Vorträge aus dem digitalen Kolloquium "Soziologische Perspektiven auf die Corona-Krise"
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung
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Auftakt zur neuen Reihe: (Un)sicherheit in der Zeitenwende
Am 9. Februar 2022 kamen Jutta Allmendinger und Armin Nassehi zu einem Gespräch zusammen. Sie erinnerten sich an die Gründe, wieso sie das Kolloquium vor fast zwei Jahren ins Leben gerufen haben. Außerdem blickten sie auf fünf Staffeln des Kolloquiums und die Rolle der Soziologie in der Pandemie zurück.
In seinem Vortrag vom 2. Februar 2022 stellte Sebastian Sterl die "Mobile Experience Sampling-Methode" (MESM) vor. Dieser Ansatz wurde im BMBF-Projekt „LaBeCo“ entwickelt und ist eine App-basierte Studie zur Messung situativer Corona-bezogener Risikowahrnehmung, Schutzverhalten und Situationsmerkmalen. Die Studie trägt zur Erstellung eines situativen psychosozialen Lagebilds bei und ergänzt retrospektive Bevölkerungsbefragungen um das situative Element.
In seinem Vortrag vom 2. Februar 2022 gab Martin Ehlert Einblicke in die Erhebungen des nationalen Bildungspanels. Er reflektiert die Herausforderungen, die bei der kurzfristigen Fragebogenentwicklung entstanden sind und zeigt erste Ergebnisse zu Bildungsverläufen und sozialer Ungleichheit während der Pandemie.
In ihrem Vortrag vom 26. Januar 2022 präsentierten Theresa Entringer und Stefan Liebig Ergebnisse der Corona-Studie SOEP-CoV. Gegenstand sind die akuten, mittelfristigen und langfristigen sozio-ökonomischen Faktoren und Folgen der Verbreitung des Coronavirus in Deutschland. Ausgangsbasis für die Befragungen ist das Sozio-oekonomische Panel. Der Vortrag konzentriert sich auf die Auswirkungen der Pandemie auf die psychische Gesundheit der in Deutschland lebenden Menschen in den letzten Jahren.
In den Beiräten, die die Regierungen in der Pandemie beraten, treffen oft die Disziplinen der Epidemiologie und der Soziologie aufeinander. Die einen gehen von den Modellen des theoretischen Physik aus, die anderen vermeiden in der Regel ein Denken in Begriffen einer sozialen Physik. Aber irgendwie, so berichtet Heinz Bude aus eigener Erfahrung, muss man sich einigen und Papiere für politische Entscheider:innen produzieren, mit denen diese etwas anfangen können. Wie geht das? In seinem Vortrag vom 22. Januar 2022 wirbt Bude für eine Praxis gezielter disziplinärer Grenzüberschreitungen.
In ihrem Vortrag vom 19. Januar 2022 stellte Elke Schüßler ihren mit Kolleg:innen zusammen entwickelten, kollaborativen, digitalen open access Kurs für Masterstudierende zum Thema “Organizing in Times of Crisis” vor. Der Vortrag reflektiert über Erfahrungen, Feedback und Potenziale dieses neuen Lehrformats.
In ihrem Vortrag vom 19. Januar 2022 stellt Katrin Auspurg die These auf, dass zwar in der Corona-Pandemie die Menge an Forschungsberichten gewachsen ist, nicht aber die Transparenz bzgl. Methodik und Daten. Der Vortrag diskutiert Folgen und Therapien dieses Umstands: Können wir etwa Umfragen zur Compliance der Bevölkerung trauen? Wie ließe sich ihre Glaubwürdigkeit erhöhen?
In seinem Vortrag vom 12. Januar 2022 widmete sich Leonhard Dobusch der Frage, wie eine klare weltanschauliche Position mit wissenschaftlichen bzw. journalistischen Gütekriterien vereinbar ist. Eine Frage, die sich in Zeiten zunehmender Bedeutung von Wissenschaftskommunikation längst nicht nur mehr Think Tanks, sondern auch Universitäten sowie außeruniversitäre Forschungseinrichtungen ganz allgemein stellen. Leonhard Dobusch zeigt in seinem Vortrag, dass eine Abgrenzung zwischen "Outreach" und "Wissenstransfer" einerseits und "politischem Aktivismus" andererseits nicht nur schwierig, sondern grundsätzlich verfehlt ist. Aktivismus-Vorwürfe verkennen vielmehr, dass sich normative Fragen von der Themenstellung über Theorie- und Methodenwahl bis hin zur Ergebnisinterpretation durch den gesamten wissenschaftlichen Erkenntnisprozess ziehen. Leonhard Dobusch ist Professor für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Organisation am Institut für Organisation und Lernen der Universität Innsbruck. Er ist außerdem Leiter und Mitbegründer des Momentum Instituts.
In Ihrem Vortrag vom 15. Dezember 2021 zeigten Roland Rau und Saskia Morwinsky mittels einer sog. Dekompositionsanalyse, dass es "die" Altersstruktur bei der Sterblichkeit in Deutschland nicht gibt. Der Ansatz erlaubt ihnen die deutschlandweite CFR mit Blick auf die Altersstruktur zu zerlegen.
In ihrem Vortrag vom 15. Dezember 2021 nahm Tjorven Harmsen die These Ulrichs Becks Zeitdiagnose der (Welt-)Risikogesellschaft auf. In der reflexiven Moderne, so Beck, drehe sich alles um die Antizipation zukünftiger Krisen. Dagegen argumentiert Harmsen, dass es nunmehr Krisen selbst seien, die in ihrem häufigen und großräumigen Auftreten an der Form der Gesellschaft zerren. Antizipative Strukturen werden unterbrochen – eine reaktive Phase trete ein, die als Übergangsphase sozialer Systeme gefasst werden könne. Tjorven Harmsen ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung.
In seinem Vortrag vom 08. Dezember 2021 stellte Elias Naumann Ergebnisse aus Paneldaten zu der Situation von Eltern und Kindern in der Pandemie vor. Mütter und weibliche Jugendliche sind besonders betroffen und haben daher einen verstärkten Unterstützungsbedarf. Die Befragten sehen die Verantwortung in der Politik, diese Unterstützung zu leisten.
Soziologie ist während der Corona-Krise nicht verstummt. Sie hat vielfach das Wort ergriffen. Trotzdem ist sie zu spät gehört und gefragt worden – und das, obwohl weite Bereiche soziologischen Wissens viel hätten dazu beitragen können, die Krise besser zu bewältigen. Die Soziologie sollte zukünftig darauf achten, dass sie ihre Bedeutsamkeit nicht erst reklamieren muss.
On December 1st, Joseph Harris gave a talk titled "Coronavirus Response in South Africa." He talked about the ways in which different countries dealt with the coronavirus pandemic, focusing on South Africa. He presented ideas on the role of Germany and various ideas on the support of the global South during the pandemic.
Am 1. Dezember 2021 hielt Barbara Prainsack einen Vortrag mit dem Titel „Die Pandemie in uns: Politik für eine bessere Gesellschaft“. Die Corona-Pandemie, so diagnostiziert Prainsack, hat Risse offenbart, die durch die Art wie wir leben und wirtschaften verursacht wurden. Im Vortrag stellt sie dar, warum wir schon so lange in dieser Situation feststecken, und was es braucht, um eine bessere Gesellschaft zu bauen. Barbara Prainsack ist Professorin für Vergleichende Politikfeldanalyse am Institut für Politikwissenschaft an der Universität Wien. Ihre Ausführungen beruhen auf ihrem zusammen mit Hendrik Wagenaar veröffentlichten Buch The Pandemic Within: Policy Making for a Better World (Policy Press, August 2021).
In seinem Vortrag vom 24. November 2021 stellte René Tuma Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt AviDa vor. Die Pandemie wurde im Alltag vor allem durch das sogenannte "Social Distancing" sichtbar gemacht. Der Vortrag präsentiert einige Einblicke in videographische Erhebungen und darauf aufbauende Analysen, die den praktischen Umgang und die veränderten Interaktionsformen durch "Social Distancing" in den Blick nehmen.
In seinem Vortrag vom 24. November 2021 stellte Jo Reichertz dar, wie die Corona-Pandemie die qualitative Sozialforschung im Hinblick auf Infektionsschutz, Digitalisierung und Datenschutz verändert.
Der Fokus des laufenden Forschungsprojektes liegt auf ungleichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Familienalltag in verschiedenen sozial-ökonomischen Milieus. Mit einem Methoden-Mix werden Familien in den Städten Schwerin und Bremerhaven miteinander verglichen.
eine internationale und vergleichende Längsschnittstudie "Solidarität in Zeiten der Pandemie". Die Studie erforscht, wie Menschen in 10 unterschieldichen europäischen Ländern auf die Maßnahmen zur Pandemie-Eindämmung reagieren.
In her presentation on the 10th of November 2021, Deborah Lupton discusses how Australians experienced the COVID-19 crisis, from its first reporting to the present, where the largest states of New South Wales and Victoria, together with the Australian Capital Territory, are slowly emerging from extended strict lockdowns due to the Delta variant. She also introduces her new book COVID Societies: Theorising the Coronavirus Crisis (forthcoming from Routledge in April 2022), which provides a global perspective on the pandemic. Deborah Lupton is a SHARP Professor in the Centre for Social Research in Health and the Social Policy Research Centre and Leader of the Vitalities Lab at the University of New South Wales Sydney (UNSW).
In seinem Vortrag vom 10. November 2021 stellte Robert Schäfer anhand von Interviewdaten dar, dass es beim Verschwörungsdenken viel weniger um das Aufdecken verborgener Machenschaften geht, sondern um die Überzeugung, dass es überhaupt Verborgenes und Geheimes gibt. Dieses Interesse am Geheimnisvollen ist als Reaktion auf gesellschaftliche Entzauberungsprozesse, als Versuch der Wiederverzauberung der Welt interpretierbar. Robert Schäfer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Soziologie der Universität Basel. Die Ergebnisse stammen aus dem Forschungsprojekt "Politische Soziologie der Corona-Proteste", das Schäfer neben Oliver Nachtwey und Nadine Frei leitet.
In unserer 100. Episode am 04.08.2021 hielt Angelika Schwarz einen Vortrag mit dem Titel "Social Distancing – Geschichte und Gegenwart einer Berührungsökonomie". Social Distancing – so lautet die Formel, die den pandemischen Alltag bestimmt. In der öffentlichen Debatte gerät jedoch aus dem Blick, dass damit nicht nur ein Phänomen der Gegenwart bezeichnet wird. In ihrem Vortrag vom 4. August 2021 stellte Angelika Schwarz eine kurze Kulturgeschichte der sozialen Distanz dar. Parallel wird diskutiert, was die Technik des historischen Vergleichs, die selbst Distanz von ihrem Gegenstand ermöglicht, für die Analyse der Corona-Epidemie leisten kann.
In seinem Vortrag vom 28. Juli 2021 verglich Maximilian Mayer die unterschiedlichen Strategien zur Einschränkung der Pandemie in verschiedenen Ländern. Er arbeitet heraus, welche Begründungen und Erklärungen es für die jeweiligen Entscheidungen gab. Außerdem gab er einen Ausblick auf die international relevanten langfristigen Konsequenzen aus den unterschiedlichen Strategien.
Am 28. Juli 2021 hielt Mathias Huebener einen Vortrag mit dem Titel „Rolle rückwärts in den Einstellungen zur Erwerbstätigkeit von Müttern – Neue empirische Befunde zu den Effekten der Pandemie. Repräsentative Daten aus dem Frühjahr 2021 zeigen eine zurückgegangene Zustimmung von Vätern in Westdeutschland zur Erwerbstätigkeit von Müttern. Bei Müttern werden hingegen keine veränderten Einstellungen zu Erwerbstätigkeit festgestellt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Pandemie Entwicklungen hin zu egalitären Geschlechterrollen gebremst oder sogar umgekehrt hat.
Vortrag vom 21. Juli 2021
Vortrag vom 21. Juli 2021
In ihrem Vortrag vom 14. Juli 2021 ging Yvonne Lott der Frage nach, wie sich die Aufteilung der Kinderbetreuung während der Corona-Krise verändert hat. Die Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung aus dem Frühling und Herbst 2020 zeigt, dass sich die Arbeitsteilung in weniger als einem Drittel der Paarbeziehungen veränderte. Dabei sind sowohl Traditionalisierungs- als auch Egalisierungstendenzen zu beobachten. Die Veränderungen waren allerdings nicht von Dauer und scheinen in erster Linie Ad-hoc-Anpassungen an die Notsituation gewesen zu sein.
Die Situation der Studierenden in der Corona-Pandemie steht bisher in der politischen und medialen Aufmerksamkeit hinter denen anderer Bevölkerungsgruppen zurück. In seinem Vortrag vom 7. Juli 2021 ging Markus Lörz so der Frage nach: Welchen Einfluss haben geschlossene Campi, Online-Lehre und besonders etwaige Einkommensverluste auf das Studium? Hierauf geben die vorgestellten Daten von mehr als 24.000 Studierenden erste Antworten.
In ihrem Vortrag vom 7. Juli 2021 stellten Lena Hipp und Markus Konrad Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Produktivität von männlichen und weiblichen Softwareentwicklern in 37 Ländern während der 1. Pandemiewelle 2020 vor. Hierzu kombinieren sie Daten der Softwareentwicklungsplattform GitHub mit länderspezifischen Informationen über Lockdownintensitäten.
In ihrem Vortrag vom 30. Juni 2021 geben Swen Hutter und Sophia Hunger einen umfassenden Überblick über die politischen Potentiale des Corona-Protests in Deutschland. Basierend auf Umfragedaten zeigen sie, dass dieser Protest ein erhebliches und relativ stabiles Mobilisierungspotenzial in der deutschen Bevölkerung besitzt. Es besteht zu einem großen Teil aus einer von den etablierten Parteien nicht repräsentierten politischen Mitte, nicht nur aus rechtsradikalen Randgruppen. Allerdings tendiert über Zeit zunehmend nach rechts und besitzt aufgrund seiner Anfälligkeit für Verschwörungstheorien ein erhebliches Radikalisierungspotenzial.
In ihrem Vortrag vom 30. Juni 2021 beschrieben Ulrike Burrmann und Sebastian Braun, wie physische Abstandsregeln und Kontaktbegrenzungen die Kernaktivitäten von Sportvereinen limitieren. Der Vortrag liefert auf der Grundlage einer im zweiten Lockdown durchgeführten repräsentativen Online-Befragung mit Erwachsenen empirische Daten im Hinblick auf ausgewählte Strukturmerkmale der Sportvereine.
Vortrag vom 23. Juni 2021
Vortrag vom 23. Juni 2021
Am 16. Juni 2021 hielten Magdalena Nowicka und Niklas Harder einen Vortrag mit dem Titel „Betreuer*innen an der Grenze: das transnationale Pflegesystem in der Pandemie“. In Deutschland beschäftigen schätzungsweise 300.000 Haushalte eine ausländische Betreuungskraft. Diese sogenannten Live-ins arbeiten meist über längere Zeiträume im Haushalt pflegebedürftiger Personen, und reisen zwischen Deutschland und ihren Heimatländern hin und her. Durch die Corona-Krise wurden diese Grenzüberschreitungen weitgehend unmöglich. Nowicka und Harder stellen nun erste Ergebnisse aus ihren Befragungen zu den Folgen dieser Beschränkungen vor.
Am 16. Juni 2021 hielt Marcel Helbig einen Vortrag mit dem Titel „Corona-Schuljahre und wie weiter?“. Er beleuchtet die Frage, welche Folgen sich aus den Lernlücken von Schüler:innen aus den vergangenen Schuljahren ergeben. Bildungspolitische Debatten scheinen die Folgen weitegehend zu unterschätzen. Andererseits müssen Schüler:innen Schulstoff aufholen, als hätten sie das geforderte Klassenziel verfehlt. Helbig analysiert die Fragen, die sich aus dieser Debatte ergeben.
Am 9. Juni 2021 hielten Christine Preiser und Esther Rind einen Vortrag mit dem Titel „COVID-19 und soziale Beziehungen am Arbeitsplatz“. In der zugrundeliegenden Studie befragten die Vortragenden zu mehreren Zeitpunkten in einem Unternehmen Beschäftigte und Führungskräfte zu den Auswirkungen der Pandemie. In ihrer Mixed-Methods Studie geht es um Fragen von Gerechtigkeit, dem Zusammenstehen als Mannschaft und der Sehnsucht nach den Kolleg*innen, sowie um die Herausforderung für Führungskräfte, unter Pandemiebedingungen zu führen und zu motivieren.
In ihrem Vortrag vom 9. Juni 2021 stellten Rainer Schnell und Sonja Haug Ergebnisse einer telefonischen Befragung zur Impfbereitschaft und zu Einstellungen zu Alternativmedizin und Verschwörungstheorien vor. Neben methodischen Hinweisen problematisiert der Vortrag die Frage, welche rationalen Erklärungen es für Impfskepsis gibt. Als wichtigster Faktor bei dem einen Drittel der Befragten, das sich impfskeptisch äußerte, zeigte sich eine deutliche Überschätzung der Häufigkeit von Nebenwirkungen.
In Ihrem Vortrag vom 2. Juni 2021 präsentierten Janina Steinert und Cara Ebert ihre Studie zum Einfluss der Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 auf häusliche Gewalt. Sie können zeigen, dass die häusliche Quarantäne, die Betreuung von kleinen Kindern, bestehende finanzielle Sorgen und eine schlechte psychische Gesundheit das Risiko von häuslicher Gewalt erhöhen. Außerdem konnten sie zeigen, dass die Nachfrage nach Hilfe und Unterstützung während des ersten Lockdowns signifikant angestiegen ist.
In ihrem Vortrag vom 2. Juni 2021 beschrieben Jens Hoebel und Morten Wahrendorf die stark wellenförmige Dynamik des Infektionsgeschehens in der COVID-19-Pandemie. Fraglich ist, wie sich diese Dynamik zwischen verschiedenen sozialen Gruppen unterscheidet und mit welchen Strukturmerkmalen sie zusammenhängt. Der Beitrag gibt einen Überblick darüber, welchen Aufschluss regionalisierte Analysen der COVID-19-Meldedaten über diese Frage geben. Er diskutiert außerdem die Potenziale und Limitationen dieses Analyseansatzes für die Sozialepidemiologie und den Infektionsschutz. Jens Hoebel ist Deputy Head der Abteilung Social Determinants of Health des Robert Koch-Instituts. Morten Wahrendorf ist Leiter der Arbeitsgruppe „Arbeit und Gesundheit“ am Institut für Medizinische Soziologie am Universitätsklinikum Düsseldorf.
How can we understand police communication with the public, when the main object of communication is invisible? On May 5, 2021 Megan O'Neill and Jonas Grutzpalk put their research project to debate on our digital colloquium by addressing the challenges of doing research on police communication during the current corona virus pandemic. Their research project aims to cross-nationally investigate police forces in Europe via the lenses of Bruno Latour's Actor-Network-Theory. Megan O'Neill is a reader at the University of Dundee in Scotland and an Associate Director for the Police Community Relations Network at the Scottish Institute for Policing Research. Jonas Grutzpalk is a professor of Sociology and Political Sciences at the University of Applied Sciences for Police and Public Administration in North Rhine-Westphalia, Germany.
In seinem Vortrag vom 5. Mai 2021 ging Christian Gerhards der Frage nach, wie die Corona-Pandemie das Qualifizierungsverhalten deutscher Betriebe beeinflusst. Die Ergebnisse stammen aus der Erhebungswelle des Betriebspanels zu Qualifizierung und Kompetenzentwicklung aus dem Jahr 2020. Das "BIBB-Qualifizierungspanel" ist eine repräsentative Wiederholungsbefragung von 3500 Betrieben in Deutschland und wird vom Bundesinstitut für Berufsbildung durchgeführt. Die Erhebung zeigt auf, welche Betriebe von der Pandemie besonders betroffen sind und analysiert Strukturen und Entwicklungen des betrieblichen Qualifizierungsgeschehens. Christian Gerhards ist Soziologe und arbeitet beim Bundesinstitut für Berufsbildung in der Abteilung „Berufsbildungsforschung und Berufsbildungsmonitoring“.
In ihrem Vortrag vom 28. April 2021 präsentierten Ines Michalowski und Eylem Kanol erste Ergebnisse aus der WZB-Corona-Umfrage. Ihre Analyse ging der Frage nach, ob die Pandemie zu einer erhöhten Religiosität in Deutschland geführt hat. Eine der führenden Säkularisierungstheorien basiert auf der Beobachtung, dass die eigene Existenz bedrohende, egotropische Risiken und die Existenz der eigenen sozialen Gruppe bedrohende, soziotropische Risken positiv mit einer stärkeren Religiosität korrelieren. Je eher die Menschen also in der Lage sind, ihre Umwelt zu kontrollieren, desto weniger benötigen sie Religion zur Verarbeitung von Kontingenzerfahrungen. Die Corona-Pandemie liegt mindestens in Teilen außerhalb der menschlichen Kontrolle. Führt dies zu einem Anstieg von Religiosität? Bereits existierende Studien fanden solch einen Zusammenhang in den katholischen und vergleichsweise religiösen Ländern Italien und Polen, nicht jedoch in den stärker säkularisierten Niederlanden. Die vorläufigen Auswertungen von Michalowski und Kanol zeigen, dass die Corona-Pandemie in Deutschland nicht zu erhöhter Religiosität geführt hat, weder auf Bundes- noch auf Kreisebene. Ines Michalowski ist Professorin für Religionssoziologie an der Universität Münster und seit 2021 WZB-Fellow mit Anbindung an die Abteilung Migration, Integration und Transnationalisierung des WZB. Eylem Kanol ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Migration, Integration und Transnationalisierung am WZB.
In ihrem Vortrag vom 28. April 2021 präsentierten Felix Wolter und Claudia Diehl erste Ergebnisse einer Umfrage zur Unterstützung oder Ablehnung der Corona-Eindämmungsmaßnahmen. Die Analyse basiert auf zwei Wellen von deutschen Umfragedaten aus dem ersten (N = 3334) und zweiten "Lockdown" im Herbst 2020 (N= 3282). Die Ergebnisse zeigen, dass Eigeninteresse sowie wirtschaftliche und familiäre Bedrohung eine begrenzte Rolle bei der Erklärung von Einstellungen zu Eindämmungsmaßnahmen spielen. Bedeutsamer sind langfristige politische Orientierungen wie das Vertrauen in den Staat und, ob die befragte Person in Ost- oder Westdeutschland lebt. Felix Wolter arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fach Soziologie und im Excellenzcluster "The Politics of Inequality" an der Universität Konstanz im Team von Claudia Diehl. Claudia Diehl ist Professorin für Mikrosoziologie an der Universität Konstanz.
Mit dem Ausbruch von COVID-19 hat sich die zeitkritische Frage gestellt, welche Maßnahmen zur Eindämmung beitragen können, und wie wirksam sie sind. Viola Priesemann und Kolleg:innen schätzen die Wirksamkeit verschiedener Maßnahmen aus Inzidenzen. Komplementär entwickeln sie im Modell neue Ansätze zur Eindämmung der Pandemie. Jüngst haben sie in dem Zusammenhang erforscht, wie wirksam das Testen, Kontaktnachverfolgen und Isolieren (test-trace-isolate - TTI) ist - wenn man beachtet, dass das System aus verschiedenen Gründen lückenhaft ist. Trotz der Lücken stellt das TTI ein wirksames Mittel zur Eindämmung dar und erlaubt damit deutlich mehr Kontakte im Alltag. Dieser Effekt ist bei niedriger Inzidenz wesentlich größer als bei hoher, da das TTI sich auf die verbleibenden Infektionsketten konzentrieren kann und diese schnell stoppen kann. In ihrem Vortrag vom 21. April 2021 hat Viola Priesemann die methodischen Ansätze skizziert und die Resultate sowie die Implikation für die Fallzahlentwicklung ausgeleuchtet. Geschlossen wird der Vortrag mit einem Ausblick auf die kommenden Monate. Viola Priesemann ist promovierte Physikerin. Sie ist Leiterin der Forschungsgruppe „Dynamik Neuronaler Systeme“ am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen. Seit der Corona-Pandemie hat sie ihr Forschungsfeld der Informationsverarbeitung im Gehirn, um die Modellierung der Ausbreitung des Corona-Virus ergänzt.
Derzeit versuchen Regierungen weltweit, die Corona-Pandemie einzudämmen und greifen zu diesem Zweck häufig zu drastischen Maßnahmen, die u.a. massiv Freiheitsrechte einschränken. Entsprechend stehen die Maßnahmen auch in der Kritik und es stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen die Bürger:innen die restriktiven Maßnahmen einhalten. In seinem Vortrag vom 21. April präsentiert Heiko Giebler erste Ergebnisse aus einer eigenen Studie, die den Einfluss der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen, der sozialen Verträglichkeit und der (demokratischen) Legitimität der Entscheidung prüft. Zu diesem Zweck haben er und seine Co-Autor:innen in 11 europäischen Ländern Ende 2020 ein Umfrageexperiment durchgeführt und die Befragten mit fiktiven Szenarien konfrontiert, in denen das Ausmaß der Pandemie, die demokratische Qualität des Entscheidungsprozesses und die Existenz eines wirtschaftlichen Hilfsplans, nicht aber die einschränkenden Maßnahmen variiert wurden. Erste Ergebnisse verweisen darauf, dass die demokratische Qualität der Entscheidung im Vergleich zu den beiden anderen Dimensionen eine eher geringere Rolle für das Einhalten der Bestimmungen spielt und dass sich Erwartungen über das Verhalten der Gesellschaft an sich nicht auf die individuelle Akzeptanz auswirken. Weitere Autor:innen der Studie sind Prof. Dr. Bernhard Weßels und Dr. Constanza Sanhueza. Dr. Heiko Giebler ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung "Demokratie und Demokratisierung" und Leiter des Projekts "Politische Legitimität in Krisenzeiten" (PolLegKris) am WZB sowie Leiter einer Forschungsgruppe im Exzellenzcluster "Contestationsofthe Liberal Script" an der Freien Universität Berlin.
In seinem Vortrag vom 14. April präsentiert André Knabe zentrale Ergebnisse einer gemeinsamen Studie des Instituts für Soziologie und Demographie und der psychiatrischen Kliniken der Universität Rostock. Hierbei wurde nach der Zusammensetzung und Dynamik der sozialen Netzwerke von Risikofamilien während des ersten Lockdowns gefragt. Es wurden 19 qualitative Leitfadeninterviews analysiert sowie die standardisiert erhobenen egozentrierten Netzwerke der Befragten. Es zeigt sich, dass Netzwerke durch die Krise geschwächt werden. Gleichzeitig sind sie wichtigste Ressource der Bewältigung. Wichtigste Quellen von Unterstützung sind die erweiterte Familie und institutionelle Einrichtungen, die in der Krise oft nur noch eingeschränkt zu erreichen sind. Im Idealfall sind die verbliebenen Beziehungen stark genug, um die Situation zu überstehen. Im schlimmsten Fall werden die Kinder nicht nur aus institutionellen Strukturen entlassen, sondern verschwinden ganz und gar aus der institutionellen und gesellschaftlichen Obhut. Dr. André Knabe arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie - Makrosoziologie an der Universität Rostock. Folgende Co-Autoren waren an der Studie beteiligt: Michael Kölch, Klinikdirektor an der Klinik für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter, Universitätsmedizin Rostock Carsten Spitzer, Klinikdirektor an der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Rostock Olaf Reis, Leiter der Abteilung Forschung in der Klinik für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter, Universitätsmedizin Rostock
In ihrem Vortrag vom 14. April 2021 präsentiert Anita Tisch erste Ergebnisse der Studie „Betriebe in der Covid-19-Krise“ (BeCovid-Betriebsbefragung1), die die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Kooperation mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung durchgeführt hat unter Einbezug erster Analysen mit den SOEP-CoV Daten. In der aktuellen Situation sind viele Beschäftigte mit Unsicherheiten und Risiken konfrontiert, die negative Beanspruchungsfolgen nach sich ziehen können. Gleichzeitig unterscheiden sich die Auswirkungen je nach Beschäftigtengruppe stark. Auch Betriebe stehen sowohl ökonomischen wie auch organisatorischen Unsicherheiten gegenüber und stehen vor Entscheidungen mit zum Teil nachhaltigen Folgen. Der Beitrag reflektiert welche neuen und alten Ungleichheiten in Bezug auf Arbeit und Gesundheitsschutz in der Covid-19 Pandemie beobachtet werden können. Dr. Anita Tisch ist Leiterin der Forschungsgruppe „Arbeitszeit und Organisation“ im Fachbereich „Arbeitswelt im Wandel“ in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).
Am 7. April 2021 hielt Dominique Klein einen Vortrag mit dem Titel: „Wenig erwarten, wenig fordern?! Ziele von Schulen an sozial benachteiligten Standorten während des Distanzlernens im Frühjahr 2020“. Auf der Grundlage einer Befragung österreichischer Schulleitungen sprach sie über die Rolle von Schulen und Bildungsverwaltungen im Rahmen des Distanzunterrichts. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass geringe Erwartungen an die Schülerschaft auch eine Reduktion der Anforderungen während des Distanzlernens zur Folge hatten. Der Beitrag diskutiert, wie eine solche Praxis Bildungsungleichheiten weiter verschärfen kann. Dominique Klein ist Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Schulentwicklungsforschung an der Philipps-Universität Marburg. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören u.a. die Schulentwicklung und -steuerung im internationalen Vergleich. Co-Autorinnen der Studie sind: Livia Jesacher-Rößler, Nina Bremm und Kathrin Racherbäumer.
In ihrem Vortrag vom 7. April 2021 präsentiert Caterina Rohde-Abuba erste Ergebnisse aus dem qualitativen Teil der World Vision Kinderstudie, die Kinder in Ghana und Deutschland unter anderem zu ihren Care-Arbeitspraktiken und -strategien befragt hat. Die Untersuchung legt dar, dass die Erfahrungen von Kindern während der Pandemie zwischen Deutschland und Ghana und vor allem innerhalb der Länder äußerst heterogen sind, was vermutlich auf Faktoren wie Alter, Geschlecht, Haushaltszusammensetzung, Schicht, aber auch die konkrete berufliche Situation der Eltern und Vorerkrankungen von Haushaltsmitgliedern zurückgeführt werden kann. Um sich dem Zusammenhang von sozialer Ungleichheit und Akteurschaft von Kindern während der Pandemie anzunähern, wurde bei der Analyse die Intersektionalität von Differenzkategorien beachtet. Caterina Rohde-Abuba ist Head of Research bei World Vision Deutschland e.V. und Associated Researcher am Zentrum für Deutschland und Europastudien der Universität Bielefeld.
In ihrem Vortrag vom 31. März 2021 warf Georgina Kress einen Blick auf die Lebensrealität der Wohnungs- und Obdachlosen in der Stadt Wien während der Corona-Pandemie. Sie problematisiert unterschiedliche Perspektiven auf öffentlichen Raum: jene der Mehrheitsgesellschaft auf der einen und jene marginalisierter Gruppen auf der anderen Seite. Wie so oft kann gerade von den sogenannten „Rändern der Gesellschaft“ auch etwas über die innere Verfasstheit dieser gelernt werden. Georgina Kress studierte am Institut für Internationale Entwicklung der Universität Wien. Der Vortrag beruht auf Ergebnissen ihrer Masterarbeit.