Das Thema Religion ist vielfältig. Die Dokumentarfilme und Gespräche der «Sternstunde Religion» ordnen ein, schaffen Zusammenhänge und fragen nach. Sterbehilfe, Sekten oder Minarette – das Thema Religion ist vielfältig und prägt so manche gesellschaftspolitische Debatte. Die Dokumentarfilme und Ges…
Schweizer Radio und Fernsehen (SRF)
Die Diagnose Krebs ist ein Schock, und doch muss es irgendwie weitergehen. Die Autorin und Politikwissenschaftlerin Madeleine Hofmann erkrankt mit Anfang 30 an Brustkrebs. Ein Gespräch über Wut, Verdrängung und die heilende Kraft des Trostes. Völlig unerwartet erhält Madeleine Hofmann die Diagnose Brustkrebs. In einer Zeit, in der andere Familien gründen, Hypotheken aufnehmen oder um die Welt reisen, muss sie sich fortan einer potenziell tödlichen Krankheit stellen. Lange weigert sie sich, ihr bisheriges Leben aufzugeben. Doch die Politikwissenschaftlerin und Autorin findet in die Akzeptanz, verliert vermeintlich gute Freundinnen, behält einige wenige und findet neue. Sie spricht mit einer Musikerin, Psychologinnen, Seelsorgerinnen und schreibt alles auf. Trost findet sie selbst vor allem in der Musik und in der Pflege einer Hauspflanze. Über all das hat Hofmann ein Buch geschrieben. Mit Olivia Röllin spricht sie über das Reich der Gesunden und der Kranken, gute und schlechte Krebsarten, Kontrollverlust und darüber, weshalb wahrer Trost so schwer zu finden und zu spenden ist, und was das Zuhören damit zu tun hat.
Peter Maffay, einer der erfolgreichsten deutschen Rockmusiker, hat eine beeindruckende Karriere hinter sich und die deutsche Musikszene über 50 Jahre lang massgeblich geprägt. Ein Gespräch über Höhen und Tiefschläge, über den Glauben, soziales Engagement und die Kraft der Musik. Im Sommer 2024 fand in Leipzig sein letztes grosses Konzert statt. Nach über fünf Jahrzehnten im Musikgeschäft plant er, seine Karriere schrittweise zu beenden und sich mehr auf sein Privatleben und seine Stiftung zu konzentrieren. Neben seiner musikalischen Karriere ist Maffay nämlich auch für sein soziales Engagement bekannt. Er gründete die Peter Maffay Stiftung, die sich für benachteiligte und traumatisierte Kinder einsetzt und ihnen in den «Tabaluga-Häusern» eine Auszeit bietet. Politisch und gesellschaftlich engagiert, thematisiert er in seinen Liedern oft aktuelle Probleme wie Kriege und Umweltzerstörung. Im Gespräch mit Milad Karimi blickt er zurück auf ein bewegtes Rockerleben, angefangen mit der Kindheit in Rumänien, über die Schattenseiten des Ruhmes bis hin zum Glück der späten Vaterschaft.
In einer Welt, die von Krisen, Spannungen, ungelösten Konflikten und Kriegen geprägt ist, gewinnt die Auseinandersetzung mit individuellen und kollektiven Verletzungen/Traumata an Bedeutung. Der spirituelle Lehrer und moderne Mystiker Thomas Hübl hat darauf eigene Antworten entwickelt. Thomas Hübl ist spiritueller Lehrer, Autor, moderner Mystiker und er bietet Trainings in «timeless wisdom», also zeitloser Weisheit, an. Mit 26 brach der gebürtige Wiener sein Medizinstudium ab und zog sich vier Jahre in ein Landhaus in Tschechien zurück, um zu meditieren. Zurück in der Gesellschaft, begann er, sich für gesellschaftliche Transformation zu interessieren. Mit seinen Seminaren und Kursen, in denen es um «persönliche Entwicklung» und «Bewusstseinsveränderung» geht, ist Hübl inzwischen weltweit bekannt. Seit 2019 ist er zudem Gastdozent und Trainer an der Harvard Medical School. Dort leitet er Schulungen und gibt Workshops, die Fachpersonen im Umgang mit kollektiven Traumata unterstützen soll. Dafür verbindet er Psychologie und Neurowissenschaft mit Spiritualität. Denn für ihn ist klar: Die Krisen unserer Zeit sind nicht zuletzt ein spirituelles Problem. Seither ist er mit der Mission unterwegs, die Welt ein bisschen heiler zu machen. Was ist Weisheit und wie kann sie die Welt verändern? Welche Rolle spielt «Verbundenheit», wenn es um aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen geht? Und: Wie wirksam ist Trauma-Arbeit, wenn strukturelle Ungleichheiten und politische Spannungen ungelöst bleiben?
Durchtanzte Nächte mit Alkohol und Drogen, Orgasmen oder Runner's High: Kontrollverlust, Bewusstseinserweiterung, Flow. Zustände, die der Mensch seit Jahrtausenden sucht. Forscher gehen von evolutionären Gründen aus. Was also gewinnt der selbstverlorene Mensch im Rausch? Den Alltag aus den Angeln heben, neue Perspektiven eröffnen, ganz im Moment aufgehen, sich komplett bei sich selbst fühlen: Die Anziehungskraft von Rausch und Ekstase liegt nicht zuletzt in ihrer Entgrenzungsfähigkeit. Manchmal ermöglichen sie gar, tiefere Ebenen des Bewusstseins zu erkunden. Klar ist: Ekstase kann verbinden. Forschende vermuten in ihr eine Kulturtechnik, die auch evolutionär zentral war. Die These: Ohne Rausch gäbe es keine Zivilisation. Warum ist das so? Können Ekstase und Rausch zu tieferer Erkenntnis führen? Was fördert der Rausch in uns zu Tage? Welche Rolle spielt da die Nüchternheit und warum konsumieren auch Tiere Berauschendes? Das klärt Olivia Röllin im Gespräch mit der Mediävistin und Autorin Racha Kirakosian.
Traditionelle religiöse Strukturen verlieren zunehmend an Bedeutung. Doch die grundlegenden menschlichen Bedürfnisse nach Sinn, Gemeinschaft und moralischer Orientierung bleiben weiterhin bestehen. Diese Bedürfnisse suchen sich neue Ausdrucksformen, oftmals in fanatischen Ideologien. In den meisten Industrieländern nimmt die Religiosität ab. Auch in der Schweiz. Immer mehr Menschen treten aus den Kirchen aus. Erstmals gibt es hierzulande mehr Menschen ohne Religionszugehörigkeit als Katholiken, die bisher die grösste Gruppe ausmachten. Und doch scheine der Glaube irgendwie zu überleben – und sei es nur in Versatzstücken – analysiert der Dramaturg und Essayist Bernd Stegemann. Für ihn hat sich der Glaube an absolute Wahrheiten ins Weltliche verlagert. Deshalb sind in der säkularen Welt ideologische Übertreibungen, Populismus, Fanatismus und Fundamentalismus allgegenwärtig. Das Individuum hat den Platz Gottes in der Welt eingenommen, so die These in Stegemanns neustem Buch «Was vom Glauben bleibt – Wege aus der atheistischen Apokalypse». Ahmad Milad Karimi spricht mit Bernd Stegemann über das Nachleben des Glaubens in der säkularisierten Welt und über die Frage, warum viele Menschen stolz darauf sind, gottlos zu sein, aber dennoch religiöse Muster übernehmen.
Er gehört zu den mit Abstand meistgelesenen spirituellen Autoren und er ist Benediktinermönch: Anselm Grün. 400 seiner Bücher sind lieferbar, geschrieben hat er noch mehr. Was treibt den Mann Gottes an und weshalb ist er so beliebt? 80 Jahre und noch kein bisschen müde, das denkt, wer dem Benediktinermönch aus der Abtei Münsterschwarzach in Bayern begegnet. Seine Reisen legt er in einem VW-Bus zurück, von den Millioneneinnahmen für seine Bücher fliesst nichts in seine eigene Tasche und mehr als 50 Euro braucht er nicht als Taschengeld. Anselm Grün ist bescheiden. Auch was die eigenen Errungenschaften angeht: Wichtig sei ihm bloss, dass er Menschen mit seiner Arbeit aufrichten könne. Er berät Manager genauso wie Paare, Kranke genauso wie Gesunde. Und nicht selten berichten die Leserinnen und Leser seiner Bücher, dass er sie geheilt habe. Welche Gabe besitzt dieser Mann? Woraus schöpft er selbst Hoffnung? Worin besteht die Kunst des Alterns und wofür lohnt es sich eigentlich zu leben? Das fragt Olivia Röllin im «Sternstunden»-Gespräch.
Niklas Frank wächst von 1939 bis 1945 im von Deutschland besetzten Polen auf. Sein Vater Hans Frank ist einer der Hauptverantwortlichen für die Verbrechen der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg. Wie lebt man im Schatten eines solchen Vaters? Und wie geht man mit familiärer Kriegsschuld um? Eine Kindheit im fremden Polen, aber in Luxus und Pomp, das erlebte Niklas Frank bis zu seinem sechsten Lebensjahr. Dann befreite die Rote Armee Polen von der deutschen Besatzung. Die Nazi-Schergen wurden verhaftet und vor das Internationale Militärtribunal in Nürnberg gestellt. Elf wurden zum Tod durch den Strang verurteilt, unter ihnen Hans Frank, Generalgouverneur von Polen, Hitlers Anwalt in zahlreichen Prozessen und damit politisch verantwortlich für die Deportation und Hinrichtung Hunderttausender Menschen. Mit knapp 50 Jahren beginnt der Autor und Journalist Niklas Frank, sich intensiver mit seinem Vater und dessen Taten auseinanderzusetzen. Obsessiv durchforstet er Akten, Briefe, Fotos und schreibt sich hasserfüllt von der Seele, was er Vater und Mutter nie sagen konnte. Olivia Röllin fragt anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau: Wie geht man mit vergangener Schuld und einer solchen Familiengeschichte um? Was verbindet uns mit unseren Vorfahren, wie kann die Erinnerung an die Shoah lebendig gehalten werden und was passiert, wenn es eines Tages keine Zeitzeugen mehr gibt?
Ist der Urknall der Anfang aller Dinge oder gibt es da ein höheres Wesen, Gott? Was bedeutet es, dass alles Leben aus dem Staub von Sternen entstanden sind und in einer fernen Zukunft durch die Explosion der Sonne untergehen werden? Diesen Fragen stellt sich der Astrophysiker Andreas Burkert. Andreas Burkert, renommierter Astrophysiker an der Ludwig-Maximilians-Universität München, ist bekannt für seine interdisziplinären Ansätze, die Wissenschaft, Religion und Musik vereinen. In seinen Vorträgen und Veranstaltungen schafft er eine einzigartige Plattform, auf der Naturwissenschaft und Glaube in einen tiefgründigen Dialog treten. Das Universum fasziniert ihn – nicht nur durch seine unendliche Weite, sondern auch durch die Fragen, die es aufwirft: Woher kommen wir? Was hält das Universum zusammen? Und wohin führt seine Reise? Der Astrophysiker Andreas Burkert lädt ein, über das Universum und was es im Innersten zusammenhält nachzudenken, zu staunen, um zu erfahren, was es heisst, dass wir alle aus Sternenstaub bestehen. Ein Gespräch unter der Leitung von Ahmad Milad Karimi
Ob Intervallfasten oder Heilfasten, der freiwillige Verzicht auf Nahrung ist en vogue. Dabei hat das Fasten eine lange Tradition und wird in vielen Religionen und Weltgegenden seit Jahrtausenden praktiziert. Worin liegt der Reiz der Entsagung, und warum ist sie gerade jetzt so beliebt? Ein Gespräch. Fasten regeneriert den Körper und öffnet den Geist. Sagen jene, die es ausprobiert haben. Auch die Wissenschaft stützt seit einigen Jahren diese Erfahrungsberichte. 2016 gab es für die Erkenntnisse im Zusammenhang mit der sogenannten «Autophagie» gar den Nobelpreis. Doch was geschieht beim Fasten genau, warum stellen sich teils mystische Erfahrungen ein, und weshalb hat es eine so lange und breite Tradition? Es war der deutsche Marinearzt Otto Buchinger, der 1919 aufgrund einer bis dahin als unheilbar geltenden rheumatischen Arthritis das Fasten für sich entdeckte. 19 Tage trank er lediglich Wasser. Danach war er zwar abgemagert, doch die Beweglichkeit war zurückgekehrt und die Schmerzen weg. Diese Erfahrung wollte Buchinger weitergeben. Er begann eine Fastenmethode zu entwickeln, die heute weltweit geschätzt und angewandt wird. Buchinger setzte dabei nicht nur auf Verzicht, sondern regte an, Nahrung auf andere Art aufzunehmen: durch Lektüre, Naturerfahrung, Religion. Von ihrer ersten Fastenerfahrung zehren auch Theologin Noa Zenger und Ärztin Françoise Wilhelmi de Toledo bis heute. Olivia Röllin erörtert mit den beiden, worin der Reiz der Entsagung liegt, warum sich in der Leere die wahre Fülle zeigt, und was man verpasst, wenn man primär der Völlerei frönt.
Weihnachten ist das Fest der Freude und der Besinnung. Zumindest im christlichen Glauben. Doch welche Bedeutung kommt der Heiligen Nacht in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft noch zu? Weihnachten ist omnipräsent. Kaum jemand kann sich dem Weihnachtstrubel entziehen. Das Fest zu Ehren der Geburt Jesu ist einer der wichtigsten Feiertage des christlichen Glaubens. Und damit bedeutender Teil der christlichen Identität. Wieso ist die Inkarnation, also die Menschwerdung Gottes, so zentral für das Christentum? Und wie beschreibt der Koran eigentlich die Geburt Jesu? Lassen sich dadurch Brücken zwischen beiden Religionen schlagen? Denn: Spirituelle Erfahrungen können einen und den Dialog vertiefen. Milad Ahmad Karimi spricht mit dem Theologen Karl Josef Kuschel über eine kostbare Glaubenstradition.
Biografien sind niemals stromlinienförmig, ihre Verästelungen nicht vorauszuahnen, und nicht selten schlägt der Zufall zu. Oder ist es Gott, der die Lebensbahnen lenkt? Die «Sternstunde Religion» fragt einen Schriftsteller, eine Astrologin, eine Juristin, einen Hindu-Mönch und eine Freelance-Schwester. Zum zehnjährigen Jubiläum des «Haus der Religionen» in Bern spricht Olivia Röllin mit «Wolkenbruch»-Autor Thomas Meyer, Freelance-Schwester Veronika Ebnöther, Ashramleiter und Hindu-Mönch Krishna Chandra, Astrokolumnistin Alexandra Kruse sowie Juristin und Nationalrätin Sibel Arslan über Zufälle, göttliche Erkenntnis, Identitätsfindung, Naturverbundenheit und Jenseitskontakte.
Nach dem Schulabschluss absolviert David Geisser seinen Militärdienst bei der Schweizergarde in Rom. Dort erhielt er die Chance, eine Rezeptsammlung über die kulinarischen Vorlieben des Papsts und der Schweizergardisten herauszugeben. Gemeinsam mit Nicole backt David den bayrischen Kirschmichel, Lieblingsdesserts des verstorbenen Papsts Benedikt XVI. Dabei plaudern sie über seinen Vater, der selbst bei der Garde diente und 1981 beim Attentat auf Papst Johannes Paul II. eine wichtige Rolle spielte.
Der 16-jährige Zürcher Moischi Frenkel geht seit Sommer 2023 auf ein Internat in Israel. Dort fühlt er sich, seit die Hamas Israel im Oktober 2023 angriff, nicht mehr sicher. Beim Backen anlässlich des Laubhüttenfests erzählt er Nicole, warum er trotz angespannter Sicherheitslage im Internat bleibt und wie er und seine Familie mit der Bedrohung durch Bomben umgehen.
Aris Guzman wuchs in der Dominikanischen Republik bei ihrer Grossmutter auf. Als Teenagerin zogen sie und ihre Schwester zur Mutter in die Schweiz. Über die Mutter kamen Aris und andere Familienmitglieder zu den Zeugen Jehovas, was unter anderem zu einem tragischen Todesfall in der Familie führte. Wie Aris es schaffte, sich aus den Fängen der Sekte zu befreien und sich nach schwierigen Jahren wieder mit der Familie zu versöhnen, darüber spricht sie mit Nicole Freudiger beim Backen.
Als Sonam sechs Jahre alt war, flohen sie und ihre Familie aus Tibet. Die Route führte sie zu Fuss über den Himalaya nach Nordindien. Dort musste Sonam schwere Arbeiten im Strassenbau verrichten, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Erst als Teenagerin lernte sie lesen und schreiben. Wie Sonam in die Schweiz gelangte und schliesslich trotz widriger Startbedingungen zu einer international erfolgreichen Künstlerin wurde, das erzählt sie Nicole Freudiger in ihrem Atelier und beim Backen.
Er ist einer der ganz grossen Stars aus Hollywood. Aber damit nicht genug: Seit Jahrzehnten ist Richard Gere praktizierender Buddhist und Freund des Dalai Lama. Ein Gespräch über spirituelles Wachstum, Mitgefühl und die Illusion des Ichs. Sein Ziel sei es, die Welt zu verbessern. Das erklärte Richard Gere anlässlich des Zurich Film Festivals dieses Jahr, an dem er seinen Dokumentarfilm «Wisdom of Happiness» vorstellte. Im eigentlichen Sinn ist der Film eine Unterweisung beim Dalai Lama, in der er für mehr Mitgefühl plädiert, die Zukunft des Planeten zum Thema macht und aufzeigt, welche Verantwortung wir als menschliche Wesen in diesen Belangen haben. Die erste Begegnung von Richard Gere und dem Dalai Lama geht ins Jahr 1982 zurück. Seither hat sich Gere mit Haut und Haar dem tibetischen Buddhismus verschrieben. Er betätigt sich auch als Menschenrechtler, und setzt sich unter anderem für die Freiheit Tibets ein. Die sorgende Aufmerksamkeit für den Mitmenschen, das Mitgefühl mit dem Gegenüber wurde ihm allerdings schon als Kind protestantisch-methodistischer Eltern beigebracht. Mit Olivia Röllin spricht er über das grösste Glück des menschlichen Daseins, das Leben als Theaterspiel und eine Weltgemeinschaft aus Brüdern und Schwestern.
Hass, Vergeltung, Zerstörung: Der Nahostkonflikt hat Aziz Abu Sarah den Bruder und Magen Inon beide Eltern genommen. Heute treten der Palästinenser Abu Sarah und der Israeli Inon gemeinsam auf, um der verheerenden Gewaltspirale die Vision einer friedlichen Zukunft entgegenzusetzen. Seit dem terroristischen Angriff der islamistischen Hamas auf israelische Dörfer und dem Gegenschlag der israelischen Armee auf Gaza scheinen im Nahen Osten Hass, Vergeltung und Zerstörung zu regieren. Und doch gibt es auch das Gegenteil: Menschen, die Brücken bauen. Der Palästinenser Aziz Abu Sarah hat 1991 seinen Bruder, der Israeli Magen Inon am 7. Oktober 2023 beide Eltern verloren. Heute treten sie gemeinsam auf, um der Spirale der Gewalt Vergebung, Verständnis, ein Gespräch auf Augenhöhe und die Vision einer friedlichen Zukunft entgegenzusetzen. Irgendwann, so die beiden, werden Israeli und Palästinenser zusammenleben, die Frage sei bloss, wie lange das dauere und wie viele Menschenleben man dafür opfern wolle. Olivia Röllin spricht mit Magen Inon und Aziz Abu Sarah über die transformative Kraft der Wut, die Macht der Nächstenliebe, die Momente, die ein Leben für immer verändern, und welche Vision der Zukunft sie haben.
Xi Jinping, Chinas Präsident, lässt aufleben, was Mao einst bekämpfte: den Konfuzianismus. Was hat Konfuzius mit der aktuellen Chinapolitik zu tun? Was hat es mit der Renaissance dieses Weisen auf sich und was wollte Konfuzius vor über 2500 Jahren mit seiner Lehre? Nach der Gründung der Volksrepublik China 1945 und spätestens ab der brutal durchgesetzten Kulturrevolution 1966 verlor Konfuzius und die mit ihm verbundene Lehre an Bedeutung in China. Man versuchte damit eine neue Gesellschaft zu schaffen, die buchstäblich nichts der Vergangenheit und der Tradition verdankt, erklärt der Literaturwissenschaftler Andrew Hui, der seine Kinderjahre in Hong Kong verbrachte und zu Konfuzius publiziert. In den vergangenen 30 Jahren allerdings hat sich die chinesische Führung den Konfuzianismus wieder zu eigen gemacht. Die regierende Kommunistische Partei Chinas feiert ihn nun als Symbol chinesischer Kultur und Identität. Gleichzeitig hat sie sich offenkundig nicht vom Kommunismus losgesagt. Wie vertragen sich die uralte Tradition des Konfuzianismus mit der Lehre von Marx? Wie stellte sich Konfuzius eine ideale Gesellschaft vor? Welche Rolle nimmt das Individuum dabei ein und was würde Konfuzius zur aktuellen Chinapolitik sagen? Olivia Röllin im Gespräch mit Andrew Hui, Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Eine Wiederholung der «Sternstunde Religion».
Der Tod ist nah und doch wird er in der westlichen Gesellschaft weitestgehend ignoriert, bis er eben eintritt. Die Autorin Katja Lewina musste sich nach dem Tod ihres Sohnes ihrer Trauer und ihren Ängsten stellen. In ihrem neuesten Buch plädiert sie deshalb für schonungslose Offenheit. Es ist vielleicht das Schlimmste, was Eltern passieren kann: der Tod des eigenen Kindes. Der Autorin Katja Lewina geschah genau dies. Sie verlor ihren siebenjährigen Sohn völlig unerwartet, von einem Tag auf den anderen. Seit drei Jahren leben sie und ihre Familie mit dieser nicht kleiner werdenden Trauer. Unmittelbar danach erhielt sie selbst eine erschütternde Diagnose: eine lebensbedrohliche und unheilbare Herzerkrankung, die sie nur dank implantiertem Defibrillator überlebt. In ihrem Buch «Was ist schon für immer – Vom Leben mit der Endlichkeit» erzählt die 40-jährige Autorin wie es ist, wenn das Leben plötzlich in den eigenen Händen zu zerfallen scheint, über fehlende Trauerrituale und darüber, wie diese Schicksalsschläge sie veränderten. Olivia Röllin spricht mit der Autorin über die Tätigkeitswut angesichts unserer Endlichkeit, Unsterblichkeitsfantasien und ob der Tod als Sinnstifter des Lebens dienen kann.
Einsamkeit ist weit verbreitet und betrifft Menschen aller Altersgruppen. In Studien geben immer mehr Menschen an, sich oft allein zu fühlen, wobei die Corona-Pandemie diese Tendenz verstärkt hat. Doch Einsamkeit kann auch als Chance und Ressource gesehen werden. Wie gross ist das Problem wirklich? «Kein Mensch ist eine Insel», schrieb der englische Dichter John Donne. Das stimmt. Und deshalb ist es erschreckend, was Studien seit Corona nahelegen: Einsamkeitsgefühle nehmen zu. Nicht nur die Älteren, sondern auch die Jungen zwischen 25 und 30 Jahren sollen am meisten darunter leiden. Von einer Epidemie der Einsamkeit ist die Rede, von einer Gesellschaft der Einsamen und davon, dass Einsamkeit so gesundheitsschädlich sei wie Rauchen. Doch hat das zurückgezogene Leben, die Autarkie nicht auch ihre Vorteile? Macht es uns am Ende nicht sogar gesellschaftsfähiger? Immerhin gibt es unzählige spirituelle Praktiken, die den Rückzug lehren und in der stillen Meditation eine zentrale Übung sehen. Haben wir vielleicht nur verlernt, mit uns selbst, allein zu sein? Der Philosoph Odo Marquard sprach bereits 1983 vom Verlust unserer «Einsamkeitsfähigkeit». Wie einsam sind die Menschen in der Gesellschaft wirklich und wie problematisch ist das? Wo liegen die Stärken des Alleinseins? Und was können wir bei alldem von der Weltraumpsychologie lernen? Olivia Röllin fragt nach bei der Politikwissenschaftlerin Diana Kinnert und der Psychotherapeutin Alexandra de Carvalho.
Atmen – es geschieht von selbst, jeden Moment, das ganzes Leben lang. Doch was passiert, wenn der Atem bewusst wahrgenommen wird? In einer Zeit, in der Hektik und Stress den Alltag bestimmen, gewinnt das Atmen als Praxis der Achtsamkeit und als spirituelle Übung an Bedeutung. Das Atmen begleitet die Menschen von der ersten bis zur letzten Sekunde ihres Lebens. Doch was, wenn man es bewusst tut? Atmen kann eine Brücke sein: zwischen Körper und Seele, zwischen Stress und Gelassenheit, zwischen der eigenen Person und dem Grösseren, das sie umgibt. In einer Zeit, die einem oft den Atem raubt und die Suche nach innerer Ruhe immer drängender wird, ist das bewusste Atmen zu einer wichtigen Praxis geworden. Aber was steckt wirklich dahinter? Und was kann man in einer Zeit, in der Achtsamkeit und Wellbeing-Trends boomen, aus der Weisheit vergangener Jahrhunderte lernen? Vom täglichen Atemzug bis zu den globalen Kämpfen um Atemluft und Gleichheit – Atmen ist viel mehr als nur ein biologischer Vorgang. Im Gespräch mit der Journalistin und Autorin Jessica Braun und dem Zen-Lehrer und Religionswissenschaftler Michael von Brück geht Ahmad Milad Karimi der Bedeutung des Atmens in verschiedenen Kontexten nach: vom medizinischen Verständnis bis zur spirituellen Tiefe. Wie beeinflusst das Atmen das Wohlbefinden? Welche Rolle spielt der Atem in spirituellen Traditionen wie dem Zen-Buddhismus oder Yoga, aber auch im Christentum? Wie verändert er das Bewusstsein und hilft, in einer überreizten Welt innezuhalten? Und warum ist der Atem für viele Menschen ein Symbol für Freiheit und das menschliche Streben nach Gerechtigkeit?
Sein Grossvater Auguste flog höher als alle anderen, sein Vater Jacques tauchte tiefer. Dann war es an Bertrand Piccard, Pioniertaten zu vollbringen. Was treibt ihn an bei Grenzerfahrungen und Himmelsnähe? Der Psychiater und Umweltpionier über das glückliche Leben und die Rolle der Spiritualität. Seit seiner Jugend fühlte sich Bertrand Piccard zur Fliegerei hingezogen. Er umrundete als erster Mensch die Welt in einem Ballon und später in einem Solarflugzeug. Selbst mehrere Misserfolge hielten ihn nicht von Neuanfängen ab. Mit seiner Ausbildung zum Psychiater und Psychotherapeuten wollte er herausfinden, wie sich Menschen in Extremsituationen verhalten. Heute hat sich der 65-Jährige vor allem dem Klimaschutz verschrieben. Im Gespräch mit Olivia Röllin erzählt Bertrand Piccard: Welche Kultur muss in einer Familie herrschen, damit Kinder ihren Wunschtraum verfolgen? Wie viel Risiko braucht ein glückliches Leben? Was hat ihn das Scheitern gelernt? Und warum glaubt er an die Wiedergeburt? Wiederholung vom 21. Januar 2024
Hoffnung macht den Menschen erst zum Menschen, sagt Jonas Grethlein. Der Altphilologe hat dies am eigenen Leib erfahren, als er mit 27 an Krebs erkrankte, die Hoffnung aber nie aufgab. Die Hoffnung hilft, morgens aufzustehen, Krisen zu überstehen und die Welt aktiv zu gestalten. Als Jonas Grethlein mit 27 Jahren die Diagnose Krebs erhält, stürzt das den jungen Wissenschaftler in eine existenzielle Krise. Doch als Altphilologe findet er Hoffnung und Trost bei den alten Griechen. Und in der Bibel. Grethlein schreibt und erzählt von Achill, Odysseus, Abraham und Hiob. Und wie die Hoffnung von einer Emotion zu einer Tugend wurde. Eine Tugend, die uns Menschen erst zu Menschen macht. Denn Hoffnung ist Leben, ohne Hoffnung würden wir sterben, so Grethlein. Jonas Grethlein im Gespräch mit Ahmad Milad Karimi über Abraham, Anne Frank und das Vaterunser, und warum es sich lohnt, auch in hoffnungslosen Zeiten jeden Tag hoffnungsfroh zu beginnen.
Die Welt ist aus den Fugen. Kriege, Klima, Flüchtende, Pandemien – irgendwie herrscht permanent Krise. Doch das sei nicht unsere Schuld, sagen Carel van Schaik und Kai Michel und weisen uns den Weg, wie wir da wieder rauskommen: mit Mündigkeit und einem Blick, der tief in die Vergangenheit reicht. Selbstoptimierung, Achtsamkeit, Übungen zu mehr Resilienz – ohne dieses Rüstzeug, so scheint es zumindest, kommt heute kaum noch jemand aus. Die Strategien, um die beschleunigte Gegenwart zu bewältigen, sagen viel über die innersten Bedürfnisse aus, sagen der Evolutionsbiologe Carel van Schaik und der Historiker Kai Michel. Einmal mehr schauen die beiden Wissenschaftler sehr weit zurück, um die aus den Fugen geratene Gegenwart zu verstehen und behaupten: Wir seien nicht gemacht für die Welt, in der wir heute leben. Dass sie uns dennoch normal erscheint, sei ohne Religion nicht zu verstehen, sie sei die Normalisierungsmaschine schlechthin. Wie viel Urmensch steckt noch in uns? Weshalb kommen wir mit dem Status quo dieses Planeten nicht klar und welche Rolle spielt die Religion, wenn es darum geht, sich der Gegenwart anzunähern? Diesen Fragen geht Olivia Röllin im Gespräch mit dem Anthropologen Carel van Schaik und dem Historiker Kai Michel nach. Wiederholung vom 15. Oktober 2023
Was mit dem amerikanischen Erweckungsprediger Billy Graham begann, erreichte mit Donald Trump einen vorläufigen Höhepunkt: der Einfluss weisser Evangelikaler auf die US-Politik. Woher rührt ihr politischer Erfolg? Und: Welchen Einfluss haben die religiösen Rechten in Europa? Rund 80 Prozent der weissen Evangelikalen haben 2016 und 2020 für Donald Trump als Präsidenten gestimmt. Im Gegenzug hat er sich in seiner Amtszeit für ihre Anliegen eingesetzt: Er hat drei konservative Richter und Richterinnen für den Obersten Gerichtshof nominiert. Dieser kippte dann 2022 das landesweite Recht auf Abtreibung. Trump anerkannte auch Jerusalem als Israels Hauptstadt und verlegte die US-Botschaft dorthin. Die Allianz zwischen Trump und christlichen Fundamentalisten zeigte sich erneut bei den Vorwahlen im Januar dieses Jahres, etwa in Iowa, wo der Wahlkampf auch als apokalyptische Schlacht zwischen Gut und Böse inszeniert wird. Trump als Erlöserfigur und die USA als gelobtes Land? Wie stark und wie gefährlich ist der Einfluss der religiösen Rechten auf die US-Politik? Und wie gestaltet sich dieser Einfluss in Europa? Olivia Röllin im Gespräch mit Annika Brockschmidt, Journalistin und Autorin von «Amerikas Gotteskrieger» und «Die Brandstifter», und mit Dorothea Lüddeckens, Religionswissenschaftlerin, Universität Zürich. Wiederholung vom 11. Februar 2024
Meditation und Achtsamkeit boomen seit einigen Jahren. Doch wie sinnvoll ist das stille Sitzen auf dem Kissen? Wie viel hat der Achtsamkeitshype mit Buddhismus zu tun und wie hält man eine jahrzehntelange Meditationspraxis aufrecht? Olivia Röllin im Gespräch mit Gert Scobel. Schon mit 16 begann der Fernsehmoderator, Philosoph und Theologe Gert Scobel zu meditieren. Die Faszination hat ihn seither nie mehr losgelassen. Inzwischen diskutiert er auf Podien mit dem Dalai Lama und schreibt Bücher darüber, was das bewusste Atmen und der leere Geist im Menschen Positives auslösen können. Oder er spricht in der nach ihm benannten TV-Sendung mit buddhistischen Mönchen über die Verbindung von Meditation und Kreativität. Doch Scobel sieht im aktuellen Mindfulness-Trend, der einfachen Zugänglichkeit und der enormen Kommerzialisierung von Meditationstechniken auch Gefahren und Probleme. Was hat Achtsamkeit mit Meditation zu tun? Weshalb haben solche fernöstlichen Methoden einen so grossen Zulauf? Was heisst eigentlich Erleuchtung oder Erwachen? Und wie klar ist ein Geist, der über Jahrzehnte meditativ trainiert wurde? Das bespricht Olivia Röllin im Gespräch mit Gert Scobel. Wiederholung vom 10. Dezember 2023
Wenn sich Religionen zu Fragen der Sexualität äussern, steht oft die partnerschaftlich orientierte Sexualität im Fokus. Kommerzialisierte Formen wie Prostitution werden ausgeblendet. Ist Prostitution Sünde? Unmoralisch? Gegen die Menschenwürde? Die Streitfrage im Haus der Religionen in Bern. In der Schweiz ist Prostitution seit 1942 legal. Sexarbeit wird heutzutage faktisch akzeptiert, gesellschaftlich aber immer noch verurteilt. Diverse Länder in Europa möchten das Gewerbe mit dem sogenannten «nordischen Modell» eindämmen, bei dem Freier und Bordellbetreiber bestraft werden. Für Sexarbeiterinnen soll es Ausstiegshilfen geben. Eine Diskussion, die auch das Europäische Parlament und die Schweiz erreicht hat. Soll man Sex kaufen dürfen? Oder Prostitution verbieten? Und wie steht es mit der Menschenwürde und der Freiwilligkeit von Sexarbeiterinnen? Ist Sexarbeit ein Beruf wie jeder andere? Was sagt die theologische Ethik zu diesen Fragen und wie gehen die verschiedenen Religionen mit dem Phänomen Prostitution um? Unter der Leitung von Olivia Röllin diskutieren im Haus der Religionen in Bern Nathalie Eleyth, evangelische Sexualethikerin, Theologin und Religionswissenschaftlerin, Lilian Studer, Präsidentin Evangelische Volkspartei der Schweiz (EVP), Schwester Ariane, Gassenarbeiterin, katholische Theologin und Gründerin Verein «Incontro», Jay, Sex-Workerin, Mitglied Sexworkers Collective, und Martin Bachmann, Sexualtherapeut, ehemaliger Berater «Mannebüro» Zürich. Wiederholung vom 12. November 2023
Todsünde Zorn: Die grösste Baustelle von Rapper Stress sind seine überbordenden Wutgefühle. Geprägt von einer gewalterfüllten und entbehrungsreichen Kindheit hat sich in ihm ein Gefühl entwickelt, das ihn ab und an noch überkommt: Wut.
Todsünde Völlerei: Gastrokritiker und Rockmusiker Jürgen Dollase hat die Liebe zum Essen als grosses Laster. Ausgeschöpft ist der Genuss nie, denn im Kulinarischen gibt es noch unendlich viel zu entdecken. Kurzum: Nicht nur das Tier frisst, der Mensch manchmal auch.
Todsünde Neid: Ex-Miss Schweiz und Yoga-Lehrerin Bianca Sissing hat den Wunsch nach eigenen Kindern. Jahrelang hat sie ihr Ex-Partner vertröstet, später hatte sie zwei Fehlgeburten. Sie kennt Neid als nagendes Gefühl, das sie psychisch so belastete, dass sie sich professionelle Hilfe holen musste.
Todsünde Wollust: Die grösste Leidenschaft für Sex-Expertin Maggie Tapert ist es, die eigene Lust zu zelebrieren. Scham kennt sie keine und empfiehlt auch anderen, sie abzulegen. Gott habe uns einen Körper gegeben, um ihn zu geniessen.
Todsünde Hochmut: Jonas Lauwiner bezeichnet sich selbst als König. Sein grösster Antrieb: Er will in Erinnerung bleiben. Feldherren, Künstler, Könige – sie alle gingen in die Geschichte ein. Lauwiner stellt sich in ihre Reihe und gründet sein eigenes Imperium. Nur so könne er beruhigt weiterleben.
Todsünde Habgier: Für Society-Lady Irina Beller ist das höchste aller Gefühle ein reicher Mann an der eigenen Seite, ein Diamantring am Finger und dazu kalt gestellter Champagner. Ein schlechtes Gewissen, weil sie geniesst, während andere leiden? Kennt sie nicht. Leben heisst gierig sein.
Todsünde Trägheit: Sie gelten als Aussteiger und ihre grösste Sorge ist es, dem System zu dienen – die Waldmenschen von Bern. Beschleunigung und Produktivität sind ihnen ein Graus, Faulheit die richtige Antwort auf eine kranke Gesellschaft.
In einer Zeit, in der Kriege und Konflikte die Welt erschüttern, gewinnt die Frage nach Schuld, Sünde, Vergebung und Erlösung eine vordringliche Bedeutung. Inwiefern sind Menschen in Schuld verstrickt? Und wer erlöst sie von den Sünden? «Geiz ist geil» oder der Völlerei frönen und ohne schlechtes Gewissen beim Essen «sündigen»: Todsünden, die heute oft gar nicht mehr als Sünde gelten, sondern eher als erstrebenswert erscheinen. Doch was bedeuten heutzutage überhaupt «Sünde» oder «Schuld»? Sind die Todsünden wie beispielsweise Neid, Wollust, Habgier, Trägheit oder Hochmut noch relevant? Welche moralische Relevanz haben Sünden, Schuld und Vergehen, wenn sie keine religiöse oder endzeitliche Bedeutung mehr haben, sondern säkularisiert sind? Sind die Menschen über den Beichtstuhl hinausgewachsen und haben sie ihn durch Psychotherapie oder spirituelle Angebote ersetzt? Aus der Einsicht heraus, dass wir uns nicht einfach von unseren Sünden befreien können? Die Diskussion unter der Leitung von Ahmad Milad Karimi mit Beate Weingardt, evangelische Theologin und Psychologin, und mit Joe Bausch, Schauspieler («Tatort», «Im Kopf des Verbrechers») und ehemaliger Gefängnisarzt.
Erst wollte es niemand publizieren, dann wurde das Buch zum Bestseller: «Das Café am Rande der Welt» von John Strelecky. Seither wird Strelecky gerne als Motivationsredner und Sinncoach gebucht. Ein Gespräch über die Suche nach Lebenssinn, Religion und das grosse Ganze, das die Welt zusammenhält. Der US-amerikanische Bestsellerautor John Strelecky ist ein Reisender, ein Suchender, der mit seinen millionenfach verkauften Büchern, übersetzt in 33 Sprachen, Menschen mit dem Versprechen erreicht, dass jede und jeder sein Leben verändern und einen Sinn darin entdecken kann. Worum geht es wirklich im Leben? Spielen dabei Gott, der Glaube, Religionen überhaupt noch eine Rolle für diese Sinnsuche? Und welchen Sinn hat es, wenn es uns als Individuum gelingt, selbigen zu finden, wenn rundherum Menschen in Armut, Kriegen und Konflikten unter unwürdigen Bedingungen ihr Dasein fristen? Oder anders gefragt: Ist die Sinnfrage ein Privileg der Menschen, die in Sicherheit, Frieden und Wohlstand leben? Ein Gespräch mit John Strelecky unter der Leitung von Ahmad Milad Karimi.
Seit genau 100 Jahren wird auf dem Einsiedler Klosterplatz über die zentralen Fragen des menschlichen Daseins verhandelt – durch das grosse Welttheater, 1655 von Pedro Calderón de la Barca verfasst. Heuer hat der Schriftsteller Lukas Bärfuss dem in die Jahre gekommenen Stück neues Leben eingehaucht. Das Stück handelt genauso vom Glück, wie der Suche danach und den Rollen, die die Menschen in der Geschichte der Welt spielen. Der Autor hat selbst ein bewegtes Leben hinter sich: Er verliess nach neun Jahren die Primarschule und arbeitete unter anderem als Tabakbauer, Eisenleger, Gabelstaplerfahrer und Gärtner. Zwischen seinem 16. und 20. Lebensjahr war er ohne festen Wohnsitz und lernte, «was es heisst, arm zu sein in einem Land, in dem es Armut eigentlich nicht geben sollte». Später wurde er Buchhändler und Schriftsteller, 2019 Büchner-Preisträger. Was ist ein gutes Leben für ihn? Wie beeinflusst die eigene Biografie die Antwort auf diese Frage und wie verhindert man, am Gewicht dieser Frage zu verzweifeln? Im Gespräch mit Olivia Röllin bespricht Lukas Bärfuss die Aufgabe der Literaten in der Welt, warum man seine Rolle im Leben oft erst versteht, wenn sie schon abgespielt ist und wer eigentlich über das Leben richtet, wenn es kein Jenseits gibt.
Die Fronten sind verhärtet, die Meinungen gemacht. Seit dem 7. Oktober 2023 stehen sich im Nahostkonflikt zwei Lager unversöhnlich gegenüber. Unabhängig davon, was Regierungen entscheiden und Völker ertragen müssen: Welche Worte findet man angesichts menschlicher Grausamkeiten und unfassbarem Leid? Delphine Horvilleur, in Frankreich eine bekannte und äusserst geschätzte Intellektuelle, hat am eigenen Leib erfahren, wie schwierig es ist, in den heikelsten Situationen eines menschlichen Lebens die rechten Worte zu finden. Als eine von drei Rabbinerinnen in Frankreich gehört es zu ihrem Alltag, Menschen im Sterben und jene, die danach zurückbleiben, zu begleiten. Seit dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel und dem seither andauernden Krieg Israels gegen Gaza sei aber vieles anders. Die Anfeindungen und Unsicherheiten, der trennende Hass, nähmen zu, und gleichzeitig möchte Horvilleur nach wie vor Brücken bauen, für den Dialog eintreten, dem Unsagbaren etwas entgegenhalten. Für sie ist klar: Nur wenn man offen dafür bleibt, auch den Schmerz der anderen wahrzunehmen, ist Hoffnung in dieser Welt möglich. Im Gespräch mit Olivia Röllin spricht Delphine Horvilleur über die verbindende Kraft von Geschichten, die Magie der Sprache und weshalb die Menschen nicht nur das sind, was ihnen widerfährt.
Als Narendra Modi vor 10 Jahren das Amt des Premierministers von Indien übernahm, begann eine neue Phase der Unterdrückung anderer Religionsgemeinschaften. Seine Regierungspartei BJP fördert einen nationalistischen Hinduismus und verbreitet Hass gegen die muslimische Minderheit. Warum? Seine Signale anfangs 2024 waren klar: Mit einer grossen Zeremonie hatte Indiens Premier Modi einen neuen Hindu-Tempel eingeweiht. Ein umstrittenes Gebäude, zumal es auf den Ruinen einer Moschee erbaut wurde, die 1992 von nationalistischen Hindus zerstört worden war. Die anschliessenden Unruhen forderten 2000 Tote. Expertinnen und Experten berichten von einem Klima der Angst innerhalb der muslimischen Minderheit, die die Hindutva-Ideologie des Premierministers Narendra Modi am stärksten zu spüren bekommt. «Indien den Hindus» ist die Überzeugung, die Modi mit der Regierungspartei BJP vertritt und damit eine Triebfeder für Gewalt darstellt. Ausgrenzung, Hassreden und Gewaltausbrüche setzen den Musliminnen und Muslimen zu. Diskriminierende Gesetze machen sie zu Staatenlosen. Einige Beobachter warnen gar vor einem Genozid. Wer ist Narendra Modi? Wohin steuert er den Vielvölkerstaat Indien? Droht aus der «grössten Demokratie der Welt» ein totalitäres System zu werden? Wie steht es mit den säkularen Grundwerten Indiens und was geschieht mit den religiösen Minderheiten? Olivia Röllin im Gespräch mit Angelika Malinar, Indologin, und Oliver Schulz, Journalist, Indien-Experte und Soziologe.
Er ist beharrlich seinen Weg gegangen, und am Ende hat er dafür den Nobelpreis erhalten. Anton Zeilinger ist Quantenphysiker, beschäftigt sich also mit den kleinsten Teilchen der Welt, behält aber das grosse Ganze mit im Blick. Religion und Naturwissenschaft sind für ihn kein Widerspruch. Als Kind hat er die Puppen seiner Schwester auseinandergeschnitten. Um herauszufinden, wie sie aufgebaut sind. Heute beamt er kleinste Teilchen von Materie unter der Donau durch oder trifft den Dalai Lama, um ihm die Welt der Quantenphysik näherzubringen. Denn nichts liebt der aktuelle Nobelpreisträger mehr, als anderen Menschen die Schönheit von Formeln zu offenbaren. Dass man bei diesen Nachforschungen auch an ganz elementare Grenzen der Naturwissenschaft gelangt, etwa wenn es um den Zufall geht, spornt Zeilinger umso mehr an. Genau dort komme nämlich die Theologie auf ihre Kosten. Einen Widerspruch zwischen Religion und Naturwissenschaften gibt es für den Quantenphysiker nämlich einzig, wenn beide die jeweiligen Zuständigkeitsgrenzen übertreten. Greift Gott in die Welt ein? Woher kommen die Naturgesetze? Und was treibt den Forscherdrang von Zeilinger an? Olivia Röllin im Gespräch mit dem Nobelpreisträger für Physik 2022, Anton Zeilinger. Diese Sendung ist eine Wiederholung vom 4. Juni 2023.
Er ist Zen-Meister, Benediktinermönch, Psychologe und geübter Einsiedler. David Steindl-Rast gilt als einer der bekanntesten spirituellen Lehrer der Gegenwart. Mit Olivia Röllin spricht er über die Suche nach dem richtigen Lebensweg, den allgegenwärtigen Tod und warum es sich lohnt, dankbar zu sein. Er gilt als einer der bekanntesten spirituellen Lehrer der Gegenwart und kann auf fast 100 Jahre Erdgeschichte zurückblicken. David Steindl-Rast wird dieses Jahr 98 Jahre alt. Er ist Benediktinermönch und Zen-Meister, promovierter Psychologe und hat lange in den USA gelebt, immer wieder auch als Einsiedler. Sein Lebensthema ist die Dankbarkeit. Ein Gespräch über die grossen Fragen des Lebens, auf die es nicht immer eine Antwort gibt. Im Austausch mit Olivia Röllin erläutert Bruder David, warum man Dinge immer wieder so tun sollte, als wäre es das erste Mal, weshalb man nicht nur einmal stirbt und dies nie das Ende bedeutet und warum ein Leben mit Besitz und Reichtum ihn nicht zu reizen vermochte.
Sie werden gehätschelt oder gegessen: Tiere. Das Rind landet als Steak auf dem Teller, mit dem Pudel geht man zum Frisör. Woher kommt diese Kluft zwischen beseeltem Tier und Nahrungsmittel? Welche Haltungen haben die Religionen zum Tiere töten und verzehren? Pro Kopf verzehren die Schweizerinnen und Schweizer jedes Jahr knapp 51 Kilogramm Fleisch. Dies trotz «Veganuary», dem einmonatigen Fleischverzicht anfangs Jahr, oder jenen Menschen, die sich gänzlich vegetarisch oder vegan ernähren. Dass Tiere Mitgeschöpfe sind, damit können sich viele identifizieren. Doch was der Mensch mit ihnen tun darf, darüber scheiden sich die Geister. Einige Religionen haben spezifische Vorschriften und Rituale für den Verzehr von Fleisch. So kennen Muslime und Jüdinnen beispielsweise das Schächtgebot und das Verbot von Schweinefleisch. Andere Religionsgemeinschaften – zum Beispiel Hindus – betonen den Respekt vor allen Lebewesen und bevorzugen eine vegetarische oder vegane Ernährung. Kühe, die als heilig gelten, werden gänzlich verschont. Die Bibel betont die Verantwortung des Menschen gegenüber der Schöpfung. Gleichzeitig soll Gott den Menschen die Tiere zur Nahrung gegeben haben. In den USA berufen sich verschiedene christliche Gruppen auf Fleischverzicht als religiöse Pflicht. Sie argumentieren, der Körper sei ein Geschenk Gottes, und müsse möglichst gesund gehalten und von Fleisch, das unrein gilt, ferngehalten werden. Verrechnet man die Interessen des Menschen mit denen der Tiere, kann man feststellen, dass der Genuss gegenüber dem Leben des Tieres siegt. Ist dies richtig und ethisch vertretbar oder sollte ein Umdenken stattfinden? Was bedeutet es für die Tiere, gezüchtet und gehalten zu werden, um schlussendlich oft früh zu sterben und gegessen zu werden? Rechtfertigen gute Haltung und schonende Schlachtmethoden das Tiere-Essen? Die Streitfrage im Haus der Religionen in Bern unter der Leitung von Olivia Röllin mit Simone Horstmann, katholische Theologin, Jens Schlieter, Religionswissenschaftler, Jehoschua Ahrens, Rabbiner, Nils Müller, Landwirt und Pionier für Weidetötungen.