Ein Podcast über Bücher und die Welten, die sie uns eröffnen. Alle zwei Wochen tauchen wir im Duo in eine Neuerscheinung ein, spüren Themen, Figuren und Sprache nach und folgen den Gedanken, welche die Lektüre auslöst. Dazu sprechen wir mit der Autorin oder dem Autor und holen zusätzliche Stimmen zu den Fragen ein, die uns beim Lesen umgetrieben haben. Lesen heisst entdecken. Mit den Hosts Nicola Steiner/Franziska Hirsbrunner und Felix Münger/Simon Leuthold. Mehr Infos: www.srf.ch/literatur Kontakt: literatur@srf.ch
Schweizer Radio und Fernsehen (SRF)
In «Santa Tereza» erzählt der Berner Flurin Jecker von einem Mittdreissiger mit kognitiver Beeinträchtigung. Er gilt als «Dummkopf» und Aussenseiter. Aber dann entdeckt er das Träumen wieder. Der Roman sei erzählerisch raffiniert, findet Host Felix Münger - und halte uns allen einen Spiegel vor. Der Mann fristet ein eintöniges Leben als Nachtwächter auf einem Friedhof. Seine Träume hat er längst begraben. Er unterschätzt sich so sehr, wie er von anderen immer unterschätzt wurde – bis er durch eine Freundschaft zu einer Teenagerin zu Selbstbewusstsein findet. Der kunstvolle Roman animiert Leserinnen und Leser dazu, achtsam durchs Leben zu gehen. ____________________ Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: Flurin Jecker. Santa Tereza. 240 Seiten. Nagel und Kimche 2025. ____________________ Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch ____________________ In dieser Episode zu hören - Flurin Jecker, Schriftsteller - Monika Zumbühl, Sozialpädagogin, Stiftung Balm, Rapperswil-Jona ____________________ Alle Podcast-Episoden unter: https://www.srf.ch/audio ____________________ Hosts: Felix Münger und Simon Leuthold ____________________ Das ist «Literaturclub: Zwei mit Buch»: Ein Podcast über Bücher und die Welten, die sie uns eröffnen. Alle zwei Wochen tauchen wir im Duo in eine Neuerscheinung ein, spüren Themen, Figuren und Sprache nach und folgen den Gedanken, welche die Lektüre auslöst. Dazu sprechen wir mit der Autorin oder dem Autor und holen zusätzliche Stimmen zu den Fragen ein, die uns beim Lesen umgetrieben haben. Lesen heisst entdecken. Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter https://www.srf.ch/literatur
Zuversicht will Annett nach dem frühen Tod von Ehemann und Vater für ihre Tochter Linn schaffen. Doch wie kann das gehen angesichts drängender globaler Probleme? Linn wird Umweltwissenschaftlerin. Dann kündigt sie überstürzt ihren Job im Emissionshandel und zieht zurück zur Mutter ans Wattenmeer. Eine Tochter, die schlaflos in ihrem ehemaligen Kinderzimmer liegt; eine Mutter, die eben die Fühler nach möglichen Lebensveränderungen ausstreckte und sich nun in der alten Rolle wiederfindet; ein Meer, das die Klimakrise spiegelt – «Halbinsel» von Kristine Bilkau erzählt eine stille Geschichte in einem weiten Assoziationsraum. Ausgezeichnet mit dem Leipziger Buchpreis 2025, handelt der Roman von Lebenskrisen und Bewältigungsversuchen und dem Umgang der Menschen mit der Natur. ____________________ Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: Kristine Bilkau. Halbinsel. 220 Seiten. Luchterhand Verlag, 2025. ____________________ Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch ____________________ In dieser Episode zu hören - Kristine Bilkau, Schriftstellerin ____________________ - Hosts: Franziska Hirsbrunner und Katja Schönherr ____________________ Das ist «Literaturclub: Zwei mit Buch»: Ein Podcast über Bücher und die Welten, die sie uns eröffnen. Alle zwei Wochen tauchen wir im Duo in eine Neuerscheinung ein, spüren Themen, Figuren und Sprache nach und folgen den Gedanken, welche die Lektüre auslöst. Dazu sprechen wir mit der Autorin oder dem Autor und holen zusätzliche Stimmen zu den Fragen ein, die uns beim Lesen umgetrieben haben. Lesen heisst entdecken. Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter https://www.srf.ch/literatur
«Ich möchte lieber nicht», mit dieser Aussage hat Bartleby einen festen Platz in der Weltliteratur. Herman Melville schuf mit «Bartleby, der Schreiber» eine Figur, die erst spät Ruhm erlangte. Jennifer Khakshouri ist begeistert von diesem unterhaltsamen, politischen und zugleich tieftraurigen Buch. Herman Melville kennt man vor allem für seinen weltberühmten Wälzer «Moby Dick». Er hat aber auch die kurze Geschichte «Bartleby, der Schreiber – Eine Geschichte aus der Wall Street» geschrieben. Die Geschichte wird von einem Notar erzählt, bei dem Bartleby als Schreiber arbeitet. Schreiber haben Dokumente wie Verträge Wort für Wort abgeschrieben. Bartleby erledigt seine Arbeit mit grosser Akribie, bis er eines Tages aufhört und sagt: «Ich möchte lieber nicht». ____________________ Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: Herman Melville. Bartleby, der Schreiber. 128 Seiten. Übersetzt und mit einem Nachwort von Karl-Heinz Ott. Kampa Verlag, 2025. ____________________ Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch ____________________ In dieser Episode zu hören - Karl-Heinz Ott, Schriftsteller und Übersetzer - Christine Abbt, Professorin für Philosophie, Universität St. Gallen ____________________ Erwähnte weitere Bücher - Herman Melville. Moby Dick - Christine Abbt. Der wortlose Suizid: Die literarische Gestaltung der Sprachverlassenheit als Herausforderung für die Ethik. ____________________ - Hosts: Jennifer Khakshouri und Michael Luisier ____________________ Das ist «Literaturclub: Zwei mit Buch»: Ein Podcast über Bücher und die Welten, die sie uns eröffnen. Alle zwei Wochen tauchen wir im Duo in eine Neuerscheinung ein, spüren Themen, Figuren und Sprache nach und folgen den Gedanken, welche die Lektüre auslöst. Dazu sprechen wir mit der Autorin oder dem Autor und holen zusätzliche Stimmen zu den Fragen ein, die uns beim Lesen umgetrieben haben. Lesen heisst entdecken. Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter https://www.srf.ch/literatur
Der Schweizer Autor Sunil Mann erzählt in seinem ersten Geschichtenband «Bleiben tun sie nie» von Menschen, die zusammenleben, obwohl sie sich nichts zu sagen haben. Dem Autor gelinge es bravourös, Sprachlosigkeit in Sprache zu fassen und dabei Abgründe auszuleuchten, findet Host Felix Münger. Der Band umfasst zwölf Erzählungen. Sie spielen allesamt in ländlicher Umgebung. Sie ist einerseits von Idylle geprägt, andererseits von Öde und Trostlosigkeit: Läden schliessen, Beizen ebenso. Das Sozialleben beschränkt sich etwa auf den Besuch des örtlichen Kirchenchors. Co-Host Simon Leuthold gefällt die feine Ironie, welche Sunil Mann in seine pointierte Beschreibung des «Soziotops Dorf» einfliessen lässt. ____________________ Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: Sunil Mann. Bleiben tun sie nie. 237 Seiten. Geparden, 2025. ____________________ Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch ____________________ In dieser Episode zu hören - Sunil Mann, Schriftsteller - Alexander Honold, Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft, Uni Basel ____________________ Erwähnte weitere Bücher - Monika Helfer: Wie die Welt weiterging. Geschichten für jeden Tag. Hanser, 2024. - Johann Wolfang Goethe. Die Leiden des jungen Werther. Reclam, 1986. ____________________ Alle Podcast-Episoden unter: https://www.srf.ch/audio ____________________ Hosts: Felix Münger und Simon Leuthold ____________________ Das ist «Literaturclub: Zwei mit Buch»: Ein Podcast über Bücher und die Welten, die sie uns eröffnen. Alle zwei Wochen tauchen wir im Duo in eine Neuerscheinung ein, spüren Themen, Figuren und Sprache nach und folgen den Gedanken, welche die Lektüre auslöst. Dazu sprechen wir mit der Autorin oder dem Autor und holen zusätzliche Stimmen zu den Fragen ein, die uns beim Lesen umgetrieben haben. Lesen heisst entdecken. Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter https://www.srf.ch/literatur
Die Autorin Nora Osagiobare ist in der Schweiz geboren und aufgewachsen. Als Tochter eines nigerianischen Vaters war sie von klein auf mit Rassismus konfrontiert. Ihre Erfahrungen hat sie nun zu einem Roman verarbeitet. «Daily Soap» ist – trotz des schweren Themas – überaus lustig und originell. Nora Osagiobares Debütroman «Daily Soap» ist als Seifenoper konzipiert und nimmt das Genre gleichzeitig auf die Schippe. Es geht um Reiche und Arme, Schwarze und Weisse. Und vor allem um Rassismus in der Schweiz. «Daily Soap» ist eine literarische Wundertüte. Der Roman beginnt mit einer aussergewöhnlichen Triggerwarnung, enthält ironische Fussnoten, extrem überzeichnete Charaktere, Werbeunterbrechungen und viel, viel Sarkasmus. Eines der originellsten Schweizer Debüts in diesem Frühjahr. Für diese Folge von «Literaturclub: Zwei mit Buch» hat sich SRF-Literaturredaktorin Katja Schönherr mit der Autorin an einem ungewöhnlichen Ort getroffen, nämlich in der Miniaturwelt Smilestones in Neuhausen am Rheinfall. Ausgangspunkt, um mit Osagiobare darüber zu sprechen, wie sie die Schweiz sieht – und was sie an ihr kritisiert. ____________________ Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: Nora Osagiobare. «Daily Soap». 282 Seiten. Kein & Aber, 2025. ____________________ Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch ____________________ In dieser Episode zu hören: - Nora Osagiobare, Schriftstellerin ____________________ - Hosts: Katja Schönherr und Franziska Hirsbrunner ____________________ Das ist «Literaturclub: Zwei mit Buch»: Ein Podcast über Bücher und die Welten, die sie uns eröffnen. Alle zwei Wochen tauchen wir im Duo in eine Neuerscheinung ein, spüren Themen, Figuren und Sprache nach und folgen den Gedanken, welche die Lektüre auslöst. Dazu sprechen wir mit der Autorin oder dem Autor und holen zusätzliche Stimmen zu den Fragen ein, die uns beim Lesen umgetrieben haben. Lesen heisst entdecken. Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter https://www.srf.ch/literatur
Bei einer Wanderung stürzt Klara fünfzig Meter in die Tiefen. Einzige Zeugin ist Klaras slowakische Angestellte Paulína, die als 24-Stunden-Pflegerin Klaras Mutter betreut. Was wie ein Krimi beginnt, ist in Wirklichkeit ein scharfsinniger Roman über Ungleichheit. Eigentlich sind sie sich ähnlich, Paulína und Klara. Und wäre da nicht der Umstand, dass die eine aus der Slowakei und die andere aus Österreich stammt, wären sie vielleicht sogar Freundinnen. So aber ist die eine Pflegerin der Mutter der anderen und beide ein Teil eines Pflegesystems, dessen Grundlage die Ungleichheit ist. Susanne Gregor erzählt in ihrem neuen Roman von einem Wohlstandsgraben, der auch im vierten Jahrzehnt nach der Wende immer noch durch Europa geht. ____________________ Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: - Susanne Gregor. Halbe Leben. 192 Seiten. Zsolnay Verlag, 2025. ____________________ In dieser Episode zu hören - Susanne Gregor, Schriftstellerin - Dr. Sarah Schilliger, Soziologin, Migrations- und Geschlechterforscherin, Lehrbeauftragte an der Uni Bern und der ETH ____________________ Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur. ____________________ Weitere erwähnte Bücher: - Susanne Gregor. Das letzte rote Jahr. Frankfurter Verlagsanstalt - Susanne Gregor. Wir werden fliegen. Frankfurter Verlagsanstalt ____________________ - Hosts: Michael Luisier und Jennifer Khakshouri ____________________ Das ist «Literaturclub: Zwei mit Buch»: Ein Podcast über Bücher und die Welten, die sie uns eröffnen. Alle zwei Wochen tauchen wir im Duo in eine Neuerscheinung ein, spüren Themen, Figuren und Sprache nach und folgen den Gedanken, welche die Lektüre auslöst. Dazu sprechen wir mit der Autorin oder dem Autor und holen zusätzliche Stimmen zu den Fragen ein, die uns beim Lesen umgetrieben haben. Lesen heisst entdecken. Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter https://www.srf.ch/literatur
In der Musik steckt für Sophie Hungers Protagonistin und ihren besten Freund «Niemand» die ganze Welt: Beim gemeinsamen Musikhören können sie sich mehr mitteilen als mit Worten. Der Schweizer Musikerin ist ein beeindruckender Debütroman über eine Jugendfreundschaft und die Kraft der Musik gelungen. Als Kinder von Eltern im diplomatischen Dienst der Schweiz wachsen die Ich-Erzählerin und «Niemand» in komplizierten Verhältnissen auf: viele Umzüge, kein Anschluss bei Schulkameraden, am Esstisch wird nur über Politik gesprochen. Zuflucht finden sie vor dem Plattenspieler, der ihnen zum wichtigsten Tor zur Welt wird – auch noch später, als die Erzählerin bereits erste eigene musikalische Erfolge feiern kann. Sophie Hunger erzählt von ihrer anspruchsvollen Arbeit am Roman, bei der sich ihr Kopf teilweise «wie voller Würmer» angefühlt habe. Simon Leuthold ist begeistert von den poetischen Qualitäten dieses Romans, dem man Hungers Nähe zur Musik stets anmerke. ____________________ Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: - Sophie Hunger. Walzer für Niemand. 192 Seiten. Kiepenheuer & Witsch, 2025. ____________________ Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter https://www.srf.ch/literatur. ____________________ In dieser Episode zu hören - Sophie Hunger, Buchautorin und Musikerin ____________________ - Hosts: Simon Leuthold und Felix Münger ____________________ Das ist «Literaturclub: Zwei mit Buch»: Ein Podcast über Bücher und die Welten, die sie uns eröffnen. Alle zwei Wochen tauchen wir im Duo in eine Neuerscheinung ein, spüren Themen, Figuren und Sprache nach und folgen den Gedanken, welche die Lektüre auslöst. Dazu sprechen wir mit der Autorin oder dem Autor und holen zusätzliche Stimmen zu den Fragen ein, die uns beim Lesen umgetrieben haben. Lesen heisst entdecken. Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter https://www.srf.ch/literatur
Jakob wird 50 und glaubt, seine besten Zeiten seien längst vorbei. In den 1990ern studierte er in Berlin, der damals angesagtesten Stadt Europas, das angesagteste Fach: Filmregie. Doch der Erfolg hat ihn verlassen. Also will er nicht feiern. Er hat die Rechnung ohne seine beste Freundin gemacht. Ohne zu viel zu verraten: «Das Fest» ist ein lebenssatter, vergnüglicher Roman über eine Trübsal, die sich mehr und mehr relativiert. Wie die beiden letzten Romane «Töchter» und «Die Diplomatin» ist «Das Fest» ein Bestseller. Lucy Fricke erzählt im Podcast, dass das Buch der Versuch war, «jemanden aus der Krise zu schreiben». Dass ihr das grossen Spass machte, merkt man beim Lesen auf jeder Seite. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: - Lucy Fricke. Das Fest. 173 Seiten. Claassen Verlag. Im Podcast zu hören sind: - Lucy Fricke, Schriftstellerin - Barbara Bleisch, Philosophin Weiter erwähntes Buch: - Barbara Bleisch. Mitte des Lebens. Eine Philosophie der besten Jahre. Hanser Verlag.
Die irische Schriftstellerin und Booker-Prize-Trägerin Anne Enright thematisiert in ihrem neuen Roman familiäre Beziehungen, die Bedeutung alter Mythen und Lyrik aus zeitgenössischer Sicht. Eine Familie – drei Generationen: Der verstorbene irische Nationaldichter Phil McDaragh, seine Tochter Carmel und ihre Tochter Nell. Nell ist eine moderne junge Frau, die Yoga praktiziert, sich von Quinoa ernährt, Tattoos stechen lässt und um die Welt reist. Sie mag die Gedichte ihres Grossvaters und sucht nach ihrer eigenen schriftstellerischen Stimme, die sie für ihre Social-Media-Beiträge nutzen möchte. Carmel steht ihrem verstorbenen Vater ambivalent gegenüber. Er verliess die Familie, als sie erst 12 Jahre alt war, um zu seiner jungen Geliebten in die USA zu ziehen, nachdem seine Ehefrau an Brustkrebs erkrankte. Als Phil wegzieht, hinterlässt er eine grosse Lücke. «Vogelkind» von Anne Enright ist ein Buch über die Auswirkungen und das Erbe eines grossen Lyrikers, aus künstlerischer und menschlicher Perspektive. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: - Anne Enright: Vogelkind. Aus dem Englischen von Eva Bonné. 304 Seiten. Penguin, 2025. Im Podcast zu hören: - Anne Enright Bei Fragen oder Anmerkungen schreibt uns: literatur@srf.ch Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur
In Eva Maria Leuenbergers Langgedicht spricht ein verzweifeltes «Flügchen» auf dem Bett zu sich selbst, während vor dem Fenster die Welt brennt und das Eis schmilzt. Ein eindringliches Buch darüber, wie wir Gefühlen von Schuld und Ohnmacht gegenüber der Klimakrise begegnen. Simon Leuthold hat das Buch wie einen Mini-Roman verschlungen, er sieht darin brennende Fragen der Gegenwart gespiegelt und ist beeindruckt von den Assoziationsräumen, die sich in Eva Maria Leuenbergers Lyrik auftun. Felix Münger zeigt sich angetan von Leuenbergers sprachlicher Genauigkeit. Die* Autor*in des Buchs erklärt im Gespräch, welche Rolle die Körperlichkeit der Natur für sie* spielt – und was ihr* Buch mit Jeremias Gotthelf zu tun hat. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: - Eva Maria Leuenberger: die spinne. 96 Seiten. Droschl, 2024. Im Podcast zu hören sind: - Eva Maria Leuenberger, Buchautor*in - Andreas Weber, Biologe und Philosoph Weiter erwähnte Bücher: - Henry David Thoreau: Walden. Ein Leben mit der Natur. 368 Seiten. dtv, 1999 (engl. Originalausgabe 1854) - Simone Lappert: Längst fällige Verwilderung. 80 Seiten. Diogenes, 2022. - Rolf Hermann: In der Nahaufnahme verwildern wir. 176 Seiten. Der gesunde Menschenversand, 2021. Bei Fragen oder Anmerkungen schreibt uns: literatur@srf.ch Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur
Die deutsche Autorin Ruth-Maria Thomas, 31 Jahre jung, hat mit «Die schönste Version» ein Debüt geschrieben, das lange nachhallt: eine Mischung aus Coming-of-Age-Roman und Psycho-Thriller. Literaturredaktorin Katja Schönherr ist vor allem von Thomas' psychologischem Gespür beeindruckt. In «Die schönste Version» geht es um Jella Nowak, eine Frau in ihren Zwanzigern, die gerade ihren Freund bei der Polizei angezeigt hat: Yannick, ihre grosse Liebe. Er hat sie im Streit gewürgt, ihr gedroht, sie umzubringen. Sie hat es gerade noch geschafft zu entkommen. Nun liegt sie zu Hause in ihrem einstigen Kinderzimmer und lässt Revue passieren, wie es dazu kam: Beim Lesen erfährt man von ihrem Aufwachsen in einer ostdeutschen Kleinstadt, von ihren ersten sexuellen Erfahrungen – und davon, wie sie Yannick kennenlernt, sich verliebt und bald dazu übergeht, ihm immer alles recht machen zu wollen, damit er bloss nicht ausrastet. Dabei hatte die Beziehung doch so vielversprechend begonnen… «Die schönste Version» ist eine Mischung aus Coming-of-Age-Roman und Psycho-Thriller. Auf alle Fälle ein Buch, das man nicht mehr weglegt. Für diese Folge von «Literaturclub: Zwei mit Buch» hat sich SRF-Literaturredaktorin Katja Schönherr mit der Autorin unterhalten. Eines ihrer Themen: Wie man über Sex schreibt, ohne dass es peinlich wird. Denn an Sex-Szenen (schönen wie schlimmen) mangelt es nicht in diesem Buch. Und Ruth-Maria Thomas hat wirklich ein Händchen dafür. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: · Ruth-Maria Thomas. Die schönste Version. 272 Seiten. Rowohlt, 2024. Im Podcast zu hören ist: Ruth-Maria Thomas, Autorin. Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur
Jens Steiner, Gewinner des Schweizer Buchpreises des Jahres 2013, erreicht mit seinem neuen Roman «Die Ränder der Welt» neue Dimensionen. Nach den eher kammerspielartigen Romanen der letzten Jahre legt er nun ein Erzählwerk vor, das mehrere Jahrzehnten umfasst und um die ganze Welt führt. Ausgangspunkt dieses grossangelegten Erzählwerks, an dem Jens Steiner vier Jahre lang gearbeitet hat, ist ein eingemeindetes Fischerdorf im Norden Basels. Kleinhüningen. Ein Arbeiterquartier, das kaum mehr zur Schweiz gehört und trotzdem ihr Tor zur Welt ist. Von dort aus begibt sich Kristian, Jens Steiners Hauptfigur, auf eine lebenslängliche Reise, die ihn in die Künstlerszene Kopenhagens, nach Italien und in die Weiten Patagoniens führt. Immer mit dabei: der Bezugspunkt Mikkel, ein Jugendfreund aus Kleinhüningen, dessen manipulatives Wesen sich nur mit grösster Mühe überwinden lässt. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: · Jens Steiner. Die Ränder der Welt. 304 Seiten. Hoffmann und Campe, 2024. Im Podcast zu hören ist: Jens Steiner, Schriftsteller. Das Gespräch wurde aufgenommen auf einem langen Spaziergang durchs eingeschneite Kleinhüningen bis hinaus zum Dreiländereck. Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch. Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur.
Im Roman «Weiter nach Osten» fährt ein junger russischer Rekrut in der Eisenbahn zur Soldatenausbildung in Ostsibirien – zusammen mit anderen Wehrpflichtigen eingepfercht im 3. Klasse-Abteil. Er will desertieren. Eine unbekannte französische Touristin hilft ihm – aus Menschenpflicht. «Weiter nach Osten» ist bereits 2012 im französischen Original erschienen und liegt nun erstmals in deutscher Übersetzung vor. Es sei mittlerweile «von der Aktualität überholt» worden, sagt Host Felix Münger. Die Geschichte des Rekruten, welcher der brutalen Soldatenausbildung im diktatorischen Staat zu entkommen versucht, lässt an die Hunderttausenden denken, die im verbrecherischen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ums Leben kommen. Co-Host Simon Leuthold ist fasziniert von der betörenden Sprache von Maylis de Kerangal. Sie ist als Autorin weit über ihre Heimat Frankreich hinaus bekannt. Im Roman gelingt es ihr, innere Monologe ihres Protagonisten mit hyperrealistischen Schilderungen der Weiten Sibiriens zu verweben. Und gleichzeitig herauszuarbeiten, wie dank mitfühlendem Handeln selbst in ausweglos scheinenden Situationen Hoffnung gedeihen kann. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: · Maylis de Kerangal: Weiter nach Osten, aus dem Französischen von Andrea Spingler, Suhrkamp 2024. Im Podcast zu hören sind: · Maylis de Kerangal, Buchautorin · Calum MacKenzie, SRF-Russlandkorrespondent Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur.
Caroline Wahls Romane «22 Bahnen» und «Windstärke 17» erzählen die Geschichte zweier Schwestern, die bei einer verwahrlosten, alkoholsüchtigen Mutter aufwachsen und ihren Weg in ein selbstbestimmtes Leben finden müssen. Im Roman «22 Bahnen» erzählt Tilda aus ihrer Perspektive. Sie ist die ältere Schwester, mathematisch begabt, jobbt in einem Supermarkt, schwimmt täglich ihre 22 Bahnen, sorgt sich um die kleine Schwester und verliebt sich. Sie zieht nach Hamburg, wo sie an der Universität ein Stipendium hat. In «Windstärke 17» strandet Ida, die jüngere Schwester, an der Ostsee und versucht verzweifelt, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Sie sucht nach Orientierung und einem neuen Leben, fernab schmerzhafter Erinnerungen an ihre Kindheit. In «Literaturclub: Zwei mit Buch» tauchen die beiden Hosts in die Geschichten der Schwestern ein und lassen auch Caroline Wahl zu Wort kommen, über ihren Erfolg, das Schreiben und über das Finden von Figuren. Diese Bücher stehen im Zentrum der Folge: · Caroline Wahl. 22 Bahnen. 208 Seiten. Dumont, 2023. · Caroline Wahl. Windstärke 17. 255 Seiten. Dumont, 2024. Im Podcast zu hören ist: Caroline Wahl, Schriftstellerin. Sie war live zu Gast an der BuchBasel. Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur.
Radio SRF 2 Kultur berichtet in einer Sondersendung vom Schweizer Buchpreis 2024. Wir stellen die fünf nominierten Titel vor und senden nach der Preisverleihung live aus dem Theater Basel Interviews mit der ausgezeichneten Person und dem Jurysprecher sowie Einschätzungen zum Juryentscheid. Er gilt als einer der wichtigsten Literaturpreise des Landes: der Schweizer Buchpreis. Aus 84 eingereichten Titeln hat die Jury dieses Jahr die aktuellen Bücher von Zora del Buono, Mariann Bühler, Michelle Steinbeck, Martin R. Dean und Béla Rothenbühler nominiert. Der Preis ist mit 30000 Franken dotiert. Die nominierten Bücher im Überblick: Bei «Seinetwegen» von Zora del Buono handelt es sich um ein autobiographisches Werk: Die Autorin dokumentiert in ihrem Buch die Suche nach dem Verursacher des Unfalls, bei dem ihr Vater ums Leben kam. Mit «Verschiebung im Gestein» legt Mariann Bühler ihr Debüt vor. Es ist ein moderner Heimatroman und erzählt vom Leben dreier Menschen in einem entlegenen Bergtal. Michelle Steinbecks zweiter Roman «Favorita» ist eine rasante Geschichte, die in Italien spielt und sich grosser Themen wie Femizide und Faschismus annimmt. Martin R. Dean erkundet in «Tabak und Schokolade» seine eigene geteilte Identität: Der Autor ist der Sohn einer weissen Schweizerin und eines Schwarzen aus Trinidad. Fünfter Kandidat für den Buchpreis ist «Polifon Pervers» von Béla Rothenbühler. Der durchgängig in Luzerner Mundart verfasste Roman ist eine Satire auf den Schweizer Kulturbetrieb. Britta Spichiger und Katja Schönherr aus der SRF-Literaturredaktion stellen die nominierten Bücher in der ersten Stunde der Live-Sendung vor. Im Anschluss an die Bekanntgabe der Gewinnerin oder des Gewinners schalten sie zu Literaturredaktor Felix Münger, der die Preisverleihung live im Foyer des Theater Basel verfolgt und nach der Preisverleihung um 12 Uhr mit der ausgezeichneten Person und dem Jurysprecher Gespräche führt.
Auch «Der Chor», der fünfte Roman der deutschen Autorin Anna-Katharina Hahn, nimmt Alltag so ins Visier, dass man ihn ganz neu entdecken kann, findet Host Franziska Hirsbrunner. Wie in einem Wimmelbild verweben sich Chorbeziehungen mit den Abgründen des Lebens. Schauplatz ist Stuttgart, wie so oft bei Anna-Katharina Hahn. Dort trifft sich ein Laienchor von Frauen wöchentlich zur Probe. Eine junge estnische Musikstudentin leitet ihn. Gesungen werden nur die Lieblingslieder der Frauen. Gesellschaftliche und politische Krisen, zum Beispiel der Krieg in der Ukraine oder die Folgen der Corona-Pandemie, finden genauso Eingang ins Chorgeschehen wie die Lebenssituationen der Sängerinnen. Und ihre Freundschaften untereinander sind so kitschfrei, wie ihre Feindschaften komplex sind. Ein Roman voller Überraschungen – berührend und rasant erzählt. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: · Anna-Katharina Hahn. Der Chor. 282 Seiten. Suhrkamp Verlag. · Lied (Frauenchor Morsbacher Singkreis): Dat du min Leevsten büst. Aus: Musikdirektor FDB Gerhard Schneider und seine Chöre: Stimmungsbilder. j.b.music, Track 18. Im Podcast zu hören sind: · Anna Katharina Hahn, Schriftstellerin Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur
Depressionen, Superkräfte, märchenhafte Mischwesen, Augentropfen. Darum geht es im neuen Roman von Joshua Gro?, der sich an grosse Fragen des menschlichen Zusammenlebens heranwagt: Wie stützen wir einander? Wann und unter welchen Umständen helfen wir einander? Wann dürfen wir es nicht? Sie sind ein ungleiches Paar: Lenell, der schwer depressive Seismologe, und Helen, die Künstlerin mit übermenschlichen Fähigkeiten. Könnte sie ihm seine kreiselnden Gedanken abnehmen oder sie ihm gar telekinetisch austreiben? Oder kann vielleicht der Spechtmensch dabei helfen? Innerhalb dieser surreal anmutenden Anlage verhandelt Joshua Gro? grosse ethische Fragen: Wie weit reicht die Verantwortung einem depressiven Partner gegenüber? Was braucht es, um aus gedanklichen Abwärtsspiralen ausbrechen zu können? Ein sprachlich kühnes Buch, das viel Raum zum Nachdenken eröffnet, findet Host Simon Leuthold. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Joshua Gross: Plasmatropfen. 263 Seiten. Matthes & Seitz, 2024. Im Podcast zu hören ist: * Joshua Gross, Buchautor Weitere erwähnte Bücher: * Franz Hohler: Das Päckchen. Luchterhand, 2017. * Christian Kracht: Faserland. Kiepenheuer & Witsch, 1995. Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Weitere Informationen und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur
Ein italienisches Bergdorf, in dem es jedem Sterbenden zusteht, noch einmal von seinem Leben zu erzählen. Davon handelt der neue Roman des Schweizer Schriftstellers Vincenzo Todisco. Es ist ein leises, atmosphärisches und virtuos geschriebenes Buch, findet Katja Schönherr. Wenn Sie wählen könnten: Was würden Sie sich für Ihre allerletzten Stunden wünschen? Einen Menschen an Ihrer Seite? Einen, der bei Ihnen sitzt? Ihnen zuhört? Ihnen abnimmt, was noch auf der Seele liegt? Das jedenfalls ist das Abschiedsritual, das in Gruma jedem Sterbenden zusteht. Gruma ist das fiktive italienische Bergdorf, in dem Vincenzo Todisco seinen neuen Roman «Der Geschichtenabnehmer» spielen lässt. Liegt in Gruma jemand im Sterben, so ist es seit Jahrhunderten Tradition, dass ein sogenannter Geschichtenabnehmer herbeieilt. Am Sterbebett steht ein Stuhl für ihn bereit. Auf diesen wird er sich setzen, nichts sagen, einfach zuhören. Der Geschichtenabnehmer in Todiscos Roman ist der Junge Walter. Im Alter von nur sieben Jahren wurde ihm die Aufgabe des Geschichtenabnehmens übertragen – und er nimmt sie ernst, sehr ernst. Mit der Zeit sammeln sich die verstummten Stimmen und deren Geschichten in seinem Kopf, und für Walter wird das Dasein als «Geschichtenabnehmer» zunehmend zu Belastung. Wird er diese Aufgabe ein Leben lang erfüllen können? Das ist eine der Fragen, um die sich der Roman dreht. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Vincenzo Todisco: «Der Geschichtenabnehmer». 252 Seiten. Atlantis, 2024. Im Podcast zu hören sind: * Vincenzo Todisco, Schweizer Autor * Peter Hunn, ehrenamtlicher Sterbebegleiter beim Verein PACE Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch . Mehr Literatur und den wöchentliche Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
Ein junger Mann erhält eine Stelle in einem Institut, das nicht nur Konzepte für eine Zukunft erarbeitet, sondern selbst auch ein Player ist. So gerät er in den Strudel von Macht und Machtmissbrauch und versucht, sich mit Anstand und Würde aus der Affäre zu ziehen. In seinem neusten Roman verarbeitet der letztjährige Gewinner des Schweizer Buchpreises Christian Haller seine Zeit bei. Ersten und berühmtesten Thinktank der Schweiz, beim Gottlieb-Duttweiler-Institut. Jetzt, die fünfzig Jahre später, schreibt er einen Roman über das fulminante Leben unter Mächtigen aber auch über die Folgen Macht und Machtmissbrauch in hohen Wirtschaftskreisen. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Christian Haller. Das Institut. Luchterhand, 2024 Im Podcast zu hören: * Christian Haller, Schriftsteller Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch . Mehr Literatur und den wöchentliche Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
Eine Mutter erfährt, dass sich ihr kleiner Sohn in der Schule vor einer Mitschülerin entblösst hat. Was ist mit ihm los? Die Verunsicherung der Mutter ist total. «Kleine Monster», der zweite Roman der Österreicherin Jessica Lind, ist für Host Felix Münger ein psychologisch raffinierter Familienroman, der gängige Bilder der Kindheit hinterfrage. Das Vorkommnis in der Schule weckt in der Mutter die Erinnerung an eine tabuisierte Katastrophe in ihrer eigenen Kindheit: Damals ertrank die jüngste Schwester. Die Umstände wurden nie geklärt. In der Familie verbreitete sich Misstrauen. Es vergiftete das Klima – und wirkte traumatisierend. Jessica Lind verschränkt in ihrem Roman das Damals mit dem Heute – und entlarvt die Vorstellung der «heilen Kindheit» als Illusion. Dieses Buch steht im Zentrum: * Jessica Lind: Kleine Monster. Hanser Berlin, 2024. Im Podcast zu hören sind: * Jessica Lind, Schriftstellerin * Klaus Müller-Wille, Professor für nordische Sprachen und Literaturen, Uni Zürich Weiter erwähnte Bücher: * Christopher Franzen: Crossroads, aus dem Englischen von Bettina Abarbanell. Rowohlt 2021. * Philipp Oehmke: Schönwald. Piper, 2023. Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch . Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
Die Frage Zeit falte sich im Alter plötzlich anders auf, sagt Sabine Peters: «Was ist die eigene Lebenszeit? Was ist die Zeit des Lebens?» Mit «Die dritte Hälfte» hat sie ein nachdenkliches, aber auch vergnügliches Buch über ein Tabu-Thema geschrieben. Dass wir hinfällig und schliesslich sterben werden, verdrängen wir gerne. Da ist auch der Hausarzt, der im Zentrum von Sabine Peters Romans steht, keine Ausnahme. Hermann Dik, genannt Doc, fürchtet sich vor der Pensionierung, auch, weil er keinen Nachfolger findet und sich um seine Patientinnen und Patienten sorgt. Der Hausarzt, ein Auslaufmodell – Sabine Peters schreibt nahe an der Realität. Sie fächert ein packendes Wimmelbild auf und erzählt die Geschichte ihres Protagonisten und die der Menschen um ihn herum mit leichter Hand und Spass am rasanten Dialog. Immer wieder erlaubt sie dabei überraschende Blicke auf das Tabu-Thema Alter. Zum Beispiel, wenn eine ihrer Figuren fragt: «Welcher Mensch von über sechzig Jahren stellt sich noch die Frage, was er später sein will?» Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Sabine Peters. Die dritte Hälfte. 231 Seiten. Wallstein Verlag Weitere erwähnte Bücher: * Jean Améry. Über das Altern. 176 Seiten. Klett-Cotta Verlag * Didier Eribon. Eine Arbeiterin. Deutsch von Sonja Finck. 272 Seiten. Suhrkamp Verlag Im Podcast zu hören sind: * Sabine Peters, Buchautorin * Kurt Seifert, Sozialwissenschaftler Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
Ein brutaler Mord bewegt das Campusleben in Berkeley. Ein junger Mann verliert seinen Freund und stürzt sich ins Schreiben. Berkeley Kalifornien, Ende 1990iger Jahre: Zwei junge Studenten, Ken und Hua, lernen sich an der Uni kennen und werden Freunde. Sie sind unterschiedlich, trotzdem verbringen sie viel Zeit miteinander, diskutieren leidenschaftlich über Musik, Filme und Bücher. Diese Freundschaft endet abrupt, als Ken mit Anfang 20 ermordet wird. Hua, zutiefst erschüttert, schreibt jede Erinnerung an Ken auf und denkt in seinem autobiografischen Buch «Stay True» über Trauer, Freundschaft, Wahrhaftigkeit und Herkunft nach. Dadurch wird «Stay True» eine Hommage auf Ken, das Buch ist aber auch eine Reflexion über Identität, Herkunft und die Fragilität des Lebens. Jennifer Khakshouri und Michael Luisier unterhalten sich in «Literaturclub: Zwei mit Buch» über «Stay True. Memoir über Freundschaft», der mit einem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Hua Hsu. Stay True. 232 Seiten. AKI Verlag, 2024. Im Podcast zu hören sind: * Hua Hsu, Autor von «Stay True» Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch . Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
Wie wurde aus der jungen, offenen, an Kunst und Fremdsprachen interessierten Magda Quandt die flammende Nationalsozialistin und «Übermutter des Dritten Reichs» Magda Goebbels? Diesen Weg zeichnet Nora Bossong in ihrem neuen Roman nach, anhand eines kaum bekannten Weggefährten. Die Frage, wo die spätere Magda Goebbels in ihrem Leben anders hätte abbiegen können, ist zentral für Nora Bossongs Roman, weil die heimliche First Lady des «Dritten Reichs» auch symbolisch für das steht, was mit Deutschland in der Zeit geschieht. Und sie drängt sich auf, weil die Autorin eine überraschende Perspektive für ihr Buch wählt: Der Ich-Erzähler führte einst eine Beziehung mit Magda – für ihn, der später im «Dritten Reich» als Funktionär Karriere macht, ein Weg, seine Homosexualität zu verbergen, für sie ein Weg, aus ihrer ersten Ehe auszubrechen. Nora Bossong bietet ungeschönte Einblicke in die Abgründe der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie: Ein unbequemes, aber höchst beeindruckendes Buch, findet Host Simon Leuthold. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Nora Bossong. Reichskanzlerplatz. 295 Seiten. Suhrkamp, 2024. Im Podcast zu hören ist: * Nora Bossong, Buchautorin Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
Nach 60 Jahren hat sich die Schweizer Schriftstellerin Zora del Buono auf die Suche nach dem Mann gemacht, der für den Tod ihres Vaters verantwortlich ist. Daraus entstanden ist «Seinetwegen», ein sehr behutsames Buch über Schuld. 1963: Zora del Buono war gerade einmal acht Monate alt, als ihr Vater bei einem Autounfall in der Ostschweiz ums Leben kam. Der tote Vater – er wurde zur Leerstelle in del Buonos Leben. Sie wuchs allein bei ihrer Mutter auf. Über den Unfall geredet wurde kaum. Jetzt, mit Anfang 60, überkam del Buono das Bedürfnis, mehr darüber zu erfahren, wie sich der Unfall damals zugetragen hat. Sie wollte den Verursacher finden, der mit viel zu hoher Geschwindigkeit auf der Landstrasse unterwegs gewesen war. Wie hat er all die Jahre gelebt mit seiner Schuld? Was war er für ein Mensch? War er wirklich der Hallodri, als der er in ihrer Familie immer galt? Diese Fragen hat sich del Buono gestellt und ihre Recherche schreibend begleitet. Herausgekommen ist das Buch «Seinetwegen». Keine plumpe Anklageschrift, sondern ein behutsames Buch über Schuld, das zeigt, wie schnell ein Unfall binnen weniger Sekunden das Leben mehrerer Menschen verändern – oder gar beenden – kann. Für diese Folge von «Literaturclub: Zwei mit Buch» hat sich SRF-Literaturredaktorin Katja Schönherr mit Zora del Buono auf dem Friedhof Fluntern in Zürich getroffen – am Grab des Vaters. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: Zora del Buono: «Seinetwegen». 204 Seiten. C.H. Beck, 2024. Im Podcast zu hören sind: * Zora del Buono, Schweizer Autorin * Dr. Gianclaudio Casutt, Verkehrspsychologe Weitere, im Podcast erwähnte Bücher: * Zora del Buono: «Die Marschallin». 384 Seiten. Diogenes, 2022. * Zora del Buono: «Gotthard». 160 Seiten. Diogenes, 2024. Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch . Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
Heinrich Steinfest schreibt über Kunst. Und schafft damit selbst ein Kunstwerk. Gekonnt erzählt und sprachlich brillant nimmt es uns mit auf eine Abenteuerreise, die bis nach Japan führt. Immer auf der Suche nach dem Geheimnis eines unverhofft aufgetauchten Bildes. Das Bild heisst «Sprung in die Leere» und stammt von einer verschollenen Frau. Es zeigt praktisch dasselbe Motiv wie ein sehr bekanntes Bild des französischen Künstlers Yves Klein mit demselben Titel, nur dass bei Yves Klein ein Mann ins Leere springt und bei der unbekannten Frau eine Frau. Der Clou dabei: Das Bild der Frau ist drei Jahre älter als das des weltbekannten Künstlers. Warum ist das so? Und wo ist die Frau geblieben? Heinrich Steinfest schickt die Enkelin der verschollenen Frau auf die Suche nach ihr. Bald wird klar, dass die Frau genug Spuren hinterlassen hat, um sie – falls sie denn noch lebt – tatsächlich auch zu finden. Sicher aber ist die Anlage des Buches ein wunderbarer Ausgangspunkt für einen begnadeten Erzähler wie Heinrich Steinfest. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: Heinrich Steinfest. Sprung ins Leere. 496 Seiten. Piper Verlag, 2024. Im Podcast zu hören sind: * Heinrich Steinfest, Buchautor * Ann Demeester. Direktorin des Kunsthaus Zürich Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch . Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
Verdingkind, Armut, Fabrikarbeit, Plackerei bis zum Umfallen – Lukas Hartmann spürt in seinem aktuellen Roman dem harten Los seiner um die Jahrhundertwende geborenen Grossmutter nach. Und wie sie die Erfahrung der bitteren Not an ihre Kinder und Enkel vererbte – mit dramatischen Folgen. Im Podcast erzählt Lukas Hartmann, er habe lange gezögert, sich an diesen intimen Familienstoff zu wagen. Zuletzt habe er dessen literarische Umsetzung, bei der er auch sich selbst als Figur auftreten lässt, als innere Verpflichtung empfunden. Herausgekommen ist ein Werk, das – laut Host Felix Münger – als Jahrhundertroman gelten kann: Er mache an realen und psychologisch komplexen Figuren die sich wandelnden Lebenswirklichkeiten und Mentalitäten der Schweiz im 20. Jahrhundert greifbar. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Lukas Hartmann. Martha und die Ihren. 297 Seiten. Diogenes, 2024. (Hörbuch, gelesen von Alexandre Pelichet, Diogenes, 2024.) Im Podcast zu hören sind: * Lukas Hartmann, Buchautor * Brigitte Studer, Historikerin Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch . Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
«Eine grössere Leerstelle kann ich mir nicht vorstellen», sagt Matthias Jügler über die Kinder, die in der DDR unmittelbar nach der Geburt für tot erklärt und zur Adoption an kinderlose Parteikader weitergegeben wurden. Was wie eine Räuberpistole klingt, ist belegt, auch wenn eine grosse Dunkelziffer vermutet wird. Matthias Jügler, der 1984 in der DDR geboren wurde, interessiert aber weniger der Krimi-Aspekt dieser ungeheuerlichen Vorkommnisse. Er geht in seinem neuen Roman der Frage nach, wie Eltern und Kinder mit einem solchen Schicksal leben – mit der Ungewissheit, der Suche und eben der Leere. Der Vater in «Maifliegenzeit» findet etwas Ruhe beim Fischen. Matthias Jügler ist selbst ein passionierter Fischer. Das Interview verlegte er deshalb in die Wolkensteiner Schweiz am Eingang zum Erzgebirge. Der Roman spielt zwar in einer anderen Gegend, aber dort fische es sich nicht so gut wie an der Zschopau. Tatsächlich biss eine Forelle an, kaum dass Matthias Jügler einen Maifliegenköder übers Wasser tanzen liess Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Matthias Jügler. Maifliegenzeit. 153 Seiten. Penguin Verlag, 2024. Im Podcast zu hören ist: * Matthias Jügler, Buchautor Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
Vincent van Gogh verdankt seinen Ruhm seiner Schwägerin Jo van Gogh-Bonger. Sie ist eine von zwei Frauen, welche Simone Meier in ihren Roman «Die Entflammten» gepackt hat. Mit dem Roman «Die Entflammten» ist Simone Meier eine Mischung aus Roman und Doku-Fiktion gelungen. In «Literaturclub: Zwei mit Buch» unterhalten sich Jennifer Khakshouri und Michael Luisier mit Simone Meier und fragen sie unter anderem, was sie am historischen Stoff interessiert und wie sie diesen in ihren fiktionalen Text eingewoben hat. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Simone Meier. Die Entflammten. Kein & Aber, 2024. Im Podcast zu hören: * Simone Meier, Journalistin und Schriftstellerin Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
«Zitronen» handelt vom Kind einer Mutter mit Münchhausen-by-proxy-Syndrom: Sie redet ihm ein, es sei krank und schwach, und es muss Tabletten schlucken, die es schwach und müde machen. Für Simon Leuthold ein bildstarkes Buch darüber, wie sich Zärtlichkeit und Gewalt gegenseitig bedingen können. Das eigene Kind bewusst krank machen, damit man als besonders fürsorgliche Mutter angesehen wird: Was treibt eine Mutter dazu? Welche Folgeschäden trägt der traumatisierte junge Mann aus seiner Jugend davon? Was geht in Menschen vor, die zwar für Gewalttaten bestraft wurden, sie aber nach wie vor für «die richtige Entscheidung» halten? Diesen Fragen geht Valerie Fritsch in ihrem sprachlich beeindruckenden Roman nach, der neben menschlichen Abgründen auch eine berührende Liebesgeschichte zu bieten hat. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Valerie Fritsch. Zitronen. 186 Seiten. Suhrkamp, 2024. Im Podcast zu hören sind: * Valerie Fritsch, Buchautorin * Georg Staubli, Kinderarzt, Leiter der Kinderschutzgruppe am Kinderspital Zürich * Ulrich Sachsse, Psychiater Weitere erwähnte Bücher: * Helga Schubert. Vom Aufstehen. 224 Seiten. dtv, 2021. * Ulrich Sachsse (Hrsg.). Proxy – dunkle Seite der Mütterlichkeit. 152 Seiten. Schattauer, 2015. Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch . Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
Was würde passieren, wenn alle Frauen streiken? Wenn keine einzige Frau mehr den Haushalt in Schuss halten, Kinder betreuen oder bedürftige Menschen pflegen würde? Dieses Szenario schildert Mareike Fallwickl in ihrem neuen Roman «Und alle so still». Ein aufwühlendes Buch, findet Katja Schönherr. Die Österreicherin Mareike Fallwickl gilt als eine der bekanntesten feministischen Schriftstellerinnen im deutschsprachigen Raum. Mit ihrem Roman «Die Wut, die bleibt» gelang ihr 2022 ein Bestseller. Darin geht es um eine Mutter dreier Kinder, die sich vor Erschöpfung und Verzweiflung das Leben nimmt. Ein Buch, das einen nicht mehr loslässt. Mit einem ebenso aufwühlenden Buch legt Fallwickl jetzt nach: Ihr neuer Roman heisst «Und alle so still». Darin wird das Szenario eines weltweiten Care-Streiks skizziert. Sämtliche Frauen legen sich auf den Boden. Sie sind schlichtweg zu ausgelaugt, um weiterzumachen wie bisher. Mareike Fallwickl schildert das Chaos, das in dieser Situation (mutmasslich) entstehen würde: Verletzte bleiben in den Krankenhäusern unbehandelt, schreien, sterben. Niemand kümmert sich um Kinder oder pflegebedürftige Alte. Und viele Männer reagieren auf diesen weiblichen Ausstand mit Wut. Gewaltvoll versuchen sie, die Frauen dazu zu bringen, wieder zu funktionieren. Neben dystopischen enthält «Und alle so still» aber auch viele schöne, utopische Momente. Zum Beispiel beginnen die Frauen in dem Roman, sich miteinander zu solidarisieren und schöpfen daraus die Kraft, ihre Verweigerung fortzusetzen. Mareike Fallwickl sagt, mit diesem Buch wolle sie zeigen, «dass Care-Arbeit viel, viel wichtiger ist, als wir alle immer denken und anerkennen». Das ist ihr gelungen. Sie hat einen Roman mit offensichtlich feministischer Agenda geschrieben. Pamphlete haben in der Literatur eigentlich einen schlechten Ruf. Gut, dass sich Fallwickl trotzdem an eines gewagt hat. «Und alle so still» ist ein mitreissendes Gedankenszenario zum grössten Frauenstreik ever. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Mareike Fallwickl: «Und alle so still». 368 Seiten. Rowohlt, 2024. Im Podcast zu hören sind: * Mareike Fallwickl, österreichische Autorin * Franziska Schutzbach, Schweizer Geschlechterforscherin und Soziologin Weitere erwähnte Bücher: * Mareike Fallwickl: «Die Wut, die bleibt». 384 Seiten. Rowohlt, 2022. * Sylvia Plath. «The Unabridged Journals of Sylvia Plath». 768 Seiten. Random House, 2000. * Franziska Schutzbach: «Die Erschöpfung der Frauen.» 304 Seiten. Droemer, 2021.
Gerechnet hätte sie nicht damit. Im Gegenteil. Trotzdem erhält die Schriftstellerin Barbi Markovic für ihr aktuelles Buch «Minihorror» den Preis der Leipziger Buchmesse. Literaturredaktor Michael stellt dieses in zweifacher Hinsicht «ausgezeichnete Buch» vor. Das Neue an Barbi Markovics Buch: Die Schriftstellerin benutzt Elemente aus dem Comic und kleidet sie in ein literarisches Gewand. Mini und Miki sind die beiden Hauptfiguren des Buches und erleben 27 Abenteuer, die alle irgendwie mit Horror zu tun haben. Und auch der Horror ist in zweifacher Hinsicht interessant. Einerseits als der Horror, den die Figur Mini erlebt, andererseits als Horror im Sinne von «klein». Kleine schreckliche Begebenheiten, die für sich genommen haarstäubend und verstörend sind. Die aber alle grossen Spass machen beim Lesen. Das zeigt die aktuelle Folge von «Literaturclub: Zwei mit Buch» mit Michael Luisier und Jennifer Khakshouri. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Barbi Markovic. Minihorror. 192 Seiten. Residenz Verlag, 2023. Weiteres im Podcast erwähntes Buch: * Barbi Markovic. Die verschissene Zeit. 304 Seiten. Residenz Verlag, 2021. Im Podcast zu hören sind: * Barbi Markovic, Schriftstellerin * Daniela Strigl, Literaturwissenschaftlerin * Christian Gasser, Comic-Experte, Journalist Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch . Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
Der Wissenschaft gelingt es, die Menschen mit einer Pille zu verjüngen. Dieses Szenario ist mehr als blosse Fantasterei – und ist das Thema im aktuellen Roman des Deutschen Maxim Leo. Ein Buch, das anregende Unterhaltung mit philosophischem Tiefgang biete, findet Host Felix Münger. Was auf den ersten Blick vielleicht verlockend klingt, erweist sich bei genauem Hinsehen als zweischneidig: Wenn wir Menschen nicht mehr altern würden, bliebe irgendwann kein Platz mehr für Nachwuchs. Und: Würde es uns überhaupt gelingen, eine unbeschränkte Lebenszeit sinnvoll zu nutzen? Co-Host Simon Leuthold zweifelt, ob er eine derartige Pille überhaupt einnehmen würde. Zweifelsohne würde ein Elixier zur Verjüngung unser Leben fundamental verändern. Doch es sei «in den Bereich des Realistischen» gerückt, sagt der ETH-Forscher Ferdinand von Meyenn: «Wir sind noch am Anfang, aber wir haben das Tor zur Verjüngung aufgestossen.» Dieses Buch steht im Zentrum: Maxim Leo. Wir werden jung sein. 304 Seiten. Kiepenheuer und Witsch, 2024. Im Podcast zu hören sind: * Maxim Leo, Buchautor * Ferdinand von Meyenn, ETH-Professor für Ernährung und Epigenetik Weitere erwähnte Bücher: * Don DeLill. Null K. Kiepenheuer und Witsch 2016. (288 Seiten) * Thea Dorn. Die Unglückseligen. Albrecht Knaus Verlag 2016. (560 Seiten) Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
Iris Wolff erzählt in ihrem neuen Roman von einer deutschsprachigen Minderheit in der abgelegenen Maramuresch an der Grenze zur Ukraine. Es ist eine magische Welt, aber auch versehrt durch ethnische Spannungen und den Terror der Ceaucescu-Diktatur. «Man ist, einmal gegangen, immer ein Gehender.» Das sagt Levs Grossvater. Er flüchtete aus Rumänien. Der Enkel bleibt, auch nach dem Ende der Diktatur. Es braucht den Ruf seiner langjährigen, aber oft unerreichbaren Freundin, damit er sich auf den Weg macht. Franziska Hirsbrunner fasziniert, wie Iris Wolff ihren Protagonisten Lev mit unsichtbaren Fäden an viele Zeiten und Menschen bindet. Diese Art zu erzählen könne erhellender sein als ein historischer Abriss, meint Katja Schönherr. «Lichtungen» ist eine Liebesgeschichte, aber auch ein Roman über eine Landschaft und die Geschicke ihrer Bewohnerinnen und Bewohner. Iris Wolff, 1977 in Siebenbürgen geboren und 1985 mit ihrer Familie nach Deutschland ausgewandert, lässt ihre Heimat Rumänien nicht los – zum Glück für die Lesenden. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Iris Wolff. Lichtungen. 255 Seiten. Klett-Cotta Verlag. Weiteres im Podcast erwähntes Buch: * Dana von Suffrin: Nochmal von vorne. 240 Seiten. Kiepenheuer & Witsch, 2024. Im Podcast zu hören ist: * Iris Wolff, Buchautorin Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
Was macht ein literarisches Werk aus? Braucht es zwingend Worte? Jennifer Khakshouri und Michael Luisier unterhalten sich über den Bildband «Tinte» von Anna Sommer, ein Buch ganz ohne Worte, dafür aber mit starken Bildern. Die Schweizer Illustratorin und Comiczeichnerin Anna Sommer hat ein poetisches, bildreiches Buch geschaffen. Es handelt von einer Frau, die sich auf die Suche nach Tinte begibt, um sich damit ihre Augen aufzumalen. Auf der Suche nach der Farbe trifft die Protagonistin auf Kreaturen, die sie entweder behindern oder helfen, dem Ziel, Tinte zu finden, näher zu kommen. Die Bilder, die Anna Sommer für ihr Buch mit einem Messer aus buntem, japanischem Papier geschnitten hat, sind reduziert. Die Künstlerin fängt literarische Stoffe ein und schafft emotionale Bilder, die trotz Ernsthaftigkeit auch humorvoll sind. Eine abenteuerliche Geschichte mit überraschender Pointe am Schluss. Ein poetisches Werk, das man nicht vergessen wird. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Anna Sommer. Tinte. 64 Seiten. Edition Moderne, 2023. Im Podcast zu hören sind: * Anna Sommer, Illustratorin und Comiczeichnerin, Autorin von «Tinte» * Mark Welzel, früherer Co-Verleger von Arache Coeur, heute für die Publikationen am Museum Rietberg verantwortlich. Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch . Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
In «Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht» schaut ein Kind auf die vermeintliche Kärntner Idylle der 90er Jahre: Populismus und braunes Gedankengut überall, Eltern, die zu zweifelhaftem Reichtum kommen – und doch Freiheit. Diese Gratwanderung beeindruckt Simon Leuthold. Die Familie des 11-jährigen Mädchens ist zu Geld gekommen und zieht vom elterlichen Gasthof weg. Das Kind versteckt sich während der Umzugsarbeiten unter einem Lastwagen und erinnert sich: ans Spielen mit dem bosnischen Nachbarskind, an Gespräche, die es unter dem Gasthaustisch mitgehört hat, in denen es unter anderem um die «Lösung der Ausländerfrage» ging, an den Ariernachweis über dem Tisch in der Jägerstube. Gerade wegen der kindlich-naiven Perspektive eine bemerkenswerte literarische Leistung, mit der Julia Jost Einblicke in die österreichische Geschichte bietet, insbesondere die unaufgearbeitete NS-Vergangenheit und den Aufstieg des Populismus. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Julia Jost. Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht. 231 Seiten. Suhrkamp, 2024. Im Podcast zu hören ist: * Julia Jost, Buchautorin Weitere erwähnte Bücher: * Doron Rabinovici. Die Einstellung. 224 Seiten. Suhrkamp, 2022. Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
Die deutsche Autorin Paula Fürstenberg beschreibt in ihrem aktuellen Roman «Weltalltage», was es bedeutet, chronisch krank zu sein. Literaturredaktorin Katja Schönherr stellt das Buch ihrer Kollegin Franziska Hirsbrunner in dieser Podcast-Folge vor – und lobt den erzählerischen Wagemut der Autorin. Was bedeutet es, krank zu sein? Und vor allem: Was bedeutet es, chronisch krank zu sein – und in einer Welt bestehen zu müssen, in der möglichst alle immer zu funktionieren haben? Um diese Fragen dreht sich der neue Roman der deutschen Autorin Paula Fürstenberg. Paula Fürstenberg, Jahrgang 1987, hat am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel studiert und anschliessend einen vielbeachteten Debütroman veröffentlicht. «Weltalltage» ist nun Fürstenbergs zweiter Roman: Er handelt von einer namenlosen Erzählerin, die seit ihrer Kindheit regelmässig an Schwindelanfällen leidet. Wenn ihr schwindelig wird, spricht sie – daher der Titel – von «Weltalltagen». Weil sie sich dann schwerelos fühlt und von der Aussenwelt isoliert. Die Erzählerin lebt mit ihrem besten Freund in einer Wohngemeinschaft. Max war stets «der Gesunde» in ihrer Beziehung. Doch dann erkrankt Max an einer Depression. Das bisherige Verhältnis gerät ins Wanken, die Freundschaft steht vor einer Zerreissprobe. Soweit zur Handlung. Das Besondere an diesem Roman ist aber sein Aufbau: Paula Fürstenberg treibt das Geschehen nämlich in Form von Listen voran. Ausserdem flicht sie viele essayistische Passagen ein. Darin denkt die Erzählerin beispielsweise über die nur scheinbar scharfe Grenze zwischen «gesund» und «krank» nach und darüber, welche gesellschaftlichen Umstände besonders krank machen. Ein gelungenes formales Experiment – und dazu noch ein kluges! Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Paula Fürstenberg: «Weltalltage». 320 Seiten. Kiepenheuer & Witsch, 2024. Im Podcast zu hören sind: * Paula Fürstenberg, Autorin * Nico Dragano, Professor für Medizinische Soziologie Weitere erwähnte Bücher: * Daniela Dröscher: «Lügen über meine Mutter». 448 Seiten. Kiepenheuer & Witsch, 2022. * Lina Meruane: «Rot vor Augen». 208 Seiten. Arche, 2019. * Susan Sontag: «Krankheit als Metapher & Aids und seine Metaphern». 160 Seiten. S. Fischer, 2022. * Fritz Zorn: «Mars». 256 Seiten. S. Fischer, 1979.
Michael Luisier und Jennifer Khakshouri besprechen in ihrer ersten gemeinsamen Folge von «Literaturclub: Zwei mit Buch» die Qualitäten von Michael Köhlmeiers brillantem, neuem Roman «Das Philosophenschiff». Dabei befassen sie sich speziell mit seiner, von den Figuren bestimmten, Erzählweise. 1922 lässt die Sowjetregierung den letzten Rest der russischen Intelligenzia per Schiff ins Ausland deportieren. Doch plötzlich steht das Schiff still. Als es weiterfährt, ist ein weiterer Passagier an Bord. Es ist Lenin. Ein 14-jähriges Mädchen freundet sich mit dem schwerkranken einsamen Mann an. Es ist Anouk Perlemann-Jacob, die mit ihren Eltern, beide russische Intellektuelle, auf der Flucht ist. Im Alter von 100 Jahren hat sie eine Karriere als Architektin hinter sich und wird überall verehrt. Zum Schluss ihres Lebens möchte sie diese Geschichte loswerden, über die sie nie gesprochen hat. Die Geschichte ihrer Ausweisung als Mädchen aus der jungen Sowjetunion. Michael, ein Vorarlberger Schriftsteller wird von ihr auserwählt, um ihre Geschichte aufzuschreiben. Warum dieser Michael nicht zwingend Michael Köhlmeier sein muss und warum dieser oft schreibt, was seine Figuren wollen, auch das ist Thema in dieser Folge von «Literaturclub: Zwei mit Buch». Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Michael Köhlmeier. Das Philosophenschiff. 220 Seiten. Hanser Verlag, 2024. Im Podcast zu hören sind: * Michael Köhlmeier, Buchautor * Konrad Paul Liessmann, emeritierter Professor für Philosophie, Essayist und Kulturpublizist Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur .
Der deutsche Autor Tijan Sila schildert in seinem aktuellen Roman «Radio Sarajevo», wie er in den 1990ern als Kind den Kriegshorror in der eingekesselten bosnischen Hauptstadt erlebt hat. Host Felix Münger überzeugt Silas «radikal subjektiver Blick» auf das Grauen von damals. Tijan Sila wurde 1981 im damals noch jugoslawischen Sarajevo geboren. Er war elf Jahre alt, als der Bosnienkrieg ausbrach und serbische Kräfte um seine Stadt einen Belagerungsring zogen: Knapp vier Jahre lang Hunger, Kälte, Krankheiten und anhaltender Beschuss. Mehr als 11'000 Menschen starben. Sila floh 1994 nach Deutschland. Im Podcast erzählt er, wie er die traumatischen Erlebnisse für Jahre verdrängte. Bis es ihm gelang, sich den quälenden Erinnerungen zu stellen. Und sie schliesslich zu diesem Buch zu verarbeiten, das durch die Augen des Kindes von damals zeigt, was Krieg Menschen antut – im zerfallenden Jugoslawien und anderswo. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Tijan Sila: Radio Sarajevo, Hanser Berlin 2023. Im Podcast zu hören sind: * Tijan Sila, Buchautor * Fana Asefaw, Psychiaterin Weiter erwähnte Bücher: * Ales Adamowitsch, Daniil Granin. Blockadebuch. Leningrad 1941-1944, Aufbau 2018. * Mina Hava. Für Seka. Suhrkamp, 2023. * Erich Maria Remarque. Im Westen nichts Neues. Kiepenheuer & Witsch. 8. Aufl. 2013.
Der Vater ein angesagter Künstler, die Familienwohnung ein Schlösschen, die Umgebung traumhaft (u. a. eigener See). Klingt gut. War es aber nur bedingt. Damals in den 1970er Jahren waren die Hippies aus Westberlin im Grenzland zur DDR nicht gern gesehen. Und dann musste der Bub zur Schule. Mobbing, der Clash zwischen neuen und alten Bewohnern des Zonenrandgebiets, die kompetitiven Zirkel rund um den Malerstar Uwe Bremer Der Sohn Jan Peter Bremer drückt den Strauss seiner Themen einem kindlich-naiven Erzähler in die Hand. Franziska Hirsbrunner fasziniert, was daraus entsteht. Kein Klagen, keine psychologischen Erklärungen: man fällt beim Lesen einfach kopfüber in die Welt des Jungen hinein. Man wird mitgerissen von langen Sätzen, die sich wie Songtexte lesen. Man staunt über die Präzision, mit der Jan Peter Bremer Kindheitserinnerungen abrufen kann. «Nachhausekommen» ist ein packendes, berührendes und streckenweise amüsantes Buch – ein echtes Juwel unter den vielen aktuellen Autofiktionen. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Jan Peter Bremer. Nachhausekommen. 206 Seiten. Berlin Verlag, 2023. Im Podcast zu hören sind: * Jan Peter Bremer, Buchautor * Davide Giuriato, Professor für Neuere deutsche Literatur, Universität Zürich Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur
«Vaters Meer» ist erzählt aus der Sicht von Yunus, der in Hannover als Sohn türkischstämmiger Eltern aufwuchs. Eine Spurensuche nach seinem Vater, der nach langer, kompletter Lähmung in Yunus Jugend verstorben ist – und ein beeindruckendes Buch über Herkunft und das Erzählen, findet Simon Leuthold. Zehn Jahre ist Yunus Vater tot, davor war er weitere zehn Jahre mit dem «Locked-In»-Syndrom ans Bett gefesselt. Nun tastet Yunus sich zwischen Erinnerungen an seinen Vater, Familiengeschichten und recherchiertem Material an ihn heran. Immer wieder zweifelt er: Haben die Ereignisse wirklich so stattgefunden, oder «erinnert» er sich einfach an gut erfundene Geschichten? Simon Leuthold und Felix Münger haben Deniz Utlu für diese Sonderepisode live vor Publikum am Festival «BuchBasel» getroffen und mit ihm unter anderem darüber gesprochen, warum sein Roman nicht nur als Migrationsliteratur zu verstehen ist. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Deniz Utlu. Vaters Meer. 384 Seiten. Suhrkamp, 2023. Im Podcast zu hören ist: * Deniz Utlu, Buchautor Weitere erwähnte Bücher: * Emine Sevgi Özdamar. Mutterzunge. 140 Seiten. Suhrkamp, 2022 (Erstausgabe 1990). * Dinçer Güçyeter. Unser Deutschlandmärchen. 216 Seiten. Mikrotext, 2022. * Cihan Acar. Hawaii. 256 Seiten. Hanser Berlin, 2020. Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur
31. Dezember. Die Hauptfigur Lars will bis zum Jahreswechsel noch viel erledigen: Wohnung putzen, Steuererklärung machen, ein Buch schreiben... «Kleine Probleme» ist ein tragikomischer Roman über unser Scheitern an unerledigten Dingen. Für Katja Schönherr die «perfekte Unterhaltung mit Tiefgang». Lars Cornelius Messerschmitt, 49 Jahre alt, ist ein Grübler. Ein Philosoph des Alltags. Anstatt einfach mit dem Putzen der Wohnung zu beginnen, denkt er intensiv darüber nach, dass es unmöglich ist, auf dieser Welt jemals so etwas wie «Ordnung» herzustellen. Seine Familie winkt inzwischen nur noch ab, wenn Lars wieder einmal ein neues Vorhaben ankündigt. Alle wissen: Er wird es ohnehin nicht auf die Reihe kriegen. An einem Freitag, 31. Dezember, nimmt sich Lars nun vor, in den wenigen Stunden bis zum Jahreswechsel sämtliche Dinge zu schaffen, die bislang unerledigt geblieben sind: Putzen, Steuererklärung, mit dem Rauchen aufhören, ein Buch schreiben. Die Liste geht noch weiter; Lars kann eigentlich nur scheitern. Doch Lars bei diesem Scheitern zuzuschauen, ist ein absolutes Lesevergnügen. Zumal: Wer kennt es nicht – das Verzweifeln an den vielen kleinen Alltagshürden, die in der Summe zu grossen Problemen werden? «Kleine Probleme» von Nele Pollatschek ist das, was man «Unterhaltung mit Tiefgang» nennt. Ein Roman voller Slapstick, aber nie albern. Ein Roman voller philosophischer Gedanken, aber nie zu abgehoben. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Nele Pollatschek. Kleine Probleme. 200 Seiten. Galiani Berlin, 2023. Im Podcast zu hören sind: * Nele Pollatschek, Buchautorin * Oliver Burkeman, Produktivitäts-Experte und Autor des Bestsellers «4000 Wochen. Das Leben ist zu kurz für Zeitmanagement». * Das Schluss-Lied stammt von der deutschen Sängerin Elen: «Liegen ist Frieden» Bei Fragen oder Anregungen schreibt uns: literatur@srf.ch Mehr Literatur und den wöchentlichen Literaturnewsletter gibt es unter srf.ch/literatur
Billie ist 14, lebt mit der Mutter in einer Hochhaussiedlung und weiss nicht, wer ihr Vater ist. Die Suche nach ihm entpuppt sich als Reise nach sich selbst. Elena Fischers Coming-of-Age-Geschichte «Paradise Garden» sei ebenso herzzerreissend wie herzerwärmend, findet Host Felix Münger. «Paradise Garden», Elena Fischers Romandebüt, fesselt durch seine Atmosphäre: feine Melancholie, durchbrochen von humorvollen Farbtupfern. Die Figur Billie erzählt durch ihre Augen von den prekären Verhältnissen, in denen sie im Duo mit ihrer Mutter lebt, von ihrem Traum, Bücher zu schreiben – und vom unbekannten Vater. Er ist für die Jugendliche ein belastendes Mysterium. Dann schlägt das Schicksal zu: Die Mutter stirbt. Die auf sich allein gestellte Billie macht sich auf einen Roadtrip in den Norden Deutschlands, wo sie ihren Vater vermutet. Eine Reise, in der die Jugendliche innerlich reift – und zur Schriftstellerin wird. Dieses Buch steht im Zentrum der Folge: * Elena Fischer. Paradise Garden. 343 Seiten. Diogenes, 2023. Diogenes-Hörbuch, gelesen von Lena Urzendowsky. Im Podcast zu hören sind: * Elena Fischer, Buchautorin * Benedict Wells, Buchautor * Claudia Sackl, Germanistin, Universität Zürich Weitere erwähnte Bücher: * Johann Wolfgang von Goethe. Wilhelm Meisters Lehrjahre. Insel Verlag, 2023. * Wolfgang Herrndorf. Tschick. 288 Seiten. Rowohlt Berlin, 2020. * Benedict Wells. Hard Land. 352 Seiten. Diogenes, 2021.