Zeitzeugen, Expertinnen, oder Betroffene schildern ihre Erinnerungen an historische Ereignisse. Aber nicht nur der Blick zurück ist hier wichtig, die «Zeitblende» auf Radio SRF4 News analysiert auch die aktuelle Bedeutung dieser Ereignisse.
Schweizer Radio und Fernsehen (SRF)
Frauenfussball zieht bei Turnieren wie der bevorstehenden EM 2025 die Massen an, doch bis 1970 war er in einigen Ländern verboten. Auch in der Schweiz stiessen Spielerinnen auf Widerstände. Wir sprechen über die ersten Frauen, die dennoch spielten. Die Geschichte des Frauenfussballs in der Schweiz beginnt in der Romandie. 1923 gründen Pionierinnen in Genf die erste dokumentierte Frauenfussballgruppe: Sie nennen sich «Les Sportives» und werden von der Speerwerferin Francesca Florida Pianzola angeführt. In den folgenden Jahrzehnten gerät der Frauenfussball jedoch in Vergessenheit – auch, weil der Sport starren Geschlechterbildern widerspricht. In den 1960er-Jahren kehrt Frauenfussball an Grümpelturnieren zurück: Im Aargau entsteht der FC Goitschel, die Spielerinnen wollen eine offizielle Meisterschaft durchführen. Doch der Schweizerische Fussballverband lehnt ab. Stattdessen bietet er den Spielerinnen an, Schiedsrichterinnen zu werden. Was dieser Schritt für sie bedeutete, erzählt in dieser Folge die damalige Schiedsrichterin Monika Stahel. «Spielmacherinnen» im Podcast Geschichte von SRF Wissen erzählt vor der EM 2025 die Anfänge, Widerstände und Wendepunkte des Schweizer Frauenfussballs. Pionierinnen sprechen über Erfolge auf und neben dem Platz, über Vorurteile und volle Stadien. Der Podcast ordnet die Entwicklungen in drei Episoden historisch ein und beleuchtet die Hintergründe der zunehmenden gesellschaftlichen Anerkennung. ____________________ (00:00) Im Fussballstadion (02:51) Die Speerwerferin Pianzola (04:47) In Cologny bei Genf (06:30) Route de Chêne 123 (09:14) Erstes Frauenfussballspiel? (12:24) Internationale Anfänge (17:53) Unsichtbarer Frauenfussball (20:34) Zu Gast bei Monika Stahel (25:09) Drei Fliegen mit einer Klappe? (28:14) Hartnäckigkeit und die WM 1970 ____________________ Feedback oder Fragen? Wir freuen uns auf Nachrichten an geschichte@srf.ch ____________________ In dieser Episode zu hören: · Marianne Meier, Sporthistorikerin an der Universität Bern · Monika Stahel, Mitgründerin des FC Goitschel · Jean Williams, Sporthistorikerin und Beraterin von FIFA und UEFA ____________________ Links: · SRF-Podcast «Geschichte» vom 1. Juli 2023 mit Trudy Streit, Mitgründerin des DFC Zürich: www.srf.ch/audio/geschichte/frauenfussball-in-der-schweiz-der-lange-kampf-um-anerkennung?id=b2c37408-fda8-44a0-aaed-70fec389fa1f · Podcast zum Buch «Das Recht zu kicken. Die Geschichte des Schweizer Frauenfussballs» von Marianne Meier und Monika Hofmann: https://open.spotify.com/show/4tEPB1SX0FQMflP0s52fG7?si=7754cedd48984998 · UEFA Woman's Euro 2025 bei SRF: https://www.srf.ch/sport/fussball/uefa-women-s-euro-2025 Literatur: · Monika Hofmann & Marianne Meier (2025). Das Recht zu kicken. Die Geschichte des Schweizer Frauenfussballs. Hier und Jetzt. · Marianne Meier (2004). «Zarte Füsschen am harten Leder…» Frauenfussball in der Schweiz 1970–1999. Huber. · Jean Williams (2021). The History of Women's Football. Pen and Sword History. ____________________ Recherche, Produktion und Moderation: Oliver Kerrison Sprecherin, Zitate von Francesca Florida Pianzola: Jessica Vial Mitarbeit: SRF Recherche und Archive ____________________ Hier lernt ihr die Schweizer Geschichte so richtig kennen – mit all ihren Eigenarten, Erfolgen, Fails, Persönlichkeiten und Dramen. Im Podcast «Geschichte» (ehemals «Zeitblende») von SRF Wissen tauchen wir in die Schweizer Vergangenheit ein – und möchten verstehen, wie sie unsere Gegenwart prägt. Habt ihr Themenvorschläge oder Feedback? Meldet euch bei geschichte@srf.ch.
Der ESC gilt heute als eine der grössten Veranstaltungen für die LGBTQ-Community. Der Grundstein dafür wurde schon 1961 von Jean Claude Pascal gelegt, der ein Lied auf die Bühne bracht, das man als Hymne gegen Homophobie interpretieren konnte. Seither folgten unzählige weitere solcher Auftritte. Angefangen hat das alles schon relativ früh. Bereits in den 60er-Jahren fanden schwule Männer in allen beteiligten Ländern den ESC wichtig, sagt ESC-Experte Jan Feddersen. Den Auftritt von Jean-Claude Pascal findet er mutig. Denn im Jahr seines ESC-Sieges war Homosexualität zwar nicht mehr verboten, aber noch immer verpönt. Im Jahr 1998 gewann Dana International, die für Israel antrat und als erste Transfrau an einem ESC teilnahm. 2014 schliesslich gewann Conchita Wurst den ESC. Es gibt viele weitere solcher Beispiele. Bei den Fans kommen sie gut an, allerdings müsse auch die Performance stimmen, sagt Feddersen. ____________________ Feedback oder Fragen? Wir freuen uns auf Nachrichten an geschichte@srf.ch ____________________ In dieser Episode sind zu hören: · Jan Feddersen, Journalist und ESC-Experte · Christine Lötscher, Professorin für Populäre Literaturen und Medien an der Universität Zürich. · Nina (36), Trans*frau und ESC-Fan aus Zürich · Alex (24), homosexueller ESC-Fan aus Bern ____________________ Links · https://www.srf.ch/audio · https://www.srf.ch/sendungen/eurovision-song-contest ____________________ Recherche, Produktion und Moderation: Silvan Zemp Mitarbeit: Hannah Krug ____________________ Hier lernt ihr die Schweizer Geschichte so richtig kennen – mit all ihren Eigenarten, Erfolgen, Fails, Persönlichkeiten und Dramen. Im Podcast «Geschichte» (ehemals «Zeitblende») von SRF Wissen tauchen wir in die Schweizer Vergangenheit ein – und möchten verstehen, wie sie unsere Gegenwart prägt. Habt ihr Themenvorschläge oder Feedback? Meldet euch bei geschichte@srf.ch.
Schon der erste ESC war auf seine Art politisch. Und es gibt seit der Gründung 1956 dutzende Beispiele für politische Aktionen oder Statements. Früher schien das noch eher möglich als heute. Weshalb ist das so? Um beim ESC aufzufallen, müsse man entweder politisch oder sexuell provozieren, sagt ESC-Historiker Dean Vuletic. Das sei schon relativ früh so gewesen. Eines der ersten politischen Statements machte die junge Bundesrepublik Deutschland beim ersten ESC 1956, indem es Walter Andreas Schwarz, einen jüdischen Holocaustüberlebenden, nach Lugano an die erste Ausgabe des Musikwettbewerbs schickte. Immer wieder sorgte der ESC - ob subtil oder direkt - für politische Kontroversen. Und das, obschon das im Reglement der European Broadcasting Union so nicht vorgesehen ist. Ganz ohne Politik gehe es eben nicht, findet Dean Vuletic. Denn das sei das, was das Publikum verlange. Woran man festmache, dass ein Auftritt politisch sei, das sei gar nicht so einfach, sagt die Musikwissenschaftlerin Saskia Jaszoltowski. Sei es eine Friedensfahne, bestimmte Daten, die man verwende in den Songtexten oder andere Merkmale. Es sei eine grosse Verantwortung, so transparent wie möglich zu entscheiden, was erlaubt sei auf der Bühne und was nicht. Die politische Dimension des ESC war und ist letztlich sehr vielschichtig. Und ganz verhindern kann die EBU die politische Komponente wohl nie, sind sich die Experten einig. Politisch ist lange auch die Organisationsstruktur: Bis 1990 ist es den ehemaligen Ostblockstaaten nicht erlaubt, am ESC teilzunehmen. Deshalb wird dort einige Zeit lang ein eigener Wettbewerb durchgeführt: Der Intervision Song Contest. Karel Gott nimmt 1968 an beiden Wettbewerben teil. Beim westeuropäischen ESC mit einem sehr politischen Lied, das von der Trennung von Ost und West handelt. ____________________ Feedback oder Fragen? Wir freuen uns auf Nachrichten an geschichte@srf.ch ____________________ In dieser Episode sind zu hören: · Dean Vuletic, Historiker und ESC-Experte · Saskia Jaszoltowski, Musikwissenschaftlerin, Universität Graz ____________________ Links · https://www.srf.ch/audio · https://www.srf.ch/sendungen/eurovision-song-contest ____________________ Recherche, Produktion und Moderation: Silvan Zemp ____________________ Hier lernt ihr die Schweizer Geschichte so richtig kennen – mit all ihren Eigenarten, Erfolgen, Fails, Persönlichkeiten und Dramen. Im Podcast «Geschichte» (ehemals «Zeitblende») von SRF Wissen tauchen wir in die Schweizer Vergangenheit ein – und möchten verstehen, wie sie unsere Gegenwart prägt. Habt ihr Themenvorschläge oder Feedback? Meldet euch bei geschichte@srf.ch.
Im Mai 1956 fand der erste Eurovision Song Contest statt. Bis dahin war es ein weiter Weg. Wie die Fernsehsendung den Weg durch halb Europa schaffte und wer hinter der Idee des Liederwettbewerbs steckt, der Europa nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aneinanderrücken sollte: Die Geschichte des ESC. Es ist ein schlichter Theatersaal, in dem 1956 europäische Fernsehgeschichte geschrieben wird: Im Teatro Kursaal findet die erste Ausgabe des «Concours Eurovision de la Chanson Européenne» statt. Die strahlende Siegerin stammt denn auch aus der Schweiz: Lys Assia mit ihrem Titel «Refrain» holt sich den Sieg des ersten ESC. Hinter dem Liederwettbewerb steht die European Broadcasting Union EBU, die den ESC auch heute noch verantwortet. Das ist ein europäischer Zusammenschluss nationaler Fernsehanstalten. Die EBU wurde 1950 in Grossbritannien gegründet und verfolgte das Ziel, Fernsehen für ganz Europa zu machen. Um zu sehen, ob das auch technisch funktionieren würde, unternahm die EBU erste Ausstrahlungsversuche zwischen Frankreich und England. Der erste Härtetest war die Krönung der Queen 1953. Damit war der Grundstein gelegt für weitere transeuropäische Fernsehsendungen. Im selben Jahr startete das Schweizer Fernsehen seinen Betrieb. 1954 erfolgten die ersten EBU-Sendungen unter dem Label «Eurovision» - die erste Übertragung war das Narzissenfest in Montreux und eine der bekanntesten das Finalspiel der Fussball-Weltmeisterschaft 1954, das als «Wunder von Bern» in die Geschichte einging. Doch die Programmkommission der EBU unter dem Vorsitz des Schweizers und damaligen SRG-Direktors Marcel Bezençon fand: Eine eigene Sendung muss her. Also lancierte sie den Liederwettbewerb, der 1956 in Lugano Premiere feiert und heute zu den grössten Unterhaltungsshows der Welt gehört. Damit solche Sendungen übertragen werden konnten, schaffte sich das Schweizer Fernsehen aus der TV-Pioniernation England einen voll ausgestatteten Übertragungswagen an. Dieser war an zahlreichen Orten im Einsatz, unter anderem auch beim ersten ESC in Lugano. Und diesen Übertragungswagen gibt es auch heute noch: Er steht im Depot des Museums für Kommunikation. ____________________ Feedback oder Fragen? Wir freuen uns auf Nachrichten an geschichte@srf.ch ____________________ 00:05 Intro 00:58 Lys Assia vergisst den Text bei der Reprise 02:51 Persönliche Erinnerungen an den ESC 05:01 Warum ein Liederwettbewerb? 09:03 Wie begann die europäische Fernsehzusammenarbeit? 11:37 Krönung der Queen als Geburtsstunde der Eurovision 13:10 Eurovisionsmonat als erstes europäisches Fernsehprogramm 14:57 Der erste Übertragungswagen des Schweizer Fernsehens 21:58 Der erste ESC geht über den Äther 23:06 Der ESC als Nebenprodukt der EBU 25:05 Europäische Fernsehmacher waren schneller als Politiker 26:45 Ende / Ausblick Episode 2 ____________________ In dieser Episode sind zu hören: · Andreas Fickers, Medienwissenschaftler und Historiker, Universität Luxemburg · Juri Jacquemet, Sammlungskurator Museum für Kommunikation, Bern · Tim Hellstern, Restaurator, Museum für Kommunikation, Bern ____________________ Links · https://www.srf.ch/audio · https://www.srf.ch/sendungen/eurovision-song-contest · https://www.mfk.ch/austauschen/blog/eurovision-song-contest-das-jungfraujoch ____________________ Recherche, Produktion und Moderation: Silvan Zemp ____________________ Hier lernt ihr die Schweizer Geschichte so richtig kennen – mit all ihren Eigenarten, Erfolgen, Fails, Persönlichkeiten und Dramen. Im Podcast «Geschichte» (ehemals «Zeitblende») von SRF Wissen tauchen wir in die Schweizer Vergangenheit ein – und möchten verstehen, wie sie unsere Gegenwart prägt. Habt ihr Themenvorschläge oder Feedback? Meldet euch bei geschichte@srf.ch.
Architekt und Ingenieur trafen bei der Auswahl des Baumaterials für das Hallenbad eine fatale Entscheidung. Die Stahlbügel, welche die untergehängte Decke halten sollten, wurden aus Chromnickelstahl gefertigt. Könnte so etwas auch heute noch passieren? Chromnickelstahl ist auch als rostfreier Stahl bekannt. Dann geschah aber genau das: Die Metallstäbe rosteten durch und begannen einer nach dem anderen zu reissen. Als die verbleibenden Stäne das Gewicht der tonnenschweren Betondecke nicht mehr tragen konnten, stürzte die Decke ein und begrub das Schwimmbecken unter sich. Nicht nur die Materialwahl war fatal, sondern auch die ungewöhnliche Deckenkonstruktion. Auch wenn untergehängte Decken damals in Mode waren, bestanden sie in der Regel aus leichteren Materialien. Im Hallenbad Uster hingegen wurde Beton gewählt. Für das Unglück mit zwölf Toten wurden später drei Beteiligte verurteilt - aber nicht wegen des Baus, sondern weil sie Warnzeichen nicht ernst genommen haben. In dieser Zeitblende zeichnen wir die verhängnisvolle Entscheidungskette minutiös nach und fragen, wie sicher Hallenbäder heute sind. ____________________ Feedback oder Fragen? Wir freuen uns auf Nachrichten an zeitblende@srf.ch ____________________ In dieser Episode sind zu hören: · Ulrik Hans, Korrosionsexperte Empa · Alwin Brunner, Bezirksstaatswanwalt · Claudia Bosli-Töndury, Schwimmlehrerin Hallenbad Uster und Zeitzeugin · Thomas Hildebrand, Überlebender · Walter Rufer, Rettungstaucher ____________________ Links · https://www.srf.ch/audio ____________________ Recherche, Produktion und Moderation: Vera Deragisch und Isabelle Maissen ____________________ Das ist die «Zeitblende»: Die «Zeitblende» erweckt Geschichte zum Leben: bekannte und unbekannte Ereignisse der Schweizer Geschichte – und grosse Episoden der Weltgeschichte. Wir geben denen das Wort, die Geschichte erlebt und mitgeprägt haben. Zeitzeug:innen schildern ihre teils dramatischen Geschichten, historische Figuren werden wieder lebendig. Die besten Historiker:innen ordnen ein und erklären, wie historische Ereignisse unser heutiges Leben prägen.
Am 9. Mai um 20.25 fällt die Decke auf eines der Becken im Hallenbad Uster und schliesst Menschen unter sich ein. Zwölf Menschen sterben beim Unfall, andere können sich durch ein Loch selbst befreien. Für die Eingeschlossenen und die Rettungskräfte sind es bange Sekunden, Minuten und Stunden. Auch Juniorinnen und Junioren des Schwimmclubs Uster sind im fatalen Moment im Wasser. Es gibt einige krachende Geräusche - danach senkt sich die Decke praktisch an einem Stück herab und legt sich wie ein Deckel auf das Schwimmbecken. Riesiges Glück hat Thomas Hildebrand, damals 18jährig, einer der Junioren. Er kann sich aus dem Wasser hieven und überlebt den Einsturz, indem er sich unter eine Art Balkon kauert. Danach ist es im Hallenbad totenstill - bis die Überlebenden beginnen, Eingeschlossene zu suchen und leblose Menschen aus dem Wasser zu ziehen. Zu den Rettungskräften vor Ort gehört Walter Rufer, langjähriges Mitglied der Seepolizei in Uster und ein erfahrener Taucher. Als er via Pager wegen des Deckeneinsturzes alarmiert wird, glaubt er zuerst, es handle sich um eine Übung, so absurd erscheint ihm das Szenario. Als einziger Taucher traut er sich, immer wieder ins dunkle Wasser zu tauchen und Menschen zu bergen. Dabei steht er unter unvorstellbarem Stress, weil der Zivilschutz unterdessen beginnt, die Deckentrümmer des Hallenbads über ihm mit einem Kompressor zu zerlegen. In dieser Zeitblende erzählen Thomas Hildebrand und Walter Rufer, wie sie diesen Abend des erlebt und wie sie das Unglück verarbeitet haben. ____________________ Feedback oder Fragen? Wir freuen uns auf Nachrichten an zeitblende@srf.ch ____________________ 02.58 Besuch im neuen Hallenbad Uster 04.19 Die Sekunden des Deckeneinsturzes 07.14 Rettungskräfte eilen zum Hallenbad 09.45 Rettungsversuche durch Überlebende und Einsatzkräfte 12.40 Die Rettenden unter grossem psychischem Stress 16.07 Keine psychologische Soforthilfe für Überlebende und Rettungskräfte 16.45 So funktioniert psychologische Nothilfe heute 19.44 Verarbeiten des Unglücks bei Überlebenden und Rettenden 22.44 So geht es den Protagonisten heute 24.54 Das Hallenbad Uster 40 Jahre nach dem Unglück ____________________ In dieser Episode sind zu hören: · Thomas Hildebrand, Überlebender · Walter Rufer, Rettungstaucher · Corina und Beat Hunger, Überlebende · Bernadette Corsaro, Psychologin Kantonspolizei Zürich, Expertin für psychologische Notfallhilfe ____________________ Links · https://www.srf.ch/audio ____________________ Recherche, Produktion und Moderation: Vera Deragisch und Isabelle Maissen ____________________ Das ist die «Zeitblende»: Die «Zeitblende» erweckt Geschichte zum Leben: bekannte und unbekannte Ereignisse der Schweizer Geschichte – und grosse Episoden der Weltgeschichte. Wir geben denen das Wort, die Geschichte erlebt und mitgeprägt haben. Zeitzeug:innen schildern ihre teils dramatischen Geschichten, historische Figuren werden wieder lebendig. Die besten Historiker:innen ordnen ein und erklären, wie historische Ereignisse unser heutiges Leben prägen.
Bis heute fasziniert das Vermächtnis von Napoleon Bonaparte. Eine, die damals an vorderster Front mit dabei war, ist die Zürcherin Regula Engel. Sie begleitete ihren Ehemann Florian Engel in den Solddienst und schrieb ihre Erlebnisse später nieder – ein Bestseller im frühen 19. Jahrhundert. Offiziersgattin Regula Engel war an der Seite ihres Ehemanns auf zahlreichen Feldzügen mit dabei, manchmal im Hintergrund, manchmal ergriff sie aber auch selbst eine Waffe. In ihrem abenteuerlichen Leben brachte sie 21 Kinder zur Welt, lernte auf dem Ägyptenfeldzug Kommandant Napoleon Bonaparte persönlich kennen, der sogar zwei ihrer Kinder taufte. Doch die Nähe zu Napoleon wurde für sie auch zur Bürde: Sie erlebte ihr persönliches Waterloo, raffte sich wieder auf, und reiste auf der Suche nach Unterstützung um die halbe Welt. Die Zeitblende zeichnet anhand ihrer Memoiren die Geschichte der Offiziersgattin Regula Engel und des Söldnerlebens nach, das schnell zwischen Glanz und Elend wechseln konnte. Sie beleuchtet die Bedeutung des Soldwesens für die Schweiz, und die Rolle der Frauen. ____________________ Feedback oder Fragen? Wir freuen uns auf Nachrichten an zeitblende@srf.ch ____________________ 00:00 Intro 04:26 Die Schweiz und das Soldwesen 08:55 Der Alltag der Söldner 15:34 Frauen und Kinder im Soldwesen 21:07 Finanzielle Absicherung der Söldner und ihrer Familien 24:55 Die Bedeutung der Memoiren von Regula Engel Laufend: Die Geschichte der Schweizer Offiziersgattin Regula Engel vor dem Hintergrund der französischen Geschichte, insbesondere dem Aufstieg und Fall Napoleon Bonapartes. ____________________ In dieser Episode zu hören: Nathalie Büsser, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Historischen Seminar der Universität Zürich ____________________ Links: https://www.srf.ch/audio ____________________ Quellen und Literatur zur Episode: Engel, Regula: Frau Oberst Engel. Memoiren einer Amazone aus Napoleonischer Zeit. Zürich, 2009. Engel, Regula: Frau Oberst Engel. Von Cairo bis Neuyork, von Elba bis Waterloo – Memoiren einer Amazone aus Napoleonischer Zeit. Zürich, 1977. Ulbrich, Claudia: Von der Amazone zur Mutter Courage. Zu den Lebenserinnerungen der Regula Engel. In: Duden, Barbara et al. (Hrsg.): Geschichte in Geschichten. Ein historisches Lesebuch. Frankfurt, 2003, S.261-269. ____________________ Recherche, Produktion und Moderation: Barbara Mathys ____________________ Das ist die «Zeitblende»: Die «Zeitblende» erweckt Geschichte zum Leben: bekannte und unbekannte Ereignisse der Schweizer Geschichte – und grosse Episoden der Weltgeschichte. Wir geben denen das Wort, die Geschichte erlebt und mitgeprägt haben. Zeitzeug:innen schildern ihre teils dramatischen Geschichten, historische Figuren werden wieder lebendig. Die besten Historiker:innen ordnen ein und erklären, wie historische Ereignisse unser heutiges Leben prägen.
Natürliche Rohstoffe hat die Schweiz nur wenige – im Handel mit Rohstoffen aber spielt das Land global eine wichtige Rolle. Schätzungsweise bis ein Viertel des weltweiten Rohstoffhandels läuft über Unternehmen mit Sitz in der Schweiz - entwickelt hat sich diese Position bereits im 19. Jahrhundert. Warum genau wurden Schweizer Unternehmen so erfolgreich? Wie ist es zu erklären, dass gerade Krisen wie Kriege dem Geschäft der Schweizer Transithändler Auftrieb gegeben haben? Und wie hat der Rohstoffhandel die Schweiz geprägt? Diesen Fragen geht diese Zeitblende nach. ____________________ Feedback oder Fragen? Wir freuen uns auf Nachrichten an zeitblende@srf.ch ____________________ 00:00 Intro 02:10 Überschüssiges Kapital - die Anfänge des Transithandels 05:00 Informationen sind zentral - und bleiben in der Familie 07:03 Von Krisen profitieren lernen 10:06 Transparenz auf Druck 14:39 Besser vorbereitet auf den Zweiten Weltkrieg 16:34 Gute politische Rahmenbedingungen 20:55 Der Rohstoffhandel prägt die Schweiz - und umgekehrt ____________________ In dieser Episode sind zu hören: · Lea Haller, Historikerin · Nemo Krüger, Historiker ____________________ Links · https://www.srf.ch/audio ____________________ Literatur: Haller, Lea. Transithandel : Geld- und Warenströme im globalen Kapitalismus. Berlin: Suhrkamp, 2019. Blas, Javier, and Jack Farchy. The World for Sale : Money, Power and the Traders Who Barter the Earth's Resources. London: Random House Business, 2021. Zug in der Welt. Wirtschaft im Kontext, https://www.zuginderwelt.ch/ ____________________ Recherche, Produktion und Moderation: Klaus Ammann ____________________ Das ist die «Zeitblende»: Die «Zeitblende» erweckt Geschichte zum Leben: bekannte und unbekannte Ereignisse der Schweizer Geschichte – und grosse Episoden der Weltgeschichte. Wir geben denen das Wort, die Geschichte erlebt und mitgeprägt haben. Zeitzeug:innen schildern ihre teils dramatischen Geschichten, historische Figuren werden wieder lebendig. Die besten Historiker:innen ordnen ein und erklären, wie historische Ereignisse unser heutiges Leben prägen.
Mit 17 Jahren kommt sie 1892 allein aus dem russischen Zarenreich in die Schweiz, wo Frauen studieren können. An der Universität Bern macht sie dann Karriere: Sie wird die erste vollberechtigte Professorin, etwas das vor ihr noch keine Frau geschafft hat. Das ist ihre Geschichte. Sie fällt auf in Bern. Nicht weil sie die Einzige wäre, es gibt im ausgehenden 19. Jahrhundert viele ausländische Studentinnen in der Schweiz. Aber selten ist eine so intelligent und begabt. Gleichzeitig ist sie sehr fleissig und hartnäckig. Die russisch-jüdische Einwanderin studiert und doktoriert in Rekordzeit. Nach einem weiteren Studium als Hörerin in Berlin, erklimmt sie ab 1898 in der philosophischen Fakultät in Bern schliesslich Stufe um Stufe. Sie wird Dozentin, Mitglied im Senat, Titularprofessorin und schliesslich 1909 vollberechtigte Professorin der Philosophie. Keine Selbstverständlichkeit in dieser Männerbastion und schon gar nicht in dieser Zeit. Es ist eine eigentliche Sensation und wird in der Öffentlichkeit staunend zur Kenntnis genommen. 45 Jahre forscht und lehrt sie in Bern Philosophie und Ästhetik. 1921 erhält sie das Schweizer Bürgerrecht und engagiert sich zunehmend auch für die Rechte der Frauen. Bis zu ihrem Tod 1951 lebt sie mit ihrer Gefährtin der Ärztin Ida Hoff in Bern zusammen. Zu ihrem 150. Geburtstag ehrt die Universität Bern die Vorreiterin Anna Tumarkin mit Podien und Diskussionen und auch mit in einer Freiluft-Ausstellung am Tumarkinweg. ___________________ Feedback oder Fragen? Wir freuen uns auf Nachrichten an zeitblende@srf.ch ____________________ In dieser Episode sind zu hören: Nina Tumarkin (Ururgrossnichte von Anna Tumarkin), USA. Franziska Rogger, Historikerin, Bern. Carmen Scheide, Dozentin für Geschichte Osteuropas, Universität Bern. Claus Beisbart: Extraordinarius mit Schwerpunkt Wissenschaftsphilosophie, Universität Bern. ____________________ Links https://www.srf.ch/audio ____________________ Literatur: Franziska Rogger (2025): Anna Tumarkin. Das schicksalhafte Leben der ersten Professorin. Bern: Stämpfli Verlag. Anna Tumarkin (1948): Wesen und Werden der schweizerischen Philosophie.Frauenfeld: Huber. ____________________ Recherche, Produktion und Moderation: Karin Britsch ____________________ Das ist die «Zeitblende»: Die «Zeitblende» erweckt Geschichte zum Leben: bekannte und unbekannte Ereignisse der Schweizer Geschichte – und grosse Episoden der Weltgeschichte. Wir geben denen das Wort, die Geschichte erlebt und mitgeprägt haben. Zeitzeug:innen schildern ihre teils dramatischen Geschichten, historische Figuren werden wieder lebendig. Die besten Historiker:innen ordnen ein und erklären, wie historische Ereignisse unser heutiges Leben prägen.
Jan Berdnik flüchtet nach dem Prager Frühling aus der Tschechoslowakei in die Schweiz. Hier wird er zwar aufgenommen. Aber wegen Spionage-Verdacht wird er auch intensiv überwacht. Das ist seine Geschichte. Jan Berdnik flüchtet nach dem Prager Frühling 1968 in die Schweiz. Als System-Flüchtling heisst in die Schweiz willkommen, zumindest vordergründig: Wer vor dem Kommunismus floh, war ein guter Flüchtling. «Aus ideologischen Gründen hat man die Arme und die Türen sehr weit aufgemacht», sagt der Historiker und Buchautor Thomas Buomberger. Hinter den Kulissen liefen allerdings aufwändige Abklärungen. Die Schweiz hatte Angst davor, von kommunistischen Spionen und Saboteuren unterwandert zu werden. «Ich habe gemerkt, dass mein Tisch umgeräumt wurde», sagt Jan Berdnik im Rückblick. Und aus seiner Staatsschutz-Fiche weiss er, dass auch sein Telefon jahrelang abgehört und dass er sogar polizeilich observiert wurde. Ergeben haben diese Ermittlungen nichts. Aufnahme und Abwehr zugleich. Was macht das mit den Menschen die ankommen? Und was mit denen, die schon da sind? ____________________ Feedback oder Fragen? Wir freuen uns auf Nachrichten an zeitblende@srf.ch ____________________ 00:00 Intro 03:33 Der Prager Frühling 07:04 Über Yugoslawien in den Westen 12:09 Schweizer Dilemma: Willkommenskultur vs. «Kommunisten-Paranoia» 22:54 Fichenskandal: Berdnik ist kein Einzelfall 26:10 «Ich bin jetzt ein Bünzli-Schweizer» ____________________ In dieser Episode sind zu hören: · Jan Berdnik, Zeitzeuge · Thomas Buomberger, Historiker und Autor ____________________ Links · https://www.srf.ch/audio ____________________ Literatur: Buomberger, Thomas (2017): Die Schweiz im Kalten Krieg 1945-1990. Zürich: Hier und Jetzt ____________________ Recherche, Produktion und Moderation: Matthias Strasser ____________________ Das ist die «Zeitblende»: Die «Zeitblende» erweckt Geschichte zum Leben: bekannte und unbekannte Ereignisse der Schweizer Geschichte – und grosse Episoden der Weltgeschichte. Wir geben denen das Wort, die Geschichte erlebt und mitgeprägt haben. Zeitzeug:innen schildern ihre teils dramatischen Geschichten, historische Figuren werden wieder lebendig. Die besten Historiker:innen ordnen ein und erklären, wie historische Ereignisse unser heutiges Leben prägen.
Als Bananenfrau wurde sie landesweit berühmt: Ursula Brunner gilt als Wegbereiterin des Fairtrade. Gleichzeitig war sie Pfarrfrau, Politikerin und Mutter. In welchem Spannungsfeld bewegte sie sich dabei? Diese Woche erscheint hier eine aktuelle Ausgabe der Sendung «Passage» anstelle der Zeitblende. Wie ist es möglich, dass Bananen bei uns billiger sind als heimische Äpfel? Dieser Frage gingen Ursula Brunner und ihre Mitstreiterinnen so gründlich nach, dass daraus eine schweizweite Bewegung entstand. Auch als Politikerin eckte Ursula Brunner an: Als erste Frau sass sie für die FDP im Grossen Rat des Kantons Thurgau. Doch ihr Engagement für eine gerechtere Welt, das im christlichen Glauben wurzelte, führte zu Konflikten. Wie wurde Ursula Brunner von einer bürgerlichen Pfarrfrau zu einer Aktivistin? Wie haben ihre Kinder diesen Weg erlebt? Eine Annäherung an eine Frau, die etwas bewegen wollte. ____________________ Feedback oder Fragen? Wir freuen uns auf Nachrichten an zeitblende@srf.ch ____________________ Links - https://www.srf.ch/audio ____________________ Recherche, Produktion und Moderation: - Irene Grüter, Redaktion «Passage» ____________________ Das ist die «Zeitblende»: Die «Zeitblende» erweckt Geschichte zum Leben: bekannte und unbekannte Ereignisse der Schweizer Geschichte – und grosse Episoden der Weltgeschichte. Wir geben denen das Wort, die Geschichte erlebt und mitgeprägt haben. Zeitzeug:innen schildern ihre teils dramatischen Geschichten, historische Figuren werden wieder lebendig. Die besten Historiker:innen ordnen ein und erklären, wie historische Ereignisse unser heutiges Leben prägen.
Am Abend des 3. August 1914 wählte die Schweizerische Bundesversammlung Ulrich Wille zum General. Doch noch am Vormittag galt Theophil Sprecher von Bernegg als Favorit. Die Wahl war geprägt von politischen Intrigen. Als Wille sah, dass es für ihn nicht reicht, drohte er Sprecher mit Konsequenzen. Die Finger im Spiel hatte unter anderem auch Bundesrat Arthur Hoffmann. Mit allen Mitteln versuchte er, die Parlamentarier von einer Wahl Willes zu überzeugen. Doch ohne Erfolg. Erst der Besuch von Ulrich Wille im Privathaus von Theophil Sprecher von Bernegg, verbunden mit der Drohung, er werde ihn fertig machen, wenn er nicht verzichte, machte den Weg frei für Wille. Denn noch vor der Wahl im Parlament erklärte Sprecher seinen Verzicht aufs Amt. ____________________ Feedback oder Fragen? Wir freuen uns auf Nachrichten an zeitblende@srf.ch ____________________ 00:00 Intro 02:36 Die Karriere von Sprecher 04:22 Willes Werdegang 06:03 Das Kaisermanöver 1912 07:30 Der Erste Weltkrieg bricht aus 08:48 Das Parlament steht vor der Generalswahl 12:12 Bundesrat Hoffmann kämpft für Wahl Willes 13:53 Lückenhafte Dokumente 15:56 Bundesräte machen Druck aufs Parlament 17:44 Ulrich Wille nimmt es selber in die Hand 21:20 Sprecher verzichtet, Wille wird gewählt 23:15 Eine undemokratische Generalswahl 25:33 Wille und Sprecher arbeiten eng zusammen 29:17 Das Ende des Krieges ____________________ In dieser Episode zu hören - Daniel Sprecher, Historiker ____________________ Links - https://www.srf.ch/audio ____________________ Literatur · Jaun, Rudolf (2024): Wille, Ulrich. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS). · Sprecher, Daniel (2000): Generalstabschef Theophil Sprecher von Bernegg. Seine militärisch-politische Leistung unter besonderer Berücksichtigung der Neutralität. Zürich: NZZ-Verlag. · Sprecher, Daniel (2024): Sprecher von Bernegg, Theophil. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS). · Walther, Heinrich (1939): Aus schweren Tagen: In: ASMZ Nr. 7, Juli. ____________________ Recherche, Produktion und Moderation: - Silvan Zemp ____________________ Das ist die «Zeitblende»: Die «Zeitblende» erweckt Geschichte zum Leben: bekannte und unbekannte Ereignisse der Schweizer Geschichte – und grosse Episoden der Weltgeschichte. Wir geben denen das Wort, die Geschichte erlebt und mitgeprägt haben. Zeitzeug:innen schildern ihre teils dramatischen Geschichten, historische Figuren werden wieder lebendig. Die besten Historiker:innen ordnen ein und erklären, wie historische Ereignisse unser heutiges Leben prägen.
August Huber war 12 Jahre jung, als er 1923 begann, an einem Maschinenmenschen zu tüfteln: Sabor. Nach dem Zweiten Weltkrieg faszinierte er das Publikum weltweit. Warum staunen wir über Maschinen wie Sabor – damals und heute? 1939 wurde Sabor an der Landesausstellung in Zürich gezeigt, später faszinierte er das internationale Publikum auf Technikmessen und in Fernsehshows. Inzwischen ist Sabor weitgehend in Vergessenheit geraten. Eine aktuelle Ausstellung im Zeughaus Teufen will das ändern und zeigt erstmals veröffentlichtes Archivmaterial. Auf dieser Grundlage recherchiert die Zeitblende weiter. In der Sendung erzählt unter anderem die frühere Stimme Sabors von den Tricks, die das Publikum verblüfften. _ (00:00) In der Fernsehshow (02:30) Zu Besuch beim Erfindersohn (07:08) An der Landi 1939 (10:28) Sabor geht international (13:17) Der grösste Auftritt (14:30) Sabors Stimme (20:36) Aus der Mode (22:47) Warum bestaunen wir Maschinen? _ Hast du Feedback, Fragen oder Wünsche? Wir freuen uns auf deine Nachricht via zeitblende@srf.ch – und wenn du deinen Freund:innen und Kolleg:innen von uns erzählst. _ Gesprächspartner:innen: · Remo Huber, Sohn des Sabor-Erfinders August Huber · Eric Lanz, damaliger Steuermann und Stimme Sabors · Daniel Strassberg, Psychoanalytiker und Philosoph _ Literatur: · Zeughaus Teufen (2024). Der erste Maschinenmensch aus Teufen. · Daniel Strassberg (2022). Spektakuläre Maschinen: Eine Affektgeschichte der Technik. Matthes & Seitz _ Team: · Autor: Oliver Kerrison · Mitarbeit: SRF Recherche und Archive
Susi Lauer ist eine der letzten Überlebenden, die vom schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg in Budapest 1944 vor dem Holocaust gerettet wurde. Der Familie ihres Mannes, Mark Margolin, gelang die abenteuerliche Flucht von Warschau bis Sidney. Als Mark Margolin am 10. September 2023 nach jüdischer Tradition mit seinem Absatz das Glas zertritt, scheint eine unglaubliche Geschichte ihr Happy End gefunden zu haben. Er ist an diesem Tag 66 Jahre alt, seine Frau Susi 86. Soeben haben sie in Haifa geheiratet unter der Chuppah, dem Baldachin. Eine Hochzeit nicht als Anfang, sondern als Krönung eines unglaublichen Weges. Dass dieser 10. September 2023 so stattgefunden hat, widerspricht allen Regeln der Wahrscheinlichkeit. Mark Margolins Familie entkam 1939 dem sicheren Tod in Polen durch eine abenteuerliche Flucht im Auto eines deutschen Offiziers über Litauen, Russland und Japan nach Australien, wo er 1957 zur Welt kam. Susi Lauer war 1944 als sechsjähriges Mädchen zuerst für Auschwitz und dann für den Tod in der kalten Donau bestimmt. Zweimal wurde sie im letzten Moment vom schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg gerettet. Ein starker Wille hielt sie jung und am Leben. Die Schrecken des 20. Jahrhunderts führten Susi Lauer und Mark Margolin um den halben Globus. Heute leben sie in Zürich. Gäste: · Susi Lauer, Zeitzeugin · Mark Margolin, Zeitzeuge · Ramunas Janulaitis, Direktor Sugihara-Museum, Kaunas Literatur: Carlberg, Ingrid: Raoul Wallenberg. Die Biografie. Aus dem Englischen von Susanne Dahmann. München, 2019. Lowe, Keith: Der Wilde Kontinent, Europa in den Jahren der Anarchie 1943-1950. Aus dem Englischen übersetzt von Stephan Gebauer und Thorsten Schmidt, Stuttgart 2016. Snyder, Timothy: Bloodlands. Europa zwischen Hitler und Stalin. Aus dem Englischen von Martin Richter. München, 6. Erweiterte Auflage, 2022. Sugihara Diplomats for Life Foundation: Casablanca of the North: Kaunas 1939-1940. The Exhibition Catalogue. Kaunas, 2018. «Zeitblende» ist ein Podcast von Radio SRF. Fragen, Kritik oder Anregungen gerne direkt an: Zeitblende@srf.ch.
Harry Anslinger gilt als der Vater des US-Amerikanischen «War on Drugs». Während dreissig Jahren leitet er die amerikanische Anti-Drogenbehörde und prägt so bis heute die Drogenpolitik der USA. Der Sohn eines Schweizer Einwanderers ist ein machtbewusster Mensch. So setzt Harry Anslinger etwa das Cannabisverbot in den USA durch, um seiner Behörde mehr Einfluss zu verschaffen. Gezielt verbreitet er dafür Falschinformationen und setzt sich bewusst über wissenschaftliche Fakten hinweg. Und er argumentiert mit rassistischen Stereotypen. Dies sei kein Zufall, erklärt die Historikerin Helena Barop. Seit den ersten Verbotsgesetzen ziehe sich der Rassismus durch die Drogenpolitik. In der Debatte darüber, ob eine Substanz verboten werden sollte, sei oft entscheidender, wer diese Substanz konsumiert, als die Substanz selbst. Harry Anslinger passt ebenfalls in dieses Schema. Er ebnet so den Weg zum US-Amerikanischen Anti-Drogenkrieg. Ein Krieg, in dessen Namen zehntausende Afroamerikaner und Amerikanerinnen durch rassistische Polizeiarbeit im Gefängnis landen. Ein Krieg, der Drogensüchtige noch weiter an den Rand der Gesellschaft drängt. Ein Krieg, der mittlerweile als gescheitert bezeichnet werden muss, und dennoch bis heute andauert. Dabei wären andere Ideen längst bekannt. Ausgerechnet in der Schweiz – dem Geburtsland von Harry Anslingers Vater – geht man in der Drogenpolitik einen anderen Weg. Eine staatlich kontrollierte Drogenabgabe ist fester Teil der Schweizer Drogenpolitik. Die sogenannte Vier-Säulen-Politik anerkennt, dass es sich bei einer Drogensucht um eine Erkrankung handelt, und manche Betroffene nie davon loskommen werden. «Zeitblende» ist ein Podcast von Radio SRF. Fragen, Kritik oder Anregungen gerne direkt an: Zeitblende@srf.ch. Literatur: Barop, Helena: Der große Rausch. Warum Drogen kriminalisiert werden. Eine globale Geschichte vom 19. Jahrhundert bis heute. München: Siedler Verlag, 2023. Hari, Johann: Drogen. Die Geschichte eines langen Krieges. Frankfurt: S. Fischer Verlag, 2023.
Der afroamerikanische Schriftsteller lebt ab den 1950er Jahren in Bern. Er fällt auf. Wegen seines Äusseren. Er erlebt den Alltag des Fremden. Aber er resigniert nicht, sondern spiegelt das Erlebte in seiner Litaratur. Es ist ein kritisch-ironischer Blick auf das damalige Bern. Der US-Amerikaner Vincent O. Carter landete eher zufällig in Bern. Er wollte nur einige Tage in der Stadt bleiben, schliesslich wurden es 30 Jahre. Eigentlich wollte er nach Paris und dort als Schrifsteller arbeiten - denn an Frankreich hatte er gute Erinnerungen. Im 2. Weltkrieg gehörte er zu den Befreiern und wurde bejubelt. Doch die Stimmung hatte sich verändert, Ausländer:innen aus den USA waren Anfang der 1950er nicht mehr willkommen, so zog er weiter und kam nach Bern. Hier fand er eine Heimat und seine Liebe: Liselotte Haas. Mit ihr blieb er über 20 Jahre zusammen, bis zu seinem Tod. Er arbeitete als Schriftsteller, Maler, Englischlehrer. Seine Eindrücke schrieb er auf, es entstand ein kritisch-ironischer Blick auf die Stadt Bern und die Schweiz der 1950er Jahre. Aber seine Bücher werden erst Jahrzehnte nach seinem Tod auf deutsch übersetzt. Seine Lebensgeschichte erzählt die Zeitblende. Zu Gast sind: Liselotte Haas, ehemalige Partnerin von Vincent O. Carter. Anna Iatsenko, Literaturwissenschaftlerin, Autorin und Künstlerin. Literatur: Carter, Vincent O: Meine weisse Stadt. Das Bernbuch. Zürich, Limmat Verlag, 2021. Carter, Vincent O: Amerigo Jones. Zürich, Limmat Verlag, 2014.
Er ist ein «Urning», ein Homosexueller. Und wird deswegen schikaniert, verhaftet, weggesperrt, er gilt als kriminell und geisteskrank. Doch Jakob Rudolf Forster wehrt sich, laut, ideenreich und selbstbewusst – ein Vorkämpfer für die Rechte der Schwulen in der Schweiz. Jakob Rudolf Forster ist kein Kind von Traurigkeit. Er steht auf Männer, hat viele Liebhaber und macht keinen Hehl aus seiner Homosexualität. So weit, so gut. Nur: Forster lebt im ausgehenden 19. Jahrhundert, zu einer Zeit also, in der einer, der offen schwul ist, viel zu befürchten hat. Forster wird denunziert, gedemütigt, ins Gefängnis geworfen, in die Psychiatrie gesteckt – er gilt als «gefährliches Subjekt» und als «lästiges Individuum». Für die Behörden ist er eine Provokation; und sogar der Bundesrat muss sich mit ihm beschäftigen. Doch Jakob Rudolf Forster bleibt sich treu. Und kämpft zeitlebens gegen die Ungerechtigkeiten, die homosexuellen Männern Ende des 19. Jahrhunderts widerfahren. Zu Gast in dieser Zeitblende: Philipp Hofstetter, Historiker. René Hornung, Journalist. Literatur: Forster, Jakob Rudolf: Justizmorde im 19. Jahrhundert. Wahrheitsgetreue Darstellung des fast unglaublich Verfolgten Schweizers J.R. Forster, Heiratsvermittler von Brunnadern (St. Gallen). Ein Notschrei an das Volk. Zürich: Selbstverlag, 1898. Hofstetter, Philipp / Hornung, René: Der Urning. Selbstbewusst schwul vor 1900. Zürich: Hier und Jetzt Verlag, 2024. Walser, Erasmus: Homosexualität. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Online-Version vom 4.12.2013.
Maria Antonia Räss, eine Appenzeller Bauerntochter, arbeitet Anfangs des 20. Jahrhunderts als sogenannte «Schaustickerin» in ganz Europa. Nach dem Ersten Weltkrieg wandert sie nach New York aus und baut sich ein Textilimperium auf. Wie hat sie das geschafft? Sie hat flinke Finger – und weiss, wie man einfädelt. Dass Maria Antonia Räss geschickt mit Nadeln und Faden umgehen kann, findet ihre Familie rasch heraus. Bereits mit vier Jahren arbeitet sie im Webkeller in der Nachbarschaft. Das macht sie jahrelang – daneben geht sie zur Schule. Als sie mit 16 Jahren einen Reisepass machen kann, entschliesst sie sich, als Schaustickerin durch Europa zu reisen. Nachdem das Reisen durch den Ersten Weltkrieg abrupt ein Ende findet, wagt sie nach Kriegsende einen neuen Versuch. Diesmal soll es nach Amerika gehen. Inspiriert worden könnte sie durch Walt Disney sein, der zur gleichen Zeit als Ambulanz-Soldat in Europa weilte. In New York angekommen, arbeitet sie als allererstes wieder als Schaustickerin. Sie arbeitet sich schnell hoch und betreibt ein erfolgreiches und bekanntes Stickereigeschäft, fährt einen Cadillac und wird zur reichen Tante aus Amerika. Wie Räss vom Boom der Stickerei profitierte – die immerhin um 1910 herum der wichtigste Wirtschaftszweig der Schweiz war – darum geht es in dieser Zeitblende. Zu Gast in dieser Zeitblende: * Margrit Schriber, Autorin «Die Stickerin» * Tobias Straumann, Wirtschaftshistoriker und Professor an der Universität Zürich Literatur: * Dubler, Annemarie (2014): Textilindustrie. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 07.10.2014. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013957/2014-10-07/ * Schriber, Margrit (2023): Die Stickerin. Zürich: Bilger Verlag. * Tanner, Albert (1985): Das Schiffchen fliegt - die Maschine rauscht. Weber, Sticker und Unternehmer in der Ostschweiz. Zürich: Unionsverlag. * Tanner, Albert (2012): Stickerei. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 23.03.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013963/2012-03-23/
Frankensteins Monster – Mary Shelly hat mit dieser Schauergeschichte eine Figur erschaffen, die aus dem kollektiven Gedächntnis nicht mehr wegzudenken ist. Entstanden ist der Roman am Genfersee. Und bis heute dient Frankensteins Monster als Warnung vor der Gefahr der Technologie. Es war eine Wette unter Freunden, die für den ersten Entwurf des Romans «Frankenstein – oder moderne Prometheus» sorgte. Wer kann die beste Horrorgeschichte schreiben? Mary Shelley setzte sich hin, mit Blick auf den Genfersee, und schrieb die Geschichte des Monsters, das von einem Wissenschaftler zum Menschen erweckt wurde. 200 Jahre später ist Frankensteins Monster eine oft verwendete Metapher, um vor den Gefahren der Künstlichen Intelligenz zu warnen. Damit befasst hat sich Shelley-Expertin Eileen Hunt Botting. Shelley habe Frankensteins Kreatur nicht bloss als Monster gesehen, ist sie überzeugt. Shelley habe kritisiert, dass Frankenstein seine Schöpfung im Stich liess und sich nicht um sie kümmerte. Die Menschheit sei für ihre Kreationen verantwortlich und müsse ihnen Sorge tragen, fordert Hunt Botting. Gesprächspartnerin dieser Zeitblende: * Eileen Hunt Botting, Professorin für Politische Philosophie an der University of Notre Dame, Indiana. Literatur: * Hunt Botting, Eileen, Artificial Life After Frankenstein, University of Pennsylvania Press, 2020
Vor 150 Jahren produzierte ein Hotelier in St. Moritz erstmals Strom aus Wasserkraft. Bald trieb diese Energie vieles an, von der Glühbirne bis zur Lokomotive. Das Geld für die grossen Kraftwerke in den Bergen kam aber oft aus dem Unterland und das führte zu Spannungen, die bis heute spürbar sind. Johannes Badrutt, ein findiger Hotelier aus St. Moritz bestaunte 1878 an der Weltausstellung in Paris elektrische Lampen. Diesen Luxus wollte er seinen Gästen im Hotel Kulm auch bieten. So installierte er kurzerhand eine Turbine im nahen Bach und nutzte den Strom für die Beleuchtung seines Speisesaals. Die Gäste waren begeistert. Die Geschichte der Schweizer Wasserkraft begann. Immer grössere und leistungsfähigere Flusskraftwerke und später Speicherseen wurden geplant. Für den Bau war aber mehr Kapital nötig, als die armen Berggemeinden und -kantone aufbringen konnten. So erhielten finanzkräftige Unternehmen aus dem Unterland die Konzessionen für die Nutzung der Wasserkraft. Das führte zu Konflikten, die bis heute nachwirken. Die Zeitblende zeigt auf, wie die Wasserkraft in der Schweiz gross wurde und welche Rolle der Pionier aus dem Engadin dabei spielte. Hast du Feedback, Fragen oder Wünsche? Wir freuen uns auf deine Nachricht via zeitblende@srf.ch – und erzähl doch deinen Freund:innen und Kolleg:innen von uns. Gesprächspartner in dieser Zeitblende: * Sebastina De Pretto, Historiker, Habilitant, Abteilung für Wirtschafts-, Sozial- und Umweltgeschichte der Universität Bern * Franco Milani, Leiter Beschaffung, Vertrieb und Marketing, St. Moritz Energie * Fadri Ramming, Rechtsanwalt, Notar, Geschäftsführer der Regierungskonferenz der Gebirgskantone Literatur: * Caviezel, Emmi, Ramming, Fadri, u. a. Unter Strom. Chur: Bündner Monatsblatt, 2006. * De Pretto, Sebastian. „Vernetzte Wasserkraft: Entwicklungspfade und Knotenpunkte des Stauseebaus in der Schweiz und Italien, 1880-1968. Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 73.1 (2023). * Milani, Franco. Die weisse Kohle von St.Moritz und Celerina?: 100 Jahre seit der Integration des Elektrizitätswerks in die Gemeinde St.Moritz, 135 Jahre elektrisches Licht in St. Moritz. St. Moritz: Montabella Verlag, 2014.
Der Pilot, Fotograf und Swissair-Mitgründer Walter Mittelholzer machte das Fliegen in der Schweiz populär. Und er prägte das Schweizer Afrikabild: Seine Reisebücher waren Bestseller, seine Filme füllten Kinosäle. Der St.Galler Bäckerssohn Walter Mittelholzer erlangte spätestens als erster Swissair-Direktor den Status einer nationalen Ikone. Davor prägte er die Schweizer Luftfotografie: Mittelholzer bildete viele Schweizer Gemeinden erstmals von oben ab, später brach er zu Flugexpeditionen ins Ausland auf. Im Zentrum der Sendung steht die bekannteste Expedition Mittelholzers: der sogenannte «Afrikaflug». In 77 Tagen reiste Mittelholzer 1926/27 mit seinem Expeditionsteam von Zürich nach Kapstadt. Der Kinofilm und das Buch der Reise transportierten ein Afrikabild, das laut der Geschichtsforschung von einem kolonialen Blick geprägt ist. Die Zeitblende rekonstruiert Mittelholzers Weg zur Ikone und zeigt, wie das Flugzeug laut Expert:innen als Ausdruck von Überlegenheit inszeniert wurde. _ (00:00) Abflug (02:06) Die Abdankung (04:23) So wurde er zur Ikone (09:41) Der «Afrikaflug» (13:07) Das Afrikabild (22:12) Zurück in der Schweiz (27:10) Tausende digitale Bilder (31:20) Von oben herab? _ Hast du Feedback, Fragen oder Wünsche? Wir freuen uns auf deine Nachricht via zeitblende@srf.ch – und wenn du deinen Freund:innen und Kolleg:innen von uns erzählst. _ Gesprächspartner:innen: * Sonja Malzner, Kulturwissenschaftlerin an der Universität Rouen * Phindezwa Mnyaka, Historikerin an der University of the Western Cape * Kaspar Surber, Historiker und Journalist _ Literatur: Sonja Malzner (2013). «So sah ich Afrika». Die Repräsentation von Afrikanern in plurimedialen Reiseberichten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann. Benedikt Meyer (2014). Im Flug Schweizer Airlines und ihre Passagiere, 1919-2002. Chronos. Kaspar Surber (2017). Walter Mittelholzer Revisited. Bilderwelten. Fotografien aus dem Bildarchiv der ETH-Bibliothek, Band 6. Scheidegger & Spiess. _ Team: * Autor: Oliver Kerrison * Sprecher: Armin Berger * Mitarbeit: SRF Recherche und Archive
Der Pilot, Fotograf und Swissair-Mitgründer Walter Mittelholzer machte das Fliegen in der Schweiz populär. Und er prägte das Schweizer Afrikabild: Seine Reisebücher waren Bestseller, seine Filme füllten Kinosäle. Der St.Galler Bäckerssohn Walter Mittelholzer erlangte spätestens als erster Swissair-Direktor den Status einer nationalen Ikone. Davor prägte er die Schweizer Luftfotografie: Mittelholzer bildete viele Schweizer Gemeinden erstmals von oben ab, später brach er zu Flugexpeditionen ins Ausland auf. Im Zentrum der Sendung steht die bekannteste Expedition Mittelholzers: der sogenannte «Afrikaflug». In 77 Tagen reiste Mittelholzer 1926/27 mit seinem Expeditionsteam von Zürich nach Kapstadt. Der Kinofilm und das Buch der Reise transportierten ein Afrikabild, das laut der Geschichtsforschung von einem kolonialen Blick geprägt ist. Die Zeitblende rekonstruiert Mittelholzers Weg zur Ikone und zeigt, wie das Flugzeug laut Expert:innen als Ausdruck von Überlegenheit inszeniert wurde. _ (00:00) Abflug (02:06) Die Abdankung (04:23) So wurde er zur Ikone (09:41) Der «Afrikaflug» (13:07) Das Afrikabild (22:12) Zurück in der Schweiz (27:10) Tausende digitale Bilder (31:20) Von oben herab? _ Hast du Feedback, Fragen oder Wünsche? Wir freuen uns auf deine Nachricht via zeitblende@srf.ch – und wenn du deinen Freund:innen und Kolleg:innen von uns erzählst. _ Gesprächspartner:innen: * Sonja Malzner, Kulturwissenschaftlerin an der Universität Rouen * Phindezwa Mnyaka, Historikerin an der University of the Western Cape * Kaspar Surber, Historiker und Journalist _ Literatur: Sonja Malzner (2013). «So sah ich Afrika». Die Repräsentation von Afrikanern in plurimedialen Reiseberichten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann. Benedikt Meyer (2014). Im Flug Schweizer Airlines und ihre Passagiere, 1919-2002. Chronos. Kaspar Surber (2017). Walter Mittelholzer Revisited. Bilderwelten. Fotografien aus dem Bildarchiv der ETH-Bibliothek, Band 6. Scheidegger & Spiess. _ Team: * Autor: Oliver Kerrison * Sprecher: Armin Berger * Mitarbeit: SRF Recherche und Archive
Im 19. Jahrhundert, vor allem zwischen 1850 und 1900, zwang der Hunger Tausende von Tessinern auszuwandern. In dieser Zeit führten gerade im Maggiatal grosse Überschwemmungen zu Ernteausfällen und Krankheiten. Die Werbung von Reisebüros lockte viele auch nach Australien. Mit katastrophalen Folgen. Zeitzeuge Arthur Nicolas, 75, kennt die falschen Heilsversprechen dieser Reisebüros aus der eigenen Familiengeschichte. Dass er nicht im Tessin, sondern in Kalifornien aufgewachsen ist, verdankt er seinen beiden Urgrossvätern. Diese gingen nach Australien, um Gold zu suchen. Als sie ankamen, gab es aber kein Gold mehr. Der eine Grossvater hatte für die Überfahrt sein Land verpachtet. Er blieb in Australien und stürzte zu Hause im Maggiatal seine Familie in bittere Armut. Die Frauen und Kinder waren die Leitragenden der Tessiner Emigration, ordnet Historiker Luigi Lorenzetti ein. Im Maggiatal emigrierten so viele Männer, dass um 1900 die Hälfte der Frauen Singles waren – ein europaweit einzigartiges Missverhältnis. Das starke Bild der Armut, das im 19. Jahrhundert so viele Tessiner zwang, auszuwandern, hat aber das kollektive Gedächtnis einseitig geprägt, sagt der Historiker. Emigration wird damit fälschlicherweise ausschliesslich negativ konnotiert. So geht vergessen, dass viele Tessiner Emigranten sehr erfolgreich waren und mit ihrem erworbenen Reichtum für ein fortschrittliches Sozialsystem in ihrem Heimatkanton sorgten. Zu Gast in dieser Zeitblende sind: * Arthur Nicola, direkter Nachfahre von Emigranten aus dem Maggiatal * Angelo Comisetti, Kurator Piccolo Museo von Sessa * Luigi Lorenzetti, Historiker Feedback, Fragen oder Wünsche? Nehmen wir gerne entgegen unter zeitblende@srf.ch
Vor 100 Jahren, im August 1924, wurde Radio Zürich gegründet – inmitten der Pionierzeit des Radios in der Schweiz. Angefangen hat die Geschichte der Schweizer Radiosender mit einem Flughafenfunker aus Lausanne, der Grammophon-Platten via Funk ins Cockpit spielte. Zu den ersten Melodien, welche die erstaunte Besatzung zu hören bekam, gehörte die Ouverture von Rossinis Willhelm Tell. Das ist nur eine von vielen Anekdoten zu den Anfängen des Schweizer Radios. Der Bund erkannte im Jahr 1922 das Potenzial des neuen Mediums und sicherte sich via Gesetz die Hoheit über die Radiosender. In der gleichen Zeit gab es die ersten Radiogeräte für Zuhause. Da war beispielsweise die Radiofee – ein Gerät, das sich die Hörerinnen und Hörer selber zusammenbauen mussten. 1931 mündeten alle Entwicklungen schliesslich in der Gründung der SRG. Zu Gast in der «Zeitblende» sind: - Juri Jaquemet, Sammlungskurator Museum für Kommunikation, Bern - Edzard Schade, Medienhistoriker FH Graubünden Literatur, Quellen, weiterführende Links: Edzard Schade; Herrenlose Radiowellen, Hier und Jetzt Verlag Juri Jaquemet, https://blog.nationalmuseum.ch/2021/10/99-jahre-radio-in-der-schweiz/ Recherche & Archive SRF Museum für Kommunikation , Bern
Seit Jahrzehnten läuft in Schweizer Clubs Techno und andere Formen elektronischer Musik. Die Geschichte der Technokultur beginnt in den 80er Jahren. Für den kometenhaften Aufstieg der Jugendkultur musste erst einiges in Bewegung kommen, musikalisch und gesellschaftlich. James Wolfensberger organisiert 1984 den ersten illegalen Rave in Zürich. Die Party ist ein voller Erfolg. Zürich ist damals eine provinzielle und kalte Stadt. Die Kinos schliessen um neun, gerade mal fünf Discos dürfen länger als Mitternacht geöffnet bleiben. Der neue Geist, den James Wolfensberger in die Stadt bringt, stösst daher auf fruchtbaren Boden. Gespielt wird an den Partys House-Musik aus den USA – in der Schweiz damals kaum bekannt. Und noch etwas ist neu: Statt nach jedem Lied eine kurze Pause einzulegen, mixt der DJ nun die Lieder zu einem durchgehenden Teppich. Die Partys von James Wolfensberger legen so den Grundstein für die Technowelle der 90er Jahre. Diese Welle erfasst die Schweiz früh. Sie profitiert von ihrer zentralen Lage mitten in Europa. Hinzu kommt ein Rückgang der Industrie. Die so freigewordenen Areale füllen sich schnell mit Kultur. Überall in der Schweiz entstehen in kürzester Zeit Clubs und Rave-Veranstaltungen. So auch in Roggwil. Das kleine Dorf im Oberaargau wird zu einem gesamteuropäischen Rave-Mekka. Mirosch Gerber organisiert dort in den 1990er Jahren Raves mit tausenden Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Die Leute seien aus ganz Europa angereist und Roggwil so weit über die Schweiz hinaus berühmt geworden. In dieser Zeit entwickelt sich Techno in kürzester Zeit von einer Nischenkultur zum Massenphänomen: Innerhalb von nur wenigen Jahren wächst die Zürcher Street Parade von einigen Tausend auf über Hunderttausend Raver und Raverinnen. Mittlerweile ist Techno in der Schweiz fest verankert. Die Zürcher Technokultur wurde gar von der Unesco zum immateriellen Kulturerbe ernannt. Die neue Generation erfindet dabei die Technokultur neu. Während der Pandemie entsteht auf der Video-App TikTok ein neues Genre: Hard-Techno. Die Musik ist mit schnell aufeinanderfolgende Rhythmuswechseln auf die Kurzvideos der App zugeschnitten. Einige sprechen deshalb auch etwas despektierlich von «TikTok-Techno». Doch obwohl die Musik so lebendig und vielfältig ist wie nie, haben viele Clubs in der Schweiz zu kämpfen. Es ist gar von einem Clubsterben die Rede. Die Szene befinde sich derzeit im Umbruch, sagt Sacha Winkler. Er ist einer der Gründer des Zürcher Club Zukunft. «Zeitblende « ist ein Podcast von SRF. Haben Sie Feedback oder Fragen? Wir freuen uns auf Ihre Nachricht via zeitblende@srf.ch
Als letzte Äbtissin des Fraumünsters fällt Katharina von Zimmern vor 500 Jahren einen mutigen und weitsichtigen Entscheid. Sie übergibt ihre Abtei dem Bürgermeister und dem Rat von Zürich. Und ermöglicht so eine Reformation ohne Bürgerkrieg. Der 8. Dezember 1524 ist ein Wendepunkt in der spätmittelalterlichen Geschichte Zürichs. Katharina von Zimmern besiegelt die Übergabe der Fraumünsterabtei. Um die Stadt vor «gross unruoh und ungemach» zu bewahren. Das Fraumünster geht von kirchlichem in weltlichen Besitz. Mit dem Kloster gibt die Äbtissin auch das ganze Vermögen und alle Ländereien ab. Sie verzichtet auf ihre Position mit allen Privilegien und Rechten. Erweist sich aber auch als geschickte Verhandlerin. Der Rat sichert ihr gute Bedingungen zu für ihr Leben als «normale» Bürgerin. Katharina von Zimmern ist eine bemerkenswerte Frau in einer bewegten Zeit. Als adliges Flüchtlingskind in die Schweiz gekommen, wird sie schon mit 18 zur Vorsteherin des Klosters gewählt – und wird dort zur grossen Gestalterin. Dass sie mit grosser Wahrscheinlichkeit als Äbtissin eine Tochter geboren hat, kann sie geheim halten. In dieser Folge zu hören: * Irene Gysel, Buchautorin * Nicole Freudiger, SRF Religionsredaktorin Literatur/Quellen/weiterführende Links: * Christ-von Wedel, Christine (2020, zweite Auflage): Die Äbtissin, der Söldnerführer und ihre Töchter. Katharina von Zimmern im politischen Spannungsfeld der Reformationszeit. Zürich: Theologischer Verlag. * Gysel, Irene (2024): Katharina von Zimmern: Flüchtlingskind, Äbtissin, Bürgerin von Zürich. Zürich: Theologischer Verlag. * Filmausschnitte aus «Zwingli – der Reformator». (2019). Stefan Haupt. * Website Jubiläumsjahr für Katharina von Zimmern: www.katharina2024.ch Haben Sie Feedback oder Fragen? Wir freuen uns auf Ihre Nachricht via zeitblende@srf.ch
Eigentlich scheint das Leben für «Ds Bode Lina» vorgespurt: Als jüngste Tochter einer kinderreichen Familie aus dem bernischen Oberaargau erwartet sie ein Dasein als Bauernmagd. Aber es kommt alles anders: Lina Bögli zieht in die weite Welt – und wird die erste Schweizer Reiseschriftstellerin. Das Leben von Lina Bögli (1858-1941) ist eine Geschichte von Mut, Emanzipation und sozialem Aufstieg. Die Tochter eines Berner Kleinbauern arbeitet sich von der Kindermagd hoch bis zur gefragten Sprachlehrerin. Sie reist alleine von Australien über Hawaii bis in die USA - und ihr Buch über ihre zehnjährige Weltreise wird zum Bestseller. Diese Zeitblende zeichnet die Spuren nach, die Lina Bögli hinterlassen hat und fragt: Was hat uns die Reisepionierin heute noch zu sagen? Haben Sie Feedback oder Fragen? Wir freuen uns auf Ihre Nachricht via zeitblende@srf.ch In dieser Folge zu hören: • Margret Nyfeler-Bögli, Ururgrossnichte von Lina Bögli • Heinrich und Verena Bögli, Urgrossneffe von Lina Bögli und Partnerin • Heidi Witzig, Historikerin • Judith Arlt, Literaturwissenschaftlerin und Autorin Literatur: • Bögli, Lina (2024, zweite Auflage): Talofa. In zehn Jahren um die Welt. Basel: Lenos Verlag. Titel der Originalausgabe: Vorwärts. Briefe von einer Reise um die Welt (erstmals erschienen 1906). • Bögli, Lina (2019): Immer vorwärts. Basel: Lenos Verlag. Erstmals erschienen 1915 im Verlag Huber & Co in Frauenfeld. • Arenz, Bärbel/Lipski, Gisela (2009): Mit Kompass und Korsett. Reisende Entdeckerinnen. Cadolzburg: Ars Vivendi Verlag. Weiterführende Links: • Zentrum Lina Bögli in Herzogenbuchsee: https://www.lina-boegli.ch/de/das-zentrum
Vor 130 Jahren stimmte die Schweiz über die erste eidgenössische Volksinitiative ab. Das Schächtverbot war von viel Antisemitismus begleitet, aber auch dem noch neuen Tierschutzgedanken. Einer der Köpfe hinter der Initiative war der Aargauer Andreas Keller-Jäggi - was trieb ihn an? Diese Zeitblende aus dem August 2023 gewann im Frühling 2024 den Medienpreis Aargau/Solothurn in der Kategorie Radio/Audio. Aus diesem Grund wiederholen wir sie in diesem Feed. __ Im August 1893 nahm das Schweizer Stimmvolk das Schächtverbot – die allererste eidgenössische Volksinitiative – an. Tiere durften fortan nicht mehr ohne Betäubung geschlachtet werden, also so wie es das rituelle Schlachten nach jüdischer (Koscher) und islamischer (Halal) Art vorsieht. Das Verbot zielte damals, Ende des 19. Jahrhunderts, auf die jüdische Gemeinschaft. Der Abstimmungskampf war entsprechend von viel Antisemitismus geprägt – aber auch von der noch immer relativ neuen Idee des Tierschutzes. Einer der Köpfe hinter der Initiative war Andreas Keller-Jäggi, der Präsident des Aargauischen Tierschutzvereins. Wer war Keller-Jäggi und was trieb ihn an, das Schächten zu bekämpfen – Tierliebe oder Judenfeindlichkeit? Eine Spurensuche, die unter anderem ins Archiv in Aarau führt, in ein Tierheim in Untersiggenthal und, zumindest virtuell, bis nach Japan. __ Zu Wort kommen unter anderen: * Stephan Häsler, ausgebildeter Tierarzt und in den 2000er Jahren als stellvertretender Direktor des damaligen Bundesamtes für Veterinärwesen mit dem Schächtverbot befasst; heute engagiert er sich für die «Schweizerische Vereinigung für Geschichte der Veterinärmedizin» * Yoko Akiyama, Historikerin und Assistenzprofessorin an der Doshisha Universität in Kyoto, Japan * Astrid Becker, heutige Präsidentin des Aargauischen Tierschutzvereins * Laura Bitterli, Doktorandin am Historischen Seminar der Universität Zürich und Co-Projektkoordinatorin von «Ad fontes» __ Literatur zum Thema: * Thomas Metzger (2020): Argumentative Konstruktion von Differenz. Die Schächtverbotsinitiative und die Antiminarettinitiative im Vergleich * Yoko Akiyama (2019): Das Schächtverbot von 1893 und die Tierschutzvereine. Kulturelle Nationsbildung der Schweiz in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts * Stephan Häsler (2010): Die Entwicklung des Tierschutzes in der Schweiz vom 19. Jahrhundert bis zum Erlass des Tierschutzgesetzes * Sibylle Horanyi (2004): Das Schächtverbot zwischen Tierschutz und Religionsfreiheit. Eine Güterabwägung und interdisziplinäre Darstellung von Lösungsansätzen * Pascal Krauthammer (2000): Das Schächtverbot in der Schweiz, 1854-2000, die Schächtfrage zwischen Tierschutz, Politik und Fremdenfeindlichkeit
Elsa Mühlethaler ist die erste Tierärztin der Schweiz mit einer eigenen Praxis. Sie pflegt die Hunde von Grace Kelly und die Tiere des Zirkus Knie. Als blutjunge Studentin führt Mühlethaler im zweiten Weltkrieg das Berner Tierspital und erobert die Männerdomäne der Veterinärmedizin. Eine SRF Zeitblende über das Leben einer vergessenen Pionierin, der das eigene Pflichtbewusstsein zum Verhängnis wurde. Elsa Mühlethaler (1917-1998) war eine der ersten promovierten Tierärztinnen und die erste Frau überhaupt, die in der Schweiz eine eigene Praxis führte. 1983 wurde sie als erste Frau in die alte Garde der Berner Tierärzte aufgenommen. __ (00:00) Abu, der Orang-Utan aus dem Zirkus Knie (02:30) Fredy Knie Jr. und Elvire Kunz erinnern sich an Elsa (05:31) Grace Kelly - ein Hollywoodstar in Mühlethalers Praxis (07:00) Historikerin Franziska Rogger und die unveröffentlichten Aufnahmen (08:30) Als Frau in der Männerdomäne: Elsa wird Tierärztin (11:50) Zweiter Weltkrieg: Mühlethaler am Berner Tierspital (14:14) Schweizer Frauen im Krieg (16:30) Mühlethaler besteht das Staatsexamen (18:40) Kriegsende: Die Männer kehren zurück. Und jetzt? (22:05) Mühlethalers Kleintierpraxis in Bern (25:39) Rollenbilder: Mühlethaler kann auch davon profitieren (29:11) Leidenszeit vor dem Tod (30:11) Veterinärmedizin: Von der Männerdomäne zum Frauenberuf __ Haben Sie Feedback oder Fragen? Wir freuen uns auf Ihre Nachricht via zeitblende@srf.ch __ In dieser Folge zu hören: - Elvire Kunz, Nichte von Elsa Mühlethaler - Elsa Mühlethaler, Originalaufnahmen zur Verfügung gestellt von Franziska Rogger - Historikerin und Archivarin Franziska Rogger - Fredy Knie Jr., ehemaliger Direktor des Zirkus Knie __ Buch: Franziska Rogger, 2016: Kinder, Krieg und Karriere - Selbstbildnisse aus der Mitte des 20. Jahrhunderts Bilder von Ringier in Privatbesitz, zur Verfügung gestellt von Elvire Kunz
Im 19. Jahrhundert pulsierte im Tessiner Hauptort Faido das Leben. Die Mailänder Elite machte hier Ferien. Es wurden schicke Jugendstilhotels gebaut. Etwas weiter oben im Tal beherbergte das Sanatorio del Gottardo viele Tuberkulosekranke. Heute steht das Sanatorium und die Hotels leer. Der 81- jährige Zeitzeuge Flavio Tonella hat seine Kindheit im Sanatorium verbracht. Wenn er sich daran erinnert, wie er als Knabe unter die Betten der Tuberkulosekranken kroch, um der Strafe des Vaters zu entgehen, muss er lachen. Nicht ums Lachen zumute ist ihm, wenn er durch die heutigen verlotterten Gänge des Sanatoriums geht. Vandalen haben gewütet. Der grosse Jugendstilbau hat sich in der Szene einen Namen gemacht als Spukhaus. Tonella bedauert, dass es der Kanton Tessin nicht geschafft hat, das Haus mit neuem Leben zu füllen. Das Sanatorium ist Sinnbild eines Tales, das die Glanzzeiten hinter sich hat. Unten im Tal, bei Bodio, steht das gesellschaftliche Leben gleichsam still, seit die Stahlfabrik Monteforno geschlossen hat. Viele Menschen, die heute in der Leventina arbeiten, fahren abends auf der Autobahn heim in die städtischen Agglomerationen nach Bellinzona oder Lugano. Dennoch geht ein Ruck durchs Tal. Junge Gemeindepräsidenten wollen nach vorne schauen. Sie suchen nach Strategien, um neue Bewohner und Bewohnerinnen anzulocken. Sie wollen selbst aktiv werden und nicht abhängig sein von auswärtigen Investoren. Ein solcher ist 2016 in Piotta aufgetaucht. Der kasachische Geschäftsmann hat das Sanatorium gekauft, um daraus eine internationale Sportschule zu machen. Bagger sind bisher keine aufgefahren. Gäste in der «Zeitblende» * Flavio Tonella, Zeitzeuge, Sohn des ehemaligen Klinikdirektors * Fabrizio Viscontini, Historiker * Marco Costi, ehemalige Gemeindepräsident von Bodio * Stefano Imelli, Gemeindepräsident von Bodio Feedback, Fragen oder Wünsche bitte an zeitblende@srf.ch
Der politische Wille zur Aufklärung war gross. Vor einem Jahr machte SRF publik, dass auf einem Friedhof in Chur ein Denkmal der Nationalsozialisten steht. Doch jetzt sorgt der Umgang mit der Geschichte des Nazi-Steins für eine Kontroverse. Was passiert, wenn die Vergangenheit zum Politikum wird? Zuerst lehnte das Stadt-Parlament eine historische Aufarbeitung der Geschichte des Denkmals ab, jetzt soll auf dem Friedhof eine laut Fachleuten lückenhafte Informationstafel über das Monument informieren, zeigen neue Recherchen von SRF. Wie konnte es dazu kommen? Das erzählt die aktuelle SRF-«Zeitblende». Experten und Politiker:innen kritisieren die Informationstafel: Sie bagatellisiere den nationalsozialistischen Kontext des Denkmals und blende die Rolle der damaligen Stadtbehörden aus. Die Stadt rechtfertigt sich, die Tafel sei von etablierten Historikern erstellt worden – man wolle sich nicht einmischen. Im Mittelpunkt dieser Zeitblende steht Mitte-Politiker Tino Schneider, der sich auf kommunaler und kantonaler Ebene um bessere Aufklärung bemüht, damit aber in Chur letztlich scheitert. Inputs? Feedback? Unsere E-Mail-Adresse: investigativ@srf.ch Gesprächspartner:innen: * Tino Schneider (Mitte), Mitglied Stadtparlament Chur / Grosser Rat Kanton Graubünden * Martin Bucher, Historiker * Andreas Koop, Informationsdesigner * Urs Marti, Stadtpräsident Chur (FDP) Literatur: * Bollier, Peter: Die NSDAP unter dem Alpenfirn. Geschichte einer existenziellen Herausforderung für Davos, Graubünden und die Schweiz, Chur 2016. * Bucher, Martin J.: Führer, wir stehen zu dir! Die Reichsdeutsche Jugend in der Schweiz, 1931–1945, Zürich 2021. * Bundi, Martin: Bedrohung, Anpassung und Widerstand – Die Grenzregion Graubünden 1933-1946, Chur 1996. * Dosch, Leza: Grabdenkmäler für französische und französische Kriegsinternierte in Chur. Bericht und Dokumentation im Auftrag des Gartenbauamts der Stadt Chur, 1998. * Fuhrmeister, Christian, et al.: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Entwicklungslinien und Probleme, Berlin 2019. * Koop, Andreas: NSCI. Das visuelle Erscheinungsbild der Nationalsozialisten 1920-1945, Mainz 2017. * Schmid, Hansmartin: Churer Grabmäler. Was uns die Grab- und Denkmäler der Friedhöfe Daleu und Hof erzählen, Chur 2021. Der Nazi-Stein und die Churer Politik: * Auftrag Tino Schneider betr. Aufarbeitung der Geschichte des Gedenksteins für deutsche internierte Soldaten auf dem Friedhof Daleu vom 2. Februar 2023, https://www.chur.ch/politbusiness/1782236 * Botschaft zum Auftrag Tino Schneider (Inhalt der Informationstafel) vom 12. März 2023, https://www.chur.ch/_docn/5034598/06_Botschaft_zum_Auftrag_Tino_Schneider_und_Mitunterzeichnende_betreffend_Aufarbeitung_der_Geschichte_des_Gedenksteins_fuer_deutsche_internierte_Soldaten_auf_dem_Friedhof_Daleu.pdf
Ein Nazi-Denkmal steht mitten in seiner Stadt. Die Vermutung des Churer Stadtpräsidenten: «Man wollte es nach dem Zweiten Weltkrieg nicht aufarbeiten». Was jetzt mit dem Stein – sprengen oder stehen lassen? Und wie präsent waren die Nationalsozialisten in den 30er-Jahren? (Wiederholung Februar 2023) In Teil 2 geht es um den Weckruf eines Churer SP-Nationalrats, um das Zürcher Hallenstadion voll mit Hakenkreuzen und um einen irritierten Churer Stadtpräsidenten, der jetzt ein Problem hat. Diese Recherche der «Zeitblende» als Doppelfolge in Zusammenarbeit mit SRF investigativ führt zurück in die 1930er-Jahre, als die Schweizer Behörden die Nazis gewähren liessen. Jetzt holt die Vergangenheit Chur ein. Wir wiederholen diese Episode aus dem Januar 2023 - denn über ein Jahr später, im Mai 2024, erschien Folge 3. Inputs? Feedback? Unsere E-Mail-Adresse: investigativ@srf.ch Gesprächspartner:innen: * Hansmartin Schmid, Historiker, früherer SRF-Journalist und Zeitzeuge * Bernd Ulrich, Historiker in Berlin * Fabienne Meyer, Historikerin * Fritz Gemsemer, Pforzheim * Sandra Nay, Leiterin Kundendienst Staatsarchiv Graubünden * Leza Dosch, Kunsthistoriker * Martin Bucher, Historiker * Diane Tempel, Sprecherin Volksbund * Urs Tischhauser, Stadtgärtnerei Chur * Urs Marti, Stadtpräsident Chur Literatur: * Bollier, Peter: Die NSDAP unter dem Alpenfirn. Geschichte einer existenziellen Herausforderung für Davos, Graubünden und die Schweiz, Chur 2016. * Bucher, Martin J.: Führer, wir stehen zu dir! Die Reichsdeutsche Jugend in der Schweiz, 1931–1945, Zürich 2021. * Bundi, Martin: Bedrohung, Anpassung und Widerstand – Die Grenzregion Graubünden 1933-1946, Chur 1996. * Dosch, Leza: Grabdenkmäler für französische und französische Kriegsinternierte in Chur. Bericht und Dokumentation im Auftrag des Gartenbauamts der Stadt Chur, 1998. * Fuhrmeister, Christian, et al.: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Entwicklungslinien und Probleme, Berlin 2019. * Inventar von Armee- und Kriegsdenkmälern in der Schweiz, https://www.vtg.admin.ch/de/die-schweizer-armee/geschichte-der-schweizer-armee/inventario.html, Stand: 25. Januar 2023. * Schmid, Hansmartin: Churer Grabmäler. Was uns die Grab- und Denkmäler der Friedhöfe Daleu und Hof erzählen, Chur 2021. Archive: * Archiv des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge * Politisches Archiv des Auswärtigen Amts * Stadtarchiv Pforzheim * Bundesarchiv * Staatsarchiv Graubünden * Stadtarchiv Chur * Gemeindearchive Disentis, Arosa und Savognin
Mitten in Chur steht inkognito ein nationalsozialistisches Denkmal. Das Mini-Mausoleum wurde 1938 auf dem Daleu-Friedhof aufgestellt. Wie kommt ein Nazi-Stein nach Chur? Wieso machten die Nationalsozialisten Propaganda mit toten Soldaten des Ersten Weltkriegs? (Wiederholung Januar 2023) In Teil 1 geht es um angebliche Helden, handfeste politische Ziele, um einen Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und eine mögliche Geheimkammer im Denkmal. Diese Recherche der «Zeitblende» als Doppelfolge in Zusammenarbeit mit SRF investigativ führt zurück in die 1930er-Jahre, als die Schweizer Behörden die Nazis gewähren liessen. Jetzt holt die Vergangenheit Chur ein. Wir wiederholen diese Episode aus dem Januar 2023 - denn über ein Jahr später, im Mai 2024, erschien Folge 3. Inputs? Feedback? Unsere E-Mail-Adresse: investigativ@srf.ch Gesprächspartner:innen: * Hansmartin Schmid, Historiker, früherer SRF-Journalist und Zeitzeuge * Bernd Ulrich, Historiker in Berlin * Fabienne Meyer, Historikerin * Fritz Gemsemer, Pforzheim * Sandra Nay, Leiterin Kundendienst Staatsarchiv Graubünden * Leza Dosch, Kunsthistoriker * Martin Bucher, Historiker * Diane Tempel, Sprecherin Volksbund * Urs Tischhauser, Stadtgärtnerei Chur * Urs Marti, Stadtpräsident Chur Literatur: * Bollier, Peter: Die NSDAP unter dem Alpenfirn. Geschichte einer existenziellen Herausforderung für Davos, Graubünden und die Schweiz, Chur 2016. * Bucher, Martin J.: Führer, wir stehen zu dir! Die Reichsdeutsche Jugend in der Schweiz, 1931–1945, Zürich 2021. * Bundi, Martin: Bedrohung, Anpassung und Widerstand – Die Grenzregion Graubünden 1933-1946, Chur 1996. * Dosch, Leza: Grabdenkmäler für französische und französische Kriegsinternierte in Chur. Bericht und Dokumentation im Auftrag des Gartenbauamts der Stadt Chur, 1998. * Fuhrmeister, Christian, et al.: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Entwicklungslinien und Probleme, Berlin 2019. * Inventar von Armee- und Kriegsdenkmälern in der Schweiz, https://www.vtg.admin.ch/de/die-schweizer-armee/geschichte-der-schweizer-armee/inventario.html, Stand: 25. Januar 2023. * Schmid, Hansmartin: Churer Grabmäler. Was uns die Grab- und Denkmäler der Friedhöfe Daleu und Hof erzählen, Chur 2021. Archive: * Archiv des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge * Politisches Archiv des Auswärtigen Amts * Stadtarchiv Pforzheim * Bundesarchiv * Staatsarchiv Graubünden * Stadtarchiv Chur * Gemeindearchive Disentis, Arosa und Savognin
Das Löwendenkmal erinnert an das Massaker an Schweizer Gardisten von 1792 in Paris. Auch Carl Pfyffer war einer der Gardisten. Sein Glück: Er war in den Ferien. Traumatisiert von den Ereignissen entschloss er sich, den Getöteten ein Denkmal zu setzen. Im Sommer 1792 kommt der französische König Louis XVI. unter Druck. Im Zuge der französischen Revolution beantragt die Nationalversammlung seine Absetzung. Seine französische Garde hat sich schon zu Beginn der Revolution mit dem Volk verbündet. Zu seinem Schutz bleiben ihm etwa 1500 Schweizer Gardisten. Hunderte von ihnen werden bei einem Aufstand vom Volk überrannt und getötet. An dieses Ereignis erinnert das Löwendenkmal in Luzern. Kopf und Motor hinter dem Denkmal war Carl Pfyffer, ein Vertreter der alten Ordnung und der Aristokratie. Er gehörte einer Familie an, für die Kriegsdienste ein Geschäft waren, mit dem sich Reichtum anhäufen liess. Dieses Militärunternehmertum geht mit dem Tod der Schweizer Söldner zu Ende. Auch dafür steht das Löwendenkmal. Und es steht für den neu aufkommenden Tourismus in Luzern. Von Beginn weg wird das Denkmal als Sehenswürdigkeit vermarktet und lockt Touristen an. Bis heute. Aktuell besuchen jedes Jahr Hundertausende das Denkmal und machen ein Selfie mit dem Löwen. Deshalb sagt der Luzerner Historiker Jürg Stadelmann in dieser Zeitblende: «Das Löwendenkmal war schon immer ein Ort des Histotainment, ein Ort also, an dem mit Geschichte unterhalten wird.» Feedback, Fragen oder Wünsche bitte an zeitblende@srf.ch Gesprächspartner: * Claudia Hermann, Kunsthistorikern * Jürg Stadelmann, Historiker Verwendete/weiterführende Literatur und Quellen: * «In die Höhle des Löwen – 200 Jahre Löwendenkmal Luzern», Verlag Pro Libro Luzern
Sie organisierte die Frauen-Friedenskonferenz 1919 in Zürich nach dem ersten Weltkrieg, weil Frauen an der Friedenskonferenz von Versailles nicht zugelassen waren. Die Teilnehmerinnen forderten die sofortige Abrüstung und ihre eigene politische Gleichberechtigung. Wer war Clara Ragaz-Nadig? Warum kann aus ihrer Sicht Frieden nur dauerhaft sein, wenn Frauen beteiligt sein? Und, warum ist die feministische Friedensbewegung heute wenig wahrnehmbar? Diesen Fragen geht die «Zeitblende» nach im Gespräch mit der Historikerin Nathalie Grunder und der Sozial-Anthropologin und Pazifistin Annemarie Sancar. «Clara Ragaz-Nadig war überzeugt, dass nachhaltiger Frieden nur möglich sei, wenn die Frauen miteinbezogen würden» erklärt Historikerin Nathalie Grunder, die an der Universität Bern eine Dissertation zur internationalen Frauenfriedensbewegung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts schreibt. So hat die Frau, die mit dem bekannten Theologen Leonhard Ragaz verheiratet war, den Kampf für die Gleichberechtigung der Frau mit jenem für Frieden verbunden. Clara Ragaz-Nadig sei überzeugt gewesen, dass das kapitalistische System überwunden werden müsse, um der Logik von Aufrüstung und Krieg zu entkommen, meint die Sozial-Anthropologin Annemarie Sancar, die selbst aktiv ist in der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (WILPF). Noch heute ist Clara Ragaz-Nadig für Menschen, die sich für Frauenrechte und Frieden einsetzen eine Inspiration. Zu ihrem 150. Geburtstag wird sie von ihren Nachfolgerinnen gefeiert und ihr «Erbe» intensiv diskutiert. Feedback, Fragen oder Wünsche bitte an zeitblende@srf.ch. Gesprächspartnerinnen: Nathalie Grunder, Historikerin & Annemarie Sancar, Sozial-Anthropologin und Mitglied der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (WILPF)
Anfang des 20. Jahrhunderts gerät ein Basler Polizist ins Visier der Justiz. Ihm wird vorgeworfen, den künstlichen Süssstoff Saccharin über die Grenze nach Deutschland zu schmuggeln. Auf den Spuren eines bittersüssen Kriminalfalls. Nicht Drogen waren der Fokus von Schweizer Schmugglern um die Jahrhundertwende, sondern der künstliche Süssstoff Saccharin. Er ist zu dieser Zeit in fast ganz Europa verboten, nicht aber in der Schweiz. Viele ärmere Menschen versuchten ihr Glück mit dem Saccharin-Schmuggel – auch ein Basler Polizist? Im April 1912 erhält der Basler Polizist Adolf Schuppisser eine brisante Mitteilung: Gegen ihn liegt ein deutscher Haftbefehl vor. Ihm wird vorgeworfen, Saccharin über die Grenze zu schmuggeln. Er wird umgehend suspendiert. Ist ausgerechnet Landjäger Schuppisser einer von Hunderten Personen, die Saccharin illegal aus der Schweiz bringen? Schuppisser beteuert in zahlreichen überlieferten Briefen seine Unschuld. Er lässt die Vorwürfe nicht auf sich sitzen und geht den Weg durch die Instanzen. Was kommt dabei raus? Die Zeitblende zeichnet den Kampf des Basler Polizisten um seine Existenz nach und wartet mit unerwarteten Wendungen auf. Die Zeitblende beleuchtet, wie Saccharin überhaupt zur beliebten Schmuggelware wurde, welche wirtschaftlichen Folgen der Saccharinschmuggel hatte, wie er die Schweiz international in Bedrängnis brachte und wie der Schmuggel ablief. Dabei gab es viele mögliche Methoden, nicht zuletzt jene des Schmugglerpaars aus der Zeitschrift Nebelspalter, das das Saccharin unter seiner Kleidung über die Grenze zu bringen versuchte. Feedback, Fragen oder Wünsche bitte an zeitblende@srf.ch. Gesprächspartner: Marco Polli, Historiker Themeninput: Manuel Haldi, Recherche & Archive SRF Verwendete/weiterführende Literatur und Quellen: Administrativ-Akten des Polizeidepartements Kanton Basel-Stadt in Sachen Schuppisser-Schwarz, Adolf, betreffend Saccharinschmuggels. Handel und Gewerbe, BB 20. Merki, Christoph Maria: Die Zürich Connection: Saccharinschmuggel vor dem Ersten Weltkrieg. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde, Bd. 89 (1993), S.185-200. Merki, Christoph Maria: Zucker gegen Saccharin. Zur Geschichte der künstlichen Süssstoffe. Frankfurt, 1993. Polli, Marco: Zollpolitik und illegaler Handel. Schmuggel im Tessin 1868-1894. Soziale, wirtschaftliche und zwischenstaatliche Aspekte. Zürich, 1989.
Mina Hofstetter ist eine Pionierin des Biolandbaus und der viehlosen Landwirtschaft. Sie wird in den 1920er Jahren zur Veganerin und verkauft ihre Kühe. In Kursen vermittelt sie ihre Anbaumethoden, empfängt Gäste aus der ganzen Welt. Die Geschichte einer engagierten Frau, die lange vergessen wurde. Mina Hofstetter hat mit ihrem Wirken den Biolandbau geprägt. Die Frau, die wegen ihrer schlechten Gesundheit zu einer veganen Ernährung wechselt und ihre Milchkühe verkauft, steht für vieles, was in der biologischen Landwirtschaft auch heute noch zentral ist. Auf ihrem viehlosen Hof am Greifensee widmet sie sich voll und ganz dem Ackerbau, probiert neue Methoden aus, entwickelt ihr eigenes Anbausystem. Eine schonende Bodenbearbeitung ist ihr wichtig, denn: «Gesunder Boden gleich gesunde Pflanzen gleich gesunder Mensch». Mina Hofstetter ist aber mehr als eine Biobäuerin. Sie forscht und schreibt, empfängt in ihren Kursen Gäste aus der ganzen Welt. Ihr Hof am Greifensee wird zum Treffpunkt für Menschen, die zurück zur Natur finden wollen. Sie engagiert sich auch für Frauenrechte. Die Zeitblende auf den Spuren einer aussergewöhnlichen Frau. Feedback, Fragen oder Wünsche: zeitblende@srf.ch. Wir freuen uns und danken fürs Weiterempfehlen dieses Podcasts. Gesprächspartner, -partnerinnen: * Peter Moser, Leiter des Archivs für Agrargeschichte in Bern. * Annette Schär, Buchautorin und Kommunikationsberaterin. * Judith Aebli und Daniel Liechti, das heutige Besitzerpaar des Hofes in der Stuhlen. Literatur: * Hofstetter Mina (1942): Neues Bauerntum, altes Bauernwissen, Naturgesetzlicher Land- und Gartenbau. Zürich und Leipzig: Verlag Gropengriesser und Wegweiserverlag. * Hofstetter-Lehner Mina (1931): Viehlose Landwirtschaft. In: Tau, Monatsblätter für Verinnnerlichung und Selbstgestaltung. Heft 87/88. Hrsg. Werner Zimmermann. * Moser Peter Hrsg. (2024): Mina Hofstetter: eine ökofeministische Pionierin des biologischen Landbaus. Texte und Korrespondenz. München: Oekom Verlag. * Moser Peter/Wirz Claudia/Kaufmann Andréa (2016): Drucken Backen Forschen: Pionierinnen der modernen Schweiz. Zürich: Verein für wirtschaftshistorische Studien. * Intveen Heide/Schmitt Mathilde/Spieker Ira (2021): Passion und Profession: Pionierinnen des ökologischen Landbaus. München: Ökom Verlag. * Schär, Annette (erscheint im April/Mai 2024): Greifensee-Geschichten: Historisches aus der Region. Zürich: Th. Gut Verlag. Links: * srf.ch/zeitblende * https://www.bioterra.ch/mina-hofstetter-rebellische-grenzgaengerin * https://www.nb.admin.ch/snl/de/home/recherche/r-monat/hofstetter-mina.html7 * https://www.youtube.com/watch?v=ssS0FfHdaQk
Vom armengenössigen Witwer im Aargauer Surbtal bis zu den reichsten Familien der USA: Wer waren die Guggenheims? Die Zeitblende schildert den beispiellosen Aufstieg der Auswandererfamilie, bis zur Gründung der weltberühmten Guggenheim-Museen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts dürfen Jüdinnen und Juden in der Schweiz nur in zwei Aargauer Gemeinden leben, den damals sogenannten "Judendörfern", Lengnau und Endingen. Auch der Zugang zu vielen Berufen ist ihnen verwehrt, es gelten spezielle Bauvorschriften und zahlreiche weitere Schikanen. Die Folge ist oft Armut, auch für die Familie Guggenheim. Simon Guggenheim und sein Sohn Meyer wollen deshalb, gemeinsam mit der Familie, der Armut und den behördlichen Einschränkungen entfliehen. Sie wandern von aargauischen Lengnau in die USA aus. Innerhalb von nur einer Generation steigen sie dort zu den reichsten Familien der USA auf. Und aus dem Reichtum finanziert die Familie die berühmte Kunstsammlung, mit welcher der Familienname mittlerweile untrennbar verknüpft ist. Wir erzählen die Geschichte dieses beispiellosen Aufstiegs, die gleichzeitig auch eine Geschichte des jüdischen Lebens in der Schweiz ist. Mit Kulturpublizist Roy Oppenheim begeben wir uns in Lengnau auf Spurensuche und fragen auch, wie man dort heute auf die Geschichte der geteilten christlichen und jüdischen Vergangenheit blickt. Oppenheim sagt: "Das Behalten der Erinnerung ist immer eine Frage der inneren Einstellung." Es gebe bis heute Menschen, die ihm nahelegten "doch einmal aufzuhören" mit dem Erzählen. Zu ärgerlich sei die Vergangenheit. Trotzdem erzählt und erklärt Oppenheim unermüdlich, auch in dieser Zeitblende.
Die Schweiz spielt in den 50er-Jahren ganz vorne mit bei der Entwicklung des Computers. Der erste Schweizer Computer, die ERMETH der ETH Zürich, wird unter Professor Eduard Stiefel entwickelt, der damit Pionierarbeit leistete. Es ist der erste programmierbare Rechner in Kontinentaleuropa. Zunächst wird in der Schweiz ein Computer des deutschen Pioniers Konrad Zuse getestet: Die Zuse Z4. Im Krieg teilweise zerstört, restauriert sie Zuse in Zürich, wo sie dann mietweise einige Jahre im Hauptgebäude der ETH steht. Die Versuche mit der Z4 sind die Basis für den ersten Schweizer Computer, die ERMETH. Die «Elektronische Rechenmaschine der ETH Zürich», wird in den 50er-Jahren entwickelt. Professor Eduard Stiefel, damaliger Leiter des 1949 gegründeten Instituts für angewandte Mathematik, schickt seine beiden Assistenten zu Forschungszwecken in die USA. Ambros Speiser und Ernst Rutishauser sollen Informationen sammeln, um zurück in der Schweiz den ersten helvetischen Computer zu bauen. 1956 geht die ERMETH in Vollbetrieb. Die Anwendungsmöglichkeiten sind breit, von wissenschaftlichen Berechnungen, mathematischen Problemen bis hin zu ganz praktischen Anwendungen in Bereichen der Statik. Der amerikanische Computerhersteller IBM wird auf die Entwicklungen an der ETH aufmerksam und fängt an, Talente abzuwerben. Da die Schweizer Industrie offensichtlich das Potenzial der Rechenmaschinen nicht erkennt und die ETH ihre Kreationen nicht kommerzialisiert, bleibt die Schweiz rasch hinter grossen Computernationen, allen voran den USA, zurück. Die ERMETH wird im Jahr 1963 durch einen amerikanischen Computer ersetzt. Heute steht der erste Schweizer Computer im Museum für Kommunikation in Bern. _ (00:00) Intro (01:48) Anfänge in Deutschland (03:01) Ein deutscher Computer wird in die Schweiz geholt (05:10) In den 50ern gibt es weltweit kaum Computer (07:08) Der deutsche Computer Z4 im Einsatz in der Schweiz (09:32) Ein Schweizer Computer wird entwickelt (13:14) Die ERMETH geht in Betrieb (16:16) IBM wirbt Schweizer Talente ab (17:20) Warum die Schweiz nicht zur Computernation wurde (21:45) Angst vor Rechenmaschinen? (22:45) ERMETH-Entwickler blickt in die Zukunft (24:07) Das Ende der ERMETH (25:06) Schluss _ Feedback, Fragen oder Wünsche? Wir freuen uns auf Nachrichten via zeitblende@srf.ch – und danken fürs Weiterempfehlen dieses Podcasts. _ Gesprächspartner: * Juri Jaquemet, Sammlungskurator für Informations- und Kommunikationstechnologien beim Museum für Kommunikation in Bern Ausserdem in Archivaufnahmen zu hören: * Ambros Speiser (1922-2003), Technischer Leiter beim Bau der ERMETH, aus dem SRF-Archiv und dem Archiv des Museums für Kommunikation (ADOK_0016) * Werner Schneider (1935-2021), als Student Nachtoperateur der ERMETH, aus dem Archiv des Museums für Kommunikation (VDOK_00112) _ Literatur: * Henger, Gregor (2008): Informatik in der Schweiz: Eine Erfolgsgeschichte verpasster Chancen. Zürich: NZZ Libro. * Museum für Kommunikation Bern (2001): Loading History - Computergeschichte(n) aus der Schweiz. Nr. 1. Zürich: Chronos Verlag. _ Links: * srf.ch/zeitblende * https://blog.nationalmuseum.ch/2018/02/ermeth-computer-made-in-switzerland/ * https://etheritage.ethz.ch/2020/10/05/bedienungsanleitung-des-legendaeren-computers-zuse-z4-entdeckt/ * https://library.ethz.ch/standorte-und-medien/plattformen/kurzportraets/eduard-stiefel-1909-1978.html _ Autor: Silvan Zemp
Der Fall der deutschen Bankräuber Kurt Sandweg und Waldemar Velte zeigt exemplarisch, wie schwierig die Lage für junge Menschen nach dem Ersten Weltkrieg war. Am 5. Januar 1934 – also vor 90 Jahren – betreten zwei Unbekannte die Wever-Bank in Basel mit Pistolen. Und sie schiessen, bevor sie sich in der Kasse bedienen. Zwei Bankangestellte werden so schwer verletzt, sterben noch am gleichen Tag im Spital. Der Banküberfall dauert nur wenige Minuten, die Täter fliehen in einem blauen Ford mit schwarzem Verdeck. In der «Zeitblende» wird die Geschichte der beiden deutschen Bankräuber Kurt Sandweg und Waldemar Velte erzählt. Die beiden hielten die Region Basel tagelang in Atem, erschossen auf der Flucht drei Polizisten und nahmen sich am Schluss das Leben. Im Margarethenpark in Basel, umstellt von der Polizei, sahen die Bankräuber keinen anderen Ausweg mehr. Dank Original-Polizeiakten und Zeugenaussagen aus dem Staatsarchiv Basel-Stadt, ist die Geschichte des schwersten Verbrechens in Basel im 20. Jahrhundert bestens dokumentiert. Zu den wichtigsten Zeugenaussagen gehört jene von Victoria «Dorly» Schupp. Die Schallplattenverkäuferin aus dem Basler Warenhaus Globus hat die beiden Deutschen im Dezember 1933 kennengelernt und viel Zeit mit ihnen verbracht, ohne ihre wahre Geschichte zu kennen. Als das Ganze auffliegt, verrät Dorly Schupp die Beiden an die Polizei. «Man muss die Geschichte auch in der Zeit sehen: Das sind 15 Jahre nach dem ersten Weltkrieg, als ein einzelnes Menschenleben nach diesem mechanisierten Töten, millionenfach, nicht mehr gar so kostbar war», sagt der Schweizer Schriftsteller Alex Capus, der mit dem Roman «Fast ein bisschen Frühling» die Geschichte von Sandweg und Velte erzählt. Die beiden Männer, 23 Jahre alt, arbeitslos, wollen weg aus Nazi-Deutschland. Ihr grosses Ziel: Indien. Aber im Europa der 30-er Jahre ist es alles andere als einfach für junge Menschen ihre Träume zu leben. Nach dem 1. Weltkrieg werden die Grenzen streng kontrolliert, es braucht Stempel, Formulare - und es braucht Geld. Was wiederum einer der Auslöser für den Banküberfall am 5. Januar 1934 in Basel war. Quellen/Literatur: - Capus, Alex (2002): Fast ein bisschen Fühling: Carl Hanser Verlag, Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Museum Laufental
Der Winterthurer Bruno Stefanini baute sich mit Immobilien ein Milliardenimperium auf. Er kaufte sich Kunst, Geschichtsträchtiges und Kuriositäten und hinterliess eine Sammlung von rund 100'000 Objekten. Doch seine Vision eines grossen Museums scheiterte. Er sammelte fast alles, verkaufte fast nichts. In diesem Jahr wäre der Winterthurer Sammler und Multimillionär Bruno Stefanini 100 Jahre alt geworden. Die Zeitblende besucht das heutige Sammlungslager der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte in Winterthur, spricht über Absprachen zwischen Stefanini und einem Altbundesrat und gibt Einblick in bisher unveröffentlichte Tagebucheinträge. _ (00:00) «Verrückt, nicht wahr?!!!!!!!!!!!!!» (02:02) Pult von Kennedy (04:47) Der junge Stefanini (09:08) 40 Jahre Reinigungsaufwand (10:42) Der Unternehmer Stefanini (18:00) Eine grossflächige Skizze (20:00) Absprachen mit Blocher (24:28) Die Vision eines Museums (28:06) Neid, Eifersucht, Missgunst (33:17) Abspann _ Hast du Feedback, Fragen oder Wünsche? Wir freuen uns auf deine Nachricht via zeitblende@srf.ch – und wenn du deinen Freund:innen und Kolleg:innen von uns erzählst. _ Gesprächspartner:innen: - Severin Rüegg, Sammlungsleiter der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte - Miguel Garcia, Historiker - Christoph Blocher, alt Bundesrat und Kunstsammler - Bettina Stefanini, Tochter Bruno Stefaninis und Direktorin der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte _ Literatur: - Matthias Frehner & Valentina Locatelli (2023). Anker, Hodler, Vallatton. Fondation Pierre Gianadda. - Miguel Garcia (2016). Bruno Stefanini. Ein Jäger und Sammler mit hohen Idealen. NZZ Libro. _ Team: - Autor: Oliver Kerrison - Sprecher:innen: Armin Berger, Oriana Schrage, Yonathan Schrage - Mitarbeit: SRF Recherche und Archive
Anfang der 1920er-Jahre beschloss Walter Amstutz aus Mürren im Berner Oberland, zusammen mit seinem Freund Arnold Lunn eine neue Form des Skifahrens etablieren zu wollen. Bergab sollte es gehen, auf vorgegebener Strecke, und möglichst anspruchsvoll. Die Idee der alpinen Skirennen war geboren. Wer Anfang der 1920er-Jahre «Skirennen» sagte, meinte damit vor allem Langlauf und Skispringen – diese nordischen Disziplinen waren vorherrschend. Bis in Mürren der Brite Arnold Lunn und der Einheimische Walter Amstutz auf die Idee kamen, Abfahrts- und Slalomrennen auszutragen. Entscheidend war laut dem Historiker Daniel Anker das Jahr 1924. In dem Jahr gründeten beide Pioniere je einen Skiclub, die den Zweck hatten, alpine Skirennen vorwärtszubringen. Lunn kreierte den britischen Kandahar Ski Club, und Amstutz gründete den Schweizerischen Akademischen Skiclub. Diese Clubs sollten fortan zum Schlüssel werden, um Rennen zu organisieren und immer mehr Menschen von dieser Wettkampfform zu begeistern. 1931 fand in Mürren die erste Ski-WM statt. Zu Gast in dieser Zeitblende: - Daniel Anker, Alpinhistoriker - Gisela Vollmer, Präsidentin des Minimuseums Mürren - Yvonne Gozon, Tochter von Walter Amstutz - Andreas Feuz, langjähriger Präsident des Ski Clubs Mürren Quellen / Literatur: - Amstutz, Max D. (2010): Die Anfänge des alpinen Skirennsports. Zürich: AS Verlag. - Amstutz, Max D. (2020): Glorioses Mürren – wie das Walserdorf zur Wiege des Skirennsports wurde. In: Der Schneehase, Sonderdruck aus Edition 40, 2016-2019. - Anker, Daniel (2023): Akademiker als siegreiche alpine Skiläufer. In: Quin, Grégory, Laurent Tissot und Jean-Philippe Leresche (Hrsg.) : Skiland Schweiz. Eine Geschichte. Thun/Gwatt: Weber-Verlag. - Engel, Simon (2021): Das ganze Volk fährt Ski! Das ganze Volk? In: Schweizerisches Nationalmuseum. Blog. - Ski Club Mürren (1987): 75 Jahre Ski Club Mürren. 1912-1987. - Triet, Max (2001): Amstutz, Walter. In: Historisches Lexikon der Schweiz.