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Es gibt einen wunderbaren neuen Liturgietrend: Im Jahr 2003 fing alles an. 89 Verrückte trafen sich "halblegal" mit Glühwein und Gebäck auf Höhe der Mittellinie im Stadion An der Alten Försterei in Berlin zum Weihnachtsliedersingen.Von Jahr zu Jahr wuchs die Schar der Sänger. Seit Weihnachten 2015 erfüllen die Stimmen von über 28.000 Menschen das "eiserne Wohnzimmer“, das Stadion von Union Berlin. Das Weihnachtssingen ist inzwischen ein generations- und vereinsübergreifendes Ereignis. Pfarrer Kastner trägt die Weihnachtsgeschichte vor, der Chor des Gymnasiums gibt Tonart und Takt vor und eine kleine Bläsergruppe sorgt für festlich-fröhliche Klänge. Liederbuch und Kerze gibt es gratis - eine kleine Spende für die Nachwuchsarbeit des Vereins ist jedoch immer willkommen. Und das Ganze hat Schule gemacht. Weihnachtssingen im Stadion gibt es mittlerweile in vielen Städten: in Dortmund mit mehr als 70 000 Menschen, in Köln, erstmals in Paderborn und in Leverkusen und noch mehr. Wenn die Menschen nicht mehr in die Kirche kommen, dann finden sich andere Möglichkeiten, die wundervolle Botschaft von der Geburt des Gotteskindes in die Welt, an den Mann, an die Frau und zu den Kindern zu bringen. Dass Menschen in den Stadien bei den Fußballspielen singen, ist ja nichts Neues und dass dort beim Zusammensingen ein Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht, dass man sonst nicht mehr findet, ist auch nichts Neues. Aber wenn im Stadion zehntausende Menschen die Christliche Botschaft mit ihren Liedern verkünden, das ist wunderbar und einmalig. Auch wenn es vielen Menschen gar nicht bewusst ist: die alten und neuen Lieder verkünden auf ihre Weise, dass Gott die Menschen liebt und Ihnen nahe sein will. Keine Sorge: Ich will die festlichen Weihnachtsgottesdienste in den geschmückten Kirchen und Kapellen, mit mehrstimmigen Chorgesängen und Trompetenklang nicht abschaffen und schön gefeierte Liturgien in ihren strengen, festen Formen nicht missen. Aber so ein Gesang von „Alle Jahre wieder kommt das Christuskind“ aus zehntausenden Kehlen geht mir mehr unter die Haut und ins Herz.

In meiner Kinderzeit im real existierenden Sozialismus gab es natürlich auch Winter-, Advents- und Weihnachtslieder, die nach 1949 entstanden sind und einen tollen Spagat hinbekommen haben. Da wurden also der Advent und die Weihnachtszeit besungen mit wirklich schönen Melodien und Texten, die ich bis heute kann. Aber nirgendwo in den ganzen Texten kommt auch nur andeutungsweise vor, worum es im Advent und an Weihnachten wirklich geht – um die Vorfreude auf das Geburtstagsfest Jesu Christi und auf das Kommen Christi am Ende der Zeit. Kein Wunder, da sich die DDR ja als sozialistisches und atheistisches Land verstanden hat. Worauf also "Vorfreude, schönste Freude, Freude im Advent?“ Es geht um die schöne Stimmung beim Kerzenschein, um schöne kleine Heimlichkeiten beim Basteln und Handarbeiten, es geht um schöne Düfte beim Backen und Kochen und um schöne Lieder und Melodien und Stimmen, die gerade in dieser Zeit erklingen. Und das kam allen entgegen, die nicht an Gott glaubten und ja trotzdem Advent und Weihnachten feiern wollten. Wenn heute "Last Christmas" und "I am dreaming of a white Christmas" so populär sind und seit November rauf und runtergespielt werden, ist das so ähnlich, nur ohne staatliche Verordnung. Und dann bin ich trotzdem sehr guter Hoffnung auf ein Weihnachtsfest, an dem Menschen zusammen feiern und vielleicht an irgendeinem Punkt spüren, dass an diesem Fest doch mehr dran sein muss: mehr als Geschenke und festliches Essen, mehr als einmal im Jahr Familie aushalten, mehr als freie Tage und schöne Stimmung. Und ich bin so hoffnungsvoll, weil ich glaube, dass Gott da ist und er diese Sehnsucht nach mehr als alles in uns Menschen hineingelegt hat. Und selbst Christen, die an diesen Gott glauben und sich trotzdem mit vielem an seiner Botschaft schwertun, selbst wir leben in dieser Hoffnung und Vorfreude des Advents, auch wenn es scheinbar immer weniger sind, die das spüren und wirklich ersehnen. Die Botschaft bleibt immer die gleiche und wird verkündet, ob in "Last Christmas“ oder im strengen "Herr send herab uns Deinen Sohn, die Völker warten lange schon".

Die letzten sieben Tage des Advents stehen unter besonderen Vorzeichen. In den Abendgebeten werden in den besonderen Antiphonen die Sehnsucht des Volkes Israel nach Erlösung besungen. Sie sind in ihrem Inhalt also sehr viel älter als das Christentum.Da wird die Weisheit besungen und der Herr angerufen, an die Wurzel aus dem Baumstumpf Isais erinnert, der Schlüssel Davids, der im Buch Jesaja beschrieben ist, wird bestaunt, der Morgenstern herbeigesehnt und der König aller Völker. Und erst in der siebten Antiphon "O Immanuel" taucht ganz vorsichtig eine Bezeichnung für den ersehnten Erlöser auf. Wenn wir ab heute also in die letzte Phase des Advents hineingehen, in die Zeit des Erwartens, könnte es vielleicht eine Zeit werden, mal selbst nach zu denken, wer dieser kommende Gott für mich eigentlich ist. Ist es der ersehnte Erlöser und Immanuel, oder eher der unnahbare Herr, eher etwas so Altes, das schon die Völker des Alten Bundes verehrt haben oder der Jesus von Nazareth, der Bruder aller Menschen? Der unsere Menschenwege mitgegangen ist und sich nicht zu schade war, Leid und Tod auf sich zu nehmen um Menschenleid und Tod zu wenden. In einem Lied, dass während der ersten Coronawelle im Frühjahr 2020, also vor 5 Jahren, entstanden ist, lässt der Texter Franz Thomas Sonka Gott sagen: 1. In dieser schweren Zeit, versinkt die Welt in Dunkelheit. Hab keine Angst, trotz aller Fragen so spricht Dein Gott in diesen Tagen: "Ich bin bei Dir alle Tage, glaube und vertraue mir. Höre was ich zu Dir sage, meinen Segen schenk ich Dir. Niemals lass ich Dich im Stich. Du hast mein Wort: Fürchte Dich nicht"2. In dieser schweren Zeit, herrscht menschenleere Einsamkeit. Hab keine Angst, die bist getragen, so spricht Dein Gott in diesen Tagen:"Ich bin bei Dir alle Tage, glaube und vertraue mir. Höre was ich zu Dir sage, meinen Segen schenk ich Dir. Niemals lass ich Dich im Stich. Du hast mein Wort: Fürchte Dich nicht"

Eines der bewegendsten Adventslieder unserer Zeit ist das Lied von Jochen Klepper: "Die Nacht ist vorgedrungen". Dieses Lied hat er 1937 geschrieben. In der Nazizeit lebend, ist ihm und seiner Familie das Leben zur Hölle gemacht worden, weil er eine jüdische Frau geheiratet hatte und sich nicht dazu hinreißen lassen wollte, sich scheiden zu lassen. Seine ältere Tochter konnte noch rechtzeitig ins Exil gehen, aber er, seine Frau und die jüngere Tochter, sind 1942 freiwillig aus dem Leben gegangen. Mit diesem Wissen klingt der Text seines Liedes noch einmal völlig anders in unseren Ohren:"Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern. So sei nun Lob gesungen dem hellen Morgenstern. Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein. Der Morgenstern bescheinet auch deine Angst und Pein.Dem alle Engel dienen, wird nun ein Kind und Knecht. Gott selber ist erschienenzur Sühne für sein Recht. Wer schuldig ist auf Erden, verhüll nicht mehr sein Haupt.Er soll errettet werden, wenn er dem Kinde glaubt.Die Nacht ist schon im Schwinden, macht euch zum Stalle auf! Ihr sollt das Heil dort finden,das aller Zeiten Lauf von Anfang an verkündet, seit eure Schuld geschah.Nun hat sich euch verbündet, den Gott selbst ausersah.Noch manche Nacht wird fallen auf Menschenleid und -schuld. Doch wandert nun mit allender Stern der Gotteshuld. Beglänzt von seinem Lichte, hält euch kein Dunkel mehr.Von Gottes Angesichte kam euch die Rettung her.Gott will im Dunkel wohnen und hat es doch erhellt. Als wollte er belohnen, so richtet er die Welt. Der sich den Erdkreis baute, der lässt den Sünder nicht. Wer hier dem Sohn vertraute, kommt dort aus dem Gericht."Vertrauen wir dem Sohn Gottes, dessen Geburt wir jedes Jahr so freudig feiern und denken wir aber auch daran, alles zu tun, dass nicht wieder in und von Deutschland aus eine Ideologie hochkommt, die Menschen in Leid und Tod stürzt.

In der Adventszeit gibt es viele Angebote, die uns helfen mögen, ein bisschen mehr zum Kern dieser Zeit zu kommen und Horizonte zu öffnen. Eines dieser Angebote halte ich persönlich für besonders gelungen. Es ist die "Nacht der Versöhnung" heute Abend in unserem Mutterhaus. Immer an einem Montag vor Ostern und vor Weihnachten gibt es diese Art Gottesdienst und Versöhnung zu feiern."Hab festen Mut und hoffe auf den Herrn!" ist das Thema heute Abend und stammt aus dem 27. Psalm der Bibel. Was kann denn in der momentanen Zeit mit all ihren Unsicherheiten und Ängsten den Menschen Mut machen und Hoffnung geben? Als Christen können wir Halt und Zuversicht im Glauben und in der Bibel finden. Im Gottesdienst der Nacht der Versöhnung wird einer der vielen "Hoffnungstexte" der Bibel im Mittelpunkt stehen. Neben der individuellen Auseinandersetzung sind die Teilnehmenden eingeladen, ihre Gedanken auch miteinander zu teilen. So können sie sich gegenseitig Mut und Hoffnung schenken und sich selbst bestärken lassen. Allein das miteinander Singen mit vielen hundert Menschen tut Leib und Seele gut. Nach dem Gottesdienst gibt es Beichtgelegenheiten und die Möglichkeit zu Lebensgesprächen. Und bei Tee und dem legendären Mutterhausgebäck geht es gut sich auszutauschen und über die Hoffnung zu sprechen, die mich und uns bewegt, trotz allem, was da zurzeit weltweit ziemlich wenig Hoffnung macht. Alle, die sich vor Weihnachten eine Auszeit gönnen möchten, sind herzlich eingeladen!Die Aufforderung zu festem Mut und Hoffnung auf den Herrn ist Jahrtausende alt und immer hochaktuell. Wenn das nicht viele Millionen Menschen in der ganzen Welt und auch Du und ich leben würden, würden alle unsere Gesellschaftssysteme zusammenbrechen und Angst, Chaos, Kriege und Krisen überhandnehmen. Wenn nicht wir Menschen des Mutes wären, die ihre Hoffnung auf Gott setzen, wer dann?

Gestern kam sie offiziell, die Nachricht, dass die Rahmedetalbrücke auf der A 45, die seit 2021 gesperrt, im Frühjahr 2023 dann gesprengt und seitdem neugebaut wird, dass sie auf der einen Seite bereits am 22. Dezember für den Verkehr freigegeben wird. Leute die nicht hier im großen Umfeld leben und arbeiten oder Pendler sind oder große Firmen leiten, können sich überhaupt nicht vorstellen, was das bedeutet. Ein irrsinniger Verkehrsinfarkt jahrelang, unendliche Staus durch die kleine Stadt Lüdenscheid, Wegzug von Firmen und Arbeitskräften und ein materieller Verlust von sage und schreibe mindestens einer Million Euro – pro Tag.Falls Du Dich erinnerst: Kurz vor der Sprengung hatte ein Künstlerkollektiv in riesigen Buchstaben auf die Brücke gemalt: "Lasst uns Brücken bauen". Sehr selten ist uns dieses Wort, dass in vielen Zusammenhängen benutzt wird, so deutlich vor Augen gestellt worden. Und jeder weiß, dass es vielfältige Umschreibungen dieser Begrifflichkeit gibt. Es geht um Brücken zwischen Menschen im engen Umfeld, zwischen Nachbarn jeder Couleur, zwischen Nachbarländern, zwischen verschiedenen Ideologien und Denkrichtungen, zwischen Demokratien und Diktaturen und so weiter.Aber nie zuvor ist so vielen Menschen wie hier jetzt auch klar geworden, dass man Brücken und Übergänge kontrollieren und überprüfen aber eben auch hegen und pflegen muss. Einmal gebaut reicht nicht. Wir haben es leidvoll erfahren. Und falls tatsächlich irgendwann mal herauskommen wird, welches Konglomerat von Beziehungen, Verantwortlichkeiten und Versäumnissen vorgelegen hat, dann haben wir hoffentlich viel daraus gelernt.Im Buch des Propheten Jesaja wird es uns gerade jetzt im Advent immer wieder gesagt, dass wir doch Berge abtragen, Hügel senken und Täler heben sollen, damit dem Kommen Gottes ein Weg gebahnt wird. Zur Eröffnung der neuen Rahmedetalbrücke werde ich am 22.12. genau daran denken und bei mir selbst schauen, wo ich das alles geschehen lassen muss und auch, wo ich selbst darangehen sollte.

Ich war zu einem Termin weiter oben im Hochsauerlandkreis unterwegs. Eine gut ausgebaute Bundesstraße meistens, aber auch kleine Ortsdurchfahrten und engere Stellen. Sicherheitshalber hatte ich eine halbe Stunde mehr Zeit eingeplant, um wirklich pünktlich zu sein. Und was war? Erst ein LKW vor mir, der unterwegs einfach nicht zu überholen war, dann ein Traktor mit zwei Anhängern und dann ein autofahrender Flachlandtiroler, wie man schon einmal über Autofahrer aus Nachbarländern scherzt, die keine Berge haben. Also statt Tempo 70 nur 45, statt 50 nur 25 und so weiter. Am Anfang habe ich mich aufgeregt und rumgeschimpft, ich war Gott sei Dank allein unterwegs. Aber dann kam der innere Schalter: Beruhige Dich, die Veranstaltung beginnt erst, wenn Du da bist.Ich denke, dass Du das auch kennst: Man will höflich, freundlich und vor allem pünktlich sein und setzt sich und seine Mitstreiter permanent unter Druck. Also habe ich tief Luft geholt, mich meinem vor mir Fahrenden angepasst und bin zu meinem Termin getuckert. Und dann habe ich tatsächlich die schön geschmückten Fenster und Türen in den Dörfern gesehen, die schon aufgestellten Weihnachtsbäume in der Dorfmitte oder an den Kirchen und sogar Plakate, die zum Adventssingen und zum Weihnachtsmarkt einladen.Das innere Tempo runterfahren, Augen und Ohren und Herz und Sinne öffnen und schon wird es anders. Ich kann wahrnehmen, wo ich sonst vorbeigerauscht wäre, kann schmunzeln über Details, die ich sonst nie gesehen hätte, ich kann die Fahrt genießen und in Gedanken meinen Part durchgehen, auf den ich mich vorbereitet habe.Zehn Minuten vor Beginn des Termins war ich vor Ort und sogar eine kleine Plauderei mit einem guten Kaffee war noch möglich. Genau so ist eben Advent: das innere Tempo runterfahren, bedenken, worum es eigentlich geht und ausrichten auf Gott, zu dem meine Reise hingeht. Eigentlich nicht so schwer.

Am Sonntag habe ich sie gesehen am Schriftenstand der Kirche: Plakate, Flyer, Lichtertüten, Spendentüten und Gabentüten. Und alle mit derselben Überschrift GLÜCKLICH/T SEIN.Erst habe ich falsch gelesen und hatte an das bekannte Glücklichsein gedacht. Bis ich Glücklicht sein buchstabiert habe. Nach dem großen Erfolg im vergangenen Jahr, als durch diese Aktion hier im Erzbistum Paderborn allein mehr als 100.000 Euro Spenden für das WDR "Weihnachtswunder" zusammengekommen sind, ist es in diesem Jahr wieder im Oktober angelaufen. Und mehr als 127.000 Artikel in den gespendeten Gabentüten haben vielen Menschen in der akuten Not geholfen und Freude verbreitet. Und dann haben wir von jedem der Werbedinge etwas mit nach Hause genommen und werden sie füllen: mit einer Geldspende, mit haltbaren Lebensmitteln für Menschen, die es gerade brauchen. Und die dritte Tüte ist ganz anders. Es ist eine Lichtertüte aus Pergament, die man auseinanderfalten, ein Teelicht reinstellen und sie auf die Fensterbank stellen kann. Weil das bedeuten kann, wer ein Glücklicht ist, kann Licht ins Dunkel der Mitmenschen bringen. Es sind sogar zwei Lichtertüten. So kann man gut eine davon selbst behalten und eine zweite zu jemandem hintragen, dem es gerade nicht so gut geht und dem das berühmte kleine Licht ganz viel Helligkeit und Hoffnung ins Leben bringen kann.Ein Kinderkirchenlied fällt mir dazu auch ein, wo es am Anfang heißt: "Tragt in die Welt nun ein Licht, sagt allen: Fürchtet euch nicht!"Und in die Welt ein Licht tragen tun all die, die eine Hoffnung haben auf einen Gott, der uns nicht verlässt, auf das Geburtstagsfest seines Sohnes Jesus Christus und auf die vielen, viel kleineren Dinge, die von Freude, Geborgenheit, Hilfe und Hoffnung zeugen, die wir im Innern tragen. Und ganz nebenbei neigt sich das Heilige Jahr der Hoffnung dem Ende zu. Wenn in etwas mehr als vier Wochen am 6. Januar 2026 die Heiligen Pforten in Rom und überall in der Welt geschlossen werden, endet sie nicht: die Möglichkeit, mit der eigenen, noch so kleinen Hoffnung ein GLÜCKLICHT für die Welt zu werden.

In der vergangenen Woche habe ich viele liebe Genesungswünsche bekommen und mich sehr darüber gefreut. Manchmal sind es die Kleinigkeiten, die einem gut tun und ein Lächeln ins Gesicht zaubern. In einem Brief war ein Kärtchen mit einem Psalmvers, ein weiteres mit einem Segenswunsch als Handyscan und dann noch ein drittes. Auf der Vorderseite ein paar in Folie verpackte Plastikweihnachtsmänner mit der Überschrift: "Jesus, der Weihnachtsmuffel". Und auf der Rückseite dann: "Er machte keinen Bohei um seinen Geburtstag, verlor nirgends ein Wort über Tannenbäume. Und beschenkt lieber täglich als alljährlich." Und daneben etwas kleiner gedruckt eine Bibelstelle, die mich jetzt aber echt neugierig gemacht hat: Matthäus 6, Vers 33. Da steht: "Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, dann wird euch alles andere gegeben werden." Ja, okay. Aber was bedeutet das dann?Spannend ist das, was in den Versen davorsteht: Es geht um all die so alltäglichen Sorgen um Essen und Trinken und Kleidung und Wohnung und Heizung und was wir alle so brauchen. Wenn die Sorge darum uns völlig besetzt, dann sind wir wie die Heiden, wie es hier auch heißt. Wir Christen sollen uns um all das sorgen und kümmern, was die Sorge Gottes ist: um unsere Nächsten und um gerechte Verhältnisse in unserem Umfeld, um Sorge füreinander und nicht ums Kreisen um uns selbst.Den Bohei um den Geburtstag Jesu kann ich aber nutzen, so wie es so viele Menschen hier im Land tun: Sie stellen sich auf Weihnachtsmärkte und verkaufen liebevolle Gaben, um Geld für Bedürftige zu sammeln, singen und spielen auf Adventskonzerten, um Menschen eine Freude zu machen und Geborgenheit und Vorfreude zu schenken und noch Vieles mehr.Da bekommt man Lust, oder?

Am ersten Adventswochenende hatten wir zwölf Mädchen zwischen 12 und 16 Jahren zu Gast im Mutterhaus; zum Klostergucken und ein bisschen mehr über Ordensleben und die Schwestern zu erfahren. Es ging ums Singen und Beten und Basteln, mit den Schwestern frühstücken und in den Advent staraten. Am Samstagnachmittag haben wir zusammen einen Film angeschaut, der die biblische Geschichte rund um das Weihnachtsgeschehen aus Sicht von Josef und Maria von Nazareth sehr anschaulich gemacht hat. Die Mädchen waren total überrascht und zum Teil auch erschrocken von der ziemlich rauen Realität dieser Zeit; den Kämpfen zwischen den Aufständischen und der römischen Besatzung, der unglaublichen Verwirrung rund um die Volkszählung, der späteren Flucht nach Ägypten und so weiter. Die Mädchen hatten, wie die meisten von uns, eine friedliche und freundliche Vorstellung dieser Zeit und eine süßen Krippen- und Engelsromantik. Und dass Maria so jung war, war ihnen auch nicht bewusst. Und erst mit dem Altersvergleich mit ihnen selbst wurde deutlich, welche Verantwortung Maria und Joseph übernommen hatten und welches Vertrauen sie immer wieder in diesen Gott haben mussten, um all die schrecklichen Geschehnisse zu überstehen und das Kind Jesus zu behüten und zu beschützen. Gottes Sohn ist nicht in eine liebliche und heile Welt gekommen, um allen ein schönes Fest zu bereiten. Er ist heruntergekommen in Krieg und Krise und Chaos, um mit seinen Menschen durch all diese Dinge hindurch zu gehen und bei ihnen zu bleiben und zu zeigen, dass Gott sie nicht verlässt. Und wenn wir heute an Maria denken, die schon von ihrer Zeugung an von Gott zu dieser Aufgabe ausgewählt worden ist, dann denken wir vielleicht nicht mehr nur an eine schöne junge Frau in weißem Gewand mit blauem Schleier, Rosenkranz und geneigtem Kopf. Sondern an eine Frau, die sehr bewusst ihren Auftrag angenommen hat und mit Energie und Liebe alles erfüllt hat, was ihr jeden Tag an Aufgaben gestellt worden sind.

Seit vielen Jahren beten wir hier im Domradio gemeinsam den Morgenimpuls. In dieser ersten Adventswoche muss ich wegen einer Fuß-OP eine Pause machen. Deswegen gibt es in der ersten Adventswoche Wiederholungen aus den vergangenen Jahren. Ich freue mich, wenn wir nächste Woche dann wieder gemeinsam beten können:Vom 12. Dezember 2023:Im thüringischen Eichsfeld, wo ich geboren und aufgewachsen bin, gibt es viele Wallfahrtsorte und die meisten sind Marienwallfahrtsorte. Der bekannteste ist sicher Etzelsbach geworden, weil Papst Benedikt dort 2011 mit 90 000 Eichsfeldern eine Vesper gebetet hat. Eines der Wallfahrtslieder zur Gottesmutter ist das berühmte "Maria, durch ein Dornwald ging“ das aus dem Eichsfeld stammt. Ich kenne es von Kindheit an und mochte es wegen der schönen Melodie aber auch wegen des etwas geheimnisvollen Textes.Es wird die Szene besungen, dass sich Maria aufmacht, um ihre verwandte Elisabeth zu besuchen, die etwa 100 km entfernt im Bergland von Judäa wohnt und ebenso schwanger ist. Für eine 14-jährige Frau ist dieser Weg voller Dornen und Gefahren. Aber ihre gesamte Situation ist mehr als mühsam: seit der Verkündigung durch den Engel hat sie ihr Leben Gott anvertraut, sie trägt den Sohn Gottes und kann es ihren Mitmenschen und ihrem Umfeld kaum vermitteln, Josef, ihr Verlobter weiß noch von nichts, die Eltern sind entsetzt und die Nachbarn tuscheln, die Freundinnen wissen genau, dass das schiefgehen wird, wenn das bekannt wird… und so weiter.Aber etwas ist anders: sie geht den Weg nicht allein. Sie geht ihn mit dem, dem sie Mutter werden wird. Und in diesem Glauben und ziemlich grenzenlosen Vertrauen tragen sogar die Dornen am Ende Rosen. Die Dornen sind nicht weg, sie sind weiterhin lästig und stachelig und gefährlich. Aber sie tragen die Rosen des tiefen Gottvertrauens und den Duft einer großen göttlichen Liebe.Viele Menschen haben im Moment unter sehr vielen Dornen und Stacheln zu leiden. Unter Kriegen und Vertreibungen, unter Krankheiten und Schwächen, unter Existenzängsten und negativen Vorahnungen, unter Geldknappheit und Angst um den Arbeitsplatz. Erbitten wir Gottes Schutz und Geleit durch diese gefahrvollen Zeiten und gib uns eine Ahnung von diesem GOTT MIT UNS SEIN.

Seit vielen Jahren beten wir hier im Domradio gemeinsam den Morgenimpuls. In dieser ersten Adventswoche muss ich wegen einer Fuß-OP eine Pause machen. Deswegen gibt es in der ersten Adventswoche Wiederholungen aus den vergangenen Jahren. Ich freue mich, wenn wir nächste Woche dann wieder gemeinsam beten können:Vom 18. Dezember 2024:In vielen Kirchen gibt es noch die Feier der Roratemessen. Sie heißen bei den Gläubigen so, weil der uralte Text aus dem Buch Jesaja genommen wurde, in dem die tiefe Sehnsucht der Menschen nach Heil und Erlösung beschrieben wird. Im Lauf der Jahrhunderte ist dieser Text gerade im Advent vielfach gesungen worden und wird – eingebettet in eine stimmungsvolle Liturgie mit vielen Kerzen in einer dunklen Kirche – zu einem ahnungsvollen, stillen Hören. Der Rorategesang, der dort gesungen wird, packt mich immer neu. Darin heißt es in der vierten Sequenz: "Tröste Dich, tröste Dich, Volk meiner Gnade. Denn nahe ist Deine Rettung. Warum verzehrst Du dich in Trauer, da dich Dein Schmerz erneuert. Heil schenk ich Dir. Fürchte Dich nicht mehr. Denn ich bin der Herr Dein Gott und König. Der heilige Israels und Dein Erlöser."Der Ruf nach Erlösung und einem starken Erlöser, geht durch die Menschheitsgeschichte bis heute. Die Suche nach dem starken Mann mit den einfachen Lösungen und dem simplen Schwarz-Weiß-Denken kommt in allen Generationen bis in unsere Tage wieder hoch. Die Maos, Stalins, Hitlers, Jipings früherer und heutiger Tage wurden mächtig, weil sie den Massen suggeriert haben, dass sie die Lösung aller Probleme und Fragen parat haben und man ihnen nur die Macht in die Hand geben soll. In diesem Lied aber ist von Trost die Rede, nicht von billiger Vertröstung. Wirklicher Trost bietet die Zusicherung, mit mir durch dieses Leid, diese Katastrophe zu gehen. Mich darin nicht zu verlassen und mich stattdessen an die Hand zu nehmen und mir zu helfen, damit wir das das gemeinsam schaffen. In der Ankündigung, dass Rettung nahe ist, werden innere und äußere Kräfte freigesetzt, die mir helfen durchzuhalten und die Hoffnung, dass es gut ausgeht, nicht zu verlieren. "Tröste Dich, tröste Dich, Volk meiner Gnade. Denn nahe ist Deine Rettung" ist ein machtvollerer Trost als ein "das wird schon wieder, du wirst sehen"

Seit vielen Jahren beten wir hier im Domradio gemeinsam den Morgenimpuls. In dieser ersten Adventswoche muss ich wegen einer Fuß-OP eine Pause machen. Deswegen gibt es in der ersten Adventswoche Wiederholungen aus den vergangenen Jahren. Ich freue mich, wenn wir nächste Woche dann wieder gemeinsam beten können.Vom 12. Dezember 2022:Nein, ich gehe prinzipiell nicht auf Weihnachtsfeiern vor Weihnachten. Ich gehe ja auch nicht auf Neujahrsempfänge im Dezember. Eine Zeit ist Advent, eine Zeit ist die Weihnachtszeit, eine Zeit ist die Sommerzeit und so weiter.Die Tendenz, alles in die Zeit vor Weihnachten zu packen kann ich gut verstehen. Das ging dieses Jahr sogar so weit, dass Mitte November eine Weihnachtsfeier angesetzt war, weil sonst keine Zeit mehr gewesen wäre. Man möchte mit den Kolleg*innen, den Gruppen und Kreisen, in denen man sich bewegt, zusammen dieses tolle Fest feiern. Und nach Weihnachten sind halt Ferien und dann ist die Weihnachtszeit längst vorbei.Bei einer befreundeten Familie war ich dieser Tage und die Wohnung war wunderschön geschmückt und der Weihnachtsbaum aufgestellt und er blinkte und funkelte in aller Pracht. Und sie waren ganz erstaunt zu hören, dass wir den Advent mit gerade mal vier Kerzen immer heller werden lassen und erst am 23.12. den Baum aufstellen und am 24.12. die Krippe. Und dann bemerkte der kleine Sohn: "Aber Weihnachten ist doch ein schönes Haus für alle und immer" Ja, er hat recht. Weihnachten ist ein schönes Haus, dass uns göttliche Geborgenheit schenkt und das Beispiel der Familie von Jesus, die in allen Höhen und Tiefen der nächsten Jahre zusammensteht, Freude und Leid miteinander trägt und im Vertrauen auf den himmlischen Vater und seine Führung durchs Leben geht.Und wenn wir dann die nicht vergessen, die genau wie die Familie von Jesus fliehen müssen, bedrängt und verfolgt werden, im Winter der Gesellschaft und des Miteinanders leben müssen, und ihnen Geborgenheit, Wärme und Heimat zu geben versuchen, dann ist es gut."Kündet allen in der Not: Fasset Mut und habt Vertrauen. Bald wir kommen unser Gott; herrlich werdet ihr ihn schauen. Allen Menschen wird zuteil Gottes Heil." – Gottes Kommen kündet sich an und macht uns stark darin, denen, die in Not sind, vom Kommen des heilbringenden Gottes zu künden. Und das geht wahrscheinlich auch auf Weihnachtsfeiern vorher.

Seit vielen Jahren beten wir hier im Domradio gemeinsam den Morgenimpuls. In dieser ersten Adventswoche muss ich wegen einer Fuß-OP eine Pause machen. Deswegen gibt es in der ersten Adventswoche Wiederholungen aus den vergangenen Jahren. Ich freue mich, wenn wir nächste Woche dann wieder gemeinsam beten können:Vom 2. Dezember 2022:Vom ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt gibt es die Aussage: "Wer Visionen hat, der soll zum Arzt gehen!"Hintergrund war eine Anfrage, welche Vision er für die nächsten Jahre in der Politik habe.Eigentlich war klar, was gemeint war: wo soll es hingehen in unserem Land, was wollen wir erreichen, was soll anders, bestenfalls besser werden, wer braucht mehr Unterstützung und was können wir endlich mal sein lassen.Wie ist das denn mit Ihren Visionen für heute früh? Was erwarten Sie an Ihrem Tag, an Ihrer Arbeit, in Ihrer Familie? Wohin soll sie gehen, Ihre Lebensreise?Ach nein, denken Sie vielleicht, solche Ideen und Pläne hatte ich früher, als ich jung war und meine Sturm- und Drangjahre hatte. Aber heute? Visionen? Hm. Aber, wir sind in der ersten Woche des Advent und diese Zeit ist in den biblischen Texten voller Visionen und tollen Ankündigungen: vom Frieden auf Gottes ganzem heiligen Berg, von den wilden Tieren die miteinander weiden, von den Menschen, die nichts Böses mehr tun, von einem Festmahl für alle Völker mit den feinsten Speisen und edelsten Weinen, von den Tränen die für immer abgewischt werden, vom Tod, der für immer verschlungen ist ins Leben, von der Heilung der Blinden und Lahmen, von der Speisung der tausenden Menschen und von dem Vielen, was übrig bleibt für alle.Und was hat das mit mir zu tun? Eine Antwortidee könnte sein: Jesus kann die vielen Menschen satt machen, nachdem er seine Freunde gefragt hatte: wie viel Brote habt ihr? Und sie geschaut und gegeben hatten, was sie hatten.Visionen können in die Gänge kommen, wenn ich gebe, was ich habe, was ich kann, was meine Talente und Möglichkeiten sind. Also doch nicht mit Visionen zum Arzt, sondern mitten unter die Menschen und in meinen neuen Tag!

Seit vielen Jahren beten wir hier im domradio gemeinsam den Morgenimpuls. In dieser ersten Adventswoche muss ich wegen einer Fuß-OP eine Pause machen. Deswegen gibt es in der ersten Adventswoche Wiederholungen aus den vergangenen Jahren. Ich freue mich, wenn wir nächste Woche dann wieder gemeinsam beten können:Vom 28. November 2022:Von Norbert Copray habe ich eine Adventsvariation gefunden, die mich beeindruckt. Er schreibt:Da kommt ER und ich übersehe ihnDa geht ER auf mich zu und ich bin verschlossen.Da klopft ER bei mir an und ich verschlafe ihn.Da tritt ER bei mir ein und ich bin außer Haus.Da wohnt ER bei mir und ich werfe ihn raus.Da will ER sich mir mitteilen und ich schneide ihm das Wort ab.Da wartet ER auf mich und ich zeige ihm den Rücken.Da lässt ER Geschenke zurück und ich vergrabe sie.Da hat ER unendlich viel Zeit und ich bin nicht zu sprechen.Da bringt ER Ruhe und ich bin zerstreut.Da kommt ER und ich sehe nur mich.Solange ER immer noch kommt, immer wieder kommt, kann ich was ändern!Besser kann man diese Einladung nicht sagen. Advent ist jedes Jahr aufs Neue eine Einladung an uns, neu mit Gott zu beginnen. Ihn nicht übersehen, mich ihm nicht verschließen, sein Kommen nicht verschlafen sondern da sein, ihn nicht aus meinem Leben hinausdrängen sondern die Tür öffnen, ihm nicht das Wort abschneiden sondern zuhören, ihm nicht den Rücken zukehren sondern das Herz, seine Gaben nicht vergraben sondern annehmen und nutzen, nicht in Hektik zu vergehen sondern mich von seiner Ruhe einladen lassen. Und immer neu Hoffen, dass ER unser Gott immer noch kommt und wir etwas ändern können: im Leben, im Glauben und in der Erwartung auf sein Kommen.

Am Sonntag beginnt der Advent, die große Zeit der Erwartung auf das kommende Heil für uns Menschen. In einem Lied, das wir schon angeschaut haben heißt es: "Mache Dich auf und werde Licht“ und eigentlich reizt das "Mache Dich auf“ zum Losgehen und Tun. Das ist nicht falsch, aber viele können das nicht, weil sie älter oder alt sind, oder krank und nicht gut zu Fuß und eher daheimbleiben müssen. Ich gehöre tatsächlich kommende Woche auch dazu. Ein Metallgestänge, dass nach einer Fraktur im Mittelfuß vor einigen Jahren eingebaut worden ist, muss nun, weil es Komplikationen macht, wieder raus. Und dafür nehme ich mir eine Woche Pause. Sie verstehen das sicher, denn Heilung braucht Zeit.Und wenn wir dann den Liedruf von vorhin genauer anschauen, heißt es in der zweiten Zeile: "Denn Dein Licht kommt". Er wird kommen, egal ob wir jung, fit und munter und mobil oder eher mit Malessen und anderen Dingen beschäftigt sind, die uns daheim festhalten.Und wenn wir in den Adventswochen viele der schönen Gesänge anschauen, dann geht es eher darum, dass wir darum bitten, dass ER kommt. Da heißt es: "Komm Du Heiland aller Welt – Herr send herab uns Deinen Sohn – O Heiland reiß die Himmel auf – O komm, o komm Immanuel – Tauet Himmel den Gerechten", und so weiter. Es ist also ein Zweites, was diese Zeit ausmacht: das Erwarten und die Hoffnung, dass Sein Licht wirklich kommt. Im berühmten "Gebet eines Klosters am Rande der Stadt“ von Silja Walter heißt es unter anderem: "Jemand muss zuhause sein, Herr, wenn Du kommst.Jemand muss Dich erwarten, unten am Fluss vor der Stadt.Jemand muss nach Dir Ausschau halten, Tag und Nacht.Wer weiß denn, wann Du kommst? Jemand muss es glauben, zuhause sein um Mitternacht,um Dir das Tor zu öffnen und Dich einzulassen, wo Du immer kommst. Und jemand muss singen, Herr, wenn Du kommst! Das ist unser Dienst: Dich kommen sehen und singen.“Vielleicht wird es ja deshalb ein besonderer Advent für Sie und Euch und mich.Hinweis: In der ersten Aventswoche ab dem 1. Dezember gibt es Wiederholungen der Impulse von Sr. Katharina aus den vergangenen Adventszeiten!

Noch drei Tage altes Kirchenjahr. Viel war in diesem Monat von Tod und Vergehen und Leiden und Sterben die Rede und vom Denken an die Heiligen, die bekannten und unbekannten Toten und die aus der eigenen Familie und dem Bekanntenkreis. Mit Besuchen auf dem Friedhof und dem Aufstellen von Grablichtern und schönen Gestecken und Blumen. Und mir scheint, als sei der heutige Hymnus genau auf dieser Mitte zwischen Totengedenken und Advent. Weil dieser Text sehr stark und sehr eindringlich ist: "Erwartet den Herrn, steht als Knechte bereit an der Tür. Schon jauchzt jeder Stern, seht, er kommt, seht, er kommt, wir sind hier. Komm, Herr Jesus, Maranatha. Entzündet die Lampen, ihr Mägde, erglühet im Geist im Kommen des Ewig-Geliebten, der Kyrios heißt. Komm, Herr Jesus, Maranatha. Du wirfst dein Feuer zur Erde und willst, dass es brennt, und wir sind der Mund, der anbetend dein Kommen bekennt. Komm, Herr Jesus, Maranatha.“Leben wir in der Erwartung des Herrn? Die Christen der ersten Generationen waren in der Naherwartung auf das Kommen Jesu Christi und haben auch so gelebt. Dann wurde irgendwann deutlich, dass es auch länger dauern könnte, weil es so schön heißt: beim Herrn sind tausend Jahre wie ein Tag. Es klingt vielleicht ein bisschen naiv. Aber wenn ich hier abends durchs Städtchen fahre oder gehe und die schöne Straßenbeleuchtung sehe, die hier aus schönen Bögen mit großen Sternen in der Mitte besteht, dann fällt mir genau dieser Hymnus und dieser Vers ein: Schon jauchzt jeder Stern, seht er kommt, seht er kommt, wir sind hier.Lassen wir uns doch von den schönen Weihnachtsbeleuchtungen und Sternen jeder Art anfragen, ob wir in der Erwartung des kommenden Herrn sind, dessen Stern über Bethlehem damals aufgegangen ist und der auch am Ende der Zeit für uns leuchten wird.

Wir sind in den letzten Tagen des alten Kirchenjahres, bevor am Sonntag mit dem 1. Advent wieder ein ganz Neues anfängt.Dieser Kreislauf des Erinnerns an all die Geschehnisse und Taten Gottes mit den Menschen ist schon eine beeindruckende Idee und ein göttliches Spiel. Wir werden wieder ganz neu mitgenommen in ein Jahr, das anders läuft und anders rechnet als das bürgerliche Jahr. Das neue Kirchenjahr beginnt mit großen Vorhersagen und interessanten Träumen, mit einer Geburt im Stall und Anbetung von Königen, aber mit sofortiger Bedrohung und Flucht und Not und Angst.Nein, wir glauben nicht an einen Kuschelgott der lieb und freundlich zu uns ist und unsere Wünsche erfüllt. Wir glauben an einen Gott, der uns die Höhen und Tiefen unseres Lebens nicht abnimmt oder weichspült. Wir glauben an einen Gott, der durch alle unsere Höhen und Tiefen mitgeht und uns nicht verlässt, sogar wenn wir ihn verlassen sollten. Dieses neue Kirchenjahr mit seinem Advent und Weihnachten, seiner Fastenzeit und Ostern, den Pfingstereignissen und den vielen anderen Geschehnissen will uns helfen, den Kontakt nicht zu verlieren zu diesem mitgehenden Gott und zu unserer eigenen, unsterblichen Seele, in der sich Gott verbirgt und immer neu entdeckt werden will.Die vergangene Coronapandemie mit all ihren Bedrohungen und Einschränkungen und die Kriege und Katastrophen der Jetztzeit machen uns ganz neu unsere globale Vernetzung und unsere einsame Zerbrechlichkeit deutlich. Denen die ihren Arbeitsplatz verloren haben, in Kurzarbeit sind und Existenzängste haben, denen die einen lieben Menschen verloren haben und jetzt alles vermissen, was sie sonst mit der wundervollen Weihnachtszeit verbinden, denen, die spüren, dass es doch da mehr geben muss als Geschenkerausch und holde Glückseligkeit, all denen gilt die gleiche Zusage und Aufgabe: "Mache dich auf und werde Licht, denn Dein Licht kommt!"

"Barbara mit dem Turm, Margareta mit dem Wurm, Katharina mit dem Radl sind unsre drei heiligen Madln!"Diesen Spruch fand ich immer witzig und konnte mir damit merken, wer die drei Frauen unter den Vierzehn Nothelfern waren.Unter diesen Vierzehn Nothelfern, die auf vielen Altären in Kirchen dargestellt und auch verehrt werden, ist die Hl. Katharina von Alexandrien, an die wir mit der Kirche heute denken. Sie galt in ihrer Zeit als so gelehrt und klug, dass sie bis heute Patronin der Philosophen und manch anderer Wissenschaften ist. Ob sie wirklich gelebt hat oder ob sie eine Kultfigur ist, an deren Beispiel die Glaubenstreue und das Martyrium vieler Christen deutlich werden sollte, weiß man nicht so genau. Meine Oma Katharina war eine große Verehrerin dieser Heiligen.Aber auch bei meiner Oma wurde deutlich, was es heißt, in schlimmen Zeiten treu zum Glauben und zu Gott zu stehen. Vor den Nazizeiten hatte sie geheiratet und 6 Kinder bekommen. Im Krieg musste sie zusehen, wie sie ihre Kinder zusammenhielt und nicht an die Nazis verlor, was sie auch sehr energisch als ihre Aufgabe gesehen hat. Ihr Mann war als Lokführer unentwegt unterwegs und in den Kriegsjahren an der Front. In den Jahren des Sozialismus nach dem Krieg, in der Sperrzone zur Westgrenze, in der sie leben musste, mit all den Einschränkungen, die den Katholiken in der DDR auferlegt wurde: sie ist unerschütterlich gläubig und fromm geblieben. Immer den Rosenkranz in der Schürzentasche hat sie nicht viel Aufhebens um ihren Glauben gemacht. Sie hatte beide Beine standfest auf der Erde, tatkräftige Arme bei allen, die ihre Hilfe gebraucht haben und das Herz beim lieben Gott, wie sie ihn genannt hat. Zwei Kinder sind vor ihr gestorben und ihren Mann, der sehr cholerisch war, hat sie bei seiner Krebserkrankung in Geduld bis zum Ende gepflegt. Sie ist für mich eine der modernen Heiligen Katharinas, die es zu allen Zeiten gegeben hat und die uns, die wir in ruhigeren Zeiten leben können, immer noch Vorbild sein können.

"No Kings, No Kings – keine Könige" hallte es durch tausende Städte in den USA im Juni und im Oktober dieses Jahres und jeweils mehr als 7 Millionen Menschen haben sich beteiligt. Sie protestieren damit gegen ihren Präsidenten, dem sie vorwerfen, wie ein König zu herrschen und zu regieren. Aber seit den Freiheitskriegen gegen England, hat das Land keine Könige mehr, sondern demokratisch gewählte Präsidenten.Und wir, wir Katholischen weltweit, haben gestern unseren König gefeiert. Christkönig. Paradox – oder? Im Neuen Testament gibt es zwei einprägsame Szenen, die das mit dem König Jesus Christus deutlich beschreiben. Zunächst die großen Worte des Engels bei der Verkündigung an Maria, sie klingen so: "Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben." Also die Ankündigung eines ewigen, machtvollen Königs. Und die zweite Szene ist ganz anders: Da hängt Jesus mit Dornenkrone am Kreuz zwischen zwei Verbrechern. Der Messias, der König der Juden: aus den hohen Titeln sind Spottworte geworden. Die Verbrecher rechts und links sind der verkörperte Hohn auf den Anspruch Jesu. Aber da sagt einer: Herr, denk an mich …! Jesus nimmt das Glaubensbekenntnis des reuigen Verbrechers an und antwortet ihm als König, der wirkliche Macht hat. "Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein."Da ist ein König, der liebt, und so unermesslich liebt, dass er sich dafür seines Lebens berauben lässt. Da ist ein König, der nicht einen Flügel des Weißen Hauses abreißen lässt, um einen riesigen Ballsaal zu bauen, der nicht sein eigenes Volk verspottet und mit Dreck bewirft, da ist ein König, dem es nicht um sich geht – sondern um mich, um uns, um seine Menschen.

Heute begehen wir mit der Kirche einen interessanten Tag. Er heißt "Unsere Liebe Frau in Jerusalem" und hat eine wechselvolle Geschichte: In einem apokryphen, also nicht anerkannten Jakobusevangelium wird erzählt, dass Joachim und Anna ihre Tochter Maria zum Tempel nach Jerusalem bringen, damit sie dort aufwächst und erzogen wird. Später feiert man an dem Tag die Einweihung der Marienkirche in Jerusalem im Jahr 543. Im 8. Jahrhundert in Konstantinopel gefeiert, dauert es bis ins 15. Jahrhundert, bis dieser Tag für die ganze katholische Kirche vorgeschriebener Feiertag wird.Was mich an diesem Tag fasziniert, ist, dass dieses Gedächtnis in ganz vielen Kirchen begangen wird: in der orthodoxen Kirche und der armenischen, in der koptischen Kirche sogar als Fest, in der syrisch-orthodoxen und der maronitischen Kirche. In einem wundervollen alten Hymnus heißt es:"Du große Herrin, schönste Frau, hoch über Sternen steht dein Thron.Du trugst den Schöpfer, der dich schuf, und nährtest ihn an deiner Brust.Was Eva einst verloren sah, gibst du im Sohne reich zurück.Der Himmel öffnet sich in dir; zur Heimkehr steht der Weg uns frei.Du Pforte für den Königssohn, des neuen Lichtes helles Tor,in dir grüßt jauchzend alle Welt das Leben, das du ihr geschenkt.Herr Jesus, dir sei Ruhm und Preis, Gott, den die Jungfrau uns gebar,Lob auch dem Vater und dem Geist durch alle Zeit und Ewigkeit. Amen."Und in diesem Lied wird die Liebe der Menschen zur Mutter Maria deutlich, aber eben auch, dass es um ihren Sohn geht, den sie in die Welt gebracht hat und für den sie ihre Lebenspläne aufgegeben und sich Gott zur Verfügung gestellt hat. Als fromme Powerfrau, die sehr wohl um ihren Platz in der Geschichte Gottes mit den Menschen gewusst hat.

Neulich habe ich mit einer guten Freundin telefoniert. Manchmal reden wir über "Gott und die Welt", manchmal nur über den Alltag. Dieses Mal aber hörte ich schon an ihrer Stimme, dass etwas schwer auf ihr lag. Und dann erzählte sie mir: Ihre Tochter hatte zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit eine Fehlgeburt erlitten. Ein großer Schmerz, eine stille Trauer, die kaum jemand sieht. Und als wäre das nicht genug, musste ihr Schwiegersohn – schon zum zweiten Mal in zwei Wochen – wieder ins Krankenhaus. Ein Bandscheibenvorfall, erneut operiert, wieder Hoffnungen, die sich zerschlagen haben. Und dann sagte sie so passend: Der November gibt sich gerade richtig Mühe bei mir.Ja, dachte ich, das sind diese kleinen Tode, die wir im Leben immer wieder sterben. Es sind nicht nur die großen Abschiede, die uns an den Rand bringen. Auch die enttäuschten Erwartungen, die zerplatzten Wünsche, das Scheitern, die Krankheit – all das fühlt sich manchmal an wie ein "Sterben im Kleinen".Der November eignet sich seltsamerweise, uns auch daran zu erinnern. Er ist der Monat der Verstorbenen, aber er ist auch der Monat, in dem uns bewusst wird, dass wir im Alltag immer wieder loslassen müssen. Wir trauern um Möglichkeiten, die es nicht geben wird. Wir verabschieden uns von Plänen, die nicht aufgehen. Wir tragen Wunden, die nicht sichtbar sind.Und doch bleibt es in diesem Monat nicht beim Tod stehen. Denn mitten hinein in all diese Erfahrungen ruft Jesus uns zu: "Ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Welt." Und: "Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er gestorben ist."Diese Worte tragen nicht nur am Grab. Sie tragen auch an Tagen, an denen wir innerlich müde sind. Sie erinnern uns daran, dass jedes kleine Sterben im Alltag nicht das Ende ist. Dass Gott aus dem, was zerbricht, behutsam wieder Leben wachsen lassen kann. Und dass wir – trotz allem – weitergehen können.Und vielleicht erinnert auch uns dieser November daran, dass Gott uns durch diese kleinen und großen Tode hindurch begleitet – liebevoll, geduldig und verlässlich.

Das Leben der Frau, an die ich heute denke, ist in drei knappen Zahlen einzugrenzen: 4, 14 und 24. Wie das? Mit vier Jahren wird Elisabeth, die ungarische Königstochter, mit vielen Geschenken und Amme und Gespielinnen nach Eisenach auf die Wartburg gebracht; nicht zu ihrem Vergnügen, sondern aus staatspolitischen Gründen. Sie soll den Sohn des damals sehr mächtigen thüringischen Landesfürsten der Ludowinger heiraten und so die Macht beider Seiten stärken und ausweiten. Der ihr zugedachte Herrmann stirbt aber und so heiratet sie mit gerade einmal 14 Jahren den jüngeren Sohn Ludwig. Es ist eine Verbindung, die damals sehr ungewöhnlich war, denn beide waren zusammen aufgewachsen und liebten sich aus ganzem Herzen.Die Verhältnisse auf der Burg, das ausschweifende Leben der Burggrafen und Ihres Gefolges und die Armut der Leibeigenen unterhalb der Burg in Eisenach und den umliegenden Weilern hat die junge Elisabeth schon immer zum Nachdenken gebracht und ihren Zorn erregt und ihre Hilfsbereitschaft. So bringt sie Brot und andere Lebensmittel nach unten zu den Bedürftigen und ihr Ludwig versteht sie und billigt ihr Handeln. Sie bekommt drei Kinder und könnte glücklich sein. Aber ihr geliebter Gatte stirbt auf der Reise zum Kreuzzug und ihr ist sehr schnell bewusst, was das bedeutet. Die restliche Verwandtschaft, denen Elisabeths Handeln und ihre Großzügigkeit schon immer ein Dorn im Auge war, lässt ihr keinen Raum zum Leben.So gibt sie ihre Kinder in Pflege und Obhut, geht nach Marburg auf ihr Witwengut und gründet ein Hospital für die Armen und Kranken. All ihr verbliebenes Geld geht dabei drauf und ihre Lebenskraft. Und so stirbt sie mit gerade einmal 24 Jahren. Zwischen diesen Zahlen 4, 14 und 24 liegen gerade einmal 20 Jahre mit einer Fülle an Leben, Liebe, Temperament, Glaube, Mutterglück, Tragik, Trauer und Engagement für die Mitmenschen. Normalerweise würden wir jetzt reagieren und denken: Oh Gott, wie furchtbar. Aber sie sieht es anders. Sie wird knapp am Ende ihres Lebens zu ihren treuen Gefährtinnen sagen: "Seht, ich habe es euch immer gesagt: Wir müssen die Menschen froh machen."

"Die Oma ist gestorben, die ist jetzt im Himmel!" – Neulich habe ich mitbekommen, wie ein Kindergartenkind von seiner Großmutter erzählt hat. Das Mädchen ist noch zu klein, um wirklich zu verstehen, was passiert ist. Aber sie hat zumindest begriffen: Die Oma ist nicht mehr da. Aber irgendwie schon noch, nämlich im Himmel. Ich fand vor allem die Überzeugung anrührend, mit der das kleine Mädchen gesagt hat: "Die ist jetzt im Himmel!"Aber wie kann man sich den überhaupt vorstellen? Jetzt im November gedenken wir ja besonders der Toten. Und wir hoffen, dass sie nicht völlig weg sind, dass sie noch auf irgendeine Weise fortexistieren. Als gläubige Menschen hoffen wir, dass sie bei Gott sind, in der Vollendung, wie es so schön heißt. An einen Himmel mit Wölkchen, auf denen die Toten wie Engel Harfe spielen, glaubt ja keiner. Aber was ist dann gemeint?In der Offenbarung des Johannes lesen wir: "Gott wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal." Ich finde, so kann man sich den Himmel, das Paradies oder was auch immer nach dem Tod kommen mag, gut vorstellen: Den Tod gibt es nicht mehr, aber auch nicht mehr die Mühsal des Lebens auf Erden. Das, was an Leid geschehen ist, wird in Gott hineingenommen und vollendet.Und noch einen Gedanken finde ich tröstlich: Im Himmel gibt es keine Zeit mehr. Ich hoffe, wir müssen nicht warten, bis alle, die uns lieb und teuer waren, gestorben sind, sondern dass alle da sind, dass wir alle in verwandelter Form bei Gott sind; immer noch als die Personen, die wir waren mit all unseren Schwächen und Fehlern, die wir zu Lebzeiten hatten. Aber Gott heilt uns durch seine Liebe und all das Böse, das wir getan oder erlitten haben, wird so überwunden.Und so hoffe ich, dass das Kind auf jeden Fall Recht hat. Ihre Oma ist im Himmel – und wir, wenn wir gestorben sind, hoffentlich auch! Das sind doch mal Aussichten!

Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts war ich mal in Helfta. Und ich war entsetzt. Ich wusste ja, dass das Kloster im 13. Jahrhundert seine große Blütezeit hatte und das Zuhause der drei großen Mystikerinnen Mechthild von Magdeburg, Mechthild von Hackeborn und Gertrud der Großen war. Dann wurden sie vertrieben und über Jahrhunderte war das Klostergelände landwirtschaftlich genutzt. Aber jetzt, zum Ende der DDR, war es völlig heruntergekommen und sah erbarmungswürdig aus. Aber dann schon 1999 wurde das Kloster Helfta neu besiedelt von Zisterzienserinnen.Die Patronin dieses Klosters ist die Frau, an die wir heute besonders denken: die Heilige Gertrud von Helfta. Ein wunderbares Wort von ihr gefällt mir besonders gut. Sie sagt: Gott ist höher und tiefer als alle Erkenntnis; nur die Liebe erreicht ihn. Das Kloster Helfta wurde 1229 gegründet und bestand gut 300 Jahre. Darin gab es eine hohe Blütezeit, weil die Äbtissin Gertrud von Hackeborn ihren Schwestern ein hohes Maß an Bildung und Ausbildung zukommen ließ. Sie hat großen Wert daraufgelegt, dass Theologie, Naturwissenschaften und Musik gelehrt wurden. Ihr war sehr klar, dass ohne Vernunft auch der Glaube verloren gehen würde und so brachte ihre Klosterschule viele sehr wissenschaftlich und geistlich hochgebildete Frauen hervor, die in ihrer Zeit die Seelsorge im Umfeld und die Bildung und Erziehung geprägt haben.Die jetzigen 8 Zisterzienserinnen leben, beten, schweigen und arbeiten dort und geben Zeugnis für die Größe Gottes. Sie sagen von sich: wir sind katholisch, weiblich, jung und leben dort, wo große Mystikerinnen gewirkt und weibliche Spiritualität ins Wort gefasst haben. Mich beeindruckt immer wieder, dass einzelne Menschen durch ihr Leben, ihren Glauben ihre Art der Gottesbeziehung über Jahrhunderte bekannt waren und es immer neu Nachfolgerinnen und Nachfolger gibt, die sich trauen, wieder neu anzufangen.Wenn wir im Moment so viele Probleme in unserer Kirche haben, tut es schon mal gut, auf die großen Frauen zu schauen, die in ihrer Zeit Vernunft und Glauben verbunden und sehr selbständig ihre großen Klöster geleitet und ganze Glaubensepochen mit ihren Schriften geprägt haben.

Vorgestern wurde in der Nachbarstadt eine neu bezogene Etage in einem Gebäude eingeweiht, in dem Jahrzehntelang die Kreishandwerkerschaft untergebracht war. Nach sehr gelungener Renovierung ist dort der Sozialdienst katholischer Frauen eingezogen und später werden Einrichtungen der Caritas dazukommen. Diese Einweihung hatte zunächst mal so etwas Typisches: viele geladene Gäste aus Politik, Kirche und Gesellschaft aber auch ganz viele Mitarbeitende und viele Vertreter der befreundeten Organisationen aus dem Umfeld. Also gab es zunächst Livemusik und dann die üblichen männlichen Grußworte – obwohl es um den Sozialdienst katholischer Frauen ging, den es dort seit 1913 gibt. Aber mit einem sehr coolen Griff, hat eine Kabarettistin durchs Programm geführt und immer wieder darauf hingewiesen, dass das alles ja Frauen auch können, was man an ihr ja sehen könnte. Viele haben sich über ihre treffenden kleinen freundlichen Nadelstiche amüsiert und oftmals auch geklatscht und es hatte etwas Wärmendes und Familiäres. Für mich war es spannend zu hören, dass in dieser Stelle ganz früher ein Stadttor war, und dort Menschen nur passieren durften, wenn sie entsprechenden Leumund, Urkunden oder auch die notwendigen Taler hatten. Heute ist es nun ein Willkommenstor für Menschen in schwierigen Lebenslagen, die dort Hilfe, Beratung und Begleitung suchen und bekommen. Ob in rechtlichen Betreuungen, Vormundschaften, ambulanten Familienhilfen, Schwangerenberatung, Betreuung junger Geflüchteter und den Pflegekinderdienst. Und die Lesung zur Einweihung konnte nicht treffender gewählt sein. Aus dem Galaterbrief war es die Ermahnung und Aufforderung: Einer trage des Anderen Last. So erfüllt ihr Christi Gebot. Und manchmal wird so sehr deutlich, dass Gott mit seinen Menschen für seine bedürftigen Menschen arbeiten möchte und Professionalität und Verstand dazu gibt, aber fast gleichwertig eben auch Herz und Hand reichen möchte. Seien wir dankbar für die vielen Menschen, die in ihren helfenden und beratenden Berufen den Hilfesuchenden zu Seite stehen und Zukunft möglich machen.

Die meisten von uns mögen den November nicht. In den letzten Wochen war er auch in vielen Gegenden so, wie wir es nicht mögen: nebelig bis zum Mittag, grau, nasskalt und windig und spätestens ab 16.00 Uhr geht es nur noch mit angeschaltetem Licht. Spätestens jetzt wird mir immer deutlich, warum in den Jahrtausenden ohne Elektrizität, die Sehnsucht nach Licht so stark war. Die Entdeckung des Feuers und seine praktikable Nutzung im Leben hat den frühen Menschen schon anfanghaft die Erfüllung ihrer Sehnsucht gebracht. Und dann kommt einer, der tatsächlich von sich sagt: Ich bin das Licht der Welt. Diese Aussage ist reich an Symbolik und weist auf mehrere Ebenen hin. Zum einen ist Licht das Symbol für Wahrheit und Erkenntnis. Im biblischen Zusammenhang steht Licht oft für Wahrheit, Weisheit und das Erkennen des Göttlichen. Wir sagen im Alltagsgebrauch schonmal, dass uns da ein Licht aufgegangen ist und das soll bedeuten, dass ich etwas erkannt oder verstanden habe.Indem Jesus sich als das "Licht der Welt" bezeichnet, betont er, dass er die Wahrheit über Gott offenbart und die Menschen leitet, damit sie in Gottes Licht leben können. Licht ist auch ein Symbol der Hoffnung und des Lebens nach dem Tod. Die Aussage Jesu schenkt Mut und Hoffnung, indem er verkündet, dass er die Kraft hat, sie von Sünde, Leid und Tod zu erlösen. Mit ihm als "Licht" können sie ein Leben voller Frieden und Erfüllung führen. Und wir beten am Sarg oder am Grab eines lieben Menschen: "Und das ewige Licht leuchte ihnen" in der Hoffnung, dass dieses Licht Jesu den Weg leiten wird durch den Tod zum Ewigen Leben, voller Licht und göttlicher Nähe. Und die andere Seite des Lichts ist die Dunkelheit, die oft ein Symbol für Sünde, Verzweiflung und das Böse an sich ist. Jesus, als das Licht der Welt stellt sich gegen diese Dunkelheit und verkündet, dass seine Anwesenheit die Macht hat, das Böse zu überwinden. Sein Evangelium, die gute Nachricht von einem liebenden Vater, und sein Lebensbeispiel wollen uns inspirieren, das Gute zu suchen, im Licht Gottes zu leben und füreinander Licht zu sein. Das Wort von Franziskus, dass es besser ist, ein kleines Licht zu entzünden, statt über die Dunkelheit zu klagen, ist eine schöne Anweisung in diesem trüben November, die Sehnsucht nach dem Licht schon mal in kleine echte Taten umzusetzen.

Seit gestern sind wir im siebzehnten Jahr hier im Konvent San Damiano in Olpe.Die deutsche Provinz hatte beschlossen, dass wir nicht nur im Mutterhaus präsent sein sollten, sondern auch in der Stadt. Da wegen Schwesternmangel die Konvente im Krankenhaus und in der Franziskusschule geschlossen werden mussten, war das eine ziemlich gewagte Angelegenheit. Es mussten Schwestern gesucht und gefragt werden, ob sie sich das vorstellen können, das ausgewählte Haus musste ein bisschen auf Vordermann gebracht werden, dann wurde es schnell und unkompliziert zu einer Übergangsheimat für eine Kinderheimwohngruppe, deren Haus einen schweren Wasserschaden beheben musste und so weiter. Und als wir zum Agathafest 2009 schonmal in kleiner Runde vorgestellt worden waren, habe ich Anwesende gefragt, was sie denn von uns erwarten. Und ich werde den am häufigsten genannten Grund nie vergessen: „Wir möchten, dass Sie da sind“ Da sein als Lebensform ist eigentlich eher kontemplativ, also für Benediktinerinnen und Klarissen und so üblich. Und wenn ich auf die verflossenen 16 Jahre zurückschaue, war es aber tatsächlich ein wichtiger Aspekt unseres Hierseins.Da sein, wenn es an der Haustür klingelt und jemand ein Anliegen hat.Da sein, wenn eine ägyptisch-koptische Familie eine Wohnung für dreieinhalb Jahre braucht.Da sein, wenn für brasilianische oder indische Schwestern ein Leben auf Zeit bei uns notwendig ist. Da sein, wenn Menschen für ein paar Tage einen Tapetenwechsel, Gespräche und Lösungen in Lebensfragen suchen. Da sein, wenn beim lebendigen Adventskalender Verkündigung pur mit Glühwein und Plätzchen gelingt. Da sein, wenn Hilfe beim Martinsfest, bei der Muggelkirmes, beim Lektorendienst, beim Dienst an den älteren Mitschwestern im Altenheim wichtig wird. Da sein, wenn Schulen anfragen, ob man kommen könnte, um sich ausfragen zu lassen. Da sein, wenn die dritte Korporalschaft beim Schützenfest bei uns Aufstellung nimmt und kühles Bier bekommt. Und so weiter und so fort. Da sein, wenn Menschen zum täglichen Stundengebet zu uns kommen. Wir können seit 16 Jahren da sein, weil wir wissen und glauben, dass dieser Gott Jahwe von sich selbst den Menschen gesagt hat: Ich bin der ich bin da!

Es ist leicht und fröhlich und freundlich und stimmungsvoll, einen schönen Martinsabend zu erleben: in die Kirche gehen zur Eröffnung des Martinszuges, dann mit Laternen und Gesang und Feuerwehrmusikzug durchs Städtchen flanieren, am Marktplatz angekommen das Martinsspiel schauen und von der Geschichte beeindruckt sein, Glühwein oder Kinderpunsch trinken und einen Stutenkerl, einen Weckmann, einen Klosmann geschenkt bekommen und erfreut und beschwingt nach Hause gehen. Wir Christen denken heute an einen Mann, der als junger Soldat gemacht hat, was er auf keinen Fall machen durfte. Er hat keinem Befehl gehorcht, sondern seinem Herzen! Wo gibt es denn sowas? Wo kämen wir hin, wenn selbst Befehlen gehorchen nicht mehr funktioniert. Das hätte bei Martin ziemlich ins Auge gehen können. Er hat den einzelnen frierenden Bettler von seinem hohen Ross aus, nicht übersehen, obwohl es viele frierende Bettler in jener Zeit gab, um die sich die Regierung gefälligst hätte kümmern können. Er hat sein Schwert gezückt und den Mantel geteilt, der ihn selbst und das Pferd bedeckt und warmgehalten hat. Der Haken an der Sache: der Mantel und das Schwert und das Pferd gehörte nicht ihm, sondern dem Kaiser und es war bei Strafe verboten etwas, was dem Kaiser gehörte, einfach wegzugeben oder sogar zu zerstören. Und die Legende, die sich im Volk bis heute gehalten hat, sagt, dass in der Nacht darauf, Christus dem Nichtchristen Martin erschienen ist, bekleidet mit dem halben Mantel und dem Dank für das offene Herz und den geteilten Mantel. Sehr viel später kann Martin den Dienst im Gefolge des Kaisers endlich quittieren und Nachfolger dieses Jesus Christus werden, der frierend und bettelnd an den Straßen der Welt sitzt und auf Hilfe wartet. Und er wird ein sehr anderer Christ und Bischof als viele andere vor und nach ihm. Er lebt in einer einfachen Holzhütte am Rand der Stadt und müht sich, durch die Gründung von Kirchen und Klöstern die Christianisierung des Landes zu festigen. Von Sulpitius Severus stammt die Aussage: „Durch Martins Tugenden und sein Glaubensbeispiel ist der Glaube in einem solchen Maß gewachsen, dass es heute keinen Ort gibt, der nicht voll ist von Kirchen und Klöstern.“ Die Glaubenskraft eines einzelnen Menschen kann so groß sein, dass sie ganze Länder und Generationen begeistert und zum Glauben bewegt.

In unserer Ordensgemeinschaft ist es üblich, dass wir uns auch über Länder und Kontinente hinweg gegenseitig über besondere Ereignisse informieren. Und so erreichen uns auch die Informationen über den Tod von Mitschwestern. Diese sogenannten Totenbriefe habe ich sortiert, um sie abzuheften. Und da bin ich beim Überfliegen und Lesen bei einem dieser Briefe hängen geblieben.Er erzählt von einer Schwester, die mit acht Geschwistern aufgewachsen ist. Das ist im Amerika der damaligen Zeit nicht so ungewöhnlich. Aber es gibt ein paar Dinge in ihrem Lebenslauf, die doch sehr ungewöhnlich sind. Sie ist 1917 geboren, also während des Ersten Weltkrieges. Irgendwann hat ihre Mutter sie dann gefragt, ob sie nicht Ordensfrau werden will. Sie schreibt dazu: "Das war ein so plötzliches Klopfen an meine innere Tür. Ich war noch nicht bereit, darauf zu antworten. Aber ich dachte immer wieder darüber nach." Mit 17 Jahren hatte sie dann die Antwort für sich und ihr Leben gefunden und ist 1934 in unsere Gemeinschaft eingetreten. Das war die Zeit der großen Wirtschaftskrisen und in Europa begann der Nationalsozialismus sein Unwesen zu treiben. In ihrem Lebenslauf hieß das anders: Sie diente in vielfachen häuslichen Diensten den Mitschwestern in Logansport, Lafayette, Dunnington, Indianapolis und LaPorte, in Nebraska, Kansas, New Mexico und Colorado.1941, also mitten im Zweiten Weltkrieg, legte sie die Ewigen Gelübde ab, um Gott und den Menschen mit ihrem ganzen Leben zu dienen. Dann kommt die Kubakrise, die Mondlandung, die Kennedymorde und und und. Ein unglaublich bewegtes Jahrhundert. Und sie mittendrin und doch so anders. Die Schwestern schreiben, dass es sie immer hingezogen hat zum Dienst an den Armen. Sie hatte ein weites franziskanisches Herz, ein gütiges, liebenswürdiges und frohes Gemüt mit einem wunderbaren Sinn für Humor. 2017 hat sie ihren 100. Geburtstag gefeiert und 2019 feierte sie mit ihren Mitschwestern ihr 85 Jähriges Ordensjubiläum.Ein unglaubliches Leben in einer unglaublichen Zeit und ausgelöst mit einer einzigen Frage Ihrer Mutter: "Willst Du vielleicht Ordensfrau werden?" Die Mutter hat gespürt, dass ihre Tochter zu einem solchen Leben geeignet wäre und hat sich getraut, diese Frage zu stellen.

Die letzten Tage waren so schön sonnig und warm und hell und jeder spürt es, dass es uns damit so sehr viel besser geht. Nach all den grauen Regentagen in den letzten Wochen, die gefühlt schon ewig dauern, ist das herrlich und wir merken, wie gut es uns damit an Leib und Seele geht. Im Fernsehen, immer kurz vor den Nachrichten, gibt es einen sehr netten Werbeclip für Vitamin D. Ringsum läuft alles irgendwie in grau und dunkel und dann kommt eine populäre Frau in knallgelber Jacke und erzählt von den Vorteilen von Vitamin D: für Knochen und Zähne, für die Stärkung des Immunsystems, für die bessere Muskelaktivität und für eine bessere Stimmung. Und jeder von uns weiß, dass Vitamin D von der Sonneneinstrahlung im Körper gebildet wird. Es gibt eine Bedingung: Wir müssen uns schon bewegen und rausgehen und die Sonne an uns ranlassen.Mein Vitamin D für mein Leben als Christin ist das Leben in der Gegenwart Christi – oder anders gesagt: mein Vitamin D ist mein Glaube an das "Du-Christus", "Du-Gott". Und es gibt auch hier eine Bedingung: Ich muss mich zu ihm hinbewegen; zu ihm, der in meiner Seele präsent ist, zu ihm, dem ich in der Schöpfung so unbeschreiblich wunderbar begegne, zu ihm, der mir in jedem Menschen entgegenkommt. Und ich muss darin nicht perfekt und stark und immer gleich sein, sondern so, wie ich im Moment bin: so stark, so schwach, so genervt oder geliebt, gelangweilt oder fit und vital. Ich kann mich meinem "Du-Christus" nähern oder auch andersherum: ihn zu mir kommen lassen, so wie es gerade ist.Im 2. Korintherbrief heißt es heute dazu sehr passend: "Ich will mich meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt." Er kann und will meine Kraft, meine Zuversicht, meine Hoffnung, mein Stern, auf den ich schaue, mein Vitamin D, das mir Power und Geduld gibt oder das, was ich im Moment brauche, wirklich sein. Ich wünsche Ihnen also für heute und für das anstehende Wochenende und vielleicht für immer das etwas andere Vitamin D, nämlich das "Du-Christus".

Ich bin immer wieder fasziniert, wie frisch und fröhlich und munter am ganz frühen Morgen schon die Radiomoderatoren sind. Sie quasseln fröhlich drauf los und können schon so früh witzige Sachen erzählen. Wie ist es mit Ihnen? Sind Sie schon wach? Oder sogar schon munter? Oder bereit Gott zu loben?Ich liebe zu den Laudes, wenn ich noch nicht so richtig munter und wach bin, wenn mir noch manches Dunkle durch den Kopf rauscht, den Psalm 108. Darin heißt es so wunderbar: "Mein Herz ist bereit, o Gott, mein Herz ist bereit, ich will dir singen und spielen. Wach auf, meine Seele! Wacht auf, Harfe und Saitenspiel! Ich will das Morgenrot wecken. Ich will dich vor den Völkern preisen, Herr, dir vor den Nationen lobsingen. Denn deine Güte reicht, soweit der Himmel ist, deine Treue, soweit die Wolken ziehn. Erheb dich über die Himmel, o Gott! Deine Herrlichkeit erscheine über der ganzen Erde. Hilf mit deiner Rechten, erhöre uns, damit die gerettet werden, die du so sehr liebst. Mit Gott werden wir Großes vollbringen; er selbst wird unsere Feinde zertreten. Mein Herz ist bereit, o Gott. Ich will dir singen und spielen."Ein bisschen sind diese Verse aus dem Psalm wie ein Triumphgesang. Der Beter des Psalms vertraut sich Gott an mit Herz und Seele und ist überzeugt, dass dieser Gott ihn aus allem Übel retten wird. Aber zunächst singt und preist er Gott und sagt zu seiner Seele, dass sie aufwachen soll, dass sie Gott vor den Nationen loben soll. Meinen Tag damit beginnen, Gott zu loben, mich jeden Morgen vergewissern, dass dieser Gott mich hören und begleiten wird, tut mir gut und dann auch allen, denen ich begegne und die mit mir zuhause, an der Arbeit und unterwegs zu tun haben werden.Also "Wach auf, meine Seele, mein Herz ist bereit, ich will Dir Gott singen und spielen".

In den letzten Tagen um Allerheiligen und Allerseelen herum haben wir uns im Konvent auch über Traditionen dieser Feiertage unterhalten; über die zu schmückenden Gräber, den Grabschmuck und die Grablichter, die heute meist rot oder weiß sind. Zu DDR-Zeiten gab es so bechergroße farbige durchsichtige Hüllen, die man über die Kerzen gestülpt hat und wo dann abends der Friedhof ein herrlich bunt leuchtendes Lichtermeer war und dass sich Familien und Freunde an den Gräbern getroffen haben, um zu plaudern und auf die Segnung zu warten. Auf unserem Friedhof hier in Olpe sind auch viele hundert Schwestern begraben und es ist eine wirklich schöne Übung, an den Gräbern entlangzugehen und sich darüber auszutauschen, was man über die einzelnen Schwestern noch weiß oder was uns so überliefert worden ist.Unsere indische Mitschwester kannte diese Tradition im November gar nicht und wir haben sie gefragt, wie das denn bei ihnen so gemacht wird. Und sie hat erzählt, dass in Kerala die Christen am Sonntag nach Ostern auf die Friedhöfe gehen. Und beim Erzählen ist mir so rausgerutscht: "Ach so, um zu gucken, ob alle noch in den Gräbern sind." Wir haben so herrlich gelacht und konnten uns überhaupt nicht mehr einkriegen vor Lachen. Die Idee, am zweiten Ostersonntag, also nach dem Fest der Auferstehung, zu den Friedhöfen zu gehen war mir so einleuchtend und klar, dass es gar keine Überlegung brauchte, damit mir das so rausrutschen konnte.Und dann gab es ein wunderschönes Gespräch über den Auferstehungsglauben und darüber, "wes das Herz voll ist, darüber spricht der Mund". Und wenn klar ist, dass mit dem Gedenken an die Verstorbenen auch die selbstverständliche Hoffnung auf die Auferstehung verbunden ist, ist herzliches Lachen und Vergnügtsein eine richtig gute Reaktion.

Mark Zuckerberg hat vor einigen Jahren Facebook zur Metaverse-Company umgebaut, damit wir in Zukunft keine langweiligen Zoom-Meetings mehr führen müssen, sondern als Hologramme beim Kollegen auf der Couch sitzen und Geld mit dem Traden und Designen virtueller Fashion verdienen können. Das Metaverse soll nicht nur die Zukunft von Facebook sichern, sondern Millionen von Jobs kreieren.Falls Sie jetzt nur Bahnhof verstanden haben, ist das normal, weil nicht so viele Menschen immer aktuell auf dem Laufenden sind, was in High-Tech-Medien gerade angesagt ist. Es geht um die bessere Möglichkeit miteinander zu kommunizieren mit noch mehr Möglichkeiten einander nahe zu sein. Wenn man bedenkt, dass Mark Zuckerberg Facebook erfunden hat, weil er eine Möglichkeit gesucht hat mit Mädchen in Kontakt zu treten, weil er in live, in echt und in Farbe einfach zu schüchtern war, um das zu tun. Und wenn man bedenkt, was daraus geworden ist, positiv gesagt: eine weltweite Möglichkeit, mit Menschen und Ideen und Bildern und Musik, mit Produktion und Produkten um zu gehen und eine neue Nähe zu schaffen.Wenn man bedenkt, dass mehr als 3,8 Milliarden Menschen weltweit diese Möglichkeit nutzen, wird einem plötzlich klar, welche positiven und auch negativen Möglichkeiten sich hier bieten, Produkte und Botschaften zu verbreiten. Es ist dann leider auch ziemlich einfach, vom Sessel aus Hasstiraden und Hetze zu lesen, gelangweilt oder angewidert weiter zu scrollen oder sogar zu liken und weiter zu verbreiten. Aber damit ist Böses gesät in die Welt und auch in uns selbst.In einem Brief des heiligen Karl Borromäus, des heutigen Tagesheiligen, habe ich ein bemerkenswertes Zitat aus der Mitte des 16. Jahrhunderts gelesen. Er schreibt in einem Brief: "Wie sorgfältig und eifrig sind doch die Menschen darauf bedacht, ansteckenden Krankheiten zu entgehen, damit nicht alle davon angesteckt werden. … Aber wie träge sind die Menschen, um der Ansteckung ihrer Seelen zu entgehen!"Das, was unsere Seele, unser Herz unser Denken leiten, anstecken soll, müssen wir jeden Tag selbst entscheiden. Meide das Böse und tue das Gute, suche den Frieden und jage ihm nach gilt immer: live, in echt, real und in Farbe und in den virtuellen Medien.

- Wahlen in den Niederlanden mit überraschend guten Nachrichten gegen rechts- Merz' Besuch in der Türkei mit mehr Dialog statt Konfrontation- Wiederaufnahme der Atomtests in den USA- Trump mit Xi Jinping, Trump in Japan, in Südkorea- immer mehr Farmer in den USA gehen Pleite- in Brasilien eskaliert der Kampf gegen Drogenbanden mit vielen unbeteiligten Opfern- verheerende Folgen des Wirbelsturms Melissa in Jamaika und auf Kuba- wieder Angriffe in Gaza – aber der Waffenstillstand hält- weitere Beteiligte des Diebstahls im Louvre festgenommen und so weiter und so fort. Wer will, kann den ganzen Tag solche Nachrichten sehen und hören und lesen.Da gibt es aber auch ein Gegengewicht. In der kurzen Lesung für heute steht im Jakobusbrief: "Redet und handelt wie Menschen, die nach dem Gesetz der Freiheit gerichtet werden! Denn das Gericht ist erbarmungslos gegen den, der kein Erbarmen gezeigt hat. Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht."Das klingt zunächst weltfremd. Aber im Vergleich mit den Nachrichten aus unseren letzten Tagen bekommt das einen ganz neuen Touch: Es ist nicht weltfremd, aus einer Verantwortung für eine gute Zukunft nicht Hass und Hetze zu wählen. Es ist nicht weltfremd, sich gegen immer mehr atomares Wettrüsten und Testen zu entscheiden. Es ist nicht weltfremd, sich um in Not geratene Mitmenschen weltweit zu mühen. Es ist nicht weltfremd, dialogbereit zu sein und trotzdem für Menschenrechte einzutreten und so weiter und so fort. Und der letzte Satz im Text ist der Knaller: "Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht." Das werden die Herren Trump und Putin und Xi Jinping und Lula und Erdogan sehr anders sehen. Ich aber nicht. Und viele andere auch nicht. Auch wenn es nach der Lage der Dinge weltweit so scheinen mag.

Heute Abend ist "All Hallows Eve" der Abend vor dem Allerheiligenfest. Und ein paar Mädchen, mit denen wir gebastelt haben finden daran toll, dass man sich so schön gruseln kann. Also das Unbekannte, Fremde, Unheimliche, chaotisch Angstmachende wird gefeiert. In den Laudes des Stundenbuches gibt es einen Hymnus, der sich genau damit befasst: "Nacht und Gewölk und Finsternis, verworrnes Chaos dieser Welt, entweicht und flieht! Das Licht erscheint, der Tag erhebt sich: Christus naht."Dieser Vers gibt so quasi den Befehl, dass das Chaos dieser Welt zu verschwinden hat, weil der Tag sich aus dem Schlaf erhebt und Christus kommt. Viele von uns haben den Eindruck, dass sie das verworrene Chaos, das in der Welt ist, nicht mehr entwirren können."Jäh reißt der Erde Dunkel auf, durchstoßen von der Sonne Strahl, der Farben Fülle kehr zurück, im hellen Glanz des Taggestirns. So soll, was in uns dunkel ist, was schwer uns auf dem Herzen liegt, aufbrechen unter deinem Licht und Dir sich öffnen Herr und Gott"So wie die Sonne mit der Dunkelheit Schluss macht und die Farben und der Glanz so manchen Morgen so richtig strahlen lassen, so könnten wir alles was uns bedrückt, den Tag schwer macht und lästig wird, vertrauensvoll Gott hinhalten und von ihm aufbrechen und uns Lösungen finden lassen."Blick tief in unser Herz hinein, sieh unser ganzes Leben an: Noch manches Arge liegt in uns, was nur Dein Licht erhellen kann. Dir Christus, guter Herr und Gott, dem ewgen Vater der uns liebt, dem Heilgen Geist, der bei uns ist, sei Lob und Dank in Ewigkeit. Amen"Jede und jeder von uns hat so seine dunklen Geheimnisse, seine Leichen im Keller, wie man so sagt, und trotzdem gibt dieser Vers den Tipp, auch diese Dinge unter dem Licht Gott anzuschauen und an den Tag zu bringen. Und in allem verworrenen Chaos innen und außen, in aller Problematik unseres Lebens und dieses Tages, kann ich Gott loben und danken, weil er der gute Vater ist der uns liebt und den Heiligen Geist, der bei uns ist.

Es ist usselig draußen, windig und regnerisch und schon viel zu dunkel und und und.Tja, Herbst halt. Er kann sonnig und heiter und herrlich bunt und strahlend und eben auch dunkel, kalt und nass sein. Aber wenn ich die Bilder und Videos und Nachrichten sehe und höre, die die Folgen des ersten großen Taifuns über Jamaika und Kuba anrichten und schon angerichtet haben; mit Überschwemmungen, demolierten Häusern und Stromleitungen, mit völlig kaputter Infrastruktur und verzweifelten Opfern, dann scheint mir mein Klagen über unseren Herbst doch sehr klein und sehr relativ.Das ist ja so und wir ertappen uns dabei, in unserem Kleinkram hängen zu bleiben und gar nicht mehr mit zu bekommen, wo wirklich Not herrscht und wie klein unsere Sorgen dagegen sind. Und dann kommt eine junge Frau und holt die kleinen bunten Kinderschals ab, die für Kinderweihnachtspäckchen gebraucht werden und mit Liebe gestrickt worden sind von einer Gruppe älterer Damen, die genau das tun: gegen den kleinen eigenen Frust und für alle, die Hilfe und Zuwendung brauchen. Und sie treffen sich wöchentlich und plaudern und stricken und trotzen dem Herbstblues. Dann kommt die Frage auf, wer denn für den Basar vor dem Advent etwas kochen, backen, handarbeiten und zur Verfügung stellen kann, damit es ein gutes Ergebnis für das benachbarte Hospiz wird. Dann werden Listen herumgeschickt, die für den lebendigen Adventskalender hier in der Stadt Termine vergeben, damit der Advent eine Zeit des Wachens und Betens und auch des sinnlichen Erlebens wird. Und da mittendrin in dem Gewusel wird die Klage über den usseligen Herbst ganz klein. Und mir fällt dann dieses Gebet ein, dass Sie vielleicht kennen: "Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun.Er hat keine Füße, nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu führen.Christus hat keine Lippen, nur unsere Lippen, um Menschen von ihm zu erzählen.Er hat keine Hilfe, nur unsere Hilfe, um Menschen an seine Seite zu bringen." Und das geht immer und überall und besonders heute, jetzt.

Im 150. Jubiläumsjahr unserer Ordensgemeinschaft 2013 haben wir alle deutschen Schwestern nach ihren Lieblingsgebeten gefragt. Wir haben sie gesammelt und daraus ein Heft gemacht, das jeder Konvent bekommen hat. Und es gibt Gebete, die sind so schön und passen so gut zur jeweiligen Schwester, dass wir immer neu unsere Freude daran haben. Ein Gebet darin ist schon über 500 Jahre alt. Es stammt von Teresa von Avila und hat so viel Witz und Charme, dass wir es immer wieder vergnügt lesen. Ich will es Ihnen heute früh in den Tag mitgeben und vielleicht hilft es Ihnen, für ein kleines Lächeln in den Tag. Teresa betet also: "Oh Herr, Du weißt besser als ich, dass ich von Tag zu Tag älter und eines Tages alt sein werde. Bewahre mich vor der Einbildung, bei jeder Gelegenheit und zu jedem Thema etwas sagen zu müssen. Erlöse mich von der großen Leidenschaft, die Angelegenheiten anderer ordnen zu wollen. Lehre mich, nachdenklich (aber nicht grüblerisch), hilfreich (aber nicht diktatorisch) zu sein. Bei meiner ungeheuren Ansammlung von Weisheit erscheint es mir ja schade, sie nicht weiterzugeben. Aber Du verstehst - oh Herr - dass ich mir ein paar Freunde erhalten möchte. Bewahre mich vor der Aufzählung endloser Einzelheiten und verleihe mir Schwingen zum Wesentlichen zu gelangen. Lehre mich schweigen über meine Krankheiten und Beschwerden. Sie nehmen zu - und die Lust, sie zu beschreiben wächst von Jahr zu Jahr. Ich wage nicht, die Gabe zu erflehen, mir Krankheitsschilderungen anderer mit Freude anzuhören, aber lehre mich, sie geduldig zu ertragen. Lehre mich die wunderbare Weisheit, dass ich mich irren kann. Erhalte mich so liebenswert wie möglich. Ich möchte kein Heiliger sein, mit ihnen lebt es sich so schwer, aber ein alter Griesgram ist das Krönungswerk des Teufels.

Im Lukasevangelium gibt es eine Stelle, in der erzählt wird, dass Jesus eine ganze Nacht im Gebet verbringt und am nächsten Tag seine Jünger zusammenruft und sich aus ihnen seine 12 engsten Freunde, Berater, Begleiter, Verkünder aussucht. Und diese zwölf könnten unterschiedlicher nicht sein. Allein die beiden, an die heute gedacht wird, Simon und Judas Thaddäus, sind wenig genannt und treten kaum in Erscheinung. Aber sie gehören zu denen, die sich Jesus in einen engsten Kreis geholt hat. Vielleicht wird an ihnen deutlich, dass es nicht um sie gehen soll, sondern um Jesus. Dass nicht die Boten, die Überbringer der Botschaft im Vordergrund stehen sollen, sondern die Botschaft selbst und der, der sie ausgeschickt hat. Ich kennen so viele Menschen, die unglaublich viel Engagement in ganz vielfältigen Dingen in Kirche und Gesellschaft zeigen und vieles Voranbringen, was durch hauptamtliche Kirchenleute immer wieder vertagt und nicht entschieden wird. Und die meisten dieser Engagierten werden von sich echt nicht behaupten, Visionäre zu sein, die an erster Stelle stehen, sondern eher gern an zweiter Stelle, und dann das tun, was andere liegenlassen oder sich nicht anzupacken trauen, weil es heiße Eisen und neue Dinge sind, die sich entwickeln und wo man noch nicht genau weiß, wo es hingehen wird.Aber wahrscheinlich ist das der Punkt: Viele Menschen sind wie Simon und Judas Gesandte ihres Herrn und tun das, was andere ihnen auftragen, was andere liegen lassen, was andere sich nicht trauen. Und dadurch, durch sie, wird das Evangelium verkündet, Jesus und seine Botschaft für die Menschen in den normalen, einfachen Dingen vorangebracht und ohne Gedöns, wie man in Köln sagt, die Kirche aufgebaut.

Mehrmals in der Woche besuche ich unsere alten Schwestern im Altenheim und bin immer wieder begeistert, wie intensiv oft unsere Gespräche sind. Eine unserer dementen Schwestern ist mir dieser Tage fast entgegengerannt, als ich gekommen bin. Also habe ich sie auf meinen Besuchstouren zu den anderen Schwestern mitgenommen. Sie kann kaum noch zusammenhängende Gedanken äußern, aber ihre emotionalen Bewegungen sind ja ungebrochen da und entsprechen auch dem, wie ich sie kenne.Mit einer unserer hochalten Schwestern kam ich also ins Gespräch über die Schwächen unserer Kirche und die vielen Missstände in den Leitungspositionen, die vielfältigen Missbrauchsvergehen und den schlechten Umgang mit den Opfern. Die Mitschwester hat sich sehr ereifert und erzählt, dass sie schon manchmal gebetet hat, der Herr möge doch endlich mal seine ganze Macht und Herrlichkeit zeigen und damit beweisen, dass er da sei und all das Böse, das geschieht, nicht ungestraft geschehen lässt. "Ich würde an Gottes Stelle mal so richtig auf den Tisch hauen, damit es endlich alle begreifen."Ich habe ihr zugehört und zunächst nichts gesagt und dann kam der Satz, den ich von so einer alten Schwester nicht erwartet hätte. Sie sagte: "Aber weißt Du, Gott hat den Menschen bei seiner Erschaffung einen freien Willen gegeben und dieser freie Wille ist diesem Gott so wichtig, dass er niemanden mit Gewalt zwingen wird anders zu handeln. Seine einzige Möglichkeit der Einflussnahme ist, ihm zu zeigen, dass er ihn liebt."Ich war sehr bewegt und berührt und wir haben sehr lange geschwiegen und nachgedacht und wir hatten die demente Schwester, die gemütlich im Sessel saß, fast vergessen. Als ihr das Schweigen wahrscheinlich zu lange gedauert hat, hat sie den Kopf gehoben uns angestrahlt und gesagt: "Genau, lieb haben!"Wir haben gelacht und dann ist mir erst bewusst geworden, was die Konsequenz dieser zwei Worte war: Wenn schon Gott, der Allmächtige, seine Macht nur zeigen kann, in dem er die Menschen liebt mit all ihren guten und bösen Seiten, so können auch wir, die wir uns Christen nennen, gar nicht anders als nur lieb haben. Das ist oft nicht so easy wie es klingt und nicht unbedingt leicht, wenn man um die Schwächen und Bösartigkeiten weiß, aber es gibt keine andere Möglichkeit: nur lieb haben!

Während unserer Pilgerfahrt mit 25 Frauen im September nach Assisi, ist mir diese Frau wieder sehr nahe gekommen und so mag ich gerne nochmal erinnern: Mit 17 haut sie von zuhause ab, weil sie nicht machterhaltend verheiratet werden will. Sie flüchtet zu Brüdern eines neuen Bettelordens, beansprucht Kirchenasyl und klammert sich am Altar fest, als sie mit Gewalt zurückgeholt werden soll. Sie lebt nur ganz kurz bei gut abgesicherten Benediktinerinnen und dann bei Aussteigerinnen, die als Waldschwestern leben. Dann findet sie ihren Ort und immer mehr junge Frauen folgen ihr, sogar ihre leiblichen Schwestern und ihre Mutter.Ein Kardinal hat die Idee, einen neuen weltweiten Klausurorden zu gründen und will diese Gemeinschaft als Prototyp. Aber die junge Frau kommt immer mehr in Konflikt mit der Amtskirche, weil die Ideen dazu zu lasch sind. Ein Papst mischt sich ein und schreibt eine Ordensregel für Frauen. Da wird es der Frau zu bunt. Sie schreibt als erste Frau der Kirchengeschichte eine eigene Ordensregel mit demokratischen Elementen, der Betonung der Eigenverantwortung jeder Schwester und dem besonderen Augenmerk auf dem Privileg der Armut, also dem Privileg ohne Absicherung zu leben. Bei einem Besuch legt sie sich lautstark mit dem Papst an und hat nicht vor nachzugeben. Als ein anderer, späterer Papst den Schwestern jeglichen Kontakt mit den Minderbrüdern verbieten will, tritt sie in den Hungerstreik, bis diese weltfremde Verordnung aufgehoben wird.Mit einer Königstochter in Prag tritt sie in einen angeregten Briefwechsel und die beiden Frauen bestärken sich auf ihrer Suche nach dem Weg der Art, wie sie vor Gott und für die Menschen leben wollen. Bei einem drohenden Überfall einer fremdländischen Armee stellt sie sich ihnen betend mit der Monstranz in den Weg. Das Kloster und die Stadt werden vor der Zerstörung bewahrt. Sie ist die liebevolle Chefin und macht auch jede Drecksarbeit. Aber sie bleibt stur, streng und energisch, wenn es darum geht, die Zukunft ihrer Gemeinschaft zu verwässern oder in seichte Bahnen zu lenken. Zwei Tage vor ihrem Tod gibt der Papst nach und bestätigt ihre Ordensregel mit dem Privileg der Armut.Klara von Assisi, eine Aussteigerin völlig anderer Art mit energischen Zielen und liebevollem Dienst an den Mitmenschen, mit Bereitschaft bis in den Tod zu gehen und unkaputtbarem Gottvertrauen, mit jugendlich-fraulicher Frische und innerer und äußerer Schönheit und einem Leben im Dienst vor Gott und in brennender Liebe zu Christus, die auf dem Sterbebett sagt: "Herr sei gelobt, weil Du mich geschaffen hast." Ein Gebet für Sie und mich für heute über den Tag!

In zwei Monaten und einem Tag ist der Heilige Abend. Und dann ist Weihnachten und wir feiern das unbegreifliche Geheimnis, dass Gott seinen Sohn sendet, um den Menschen deutlich zu machen, dass sie geliebt und erlöst sind. Und Franz von Assisi möchte das noch mehr deutlich machen und nicht nur das Evangelium vom Fest vorlesen und darüber predigen, sondern er möchte es sehen und spüren und erleben. Also bittet er einen Bekannten, ihm in Greccio alles vorzubereiten mit Ochs und Esel und Schafen und den Hirten aus der Umgebung. Und sie singen und beten und hören das wunderbare Evangelium und Franziskus predigt selbst so ergriffen, dass die Leute fast fühlen können, wie das schlafende Kind in der Krippe lebendig wird. Und es ist ein Sinnbild dafür, dass der Glaube an die Gegenwart des neugeborenen Gottessohnes in den Herzen der Menschen wieder erwacht ist.Diese Feier war genau vor 800 Jahren, an Weihnachten 1223 in Greccio, der Einsiedelei im Rietital. Und wie bei jeder Fahrt nach Assisi haben wir auch im September mit den Frauen eine Fahrt dorthin gemacht. Wir haben gehört und geschaut, die alten Texte gelesen und Lieder gesungen, die genau das zum Inhalt haben: "Zu Bethlehem geboren ist uns ein Kindelein" Und es ging nicht um rührseliges Feiern und Erinnern. Es ging um das Erkennen, dass dieser Gott nicht der strenge, strafende Richtergott ist, der hoch oben in der Ferne thront, sondern der liebende Vater, der seinen eigenen Sohn sendet, damit wir wieder klarkriegen, dass wir geliebte Kinder dieses Gottes sind. Und dann haben wir ein Lied gesungen, dass ich gerade erst entdeckt hatte. Es hat auf die Melodie "Großer Gott wir loben Dich" einen ganz anderen Text, den Pfarrer Ueli Greminger geschrieben hat. Da heißt es:"Kleiner Gott, wir lieben dich. Kind, uns rührt das Schwache, Zarte.Wieder zeigt an Weihnacht sich: Weiches bricht das Starke, Harte.Klein fängst du auf Erden an, dass der Mensch dich lieben kann.Gott zeigt sich als Menschenkind, denn wir fürchten seine Größe.Weil wir eingeschüchtert sind, zeigt sich Gott in seiner Blöße.Und er zittert und er friert, dass der Mensch die Angst verliert.Kleiner Gott, dich lieben wir. Klein ist noch dein Reich auf Erden.Schwache Menschen dienen dir, und dein Reich wird grösser werden.Friede sei in diesem Haus und dring in die Welt hinaus."

Gar nicht so selten passiert es mir, dass mich Texte aus der Bibel überraschen. Nicht weil sie so fremd oder völlig entfernt von unserem Denken und Tun sind, sondern so nah dran. Die heutige Lesung ist aus dem Buch Tobit aus dem Alten Testament und wahrscheinlich zwischen dem dritten und zweiten Jahrhundert vor Christus geschrieben worden, also ist es ungefähr 2.200 Jahre alt. Aber wenn ich das lese, scheint es mir aus einer Anweisung für Mitarbeiter zu stammen, die in kirchlichen oder anderen religiösen Unternehmen arbeiten.Da heißt es also: "Was dir selbst verhasst ist, das mute auch einem anderen nicht zu! Gib dem Hungrigen von deinem Brot und dem Nackten von deinen Kleidern. Such nur bei Verständigen Rat; einen brauchbaren Ratschlag verachte nicht! Preise Gott, den Herrn, zu jeder Zeit; bitte ihn, dass dein Weg geradeaus führt und dass alles, was du tust und planst, ein gutes Ende nimmt."Das ist wirklich sehr deutlich. Wenn mir also verhasst ist, Hass und Hetze in den Medien zu lesen, dann schreibe und verbreite ich keinen Hass. Wenn mir Unpünktlichkeit verhasst ist, bin ich selbst immer pünktlich. Wenn mir Lieblosigkeit verhasst ist, bleibe ich selbst liebevoll, auch wenn es mal schwerfällt. Ich merke, dass ich hier unendlich viele Beispiele finde. Sie wahrscheinlich auch. Den Hungrigen zu geben und die Nackten zu bekleiden, scheint mir so selbstverständlich auch heute zu sein, dass ich nur immer mal auch dran denken muss, es ganz praktisch bei den großen Hilfswerken auch zu tun.Und dann dieser sehr weise Rat: "Such nur bei Verständigen Rat; einen brauchbaren Ratschlag verachte nicht!" Sich mit anderen zu wichtigen Fragen auszutauschen, ist nicht so fremd, aber brauchbare Ratschläge auch anzunehmen, fällt vielfach schwer, weil wir oft nicht genau unterscheiden können, was wirklich gute und brauchbare Ratschläge sind. Und da scheint mir der letzte Satz der Schlüssel zu sein: "Preise Gott, den Herrn, zu jeder Zeit; bitte ihn, dass dein Weg geradeaus führt und dass alles, was du tust und planst, ein gutes Ende nimmt."Was ich mit und vor Gott bedenke und überlege, geht über meine eigenen Möglichkeiten hinaus und erweitert Herz und Horizont. Gute Tipps von Tobit also!

Hier in Olpe und Umgebung gibt es ganz viele Frauen mit dem Namen Ursula. Bei unserer Pilgerreise nach Assisi waren allein vier mit diesem Namen dabei. Es gab also eine Zeit, in der dieser Name und die dazugehörige Patronin sehr populär war.Heute ist ihr Fest als Stadtpatronin der Stadt Köln und mit dem Festgottesdienst endet dann die Festwoche zu Ehren der Stadtpatrone Gereon und Ursula. Im Stadtwappen von Köln erinnern bis heute die drei Kronen an die Heiligen drei Könige und die elf schwarzen Flämmchen bzw. Blutstropfen auf weißem Grund an Ursula und ihre Gefährtinnen.Ursula war eine britannische Königstochter, die ihr Leben Christus geweiht und gelobt hatte. Als jedoch der heidnische König von Anglia sie als Frau für seinen Sohn Aetherius will, geht sie zum Schein auf den Antrag ein, stellt jedoch die Bedingung, dass ihr Bräutigam zum Christentum übertreten muss und ihr bis zur Hochzeit noch eine dreijährige Frist gewährt. In dieser Zeit begibt sie sich mit einigen Begleiterinnen auf eine Pilgerreise nach Rom. Auf der Heimreise landen sie wieder in Köln. Seit längerer Zeit leidet die Stadt unter der Belagerung der Hunnen und die wilden Horden ermorden Ursulas Begleiterinnen. Als sich Ursula dem Hunnenfürsten verweigert, wird auch sie selbst getötet. Darauf erschien eine Schar von elftausend Engeln, die die Hunnen in die Flucht schlug. Zum Dank für die Befreiung errichten die Bürger Kölns der heiligen Ursula eine Kirche und machen sie zu ihrer Schutzpatronin.Soweit die Geschichte und Legende, die natürlich wunderbar ausgeweitet und mit viel Augenzwinkern von den Kölnern erzählt wird. Aber was heißt das für uns heutige Menschen im 21. Jahrhundert? In Erfurt im Garten des Ursulinenklosters steht ein Brunnen, vom Leipziger Künstler Markus Gläser. Er zeigt ein Segelschiff mit den jungen Frauen und bis oben, auf den Mast geklettert, ist Ursula dargestellt. Sie hält Ausschau nach dem, der ihr Leben wirklich erfüllen kann. Menschen, die Ausschau danach halten, was unser Leben erfüllen könnte, brauchen wir immer. Manchmal sind es alte Heilige und manchmal Menschen in unserer Umgebung, die uns hinweisen auf das, was uns in Zukunft notwendig sein könnte.