strom (RMS) ein, die in lokale Interneurone ausdifferenzieren und in bestehende Netzwerke integrieren. Dabei bilden neue Nervenzellen funktionelle Synapsen mit bereits vorhandenen Neuronen aus und tragen zur Riechwahrnehmung bei. Aufgrund seiner Funktion an der Synapse könnte α-SYN insbesondere einen Einfluss auf die Reifung und Integration von adult-geborenen Neuronen mit möglichen pathophysiologischen Konsequenzen für den Geruchssinn haben. Um die Plastizität im Riechkolben von transgenen α-SYN Mäusen zu untersuchen, eignet sich besonders die Zwei-Photonen-Mikroskopie, da mit dieser Technik neuronale Strukturen bis hin zu einzelnen Synapsen im intakten neuronalen Netzwerk der lebenden Tiere über mehrere Tage bis Monate verfolgt werden können. Im ersten Teil der Arbeit wurde der Riechkolben des verwendeten Mausmodells histopathologisch und funktionell untersucht. Die transgenen A30P α-SYN Mäuse wiesen pathologische α-SYN Ablagerungen in Mitralzellen auf, und zeigten Störungen in der feinen Geruchsdiskriminierung. Anschließend wurde eine Subpopulation von adult-geborenen Neuronen, dopaminerge periglomeruläre Neurone, die bekannterweise sensibel auf α-SYN reagieren, genetisch markiert. Mittels intravitaler Zwei-Photonen-Mikroskopie wurde der neuronale Umsatz, der kontinuierliche Neugewinn und Verlust an dopaminergen Nervenzellen, in A30P α-SYN und Wildtypmäusen über einen Zeitraum von 2,5 Monaten beobachtet. Dabei wurde kein Unterschied in der Anzahl an Zellen gemessen, die ihren Zielort im Riechkolben erreichen, und möglicherweise in das Netzwerk integrieren. In den transgenen α-SYN Mäusen wiesen diese Neurone jedoch eine signifikant verkürzte Überlebensspanne auf, was insgesamt in einem Nettoverlust an Neuronen in der Glomerulärzellschicht resultierte. Interessanterweise waren von dem Zelluntergang vor allem adult-geborene Neurone, die erst kürzlich ins Netzwerk integrierten, betroffen. Diese Ergebnisse zeigen, dass die frühen Schritte der neuronalen Eingliederung und Differenzierung in einen dopaminergen Phänotyp in A30P α-SYN Mäusen nicht beeinträchtigt sind, sondern vielmehr ihr längerfristiges Fortbestehen und Überleben in dem olfaktorischen Netzwerk. Möglicherweise trägt diese instabile Integration und damit gestörte Homöostase von funktionellen neuen Neuronen zu der verminderten Fähigkeit der Geruchsdiskriminierung in A30P α-SYN Mäusen bei. Um die der Riechstörung zugrunde liegenden pathophysiologischen Veränderungen weiter aufzuklären, wurde im zweiten Teil der Arbeit der Einfluss von aggregations-anfälligem A30P α-SYN auf die strukturelle und funktionelle Entwicklung von Körnerzellen, die 95% der adult-geborenen Neurone darstellen, untersucht. Während die biologischen Eigenschaften und physiologischen Mechanismen von Körnerzellen mit ihrer Rolle bei der Verarbeitung von olfaktorischen Eindrücken weitestgehend aufgeklärt sind, ist nur wenig über die synaptische Funktion und strukturelle Plastizität dieser adult-geborenen Neurone unter pathologischen Bedingungen bekannt. Deshalb wurde im Folgenden die Funktionsweise von adult-geborenen Körnerzellen an dendrodendritischen Synapsen mit stabilen Mitralzellen, die pathologisch verändertes α-SYN akkumulieren, genauer charakterisiert. Diese synaptischen Verbindungen sind von wesentlicher Bedeutung für die Geruchsdiskriminierung. Dazu wurden die gesamten dendritischen Bäume einzelner Nervenzellen mittels zeitlich kodierter lentiviraler Transduktion markiert und chronisch mikroskopiert, wobei einzelne dendritische Spines über mehrere Wochen wiederholt aufgesucht und in hoher Auflösung aufgezeichnet wurden. Adult-geborene Körnerzellen in A30P α-SYN Mäusen waren durch eine reduzierte Komplexität des Dendritenbaumes und eine erniedrigte Spineplastizität, bedingt durch einen verminderten natürlichen Zugewinn an dendritischen Spines während der kritischen Phase der Nervenzellreifung, gekennzeichnet. Dieses Spinedefizit blieb in ausgereiften und integrierten Körnerzellen bestehen. Funktionell waren die unvollständig gereiften Körnerzelldendriten durch eine signifikant verminderte elektrische Kapazität und eine gesteigerte intrinsische Erregbarkeit und Reaktionsfreudigkeit auf depolarisierende Eingangssignale gekennzeichnet, während der Spineverlust mit einer verminderten Frequenz von erregenden postsynaptischen Miniaturströmen (mEPSCs) korrelierte. Die in dieser Arbeit beschriebenen, durch A30P α-SYN vermittelten, Veränderungen der adult-geborenen Neurone wirken sich folglich störend auf die Verarbeitung von olfaktorischen Inputs aus, und könnten deshalb von pathophysiologischer Relevanz für das Verständnis von Riechstörungen in frühen Stadien des Morbus Parkinson sein. Um diesen Veränderungen therapeutisch entgegenzuwirken, wurde den transgenen Mäusen über mehrere Monate eine Substanz mit anti-aggregativen Eigenschaften verabreicht. Diese zeigte keinen therapeutischen Effekt auf das Überleben und die Spinedichte von adult-geborenen Neuronen in A30P α-SYN Mäusen. Insgesamt liefert diese Arbeit neue, fundamentale Einblicke in die A30P α-SYN-abhängige Regulation der strukturellen Plastizität als ein pathophysiologisches Korrelat für Morbus Parkinson.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 05/06
In Zeiten des demografischen Wandels erfahren Krankheiten wie die Alzheimer-Demenz, als deren größter Risikofaktor das Alter gilt, einen rasanten Anstieg der Patientenzahl. Die Erforschung der zugrundeliegenden neurodegenerativen Mechanismen und das Einbringen daraus gewonnener Erkenntnisse in die Entwicklung von Therapieansätzen oder gar Präventionsmaßnahmen sind daher von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung - nicht zuletzt auch unter ökonomischen Gesichtspunkten, wie den gleichsam wachsenden Kosten für das Gesundheitssystem. In der vorliegenden Arbeit wurden neuropathologische Prozesse in verschiedenen transgenen Tauopathie-Mausmodellen mittels hochauflösender Mikroskopietechniken untersucht. Der Schwerpunkt lag hierbei auf der Analyse synaptischer Veränderungen im lebenden Tier, ermöglicht durch die Zwei-Photonen-Intravitalmikroskopie. Zunächst wurden in Tau P301S-Mäusen die Auswirkungen FTDP-17-mutierten humanen Tau-Proteins auf die strukturelle Plastizität neokortikaler dendritischer Spines analysiert. Dabei wurde eine im Vergleich zu Wildtyp-Mäusen verminderte Spinedichte gemessen, welche auf eine geringere Ausbildung neuer Spines zurückzuführen war. Die verbliebenen Spines zeigten morphologische Veränderungen wie ein vergrößertes Kopfvolumen - möglicher Weise zur Kompensation des Synapsenverlusts. Ergänzend wurde eine Methode zur immunhistochemischen Synapsendichtemessung an Gehirnschnitten etabliert, welche jedoch keine Effekte der Transgenexpression auf die Dichte prä- oder postsynaptischer Spezialisierungen offenbarte. Um die Rolle inflammatorischer Prozesse in Tauopathien zu analysieren, wurde die Mauslinie Tau x CXCR erzeugt. Partielle oder vollständige genetische Fraktalkinrezeptor-Deletion in diesen Mäusen erlaubte eine gezielte Modifizierung der Kommunikation zwischen Neuronen und Mikrogliazellen. Die resultierende Aktivitätserhöhung der Mikrogliazellen hatte wider Erwarten keinen signifikanten Einfluss auf die Dichte Phospho-Tau enthaltender Zellen in den untersuchten kortikalen Gehirnregionen. Zur Modellierung der Alzheimer-Demenz wurden Tau P301S-Mäuse mit der Linie APP PS1 verpaart. Die Nachkommen wiesen Alzheimer-typische histologische Läsionen wie extrazelluläre Aβ-Plaques und intrazelluläre Tau-Ablagerungen auf. Es konnte jedoch im Vergleich zur Ursprungslinie Tau P301S keine Aβ-induzierte Verstärkung der kortikalen Tau-Pathologie gemessen werden, welche die Amyloid-Kaskaden-Hypothese suggeriert. Eine intravitalmikroskopische Analyse dendritischer Spines in Tau P301S- und Tau x APP PS1-Mäusen in unterschiedlichen Krankheitsstadien sowie in Wildtyp-Wurfgeschwistern sollte die Abgrenzung Tau-bedingter von Aβ-bedingten Effekten ermöglichen. Dabei wurden Veränderungen in der strukturellen Plastizität gefunden, beispielsweise in der Spine-Neuausbildung oder in bestimmten morphologischen Fraktionen, nicht aber in der absoluten Spinedichte. Schließlich erfolgte eine elektronenmikroskopische Untersuchung neuritischer Dystrophien in einem weiteren Alzheimer-Mausmodell, der Linie 3xTg-AD. Durch immunhistochemische Markierung konnten sowohl Aβ- als auch Tau-Ansammlungen in den pathologischen Anschwellungen nachgewiesen werden. Die präsentierten Befunde zeigen u. a. die ersten intravitalmikroskopischen Langzeitstudien dendritischer Spines in Mausmodellen mit reiner Tau-Pathologie sowie damit kombinierter Aβ-Pathologie. Sie bieten grundlegende, durch Patientenuntersuchungen nicht zu gewinnende Informationen über krankhafte synaptische Veränderungen, welche als frühe Ereignisse in der Alzheimer-Demenz betrachtet werden.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 16/19
Die Manifestation der Artherosklerose an den Herzkranzarterien ist die koronare Herzerkrankung (KHK), ein pathologischer Prozess dessen Auswirkungen in Industrieländern die Krankheits- und Todesursachenstatistiken anführen1. Der Myokardinfarkt mit thrombotischem Verschluss einer Koronararterie ist dabei eine der häufigsten Komplikationen. Die zeitnahe Revaskularisation ist die wichtigste therapeutische Maßnahme zur Reduzierung des postischämischen Myokardschadens, wobei auch durch die Reperfusion selbst eine Schädigung der Myozyten und des Endothels stattfindet. Mit Wiedereröffnung der verschlossenen Herzkranzgefäße setzt eine gesteigerte inflammatorische Reaktion ein, begleitet von erhöhter Leukozytenmigration in myokardiales Gewebe. Der Rezeptor der advanced glycation end products (RAGE) wurde in verschiedenen Vorarbeiten im Kontext der myokardialen Ischämie und Reperfusion beschrieben. In dieser Arbeit wurden die postischämische Interaktion von RAGE und Leukozyten und deren funktionelle Relevanz in einem Mausmodell analysiert. Tiere, die defizient für das endotheliale Adhäsionsmolekül ICAM-1 oder für RAGE sind, sowie doppeldefiziente Tiere wurden einer 20-minütigen Okklusion der LAD unterzogen. Nach einer darauf folgenden 15-minütigen Reperfusion wurde die Leukozytenrekrutierung mittels Rhodamin-G6 Infusion fluoreszenzmikroskopisch untersucht. Außerdem wurde in WT und in ICAM-1/RAGE-defizienten Tieren die linksventrikuläre Funktion nach 45 Minuten myokardialer Ischämie und 24 Stunden Reperfusion mittels invasiver intrakardialer Druckmessung untersucht. In RAGE- oder ICAM-1-defizienten Tieren kam es zu einer gleichwertigen Verminderung der Leukozytenrekrutierung (Abb. 8) im Vergleich zu Wildtyp-Tieren. In ICAM-1/RAGE-/- Tieren kam es zu einer additiven Reduktion. Ebenso zeigten RAGE/ICAM-1-/-Tiere eine verbesserte postischämische LV-Funktion im Vergleich zu WT-Kontrollen. Um zwischen endothelial und leukozytär exprimiertem RAGE zu differenzieren, wurden Knochenmark-Chimären mit WT und ICAM-1/RAGE-/- Tieren generiert. Hierzu wurden Wildtyp-Mäusen nach Bestrahlung Knochenmark von ICAM-1/RAGE-defizienzenten Tieren transplantiert, um Mäuse mit leukozytärer ICAM-1/RAGE-Defizienz zu generieren. Umgekehrt wurde ICAM-1/RAGE-defizienten Tieren Knochenmark von Wildtyp-Tieren transplantiert. Dadurch erhielten wir Mäuse mit ausschließlich auf dem Endothel fehlender ICAM-1/RAGE-Expression. In diesen Knochenmarkschimären konnten wir zeigen, dass das Fehlen des endothelialen RAGE zu einer deutlichen Reduktion der Leukozytenadhäsion führt, das Fehlen von leukozytärem RAGE hingegen kaum zu einer Änderung der Leukozytenadhäsion. Somit konnten wir zeigen, dass nicht das leukozytäre sondern endotheliales RAGE einen redundanten Effekt für die Leukozytenrekrutierung darstellt. Wir konnten nachweisen, dass diese ICAM-1/RAGE-Defizienz zu einer signifikanten Verbesserung der linksventrikulären Funktion führt. Ein möglicher Mechanismus ist die Interaktion zwischen leukozytärem Mac-1 und endothelialem RAGE. Die reduzierte inflammatorische Reaktion ist verantwortlich für die verbesserte linksventrikuläre Funktion und könnte als neuartiger therapeutischer Ansatz von Nutzen sein.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 15/19
Urocortine (Ucn) gehören zur Familie des Corticotropin-Releasing-Hormons und sind wichtige Modulatoren der Stressantwort, der Angstkontrolle und der assoziierten Erkrankungen, wie z. B. der Depression. Während Ucn1 mit gleicher Affinität an den CRF1- und CRF2-Rezeptor bindet, sind Ucn2 und Ucn3 spezifische Liganden für den CRF2-Rezeptor. Zusätzlich zum Zentralen Nervensystem sind Urocortine in verschiedenen peripheren Organen exprimiert – so auch in der Nebenniere. Mit Hilfe sechs verschiedener Knock-out Modelle, in denen Urocortine in unterschiedlichen Kombinationen deletiert wurden, wurden potentielle Urocortin-abhängige Effekte auf die Nebenniere der Maus untersucht. Dabei wurde mit Hilfe von HE-Färbungen die Struktur, mit Färbungen gegen PCNA als Proliferationsmarker die Zellteilungen und mit RT-PCR die Expressionslevel wichtiger Schlüsselenzyme der Steroidbiosynthese und der Katecholaminsynthese ermittelt. Während in Single KO Mäusen nur geringe Effekte detektierbar waren, zeigten sich in Double und Triple KO Mäuse im Vergleich zu Wildtyp Mäusen ausgeprägte Änderungen der untersuchten Parameter, so dass eine funktionelle Redundanz innerhalb der Urocortine vermutet werden kann. Um die spezifische Wirkung einer organspezifischen Überexpression von Ucn2 zu untersuchen, wurden Mäuse auf der Basis des Cre-Lox-Systems gezüchtet, die abhängig vom Promotor des Steroidogenic Factor 1-Gens (SF1), d. h. vor allem in der Nebenniere und in den Gonaden, Ucn2 überexprimieren (Ucn2 OE Mäuse mit dem Genotyp R26+/stopUcn2 SF1-Cre+/-). Zusätzlich zu den oben genannten Messungen wurden Hormonkonzentrationen im Plasma unter Basal-Bedingungen, nach einem ACTH-Stimulationstest und nach einem Restraint-Stress-Test bestimmt. Es zeigte sich, dass die Überexpression von Ucn2 mit einer erniedrigten Steroidbiosynthese in der Nebenniere assoziiert ist. Zudem konnten geschlechtsspezifische Unterschiede beobachtet werden – so zeigten weibliche Ucn2 OE Mäuse vor allem Änderungen unter Basal-Bedingungen und nach ACTH-Stimulation, wobei bei männlichen Tieren nur nach Restraint-Stress eine reduzierte Stressantwort im Vergleich zu den Kontrolltieren auftrat. Zusammenfassend kann aus diesen in vivo Studien der Schluss gezogen werden, dass ein intraadrenales Regulationssystem existiert, das durch die Balance aller Urocortine und deren Rezeptoren geschlechtsspezifisch die Struktur und Funktion der Nebenniere beeinflusst.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 14/19
TRPC-Kanäle 1-7 wurden bisher als unselektive Kationenkanäle in heterologen Expressionssystemen beschrieben. Ihre physiologische und pathophysiologische Rolle in verschiedenen Organen und Geweben des menschlichen Körpers ist aber noch weitgehend unklar. Ziel dieser Arbeit war es, die Funktion zweier Mitglieder der TRPC-Familie, TRPC1 und TRPC6, in verschiedenen Zellsystemen mit Hilfe von Untersuchungen an den entsprechenden gendefizienten Mausmodellen näher zu analysieren. Nach der Klonierung der codierenden Sequenz des murinen TRPC1-Proteins aus Mausgeweben, wurden murine embryonale Fibroblasten (MEFs) aus TRPC1-defizienten und Wildtyp-Mäusen isoliert. Ein Vergleich zeigte, dass das Fehlen des TRPC1-Kanals die Viabilität dieser Zellen signifikant steigerte und die Wundheilungsrate signifikant herabsetzte. Durch die Identifikation sogenannter überaktivierter TRPC6-Kanal-Mutanten in Patienten mit fokaler segmentaler Glomerulosklerose (FSGS) war dann insbesondere die Funktion dieses Kanals in den Podozyten der Niere von besonderem Interesse. Wenig später wurden auch funktionslose Mutanten der Phospholipase C-e (PLCe) in Patienten mit dem gleichen oder einem ähnlichen Krankheitsbild beschrieben, das zu einer Erhöhung des Serumproteingehalts im Urin (Proteinurie) führt. Zur Beantwortung der Frage, ob beide Proteine interagieren und Komponenten eines gemeinsamen Signalweges sind, wurden primäre Podozyten aus Mäusen isoliert. In der Tat wurde in primären Podozyten und in HEK293-Zellen eine Interaktion beider Proteine identifiziert und ein möglicher Signalweg von der Aktivierung des Angiotensin 1-Rezeptors zum PLCe-induzierten Calciumioneneinstrom durch TRPC6-Kanäle aufgezeigt. Darüber hinaus wurden TRPC6-, PLCe- und TRPC6/PLCe-defiziente Podozyten mit Wildtyp-Podozyten in funktionellen Testsystemen verglichen. Zunächst konnte eine vermehrte Expression von TRPC4- und TRPC5-Kanälen in PLCe-defizienten und TRPC6/PLCe-defizienten Podozyten identifiziert werden. Außerdem zeigte sich in ersten Untersuchungen, dass das Fehlen des TRPC6-Kanals zu einer erhöhten Zellviabilität und zu einer verminderten Apoptoserate der Podozyten führte. In sog. Calcium-Imaging-Experimenten wurde ein stark reduzierter Calciumioneneinstrom in TRPC6- und PLCe-defizienten Podozyten nach AT1-Rezeptoraktivierung durch Angiotensin II beobachtet. Da Podozyten durch ihre Barrierefunktion wesentlich zur Stabilität des glomerulären Filters beitragen, wurde auch die Veränderung des Zytoskeletts durch Aktinpolymerisation näher untersucht. Es zeigte sich, dass Podozyten nach Applikation von Angiotensin II durch eine stärkere Polymerisation von globulärem Aktin vermehrt sog. Aktin-Stressfibern ausbilden und abflachen. TRPC6-defiziente Podozyten hingegen zeigen bereits im Ruhezustand deutlich mehr Aktin-Stressfibern, die nach Gabe von Angiotensin II nicht mehr signifikant in ihrer Anzahl zunehmen. Die Daten der vorliegenden Arbeit sind im Einklang mit der Hypothese, dass ein zu starker Calciumioneneinstrom in Podozyten durch überaktivierende TRPC6-Mutationen zu einer geringeren Podozytenstabilität und zu einer erhöhten Apoptoserate führen kann. Die mangelnde Stabilität des glomerulären Filters in den FSGS-Patienten führt dann zu einer Proteinurie und schließlich zum Nierenversagen. Durch Expression der TRPC6-Mutationen in TRPC6-defizienten Podozyten könnte sich in Zukunft die Rolle des Kanals als wichtige pharmakologische Zielsubstanz für eine Pharmakotherapie der FSGS bestätigen.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 10/19
Thu, 29 Oct 2009 12:00:00 +0100 https://edoc.ub.uni-muenchen.de/10743/ https://edoc.ub.uni-muenchen.de/10743/1/Guenther_Juliane.pdf Günther, Juliane ddc:610, ddc:600, Med
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/06
Dendritische Zellen (DC) übernehmen essentielle Aufgaben in der Homöostase des Immunsys-tems und in der Induktion von Toleranz oder Immunität. Eine besondere Wechselwirkung findet hierbei zwischen DC und T-Zellen statt, welche durch die Präsentation und Erkennung von Selbstpeptiden, beziehungsweise Fremdantigenen, vermittelt wird. DC spielen eine wichtige Rolle bei der Selektion eines funktionellen T-Zell-Kompartiments im Thymus. In der vorliegenden Stu-die wurde die Funktion der Antigenpräsentation von DC für die Homöostase und die Aktivierung von CD8-T-Zellen in vivo untersucht. Diese Arbeit soll zeigen, dass die Präsentation von Selbstpeptiden auf DC die homöostatische Pro-liferation (HP) von naiven CD8-T-Zellen induziert. Nach der Depletion von T-Zellen durch Be-strahlung oder Antikörpergabe kam es zu einer HP von naiven CD8-T-Zellen. Diese Proliferation war streng MHC-abhängig. Die Expression von MHC-I auf DC reichte aus, um eine komplette HP zu erlauben, welche im Teilungsmuster, der Aktivierungsmarkermodulation und den Proliferati-onsraten jener von proliferierenden Zellen in C57BL/6-Wildtypmäusen glich. Überraschenderwei-se waren CD4-T-Zellen in der Lage, die HP von transferierten naiven CD8-T-Zellen zu inhibieren. Erst durch die Depletion von endogenen CD4-T-Zellen kam es zu Teilungen, während CD25-positive regulatorische T-Zellen keinen Einfluss auf die HP von naiven CD8-T-Zellen ausübten. DC sind essentiell um Toleranz beziehungsweise Immunität nach der Erkennung von Fremdanti-genen zu generieren. Um die Bedeutung der Antigenpräsentation auf DC genauer zu charakterisie-ren, wurde die Immunantwort in einem Mausstamm, in welchem alle Zellen MHC-I tragen zu Tie-ren, in denen nur DC MHC-I exprimieren und somit naive CD8-T-Zellen aktivieren können, un-tersucht. Hierbei wurde deutlich, dass DC ausreichten um Toleranz, als auch Immunität von nai-ven CD8-T-Zellen zu induzieren. Kam es jedoch zu einer differentiellen Antigenpräsentation nach systemischer Administration des Antigens (als Peptid oder Virus in die Blutbahn), waren antigen-präsentierende nicht-DC in der Lage, die Immunantwort abzuschwächen. Dies geschah durch In-duktion von Apoptose, wodurch die Anzahl antigenspezifischer Effektor-T-Zellen verringert und somit auch die Formation des immunologischen Gedächtnisses beeinträchtigt werden konnte. Diese Ergebnisse betonen die enorme Bedeutung der Antigenpräsentation durch DC, weisen aber auch auf die besondere Rolle der Antigenpräsentation durch andere Zelltypen als DC hin, welche in der Lage sind eine Immunantwort deutlich zu modulieren.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/07
Da die Magnetresonanztomographie (MRT) in der Forschung und Diagnostik immer mehr an Bedeutung gewinnt, war es das Ziel dieser Arbeit, die MRT an verschiedenen Herzinsuffizienzmodellen einer Maus mittels klinischem Scanner zu etablieren und Referenzwerte zu erstellen. Es wurden gesunde Wildtyp-Mäuse untersucht und solche, bei denen zuvor ein Myokardinfarkt durch ein Ischämie/Reperfusionsmodell bzw. Dauerokklusionsmodell erzeugt wurde. Durch Ligierung der linken Koronararterie wurde der Myokardinfarkt hervorgerufen. Bei einer Gruppe schloss sich der Ischämie von 30 Minuten eine Reperfusionsphase von neun Tagen an, bei der anderen Gruppe wurde eine Dauerokklusion vorgenommen, die über einen Zeitraum von neun Tagen bestehen blieb. Vor und nach dem chirurgischen Eingriff wurden alle Tiere mittels Ultraschall untersucht. Ein 1,5 Tesla Scanner diente nachfolgend zur Untersuchung der Mäuse. Abschließend wurden die Herzen der Mäuse entnommen, mit 2,3,5-Triphenyltertrazolium-Chlorid (TTC) gefärbt, in ca 1 mm dicke Scheiben geschnitten und fotografiert. Die Infarktgröße wurde durch ein Computerprogramm ermittelt. Ein anderer Teil dieser Arbeit bestand in der Untersuchung von Mäusen, bei denen das Muscle LIM Protein (MLP) ausgeknockt war. MLP spielt eine wichtige Rolle bei der Organisation der Kardiomyozyten. Homozygote Knockouts entwickeln bei Geburt eine dilatative Kardiomyopathie, die mittels Ultraschall und MRT untersucht werden sollte. Sowohl die Werte der Echokardiographie, als auch die der MRT waren post operationem deutlich herabgesetzt, und korrelierten miteinander. Die Kontrollgruppe zeigte eine Verkürzungsfraktion (FS) von 38 ± 1,10 % und eine Auswurffraktion (EF) von 56,86 ± 8,62 %. Die Gruppe der reperfundierten Mäuse zeigte eine FS von 38,89 ± 1,15 % vor und 17,39 ± 6,28 % nach der Operation. Im MRT ergab sich für diese Gruppe eine Auswurffraktion von 54,06 ± 3,09 %. Für die Gruppe der Mäuse, bei der eine Dauerokklusion vorgenommen wurde, ergab sich bei der FS ein Wert von 38,67 ± 1,24 % vor und 11,31 ± 2,60 % nach der Operation und eine EF von 23,3 ± 9,86 %. Für die Mäuse des MLP-Stammes ergaben sich eine FS von 16,22 ± 2,90 % und eine EF von 29,95 ± 5,28 %. Sie wiesen vergrößerte Herzkammern bei gleichzeitiger Ausdünnung der Kammerwände auf. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine 30-minütige-Ischämiezeit einen zu kleinen Infarkt erzeugt, als dass dieser von einem 1,5 Tesla MRT erkannt werden könnte. Veränderungen am Herzen, die durch eine Dauerokklusion hervorgerufen werden oder bei MLP-Knockouts bestehen, sind hingegen durch die MRT deutlich darstellbar. Diese beiden Modelle bieten sind demnach für weitere Forschungen an.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/06
Zyklonukleotid-aktivierte Kationenkanäle (CNG-Kanäle) spielen eine Schlüsselrolle im Seh- und Riechprozess. Der olfaktorische CNG-Kanal besteht aus den Untereinheiten CNGA2, CNGA4 und CNGB1b. Sowohl CNGA4 als auch CNGB1b können in heterologen Expressionssystemen nur zusammen mit CNGA2 funktionelle Kanäle bilden. Sie werden auch als modulatorische Untereinheiten bezeichnet, da sie dem CNG-Kanal charakteristische Eigenschaften verleihen. In der vorliegenden Arbeit sollte die Rolle von CNGB1b im Riechprozess anhand einer CNGB1-defizienten Mauslinie (CNGB1KO-Maus) untersucht werden. CNGB1KO-Mäuse zeigten im Vergleich zu gleichaltrigen Wildtyp-Mäusen ein deutlich eingeschränktes Riechvermögen. Dieses äußerte sich in verringertem Körpergewicht, schlechterem Abschneiden in einem Riechtest und einem veränderten Elektroolfaktogramm (EOG). EOGs von CNGB1KO-Mäusen zeigten verglichen mit WT-Mäusen ein verzögertes Einsetzen, eine verkleinerte Amplitude und eine verlangsamte Rückbildung der Duftantwort. Als Ursache für die verzögert einsetzende Reizantwort konnte eine verringerte Sensitivität des CNG-Kanals gegenüber zyklischen Nukleotiden ausgemacht werden. Die verkleinerte Amplitude im EOG konnte durch eine verringerte Menge an Kanalprotein erklärt werden, was einen um Faktor zehn verminderten CNG-Strom zur Folge hatte. Das verlangsamte Abklingen der Duftantwort konnte auf ein Fehlen der Calcium-Calmodulin-abhängigen Inaktivierung des CNG-Stroms zurückgeführt werden. Eine Interaktion von CNGA2 und CNGA4 in CNGB1-defizienten Neuronen wurde durch Co-Immunpräzipitation nachgewiesen. Mittels immunhistochemischer Färbungen wurde gezeigt, dass CNGA2 und CNGA4 zwar assemblierten, nicht aber in die Zilienmembran der ORNs transportiert wurden. Vielmehr wurde der CNGA2/CNGA4-Kanal in subziliären Zellkompartimenten zurückgehalten. Der Versuch, die Translokation in das Zilium durch Hemmung des proteolytischen Abbaus der CNG-Untereinheiten zu ermöglichen, war nicht erfolgreich, was auf eine streng reglementierte Qualitätskontrolle in olfaktorischen Rezeptorneuronen schließen ließ. Morphologisch unterschied sich das olfaktorische System von CNGB1KO-Mäusen verglichen mit dem Wildtyp durch eine Reduktion der Schichtdicke des olfaktorischen Epithels sowie einen verkleinerten Bulbus olfactorius. Neurone des Bulbus olfactorius von CNGB1-defizienten Mäusen waren bezüglich ihrer Duftantwort nicht von Wildtyp-Neuronen zu unterscheiden. Für die Bedeutung der CNGB1b-Untereinheit kann festgehalten werden, dass sie dem olfaktorischen CNG-Kanal charakteristische Eigenschaften wie erhöhte Empfindlichkeit gegenüber zyklischen Nukleotiden, die Fähigkeit zur Calcium-Calmodulin-abhängigen Inaktivierung und kontrolliertes Single Channel Flickering verleiht. Zudem spielt die CNGB1b-Untereinheit zusammen mit CNGA4 eine essentielle Rolle für den Transport des CNG-Kanals in die Zilienmembran der ORNs. Darüber hinaus ist CNGB1b unentbehrlich für eine normale Entwicklung des olfaktorischen Systems.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/06
Ziel der vorliegenden Arbeit war es zu untersuchen, auf welche Art und Weise das endogene Cannabinoidsystem die Extinktion konditionierter Furcht vermittelt. Dabei gliedert sich diese Arbeit in vier Teile. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Modulation intrazellulärer Signalkaskaden durch den CB1 Cannabinoidrezeptor während der Extinktion konditionierter Furcht. Dafür wurden CB1 Cannabinoidrezeptor-knockout Mäuse einer Furchtkonditionierung und deren Extinktion unterzogen und danach der Phosphorylierungsstatus der Kinasen p42, p44 sowie der Proteinkinase B und das Expressionslevel der Phosphatase Calcineurin im basolateralen und zentralen Nucleus der Amygdala, im ventromedialen präfrontalen Cortex sowie im dorsalen und ventralen Hippocampus dieser Tiere gemessen. Die untersuchten Enzyme zeigten sich in diesen Hirnregionen, die in die Extinktion konditionierter Furcht involviert sind, im Vergleich zu Wildtyp-Mäusen unterschiedlich reguliert. Diese Studie legt den Schluss nahe, dass Endocannabinoide die Extinktion konditionierter Furcht über die Modulation intrazellulärer Signalkaskaden vermitteln, die in Abhängigkeit von der jeweiligen Hirnstruktur unterschiedlich einbezogen sind. Da bisherige Arbeiten zur allgemeinen Rolle von CB1 in verschiedenen Lernaufgaben kontroverse Ergebnisse lieferten und allein die Einbeziehung des Endocannabinoidsystems in die Extinktion konditionierter Furcht übereinstimmend gezeigt wurde, wird im zweiten Teil dieser Arbeit untersucht, inwieweit sich die Furchtkonditionierung von anderen Lernparadigmen unterscheidet. In diesem Zusammenhang wurde in der vorliegenden Arbeit erstmalig nachgewiesen, dass die bei der Furchtkonditionierung auftretende unabdingbare, stark aversive Situation neben der klassischen Konditionierung auch eine Stress-Sensitivierung hervorrufen kann. Hierfür wurde gezeigt, dass bereits die Applikation eines milden elektrischen Fußschocks per se ausreicht, um eine unspezifische Erhöhung der Reaktivität des Tieres zu erzielen. Auf der Verhaltensebene zeigten schocksensitivierte Tiere beispielsweise eine Furchtreaktion auf Töne, wie sie ebenfalls für die Furchtkonditionierung verwendet wurden, aber auch ein verstärktes angstähnliches Verhalten im Hell-Dunkel-Meidetest. In einer Reihe von Experimenten wurde demonstriert, dass sich diese Erhöhung der Furchtantworten nach Applikation eines Fußschocks nicht auf eine Kontextgeneralisierung, d.h. auf kontextuelles assoziatives Lernen, zurückführen lässt. So zeigten auch Mäuse, die eine Furchtkonditionierung erfahren hatten, neben der Furchtreaktion auf den konditionierten Tonreiz ein verstärktes angstähnliches Verhalten im Hell-Dunkel-Meidetest, was unterstreicht, dass während einer Furchtkonditionierung nicht nur assoziative, sondern auch nicht-assoziative Lernvorgänge, wie die Sensitivierung, induziert werden. Ähnliches gilt für die Extinktion der Furchtkonditionierung, die in derzeitigen Modellen als neue inhibitorische Assoziation zwischen konditioniertem Stimulus und dem Ausbleiben des vorhergesagten ‚Bestrafungsreizes’ beschrieben wird. In der vorliegenden Arbeit wurde dargelegt, dass nicht-assoziative Habituationsprozesse, die bei wiederholter Präsentation des konditionierten Stimulus auftreten, ebenfalls zur Extinktion konditionierter Furcht beitragen. Dieses erstmalig gezeigte Zusammenspiel assoziativer und nicht-assoziativer Prozesse bei der Akquisition und Extinktion konditionierter Furcht wurde in der ‚Zwei-Komponenten-Theorie’ zum Gedächtnis konditionierter Furcht zusammengefasst. Da vorhergehende Studien die Involvierung des Endocannabinoidsystems in die Extinktion konditionierter Furcht belegten, wurde im dritten Teil der vorliegenden Arbeit untersucht, ob Endocannabinoide assoziatives Extinktionslernen oder Habituationsprozesse modulieren. In einer Reihe von Experimenten wurde gezeigt, dass der CB1 Cannabinoidrezeptor assoziatives Sicherheitslernen nicht beeinflusst – für Habituationsprozesse jedoch erforderlich ist. In einigen Experimenten konnte kein Einfluss des CB1 Cannabinoidrezeptors auf die Kurzzeitanpassung festgestellt werden, dennoch vermittelte der CB1 Cannabinoidrezeptor generell, d.h. auch in diesen Fällen, Langzeithabituation an aversive Situationen. Dies deutete darauf hin, dass das Endocannabinoidsystem Kurzzeitanpassung und Langzeithabituation über verschiedene Mechanismen vermittelt. Zusammenfassend wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit das endogene Cannabinoidsystem als erstes molekulares Korrelat der Habituationskomponente der Furchtextinktion identifiziert. Um die unterschiedliche Einbeziehung des Endocannabinoidsystems in die Kurzzeitanpassung an aversive Situationen besser zu verstehen, wurde im letzten Teil der Arbeit die Aversivität der Testsituation, d.h. die Intensität der Fußschocks während der Sensitivierung, systematisch verändert und danach die akute Furchtreaktion auf einen Ton gemessen. Nach geringen und starken Fußschocks waren Endocannabinoide nicht an der Kurzzeitanpassung beteiligt, lediglich die Applikation eines Fußschocks mittlerer Intensität führte dazu, dass Endocannabinoide ihre Furcht reduzierende Wirkung während der darauf folgenden Tonpräsentation entfalten konnten. Um zu erforschen, ob in stark aversiven Situationen der CB1 Cannabinoidrezeptor durch effiziente Endocannabinoid-Wiederaufnahme- und Abbauprozesse nicht genügend stimuliert wird, um Furchtreaktionen zu reduzieren, wurden Endocannabinoid-Wiederaufnahme- und Abbauhemmer appliziert. Dies führte zu einer verbesserten Anpassung an stark aversive Situationen, die sich in einer verringerten Furchtreaktion zeigte und somit eine therapeutische Ansatzmöglichkeit für Angsterkrankungen bilden könnte. Die hier neu gewonnen Erkenntnisse, namentlich dass eine bestimmte Aversivität erreicht werden muss, um das Endocannabinoidsystem zu aktivieren und dass bei sehr starker Aversivität die Furcht reduzierende Wirkung der Endocannabinoide durch effiziente Wiederaufnahme- und Abbauprozesse limitiert wird, wurde in der ‚Hypothese vom kritischen Bereich der Endocannabinoidwirkung’ zusammengefasst. Auf diese Weise gewährleistet das Endocannabinoidsystem eine adäquate Anpassung an aversive Situationen, indem Furchtreaktionen in Situationen mittlerer Aversivität gedämpft werden, starke Aversivität jedoch eine starke Reaktion auslöst, um bei relevanten Stimuli und Ereignissen die Bildung eines Furchtgedächtnisses zu ermöglichen. Zusammenfassend wurde in der vorliegenden Arbeit erstmalig nachgewiesen, dass sowohl bei der Akquisition als auch bei der Extinktion konditionierter Furcht Sensitivierung bzw. Habituation als nicht-assoziative Prozesse mitwirken. Dabei zeigte sich, dass das Endocannabinoidsystem die Extinktion konditionierter Furcht vermittelt, indem es Langzeithabituation ermöglicht und in einigen Fällen auch in die Kurzzeitanpassung involviert ist. Eine solche Einbeziehung des Endocannabinoidsystems in die akute Anpassung an aversive Situationen erwies sich als von der Aversivität der Situation abhängiger Prozess. Der CB1 Cannabinoidrezeptor wurde somit als erstes molekulares Korrelat der Habituationskomponente der Extinktion konditionierter Furcht identifiziert.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/06
Das gasförmige Stickstoffmonoxid (NO) steuert die Relaxation glatter Muskulatur. Dabei aktiviert NO die lösliche Guanylatzyklase im Zytosol der glatten Muskelzelle. Die lösliche Guanylatzyklase bildet den Botenstoff cGMP, der die cGMP-abhängige Proteinkinase (cGK) aktiviert. Die cGK gehört zur Familie der Serin/ Threonin-Proteinkinasen und führt nach Phosphorylierung von unterschiedlichen Signalproteinen zur Relaxation der glatten Muskulatur. Der Beitrag des NO/ cGMP/ cGK-Signalwegs zur glattmuskulären Relaxation kann mit Hilfe von genetisch veränderten Mauslinien, denen Komponenten dieses Signalwegs fehlen, untersucht werden. In der vorliegenden Arbeit werden neben Wildtyp-Mäusen mit intaktem NO/ cGMP/ cGK-Signalweg die cGKI-/--Mäuse, denen das Protein cGKI deletiert ist, und die IRAG∆12/∆12-Mausmutanten, die nach Zerstörung des Exon 12 des IRAG-Gens zwei hypomorphe IRAG-Allele besitzen, verwendet. Im Rahmen dieser Arbeit werden die cGMP-abhängigen Mechanismen der Relaxation nach Hormon- und Kalium-induzierter Stimulation glatter Muskelzellen untersucht. Die Experimente werden einerseits am intakten und permeabilisierten Gefäß und andererseits an kultivierten, vaskulären glatten Muskelzellen durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen die Existenz unterschiedlicher Mechanismen zur cGMP-vermittelten Relaxation an der Mausaorta. Nach Hormon-induzierter Stimulation wird der Gefäßtonus durch den cGMP/ cGKI-Signalweg relaxiert. Dabei wird der Effekt hauptsächlich über IRAG durch Hemmung der Ca2+-Freisetzung aus den intrazellulären Speichern vermittelt. Die Kalium-vermittelte Kontraktion wird ebenso cGMP/ cGKI-abhängig relaxiert, jedoch unabhängig von IRAG. Überraschenderweise demonstrieren die Ergebnisse an der permeabilisierten Aorta, dass die cGMP/ cGKI-vermittelte Ca2+-Desensitisierung eine untergeordnete Rolle spielt und in Gegenwart hoher cGMP-Konzentrationen über die Protein Kinase A vermittelt wird. Die Kontraktionsexperimente mit Thapsigargin weisen darauf hin, dass vermutlich die SERCA an der Relaxation des Kalium-induzierten Tonus beteiligt ist.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/07
CalbindinD28k ist ein Kalzium-bindendes Protein, dessen Rolle in der Kalzium-Homöostase und im Kohlenhydrat-Stoffwechsel bis heute unklar ist. Um dieser Frage nachzugehen und um eventuelle wechselseitige Interaktionen zwischen diesem Kalzium-bindenden Protein und dem Vitamin D-Rezeptor (VDR) zu testen, untersuchten wir CalbindinD28k-Knockout-Mäuse und VDR/CalbindinD28k-Doppel-Mutanten. Die CalbindinD28k-Knockout-Mäuse wurden auf Normaldiät gesetzt und im Alter von 9 Monaten untersucht. Die Doppel-Mutanten dagegen waren zum Zeitpunkt der Untersuchung erst 3 Monate alt und bekamen eine mit 2,0% Kalzium, 1,25% Phosphor und 20% Lactose angereicherte Diät (sog. Rescue Diet). Bei allen Tieren wurde Serum und Urin untersucht. Die Knochen wurden mittels histomorphometrischer und knochendensitometrischer Methoden analysiert. Die VDR-Knockouts auf Rescue Diet zeigten Normokalzämie, ein erhöhtes Kalzium/Kreatinin-Verhältnis im Urin, einen erhöhten renalen Kalzium-Verlust und erhöhte Serum-PTH-Werte. Bei den Doppel-Knockouts verstärkten sich diese Effekte noch zusätzlich. Bei den jungen und alten CalbindinD28k-Knockout-Mäusen konnten keine signifikanten Veränderungen im Kalzium-Haushalt festgestellt werden. Somit scheint CalbindinD28k per se wohl keine wesentliche Funktion in der Kalzium-Homöostase zu haben. Eine direkte Interaktion zwischen dem VDR und CalbindinD28k konnten wir in Bezug auf die Kalzium-Homöostase nicht feststellen. Die Untersuchung der Femora von jüngeren und älteren CalbindinD28k-Knockouts zeigte eine deutliche Reduktion der trabekulären Knochenmineraldichte. Nach getrenntgeschlechtlicher Auswertung zeigte sich diese Osteopenie des trabekulären Knochens vor allem bei männlichen Tieren. Die Ursache hierfür ist unklar, da wir bei diesen Tieren keine signifikanten Veränderungen in der renalen Kalzium-Exkretion, in den Serum-PTH-Werten und der Knochenformationsrate feststellen konnten. In Bezug auf die Glukosetoleranztests zeigten die CalbindinD28k-Knockouts eine signifikant höhere Area under the curve (AUC) als die Wildtyp-Mäuse. Desweiteren konnten wir einen deutlichen Effekt des Geschlechts feststellen, das heisst männliche Tiere wiesen eine höhere AUC auf als weibliche. Bei den VDR-Knockouts zeigte sich kein signifikanter Unterschied im Vergleich zu den Wildtyp-Mäusen. In Bezug auf den durch Streptozotocin induzierten Diabetes mellitus zeigten CalbindinD28k-Knockout keine veränderte Empfindlichkeit, während VDR-Knockouts eine geringere Empfindlichkeit als Wildtyp-Kontrollen aufwiesen. Weitere Studien werden notwendig sein, um die molekulare Funktion des CalbindinD28k in der Kalzium-Homöostase und im Kohlenhydratstoffwechsel herauszufinden.
Tierärztliche Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/07
Die cGMP-abhängige Proteinkinase (cGKI) vermittelt den relaxierenden Effekt der NO/cGMP Signalkaskade im glatten Muskel. Die Phosphorylierung des IP3-Rezeptor assoziierten cGMP-Kinase Substrats (IRAG) ist ein Prozess, der in diesem Mechanismus involviert ist. Um dieses Modell genauer zu verifizieren, wurde die cGMP-abhängige Relaxation in Mäusen, die ein modifiziertes IRAG expremieren, untersucht. Bei der IRAGD12/D12 Maus handelt es sich um eine Deletionsmutante, bei der die Interaktionsstelle von IRAG mit dem IP3-Rezeptor Typ I zerstört wurde, was dazu führt, dass IRAG nicht mit dem IP3-Rezeptor Typ I interagieren kann. Diese Mäuse zeigen eine normale Futteraufnahme, der Kotabsatz ist aber signifikant geringer als bei Wildtypmäusen. Eine Röntgenkontrastuntersuchung mit Hilfe von Bariumsulfat offenbarte eine deutliche Verlängerung der Darmpassagezeit, einen Megaoesophagus sowie ein Megacolon. In situ-Erhebungen an der eröffneten Bauchhöhle bestätigen diese Befunde. Gründe für diese Veränderungen könnten Funktionsstörungen in der glatten Muskulatur sein. Zur Stützung dieser Vermutung wurden die cGMP-abhängigen Effekte an der glatten Muskulatur des Darmtraktes untersucht. Die Untersuchung des Hormon induzierten Tonus im Jejunum ergab keinen signifikanten Unterschied in der cGMP-Wirkung zwischen den Wildtyp- und den IRAGD12/D12 Mäusen. Der CCh induzierte Tonus im Colon der Wildtypmäuse wird im Gegensatz zu den IRAGD12/D12 Mäusen durch 8 Br- cGMP um ca. 90% reduziert. Bei den IRAGD12/D12 Mäusen bewirkt 8 Br cGMP nur eine sehr geringe Relaxation (16%) des Hormon induzierten Tonus am Längsmuskel des Colons. Eine Vorinkubation mit dem Phosphatase-Hemmstoff Calyculin A in Präparaten von Wildtypmäusen hebt den relaxierenden Effekt von 8-Br-cGMP im glatten Muskel des Dünndarms auf, im glatten Muskel des Colons findet dagegen keine Aufhebung statt. Die Ergebnisse zeigen, dass IRAG eine entscheidende Bedeutung für die cGMP/cGKI-vermittelte Relaxation im Colon, aber nicht im Jejunum hat. Eine cGMP/cGKI-vermittelte Aktivierung einer Phosphatase kann als möglicher Mechanismus der cGMP abhängigen Relaxation im Jejunum in Frage kommen. Eine mögliche Phosphatase könnte hierbei die Myosin leichte Ketten Phosphatase (MLCP) sein. Es ist aber nach wie vor unklar, ob diese Ergebnisse Grund für die geringe Lebenserwartung der IRAGD12/D12 Mäuse sind. Um die Ursachen dafür zweifelsfrei feststellen zu können, bedarf es weiterführender Untersuchungen.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 05/19
Trotz wirksamer Antibiotikatherapie, Immunmodulation durch Steroide und spezialisierter intensivmedizinischer Behandlung ist die Prognose der Pneumokokkenmeningitis weiterhin ungünstig. Aufgrund zentralnervöser und systemischer Komplikationen versterben weiterhin 15 bis 35 Prozent der Erkrankten und ein Drittel der überlebenden Patienten leidet an bleibenden neurologischen Schäden. Für die Entwicklung neuer adjuvanter Behandlungsstrategien ist die Kenntnis der Pathophysiologie von zentraler Bedeutung. In der vorliegenden Arbeit wurden Mechanismen der Immuninduktion (am Beispiel der Rolle des Transkriptionsfaktors NF-kappaB, der an der Transkription zahlreicher Entzündungsmediatoren beteiligt ist) und der Immunregulation (am Beispiel der Bedeutung von Mastzellen, deren Bedeutung für die Erregerabwehr im Rahmen der angeborenen Immunantwort man zunehmend erkennt)untersucht. 1. Die Rolle des Transkriptionsfaktors NF-kappaB Die Studie wurden mittels eines Rattenmodell durchgeführt, in dem zahlreiche pathophysiologische Parameter intrakranieller meningitisassoziierter Komplikationen, wie vaskuläres Hirnödem, intrakranieller Druck oder zerebrovaskuläre Autoregulation untersucht werden können. Die Pneumokokkenmeningitis war mit einem Anstieg der NF-kappaB-Aktivität im Gehirn assoziiert, der durch die Behandlung mit NF-kappaB-Inhibitoren gehemmt werden konnte, was zu einem signifikant besseren klinischen Verlauf führte. Dieser günstige Effekt auf die klinische Symptomatik wurde von einer signifikanten Reduktion der Bluthirnschrankenstörung, des Anstiegs des intrakraniellen Druckes, der Störung von zerebrovaskulärer CO2-Reaktivität und Autoregulation sowie von Liquorpleozytose und IL-6-Liquorkonzentration begleitet. Zusammenfassend legen diese Daten nahe, dass die NF-kappaB-Aktivierung eine zentrale Rolle in der Entstehung der meningealen Entzündung und der ZNS-Komplikationen während des Akutstadiums der bakteriellen Meningitis spielt. 2. Die Bedeutung der Mastzelle Die Untersuchungen hierzu wurden an einem Modell mit mastzelldefizienten WBB6F1/J-KitW/KitW-v-Mäusen durchgeführt. Während der Pneumokokkenmeningitis kam es zu einer Aktivierung von Mastzellen im Gehirn. Bei mastzelldefizienten Mäusen verlief die Erkrankung klinisch signifikant milder als bei Wildtypmäusen und mastzellrekonstituierten Tieren. Diese positive Auswirkung der Mastzelldefizienz auf die Klinik wurde von einer Reduktion systemischer und zentralnervöser Komplikationen wie Pneumonie und Anstieg des intrakraniellen Drucks begleitet. Erstaunlicherweise führte die Mastzelldefizienz zu einer massiven Zunahme der Liquorpleozytose, die nicht von relevanten Unterschieden der pneumokokkeninduzierten Entzündungsantwort oder der bakteriellen Vermehrung begleitet war. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse dieser Studie, dass Mastzellen eine signifikante Rolle bei der Pneumokokkenmeningitis im Mausmodell spielen. Sie sind beteiligt an der Entstehung systemischer und zentralnervöser Komplikationen und damit an einem schweren klinischen Krankheitsverlauf. Überraschend ist, dass Mastzellen inhibitorischen Effekt auf die Neutrophilenrekrutierung in das ZNS besitzen.
Fakultät für Biologie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/06
Dendritische Zellen (engl.: dendritic cells, DC) gelten seit ihrer Entdeckung als eine der wichtigsten Zelltypen des Immunsystems. Dies gilt sowohl für die Erzeugung von Immunität als auch von Toleranz, insbesondere in Bezug auf T-Zell-vermittelte Immunreaktionen (Banchereau et al. 1998). Im Zuge dessen wird in DC enorme Hoffnung bezüglich des Verständnisses von Autoimmunerkrankungen sowie Erkrankungen wie z.B. Krebs gesetzt, bei der DC schon seit einigen Jahren zur Immuntherapie verwendet werden (Banchereau et al. 2001). Die Analysen von DC beinhalteten jedoch bisher immer die Isolation von DC ex vivo oder deren Kultivierung in vitro. Diese experimentellen Versuchsschritte zeigten einen tiefgreifenden Einfluss auf den Phänotyp von DC und somit auch auf deren immunstimulatorischen Eigenschaften (Pierre et al. 1997; Gallucci et al. 1999). In der vorliegenden Arbeit wurde durch die Entwicklung eines transgenen Maussystems erstmals der generelle Einfluss von DC auf CD8-T-Zellen in vivo detailliert analysiert. Dies konnte direkt an der Qualität der CD8-T-Zellantworten auf bestimmte Immunstimuli abgelesen werden, ohne die DC isolieren oder anderweitig manipulieren zu müssen. Im ersten Teil dieser Arbeit wurde die Bedeutung von DC im Thymus bei der Selektion sich entwickelnder CD8-T-Zellen analysiert, da es in Bezug auf die Bedeutung von DC sowohl bei der positiven als auch bei der negativen Selektion widersprüchliche Meinungen gibt. Es konnte gezeigt werden, dass DC im Thymus nicht zur positiven Selektion von CD8-T-Zellen befähigt sind, sondern dass hierbei den Epithelzellen des Thymus eine entscheidende Bedeutung zukommt. Durch Zelltransferversuche konnte weiterhin gezeigt werden, dass DC zur Eliminierung autoreaktiver CD8-T-Zellen, und somit zur Induktion zentraler Toleranz, durch negative Selektion im Thymus ausreichten. Im zweiten Teil der Arbeit wurde das Vermögen von DC sowie die Qualität der durch sie induzierten CD8-T-Zell-Immunantworten untersucht. Hierbei konnte nachgewiesen werden, dass DC ausreichend sind, um eine vollständige und funktionelle Immunantwort durch CD8-T-Effektorzellen in vivo zu induzieren. Bei der Aktivierung von CD8-T-Zellen nur durch DC, konnten beim Vergleich mit Wildtyp-Mäusen jedoch auch qualitative sowie quantitative Unterschiede festgestellt werden, die eine mögliche Bedeutung weiterer Zellen bei der „Feinregulation“ CD8-basierter T-Zellantworten wahrscheinlich machen. Im Gegensatz hierzu konnten keine Unterschiede bei CD8-TZellreaktion nach Induktion von Toleranz erkannt werden. DC konnten in diesem Fall eindeutig als der hauptverantwortliche Zelltyp zur Erzeugung peripherer Toleranz in vivo identifiziert werden.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/19
Pathogenetische Bedeutung der induzierbaren Stickstoffmonoxid-Synthase für den akuten hyperoxischen Lungenschaden Die längere Applikation von Sauerstoff in höheren Konzentrationen führt zu einer oxidativen Schädigung der Lunge. In den letzten Jahren gab es auch Hinweise darauf, dass Stickstoffmonoxid (NO), produziert durch die induzierbare NO-Synthase (iNOS), an der Pathogenese des hyperoxischen Lungenschadens beteiligt sein könnte. Ziel der Studie war es, die Beteiligung von NO an der Entstehung des akuten Lungenschadens unter Hyperoxie in vivo zu untersuchen. Dazu wurden unter standardisierten, experimentellen Bedingungen iNOS-defiziente und Wildtyp-Mäuse erhöhten Sauerstoffkonzentrationen (60 und 100 %)über 24 bzw. 72 h ausgesetzt. Die Ergebnisse zeigen, dass nach 72 h unter 100 % Sauer-stoff sowohl in der Wildtyp- als auch in der iNOS-defizienten Gruppe ein deutlich vermehrter Zellschaden im Sinne einer Abnahme der Zellvitalität und einer Zunahme der LDH-Aktivität auftritt. Als Zeichen einer verstärkten inflammatorischen Reaktion kam es zu einer Erhöhung der Gesamtzellzahl und -proteinkonzentration in der Bronchiallavageflüssigkeit sowie zu einer vermehrten TNF-alpha-Expression, welche durch die Transkriptionsfaktoren NF-Kappa B und Aktivatorprotein 1 (AP1) vermittelt wurde. Diese Auswirkungen waren auch in den histologischen Schnitten zu beobachten. Als Zeichen vermehrten oxidativen Stresses war eine erhöhte Lipidperoxidation zu verzeichnen. Die genannten Beobachtungen waren bei den Wildtyp-Mäusen wesentlich ausgeprägter als bei den iNOS-defizienten Tieren, was auf die erhöhte iNOS-Expression zurückgeführt werden könnte. Aus der Gesamtheit der Daten lässt sich schliessen, dass unter akuter Hyperoxie die proinflam-matorische Komponente der iNOS zu überwiegen scheint, dadurch wird das Ausmaß der inflammatorischen Reaktion und die resultierende Lungenschädigung potenziert.
Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 01/06
CNG-Kanäle sind elementare Bestandteile der Seh- und Riechkaskade. Es existieren sechs verschiedene Gene, die für unterschiedliche CNG-Untereinheiten kodieren. Im Rahmen dieser Arbeit wurde zunächst die Expression und Funktion der CNG-Kanäle im ZNS der Maus untersucht. RT-PCR-Untersuchungen zeigten, dass CNGA3 in der Amygdala, dem Cerebellum und dem Hippocampus die am stärksten exprimierte CNGA-Untereinheit war. Auch mittels in situ-Hybridisierung und Immunhistochemie konnte CNGA3 im Hippocampus der Maus nachgewiesen werden. Um zu untersuchen, ob CNGA3 eine funktionelle Rolle im Hippocampus der Maus besitzt, wurde die synaptische Plastizität in der CA1-Region des Hippocampus CNGA3-defizienter Mäuse gemessen. Bei CNGA3 -/- Mäusen konnte eine signifikant erhöhte Langzeitpotenzierung bei normal erhaltener Langzeitdepression beobachtet werden. Mit zwei unabhängigen Lernversuchen wurde untersucht, ob dieser Befund Auswirkungen auf die Funktion des Hippocampus für das räumliche Lernvermögen dieser Mäuse besitzt. Die Leistungsfähigkeit sowohl bei einem water-maze Versuch als auch bei der kontextuellen Angstkonditionierung zeigte sich jedoch durch die Deletion von CNGA3 nicht beeinträchtigt. Da CNGA3 auch in der Amygdala nachgewiesen werden konnte, wurden die CNGA3 -/- Mäuse auf eine Beeinträchtigung der physiologischen Funktion dieser Gehirnregion getestet. Zu diesem Zweck wurde eine akustische Angstkonditionierung durchgeführt. Bei diesem klassischen Test der Amygdalafunktion zeigten die CNGA3-defizienten Mäuse überraschenderweise ein signifikant weniger stark ausgeprägtes Angstverhalten. Detailliertere Untersuchungen sind notwendig, um die genaue Funktion von CNG-Kanälen in der Amygdala aufzuklären. Im zweiten Teil der Arbeit sollte die bei CNGA3-defizienten Mäusen zu beobachtende retinale Degeneration untersucht werden. Die Konsequenzen der Deletion von CNGA3 sollten auf molekularer Ebene beschrieben werden. Interessanterweise zeigte die Degeneration der Seh-Zapfen keine gleichmäßige Verteilung über die gesamte Netzhaut. Im oberen Teil der Netzhaut war ein verlangsamter Verlauf des Seh-Zapfen-Verlustes zu erkennen. Selbst bei über 1 Jahr alten CNGA3-defizienten Mäusen war in der dorsalen Retina eine Persistenz von etwa 50 % der Seh-Zapfen zu beobachten. Dagegen waren in der unteren Retina viel früher schon fast keine Zapfen-Außensegmente mehr zu sehen. Auf molekularer Ebene zeigte sich schon während der ersten Wochen der postnatalen Entwicklung ein Verlust elementarer Proteine der Phototransduktionskaskade. Sehr früh war für die zwei Zapfen-Opsine der Maus, wie für die meisten weiteren untersuchten Proteine der Seh-Kaskade der Zapfen, ein Verlust der Immunreaktivität in den Zapfen-Außensegmenten zu beobachten. Die Transkription der untersuchten Gene war, mit Ausnahme des SWS-Opsins, bei 3 Monate alten CNGA3 -/- Mäusen vergleichbar der bei Wildtyp Mäusen. Das Ausmaß und der Beginn des degenerativen Prozesses in der CNGA3 -/- Retina wurde durch den Nachweis einer sehr früh beginnenden und stark ausgeprägten Induktion von Müller-Gliazellen deutlich. Charakteristische Merkmale die für die Aktivierung einer Apoptose in Photorezeptoren sprechen konnten bei CNGA3 -/- Mäusen ausgemacht werden. Mittels TUNEL-Analyse konnte eine erhöhte DNS-Fragmentation beobachtet werden mit einem Maximum zwischen der dritten und vierten postnatalen Woche. Im gleichen Zeitraum war ebenfalls eine Aktivierung der Caspase 3 und eine Freisetzung von Cytochrom c zu erkennen. Zusätzlich zu den Veränderungen in den Photorezeptoren konnten subtile Veränderungen in der inneren Netzhaut der CNGA3 -/- Mäuse gezeigt werden. Zum einen entwickelten die Horizontalzellen neuronale Ausläufer, die in die äußere Körnerschicht hineinwuchsen. Zum anderen wurde ein Verlust der Immunreaktivität für das G-Protein Goa in ON-Bipolarzellen CNGA3-defizienter Mäuse festgestellt.
Medizinische Fakultät - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 02/19
Neue Therapieansätze zur Krebsbehandlung aus dem Bereich der Gen- und Immuntherapie haben als Ergänzung zu den konventionellen Behandlungsmethoden besondere Bedeutung erlangt. Zu ihnen zählen u.a. die Suizidgentherapie und die Verwendung Zytokin-Gen-modifizierter Tumorzellvakzine. Beide Strategien wurden in der vorliegenden Arbeit herangezogen, um eine Immunantwort gegen das murine B-Zell-Lymphom A20 zu erzeugen. 1. Versuche mit HSV-tk-Gen-transduzierten Lymphomzellen. Das Prinzip der Suizidgentherapie mit dem HSV-tk/GCV-System beruht auf der Transduktion des HSV-tk-Gens in Tumorzellen, die dadurch gezielt durch GCV abgetötet werden können. Dabei werden auch nicht-transduzierte, angrenzende Zellen miterfasst („Bystander“-Effekt). Ganciclovirsensible, HSV-tk-Gen-transduzierte A20-Zellen (A20-TK) zeigten in vitro einen eingeschränkten „Bystander“-Effekt. In vivo konnten A20-TK-Zellen nur bei jeder dritten Maus vollständig durch GCV eliminiert werden, wobei sich jedoch bei der Hälfte der überlebenden Tiere eine dauerhafte, systemische Antitumorantwort induzieren ließ. 2. Versuche mit HSV-tk-Gen-transduzierten Triomzellen. Die Triomzelle BiV, hervorgegangen aus der Fusion des Lymphoms A20 mit der Hybridomzellinie 2.4G2, dirigiert Tumorantigene über die Expression eines anti-Fc-Rezeptor-Antikörpers an APC und führt auf diese Weise zur Tumorabstoßung. Trotz Xenogenität sind BiV-Zellen jedoch bis zu 11 Wochen nach Immunisierung in vivo nachweisbar. Auch HSV-tk-Gen-transduzierte BiV-Zellen (BiV-TK) konnten trotz GCV-Verabreichung vier Wochen post iniectionem in den Milzen immunisierter Mäuse nachgewiesen werden, allerdings in niedriger Frequenz. Obwohl nicht alle BiV-TK-Zellen durch GCV in vivo eliminiert werden, hatte eine frühzeitige Rückholung der Zellen einen verminderten Antitumoreffekt zur Folge. Im Gegensatz dazu beeinflusste eine späte GCV-Gabe die Tumorabstoßung nicht. Dies deutet darauf hin, dass für einen potenten Tumorschutz die langdauernde Verfügbarkeit von Vakzinezellen im Sinne einer persistierenden Antigenquelle erforderlich sein könnte. 3. Versuche mit GM-CSF-Gen-transfizierten Triomzellen. GM-CSF-Gen-transfizierte Triomzellen (BiV-BNG) schützten in Präimmunisierungsversuchen effektiver vor Tumorwachstum als Wildtyp-BiV-Zellen, bei therapeutischer Applikation wurde der Antitumoreffekt jedoch überaschenderweise aufgehoben. Durch Blockierung der Triomzell-vermittelten Tumorantigen-Heranführung an APC durch BiVneg-BNG bzw. den Antikörper 2.4G2 konnte die ursprüngliche Antitumorantwort vollständig bzw. teilweise wiederhergestellt werden. Eine mögliche Erklärung hierfür wäre eine hemmende Interaktion zwischen intaktem BiV-Protein und GM-CSF, resultierend in einer Hemmung der APC. Offenbar beschränkt sich die Hemmung nur auf die betroffene APC, denn BiV-BNG hob den Therapieeffekt von A20-BNG bzw. BiV bei simultaner Applikation nicht auf. Die Applikationsroute als mögliche Ursache der Wirkungslosigkeit von BiV-BNG im Therapieansatz wurde durch Änderung des Präimmunisierungsprotokolls ausgeschlossen. Da IL-4-defiziente Mäuse bei therapeutischer BiV-BNG-Gabe eine bessere Überlebensrate erreichten als Wildtypmäuse, könnte der aufgehobene Therapieeffekt von BiV-BNG mit einer Verschiebung des Th1/Th2-Verhältnisses zu Gunsten einer Th2-Antwort zusammenhängen.