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Heba und Kinan sind gute Freunde. Die beiden verbindet ihre Liebe zur Sprache und dass sie beide aus Syrien kommen. Doch dann kommt bei Kinan der Krebs wieder. Heba weiß nicht, wie sie damit umgehen soll – und schweigt, auch weil sie Angst hat, ihn zu verlieren. Das stellt ihre Freundschaft auf eine harte Probe. Die Geschichte von Hebas und Kinans Freundschaft haben wir vor zwei Jahren hier in der Einhundert erzählt. Da war Kinans Tod gerade ein halbes Jahr her. Seitdem ist bei Heba viel passiert. Welche Rolle Kinan heute noch in ihrem Leben spielt, hört ihr hier. **********Den Artikel zum Stück findet ihr hier.**********Mitwirkende: Moderatorin: Shalin Rogall Autorin: Julia Wadhawan **********Wir erzählen Eure Geschichten Habt ihr auch eine Geschichte erlebt, die in die Einhundert passt? Dann erzählt uns davon. Storys für die Einhundert sollten eine spannende Protagonistin oder einen spannenden Protagonisten, Wendepunkte und ein unvorhergesehenes Ende haben. Wir freuen uns über eure Mails an einhundert@deutschlandfunknova.de**********Ihr könnt uns auch auf diesen Kanälen folgen: Tiktok und Instagram.
Justina ist 19 als sie sich mit Meningokokken ansteckt. Das sind Bakterien, die per Tröpfcheninfektion übertragen werden und eine sehr starke Reaktion des Immunsystems auslösen können. Bei Justina passiert genau das: Innerhalb weniger Stunden bekommt sie eine Blutvergiftung, auch Sepsis genannt. Sie kommt ins Krankenhaus und nachdem mehrere ihrer Organe versagen, fällt sie ins Koma. Als sie wieder aufwacht, hat in ihren Fingerspitzen und in beiden Unterschenkeln die Durchblutung aufgehört, sie müssen amputiert werden. Nach und nach arrangiert sie sich mit ihrem neuen Körper und ihrer Behinderung. Wir haben Justinas Geschichte zum ersten Mal vor zweieinhalb Jahren in der Einhundert erzählt, da ist sie gerade von Zuhause ausgezogen. Hier hört ihr, wie es seitdem weiterging. **********Den Artikel zum Stück findet ihr hier.**********Mitwirkende: Moderatorin: Shalin Rogall Gesprächsparterin "Was wurde aus Justina?": Kerstin Ruskowski **********Die Quellen zur Folge:Hier geht es zur ursprünglichen Geschichte von Justina "Ich bin kein Teil der Gesellschaft mehr"Informationen über Meningokokken vom RKIWas sind Meningokokken? Mehrsprachige Erläuterungen von infektionsschutz.deMeningokokken Impfung bei Kindern – Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung**********Wir erzählen Eure Geschichten Habt ihr auch eine Geschichte erlebt, die in die Einhundert passt? Dann erzählt uns davon. Storys für die Einhundert sollten eine spannende Protagonistin oder einen spannenden Protagonisten, Wendepunkte und ein unvorhergesehenes Ende haben. Wir freuen uns über eure Mails an einhundert@deutschlandfunknova.de**********Ihr könnt uns auch auf diesen Kanälen folgen: Tiktok und Instagram.
Kevin und sein Mann René wünschen sich Kinder. Als schwules Paar ist das nicht so einfach, darum entscheiden sie sich zwei Pflegekinder aufzunehmen. Der Traum vom Familienleben wird wahr. Die Geschichte haben wir vor zwei Jahren hier in der Einhundert erzählt. In der Zwischenzeit hat ein Kind eine unerwartete Diagnose bekommen, die Kevin vor große Herausforderungen stellt. Hier hört ihr, was genau passiert ist. **********Den Artikel zum Stück findet ihr hier.**********Mitwirkende: Moderatorin: Shalin Rogall Autor: Paulus Müller **********Die Quellen zur Folge:Hier gehts zur ursprünglichen Geschichte von Kevin "Der harte Weg nach Bullerbü" vom 5. Februar 2021Kevins Blog Papapi über das Leben mit Pflegekindern**********Wir erzählen Eure Geschichten Habt ihr auch eine Geschichte erlebt, die in die Einhundert passt? Dann erzählt uns davon. Storys für die Einhundert sollten eine spannende Protagonistin oder einen spannenden Protagonisten, Wendepunkte und ein unvorhergesehenes Ende haben. Wir freuen uns über eure Mails an einhundert@deutschlandfunknova.de**********Ihr könnt uns auch auf diesen Kanälen folgen: Tiktok und Instagram.
Romy macht Ende 2019 Urlaub in Sri Lanka und lernt den Surflehrer Mia kennen, sie werden ein Paar. Dann geht die Pandemie los und es dauert 13 Monate bis Romy und Mia sich endlich wieder in die Arme nehmen können. Trotz der Distanz hält die Beziehung. Mittlerweile sind die beiden verheiratet und leben aktuell in Deutschland. Die Details hört ihr hier im Follow-Up. **********Den Artikel zum Stück findet ihr hier.**********Mitwirkende: Moderatorin: Shalin Rogall Gesprächspartnerin: Tina Howard **********Die Quellen zur Folge:Hier geht's zur ursprünglichen Geschichte von Romy und Mia "Wie soll man in einer Pandemie eine Fernbeziehung führen?" vom 22.10.2021**********Wir erzählen Eure Geschichten Habt ihr auch eine Geschichte erlebt, die in die Einhundert passt? Dann erzählt uns davon. Storys für die Einhundert sollten eine spannende Protagonistin oder einen spannenden Protagonisten, Wendepunkte und ein unvorhergesehenes Ende haben. Wir freuen uns über eure Mails an einhundert@deutschlandfunknova.de**********Ihr könnt uns auch auf diesen Kanälen folgen: Tiktok und Instagram.
Lisa ist 27, als ihr zweites Kind zur Welt kommt, Elizan, ein Mädchen. Lisa ist happy mit ihrer kleinen Familie, bestehend aus Ehemann Ramazan, Sohn Mikael und dem Baby. Doch Elizan ist häufig krank: mit zwei Monaten hat sie einen Wasserkopf, das Hirnwasser kann nicht richtig abfließen und sie muss operiert werden. Mit anderthalb hat sie ihre erste Nierenbeckenentzündung. Später entwickelt sie Schlafstörungen und extrem aggressives Verhalten. Eine Ärztin rät den Eltern zu einer Genanalyse, da ist Elizan fast drei Jahre alt. Dabei kommt raus, dass Elizan das Smith Magenis Syndrom hat, eine seltene genetische Erkrankung. Heute ist Elizan sechs und geht in eine Förderschule. Lisa arbeitet wieder einige Stunden als Friseurin. Mehr über sie und ihre Familie hört ihr im Podcast. **********Den Artikel zum Stück findet ihr hier.**********Mitwirkende: Moderatorin: Shalin Rogall Gesprächspartnerin: Nele Rössler **********Die Quellen zur Folge:Hier geht's zur ursprünglichen Geschichte von Lisa "Warum haben ausgerechnet wir dieses Kind gekriegt?" vom 26.03.2021Studie zum Verhalten der Kinder und wie man damit umgehen sollte (auf Englisch)Allgemeine Information über das Smith Magenis Syndrom von Infectopharm**********Wir erzählen Eure Geschichten Habt ihr auch eine Geschichte erlebt, die in die Einhundert passt? Dann erzählt uns davon. Storys für die Einhundert sollten eine spannende Protagonistin oder einen spannenden Protagonisten, Wendepunkte und ein unvorhergesehenes Ende haben. Wir freuen uns über eure Mails an einhundert@deutschlandfunknova.de**********Ihr könnt uns auch auf diesen Kanälen folgen: Tiktok und Instagram.
Leo hat einen Freund in Lübeck, die beiden haben eine Fernbeziehung. Da verknallt sie sich parallel in wen anders. Leos erster Gedanke ist: "Man verliebt sich nur in andere, wenn man unglücklich ist." Dann stößt sie auf einen Artikel, in dem es um Polyamorie geht. Also darum, dass eine Person mehrere Menschen liebt und mehrere Beziehungen gleichzeitig führt. Leo weiß sofort: Das bin ich. Das will ich auch. Ihr Freund kommt da nicht mit, die beiden trennen sich. Dann kommt Leo mit Thomas* zusammen und die beiden sind sich einig: Sie wollen ihre Beziehung offen halten. Doch als Thomas zum ersten Mal ein Date mit einer anderen Person hat, ist Leo eifersüchtig und ziemlich überrascht von diesem Gefühl. Trotzdem lebt Leo bis heute poly – und ist mittlerweile mit Thomas verheiratet. Zwischenzeitlich hatte Leo mal sechs verschiedene Partner*innen, aktuell sind es vier. Sie studiert Jura und beschäftigt sich in ihrer Promotion mit den Rechtsfolgen von Trennungen in Poly-Beziehungen. **********Den Artikel zum Stück findet ihr hier.**********Mitwirkende: Autor*in: Judith Geffert Moderatorin: Shalin Rogall **********Die Quellen zur Folge:Wikipediaeintrag über Polyamorie, den Leo ihrer Mutter zum gelesen hatPolyamorie - Zu viele Schmetterlinge im Bauch - Leserartikel von Zeit Online, den auch Leo gelesen hat (14.04.2015)**********Weiterführende Informationen:"Schlampen mit Moral. Eine praktische Anleitung für Polyamorie, offene Beziehungen und andere Abenteuer" Buch von Dossie Easton und Janet W. Hardy"Polysecure. Attachement, Trauma and Consensual Nonmonogamy" Buch von Jessica Fern **********Mehr zum Thema bei Deutschlandfunk Nova:Beziehungsmodelle: Seyda Kurt – Liebe ist politischMonogamie, Polygamie: Welches Beziehungsmodell passt zum Menschen?**********Wir erzählen Eure Geschichten Habt ihr auch eine Geschichte erlebt, die in die Einhundert passt? Dann erzählt uns davon. Storys für die Einhundert sollten eine spannende Protagonistin oder einen spannenden Protagonisten, Wendepunkte und ein unvorhergesehenes Ende haben. Wir freuen uns über eure Mails an einhundert@deutschlandfunknova.de**********Ihr könnt uns auch auf diesen Kanälen folgen: Tiktok und Instagram.
Ciara ist 24, als sie eine Krise hat. Sie hat jahrelang auf hohem Niveau Rugby gespielt, war österreichische Meisterin und Vizeeuropameisterin, doch der Leistungssport ist für sie irgendwann nur noch anstrengend. Darum hört sie auf. Danach fällt sie in ein Loch. Der einzige Ausweg für Ciara: Sie will über den Atlantik rudern. Sie bewirbt sich bei einem professionellen Anbieter, macht einen Ruderkurs und kratzt 20.000 Euro für die Überfahrt zusammen. Im März 2021 geht es los: zwölf Menschen, ein Ruderboot – zwölf Meter lang, zweieinhalb Meter breit – von Teneriffa nach Antigua in der Karibik. 42 Tage dauert die Überfahrt. Auf hoher See erlebt Ciara die intensivsten Momente ihres Lebens. **********Den Artikel zum Stück findet ihr hier.**********Mitwirkende: Autor*in: Taiina Grünzig Moderatorin: Shalin Rogall **********Die Quellen zur Folge:Ciara hat ihre Atlantiküberfahrt bei Instagram dokumentiertNoch mehr Bilder und Eindrücke von Ciaras AtlantiküberfahrtArtikel über Ciara Burns bei forbes.at**********Weiterführende Informationen:"Little Lady, One Man, Big Ocean – Rowing the Atlantic" von Paul Gleeson, Tori Holmes und Liam Gorman – das Buch, das Ciara zu ihrer Atlantiküberfahrt inspiriert hat **********Mehr zum Thema bei Deutschlandfunk Nova:Ciara Burns: Im Ruderboot Roxy über den Atlantik**********Wir erzählen Eure Geschichten Habt ihr auch eine Geschichte erlebt, die in die Einhundert passt? Dann erzählt uns davon. Storys für die Einhundert sollten eine spannende Protagonistin oder einen spannenden Protagonisten, Wendepunkte und ein unvorhergesehenes Ende haben. Wir freuen uns über eure Mails an einhundert@deutschlandfunknova.de**********Ihr könnt uns auch auf diesen Kanälen folgen: Tiktok und Instagram.
Meine bisherigen Erfahrungen mit japanischen Autorinnen und Autoren beschränkten sich aktuell leider nur auf Banana Yoshimoto und Haruki Murakami, von denen ich zwar jeweils einige Bücher gelesen hatte – Yoshimoto auch rezensiert – aber über die ich eben noch nicht hinaus gekommen war. Eine willkommene Abwechslung und ein guter Start ins Lesejahr 2023 war daher die Empfehlung, Sayaka Murata zu lesen, die ich kürzlich bekam. Gespannt, ob Die Ladenhüterin, welches bereits 2016 im Original erschien und 2018 im Aufbau Verlag in deutscher Ausgabe veröffentlicht wurde, ähnlich schräg sein würde, wie es meine bisherigen rudimentären Erlebnisse mit der japanischen Literatur waren, widmete ich mich diesem schmalen Roman.Protagonistin und Ich-Erzählerin ist die 36-jährige Keiko Furukura, die bereits seit über 18 Jahren in einem Convenience Store arbeitet, der rund um die Uhr, an sieben Tagen die Woche geöffnet hat und welche in Japan kurz Konbini genannt werden. Über ihren Beginn als Arbeitskraft in dem Markt sagt sie folgendes: „Mein erster Tag im Konbini war mein Geburtstag als normales Mitglied der Gesellschaft.“ (S. 22) Hintergrund dieser befremdlichen Formulierung ist die Tatsache, dass Keiko sich bereits seit ihrer Kindheit als nicht normal fühlt und ihr permanent von ihrer Umgebung dieses Gefühl vermittelt wird. Dies wird dem Lesenden in Rückblicken auf ihre Kindheit deutlich gemacht. Als sie beispielsweise als Kind einmal einen toten Vogel findet und ihn ihrer Mutter bringt, möchte diese ihn beerdigen. Keiko versteht allerdings nicht, warum man ihn nicht stattdessen essen soll – ihr Vater mag doch so gern gegrilltes Geflügel. Um ihren Eltern keinen Kummer mehr zu bereiten und nicht weiter aufzufallen, entschließt sie sich eines Tages zu folgendem drastischen Schritt: „Ich tat nur noch, was die anderen taten, folgte allen Anweisungen und stellte so gut wie jede eigene Lebensäußerung ein.“ (S. 14) So schafft sie es auch durch ihr Studium, wobei sie auch hier keine neuen Kontakte aufbaut. Erst als Mitarbeiterin im Konbini fühlt sie sich als brauchbares Mitglied der Gesellschaft. Die Geräusche des Marktes hat sie auch zu Hause noch im Ohr und sie beruhigen sie und helfen ihr einzuschlafen. Zudem hat sie sich angewöhnt, die Stimmen ihrer Kolleginnen zu imitieren oder auch deren Kleidungsstil nachzuahmen. Zudem meint sie selbiges Verhalten auch bei ihren Kolleginnen und deren Freundinnen zu beobachten und stellt fest: „Diese Art der Anpassung macht offenbar einen großen Teil unseres Mensch-Seins aus.“ (S. 28)Sayaka Murata führt uns anhand des kleinen Systems Konbini und ihrer Protagonistin vor Augen, dass Anders-Sein in der japanischen Kultur nicht erwünscht ist. Gefühle und Verhalten, die nicht der Norm entsprechen, sind etwas Negatives, das nicht verstanden wird und als eine Art Krankheit empfunden wird, die es zu heilen gilt. Jeder hat seine Funktion und so fühlt sich auch Keiko nie wohler als in jenen Momenten, in denen sie sich als kleines Rädchen in der täglich neuen Geschäftigkeit der Welt spürt und als Individuum möglichst gar nicht auffällt. Es gibt nur zwei Probleme: Sie ist eine Frau und sie ist nicht mehr jung. Während ihr Aushilfsjob während ihres Studiums völlig legitim war, stellt sich nun, da sie bereits 36 ist, die Frage, warum sie keinen vollwertigen Beruf hat oder verheiratet ist und gar nicht mehr arbeitet. In Japan gelten Frauen, die mit über 30 noch nicht verheiratet sind, nach wie vor als Verlierer. Sind sie verheiratet und haben auch Kinder, ist es die Aufgabe der Frau, diese zu versorgen und sich um den Haushalt zu kümmern, was sich mit beruflichem Erfolg oft nicht vereinbaren lässt.Keiko kann jedoch nichts davon vorweisen, weshalb sie sich immer häufiger Fragen anhören muss, warum sie keinen Partner oder einen anderen Job hat. Dabei scheint sie an Männern oder sexuellen Beziehungen im Allgemeinen gar kein Interesse zu haben und die Arbeit im Konbini füllt sie so aus, dass sie sich mit Hilfe ihrer Schwester Ausreden ausdenkt, weshalb sie keine andere Arbeit verrichten kann. Schließlich lernt sie Shiraha kennen, einen Mann Mitte 30, der zunächst ebenfalls im Konbini arbeitet, seine Anstellung aber aufgrund seiner Faulheit und seines respektlosen Verhaltens schnell wieder verliert. Die Meinung ihres Chefs und ihrer Kolleginnen über Shiraha fällt folgendermaßen aus: „Aus dem wird nichts mehr. Er ist erledigt. Eine Last für die Gesellschaft. Der Mensch hat die Pflicht, ein nützliches Mitglied der Gesellschaft zu werden, indem er einen Beruf ergreift oder eine Familie gründet. Oder beides.“(S.59/60) Shiraha, der zwar das System kritisiert und der Meinung ist, dass sich seit der Jōmon-Zeit in Japan nichts verändert hat, ist aber letztlich ein Nutznießer Keikos' Großzügigkeit und lässt sich von ihr durchfüttern, als sie ihn bei sich aufnimmt. Obwohl sie beide nicht der Norm entsprechen, kritisiert er sie ständig und macht sie zum Puffer seiner eigenen Unzufriedenheit. Keiko hingegen scheint mit ihrem Leben im Konbini zufrieden zu sein, sie hat keinen hohen Ansprüche und ist es leid, sich ständig für ihr Leben rechtfertigen zu müssen: „Wie lästig, warum brauchten die anderen zu ihrer eigenen Beruhigung ständig Erklärungen?“ (S. 39)Die Themen, die Sayaka Murata in ihrem Roman zur Sprache bringt, sind aber kein ausschließlich japanisches Phänomen. Die Frage nach dem „Was ist eigentlich normal?“ mag zwar immer auch in Abhängigkeit zum eigenen Kulturkreis stehen, letztlich beantwortet sie aber jeder für sich selbst. In Keikos Fall entsteht ihr Gefühl des Nicht-Normal-Seins ja gar nicht aus ihr selbst heraus, sondern aus ihrem Umfeld. Was im Umkehrschluss vielleicht zeigt, wie merkwürdig doch diejenigen sind, die sich für normal halten. Murata macht uns aber auch auf das starre Rollensystem ihres Landes aufmerksam, das es Menschen schwer macht, individuell zu sein.Ein Ladenhüter ist ein Artikel, der sich schlecht oder fast gar nicht verkauft und indem Muratas Roman im Deutschen Die Ladenhüterin heißt, bekommt er gleich eine doppelte Bedeutung. Keiko, die in Bezug auf Partnerschaft und Ehe ein Ladenhüter ist, die aber auch eine Hüterin des Konbini, also eines Ladens, ist. Ein Roman, der zunächst vielleicht etwas befremdlich anmuten mag, aber in seiner Kürze, Prägnanz und Klugheit das Panorama einer Gesellschaft entfaltet und ohne großen Spannungsbogen in seinen Bann zieht und zum Nachdenken anregt. Eine ausgesprochene Empfehlung. This is a public episode. If you would like to discuss this with other subscribers or get access to bonus episodes, visit lobundverriss.substack.com
Christopher und Gerhard widmen sich einer kleinen Retrospektive zum Serienjahr 2022; gerade erst sind die Ergebnisse der Best of 2022-Umfrage von rund 35 Serienkritiker*innen eingetrudelt - mehr dazu auf unseren Social Media-Channels. Hier aber die Top 5 im Schnelldurchlauf: Platz 5 INVENTING ANNA (Netflix) Platz 4 HOUSE OF THE DRAGON (Sky) Platz 3 ANDOR (Disney) Platz 2 SEVERANCE (AppleTV) Platz 1 THE BEAR (Disney)Was es darüber hinaus rückblickend zu den Favoriten und Enttäuschungen des Jahres 2022 zu sagen gibt? Unter anderem geht es um die Fragen, warum Netflix zum Grabbeltisch für Serien geworden ist und warum für Christopher „Serienpopulismus“ das Buzzword des Jahres ist. Wieso wir zukünftig noch mehr Adaptionen sehen werden, welche Games-Franchises in der Mache sind und wie die unmittelbare Zukunft des seriellen Erzählens aussieht sind ein paar weitere brennende Fragen des Jahresrückblicks… Die Liner Notes des Rückblicks Can't Get You Out Of My Head (BBC)Assoziative Doku-Serie und nicht unkontroverse von Adam Curtis mit dem sperrigen wie treffenden Untertitel „An Emotional History of the World“ Am I Being Unreasonable Vorstadtneurosen und eine neue Freundin machen der Protagonistin dieser tragikomischen britischen Serie zu schaffen. Demnächst auch bei uns zu sehen! Somewhere BoyAufgewachsen in absoluter Isolation, da sein Vater ihn vor der Monsterapokalypse draussen vor dem Haus bewahren will, muss sich ein Teenager in der echten Welt zurechtfinden. Demnächst bald in Deutschland zu sehen.
Heute hat die Einhundertredaktion einen Tipp für euch: Den Podcast "Voice Versa – Sprachen auf Arbeit" von Deutschlandfunk Kultur und dem Goethe Institut. Es geht um Sprache und Identität. Hier hört ihr Folge 4 der zweiten Staffel. Gülseren Sengezer ist in dem kurdischen Dorf Dersim geboren und Anfang der 1980er Jahre nach Deutschland gekommen, da war sie sechs. Ihr Vater war da schon seit ein paar Jahren als sogenannter Gastarbeiter in Deutschland. Gülseren erzählt, wie sehr sie bis heute dafür kämpfen muss, ihr Kurdischsein zu zeigen und zu leben. Am meisten verletzt sie die Tatsache, dass sie ihrer Muttersprache beraubt wurde, Kirmanckî. Der türkische Staat versucht die Sprache aus dem Alltag verdrängen. Die Kurden dürfen auch ihre Traditionen nicht leben, sie werden unterdrückt und sind immer wieder extremer staatlicher Gewalt ausgesetzt. Und das setzt sich sogar in Gülserens Leben in Deutschland fort. **********Den Artikel zum Stück findet ihr hier.**********Die Quellen zur Folge:Hier findet ihr alle Folgen aus der aktuellen, zweiten Staffel von "Voice Versa – Sprachen auf Arbeit"Hier geht es zur ersten Staffel von "Voice Versa – Zwei Sprachen, eine Story"**********Wir erzählen Eure Geschichten Habt ihr auch eine Geschichte erlebt, die in die Einhundert passt? Dann erzählt uns davon. Storys für die Einhundert sollten eine spannende Protagonistin oder einen spannenden Protagonisten, Wendepunkte und ein unvorhergesehenes Ende haben. Wir freuen uns über eure Mails an einhundert@deutschlandfunknova.de**********Ihr könnt uns auch auf diesen Kanälen folgen: Tiktok und Instagram.
In der heutigen Sonderfolge plaudere ich mit Anna Röttger, der Protagonistin von "LUCID DREAMS" über unsere Zusammenarbeit. Darüber, was sie inspiriert und motiviert. Über Fotografie und natürlich auch über Musik. 5 der 6 Songs von Folge #65 hat Anna beigesteuert: REINHARD MEY - Über den Wolken | VON WEGEN LISBETH - Podcast | ISOLATION BERLIN - Produkt | MAECKES - Swimmingpoolaugen | DRANGSAL - Urlaub von mir | HILDEGARD KNEF - Wieviele Menschen waren glücklich, dass Du gelebt
Die amerikanische Autorin Bonnie Garmus erzählt in ihrem Debütroman "Eine Frage der Chemie" die Geschichte von Elizabeth Zott, einer Chemikerin in den USA der 1950er Jahre. Von ihren (männlichen) Kollegen wird sie ausgenutzt, gedemütigt und geringgeschätzt, ihr Lebensgefährte, der Star-Chemiker Calvin Evans, kommt bei einem tragischen Unfall ums Leben und Elizabeth, nun arbeitslos, muss alleine den Lebensunterhalt für die gemeinsame Tochter Mad und den Hund Halbsieben stemmen. Durch mehrere Zufälle bekommt sie jedoch die Gelegenheit, die Kochsendung "Essen um sechs" zu moderieren. Sie macht daraus ein kulinarisches Chemielabor mit Anspruch und stößt den (männlichen) Produzenten der Show mit ihrer unnachgiebigen Art und den zahlreichen Innovationen gehörig vor den Kopf. Gleichzeitig begeistert sie Millionen amerikanischer Hausfrauen mit ihrer Botschaft von Selbstbestimmung und Emanzipation. Bonnie Garmus verlagert feministische Themen und Inhalte in ein historisches Setting und erschafft mit Elizabeth Zott eine selbstbewusste, unbequeme und durch und durch witzige Protagonistin. Warum ich zwar bestens unterhalten, aber nicht uneingeschränkt begeistert war, und welche (guten) Gründe es trotzdem gibt, "Eine Frage der Chemie" zu lesen, erfahrt ihr in dieser Folge! Unterstütze den Podcast bei Steady! Links: Bonnie Garmus' Roman "Eine Frage der Chemie" beim Piper Verlag Autorinnenseite von Bonnie Garmus beim Piper Verlag Bonnie Garmus' Roman "Lessons in Chemistry" bei Doubleday Hörbuch zu Bonnie Garmus' Roman "Eine Frage der Chemie" bei Hörbuch Hamburg "Auf ein Buch!" bei Spotify "Auf ein Buch!" bei Instagram Blog zu "Auf ein Buch!"
Was Jenny immer wusste: Ihr Opa kommt aus den USA. Was sie nicht wusste: Wie er aussieht, wer er ist, ob er überhaupt noch lebt. Jennys Opa war als US-Soldat im Rhein-Main-Gebiet stationiert. Dort hat er Jennys Oma, eine Deutsche, kennengelernt und mit ihr ein Kind bekommen – Jennys Vater. 1963, kurz nach der Geburt, ist Jennys Opa dann zurück in die USA gegangen und hat sich nie wieder gemeldet. Als Jenny 18 ist, zeigt die Oma Jenny zum ersten Mal ein Schwarz-Weiß-Bild ihres Opas – als junger Soldat. Jenny will endlich mehr über ihn wissen. Sie sucht ihn bei Facebook. 2017, Jenny ist mittlerweile 24, ploppt plötzlich das Profilfoto eines älteren, afroamerikanischen Mannes auf ihrem Bildschirm auf. Jenny weiß sofort: Der ist es. **********Den Artikel zum Stück findet ihr hier.**********Mitwirkende: Moderatorin: Shalin Rogall Autorin: Alicia Lindhoff **********Wir erzählen Eure Geschichten Habt ihr auch eine Geschichte erlebt, die in die Einhundert passt? Dann erzählt uns davon. Storys für die Einhundert sollten eine spannende Protagonistin oder einen spannenden Protagonisten, Wendepunkte und ein unvorhergesehenes Ende haben. Wir freuen uns über eure Mails an einhundert@deutschlandfunknova.de**********Ihr könnt uns auch auf diesen Kanälen folgen: Tiktok und Instagram.
Diese Oper mutet ihrer Protagonistin einiges zu: eine unter Gewaltandrohung abgesagte Liebesheirat, eine Zwangsehe mit dem König von Zypern, ein Wiedersehen mit dem einstigen Geliebten, einen Krieg und den gewaltsamen Tod ihres Ehemanns. Doch während die typische Belcanto-Heldin in einer solchen Situation in den Wahnsinn fliehen würde, steht Caterina auf und beginnt ihre Zukunft als Königin von Zypern. Inspiriert vom Leben der historischen Caterina Cornaro, Tochter einer einflussreichen venezianischen Familie, die 1474 Königin von Zypern wurde, schrieb der französische Librettist Saint-Georges einen Text, der zur Grundlage mehrerer Opern wurde, darunter auch für dieses späte Meisterwerk Donizettis. Mit dem Opernchor und Extrachor des Stadttheaters Gießen und dem Philharmonischen Orchester Gießen.
Trollfußspuren Erkennen ist nicht Alles was selbstbewußte Paläontologinnen zur Monsterjagd beitragen können, so richtig nützlich ist die Protagonistin von Troll allerdings auch wieder nicht, ganz anders als Kaptein Kris, der wahrscheinlich auch in der begeisternd komplexen Welt von Andor bestehen könnte. Falls euch noch 12 Gifts of Christmas fehlen, dann wird es langsam Zeit, auf die Suche zu gehen, am besten ohne Spartacus-Unterstützung, aber eventuell musikalisch untermalt von der Night of the Proms.
Azim kommt aus Afghanistan und arbeitet dort für die IT bei den US-Truppen. Außerdem ist er Fotograf und Graffitikünstler. Im Jahr 2014 wird er für einen Ted-Talk nach Berlin eingeladen. Er erzählt, wie er den Alltag von Straßenkindern in Kabul fotografisch begleitet hat. Ein paar Stunden vor seinem Rückflug nach Kabul erfährt er von seiner Frau: Die Taliban haben das gemeinsame Haus in Kabul überfallen und seinen Vater getötet. Azim ist sofort klar: Eigentlich galt dieser Überfall ihm selbst. In seiner künstlerischen Arbeit kritisiert er nämlich die Taliban und setzt sich für die Rechte von Frauen ein. Azim steht vor der Wahl: Soll er in Deutschland bleiben, oder zurück nach Kabul fliegen? Azim entscheidet sich in Deutschland Asyl zu beantragen, seine Frau und die beiden Kinder will er so schnell wie möglich nachholen. Womit er nicht gerechnet hat: Die deutsche Bürokratie ist extrem langsam. Und Azim stellt sich immer wieder die Frage, ob er die richtige Entscheidung getroffen hat. **********Den Artikel zum Stück findet ihr hier.**********Mitwirkende: Moderatorin: Shalin Rogall Autor*in: Lara Lorenz **********Die Quellen zur Folge:Infos der Bundeszentrale für politische Bildung zur aktuellen Lage in Afghanistan (Stand: 27.01.2022)Ablauf des Asylverfahrens in Deutschland, Bundeszentrale für politische Bildung (Stand: 09.05.2016)"Sichere Herkunftsstaaten" – Umstrittene Liste, tagesschau.de vom 15.02.2019Afghanistan - Kein sicheres Herkunftsland, Katapult Magazin vom 23.07.2021**********Mehr zum Thema bei Deutschlandfunk Nova:Graffiti-Künstler Azim: Immer noch Hoffnung für Afghanistan**********Wir erzählen Eure Geschichten Habt ihr auch eine Geschichte erlebt, die in die Einhundert passt? Dann erzählt uns davon. Storys für die Einhundert sollten eine spannende Protagonistin oder einen spannenden Protagonisten, Wendepunkte und ein unvorhergesehenes Ende haben. Wir freuen uns über eure Mails an einhundert@deutschlandfunknova.de**********Ihr könnt uns auch auf diesen Kanälen folgen: Tiktok und Instagram.
Gleich drei aktuelle Romane verhandeln diese alte Frage neu: Elisa Shua Dusapin in «Die Pachinko-Kugeln», einer Geschichte über Freundschaft, Celeste Ng im dystopischen Roman «Unsre verschwundenen Herzen» und Hanna Bervoets «Dieser Beitrag wurde entfernt» über die toxische Wirkung von Social Media. Die Schweizer Autorin Elisa Shua Dusapin erregte mit ihrem Erstling «Winter in Sockcho» viel Aufmerksamkeit. Annette König, die sich für die Autorin begeistert, bringt deren mit Spannung erwarteten zweiten Roman an den Literaturstammtisch. Der Roman «Die Pachinko-Kugeln» erzählt die Geschichte einer jungen Schweizerin auf der Suche nach ihren ostasiatischen Wurzeln. Und vom Zauber einer ungewöhnlichen Freundschaft über die Generationen hinweg. «Unsre verschwundenen Herzen», der neue Roman der US-amerikanischen Autorin Celeste Ng, erzählt von einer in der Zukunft lebenden Familie, deren Leben vom Rassismus des herrschenden autokratischen Regimes bestimmt wird. Die Mutter kämpft dagegen an – mit Hilfe der Literatur, und bezahlt für ihren Widerstand einen hohen Preis. Allerdings bezahlt die Familie einen hohen Preis. Britta Spichiger gefällt, wie Celeste Ng mit poetischer, zarter Sprache in ein Familienleben eintaucht und gleichzeitig grundlegende moralische Fragen stellt. Von gefährlichen Mechanismen hinter den Kulissen der sozialen Medien geht es im Kurzroman «Dieser Beitrag wurde entfernt» der Niederländerin Hanna Bervoets. Die junge Heldin des Buchs arbeitet als Content-Moderatorin bei einem ungenannten Social-Media-Unternehmen: Sie muss Beiträge löschen, die gegen die Richtlinien verstossen. Felix Münger überzeugt am Roman, dass er subtil nachzeichne, wie sich die Wahrnehmung der Protagonistin in Bezug auf Gewalt, Rassismus oder Pornografie kontinuierlich verschiebt. Die Figur ist diesen Abgründen bei der Arbeit dauernd ausgesetzt – und droht den moralischen Kompass zu verlieren. Buchhinweise: * Hanna Bervoets. Dieser Beitrag wurde entfernt. Aus dem Niederländischen von Rainer Kersten. 107 Seiten. Hanser Berlin, 2022 * Elisa Shua Dusapin. Die Pachinko-Kugeln. Aus dem Französischen von Andreas Jandl. 144 Seiten. Blumenbar, 2022 * Celeste Ng. Unsre verschwundenen Herzen. Aus dem amerikanischen Englisch von Brigitte Jakobeit. 400 Seiten. dtv, 2022
Der Zauber anderer Welten, der Mythos des Wilden Westens, edle Indianer, wüste gesetzlose Gesellen, hart arbeitende Farmer, eindimensionale Frauendarstellungen, Cowboys: die Sachsen lieben ihren Karl May. Welch bittere Enttäuschung, als man später lernte, dass der gar nicht dort gewesen war, und sich alles nur ausgedacht hatte. Kein Grund, die Karl-May-Festspiele abzusagen, das Gefühl der Betruges bleibt schal, Winnetou taugt nur als nostalgisches Werk nach einem überfressenen Weihnachten.Am Anfang von The Son findet sich ein Familienstammbaum, deren Verzweigung mit schöner Regelmäßigkeit 3 Kinder hervorbringen, und die 7 Generationen umfasst. Das erste Kapitel gibt eine transkribierte Tonbandaufnahme des Familienpatriarchen Eli McCullough wieder, der das biblische Alter von 100 Jahren erreicht hat, und seine offizielle Geschichte und die des Staates Texas, auf dem sich seine Ländereien befinden, erzählt.In der deutschen Ausgabe wurde der Titel von “The Son” zu “Der erste Sohn” geändert und legt damit einen Schwerpunkt auf den mythischen Eli McCullough, der am Gründungstag der neuen Republik Texas, am 2. März 1836, geboren wurde. Dies wird den Schichten des Werkes nicht gerecht, denn The Son beschreibt tatsächlich die Geschichte von Söhnen, Eli, dessen Sohn Peter, und dessen Enkelin Jeanny, die ihrerseits 2 Söhne hatte. Ihre Geschichten erinnern an die Bibel, sind eine Abfolge von Ereignissen, die als unausweichlich dargestellt werden, denen man vielleicht entkommen, die man aber nicht verhindern kann. Eine “Das-ist-eben-der-Lauf-der-Dinge” Haltung, die Härte und Stärke verlangt, Empathie verbietet, Übertreten der als in Stein empfundenen Regeln wenn nicht mit Tod, dann doch mit Ächtung unausweichlich bestraft wird.Eli McCullough erzählt seine Kindheit aus der Ich-Perspektive: als Kind wird er von Indianern geraubt, die seine Mutter und Schwester vergewaltigen und schlachten und später auch seinen Bruder Martin töten. Er hingegen wird adoptiert und verlässt erst seinen Stamm, als dieser nach jahrelangen Entbehrungen ausgelöscht wird, um mit 16 Jahren in die “Zivilisation” zurückzukehren, die ihm völlig fremd geworden ist. Zu lange hat er außerhalb dieser Gesellschaft, die sich mit äußerster Brutalität in Texas durchgesetzt hat, gelebt. Was er gelernt hat ist, dass der Tod immanent ist, dass man töten muss, um am Leben zu bleiben. In einem Initiationsritus mordet er dann selbst zum ersten Mal, und das Töten wird sich bis ans Ende des Buches hinziehen. Dann enthüllt er, dass seine Frau und einer seiner Söhne von Indianern getötet, wenn auch nicht skalpiert wurden und setzt seine bei den Indianern erlernten Kenntnisse ein, um diese zu finden und alle umzubringen. Mit klarem Blick beschreibt er, dass seine Angestellten, die nie gedacht hätten, noch einmal Indianer jagen und ermorden würden, und wie sie sich darauf freuen, die “großen Schlachten ihrer Vorfahren” erneut zu fechten. Ein kleiner Junge überlebt und wird als Zeuge am Leben gelassen, als Verweis auf den Kreislauf, den Mord und anschließende Rache scheinbar unausweislich bilden.Peter McCullough, sein Sohn, 1870 geboren, schildert seine und die Familiengeschichte in Form von Tagebucheinträgen, die 1915 beginnen. Er ist eine diametrale Figur zu seinem legendenumwobenen Vater, der sich nicht mit der Härte abfinden kann, der sich nicht am Landraub und an den Vertreibungen beteiligen will. Im Zeitraum zwischen 1910 und 1919 gab es in Texas, insbesondere an der Grenze zu Mexiko, die Bandit Wars, bei denen Mexikaner versuchten, die anglo-amerikanische Bevölkerung zu vertreiben. Im Gegenzug töteten Amerikaner viele Mexikaner auf dem Gebiet von Texas und nahmen ihnen ihr Land weg. Peter McCullough kann seinem Vater und dem Rest der Familie nicht verzeihen, dass diese ihre Nachbarsfamilie fast ganz auslöschen und sich danach die Ländereien aneignen. Sie können ihn nicht verstehen, weil der Grund für die Pogrome, im Werk nüchtern mit Raids bezeichnet, die Verletzung eines seiner Söhne ist.The Son ist von unglaublicher Grausamkeit, die durch die Konzentration auf die persönlichen Geschichten der einzelnen Familienmitglieder der McCulloughs und ihre inneren Kämpfe und Haltungen dem Mythos der heroischen Geschichte Texas begegnet und zeigt, was die Grundlage für die beiden großen Erzählbilder - riesige Farmen mit unzählbaren Viehherden und Öl - gewesen ist: die Auslöschung der unterschiedlichsten Indianerstämme, der gleichzeitige und länger dauernde brutale Landraub und die Ermordung und Vertreibung der überlebenden Mexikaner durch die Weißen. Reichtum entsteht nicht, wie oft in den Geschichten von den zu Millionären gewordenen Tellerwäschern oder von den App-programmierenden Nerds beschworen, durch harte Arbeit, wie Eli McCullough von seinem Ziehvater Toshaway lernt. Zitat: “Wir wissen, dass unser Land einst anderen gehört hat, die wir getötet und denen wir es weggenommen haben. Aber die Weißen denken nicht so. Sie bevorzugen es zu vergessen, dass alles was sie wollen jemandem anders gehört. Ich bin weiß, und es muss meins sein. ...Die Weißen sind verrückt. Sie wollen alle reich sein, aber sie geben nicht zu, dass man nur reich wird, wenn man andere bestiehlt.” und, noch erhellender - Zitat “Sie denken, wenn man die Leute nicht sieht, die man bestiehlt, oder wenn man sie nicht kennt, oder wenn sie anders aussehen, dann ist es nicht wirklich stehlen.” Zitatende.Schockierend ist, wie einfach die Rechtfertigungen sind, die bis heute Bestand haben. So erinnert sich Jeanne Anne, Jahrgang 1926, an die Worte ihres Vaters, der im Buch nur in den Erzählungen der Protagonisten auftaucht. Zitat “Männern wollen beherrscht werden. Der arme Mann bevorzugt es, mit dem Reichen und Erfolgreichen assoziiert zu werden. Selten erlaubt er es sich daran zu denken, dass seine Armut und der Reichtum seines Nachbarn einander bedingen, denn dann müsste er handeln, und es ist einfacher für ihn, über all die Sachen nachzudenken, warum er über seinen anderen Nachbarn steht, die einfach nur noch ärmer sind.” Zitatende.Jeanne Anne ist die Dritte erzählende Protagonistin und eine der wenigen Frauen in The Son, die nicht nur als Opfer von Vergewaltigung, Vertreibung oder Mord gezeichnet werden. Sie übernimmt das Öl-Imperium, dass ihr Urgroßvater und ihr Großonkel aufgebaut haben. Nicht, weil sie die beste Kandidatin dafür gewesen wäre, sondern weil einer ihrer Brüder dem Leben in Texas in die Großstadt entflohen ist, und die beiden anderen im 2. Weltkrieg umgekommen sind. Ihre Geschichte sind Bewusstseinsströme, die am Ende ihres Lebens zurückblicken. Ihre Sicht auf das Leben zeigt viele Parallelen zu der ihres Urgroßvaters Eli, den Zwang Härte zu zeigen um sich durchzusetzen, das Wissen darum, dass der Erfolg darauf beruht, sich im Geschäft und im Leben rücksichtsloser als Andere durchgesetzt zu haben. Sie liegt im Sterben und halluziniert. Gleichzeitig sind diese Halluzinationen für sie eine Möglichkeit, Taten einzugestehen und in den Kontext ihrer Zeit und ihrer Familie sowie ihrem eigenen Land und ihres Staates Texas einzuordnen.Philipp Meyer hat mit The Son den 2. Teil einer geplanten Trilogie veröffentlicht, die als texanisches Epos gefeiert wurde, dass dem heroischen Mythos des Staates die Geschichte der weißen Siedler, brutalen Landraube, des fast 50 Jahre dauernden Krieges mit den Comanchen, die Öl- und Vieh-Dynastien, den Wandel der Gesellschaft von den frühesten Tagen der amerikanischen Siedler bis zur Gegenwart entgegensetzt. Dafür hat er - anders als der eingangs erwähnte Karl May - exzessiv recherchiert und sich Fähigkeiten angeeignet. Eine unbedingte Leseempfehlung, die neben der zuvor ausführlich geschilderten Grausamkeit und der Trauer einen fast unerklärlicher Optimismus ausstrahlt. Vollkommen zu recht wurde er für dieses Werk für den Pulitzerpreis nominiert. This is a public episode. If you would like to discuss this with other subscribers or get access to bonus episodes, visit lobundverriss.substack.com
Adil* ist Uigure und kommt aus China. Mit 16 flieht er mit seiner Familie in die Türkei. Als er 2016 dort ankommt, sucht er neue Freunde. Doch in der Schule findet er nicht so richtig Anschluss. Das ändert sich erst bei einem Basketballmatch, das von der uigurischen Community organisiert wird. Adil lernt Mohamed kennen – auch ein Uigure. Die beiden mögen dieselben Filme und hören dieselbe Musik, sie werden richtig gute Freunde. Ein Jahr geht das so. Dann erfährt Adil, dass Mohamed ein Spion ist, der andere Uigur*innen für die chinesische Regierung ausspitzelt. Für Adil bricht eine Welt zusammen. Welche Konsequenzen das für Adil und seine Familie hat, hört ihr im Podcast. *der Name und einige Details in der Geschichte wurden zum Schutz des Protagonisten von der Redaktion geändert **********Den Artikel zum Stück findet ihr hier.**********Mitwirkende: Moderatorin: Shalin Rogall Autorin: Philine Kreuzer **********Die Quellen zur Folge:China Cables - Dossier der Süddeutschen Zeitung über Umerziehungslager für Uigur*innen und andere muslimische Minderheiten in ChinaInterview in der Süddeutschen Zeitung mit der Uigurin Asiye Abdulaheb über die Repressionen, die sie auch im Exil durch den chinesischen Staat erfährt. (23.11.2020)"The Spies Next Door" China's covert campaign to intimidate Uighur exiles - Harper's Magazine"We'll kill you": Uyghur exile who fled to Arctic Circle still fears reach of Chinese state - Guardian vom 15.03.2022**********Weiterführende Informationen:Der Trailer zu Slamdunk, der Basketball-Anime-Serie, die Adil gerne guckt: https://www.youtube.com/watch?v=lp4IGdb5nPMDas niederländische Parlament verurteilt die Behandlung der Uigur*innen durch China als "Genozid" (Politico vom 25.01.2021): https://www.politico.eu/article/dutch-parliament-declares-chinese-treatment-of-uighurs-as-genocide/Durchsuchung in München - Ermittler jagen mutmaßliche chinesische Spione (Spiegel Online vom 24.11.2009): https://www.spiegel.de/politik/deutschland/durchsuchung-in-muenchen-ermittler-jagen-mutmassliche-chinesische-spione-a-662982.htmlMünchen: Bewährungsstrafe für chinesischen Spion (tz.de vom 23.09.2011): https://www.tz.de/muenchen/stadt/bewaehrungsstrafe-chinesischen-spion-zr-1417652.html **********Mehr zum Thema bei Deutschlandfunk Nova:China Cables: 24h-Überwachung und psychischer Druck im chinesischen Internierungslager**********Wir erzählen Eure Geschichten Habt ihr auch eine Geschichte erlebt, die in die Einhundert passt? Dann erzählt uns davon. Storys für die Einhundert sollten eine spannende Protagonistin oder einen spannenden Protagonisten, Wendepunkte und ein unvorhergesehenes Ende haben. Wir freuen uns über eure Mails an einhundert@deutschlandfunknova.de**********Ihr könnt uns auch auf diesen Kanälen folgen: Tiktok und Instagram.
Julian Barnes' kurzer Roman lässt einen seltsam ungerührt, was vor allem an der unnahbaren Protagonistin liegen dürfte.
Zum zweiten Mal sprechen die Würfel mit dem Hörspiel. Wie bereits in „Entgrenzgänger I“ aus dem Jahr 2020 entscheidet der Zufall, was für ein Radiostündlein entsteht. Aufgrund einer fast vergilbten Stipendiumsverpflichtung steht das Land seit Jahren fest: Russland. Ausgewürfelt wird nun die Stadt, die zur Protagonistin dieses Stückes werden soll. Nach 638 Würfen steht die Siegerin fest: Tscherkessk im Nordkaukasus. Auweia!! Dort wird erst geschossen, dann gefragt, warnt eine Russin aus dem Norden. Und überhaupt: Krieg! Keine Flugverbindungen, keine Einreise auf dem Landweg möglich, Geld muss in bar mitgeführt werden. Aber so leicht geben wir nicht auf. Das Hörspiel macht sich auf den Weg, allen Hindernissen zum Trotz. // Mit: Ida Arne, Irina Bondarenko, Albert Batschaev, Lorenz Eberle, Schuschanik Gregorian, Beslan Mischaev, Kaplan, Arthur, Alan Kasajev, Bilal Kasarokov, Amayak Simonyan, Rustam Yusupov, Boris Kascharokov // Konzept & Regie: Robert Schoen // Produktion: hr 2022 // (Audio verfügbar bis 13.05.2024) // Noch mehr Hörspiele und Hörbücher finden Sie im Podcast-Pool des Hessischen Rundfunks: https://www.hr2.de/podcasts/hoerspiel/index.html
Menschen, Meerwalnüsse, Metamorphosen. In unserer aktuellen Folge von Auf Buchfühlung sprechen Victoria und Gerhard mit der in Graz geborenen und in Berlin wohnhaften Autorin Marie Gamillscheg über ihren aktuellen Roman “Aufruhr der Meerestiere”. Eingebettet in die Geschichte Luises, einer Meeresbiologin, die nach zahlreichen internationalen Stationen und vielen Jahren fern der Heimat zurück nach Graz kommt, entspannt sich eine Geschichte über Individualität, Rollenzuschreibungen, dem Umgang mit den eigenen Wurzeln und dem eigenen Körper. Marie Gamillschegs Prosa ist poetisch dicht. Nicht nur in den eleganten Beschreibungen der Meerwalnuss schwappt der Ozean in den Roman. Luise wird in Wellenbewegungen von einem Schauplatz zum nächsten getragen – begegnet, Sirenen, Medusen, Poseidon und seinen Nereiden – um schließlich eine andere zu sein, als die, die wir zu Beginn kennengelernt haben. Wir wollten von Marie Gamillscheg wissen, was ihre Protagonistin so ruhelos durch ihre Geschichte treibt, wie der Blick aus der Fremde auf die Heimat ist, was es mit den zahlreichen mythologischen Anspielungen aber auch der Meerwalnuss auf sich hat.
Als Cavit sieben ist, geht seine Mutter zu den Zeugen Jehovas. Cavit ist darum lange ein Außenseiter. Mit 14 packt er seine Sachen und zieht zu seinem Vater. Der legt ihm 150 Euro auf den Tisch und fährt erstmal ein paar Wochen auf Dienstreise. Cavit genießt die Freiheit. In einem Jugendtreff lernt er eine Clique kennen, er fängt an zu kiffen und zu dealen. Und er nutzt das Haus seines Vaters, wenn der unterwegs ist, für richtig krasse Partys. Irgendwann ist das Haus danach fast renovierungsbedürftig. Cavit beichtet seinem Vater die Drogen und die Dealerei und der schickt ihn zu Verwandten in die Türkei, um Abstand zu kriegen. Dort beschäftigt sich Cavit mit dem Islam und merkt, dass er sich immer noch als Christ fühlt. Zurück in Deutschland schließt er sich dann einer freikirchlichen Gemeinde an. Doch bis Cavit den Halt findet, den er wirklich braucht, muss er noch Valentina kennenlernen und einige Hürden überwinden. **********Den Artikel zum Stück findet ihr hier.**********Mitwirkende: Moderatorin: Shalin Rogall Autor: Paulus Müller **********Mehr zum Thema bei Deutschlandfunk Nova:Sophie Jones: Zeugen-Jehovas-Aussteigerin über ihr Leben bei der "Sekte", wie sie sagtFrüher uncool: Wie uns die Schulzeit prägt**********Wir erzählen Eure Geschichten Habt ihr auch eine Geschichte erlebt, die in die Einhundert passt? Dann erzählt uns davon. Storys für die Einhundert sollten eine spannende Protagonistin oder einen spannenden Protagonisten, Wendepunkte und ein unvorhergesehenes Ende haben. Wir freuen uns über eure Mails an einhundert@deutschlandfunknova.de**********Ihr könnt uns auch auf diesen Kanälen folgen: Tiktok und Instagram.
Erbstreitigkeiten sind hässlich, aber häufig. Betroffene leiden unter dem Zerwürfnis. Nicht so Claudia Keller. Sie ist das jüngste von 8 Kindern einer Bauernfamilie. Im Verlauf eines Erbstreits hat sie den Kontakt zu den Geschwistern abgebrochen – für sie ein Akt der Selbstfindung und Befreiung. * Der Prozess hat der Protagonistin geholfen, sich von der Herkunftsfamilie zu lösen. * Erbstreitigkeiten unter Geschwistern können ein Schritt sein zur Emanzipation. * Erbstreitigkeiten bringen unterdrückte familiäre Konflikte ans Licht. * Wer Erbstreitigkeiten vorbeugen will, kümmert sich zu Lebzeiten um transparente Verhältnisse. * 2023 tritt eine weitere Revision des Erbrechts in Kraft. Sie soll den veränderten Familienformen Rechnung tragen (Patchwork-Familien, unverheiratete Paare). Ob die Gesetzesänderung Erbstreitigkeiten verhindern kann, ist fraglich. Im Podcast zu hören sind: * Claudia Keller, 59, jüngstes Kind einer Bauernfamilie aus dem Kanton Zug. Sie erkämpft mit Hilfe eines Anwalts den Verkauf und die vollständige Aufteilung des väterlichen Nachlasses. Den Kontakt zu ihren Geschwistern hat sie abgebrochen. * Gabrielle Rütschi, Psychologin, Familien- und Systemtherapeutin. Im Buch «Die Büchse der Pandora» (2018) beschreibt sie Erbstreitigkeiten als Folge unausgesprochener familiärer Konflikte. Bei Fragen, Anregungen oder Themenvorschlägen schreibt uns: kontext@srf.ch Mehr zum Kontext Podcast: https://srf.ch/audio/kontext