Harzmagie

Follow Harzmagie
Share on
Copy link to clipboard

Der Vorlesepodcast für Mythen und Sagen aus dem Harz

Harzmagie


    • Jan 1, 2020 LATEST EPISODE
    • infrequent NEW EPISODES
    • 5m AVG DURATION
    • 35 EPISODES


    Search for episodes from Harzmagie with a specific topic:

    Latest episodes from Harzmagie

    HMG36 – Die Hexen von Clausthal

    Play Episode Listen Later Jan 1, 2020 1:51


    In der Walpurgisnacht reiten die Hexen nach dem Brocken, manche in Katzengestalt. Einmal kehrten eine Frau und ein junges Mädel am Abend des 30. April nach Clausthal zurück. Sie trugen alle beide eine schwere Kiepe und machten eine Pause an einer Wegeskreuzung. Da kam mit einem male ein großer Trupp Katzen, die nach dem Brocken zogen. Das Mädel kroch vor Angst hinter die Alte. Eine der Katzen trat aus dem Haufen und gab der Alten den Befehl, sie sollte dem Steiger Liebhardt seiner Frau sagen, sie dürfte den Tanz nicht versäumen. Die Alte tat wie ihr gesagt und rief denn vor dem Steiger seinem Haus: „Frau Liebhardt, sie sollten den Tanz nicht versäumen“. Da kam dem Steiger seine Frau als fette schwarze Katz aus dem Haus gesprungen und sauste um die Ecke, nach dem Brocken zu.

    HMG35 – Die Kegelbahn in der Kirche

    Play Episode Listen Later Dec 26, 2019 10:49


    Hier in einem Harzdorfe hat eine Kirche gestanden, die ist verwünscht gewesen und es haben schon viele versucht, sie zu erlösen; jeder aber, der den Versuch gemacht hat, hat auch einen Klapphandschuh davongetragen; der eine hat einen Arm eingebüßt, der andere ist taub herausgekommen, weil er eine Maulschelle gekriegt hat, wie sie selten gegeben wird, der dritte hat einen lahmen Fittich davon mit nach Haus genommen, kurz jeder hat sein Fett gekriegt; aber geglückt hat es noch keinem. Da kommt einmal ein Müllerbursch in’s Wirtshaus dahin und bleibt da. Des Abends kommen mehrere aus dem Dorfe dahin und sprechen davon, daß gestern Nacht wieder einer fast den Tod daran gelitten hätte. Er läge jetzt noch ganz besinnungslos, und die Kirche wäre auch diesmal nicht erlöst. „Darf denn da ein jeder hin und die Kirche erlösen“, fragt der Müllerbursch. „Ja wohl, wer will, kann’s versuchen und sehen, wie er den Rest kriegt. Er muß sich aber erst beim Cantor hier melden, daß der die Kirche auf- und zuschließt.“ „I“, sagt der Müller, „so will ich’s doch auch einmal versuchen, ob ich sie erlösen kann. Wo wohnt denn der Cantor?“ Einer von der Gesellschaft bringt ihn hin und der Müller sagt dem Cantor Bescheid. Der Cantor aber hat sein dickes Bedenken und sagt, es wär’ aber sehr gefährlich, der Müller möchte sich erst noch einmal bedenken, was er thäte. „Ach was“, antwortet der, „ich fürchte mich vor dem Teufel nicht, und in der Kirche bin ich ja ohnedies vor dem sicher; denn eine Kirche ist dem Teufel sein Lieblingsort gerade nicht und wer anders soll mir nichts anhaben. Ich habe derbe Fäuste und ein paar stramme Arme, in denen allenfalls eiserne Brechstangen statt der Knochen sitzen; damit nehm ich’s mit jedem auf. Um zehn komm ich und damit gut.“ Er geht wieder nach dem Wirtshaus, spielt noch bis halb zehn Solo und gewinnt noch ein paar hübsche Groschen. Wie’s zehn schlägt, wirft er aber die Karten und macht sich zurecht. Er läßt sich erst einen kleinen Kochtopf, dann Wasser und etwas Mehl geben und sagt, er mache sich alle Nacht um zwölf einen Mehlbrei, der bekomme ihm recht gut und davon ließe er auch jetzt nicht, auch nicht bei dieser Gelegenheit. Dann geht er nach dem Cantor und läßt sich da ein Wachslicht geben; der Cantor schließt auf, der Müller geht hinein und es wird wieder zugemacht. Er steckt sein Licht an und geht in den Beichtstuhl, darin ist auch ein Ofen gewesen. Er macht sich Feuer im Kamin an, denn er hat auch Holz und Feuerzeug mitgebracht und setzt sein Wasser auf, daß es unterdes kocht, dann steckt er sich eine Pfeife an und setzt sich auf den Stuhl des Pastors und raucht so ganz Gemütlich, als wenn er in seiner Mühle sitzt. Da schlägt’s elf, und er hört in der Kirche in geheimes Dustern und Laufen. Er macht deshalb die Beichtstuhlthür auf und sieht ein Licht unten im breiten Gange und oben auch eins. „I“, denkt er, „mußt doch sehen, was es da gibt,“ geht deshalb heraus und vor den Altar. Da sind denn eine ganze Menge Leute, alle in Sterbekitteln, wie sie in der Regel in den Sarg gelegt werden, die stehen da alle, haben weiße Mützen auf, Strümpfe und den Sterbekittel an und sehen aus, als hätten sie schon lange im Grabe gelegen, grützgrau, fahl und leichenhaft, haben so glasige Augen, abgemagerte Todtenhände, dabei glotzen sie ihn alle an, als wenn sie ihm zu Leibe wollten. Kurz, es ist gerade keine Kleinigkeit gewesen, das anzusehen und dabei zu sein. Wie er sie und sie ihn aber so ansehen, so kommt unten aus dem Gewölbe ein Knochengerippe und hat einen Arm voll Beinknochen von Menschen und dann einen Todtenkopf, das alles schmeißt der Knochenmann unten im breiten Gange hin und setzt die Knochen wie Kegel auf und zuletzt wirft er den Todtenkopf herunter nach den andern, die vor dem Altar stehen. Die fangen nun an zu Kegeln, der Knochenmann setzt auf. Wie sie nun alle durch sind und haben ihre Würfe gethan, so frägt der Müller, ob er auch ein bisschen mit Kegeln dürfte; er Kegle gern, das mache ihm Spaß; sie könnten auch nicht ordentlich werfen. Sie sollten mal sehen wie bei ihm die Kegel fielen. Damit nimmt er den Todtenkopf, ohne auf ihre Antwort zu warten und wirft zu. Gleich liegen alle neun. Die anderen sehen sich an, keiner spricht ein Wort. Er spricht, ob sie wohl sähen, daß er’s könnte und so kegelt er mit; die anderen lassen es auch zu und er wirft ganz knubsch; da schlägt’s zwölf, er weiß gar nicht, wo die Stunde geblieben ist, und da ist mit einemmal alles weg und alles finster. Da ruft er, wo seid ihr denn, das ist aber keine Ordnung, daß ihr weglauft und bezahlt mich nicht. Ihr seid Betrüger. Das hätte ich wissen sollen. Einer hätte gewiß die Butter bezahlen sollen. Darnach muß er sich nach dem Beichtstuhl hinkuscheln, da brennt sein Licht, das Wasser kocht, er macht seinen Brei und ärgert sich noch über den Betrug; dann ißt er und legt sich hin und schläft, bis der Tag sperrweit zum Fenster herein scheint. Dann kommt der Cantor, schließt die Kirche auf und wundert sich nicht wenig, wie der Müller frisch und wohlgemut zu ihm her kommt. „Na, lebt ihr noch?“ fragt der Cantor. „Freilich“, sagt der Müller. „Betrüger giebt’s aber hier auch, schändliche Betrüger, die mich um meinen Kegelprofit beschuppt haben“, und erzählt, wie’s ihm ergangen ist. Der Tag geht hin und er macht sich des Abends so gegen zehn wieder in die Kirche. Alles geht so wie den Abend vorher. Nur wie er den Todtenkopf hinnimmt, spricht er, diesmal müßten sie aber rechtlich bezahlen, wenn sie verlören und sich nicht, wie die Katze vom Taubenschlage wegmachen, sonst setze es Kopfstücke. Die Kegelgesellschaft aber antwortet kein Wort und so wird fortgekegelt. Ehe er sich um und auf sieht, schlägt wieder zwölf und alle sind wieder fort, die Kirche ist wieder finster und er steht vor dem Altar, als wie ein Hans Narre, der Abermals angeschossen ist. Voll Grimm und Ärger krabbelt er sich wieder nach dem Beichtstuhle, macht sich seinen Mehlbrei zurecht, ißt den, legt sich auf die Bank und schläft die ganze Nacht und Niemand stört ihn, bis am Morgen der Cantor wieder kommt und aufschließt. Als er zu ihm kommt so ganz als wär ihm nichts passiert, sagt der: „Na, ihr könnt von Glück sagen. Euch ist ja gar nichts darum.“ „Ach, dummes Zeug,“ sagt der Müller, „ich ärgere mich nur, daß mich die Spitzbuben wieder um die Kegelgroschen betrogen haben; die nächste Nacht soll’s ihnen aber nicht glücken. Ich hab mir schon was ausgesonnen, das soll mir wohl zu meinem Gelde helfen und die Kirche erlösen. Hört, Herr Cantor, wenn diese Nacht die Betglocke schlägt um zwölf, dann kommt nur, dann ist’s fertig, dann habe ich meinen Willen und damit geht er fort.“ Am Tage besucht er die umliegenden Mühlen und holt sich seinen Zehrpfennig, des Abends ist er aber wieder im Dorfe und geht um zehn nach der Kirche. Der Cantor schließt zu und sagt, er wolle bis um zwölf munter bleiben. Der Müller solle für eine gute Belohnung nicht sorgen, wenn er die Kirche erlöset hätte, so daß wieder Kirche darin gehalten und die Glocken geläutet werden könnten, die bis dahin keinen Ton von sich gegeben hätten. – Daran solle er es gerade hören, antwortet der Müller, sein erstes wäre, die große Glocke anschlagen zu lassen. Damit geht der Cantor fort. Diesmal geht’s auch wieder, wie die vorigen Abende. Nur fehlt dem einen von der Gesellschaft ein Arm, dem andern ein Bein, so geht’s neunen. Einer ist dabei, der hat keinen Kopf. „Halt“, denkt der Müller, „der hat seinen Kopf zur Kegelkugel hergegeben und die anderen ein Bein und einen Arm als Kegel. Damit sollst du sie anführen.“ Wie es so gegen zwölf hinkommt und es ist an ihm zu werfen, daß er eben den Todtenkopf hingenommen und in der Hand hat, da sagt er: „Nun haltet erst einmal. Zweimal habt ihr mich um mein gewonnenes Geld betrogen. Heute kommt’s anders. Ich schmeiße nun nicht eher, bis ihr erst das von gestern und vorgestern bezahlt und auch das von Heute, denn ihr seht, ich hab’ wieder eine schöne Zahl gut.“ Wollen sie wohl oder übel, es holt einer einen Geldbeutel unterm Altar vor und zählt ihm eine Menge blanker Thaler hin, so daß der Müller denk: „nun bist du deinem Schaden beigekommen.“ Als er das Geld beigestellt hat, spricht er: „Wir sind aber noch nicht fertig. Jetzt müßt ihr auch die Kirche erst erlösen, daß wieder darin gepredigt werden kann, sonst gebe ich den Todtenkopf nicht her, und das erklärt einer von euch dort am Altar, daß ich es und die anderen hören.“ Sie kratzen sich hinter den Ohren, er aber spricht trotzig, „na wird’s bald, es ist gleich um zwölf.“ Es geht also einer an den Altar und spricht mit einer hohlen Geisterstimme: „Wir geben die Kirche der Gemeinde zurück, nachdem wir durch den mutigen Müller dazu gezwungen sind. Amen.“ Da giebt der Müller dem, dem der Kopf gefehlt hat, den Todtenkopf hin, der setzt ihn auf und da schlägt’s zwölf. Alles ist verschwunden und der Müller steht wieder im Finstern. Nun geht er wieder in den Beichtstuhl, ißt erst seine Mehlsuppe und sucht nun den Glockenstrick im Thurm. Dann fängt er an zu läuten. Da kommt der Cantor, schließt auf und läßt ihn heraus. Auch noch viele andere Leute sind durch das lange nicht gehörte Läuten aufgewacht und nach der Kirche gelaufen und haben gleich erfahren was geschehen. Das ganze Dorf freut sich, daß es seine Kirche wieder hat, und die Leute haben ihm ein großes Geschenk zusammen gemacht. Durch das Geld, was er in dem Dorfe und bei dem Kegeln gekriegt hat, ist er ein reicher Mann geworden und hat sich nachher die Mühle vor dem Dorfe gekauft, die eben zu verkaufen gewesen ist. Ein jeder aber hat nachher heillosen Respect vor dem Müllermeister gehabt.

    HMG34 – Der Wundervogel

    Play Episode Listen Later Sep 30, 2019 3:34


    Ein Nachtschichter, der im Spiegelthaler Pochwerk arbeitet und eben untergeschürt hat, setzt sich an einem schönen Sommerabend vor das Pochwerk auf die Bank und verzehrt sein Abendbrot. Die Tannen riechen so angenehm, und die Vögel singen so schön, daß es eine wahre Lust ist, da so allein zu sein. Als der Nachtschichter so recht vergnügt über das alles ist und sich über die Welt freut, die der liebe Gott so schön gemacht hat, kommt ein Vogel geflogen und legt sich dem Nachtschichter gegenüber auf einen Tannenzweig; dann hüpft er näher zu dem Nachtschichter. Es ist, als wolle er sich ordentlich sehen lassen. Als aber dieser aufsteht und dem Vogel näher kommt, da fliegt das Thierchen fort und ist in den Tannen verschwunden. Am andern Abend nimmt der Nachtschichter etliche Leimruthen mit an die Arbeit, bindet dann eine starke an eine lange Stange und denkt damit den Vogel zu ergattern, wenn er wieder käme. Anfänglich läßt der Wundervogel lange auf sich warten, am Ende erscheint er; als aber der Nachtschichter ihm mit der Leimruthe nahe kommt, zieht er sich zurück und verschwindet wieder im Tannenwald. So geht’s drei Tage. Am dritten Abend Lockt der Vogel den Nachtschichter den Berg hinauf und da läßt er sich fangen. Kaum hat ihn aber der Nachtschichter in der Hand, so verwandelt sich der Vogel in eine wundersam schöne Jungfrau, die sieht ihn so freundlich, so herzinnig an und spricht: Ich sehe aus der Mühe, die Du dir meinetwegen gegeben hast, daß Du mich gern haben willst, küsse mich, so bin ich erlöst, und Du wirst glücklich Dieser aber ist blöde und schüchtern, wagt die schöne vornehme Dame, die in grünem seidenen Kleide vor ihm steht, nicht anzurühren, noch viel weniger zu küssen und zieht sich scheu und langsam zurück. Sie seufzt und bittet und sieht ihn so flehentlich an; er ist aber so dumm und erfüllt ihren Wunsch nicht. Da geht sie weinend fort und verschwindet mit einem Seufzer im Walbe. Kaum ist sie verschwunden, so fängt ihn sein Betragen an zu reuen, er wendet um, sucht sie, sie ist aber nirgends zu finden. Aus Gram, daß er das hübsche Mädchen nicht erlöst hat, wird der Nachtschichter krank und in neun Tagen ist er todt. In seiner Krankheit hat er die Geschichte erzählt. Bei der Beerdigung folgten viele junge Mäbchen der Leiche, und als der Sarg hinabgelassen wird, kommt ein wunderschöner Vogel aus der Luft herab und fällt mit einem herzzerreißenden Pfiff in das Grab hinein. Alle Folger haben’s gehört und gesehen. Das ist wahrscheinlich das unglückliche Mädchen gewesen und dadurch wird sie auch erlöst sein.

    HMG33 – Wie Kamschlacken und Riefensbeek in das Sösetal kamen

    Play Episode Listen Later Aug 31, 2019 1:37


    Etwa in der Mitte zwischen Clausthal und der Hanskühnenburg liegen im Sösethal, kaum drei Kilometer von einander entfernt, die kleinen, nach Osterode eingepfarrten Ortschaften Kamschlacken und Riefensbeef. Vor alten Zeiten standen sie oben auf dem Bruchberge, nicht weit von der Stieglitzecke, da wo der Fahrtweg von der Clausthal-Andreasberger Chaussee rechts abführt. Im Sösethale aber war die Begräbnißstätte der Riesen, welche die Hanskühnenburg bewohnten; sie wurden dort nicht wie wir Menschen, sondern aufrecht stehend begraben. Da stürzte einmal eine entseßliche Wasserfluth vom Bruchberge im Sösethal herunter, riß Riefensbeek mit fort und wälzte es bis dahin, wo es heute liegt. Als die Häuser aber von den Fluthen über die Riesengräber geschoben wurden, stießen sie die Riesen immerfort an den Kopf. Da wurden diese lebendig, sprangen aus den Gräbern heraus und hielten Kamschlacken, das gerade jetzt nachgeschwommen kam, an ihrem Kirchhof auf, dessen Lage man noch jetzt kennt.

    HMG32 – Nur eine Katze

    Play Episode Listen Later Apr 30, 2018 3:35


    Ein Maurer kam eines Abends von seiner Arbeit zurück, und da es warm und der Weg lang und staubig war, so dürstete ihn sehr. Endlich sah er eine kleine Hütte, die, wie er wusste, einer alten, unfreundlichen Frau gehörte. Trotzdem trat er ein und bat sie um ein Glas Wasser. “Was!” schrie das Weib, “ein Glas Wasser? Mach, dass Du fortkommst, Du Vagabund, in einer halben Stunde kommst Du an einen See, da trink”, und sie schlug ihm die Türe vor der Nase zu. “Die Frau ist schlimmer als ich dachte”, sagte der Mann zu sich, “das ist doch geradezu grausam, einem durstigen Menschen ein Glas Wasser zu verweigern.” Als er nach Hause kam, fand er, dass seine Frau ein gutes Essen für ihn gekocht hatte. Alles war sauber und behaglich und er setzte sich zufrieden an den Tisch. Da trat sein Nachbar ein, den er sehr gern hatte. Der Mann lud ihn zum Mitessen ein und erzählte ihm dann sein Erlebnis. Während seiner Erzählung kommt eine Katze herein und miaut anhaltend. “Jag’ doch das dumme Tier fort”, sagte der Maurer zu seinem Sohn, “es macht ja einen abscheulichen Lärm.” – “Ich glaube es ist durstig, Vater,” erwiderte der Knabe. – “Ach was, durstig. Dann kann es wo anders hingehen und trinken, marsch fort!” und damit gab er dem armen Tiere einen Stoß. Der Nachbar sah ihn lächelnd an. “Mir scheint, Du ahmst der alten Frau, von der Du erzähltest, vortrefflich nach,” sagte er. “Wieso meinst Du das?” “Nun, Du sagtest ganz dasselbe zur Katze, wie sie zu Dir gesagt hat.” “Aber ich bitte Dich, lieber Freund, man kann doch einen Menschen nicht mit einer Katze vergleichen.” “Ach”, sagte der Nachbar in ernstem Ton, “sprich nicht so. Da ist ein durstiges Tier, es bittet Dich, ihm etwas zu trinken zu geben, ganz wie Du es bei der Frau getan; und Du jagst es fort. Die Tiere leiden doch eben so unter dem Durst, wie die Menschen. Wo ist da ein Unterschied?” “Aber weshalb kann die Katze nicht um etwas bitten, ohne solch abscheuliches Geschrei dabei zu machen?” erwiderte der Mann, doch blickte er dabei zur Seite, denn er schämte sich. “Nun, wenn Du Dich mehr um sie kümmerst, könntest Du ihr das leicht abgewöhnen. Mein Kater, wenn er etwas von mir haben will, legt seine Pfote auf mein Bein und sieht mich an. Man muss nur freundlich und geduldig mit den Tieren sein, dann tun sie alles, was wir wünschen. Ein hilfloses Geschöpf zu haben und es nicht zu pflegen, ist ein großes Unrecht. Und sieh, welch ein schlechtes Beispiel für Deine Kinder; auch sie lernen grausam und achtlos gegen Tiere zu sein, und wenn sie älter werden, so sind sie es auch gegen Menschen, vielleicht gegen Dich selber.”

    HMG31 – Der Hackeklotz

    Play Episode Listen Later Nov 19, 2017 14:13


    Ein Handwerksbursche, der zwar arm, dabei aber höllisch dreist war, kam in eine Stadt, da sollte der neue Herzog gekrönt werden. Das wollten viele Leute sehen und die Stadt war deshalb voll gestopft von Menschen, auch in keiner Herberge war noch ein einziger Platz übrig. Unser Handwerksbursch geht von einem Wirtshaus in’s andere, kann aber kein Unterkommen finden. Nun will er noch nach einer Herberge hin, die ganz am Ende der Stadt liegt. Er geht betrübt die Straße hinab, da begegnet ihm ein kleiner Mann, der ist sehr freundlich und frägt, warum er so traurig wäre. Der Handwerksbursch sagt, er könne keine Herberge kriegen, alles wär so voll, daß ihn kein Wirth behalten wolle. Nun solle dort unten vor dem Thore noch ein Wirthshaus sein, da wolle er sein Heil versuchen. Ach, spricht der Mann, das solle er nur lassen. Ob er nicht mit ihm gehen und bei ihm bleiben wolle, für gutes Abendbrot und auch gute Schlafstelle solle er nicht sorgen, die solle er haben. I, sagt der Handwerksbursch, das ist’s ja gerade, was ich nur will. Morgen geht’s weiter, was kümmert mich die Krönung, ich krieg’ doch nichts davon. Er geht also mit dem kleinen freundlichen Mann. Unterwegs spricht der, morgen käme er aber nicht wieder weg, denn er hätte viel im Willen mit ihm, wenn er wolle, so könnte er hier ein wunderschönes neues Haus ganz für umsonst kriegen. Das wird einem nicht immer geboten, sagt der Handwerksbursche, an mir soll’s nicht liegen, wenn’s nichts wird. So kommen sie mit einander nach Haus. Der Wirth läßt gleich auftragen, was giebst du, was hast du; auch Wein und Bier, so viel der Gast trinken will; der thut sich natürlich recht bene; und der freundliche kleine Mann erzählt ihm dabei: draußen vor dem Thore hätte er ein wunderhübsches Haus stehen, das hätte er von seiner alten Base geehrbt; das wäre so wundervoll inwendig und auswendig und läg’ in einem Garten, der wäre wie ein Paradies. Das Schlimmste dabei wäre, daß Niemand des Nachts darin bleiben könnte; es spukte darin. Des Abends und des Nachts wage sich Keiner hin, er selbst auch nicht. Ob er das wohl erlösen könnte, frägt er den Handwerksburschen. Ach, sagt dieser, das wäre ja Narrenspossen, Spukerei gäb’s nicht, und Erlösen wär nicht nöthig. Das würde wohl Alles natürlich zugehn. Wenn’s da was gesetzt hätte, und hätte die Leute herausgejagt, oder hätte ihnen einen Denkzettel gegeben, so wären das gewiß Spitzbuben, die das gethan hätten. Das wollte er nicht sagen, spricht der Wirt, Manchen hätte es schon das Leben gekostet und jetzt gieng Keiner des Nachts dahin, vielweniger in’s Haus, und wenn er (der Handwerksbursch) das thun wolle, und drei Nächte darin kampieren, so verspräch er ihm das Haus, wie es da wäre und mit allem, was dazu gehöre. Sie schlagen ein, d.h. sie geben sich die Hand darauf. Der Handwerksbursch will gleich noch hin, der Wirt soll ihn nur hinbringen; der will aber nicht, und spricht: Morgen, wenn’s Tag wäre, wollten sie erst einmal mit einander hin und sich die Geschichte ansehen; dann müßten doch auch Sachen hingebracht werden, denn das Haus wäre ganz leer; es wäre auch nicht einmal ein Stuhl darin. Damit ist der Handwerksbursch zufrieden und geht dann zu Bett und schläft, wie ein Stein und träumt schon von dem schönen Schloß, das er haben soll. Des Morgens darauf steht er auf, frühstückt mit seinem Wirt und darnach gehen sie einander nach dem verwünschten Haus; denn verwünscht ist es gewesen, wie sich nachher gezeigt hat. Der kleine Mann schließt auf, sie gehen hinein, durch alle Stuben und Kammern unten und oben, in die Küche, Speisekammer und den Keller, besehen sie; auch den Stall gehen sie durch; es ist aber alles leer, dabei alles gut und ordentlich eingerichtet. Als sie alles besehen haben, sucht sich der Handwerksbursch eine Stube aus, obenauf, mit einer Thür; ist auch hübsch groß gewesen und sagt zu seinem Wirt, ob er nun so gut sein wolle und für ihn ein Bett, einen Tisch und Stuhl, ein Licht und ein Buch herbringen lassen; das Buch müßte aber gut gehen, damit ihm die Zeit nicht zu lange daure. Das wird auch alles an dem Tag hingebracht; unterdessen bleibt der Handwerksbursch, es ist ein Schneider gewesen, bei seinem Wirt und lebt den Tag kötenvergnügt und puppenlustig; sie gehen auch mit einander aus in die Wirtshäuser, und der kleine Mann läßt sich’s ordentlich was kosten. Des Abends, als sie auch erst gehörig vorgelegt haben, und der Schneider hat sich dick stempel voll gegessen und getrunken, geht er hin nach dem verwünschten Haus, schließt auf und macht sich in sein Zimmer. Hier setzt er das Bett, den Tisch und Stuhl mitten in die Stube, zieht mit Kreide einen Kreis um die Sachen, schließt dann die Thüre dichte zu, nämlich die Hausthüre vorn und hinten; eben so die Thür zu seiner Stube. Alles ist ruhig im Haus, es läßt sich nichts hören und sehen darin. Als er nun alles noch einmal durchgegangen hat, ob es in Ordnung ist, setzt er sich an seinen Tisch auf den Stuhl hinein in den Kreis, kriegt sein Buch vor und fängt an zu lesen; es ist ein hübsches Buch gewesen, das von Gottvertrauen und von Beistand Gottes in der Noth gesprochen hat, daran erbaut er sich recht und liest und liest bis es elf schlägt. Da hört er auf einmal ein Gehen und Laufen draußen auf dem Vorsaal, die Treppen auf und nieder, als wenn die Bedienten recht eilig zu thun haben; er hört das Feuer in der Küche knädern und knacken, auch Kutschengerassel vor der Thür und im Hof, aber kein Wort; es geht alles so geheimnißvoll, so geisterhaftig, so recht gespensterhaftig. Das ist ihm denn doch nicht einerlei, er bleibt aber auf seinem Stuhl vor dem Tisch im Kreise sitzen und denkt, wenn dir’s nur vom Halse bleibt. Das dauert so hin bis halb zwölf; da prellt’s mit furchtbarem Gekrach gegen die Stubenthür, daß sie auffliegt und dann kommen sieben Männer herein, einer hat noch immer schlimmer ausgesehen, wie der andere, mit gefährlichen Prügeln in den Händen und stellen sich um den Kreis herum, in dem der Schneider sitzt. Alle glotzen ihn an, als wollten sie ihn durchbohren mit den Augen. Die Knüppel haben sie hoch, doch stehen sie still und so bleiben sie stehen bis es zwölf schlägt; mit dem letzten Schlag ist kaum der letzte zur Thür hinaus, so schlägt die Thür auch wieder zu, und alles ist still, wie’s vor elf gewesen ist. Der Schneider erholt sich erst von der Angst, denn es hat ihm an jedem Haar ein Tropfen Schweiß gehängt vor Angst; er hat natürlich gemeint, die sieben wollen ihn todtschlagen. Wie’s halb eins ist und alles ruhig bleibt, legt sich der Schneider in’s Bett und schläft wie ein Ratz. Des Morgens, kaum graut der Tag, da kommt auch der kleine freundliche Mann und will sehen, ob er noch am Leben wäre. Als er an’s Haus klopft, guckt oben aus dem Fenster der Schneider froh und wohlgemuth. Na, wie gieng’s diese Nacht, ruft der von unten; recht gut, der von oben. Nun wird aufgeschlossen; der Schneider muß mit dem Kleinen nach Haus, da wird tüchtig gefrühstückt und dabei fragt der Wirt, was in der Nacht dem Schneider passiert wäre. Der Schneider sagt, er glaube, es wäre besser, wenn er nicht eher etwas davon sage, bis alles vorbei sei. Das hält der Kleine auch für gut und so wird nicht weiter darnach gefragt und nichts davon gesagt. Der Schneider ist ganz lustig und denkt, du sollst dir’s heute noch zu gute machen, morgen lebst du vielleicht nicht mehr; denn gräulich ist die Geschichte doch. Der Abend kommt wieder heran. Der Wirt läßt auftragen das Schönste und Beste, der Schneider holt tüchtig davon zu und um zehn geht er hin nach seinem Nachtquartier. Diesmal ist ihm aber doch etwas mehr Angst um’s Herz. Er hat’s aber angefangen, nun will und muß er’s auch vollenden. Oben auf seiner Stube zieht er noch einen Kreis um den ersten mit Kreide, steckt sein Licht an, holt sein Buch vor und setzt sich hin und liest. Es geht alles akkurat so wie gestern Abend. Nur, wie die Thür aufspringt, bringen Vier einen Sarg herein, nehmen den Deckel ab, setzen den dabei hin und in dem Sarg liegt ein wunderhübsches Mädchen und ist todt. Das bleibt liegen bis Dreiviertel auf zwölf, dann richtet es sich im Sarg auf, sieht ihn so freundlich an, als wenn’s sagen will, erlös mich doch und streckt die Hände nach ihm aus. Der Schneider aber bleibt ruhig sitzen und sieht das arme Mädchen an. Keiner sagt ein Wort. Wie’s bald zwölf ist, legt sich das Mädchen wieder im Sarg zurecht, die Vier legen den Deckel auf den Sarg und gehen damit zur Thür hinaus. Da schlägt die Thür von selbst zu, daß das ganze Haus bebt und dann ist Alles still. Die Geschichte ist aber dem Schneider nicht so fürchterlich gewesen, wie gestern Abend. Er hat das arme Mädchen bedauert, sich aber nicht geängstigt; deshalb läßt er doch aber das Licht brennen und legt sich zu Bett. Natürlich er schläft wieder, wie ein Stein. Des Morgens holt ihn sein Wirt wieder ab, und wundert sich nicht wenig, daß der Schneider noch lebt; denn in der zweiten Nacht sind die Vorigen meistens todt gemacht, die sich in das Haus wieder gewagt haben. Beim Frühstück sagt der Wirt, zwei Nächte hätte er glücklich hingebracht, die dritte aber wär’ die schlimmste, da wär’ noch keiner davongekommen. O, sagt der Schneider, ihm thäte Niemand etwas. Er hätte ein gutes Mittel, das wäre gegen Hölle und Teufel gut. Der Wirt sagt darauf: Wenn er, der Schneider, morgen früh noch lebe, so gehöre ihm das Haus. Nun gut. Der dritte Tag geht auch hin, und dem Schneider wird nicht wohl zu Muth, wie es anfängt, dunkel zu werden. Das schöne Abendessen will diesmal nicht rutschen. Er ist verstimmt, thut sich’s aber nicht aus. Um zehn reicht er seinem Wirt die Hand und sagt, lebt wohl, wenn ich umkomme, so wißt ihr, daß ich nicht feig gewesen bin. Der Wirt empfiehlt ihm Gottvertrauen und Muth, und so macht sich der Schneider fort, und macht einen dritten Kreis um die beiden ersteren und setzt sich hinein. Dies geht auch wieder alles so, wie die vorigen Abende. Nur wie die Thür aufspringt, da bringen zwei einen Hackeklotz und dann kommen noch ein alter Mann und eine alte Frau herein; die Frau hat eine große, schwarze Katze unterm Arm, die immer fort will, aber nicht kann, dann aber den Schneider mit ihren großen Augen anguckt, als wenn sie ihn zerreißen möchte. Der Mann hat aber ein blankes, scharfes Hackebeil in der Hand und kommt auf den Schneider zu. Das wird aber arg, nun geht’s dir an’n Kragen, denkt der Schneider, und der Angstschweiß fließt ihm von der Stirn, doch bewegt er sich nicht von seinem Platz; diesmal, wie sonst, bleibt alles außer den Kreisen. Der Hackeklotz aber und der Mann mit dem Beil steht dicht neben ihm. Endlich winkt ihm der Mann, er soll das Beil hinnehmen. Der Schneider denkt, thust du’s, oder thust du’s nicht! Geht erst lange mit sich zu Rath. Endlich nimmt er das Beil hin und meint, dann kann dich der doch nicht damit todtschlagen. Kaum hat er’s hingenommen, so faßt der Mann die schwarze Katze beim Kopf, die Frau faßt sie an die Hinterbeine und legen sie auf den Hackeklotz. Die Katze wehrt sich, beißt und kratzt, was das Zeug halten will, es hilft aber nichts, sie kommt nicht los. Da winkt der Mann dem Schneider, er soll der Katze den Kopf abhacken. Da ist er denn nicht faul. Bautz! da liegt der Kopf. In dem Augenblick aber ist auch der Schneider vor Schreck zur Erde gestürzt; denn es ist gewesen, als wäre ihm auch der Kopf vom Rumpfe geschlagen. Wie er ein wenig später wieder zu sich kommt, hört er so dumpf ein Laufen und Rennen um sich, viele Leute stehen um sein Bett. Er fühlt, der Arzt hält seine Hand und untersucht den Puls. Alles ist ihm ein Wirrwarr, so kurios; endlich schlägt er die Augen auf. Sein erstes ist, was er erblickt, das hübsche Mädchen, das im Sarg gelegen hat. Die steht vor ihm und küßt seine Hand, nachher auch seine Stirne und nennt ihn ihren theuren Retter. Der alte Herr und die Dame sind auch da im Zimmer, Bediente stehen an der Thür, und der Doktor sitzt vor ihm am Bette und wünscht ihm Glück dazu, daß er wieder erwacht ist. Alles ist um ihn herum verwandelt, alles erlöst. Das Haus ist nun ein prächtiges Schloß und alles bewegt sich so, wie er es in den Nächten gehört hat. Das junge Mädchen ist ein Edelfräulein, die Alten die Eltern von ihr. Kurz, alles ist wieder so, wie vor der Verwünschung, die eine Hexe gethan hat und der nun durch den Schneider der Kopf abgehauen ist. Der kleine freundliche Mann kommt darnach auch und freut sich, daß das Wagestück gelungen ist und schenkt dem Schneider das Haus. Das junge Mädchen wird seine Braut und nicht lange darnach seine Frau. Da ist aus dem Schneider ein reicher, vornehmer Edelmann geworden, der alle Tage in Kutschen und Karossen hat fahren können, und er ist der glücklichste Mann gewesen, den’s hat geben können. Auch hat er die Alten bei sich behalten, bis sie gestorben sind. Natürlich ist der kleine freundliche Mann sein bester Freund geblieben bis an sein Ende. Das bringt der Muth zuwege.

    HMG30 – Der Weinberg

    Play Episode Listen Later Aug 27, 2017 2:36


    In Lautenthal hatte sich einst ein Mann einen Weinberg angelegt, der brachte ihm aber nicht das Salz, viel weniger gute Trauben oder schönen Wein ein. Warum das? Es war kein gutes Wetter. Einstmals gieng er hinaus nach seinem Weinberge und sagte zu sich selbst: „Wenn ich doch nur einen Sommer das Wetter machen könnte, dann wollte ich schon schönen Wein ernten.“ Kaum hat er dies gedacht, so kommt ein kleiner Knabe daher und sagt: „Dein Wunsch ist erfüllt, wie du befiehlst, so wird das Wetter sein“ und damit war der Knabe verschwunden. Der Mann war recht froh und ließ jetzt erst einmal die Sonne warm scheinen, dann mußte es regnen und so fort, daß es nach seiner Meinung recht fruchtbares Wetter war, auch für seinen Weinberg. Die Zeit hindurch wuchs auch alles recht hübsch, und ein Jeder freute sich. Als nun der Herbst kam, da waren alle Weinstöcke voll Trauben, und der gieng hinaus und pflückte sie. Beim Kosten der ersten wäre er beinah vor Schreck von dem steilen Berg herabgefallen, so sauer und geschmacklos waren seine Weinbeeren. Da stand aber auch der kleine Knabe wieder bei ihm und sprach: „Siehe Mensch, deinen Wunsch erfülle ich. Du ließest Sonnenschein und Regen kommen, aber den Wind vergaßest du. Darum soll der Mensch nicht vorwitzig sein und dem Herrn vorgreifen.“ Da war der Knabe verschwunden. Der Mann gieng nach Haus und überließ Gott das Regiment, da hat er denn doch oft gut Wetter und gute Weintrauben bekommen; aber nicht immer.

    HMG29 – Das Wildemänner-Geld

    Play Episode Listen Later Aug 20, 2017 2:06


    Eine Frau in Wildemann nimmt ihr kleines Mädchen an die Hand, die Stricke auf den Arm und will trockene Äste aus dem Walde holen. Nun kommen sie hin, wo trockenes Holz ist, die Frau legt die Stricke ab, das Kind setzt sich dabei, und die Mutter sucht Äste. Aus langer Weile nimmt das Kind ein Ästchen und gräbt damit in die Erde hinein. Da kommt zuerst ein Zweimariengroschenstück, dann ein Viergroschenstück, dann ein Ortsthaler zum Vorschein und es gräbt in seiner Freude fort und fort, bis seine Mutter kommt. Die Mutter steht mit einem mal bei ihm, verwundert sich über die Arbeit und das Glück des Kindes, sagt aber kein Wort, weil sie weiß, was das Sprechen dabei für Folgen hat. Da erblickt das Kind seine Mutter und sagt ganz glücklich: „Sie, Mutter wie viel Geld ich gefunden hab.“ Sie zählen es und es sind vier Thaler, vierundzwanzig Groschen. Nun graben sie noch weiter und tiefer, haben aber keinen Pfennig mehr gefunden.

    HMG28 – Wildemann

    Play Episode Listen Later Aug 13, 2017 4:15


    Als die ersten Bergleute in den Harz kamen und von Zellerfeld aus in die Umgegend giengen und Erze suchten, kamen sie auch in das Innerstethal, da, wo jetzt die Bergstadt Wildemann ist. Die Innerste war gerade angeschwollen gewesen und hatte einige Gänge aufgewaschen; diese fanden die Bergleute, dabei geriethen sie aber auch auf eine Menschenspur, die im Innersteschlamm zu sehen war. Die Bergleute wußten, daß keine Menschen weiter im Harze waren, als sie; deshalb suchten sie weiter und sahen bald darauf einen Menschen in der Nähe der Gänge, der lief nackend und sein Weib auch, beide hatten Mooskappen auf dem Kopf und einen Laubgürtel um den Leib. Wenn ihnen die Bergleute nahe kamen, so rannten sie fort, so scheu und wild waren sie, und verstanden auch nicht, wenn sie gerufen wurden. Oft hatten die Bergleute Jagd darauf gemacht, sie aber niemals erwischt. Deshalb gaben sie ihrem Herrn, dem Herzog von Braunschweig, Nachricht davon und der ließ sagen, sie möchten die wilden Menschen fangen, mit Schlingen oder mit Bogen und Pfeil, sie aber ja am Leben lassen und dann nach Braunschweig schicken. Die Bergleute gaben sich alle mögliche Mühe, die Menschen zu fassen, es mißlang aber immer. Endlich verwundete man den Mann so, daß er nicht fort konnte und fieng ihn dadurch. Er war groß und stark, hatte einen langen dicken Bart und lebte mit seinem Weibe, das ihm ähnlich war, in dieser Einsamkeit des Waldes. Sie nährten sich von Beeren und Wildfleisch, und der Mann hatte einen ziemlich starken Tannenbaum in der Hand, den er auch als Waffe gebrauchte. Dabei konnten sie furchtbar schnell laufen, waren gelenk wie die Eidechsen, und stark wie Riesen. Es war daher keine Kleinigkeit, den Mann zu fangen. Was das für ein Kampf war, kann man gar nicht erzählen. Als die den wilden Mann gefangen hatten, sollte er arbeiten, er that’s aber nicht. Man fragte ihn, woher er wäre, und was er gethan hätte, er antwortete aber nicht. Man reichte ihm Essen und Trinken, er berührte nichts. Dabei sah er immer nach der Gegend hin, wo die Gänge waren, als könne er sich nicht davon trennen. Bis dahin hatte man zwar Ganggestein gefunden, es war aber kein Erz darin. Da nun der Mann durchaus stumm war und blieb und auch kein Wort verstehen wollte oder konnte, so schickte man ihn nach Braunschweig zum Herzog. Der Herzog bekam ihn aber nicht zu sehen, denn auf dem Wege dahin war er gestorben. An dem Tage, an dem die Nachricht zurück kam, daß der wilde Mann unterwegs gestorben wäre, gruben die Bergleute an der Innerste das erste Erz auf, das war sehr reich an Silber, und die erste Grube daselbst wurde der alte Wildemann, jetzt Ernst August, genannt. Zum Andenken an den wilden Mann, der wahrscheinlich die Gänge so lange taub gemacht, so lange er lebte, pflanzte man auf die Stelle, wo er gefangen war, eine Linde, baute sich da an, nannte den Ort Wildemann und nahm das Bild des Wildenmanns in das Stadtsiegel auf, daher der Name und das Wappen der Bergstadt Wildemann. Die Linde steht jetzt noch vor dem Rathhause, ist aber ganz hohl, darin sind aber drei junge Linden empor gewachsen, die sie stützen und erneuern die alte Linde.

    HMG27 – Die Strafe

    Play Episode Listen Later Aug 11, 2017 2:12


    Vor vielen Jahren lebte hier im Harzwalde ein großer und starker Mann, der in einer Höhle seine Wohnung hatte. Rauben und Stehlen war sein Handwerk, Mord und Brand seine Lust. Lange Zeit hat er es so getrieben, ohne daß er irgendwie daran gehindert wäre. Es hat aber alles seine Zeit, und so sollte die Ruchlosigkeit dieses Menschen auch aufhören. Einst, da er auch auf Raub ausgegangen war und nichts ergattert hatte, wollte er wieder in seine Höhle zurückgehen. Da steht mit einem Male ein kleines freundliches Männlein vor ihm, hat einen Rock an, der mit Gold und Silber wie übersäet ist. Der Räuber geht dem Kleinen mit seinem Spieße zu Leibe; Trotz alles Bittens und Flehens stößt er ihn nieder. Indem er aber zur Erde stürzt, so steht ein grimmiger Hirsch vor dem Bösewicht, und eh dieser sich besinnen kann, that er ihn schon auf seinen langen Hörnern, eilt mit ihm auf einen hohen Berg und wirft ihn von da von einem vorspringenden Felsen hinab, daß er beide Beine bricht und nun nicht mehr von der Stelle kann. In solch trostloser Lage muß er einen schrecklichen und schmachvollen Hungertod sterben, und die Raben haben dann sein Fleisch verzehrt.

    HMG26 – Das Bekenntniß des Zwergs

    Play Episode Listen Later May 20, 2017 2:24


    Einer Mutter ist ihr Kind durch die Zwerge ausgetauscht und dafür haben sie ihr ein Wechselbalg hingelegt. Die Mutter ist traurig darüber; denn das Kind sieht so alt aus. Sie klagt ihre Noth einem Handwerksburschen. Dieser sagt, daß es ihr Kind auch nicht sei, sondern ein Zwerg, und das könne sie leicht erfahren, wenn sie Öl glühe und dabei das Kind auf dem Arm hätte und dann früge, wie alt er sei. Die Frau thut’s und setzt Öl auf’s Feuer und hat das Kind dabei auf dem Arm; das frägt, was sie machen wolle und die Mutter sagt, sie wolle Konfent brauen. Dabei setzt sie lauter hohle Wallnußschalen um das Feuer herum, damit sie nachher den sogenannten Konfent hineingießen kann. Da sagt der Zwerg ganz arglos und unbedacht: I, so bin ich doch su alt, Wie der gruße Harzerwald, Su was ich hah’ ich nett gesahn, In mein lange lange Lahm. Bier zu thun in Wallnußscholn! Da weiß die Mutter, daß es ein alter Zwerg ist. Sie setzt ihn deshalb in die Stube und befiehlt ihm, ihr Kind herbeizuschaffen, sonst würde er umgebracht. Der Zwerg sagt, sie möge nur einmal hinausgehen, und als sie wieder hereinkommt, da ist ihr Kind da, aber der Zwerg ist weg. Nachher ist das Kind groß, stark, reich und auch recht glücklich geworden.

    HMG25 – Die lange Nase

    Play Episode Listen Later May 14, 2017 13:38


    Es ist hier einmal ein Vater gewesen, der hat drei Söhne gehabt; zwei kluge und einen dummen; alle drei wollen sich was versuchen und fordern ihr Erbtheil. Der Vater giebt jedem, was er haben soll. Jeder kriegt aber einen Holster und darin was zu leben mit, und so gehen sie fort; einer nach dem andern; der eine hierhin, der andere dorthin. Da begegnet dem ältesten ein altes Mütterchen, sie kann kaum fort und sieht aus, wie die theure Zeit; vom Hunger nämlich. Die sagt zu dem ältesten: "Sei doch so gut und gieb mir einen Bissen Brod, sonst muß ich verhungern". Darauf antwortet der, er ist nämlich zu faul gewesen, seinen Holster abzuhucken; "ach geh’ zum Teufel, an euch Gerippe verliert die Welt nichts" und geht fort. Die Frau bittet noch einmal, bekommt aber nichts. Da sagt sie noch: "Ist auch dein Vortheil nicht". Mit dem zweiten gehts ebenso, der ist aber geizig gewesen und hat nichts missen können. Der dritte aber, das ist der dumme gewesen, wie den die Alte bittet, der setzt gleich seinen Holster ab, und schneidet ihr ein tüchtiges Stück Brot und Spreck ab und spricht; "da alte Mutter, thut euch was zu gut" und freut sich, wie sie so heißhungerig in das Brot hineinbeißt. Als er fortgehen will, sagt die Alte: "Halt, du mußt belohnt werden für Deine Gutthat". Da zieht sie eine alte Hosentasche aus ihrem Busen und giebt das Ding dem Dummen. Der weiß nicht, was er damit soll und frägt, "wozu soll die Tasche gut sein?" "Greif hinein", spricht die Alte. Er thuts und hat die Hand voll blanke Thaler. Dazu giebt sie ihm eine Wurzel und spricht: "reibst Du die Wurzel zwischen deinen Händen, so bist Du gleich, wohin du willst". Zuletzt giebt sie ihm auch einen ledernen Däumeling, "den zieh über den linken Daumen, wenn Du mich sprechen willst, wird dir von großem Nutzen sein". Er bedankt sich schön für die Sachen, steckt sie sorgfältig bei und geht fort. Im nächsten Wirtshaus läßt er sich was zu essen geben und bezahlt aus dem Wunderbeutel und so geht’s auf seiner ganzen Reise. Er hat nicht schlecht gelebt, und dabei hat er auch was darauf gehen lassen, hat’s ja gekonnt und hat ihm nichts gefehlt. Nun kommt er in eine Stadt, da wohnt ein König, der hat eine wunderhübsche Tochter, die ist aber schrecklich eigensinnig gewesen und auch hartherzig und stolz. Kein Mensch ist ihr zu Dank und haben sie viele haben wollen. Den jungen Männern hat sie dann aber drei Räthsel aufgegeben, und wer’s nicht errathen kann, muß sterben. Viele Königs- und Fürstensöhne sind bei der Geschichte um ihr bischen Leben gekommen. Das hört nun auch der Dumme, wie er in die Stadt kommt, wo die Königstochter ist. "I", sagt er, "da müßtest du doch auch einmal dein Heil versuchen. Du hast ja die Wurzel, die hilft dir aus der Klemme, wenn’s schlimm wird. Du kannst bei dem Handel nur gewinnen, aber nicht verlieren. Doch wär es aber gut, du ließest einmal deine Alte kommen". Er holt also seinen Däumling hervor, zieht den an den linken Daumen, und gleich ist die Alte da. "Hör", sagt er, "so und so, ich möchte wohl die Königstochter haben, aber ehe ich hingehe, möchte ich euch erst fragen, ob’s wohl gut ist für mich". "Das kannst du ja thun", sagt die Alte. "Dazu mußt du aber dies haben. Hier ist eine Leimruthe, ein Vogel und ein Teller. Wenn nun die Königstochter frägt, ‚was hält fest,‘ so giebst Du ihr die Leimruthe hin. Wenn sie frägt, ‚was wird gesengt und gebrennt,‘ dann gieb ihr den Vogel. Wenn sie sagt, ‚es ist gar,‘ so reich ihr den Teller, darauf soll sie ihn hinlegen. Dann wird sie weiter nichts wissen und muß dich zum Mann nehmen, dann sei aber klug und laß dich nicht anführen". Die Alte ist darauf gleich wieder verschwunden. Wie sie fort ist, denkt er, "es wäre doch wohl gut, wenn du dir die hübsche Mamsell erst einmal ansähest, ob sie dir auch gefiele, ehe du wirklich hingehst". Er holt also seine Wurzel aus der Tasche heraus, dreht die zwischen den Händen und wünscht sich hin nach der Königstochter, wo die ist. Gleich ist er fort, und das beste dabei ist, er sieht sie, sie ihn aber nicht, und sie gefällt ihm; denn sie hat ein so hübsches Gesicht, so runde rothe Backen und ist dabei eine Figur, wie er fast noch keine gesehen hat. Er sieht sie lange an, hört zu was sie spricht und sieht was sie thut. Da sitzt sie auf einem wunderschönen Kanapee, das mit Sammet beschlagen ist und spricht eben mit vier vornehmen Damen, die bei ihr sitzen, von den armen Männern, die über sie in’s Grab beißen müssen und sagt, sie möchte wohl, daß keiner wiederkäme; denn es könnte kein Mensch ihr Räthsel errathen. Da spricht noch die Dame, das könne sie doch nicht ganz wissen, es könnte doch einmal einer kommen, der’s erriethe, und den müßte sie denn doch nehmen, sie möchte ihn leiden können oder nicht. "O", sagt sie, dann gäbe es ja auch Mittel, den wieder los zu werden. Sie wollte nur das dumme Männervolk prellen, daß ihm die Augen nicht über, sondern zu gehen sollten. Wie der Dumme das gehört hat, da hat er genug, reibt die Wurzel und ist gleich wieder in seinem Wirtshaus. Jetzt überlegt er’s noch einmal, ob er es thut oder nicht, ober er hingeht, oder ob er wegbleibt. Am Ende denkt er, sollst hingehen; daß doch endlich ihr Mund einmal gestopft wird. Er also hin, läßt sich anmelden und wird auch vorgelassen. Da sagt er, was er will. Die Königstochter sagt aber gleich, er solle sich nur gleich wieder fortpacken, er könnte doch ihre Räthsel nicht errathen, sonst koste es seinen Kopf, er gefiele ihr auch nicht. Darauf spricht er: "das wäre ihm gleichviel, sie solle nur erst ihre Räthsel sagen, dann fänd’ sich’s". Sie sieht ihn so von der Seite recht verächtlich an und spricht: "Was hält fest?" Da zieht er ganz langsam ein Kästchen aus der Tasche und nimmt daraus eine Leimruthe und reicht ihr die und spricht, "die hält fest". Da macht die Prinzessin große Augen und spricht in Wuth: "Was sengt und brennt?" Da zieht er einen Vogel aus der Tasche und sagt, "der wird gesengt und gebrennt". Da stutzt sie noch mehr und sagt in großer Eile: "Es ist gar, was mein ich damit", sagt sie. Da holt er seinen Teller heraus und sagt, "ist es gar, so legt’s auf den Teller". Da wird sie vor Gift und Galle stumm. Er aber spricht, er hätte die Räthsel errathen und nun müßte sie seine Frau werden. Das wäre auch leider schlimm genug, spricht sie, daß sie ihn nehmen sollte und doch gieng es nicht anders; sie müsse sich wohl fügen und da wird Hochzeit gemacht. Nun nimmt er sich aber erst recht in Acht. Von allem was er essen soll, muß sie erst essen. Bei Tag und bei Nacht ist er auf seiner Hut, daß sie ihm keinen Schabernack anthun kann. Seinen Wunderbeutel näht er sich in seine Hosentasche, die Wurzel steckt er in die Westentasche und den Däumeling näht er in seinen Rock in die Brusttasche hinein. Gut das. Es geht wohl ein halb Jahr so hin und sie verwundert sich immer, wo er das viele Geld herkriegt, das er immer hat, und frägt ihn auch einmal, wo er denn das herkriegt? "I", sagt er, "das ist einerlei, genug ich hab’s und geb’s aus und weiter ist nichts nöthig, ob du das weißt oder nicht. Ich hab’s in der Tasche hier. Laß mich doch einmal etwas herausholen", spricht sie. "O ja", sagt er. Sie greift hinein und holt eine Hand voll blanke Thaler heraus. "Ach", sagt sie, recht bittend und zärtlich und schmeichelt ihm und herzt ihn, sag mir doch, wie geht denn das zu. "Ach", spricht er, "das kann ich dir nicht sagen und darf’s dir nicht sagen. Ich habe immer Geld in der Tasche". Sie umfaßt ihn so recht zärtlich und fühlt die Wurzel in der Westentasche, faßt zu und nimmt sie weg, ohne daß er’s weiß. Des Nachts steht sie auf und nimmt ihn die Hose mit sammt der Tasche weg. An den Rock kommt sie aber nicht, worin der Däumling steckt. Wie sie’s weg hat, so läßt sie die Bedienten kommen, und die müssen ihren Mann zum Dinge hinausprügeln. Er hat kaum so viel Zeit, daß er seinen Rock überschmeißen kann. So muß er fort, barfuß und barbeinig zum Tempel hinaus. Gut, daß es Nacht gewesen ist, daß ihn keiner gesehen hat. Kaum ist er aber auf freiem Felde, da macht er seinen Däumling los, zieht den an den linken Daumen und im Augenblick ist die Alte bei ihm und frägt, was er ihr wolle. Da klagt er ihr denn seine Noth, wie niederträchtig hinterlistig das Weib gegen ihn gewesen wäre, kurz er erzählt ihr die ganze Geschichte. "Ach", spricht sie, sie wisse schon alles; er solle nur ruhig sein, die solle schon ihr Recht dafür haben. Sie müßte alles wieder hergeben. Er möchte einstweilen diesen Beutel nehmen, den müßte er ihr aber hernach wiedergeben, wenn er den ersten wieder gekriegt hätte. Dieser Beutel mache klug, reich und vornehm. Sie würde nun jetzt die Prinzessin krank machen, daß sie Schürfe an der Nase kriege, die würden ihr denn wohl erst tüchtige Schmerzen machen, daß sie Tag und Nacht keine Ruhe hätte. Er solle sich dann zum Doctor machen, in einem schönen Wagen nach dem Schlosse fahren und sich anmelden lassen, er wolle sie von ihrer Krankheit befreien. Wenn er dann vor die Prinzessin käme, so solle er sie erst ordentlich ausfragen, und im Gesichte befühlen und zuletzt sagen: Sie hätte zweierlei in ihrem Hause, das ihr von rechtswegen nicht gehöre. Das müßte sie ihm geben, sonst würde sie im Leben nicht wieder gesund; das wäre behert und davon wäre sie krank geworden, und ehe das nicht weg aus ihrem Hause wäre und vernichtet würde, eher würde sie nicht gesund, eher gingen auch die brennenden Schürfe nicht weg. Gäb sie es ihm aber, so wäre sie am dritten Tage wieder so gesund wie ein Fisch. Zum Beweis wolle er nur dieses Geschwür berühren, so würde es gleich aufgehen und in ein paar Minuten heil sein. Er thut’s und nach ein paar Minuten ist es heil. "Ach", sagt die Prinzessin, sie wolle es nur sagen, sie hätte da einen Beutel und eine Wurzel, die hätte sie ihrem Mann geraubt; und giebt beides dem Doctor. Der nimmts und steckts bei. Da zieht er eine Kruke aus der Tasche, darin ist eine Salbe und giebt ihr das und spricht, davon sollte sie sich diesen Abend vor Zubettgehen eine Bohne groß auf die Schürfe wischen. Des Morgens darauf würde es erst etwas dicker und größer, ja auch schlimmer werden. Sie sollte sich aber nicht irre machen lassen, am dritten Morgen wäre alles weg und sie hätte ihr hübsches Gesicht wieder, und da geht er weg. Sie will ihm erst recht viel Geld geben, er aber sagt, für die Kleinigkeit könnte er nichts nehmen. Es würde ihn freuen, wenn sie seinem Rath folgte. Dann macht er sich aus dem Staube und lebt bis an sein Ende herrlich und in Freuden, hat sich aber um keinen Menschen weiter bekümmert. Der Alten giebt er die zwei Beutel hin, als er den ersten hat und da ist es ihm stets gut gegangen. Die Prinzessin hat also das ganz pünktlich gethan. Vor Zubettgehen nimmt sie die Kruke und bestreicht damit ihr Gesicht und legt sich hin. Sie hat tüchtige Schmerzen. Des Morgens wie sie aufsteht, da schlagen die Kammerjungfern in ihre Hände, da hat die Prinzessin eine Nase, die ist gewiß einen halben Fuß lang und so feurig, daß man einen Schwefelstock daran hätte anstecken können. Sie freut sich aber und sagt; so müsse es erst kommen. Wischt wieder etwas daran und die Nase wächst den ganzen Tag länger und länger, des Abends ist sie schon einen Fuß lang. Sie freut sich und sagt, so müßte es kommen und wischt noch einmal was daran. Wie sie aber den andern Morgen aufwacht, da ist die Nase so lang, daß sie die Erde fast berührt. Nun wird ihr’s aber doch schwül und hat nichts wieder daran gewischt. Und die lange Nase hat sie behalten bis an ihr seliges Ende. So ist es gekommen, anstatt daß sie den Mannsleuten hat eine Nase drehen wollen, hat sie eine gekriegt, an der sie ihr Lebtag genug gehabt hat.

    HMG24 – Der Hexenritt

    Play Episode Listen Later Apr 30, 2017 4:45


    Ein Bergmann hat immer darüber gespottet, wenn die Leute gesagt haben, die Hexen reiten nach dem Brocken in der Walpurgisnacht. Öfter hat er dann gesagt, "wenn mir nur einmal solch ein altes Tier in die Quere käme, ich wollte sie schmeißen, sie sollte die Beine aufkehren! Was will denn solch ein Gerippe von einem alten Weibe, dass nur aus Haut und Knochen zusammengesetzt ist, gegen unser einen." "Na, na", sagt oft die alte Nachbarin, die nebenan gewohnt hat: "Napper, Napper, su was lächtes iss es doch net, sune Reiterin obzeschmeißen, nammt ich an Wulperscheband in Acht." "Possen, nicht als Possen," hat er dann gesagt. "Ich will ihr’s schon geben, dass ihr das Reiten vergehen will." Darauf hat die Alte geschwiegen. Nun kommt der Walpurgisabend, den Abend wird knollig geschossen, es ist gewesen, als wenn der Feind angekommen ist. Mit Katzenköpfen, Flinten, Büchsen und Pistolen. Jedes hat sein Knalleisen an dem Abend tüchtig gebraucht, und je stärker das es geknallt hat, desto mehr hat man sich darüber gefreut. Den Abend, es ist so gegen neun gewesen, muss der Bergmann anfahren. Er hat Order gekriegt, im Schacht hat’s gebrochen, er soll dem Ausrichter helfen. Fliegende Hexe greift MannWie er nun auf die Bremerhöhe kommt, da kommt denn ein Schwarm alte Weiber angesaust durch die Luft; das ist ein Geschrei und Gejohl’ gewesen, als wenn alle Teufel los sind. Eine kommt herunter, stülpt den Bergmann um, er mag wollen oder nicht und gleich auf ihn, und da geht’s durch die Luft fort hinter die Anderen her nach dem Brocken. Er kann kaum atmen, dabei ist dass alte Weib so schwer, dass es ihm die Knochen fast eindrückt. Um elf kommen sie auf dem Brocken an, da wird er erlöst, sie steigt ab und der Bergmann fällt halb tot auf die Erde. Da umzingeln ihn nun die anderen Hexen und tanzen um ihn und der Teufel ist auch dazwischen; dann richten sie ihn auf und fragen ihn, ob er nun schweigen könne oder ob er in Öl gebraten werden wollte. Wer will sich aber gern in Öl braten lassen; er sagt, er wolle nichts wieder sagen von den Herrn. Da spricht der Teufel, wenn er sich aber je ein Wort verlauten ließe, so wäre er ein Kind des Todes. Da oben haben die Hexen denn aber eine Schande getrieben, das darf man gar nicht sagen. Wie es nun so gegen zwölf hinkommt, da macht sich der ganze Schwarm wieder auf und die eine Hexe kriegt unseren Bergmann wieder her, setzt sich darauf und nun geht’s wie unsinnig durch die Luft und zurück bis nach Bremerhöhe bei Clausthal. Auf der Stelle, wo ihn das Hexenweib gefasst hat, da geht es wieder nieder und er ist frei. Ein paar Stunden hat er erst gelegen und hat sich erholen müssen, dann kriecht er langsam nach Haus. Seine Frau ist schon wieder aufgestanden und will eben fort in den Wald und eine Tracht Holz holen, als er nach Haus kommt. "Ach Frau", sagt er, "bleib da". "Ich hab eine schlechte Nacht gehabt. Geh hinaus in die Küche und leg ein bisschen Holz in den Ofen, ich habe geschwitzt, dass ich mich umziehen kann". Sie geht hinaus und tut es. Da erzählt er dem Ofen sein Schicksal; seine Frau steht am Ofen beim Einheizen und hört es. Kommt herein, sagt aber nichts. Eine halbe Stunde danach kommt auch das alte Weib, die Nachbarin und spricht: "Es wäre sein Glück, dass er es beim Ofen und seinem Menschen erzählt hätte, sonst sollte er sehen, wie es ihm ginge". Da wissen sie, dass dies eine Hexe gewesen ist. Die Frau geht hin und sieh, die infame Hexe wird verbrannt, da ist ihr gerade Recht geschehen.

    HMG23 – Der Venetianer

    Play Episode Listen Later Apr 23, 2017 11:10


    Was sonst alles passiert ist, und was die Leute sonst gekonnt haben, davon macht sich jetzt keiner eine Vorstellung. Vor Zeiten lebte in Lautenthal ein armer Bergmann, der war aber reich an Kindern, acht. Alle waren wie die Orgelpfeifen, dabei nackt und bloß und oft hatten sie nichts zu beißen und zu brechen. Der Vater quälte sich genug um das tägliche Brot, schämte sich keiner Arbeit, war fleißig und thätig, mocht’s Nacht oder Tag sein, er that alles, was vorkam, wenn’s nur recht und ehrlich war. Schlechtigkeit mußte ihm aber vom Leibe bleiben, und wenn er auch mit Frau und Kindern hungern mußte, Unrecht that er nicht. Im Frühjahr holte er einstmals Erbsenstiefel und verkaufte sie. Wie er nun im Walde war und sich zwei tüchtige Bunde zurecht gemacht hatte, wurde er müde. Es war ein heißer Tag. Er sucht sich also eine weiche Stelle unter einem Baum, wo schatten war und legt sich hin. Wie lange er da geschlafen hat, das weiß er nicht. Er wacht wieder auf, denn es weckt ihn Jemand und da steht ein Mann vor ihm, der ist recht freundlich und liebreich gegen ihn und frägt, wie es ihm gehe? Der Bergmann will erst nicht recht mit der Sprache heraus; er ist noch halb im Schlaf. Der Fremde wird immer zutraulicher und der Bergmann munterer und fängt auch an zu sprechen und sagt, "ach", er hätte seine Noth. Er müsse für acht Kinder Brot schaffen, und dazu sei schlimme Zeit, wenig zu verdienen; da wisse man wohl, wie’s einem da gieng. Der Fremde sagt, "wenn du mir vertrauen willst, so kann ich dir helfen und du bist mit einem Male allem Leid entsprungen." "Wenn das Gott gebe", sagt der Bergmann, so wolle er ihm auf seinen Knieen danken. Er wolle ja gerne Alles thun, wenn er nur aus seiner Noth kommen könnte. Nur müßte er nichts Unrechtes von ihm verlangen. "Nein", sagt der Fremde, "das verlange ich nicht von dir. Du vertraust mir also unbedingt." "Ja, von Herzen gern, wenn ihr es gut mit mir meint." "Das versteht sich von selbst", sagt der Fremde. "So lege dich nur wieder hin und schlafe, dann wirst du sehen, wie's kommt." Der Bergmann ist noch herzlich müde und denkt auch, im Schlaf kann man nicht leicht sündigen und schläft ein. Wie lange er diesmal geschlafen hat, hat er wieder nicht gewußt. Als er wieder aufwacht, liegt er auf einem Bette von Sammt und Seide, in der Stube stehen an den Wänden die schönsten Geräthschaften, Kommoden, Tische, Stühle, Kanapees von blankem Holz und mit Sammt überzogen, die hübschesten Spiegel hängen an den Wänden in Goldrahmen, ebenso auch große Bilder mannshoch, als wenn sie leben. An der Thür stehen zwei Diener in Kleidern, die von Gold und Silber starren, und die gewartet haben, daß er aufwachen soll. Wie nun der Bergmann seine Augen aufgeschlagen hat und sich verwundert über die Pracht und über alles, was er da sieht, da treten die Diener an’s Bett und fragen, ob der Herr gut geschlafen hätte. "O, ja", sagt der Bergmann. "Aber meine Herren, wo bin ich denn?" "In Venedig", sagt der eine Diener recht ehrfurchtsvoll. "In Venedig?" antwortet der Bergmann. "Mein Himmel, wie komme ich denn dahin?" "Das wird der Herr schon wissen und erfahren", sagt der andere Diener. "Dürfen wir beim Auffstehen helfen?" "Ach", antwortet der Bergmann, "das bin ich nicht gewohnt. Ich kann allein auffstehen." Er steigt aus dem Bett und will sein Zeug anziehen, das ist aber fort, und die Diener ziehen ihm anderes an, viel schöneres, und putzen ihn ordentlich heraus, daß er aussieht, wie der vornehmste Herr; auch hat er sich aus einem silbernen Waschbecken waschen müssen; der Diener reicht ihm in cristallenem Krug Mundwasser, alles auf’s beste und feinste. Der Bergmann verwundert sich in einem fort und schüttelt mit dem Kopfe, er weiß gar nicht, ist denn alles so in Wirklichkeit, oder träumt er nur. Hierauf fragen die Diener, womit sie ihm aufwarten könnten. "Ach", sagt der Bergmann, "ich habe Hunger im Kamisol, ich möchte gern was essen." Gleich laufen die Diener fort und es dauert nicht lange, so bringen sie ein Frühstück – besser kann’s der König nicht haben – sie tragen auch auf, daß der Tisch knackt. "Na", denkt unser Bergmann, "wenn du doch iß’st und trinkst und wirst satt, so ist doch das kein Traum." Er setzt sich hin und ißt und trinkt bis er nicht mehr kann, denn es schmeckt ihm alles so gut, wie ihm noch nichts geschmeckt hat, der Braten und das schöne weiße Brot und dazu der starke Wein, der so feurig gewesen ist. Nun wird er dreister und frägt die Diener, wo denn ihr Herr stäcke und wer das wäre. Eben wollten ihm die Diener antworten, da kommt der Herr zur Thür herein und das ist gerade der gewesen, der freundliche und liebreiche Mann, den der Bergmann dort bei Lautenthal gesehen und gesprochen, der ihm gesagt hat, er solle nur wieder einschlafen, dann würde sich’s weiter finden. Der kommt auf ihn zu, reicht ihm die Hand und frägt, "na, wie gefällt dir es hier?" "O", sagt der Bergmann, "wem sollte es hier nicht gefallen, aber meine armen Kinder und meine gute Frau! Eine Bitte hätte ich, sagt mir, wie bin ich hierher gekommen, und was habt ihr mit mir im Willen?" "Ich will dich beglücken", spricht der Herr, "wenn du mir vertraust. Doch will ich dir gleich beweisen, daß ich dich schon lange gekannt habe, daß ich von deiner Vergangenheit, deiner Gegenwart und daß ich deine Zukunft weiß. Tritt vor diesen Spiegel, darin wirst du sehen, wie es dir gegangen ist". Als der Bergmann davor steht, sieht er sich, wie er seine jetzige Frau als Mädchen frägt, ob sie seine Braut werden wolle; dann, wie er sie als Braut in die Kirche führt und Hochzeit hat; und noch manches andere, was er schon längst vergessen hat, woran er aber gleich wieder denkt, und was ihm auch gleich einfällt. Vor Verwunderung kann er kein Wort sprechen. Da führt ihn der Herr zum zweiten Spiegel. Jetzt sieht er, wie seine Frau und Kinder zu Haus weinen, jammern und wehklagen um ihn; denn sie meinen, er ist todt. Das macht den Vater weichherzig, und die Thränen purzeln ihm über die Backen. Zuletzt muß er noch vor einen dritten Spiegel treten. Hier sieht er, wie er mit seiner Familie im großen Wohlstand lebt; dann aber auch, wie er durch Habsucht wieder in Armuth zurücksinkt. "Sieh", sagt der Venetier, "das letzte wird nicht geschehen, wenn du mir folgen willst". "Ach, ich will alles thun, was Ihr mir sagt", spricht der Bergmann, "sagt nur, was soll ich thun". "Willst du noch länger hier bleiben, so steht es dir frei, willst du aber nach Haus, so kann das auch geschehen", sagt der Herr. "Ach ja", antwortet der Bergmann, "ich will den Meinigen zu Hülfe kommen, ich kann nicht so lange das Elend ansehen, in dem sie sind. Sag nur, theurer Gönner, wie kann ich helfen". Darauf kriegt er zur Antwort: "Wenn du nach Haus kommst, so grabe unter dem Baum, der in deinem Garten steht, ein Loch, zwei Fuß tief, bei Nacht, zwischen elf und zwölf Uhr. Dann wirst du darin eine gelbe Erde finden, davon drücke dir jedesmal zwei Kugeln, so groß, daß du sie mit beiden Händen umspannen kannst und trage sie nach Goslar und verkaufe sie an den Goldschmied. Du darfst aber nicht mehr, als die Woche zwei mal zwei Kugeln machen und verkaufen. Machst und verkaufst du mehr, so ist’s dein Unglück. Sieh, hier will ich dir auch noch etwas machen, das dir gleich auf die Beine hilft. Hier habe ich eine Erdart und da mehrere Flüssigkeiten, wenn ich davon etwas auf deine Erde gieße, nur ein paar Tropfen, und drehe dann in der Hand Kügelchen davon, so entstehen die schönsten Edelsteine". Er probirt es und giebt die so gemachten Edelsteine, die leuchten wie die Sonne, dem Bergmann zum Andenken und sagt, "wenn du nach Goslar kommst, so bekommst du schweres Geld dafür". Der Bergmann bedankt sich mit Thränen im Auge aufs Herzlichste dafür, wickelt sie recht sorgfältig ein und steckt sie in die Tasche. Nun spricht der Venetianer, "komm laß uns noch ein wenig spazieren gehen. Du mußt doch auch sehen, wie es in Venedig ist". Des Abends spät kommen sie erst wieder nach Haus, und der Bergmann weiß gar nicht mehr, was er alles Schönes und Herrliches gesehen hat. Der Herr wünscht ihm gute Nacht. Die Diener sind dem Bergmann beim Ausziehen wieder behülflich, er muß sich wieder in das schöne Bett legen, und ist gleich vor übergroßer Müdigkeit eingeschlafen. Als er am andern Morgen aufwacht, liegt er wieder unter der Tanne. Erst meint er, er hat geträumt; greift aber gleich in seine Tasche, da stecken aber die beiden Edelsteine, die der Venetianer ihm gemacht und geschenkt hat. Nun packt er gleich auf und geht nach Goslar, verkauft sie und bekommt dafür schweres Geld. Jetzt macht er, daß er damit nach Haus kommt. Wie er in die Hausthür tritt, da stürzen ihm Frau und Kinder vor Freuden entgegen, hängen sich an seinen Hals, an seine Hände und Beine, daß er erst gar nicht zu Worte kommen kann. Dann geht’s an’s Fragen, ob er auch Geld mitgebracht hätte, sie wären alle hungrig, fast zum Verhungern. Nun wird gleich fortgeschickt und Brod und Fleisch gekauft und das erste Mal nach langer Zeit können sich Frau und Kinder satt essen. Das ist eine Freude und ein Jubel gewesen, wie nie zuvor. Des Abends geht der Bergmann zwischen elf und zwölf Uhr in den Garten und findet Alles so wie der Venetier es gesagt hat. Lange Jahre ist der Bergmann folgsam und genügsam und wird ein grundreicher Mann. Doch am Ende fährt ihm der Geizteufel in den Kopf, er macht in einer Woche zum dritten Mal zwei Kugeln, und bringt sie nach Goslar. Als er mit voller Tasche zurückkommt, wird er müde, er mag wollen oder nicht, er muß sich unter eine Tanne legen und schläft ein. Da erscheint ihm der Venetier, weckt ihn auf und spricht: "Siehst du, jetzt wirst du wieder arm werden, wie du früher gewesen bist. Das hast du von deiner Habgier". Und da verschwindet er. Und so wie der gesagt hat und wie es der Bergmann in dem Spiegel gesehen hat, so ist es auch gekommen. Da hat er noch am Ende verhungern müssen.

    HMG22 – Der Zauberring

    Play Episode Listen Later Mar 18, 2017 4:17


    Ein Bergmann hatte lange Weile. "I", denkt er, "du gehst hinaus in den Wald und holst dir ein Schulterstück" d.h. eine Stange Holz. Die Pfeife wird angesteckt, Taback in Beutel gethan und nun soppt er langsam die Schulenberger Höhe hinauf und in den Wald hinein. Dort weiß er zwei trockene Bäume, von grünen darf er nichts, sonst kriegte er mit dem Förster Krakeel. Er kommt bald hin; aber es steht nur noch ein trockener Baum und der andere ist ein Apfelbaum und daran hängen mehrere Äpfel. "Spaßes halber mußt du dir doch einen Apfel davon mitnehmen; denn Apfelbäume im Tannenwald, das ist eine große, eine sehr große Seltenheit hier auf dem Harze," denkt er. Er schlägt sich also einen Apfel mit einer Stange ab und steckt ihn bei, darauf macht er sich sein Schulterstück zurecht, huckts auf und geht nach Haus. Im Holzschauer setzt er’s in die Ecke, und denkt, "morgen holst du dir noch eins und so alle Tage bis zum Sonnabend, dann schneidest du’s und kriegst dann schon ein artig Theil Winterholz", dann geht er in die Stube, holt seinen Apfel aus der Tasche und will ihn essen. Als er hineinbeißt, kommt er auf etwas hartes, und sieh, es steckt ein goldner Ring darin. "Hättest du dir doch alle Äpfel abgeschlagen, so hättest du heute genug verdient." Es ist wohl noch Zeit; gleich macht er sich noch einmal fort, ist auch bald wieder dort. Aber wer nicht dort ist, das ist der Apfelbaum mit seinen Äpfeln. "Nimmst du dir ein Schulterstück wieder mit, so hast du doch etwas für deinen Weg." Er steckt den Ring an den Finger, bisher hat er ihn in der Hand gehabt und oft besehen und sich darüber gefreut. Nun steckt er ihn an; denn sonst wäre er ihm im Wege gewesen. Er ladet wieder auf und fort geht’s nach Haus. Unterwegs begegnen ihm Leute, die laufen weg; er weiß aber nicht, warum. Wie er nach Zellerfeld kommt, laufen die Alten und die Jungen vor ihm weg; er weiß nicht, warum. So geht’s auch, als er auf den Hof kommt, und seine Kinder sind da, die laufen in’s Haus; er weiß aber noch nicht, warum. Zuletzt geht er in die Stube, wo seine Frau und seine Kinder sind, er frägt: "Warim laft ihr denn vor mer wack?" Da wollen sie auch alle wieder ausreißen. Er riegelt aber gleich die Thür zu. Da klärt sich’s auf. Sie hören ihn wohl, können ihn aber nicht sehen; das ist so schaurig gewesen. Da fällt ihm der Ring ein, er zieht ihn ab und da sehen sie ihn in der Stube stehen. Nun erzählen ihm seine Kinder, da wäre ein Stück Holz durch den Thorweg gekommen, das hätte in der Luft geschwebt und Niemand hätte es getragen, auch wär’ es so in den Holzstall gegangen und hätte sich in die Ecke gestellt und darum wären sie vor Furcht herein gelaufen; da in der Stube hätten sie seine Stimme gehört und ihn nicht gesehen, da wären sie noch banger geworden. Jetzt weiß er Bescheid, der Ring macht ihn unsichtbar. Er probiert ihn nun erst ordentlich und richtig, es ist so, wer ihn anzieht, der ist gleich unsichtbar. Damit hat der Bergmann denn Manches belauscht und hat vieles gesehen, was andere nicht gesehen haben. Als er aber todt gewesen ist, da ist auch der Ring weg gewesen.

    HMG21 – Der Bielstein

    Play Episode Listen Later Mar 11, 2017 4:57


    Ein junger Bergbursche hatte sich bei Lautenthal verloren und konnte und konnte sich nicht wieder finden. Nach vielem Bergauf- und Bergabklettern kommt er dahin, wo der Bach herunter fließt, er wird die Laute genannt, da wo die hohen Felsen stehen. Immer weiß er noch nicht, wo er ist; es wird schon finster und die Vögel haben auch die Köpfe schon unter die Flügel gesteckt und fangen an zu schlafen. Da hörte er mit einem male eine Rabenstimme, die krächzte ganz gefährlich. Er wendet sich nun und sieht einen großen, großen Raben, der hat ein goldenes Halsband um, und auf dem Rücken ein allerliebstes Mädchen. Das Mädchen steigt von dem Raben ab, der Bergbursche hin nach ihm, und das niedliche Kind kommt auf ihn zu und reicht ihm die Hand und spricht, er solle mit ihm gehen. Natürlich er thut es und geht mit. Es führt ihn an den Felsen, zieht ein Stöckchen aus dem Busen und klopft dreimal an den Stein, da thut sich der Felsen auf, und sie gehen mit einander hinein. "Ach", sagte das Mädchen, "mein Lieber, willst du mir einen Gefallen thun, und willst mich unglückliches Geschöpf erlösen? Ich bin von einer bösen Hexe verwünscht und kann nur alle hundert Jahre einmal drei Tage Mensch werden. Jetzt ist schon der zweite Tag vorbei, morgen ist der letzte, dann muß ich wieder hier in diesem dunklen Felsen sitzen und hundert Jahre warten, ehe ich wieder Mensch werde, wenn mich keiner bis morgen erlöst." "Ja," sagte der Bergbursche, "womit kann ich dich denn erlösen?" "Ach," spricht sie ganz traurig und betrübt, "komm morgen mit drei weißen Rosen hierher, die Höhle wird offen sein, du mußt dich aber nicht fürchten, auch bei Leibe nicht sprechen. Dann machst du ein Feuer hier auf dieser Stelle an, das Holz mußt du mit herein bringen und wirfst die drei Rosen in’s Feuer, daß sie verbrennen, dann bin ich erlöst und du wirst recht reich und glücklich." Der Bergbursche verspricht ihr, er will Alles thun. Nun stehen da große Truhen voll Gold und schöner Edelsteine. "Hier," sagt sie, "nimm dir einstweilen, so viel du willst, damit du siehst, ich meine es treu, und du bist gewiß auch treu und hältst Wort." Er schwört sogar, daß er Wort halten will, darauf steckt er sich die Taschen voll Gold und Edelsteine, dann bringt ihn das Mädchen auf den rechten Weg, daß er sich nach Haus finden kann. Er ist gar nicht weit von Lautenthal gewesen und weiß nun gleich Bescheid. Des andern Morgens läuft er in ganz Lautenthal herum, und kann und kann erst keine einzige, vielweniger drei weiße Rosen kriegen; denn es ist Winter gewesen, wo man keine weißen Rosen hat. Endlich kriegt er doch noch seinen Willen und freut sich wie ein König, daß er noch drei weiße Rosen kriegt; es ist schon Dämmerung gewesen und die höchste Zeit. Nun läuft er gleich hin nach dem Felsen, jetzt nennt man’s den Bielstein, der ist offen. Er sucht sich erst einen Arm voll Äste; Stahl, Stein und Schwamm und Schwefelsticken hat er auch mit und geht in die Höhle. Es ist noch alles, wie gestern, nur das hübsche Mädchen ist nicht da. Er legt nun das Holz zurecht und mach Feuer. Wie er aber den Schwefelstock anstecken will, so kommt ein furchtbarer großer Kerl und giebt ihm eine Ohrfeige, daß ihm die Gedanken vergehen, und er besinnungslos zur Erde fällt. Wie lange er da gelegen hat, das weiß er nicht, endlich macht er sich auf und kriecht heraus und geht Heim. Von der Zeit an hat er nur alle Tage ein paar Worte sprechen können, sonst ist er stumm gewesen. Da hat er denn nach und nach die Geschichte erzählt. Zu arbeiten hat er nicht gebraucht, denn er hat von dem Geschenk doch genug zu leben gehabt. Alt ist er aber nicht geworden. Und von dem hübschen Mädchen hat keiner wieder was gehört und gesehen. Sitzt wahrscheinlich noch im Bielstein.

    HMG20 – Der Zank im Grabe

    Play Episode Listen Later Mar 4, 2017 2:25


    Zwei Junggesellen kommen des Sonnabends Abends von der Freit. Es ist so gegen elf. Beide sind auch am Sonntag während der Predigt geboren, also Sonntagskinder, die Geister sehen und hören können. Einer hat das aber dem andern nicht gesagt und weiß es also keiner von dem andern. Sie gehen mit einander über den Clausthaler Gottesacker, weil sie am Zellbach gewohnt haben. Zwischen dem Spittel und der Gottesackerkirche, wo der große Baum steht, hören sie Stimmen. Der eine stößt den andern an und spricht: "Härschte dos, Carel?" "Freilich," sagt der andere, "do zanken sich ä paar im Grob im fünf Mateer." "Horch, sie schalten sich ju ah!" sagte der eine und der andere spricht: "dos sollte mer doch kaum gläm, daß se ah im Grob noch net ämol Fried hahn könne." "Su giehts," sagt der andere, "dar äne hat dam annern im fünf Matteer betruhng. Nu muß har sich ah im Grob noch än Betrieger schalten loßen. Ja, ja, mein Vater sahte immer: ‚Ein gut Gewissen, ist ein gutes Ruhekissen.’" In solchem Gespräch kamen sie vor ihrem Haus an und sagten einander gute Nacht. Ob die sich im Grabe vielleicht noch geschlagen haben, oder was noch daraus geworden, wer weiß es?

    HMG19 – Die Ratskatze von Sankt Andreasberg

    Play Episode Listen Later Feb 25, 2017 2:07


    Vor 500 Jahren erschien über dem Neufang ein Komet, welcher nach dem Aberglauben der Leute etwas zu bedeuten haben musste. Als der Komet zum ersten mal hoch am Himmel gesichtet wurde, kam von Lauterberg eine ausgehungerte Katze herauf und setzte sich auf die Stufen vor dem Rathaus. Zu dieser Zeit herrschte eine große Mäuseplage in Sankt Andreasberg, welcher die wenigen Katzen in der Bergstadt nicht Herr werden konnten. Daher ließ man die Katze hinein, welche sich sogleich über die Mäuse her machte, bis das Rathaus frei von dem Ungeziefer war. Einige Tage später brachte die Katze Junge zur Welt – eines für jedes Fenster – und bald darauf sah man in jedem der Rathausfenster eine Katze sitzen. Die Leute erzählen sich, die Katze sei sehr alt geworden – 20 Jahre, 20 Wochen und 20 Tage alt – und von dieser Ratskatze und Ihren Jungen stammen alle heutigen Katzen in Sankt Andreasberg ab. Zum Gedenken an den Kometen und die darauf folgenden Ereignisse wird in Sankt Andreasberg seit dem das Fleisch vor der Suppe verzehrt.

    HMG18 – Der Zwergenkrieg

    Play Episode Listen Later Feb 18, 2017 6:00


    Ein Bergmann war nach Lautenthal gewesen. Als er an die Berge kam, da wo die Lautenthäler Teiche liegen, hörte er einen Tumult, ein Schreien und Wehklagen, ein Rufen und Toben, als wenn kleine Jungen was vorhaben mit einander. Er geht näher und sieht, daß der Teich weg und eine große Wiese da ist, auf der zwei Heere Zwerge Krieg führen. Große Schaaren kämpfen mit einander mit Säbeln und Dolchen, andere Schaaren rücken im Sturmschritt auf einander los und hauen mit ihren kleinen Schwertern wüthend auf einander ein, daß haufenweis die Todten und Verwundeten umherliegen und jammern und klagen. Es ist ein Ringen und Fechten, daß es bei Großen nicht gut schlimmer sein kann. Dabei ein Trompeten und Trommeln, als wie’s die kleinen Jungen wohl machen auf ihren kleinen Trompeten und Trommeln, und das ging Alles wild durch einander. Schießen konnten sie aber nicht, denn das Pulver und die Gewehre waren noch nicht erfunden. Dafür stachen und hauten sie sich aber ohne alle Gnade nieder. Keiner gab und nahm Pardon. Als der Bergmann so zusah und sich über den Muth der Kleinen wunderte, kamen zwei Zwerge auf einem freien Platz zusammen, die hatten schöne Röcke an und starrten von Gold und Silber, auch hatten sie kleine Kronen auf dem Kopf und kleine funkelnde Sterne auf der Brust. Der eine war ein bischen größer, als der andere und auch stärker; deswegen warf er bald den kleinen auf den Boden. Da aber sprang der Bergmann zu und gab dem größeren mit seinem zackigen Stock einen über den Kopf, daß der auch zu Boden stürzte und bald, nachdem er noch ein Weilchen gezappelt hatte, todtgieng. Nun kamen die andern Zwerge, die dazu gehörten und wollten dem Bergmann zu Leibe, weil er ihren König todt geschlagen hatte. Der Bergmann mähte aber dermaßen dazwischen, daß es eins, zwei, drei gieng, da waren sie in den Wald gejagt, nur das eine Heer stand da noch, dessen König von dem Bergmann errettet war. Da kamen sie alle um ihn herum und küßten ihm Hände und Füße, ja sie wußten gar nicht, wie sie ihm dankbar genug sein sollten. Der kleine König aber trat vor und befahl, die andern sollten einmal zurücktreten, er wolle seinem Erretter danken und etwas sagen. Ehrfurchtsvoll trat Alles zurück, und der kleine König kam und dankte mit hübsch gesetzten Worten; "ja", sagte er, hier könne er nicht genug danken, er möchte doch so gut sein und mitgehen nach seinem Palast, dann wolle er ihn erst königlich belohnen. Der Bergmann ging mit, und sie kamen mit einander vor eine Höhle, da gieng’s hinein; dann in einem langen Gang fort und zuletzt in einen schönen Saal hinein. In dem Saal standen lange Tafeln, darauf standen Teller und Leuchter und Schüsseln von purem, reinen blanken Silber, die Wände glänzten von Spiegeln und Edelsteinen, und es war eine Helligkeit und eine Pracht, wie’s nur in einem Königssaal sein kann. Da kamen denn auch die vornehmen Herren, die zu dem Zwergekönig gehörten, alle mit Gold- und Silbertressen an den Röcken, und der Bergmann hatte seine Sonntagshose und Kittel an, und seinen Schachthut auf, wie man’s damals trug. Aber trotzdem mußte er sich oben an setzen neben den König, und einer rühmte den Bergmann noch mehr, als der andere, der König aber am meisten. Es wurde gegessen und getrunken, und der Bergmann sprach dem Braten und dem Wein tüchtig zu, so daß zehn königliche Diener für den allein immer auftragen mußten. Es fehlte aber an nichts, man wurde auch fröhlich und guter Laune; das gefiel dem Bergmann erst recht und er sagte, das wär’, wie auf einer Hochzeit. Auch ließen die Zwerge ihn hochleben und er den König und sein ganzes Volk. Kurz sie wurden alle fröhlich und vergnügt. Am Ende stand man vom Tisch auf, und er wollte nun nach Haus. "Noch nicht", sagte der König, "erst muß ich dir was zeigen, auch muß ich dich erst belohnen. Komm mal her." Und der gieng mit ihm in seine Silberkammer. Da hätte denn einer den Reichthum sehen sollen! Nein, so viel Gold und Silber kann kaum auf der ganzen Welt sein. Nun sagte der König, "nimm was und wie viel du magst, und wenn du Alles mitnimmst, je mehr du nimmst, desto mehr freue ich mich." Der Bergmann ließ sich nicht zweimal nöthigen. Er steckte sich seine Taschen so voll, daß sie bald abrissen. Da geben ihm die Zwerge auch noch die Krone und das Scepter von dem König, der besiegt war und todt. Als nun der Bergmann Abschied nahm, da weinte das ganze kleine Völkchen und mit Thränen baten sie ihn, er möchte doch bald einmal wieder kommen. Es wurde ihm ordentlich wehmüthig zu Sinn, als er die kleinen, guten Leute verlassen sollte, noch saurer wurde es ihm aber, den Lautenthäler Berg mit der Last hinaufzusteigen. Froh und vergnügt kam er nach Hause, machte das Silber zu Geld und verkaufte die Krone und das Scepter an den Herzog von Braunschweig und wenn ihm etwas fehlte, so suchte er seine kleinen Freunde auf, die halfen ihm jedesmal. Er hat aber keinem Menschen das Loch gesagt, worin der Zwergkönig wohnte; das mochten sie ihm wohl verboten haben. Seine Familie aber ist noch vor 30 Jahren recht wohlhabend gewesen, nachdem er schon lange todt war.

    HMG17 – Der Grasmäher ein Hund

    Play Episode Listen Later Feb 12, 2017 2:31


    Vor langen Jahren mähten ein paar Bergleute Gras mit einander. Oft hatte der eine des andern Appetit bewundert und gesagt: "Wo du das viele Essen lä’t, kann ich nicht begreifen." Wie nun Vesperzeit war, legten sie ihre Sensen hin, und der Vielfraß sagte zum andern: "Bleib hier, ich will einmal ins Holz." Sie waren nicht weit vom Schindanger. Er ging. Der andere ahnte nichts Gutes und schlich sich deshalb unbemerkt dahinter her. Bald darauf sah er zu seiner Verwunderung, daß der erste bei einem ausgeschleppten und abgedeckten Pferde stand, einen Riemen aus der Tasche zog, diesen umband und gleich darauf in einen großen schwarzen Hund verwandelt wurde. Vergierig stürzte sich dieses Geschöpf auf das Aas, fing heißhungrig an zu fressen, bis die halbe Pferdekeule verzehrt war. Dann that er, als wenn er sich einige Haare aus der Seite rupfte und war in dem Augenblick der frühere Mensch wieder. Alsdann kam er langsam zurück und begegnete jetzt seinem Kameraden, der noch stumm und starr da stand. Der aber sagte: "Jetzt habe ich gesehen, woher es kommt, daß du soviel beischlagen kannst. Du hast einen Hundemagen; ich habe Alles gesehen, was du gemacht hast und" – indem er noch weiter sprechen wollte, war sein Kamerad verschwunden und Niemand hat je wieder davon etwas gesehen und gehört.

    HMG16 – Der geheimnißvolle Gedingarbeiter

    Play Episode Listen Later Jan 28, 2017 3:34


    Lange Jahre haben ein paar Kameraden auf einem Geding gearbeitet und sich dabei nicht zu Tode gequält; besonders der eine, welcher immer später angefahren ist, als der andere, der’s nicht besser hat haben wollen. Ist er hinein gekommen, so hat sein Kamerad jedes mal schon so viel herausgehabt, daß große Felsmassen dagelegen haben, und mit Entzweischlagen und Aufräumen der Erze ist die Schicht zu Ende gebracht. Bisweilen hat dann dieser den ersten wohl gefragt, wie er nur das so leicht heraus bringen könnte? Dann hat er aber zur Antwort gekriegt, das ginge ihm nichts an; er solle die guten Tage genießen und ihn deshalb nicht fragen, auch ihm nicht neugierig nachgehen oder belauschen. Thäte er das, so wäre es aus mit ihnen, und er müsse dann wieder den Bohrer gerben und was außerdem noch geschähe, würde sich finden. So geht denn eine Woche, ein Quartal, und ein Jahr nach dem andern hin, ohne daß der später anfahrende Gedingarbeiter neugierig über des andern Thun wieder nachgedacht, vielweniger denselben beobachtet, oder belauscht hätte. Da aber ist es eines Morgens, daß er einen unwiderstehlichen Drang fühlt, aufstehen und anfahren zu müssen, ehe die gesetzte Zeit da ist. Er denkt gar nicht an das Verbot des Kameraden, zieht sich an und fort geht’s nach der Grube zu. Das Licht wird angesteckt und mit einer Hast, als würde er an den Haaren fortgezogen, eilte er in den Schacht hinab und auf der Strecke fort, die zu seinem Gedinge führt. Dreißig Schritt von diesem entfernt, bleibt ihm aber vor Schreck der Athem stehen, denn er sieht einen wüthend großen Ochsen vor seinem Gedinge mit den gewaltigen Hörnern immer ins Gestein hinein rennen und große Felsstücke herauswühlen. Endlich steht das Thier einen Augenblick stille und neue Verwunderung: der Ochse verwandelt sich in einen Menschen und ist wieder der andere Kamerad. Jetzt kann sich der Beobachter nicht mehr halten, er geht hin und spricht zu seinem Kameraden: "Jetzt habe ich gesehen, wie du das harte Gestein herauskriegst; das ist kein Wunder, wer solche Kräfte und Zaubergewalt besitzt, der kann sich schon helfen." Doch der Zauberer antwortet: "Wärest du nicht durch eine geheime Macht hierhergekommen, so würde ich dich schlimm behandeln müssen, doch da du unschuldig daran bist, so wird dein Vergehen nur dadurch bestraft, daß du von jetzt an deine Arbeit allein, und dein Geding mit großer Anstrengung heraus machen mußt. Es gehe dir wohl!" Damit ist er verschwunden und Niemand hat gewußt, wo er geblieben ist. Von der Zeit an hat aber der Gedingarbeiter seine Löcher bohren und sich sauer quälen müssen; da hat er denn oft gesagt, "hätt’ ich doch meinen Kameraden noch, ich würde ihm nie nachgehen, ihn nie belauschen, mein Lebetag nicht; ja es sollten mich keine zehn Pferde dahin bringen." (von August Ey)

    HMG15 – Das Bleigießen am Andreastag

    Play Episode Listen Later Jan 21, 2017 3:35


    Am Andreasabend, d.h. am Abend vor Andreastag, wird hier Blei gegossen, das ist eine bekannte Geschichte. Es versammelt sich das junge Mädchen- und Mannsvolk bei Diesem und Jenem, essen Honigkuchenkalteschale, tanzen, singen, spielen, werfen den Schuh, schütteln den Erbzaum, führen sich dabei an und verkürzen sich den Abend, bis die elf herankommt; zuletzt wird Blei gegossen. Dabei ist Regel, Niemand darf sprechen, sonst gilt’s nicht, und der Guß gelingt nicht. Ist aber Jedes stille, so erfährt’s aus der Gestalt, die das Blei beim Guß angenommen hat, ob das Mädchen einen Berg- oder Forstmann, oder was es für einen Mann kriegt. Und umgekehrt, wessen Tochter der Junggesell einmal heirathet; es soll schon oft eingetroffen sein und deshalb glaubt man’s und gießt Blei. Also am Andreasabend sind einmal eine ganze Menge Mädchen allein in der Küche und wollen Blei gießen. Das eine hat schon gegossen und hat hübsche Tannenbäume gekriegt; sie heirathet also einmal einen Förster. Die zweite setzt eben das Blei in den Löffel, da fällt ein Menschenbein im Schornstein herunter und bleibt stehen, dann noch eins und bleibt dabei stehen. Nun kriegen sie es alle mit der Angst und wollen ausreißen, aber die Thür und die Fenster sind fest zu und sie können nicht weg. Darnach fällt ein Rumpf im Schornstein herunter und auf die Beine und bleibt sitzen. Darnach kommt ein Kopf und fällt auf den Rumpf und bleibt darauf sitzen. Dann fallen auch noch ein paar tüchtige Arme im Schornstein herunter und bleiben an dem Rumpf sitzen und so steht da ein langer, hämischer Kerl. Zuletzt kommt auch noch ein tüchtiger Prügel zum Schornstein herein und fällt dem Kerl in die Hand. Und nun hätte man sehen sollen, wie erbärmlich der Kerl mit dem Knüppel auf die armen Mädchen los schlug, ja es war zum Gotterbarmen. Als sie nun alle windelweich geschlagen waren und halb todt auf der Erde lagen und schrecklich winselten und jammerten, da flog mit einmal der Knüppel, dann die Arme, dann der Kopf, der Rumpf und zuletzt die Beine wieder zum Schornstein hinaus. Die Leute kamen aus dem Hause alle in die Küche, fanden die Mädchen im Blute liegen, ließen sich die Geschichte von einem Mädchen erzählen, das am wenigsten geschlagen war und mit dem Bleigießen war’s für diesmal verpfuscht; zwei von den Mädchen sind am folgenden Morgen gestorben. Daran hatte aber eine beianwohnende Hexe schuld; die Mädchen hatten ihre Tochter nicht mit beim Bleigießen haben wollen. Das hatte sie ihnen zum Possen gethan. (von August Ey)

    HMG14 – Die Geizige

    Play Episode Listen Later Jan 14, 2017 3:14


    Eine Frau aus Zellerfeld besucht einmal ihre Schwester in Lautenthal. Als sie hinkommt, hört sie, daß Tags zuvor aus dem Haus eine Frau begraben ist, die aber allgemein der Geizhals geheißen hat. Die Lautenthäler hat keine Kammer weiter gehabt, ihre Schwester muß also in der Stube auf dem Canapé schlafen. Es wird nun Bettzeug herunter geholt, und ein Bett da zurecht gemacht. "Ja", spricht die Zellerfelder, "die Geizige ist doch hier auf dem Canapé nicht gestorben?" "Nein", sagte die andere. "Wo ließ ich dich denn sonst da schlafen?" In gutem Glauben legt sich also jene auf das Bett, das zurecht gemacht ist. Die anderen gehn trepp auf; die Zellerfelder kann aber nicht einschlafen. Es schlägt zehn, es schlägt elf, und sie schmeißt sich von einer Seite auf die andere. Wie es gerade ein Viertel auf zwölf schlägt, denkt sie, "na, das ist die Geisterstunde, wenn nur die Geizige wegbleibt". Aber kaum hat sie es gedacht, da geht die Thür auf und herein kommt eine weiße Gestalt. Der Mond ist halb gewesen und hat in die Stube geschienen, daß man recht gut so etwas sah. Auch sind die Laden nicht zu gewesen. Die Gestalt kommt auf die Frau zu, die da liegt, schiebt den Tisch weg und faßt den Mantel (es ist der ihrige gewesen), mit dem die Zellerfelder zugedeckt ist und reißt ihn der weg; denn sie hat auch im Tode noch nicht leiden können, daß ihre Sachen gebraucht werden, wirft ihn in die Stube, kramt auch noch vor der Schublade herum und das alles mit schrecklichem Lärm und Spektakel, so daß der Zellerfelder der Angstschweiß ausbricht. Endlich schlägt’s zwölf und mit dem letzten Schlag ist Alles weg und still. Bis dahin hat die Zellerfelder nicht sprechen und rufen können; sie hat’s versucht, es ist aber nicht gegangen. Nun kann sie aber rufen und schreit ihre Schwester wach, die kommt herunter und findet, wie sie herein kommt, den Mantel mitten in der Stube und auch das Zeug der Todten, das in der Schublade gelegen hat, auf der Erde herum liegen; sonst aber nichts weiter verändert. Von da an hat sich die Geizige nicht wieder sehen und hören lassen. (von August Ey)

    HMG13 – Der dem Teufel vermachte Junge

    Play Episode Listen Later Jan 8, 2017 2:30


    Da unten im Prachtgäßchen in Clausthal wohnte vor langen Jahren eine Frau, die hatte ihren Jungen dem Teufel vermacht, damit er ihr dafür recht viel bringen sollte. Wie die Zeit nun bald herum war, daß der Teufel nach ihrer Meinung den Jungen holen mußte, da macht sie sich fort ins Land, und läßt ihr Kind zu Haus. Des Abends in der Dämmerung sitzt der Junge hinterm Tisch auf der Bank, und seine Wirthin und ihre Schwester sitzen und spinnen Hede. Alles ist still, die Räder schnurren bloß und draußen saust der Wind; es ist ein recht graulicher Abend. Da hören sie mit einem mal ein Gepolter, und ein Spektakel im Schornstein herunter und hinein in den Ofen, daß den Frauen Hören und Sehen vergeht. Zur Thür können sie nicht hinaus, die ist zu. Hinaus wollen und müssen sie. Sie springen also zum Fenster hinaus, und sagen: "Junge, komm’ mit". "Ach", schreit der, "ich kann nicht, ich kann ja nicht vom Platz, es ist, als wär’ ich fest gebannt". Sie lassen ihn also sitzen und machen so schnell sie können, um auf die Nachbarschaft zu laufen und Hülfe zu holen. Als sie wieder kamen mit Hülfe, da ist der Junge vom Platz weg, die Wände sind mit Blut verspritzt und es ist eine wahre Wüstenei in der Stube. Alles über einander geworfen, Tische und Bänke umgestürzt und mitten in der Stube liegt der Junge mit zermalmten Armen und Beinen und ist todt. (von August Ey)

    HMG12 – Sonderfolge 2

    Play Episode Listen Later Jan 1, 2017 3:43


    In dieser Sonderfolge stellen wir das Konzept des Harzmagie-Podcasts kurz vor (quasi als verspätete Folge 0), gehen auf das Podwichteln 2016 ein und stellen unsere Pläne für das neue Jahr vor.

    HMG11 – Podwichtelfolge

    Play Episode Listen Later Dec 24, 2016 29:55


    Zu Weihnachten haben wir von unseren lieben Podwichteln Fabian und Thorsten diese großartige Folge, inklusive eines Beitrags der wundervollen Hoaxmistress Alexa, geschenkt bekommen. Wir haben uns sehr über diese Folge gefreut und bedanken uns recht herzlich dafür. Wir hoffen unsere Bewichtelten freuen sich über ihr Geschenk ebenso wie wir uns über diese Folge gefreut haben. Welcher Podcast uns bewichtelt hat, und welchen Podcast wir bewichtelt haben, wird zunächst nicht verraten. Wir verraten nur so viel; beide Podcast sind absolut hörenswert. Wir wünschen unseren Hörern viel Spaß beim Hören, frohe [Weihnachten|Chanukka|Jahres-Endzeit-Fest|oder was immer euch glücklich macht]. Hallo, wir durften über das Podwichteln 2016 eine Folge für diesen Podcast machen. Da wir keine Vorlesestimmen haben, können wir dieses nur so machen wie wir es können. Wir besprechen in unseren Podcast Hörspielgeschichten einer bestimmten Hörspielserie, also dachten wir uns, wir besprechen eine Harzgeschichte. Wir bedanken uns, das Alexa von Hoaxilla – dem skeptische Podcast aus Hamburg, die uns in einen kleine Einspieler erklärt hat, was der Unterschied zwischen Sage und Märchen ist. Viel Spaß noch. Fabian und Thorsten

    HMG10 – Der beste Schuß

    Play Episode Listen Later Dec 18, 2016 4:48


    Es war einmal ein Bergmann, der schoß gern und konnte auch gut schießen. Nun war Freischießen in Goslar und da wollte er auch einmal sein Heil versuchen, ob er den reichen Goslarschen einige Thaler dabei abnehmen könne. Vorzüglich lag ihm daran, den besten Schuß zu thun und dann die Ehre davon zu haben; denn den besten Gewinn konnte er als Fremder nicht kriegen nach den Schützenregeln. Er nimmt also sein Gewehr vom Nagel, es ist erst hübsch geputzt und rein gemacht, es blittert und blänkert und damit fort. Als er auf die hohle Kehle kommt, damals ist der Weg noch schrecklich schlecht gewesen, so sitzt da ein alter, schwacher Mann und schwitzt und ruht sich aus, dabei ist er ganz zerlumpt, und die bloße Haut guckt hie und da durch sein dünnes Zeug; die greisen Haare hängen unter seinem alten Hut vor, und die Hand und das Gesicht sind ganz abgezehrt und abgehagert. „Ach“, sagt dieser Alte: „lieber Mann, gebt mir doch, um Gotteswillen, ein Almosen.“ Der Bergmann hatte ein gutes Herz, er griff in die Tasche und gab ihm die Hälfte von seinem ganzen Gelde, wofür er zwei Sätze schießen wollte. Der arme Mann schien vor Freude stumm zu werden und dankte recht herzlich für das große Geschenk, dabei sagte er: „Ihr seid ein Schütze und wollt hinuter nach Goslar zum Schützenhof und mit schießen. Ich weiß es. Hier nehmt dies Gläschen und wenn ihr schießen wollt, so gießt daraus drei Tropfen auf das Visier.“ Dann ging er fort und der Bergmann nach Goslar. Als er nach Goslar kam und eben schießen wollte, holte er erst sein Gläschen hervor und goß drei Tropfen auf´s Visier, legte dann an, und o Wunder, er hatte nun die weite Scheibe ganz dicht vor sich, so daß er nur auf den Nagel zu halten brauchte. Als es knallte, tanzte der Scheibenweiser und wollte gar nicht fertig werden. Der Bergmann hatte mitten auf den Nagel getroffen und den besten Schuß. So giengs mit jedem Schuß und der nahm ein ungeheures Geld mit nach Haus und hatte auch die Ehre, den besten Schuß gethan zu haben; so hatte er mehr auf den einen Satz, als er sonst auf zwei gehabt hätte. Darnach nahm er sein Gewehr auf die Schulter und gieng mit vollen Taschen wieder nach dem Harz. Als er auf die Stelle kam, wo der Alte gesessen hatte, da saß er wieder und fragte: „Na, wie ist es gegangen?“ „Recht gut“, sagte der Bergmann. „Jetzt müßt ihr mir aber mein Fläschchen wiedergeben“. „Ja wohl“ sagte der Bergmann, holte es aus der Tasche und reichte es gleich dem Alten hin. Auch bedankte er sich dabei und sagte, so etwas hätte er in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen und erlebt. Das wäre ein köstliches Wasser. Wenn er das immer hätte, so sollte es nicht lange dauern und er wollte sich bald so viel zusammen schießen, daß er der reichste Mann würde. Darauf sagte der Alte: „Weil du das Glas gleich so gutwillig mir wiedergeben willst, da du doch weißt, was es für einen großen Werth für dich hat, so sollst du es ganz behalten. Damit du aber weißt, wozu es noch gut ist, so habe ich dir noch nicht Alles gezeigt und gesagt, was man damit erzielen kann“. „Sieh“, hier nahm er einen breiten Schieferstein auf, goß drei Tropfen aus dem Glas darauf und in dem Augenblick war der Stein in ein eben so großes Stück Silber verwandelt, das er dem Bergmann hinreichte. „So kann man es auch gebrauchen. Das nimm zur Belohnung für deine Mildthätigkeit und gebrauche es ordentlich, aber mißbrauche es nicht, sonst ist es dir unter den Händen weg.“ Der Bergmann drückte dem Alten die Hand und in dem Augenblick war dieser verschwunden. Ganz überglücklich gieng der Bergmann nach Haus, brauchte das Glas nach der Vorschrift und ist so nach und nach zum reichen Mann und zum berühmtesten Schützen auf dem ganzen Harze geworden.

    HMG09 – Der Todtentanz

    Play Episode Listen Later Dec 11, 2016 2:26


    In Clausthal trägt ein Schusterjunge eine Suppe weg, der Meisterin Schwester hat in Wochen gelegen und der soll er die Wochensuppe hinbringen. Er geht über den Gottesacker, es ist ein hübscher Abend gewesen; aber der Mond hat nicht geschienen. Als er bei die Gottesackerkirche kommt, so sieht er vom Wege links ab vor der hintern Kirchthür, die auf diesseits gewesen ist, Vier mit einander tanzen; sie haben Sterbekittel an und er weiß, daß sie alle Vier schon vor zwei oder drei Jahren gestorben sind. Zwei Männer und zwei Frauen. „I“, denkt er, „was ist denn das? träumst du denn, oder bildest du dir das ein? Du sollst einmal ordentlich zusehen.“ Er geht also vom Weg ab und hin und will sich überzeugen. Als er noch ein paar Schritt davon entfernt ist, da lassen die Träger los und eins der Mannsbilder springt auf ihn zu, und giebt ihm eine solche Ohrfeige, daß dem Jungen der Kopf halb auf der Seite sitzt. Natürlich läßt er vor Schreck den Teller mitsammt dem Suppennapf fallen und geht zu Haus und weint. Als er nach Haus kommt, erzählt und sagt, er habe den Napf mit der Suppe fallen lassen, da will ihn seine Meisterin noch dazu schlagen. Sie hats aber nicht nöthig; denn der Junge fällt um und ist todt. Das kommt vom Vorwitz.

    HMG08 – Die Königstochter ein Schmetterling

    Play Episode Listen Later Nov 30, 2016 6:24


    In einem schönen Schloße hier am Harze wohnte eine Königin mit ihrer Stieftochter. Der König war todt und hatte das Mädchen seiner zweiten Frau auf die Seele gebunden, daß sie sich seiner annähme, und es gut hielte. Wie aber der Vater todt war, da waren auch dem Mädchen seine guten Tage aus und doch war es so gut und so fromm, dabei wie Milch und Blut, ja so schön, wie es noch kein Mädchen auf der Welt gegeben hatte. Das rührte aber alles die böse Stiefmutter nicht, sie that Tag für Tag dem guten Kinde mehr zu leid, ja es bekam auch sogar Schläge auf seinen Rücken, und auf seine wunderlieblichen Backen, daß ihm die Thränen davon fielen. Das hielt es alles ruhig aus, es wiedersprach nicht, es widersetzte sich nicht, es blieb sanft und gut, aber sein Herz schwamm ständig in Thränen. Wer das sah, dies Elend, der mochte noch so hart sein, dem wurde das Herz weich. Ein jeder hätte gerne dem unglücklichen Kinde geholfen, sie konnten aber nicht; denn die Königin hatte das Regiment ganz allein, und wehe dem, wer etwas ihr darüber gesagt oder tethan hätte. So mußte denn das arme Kind sein Leid tragen. Alle Mittag durfte es eine halbe Stunde spazieren gehen auf der Wiese, die bei dem Schloße war, da weinte es sich denn recht dick und satt und oft war es, als wollte ihm sein gutes Herz brechen. Ach, wie manch heißes Gebet that es hier, wie oft sah’s nach dem Himmel, wo sein guter Vater war, wie klagte es da dem lieben Gott seine Noth und bat zuletzt, er möchte es doch von der Welt und zu seinem Vater in den Himmel nehmen, damit es von seiner bösen Stiefmutter wegkäme. So war denn manches Jahr darüber hingegangen, es lebte aber immer noch und trug sein Unglück mit Geduld. Einen Trost hatte es, das war sein gutes Gewissen und eine Hülfe, sein Gebet, die hielten es, daß es nicht ganz verzweifelte, sondern Muth behielt. Nach einem recht schönen Tage, wo es wieder tüchtig von der Stiefmutter ausgezankt und geschlagen war, gieng es wieder auf die Wiese hinaus, und betete heute recht inbrünstig zu Gott, er möge es doch aus dieser Jammerhöhle zu sich nehmen, er möge sich seiner doch endlich erbarmen. Da hörte es auf einmal eine Stimme, es war, als käme sie vom Himmel, die sagte: „Warte bis diesen Abend.“ Ruhig gieng es zu Haus, that seine Arbeit, heute schneller und viel besser noch, als sonst, und dann gieng es in sein Kämmerlein, betete erst noch einmal recht ordentlich und wollte sich dann auf sein Bett legen und dachte, darnach ständ es nicht wieder auf. Es kam aber anders. Als es mit Beten fertig war, that sich die Thür auf und herein kam ein kleines graues Männlein und sprach: „Dein Gebet ist erhört, du sollst errettet werden. Du sollst der schönste Schmetterling werden, du sollst dich an Blumenduft und Honigseim laben und Niemand soll dich verfolgen und fangen dürfen, als deine böse Stiefmutter, die aber soll in eine häßliche Nachteule verwünscht werden und bestimmt sein, dich bei Tag zu verfolgen und von den andern Vögeln gejagt und gepeinigt zu werden.“ In dem Augenblick war das liebliche Mädchen der wunderschöne Schmetterling, und das graue Männchen war verschwunden. Der Schmetterling flog durch das Fenster, das noch offen war und suchte sich auf einem Baumblättchen eine Stelle zum schlafen. Eben hatte er sich aber zurecht gesetzt, so hörte er einen Ton, der klang wie der einer Nachteule und richtig, die kam daher geflogen, konnte den Schmetterling aber nicht gewahr werden, weil er im Laube saß. Die Eule setzte sich auf einen andern Baum und heulte und winselte die ganze Nacht. Der Schmetterling hörte es und dachte, das ist deine böse Stiefmutter. Hätte sie dich nun besser behandelt, so wäre es so nicht gekommen. Als es Morgen geworden war und die Sonne schien über Berg und Thal, da flog der Schmetterling auf und in den Blumengarten, von einer Blume zur andern und freute sich seines Lebens; denn die Blumen rochen so schön und sahen so schön aus, und hatten auch alle schönen Honigseim, daß sich der Schmetterling recht satt trinken konnte. Es dauerte aber nicht lange, so kam die böse Nachteule und wollte den Schmetterling fangen. Doch der sah früh genug die Eule und flog weg und war unter den Blumen verschwunden. Als ihn die Eule noch suchte, kamen denn die Schwalben und die Bachstelzen und stachen und jagten die Eule von einem Fleck zum andern, bis sie am Ende in ein Tiefes Loch, das in der Mauer war, retirirte. Die Vögel schwirrten noch immer davor herum und ließen sie nicht heraus. Da konnte der Schmetterlin wieder hübsch umherfliegen, und so gieng es den ganzen Sommer. Als es aber anfieng kalt zu werden, dakam gerad einmal ein Prinz auf das Schloß und wollte von hier in den Harz auf die Jagd gehen. Da flog der Schmetterling im Garten umher, und der Prinz war auch gerade im Garten. Mit einmal kam die Eule angeschossen und faßte den Schmetterling und wollte ihn zerreißen. Da stürzte aber gleich der Prinz darauf los, der sich den Schmetterling schon längst gewünscht hatte und packte die Eule und drehte ihr den Hals um. In dem Augenblick aber, daß der Schmetterling von der Eule berührt war, war es wieder das liebliche hübsche Mädchen geworden. Der Prinz verwunderte sich, reichte ihr die Hand, und sie wurde seine Frau. Nachher hat sie ihm ihre Geschichte erzählt und sie haben lange Jahre mit einander gelebt; da hat’s die Prinzessin gut gehabt bis an ihr Ende.

    HMG07 – Der Hund

    Play Episode Listen Later Oct 31, 2016 3:20


    Es waren einmal zwei Brüder, der Eine, ein Advokat, war reich, geizig, verschmitzt und schlecht, er betrog die Leute, wo er nur konnte; der Andere, ein Schäfer, war arm, ehrlich und fromm. Der Arme ermahnte oft den Reichen und sagte: „Laß doch ab von deinem Lebenswandel und denke daran, daß du einmal sterben und Gott von allem Rechenschaft geben mußt, was du gethan hast.“ Der Reiche aber lachte und spottete darüber und sprach: „Ach geh’ mit deinen Reden; ich will mit deinem Gott schon fertig werden; ich habe schon viele Processe geführt und bin immer gut durchgekommen, diesen Proceß, der mir da noch bevorsteht, will ich auch wohl gewinnen,“ und was des überklugen und stolzen Geschwätzes noch mehr war. Es kam aber die Zeit, daß der Reiche starb. Als er nun begraben war, saß der Schäfer des Abends einmal bei seiner Heerde und dachte darüber nach, wie es seinem verstorbenen Bruder wohl gegangen sein möchte, ob er jetzt glücklich und selig, oder verdammt wäre. In Gedanken vertieft, wird er einen großen schwarzen Hund gewahr, der an der Grenze der Wiese herauf auf ihn zukommt. Nach einigen Minuten steht das Thier kopfhängend und demüthig vor dem Hirten und sieht den Dasitzenden an. Der Schäfer wundert sich über das sonderbare Benehmen des Thieres und spricht, ohne eine Antwort zu erwarten: „Wo kommst du denn her, was willst du?“ Der Hund aber antwortet: „Ach Bruder, hätt’ ich dir doch gefolgt! Als ich vor Gottes Thron kam, war mein Urtheil schon bestimmt, war der Fluch über mich schon ausgesprochen, und nun kann ich nicht eher selig werden, bis das Geld, um welches ich die Leute betrog, was ich unrecht erworben habe, wieder an seine rechtmäßigen Herren gekommen ist.“ Hierauf giebt der Hund – der, beiläufig bemerkt, der verstorbene Advokat war – seinem Bruder die Namen derer an, welche er um das Geld betrogen hatte, und sagt ferner, daß der ganze Schatz in seinem Garten unter dem großen Kirschbaum verborgen läge und bittet den Hirten, das Geld an die rechtmäßigen Herren zurück zu geben. Der Schäfer erfüllt treu die Wünsche seines verstorbenen Bruders und vertheilt das übrig gebliebene Geld, zu welchem sich keine Herren gefunden hatten, unter die Armen. Darauf hat sich der Hund nicht wieder sehen lassen.

    HMG06 – Die Schildwache

    Play Episode Listen Later Oct 2, 2016 4:54


    Ein König hatte eine bildschöne Tochter, das war des Vaters höchstes Gut und er liebte sie über alles in der Welt. Da kam einst ein mächtiger Zauberer, der von der großen Schönheit der Prinzessin gehört hatte und wollte sie heiraten. Der König aber schlug dem Freier die Bitte ab und so die Tochter auch. Deshalb wurde der Zauberer böse und verwünschte die Prinzessin; denn er sprach: „Du sollst augenblicklich sterben, und alle Nacht um 11 Uhr aus deinem Grabe heraus steigen und bis um 12 Uhr ein Bär sein!“ Du König aber sollst alle Nacht eine Wach an das Grab stellen, und tust du das nicht, so bist auch du ein Kind des Todes. Als er das gesagt, stürzte das blühende Mädchen tot zur Erde, der Zauberer aber war verschwunden. Man machte alle möglichen Versuche, das Mädchen zu retten, sie war aber tot und blieb tot. Weil nun alles nicht half, so wurde sie in der Kirche begraben und dem Vater brach darüber beinahe das Herz. Er erinnerte sich aber an den schrecklichen Befehl des Zauberers und ließ eine Wache an das Grab stellen. Am folgenden Morgen bekam der betrübte König die Nachricht, das die Wache zerrissen und tot bei dem Grabe gefunden wäre; den zweiten Morgen kam die nämliche schreckliche Botschaft und so alle Tage. Das ging lange Zeit so und der König hatte fast keine Soldaten mehr, die Wache bei der verstorbenen Prinzessin stehen wollten; deshalb musste endlich jedes mal gelost werden. Da traf einst das Los einen Soldaten, der ein junger hübscher Mensch und der einzige Sohn seiner Eltern war. Als er aber gezogen hatte, wurde er ganz traurig; denn er dachte, dass es ihm nicht besser gehen würde, wie seinen andern Kameraden, die Wache bei dem Grabe standen. In seiner Verzweiflung ging er noch einmal hinaus ins Freie, er wusste aber nicht wohin; da begegnete ihm ein altes Mütterchen, das fragte ihn, warum er so traurig sei. Er erzählte ihm sein Schicksal. Das Mütterchen aber sagte, er möge nur ruhig sein; wenn er hinkomme, so solle er sich an das Grab stellen und ja nicht einschlafen, und wenn es elf schlüge, so würde ein Bär aus dem Grabe kommen, dann solle er anfangen zu laufen, Trepp’ auf, Trepp’ nieder, bis dreiviertel auf zwölf, dann aber geschwind in das leere Grab springen und ja nicht wieder herausgehen, sonst müsse er sterben. Der Soldat dankte dem Mütterchen aufs herzlichste und ging gestärkten Mutes wieder in sein Quartier zurück. Der verhängnisvolle Abend kam heran, man brachte den Unglücklichen unter vielen Trauerbezeugungen hin in die Kirche und schloss die Tür hinter ihm zu, damit er nicht entlaufe. Er stellte sich treu dem Befehle neben das Grab und erwartete mit Klopfendem Herzen die Mitternachtsstunde. Als es Elf schlug, tat sich das Grab auf und ein Bär kam heraus. Da fing der Soldat an zu laufen immer zu, und der Bär hinter ihm drein. Als nun der Mensch bald nicht mehr laufen konnte, da schlug es endlich dreiviertel auf zwölf und geschwinde sprang er in das offene Grab und blieb darin sitzen. Da das der Bär sah, legte er sich auf’s Bitten und sagte: „Schildwache, gehe aus meinem Grabe!“ Der Soldat blieb aber steif und fest darin sitzen. Der Bär bat immer dringender und inbrünstiger, aber jener blieb im Grabe sitzen. Da schlug es zwölf Uhr und mit dem letzten Schlag tat der Bär einen Schrei, dass dem Soldaten Hören und Sehen verging und in dem Augenblick war der Bär wieder in die Prinzessin verwandelt, die stand vor dem Grabe und war wieder lebendig. Da er das sah, stieg er aus der Gruft und war froh in seinem Herzen; denn er hatte die Königstocher erlöst. Am andern Morgen kam der König und wollte sehen, was aus dem Soldaten geworden wäre. Wie erstaunte jener aber, als dieser ihm ganz unversehrt mit der Prinzessin an der Hand entgegen kam. Da war große Freude und der König gab sie ihm zur Frau und beide lebten glücklich mit einander lange Jahre.

    HMG05 – Sonderfolge

    Play Episode Listen Later Oct 2, 2016 1:46


    Glück Auf, liebe Hörer, nach einer längeren Pause haben wir uns entschieden den Harzmagie-Podcast mit neuen Folgen und einem neuen Konzept fortzuführen. Das ursprüngliche Vorhaben, die Folgen mit wechselnden Sprechern aufzunehmen, hat sich nicht bewährt. Aber es es gab noch einen weiteren Grund für die ausbleibenden Folgen. Einige von Euch haben sicher den Nachruf bereits gelesen. Unsere liebe Hochharzhexe Eva ist am 27. Dezember 2015 überraschend verstorben. Wir werden Eva sehr vermissen. Der Podcast war Evas Idee und wir möchten ihn in ihrem Gedenken fortführen. Wir hoffen, die neuen Folgen werden euch gefallen. Glück Auf und viel Spaß beim zuhören

    HMG03 – Hanskuehnburg

    Play Episode Listen Later Jan 5, 2015 4:02


    Zu der Zeit, als noch Wölfe und Bären hier am Harz allein Herren gewesen sind und alles dicker Urwald war, bringt ein Mann, Hans Kühn hat er geheißen und in Herzberg gewohnt, seine beiden Pferde nach dem Bruchberg in die Weide. Da es damals noch viel Wildpret hier gegeben hat, so haben jene Fresser sich daran was zu gute getan und selten andere Tiere und noch weniger Menschen angefallen. Deshalb hat Hans Kühn sich und seine Pferde für sicher gehalten und ist dreist darauf in den Harz hinauf geritten. Dort angekommen, wo jetzt noch der Felsen steht, der die Hans Kühnburg heißt, kommt aber eine Schar Wölfe aus dem Dickicht mit furchtbarem Geheule und mit schrecklicher Eile auf ihn zugestürzt, dass er in seiner Herzensangst vom Pferde hinunter springt und so schnell als möglich auf die Spitze des Felsens klettert. Er ist auch so glücklich, hinauf zu kommen. Von dort oben ab sieht er aber nun dem Kampf der Wölfe mit den Pferden zu. Die Pferde stellen sich mit den Köpfen zusammen und schlagen kräftig hinten aus, um sich so gut wie möglich zu wehren. Die Menge der Feinde ist aber zu groß, und die Bestien sind zu flink. An ein Entlaufen ist nicht zu denken gewesen; die Ungeheuer kreisen die armen Tiere enger und enger ein, bis sie sie zuletzt zerfleischt und getötet haben. Darüber kommt der Abend und die Sonne geht herrlich unter, da oben aber sitzt von großer Angst und Bangigkeit gequält noch immer unser Hans Kühn und darf seine Burg, die ihn schützt, nicht verlassen; denn die Wölfe umkreisen noch immer den Felsen und bewachen ihn dort ohne abzulassen. Es wird vollkommen Nacht und die Bestien verlassen den Felsen nicht. Der Morgen kommt, der Abend bricht wieder herein, und noch immer sind die Bestien da. Der dritte Morgen beginnt zu leuchten und die Wölfe gehen nicht weg, desto schlimmer wird aber der arme Mann von Durst und Hunger und von Angst und Not gequält. Alles Rufen, alles Schreien, Fluchen und Beten hat nicht geholfen und er nimmt sich vor, lieber hier oben zu verhungern, als sich von den Tieren zerreißen zu lassen. In der dritten Nacht, als er es nicht mehr aushalten kann, da er fast ohnmächtig zur Erde sinkt, fängt er nochmals an, recht herzhaft um Hilfe zu beten und siehe da, eine große Ohreule kommt aus den Felsen zugeflogen, setzt sich bei ihm nieder und hat eine Rute im Schnabel, welche sie vor sich auf die Erde legt. Nachdem sie sich zurecht geschüttelt und ihre Federn in Ordnung gebracht hat, fängt sie an, in einem tiefen Basston an zu reden: „Du unvorsichtiger Mensch, warum bist du so dummdreist gewesen und hast dich ohne Waffen hier in diese unsichere und gefährliche Gegend gewagt. Eigentlich müsstest du hier verhungern und dein Fleisch von den Raaben verzehren lassen; doch dein und deiner Frau und Kinder Gebet ist zu herzlich und innig gewesen, darum bin ich da, dir zu helfen. Siehe, diese Rute, die ich dir mitgebracht habe, bringt dich durch die Gefahren hindurch, welche dir durch die reißenden Wölfe bereitet werden. Er greift gleich danach und er fühlt neue Kraft in seine matten Glieder, er fühlt auch neuen Mut und eine Belebung des Leibes, wie er sie zuvor nie gekannt hat. „Nimm das Kleinod in Acht!“ ruft ihm die Eule im Wegfliegen zu und ist verschwunden. Er aber hat die verhängnisvolle Rute in der Hand und traut kaum sich selbst und dem, was er gehört und gesehen hat. Mit dem Zauberstab bewaffnet, steigt er von seinem Felsen herunter und geht dreist seinen Weg entlang und die Wölfe gehen ihm, ihrem Feind, aus dem Wege. (von August Ey)

    HMG02 – Der Pochknabe und der Teufel

    Play Episode Listen Later Apr 5, 2014 5:16


    Jeder Pochknabe kriegt von seinem Lohn sieben Pfennige, damit kann er machen, was er will. Das ist so Sitte. Sonst haben aber auch die Pochjungen in der Löselstunde gewürfelt und um Pfennige oder sonst etwas gespielt, und am besten ist es am Freitag gegangen, wenn sie ihren Lohn bekommen haben und ihre sieben Pfennige. Nun hat einst ein Pocher seine sieben Pfennige verspielt, er hat sie aber wiedergewinnen wollen und packt seinen Lohn an, den er mit nach Haus bringen muss. Wie er nichts mehr hat, muss er doch aufhören. Nun sieht er erst, was er gemacht hat und wie‘s ihm geht, wenn er mit leerer Hand nach Haus kommt und bringt keinen Lohn mit; denn sein Vater und seine Mutter sind arg schlimm gewesen und haben gleich erbärmlich auf ihn losgeprügelt mit dem Heftstrick wenn er etwas angestellt hat. Wie der Pochjunge des Abends Schicht hat und nach Haus geht, ist er der allerletzte; er fürchtet sich vor der Strafe, deshalb geht er ganz langsam und weint immer fort vor sich hin. Auf einmal kommt ihm ein fremder Herr entgegen, der hat einen schönen feurigen Rock an, einen etwas dicken Fuß und dann eine hohe Mütze auf, der fragt ihn, was ihm fehle. Der Junge sagt‘s. Darauf spricht der Mann recht freundlich, ob er (der Junge) morgen früh, wenn das beten anging aus dem Pochwerk kommen wolle und ihm dann gehören, so solle er jetzt sein Geld wieder haben, und noch viel mehr, als er gehabt hätte. Der Junge ist froh, dass er sein Geld wieder haben soll und hat gar nichts Arges daraus und spricht: „Ja“. Darauf gibt ihm der Mann so viel Geld, dass dem Jungen sein Brotbeutel voll wird und der Mann verschwindet. Nun ist der Pochjunge froh und geht nach Haus. Kaum tritt er in die Stube, so schüttet er voll Freunde das ganze Geld auf den Tisch. Die Alten verwundern sich und fragen gleich: „Junge, wo hast du das viele Geld her?“ Da sagt‘s der Junge ganz ohne Arg. Das behalten wir nicht, spricht der Vater, das ist Teufelsgeld, das hat dir der Teufel gegeben, der ist es gewesen, der hat dich verführt und will dich morgen holen. Das soll ihm aber nicht gelingen. Du packst das Geld zusammen, wir müssen zu dem Superintendenten, der weiß gewiss Rat dagegen. Der Junge packt den Kram zusammen, wäscht sich und muss gleich in seinem Anfahrzeug mit zum Superintendenten. Alles wird erzählt. Darauf sagt der Prediger, er wolle morgen früh mit dem Pochknaben anfahren, vorher solle aber der Junge eine Nadel nehmen, sich in die Hand stechen, dass drei Blutstropfen herauskämen und die Blutstropfen solle er in den Brotsbeutel laufen lassen und den Beutel wieder mitnehmen. Dann soll der Teufel seinen Willen nicht haben. Wir wollen ihm bei dieser Gelegenheit den Brei richtig versalzen. Das Geld aber könne der Vater behalten. Nein, sagt der Vater, den verfluchten Kram behalte ich keine Stunde im Haus, das macht uns unglücklich; lieber ist es mir, wenn es die Armen kriegen, die wissen doch nicht woher es ist und tut denen gut. Damit ist auch der Superintendent zufrieden und behält es. Wie es vier läutet am anderen Morgen, da geht der Superintendent mit dem Pochknaben zum Zellerfeld hinaus, hinunter nach dem Tal, nach dem Nonnenklosterpochwerk, das ist es gewesen, wo der Pocher gearbeitet hat. Alle wundern sich, dass der Mann mit nach dem Pochwerk kommt, allein man denkt, er will einmal das Beten anhören und damit ist es gut. Das Beten geht an, der Superintendent hat den Brotbeutel mit den drei Bluttropfen in der Rocktasche. Alle sind andächtig, bis das Vaterunser gebetet wird. Der letzte Vers wird noch gesungen, da klopft wer draußen an das Fenster. Der Superintendent macht das Fenster auf und reicht den Brotbeutel mit den drei Bluttropfen hinaus. Da entsteht ein gefährliches Prellerts und ein ekliger Schwefelgeruch kommt zum Fenster hinein. Alle erschrecken sich und wissen nicht, was das ist. Der Superintendent weiß es aber und der Pochjunge auch. Wie es Tag wird, da liegt der Brotbeutel in Fetzen zerrissen vor dem Pochwerk. Von der Zeit an ist dem Pochknaben so was nicht wieder passiert. Das Geld haben aber denselben Tag noch viele Arme bekommen und sich gefreut. Der Pochknabe ist aber um seinen Lohn gekommen. (von August Ey)

    HMG01 – Die Feurige Kröte

    Play Episode Listen Later Mar 15, 2014 6:30


    Es kommt einmal ein Schneider nach Sankt Andreasberg, aber nicht ganz hin. Nein, bis auf den Frau Hollenplatz und da bleibt er. Der Abend ist so hübsch, zwar nicht finster, aber auch nicht hell, just wie eine hübsche Sommernacht auf dem Harz. Er denkt, du sollst dich hier hinlegen, sparst du doch das Schlafgeld und wilde Tiere gibt es hier ja wohl nicht. Das Moos ist bald zusammengerupft, dass Bett gemacht, er drauf und in ein paar Minuten hat er mit der Welt nichts mehr zu schaffen. Fest schläft er, wie ein Ratz. Da ist es mit einem Male, als risse ihm jemand die Augen auf. Der Berg ist ganz rot, wie der Himmel, wenn die Sonne untergehen will und doch sieht er keine Flamme, nichts wovon er so rot geworden ist. Als er darüber verwundert aufguckt, bemerkt er, dass das Rote unten vom Berg kommt und immer höher steigt, ja dass eine gefährlich große Kröte den Berg hinaufkriecht und davon die rote Farbe des Berges herrührt. Er will auf, kann aber nicht; es ist, als wäre er selbst gebunden an der Stelle. Das Untier kommt langsam näher und näher auf ihn zu. Natürlich bekommt unser Schneider denn doch nicht gerade geringe Angst; ein Schneider ist ohnehin nicht beherzt. Was will er aber machen, er kann nicht weg; der Angstschweiß tritt ihm auf den Leib, denn das Tier glüht über und über, und sperrt den Rachen weit auf, den heißen Atem kann man sogar sehen und die Augen glotzen ihn an. Na, denkt er, die will dir zu Leibe, die macht dich kalt. Noch zwanzig Schritt ungefähr ist sie von ihm, das schlägt‘s zwölf Uhr auf dem Turm des Glockenbergs und als er den letzten Schlag hört, da ist alles verschwunden auf einmal und der Berg schwarz und finster. Die Sterne gucken hier und da aus den Wolken und jenseits, dort wo der Morgen liegt, geht der Mond auf. Der Schneider kann auch aufstehen und macht sich gleich nach Andreasberg hinein. Da begegnet ihm der Wächter. Der Schneider bittet ihn, er möchte ihm doch ein Nachtlager verschaffen. Der bringt ihn hin nach seinem Nachtwächterquatier und da bleibt der Schneider bis des Morgens. Sagt aber kein Wort, was ihm passiert ist. Des anderen Morgens, so gegen zehn geht er zum Pastor und erzählt ihm den Vorfall auf dem Frau Hollenplatz. Der Pastor sagt, er wolle diesen Abend mit hin, dann würden sie sehen, was sich tun ließe. Der Schneider solle nur nicht bange sein. Die Kröte wäre gewiss verwünscht, und er (der Schneider) müsse sie erlösen. Dazu gehöre aber Herzhaftigkeit, auch dürfe er nicht sprechen, sonst wäre alles verloren. Ja, sagte der Schneider, er wolle alle seinen Mut zusammennehmen. Es wäre die Kröte aber ein scheußliches Ungetüm. Wenn‘s dass auch wäre, sagt der Pastor, so müsse er sie doch küssen. Das Abends halb elf geben sie mit einander nach der Stelle, setzen sich nebeneinander auf die Erde und der Pastor sagt nochmals zum Schneider: „Wenn ich nun in diesem Buche lese, so bist du ganz stille, lässt kommen, was kommt und wenn dich die Kröte auch halb tot macht, du sollst sehen, es ist dein und mein Glück, auch der Kröte ihrs, dann sind wir alle reich. Dahinter steckt sicher irgend etwas.“ Der Schneider verspricht auch dem Rat zu folgen. So warten sie, bis es elf schlägt. Mit dem Schlag elf wird der Berg nach und nach hell und heller und diesmal noch viel heller, als das vorige Mal. Sie sehen schon die Kröte, wie sie den Berg langsam hinauf kriecht; diesmal ist sie auch viel feuriger und abscheulicher, kommt auch schneller heran. Der Pastor liest was er kann und sucht den Schneider zu stärken, sieht ihn öfter tröstend an und winkt ihm, dass er ja Mut behielte. Endlich kommt sie so nahe, dass sie dem Schneider auf die Beine mit ihren glühenden Pfoten tritt. Er fühlt den heißen, giftigen Hauch aus ihrem Feuerrachen, sie steigt höher an ihn hinauf. Ihm schlägt das Herz. Der Pastor liest und liest und sieht ihn scharf an, als wolle er sagen: „Du, halt aus, zieh nicht weg.“ Am Ende kommt sie ihm fast an den Mund, ihr Hauch riecht nach Schwefel, es dämpft ihm bald den Atem ab. Da will sie ihn küssen. Aber nun kann er es nicht mehr aushalten , voll Abscheu wendet er das Gesicht weg und da schlägt‘s zwölf. So wie‘s den letzten Schlag tut, da ist Alles verschwunden und der Pastor sagt voller Verdruss und Ärger: „Nein, so ein Narr, solch eine Memme, wie der Schneider, sowas gibt‘s nicht weiter. Nur noch einen Augenblick hätte er aushalten sollen, so wäre Alles geschehen.“ Der Schneider sagt aber, wenn er sich nicht abgewandt hätte, so hätte er ersticken müssen. Es ist nun vergebens gewesen, so gehen sie also mit einander nach Haus und am folgenden Abend um dieselbe Zeit nochmals hin. Alles kommt wieder so. Der Berg wird aber diesmal so glühend, dass es wie Tag gewesen ist, und die Kröte brennt über und über. Der Schneider nimmt sich vor, er will‘s diesmal besser machen. Hält auch aus bis dahin, dass ihn die Kröte fast mit ihrem Rachen berührt, da verlässt ihn aber der Mut und er wendet das Gesicht wieder ab, und in dem Augenblick schlägt es wieder zwölf und Alles ist verschwunden. Nun hört man in der Ferne ein Heulen und ein Schreien, als wenn ein Mädchen heftig weint. Da sagt der Pastor: „Jetzt ist Alles vorbei und unser Angst und Mühe ist vergeblich, und das Geschöpf muss verwünscht bleiben.“ Von der Zeit an hat man nichts wieder davon gehört und der Berg ist nie wieder rot geworden, außer des Abends, wenn die Sonne recht rot unterging, dann hat auch wohl noch einmal der Berg etwas rot ausgesehen. Der Schneider ist weiter gezogen, hat aber den Vorfall in Andreasberg seinem Wirt erzählt, bei dem er die Tage hindurch gewesen ist, und der hat‘s wieder erzählt. (nach August Ey)

    Claim Harzmagie

    In order to claim this podcast we'll send an email to with a verification link. Simply click the link and you will be able to edit tags, request a refresh, and other features to take control of your podcast page!

    Claim Cancel